16 nachgeht, findet hier niannigfache Ausbeute. Hier war die letzte Zuflucht des von den Germanen und dem Christenthum immer weiter zurück- gedrängten heidnischen Wendenvolkes; aus der nördlichsten Spitze der Insel stand der Tempel des Swantewit, nach dessen Zerstörung durch die Dänen das Heidenthum auf Rügen zu Grunde ging und die Wenden bald mit den Deutschen verschmolzen. Wer nicht allzukritisch zu Werke geht, der kann hier den heiligen Hain der Hertha begrüßen und den See betrachten, der die Sclaven der Göttin verschlang, wie es Tacitus berichtet. Gelingt es ihm, den schweigsamen und verschlossenen Insulanern Vertrauen abzugewinnen, und lernt er ihre Sprache verstehen, so kann er einen reichen Schatz von Sagen sammeln und seine Kenntnisse von Riesen und Kobolden, verzauberten Jungfrauen und argem Teufelsspuk auf das reichlichste erweitern. Kurz die Insel bietet des Schönen und des Interessanten so viel, daß es sich schon der Mühe lohnt, einen Blick auf dieselbe zu werfen. Rügen wird im Westen von dem Festlande nur durch einen schmalen Meeresarm. den Strelasund, getrennt, dessen Breite au einzelnen Stellen kaum eine Viertelmeile beträgt und über den hinweg sich die pommersche Küste leicht erreichen läßt; auch der Greisswalder Bodden, welcher den Süd- rand bespült, hat nur eine Breite von wenigen Meilen, so daß man von der Insel aus bei klarem Wetter die gegenüberliegende Küste deutlich als dunklen Streifen am Horizonte erkennt. Dagegen sind die Nord- und Ostküste dem offenen Meere zugewendet und haben alle Unbill zu ertragen, welche der ewige Anprall der Wogen mit sich bringt. Wie ein Sturmbock und Wellenbrecher stemmt sich hier die Insel dem Andrang des Meeres entgegen und bildet für das westlich gelegene Neuvorpommern ein schützendes Bollwerk gegen die zerstörende Thätigkeit der Wogen. Durch diese Lage ist ein wesentlicher Unterschied in der Gestaltung der rügenschen Küsten bedingt. Der dem offenen Meere zugewendete Ostrand der Insel hat nur zwei große, sanft geschweifte Busen, die Tromper und Prorer Wiek, aufzuweisen, während der Süd- und Westrand durch zahl- lose Buchten und Jnwieken zerschnitten werden; dort liegt der Strand ganz frei und keine kleineren Inseln schwächen die Kraft des Wogen- dranges, hier in de:n ruhigen Binnenwasser haben sich mehrere Eilande abgelagert, Ummanz, Hiddensee und andere kleinere Jnselchen. An den Ufern der Ostküste nagen die Wellen unablässig und große Steine, die von den unterwaschenen und weggespülten Wänden herabgestürzt sind, geben Kunde von dieser zerstörenden Thätigkeit des Meeres; an der Westküste dagegen lagern die Meeresströmungen mitgeführten Sand und Schlamm ab, so daß das schmale Fahrwasser fortwährend verfandet und durch Baggerungen für größere Schiffe offen erhalten werden muß. Durch das Eingreifen des Meeres wird Rügen in viele einzelne Glieder gespalten, welche zum Theil nur lose unter einander verbunden