Fünfter Abschnitt. 1. Thüringen. — 2. Kurhessen. — 3. Schwaben. — 4. Das würtembergische Neckarland. — 5. Aus dem Schwarzwald. 1. Thüringen. Thüringen ist die Grenzscheide des Südens und Nordens, und wer diesen verläßt, um jenen zu betreten, mag mit dem auffallenden Wechsel der sandigen Ebenen, die sich an die fruchtbarsten Partien Thüringens keck heranwagen, sehr zufrieden sein. Ohne Uebergang geräth man in den Segen eines Landes, das von jeher der Höhenpunkt Obersachsens war. Thüringen hat von der Natur seine Grenzen erhalten, und wenn auch der Name in der deutschen Statistik erlosch, im Munde des Volks und der Geschichte wird er länger fortleben, als die neueren Zustände und politischen Zerstückelungen, die an die Stelle des alten Thüringer- landes traten. Im Osten umsäumt die Saale mit ihren bunten Bergen und Hügeln diesen Landstrich; im Norden umrauscht ihn der Wellenschlag der zwar kleinen, aber wilden, ausgelassenen Unstrut; im Westen überragt der Harz die thüringischen Ebenen und das hagere Eichsfeld erhöht ihre üppi- gen Reize; im Süden spannt sich in einer Entfernung von 18—22 Meilen der Thüringerwald aus, eine Mauer aus Wald und Fels, oder vielmehr ein Meer von Bergen, die wie Wellen nebeneinander liegen, als könnte man von der einen Höhe auf die andere hüpfen, aber unbeweglich — ein grün verwachsenes Meer. Hinter dem Thüringerwald liegt Franken mit seinen fruchtbaren Ebenen, und weiter und immer weiter verbreiten sich die Mannigfaltigkeiten der südlichen Natur, die in Thüringen auf dem Wendepunkte steht, gleichsam im Kampfe mit den Zumuthungen des Nor- dens. Nicht selten bricht dieser noch mit Hagel und Schnee in den Früh- ling ein, der aus Süden über den Thüringerwald hinabstieg und nun im Thüringerlande in die Enge getrieben wird. Man leitet den Namen Thüringen von den Hermunduren ab, die an die Stelle derKatten traten, oder von dem Gotte Thor, oder auch von den Theroingern, oder Tor in gern, einem westgothischen Stamm, deren Reich von großer Ausdehnung gewesen sein soll. Etymologen wollen