313 seits die gebildeten Klassen sich mehr und mehr davon zurückziehen und es anderseits ein offenes Geheimniß ist, daß gewisse Leute ihn bloß als Erwerbsquelle benutzen. Merkwürdig ist es, daß beim Karneval fast nie eine ernste Prü- gelei entsteht, es nimmt Niemand etwas übel, und das Volk hält bei all' dieser grenzenlosen Unordnung doch auch wieder die beste Ordnung. Ich habe mich oft bemüht, ein ernstes Gesicht in diesen Straßen aufzu¬ finden, aber es ist mir nie gelungen, ich sah nur Lachende, und selbst die Gesichter der bärtigen Gensd'armen waren freundlich. Mit dem Tageslichte schwindet auch das Gedränge, um auf den zahl- reichen Maskenbällen von Neuem anzufangen. Montag auf dem Saale Gürzenich, Dienstag im Theater sind die Hauptbälle. Sie beginnen nach 9 Uhr Abends, und auch hier bewegt sich Hoch und Niedrig im bunten Gemisch durch einander. Ein - bis zweitausend Masken (besonders Domino's) und Nichtmasken bilden ein dichtes Gewühl, auch hier lacht, singt und springt Jeder, wie er will. Wird man vom Nachbar zur Rechten gestoßen, so stößt man den zur Linken, so geht's weiter, und je besser man stößt, desto mehr wird gelacht. Getanzt wird vor Mitternacht wenig und die Tanzenden gehören nicht zur besten Sorte, man tanzt in mehreren Kreisen zu gleicher Zeit; wo sich eine Lücke zeigt, da dreht sich ein Paar, stößt sich einen Kreis zurecht, Andere folgen, bis der Kreis von der Menge überfluthet wird; daß hier keine Etiquette gilt, versteht sich von selbst, der Bauer erscheint im Kittel, der Herr wie er will, die Hüte behält man auf dem Kopfe, nur geraucht wird nicht. Erst der helle Morgen treibt die Letzten nach Hause. Am Aschermittwoch hat Alles ein Ende, und die strenge Fastenzeit, in der das gesellige Leben stockt, gibt Gelegenheit, über die vertaumelten Tage nachzusinnen. Während des Festes hat fast Niemand gearbeitet, aber gegessen und getrunken so viel als möglich und mehr; in gleichem Maaße, wie sich die Taschen leeren, füllen sich die Leihhäuser und Trödelbuden, und so erscheint der Karneval als ein Fest, das für bessere Zeiten bestimmt 0 ist, für Zeiten, wo Jedermann wenigstens einmal die Woche ein Huhn im Topfe hat 5. Wanderungen durch die Hauptorte des Bergischen Fabriklandes. *) 1. Ein glänzendes Beispiel von hoch entwickelter Industrie im deutschen Vaterlande, bietet das Vergische Land im Flußgebiet der Mittlern Wupper mit seinen langgestreckten Höhenzügen und tief eingeschnittenen, Wasser¬ *) Vom Lehrer Voßnack in Remscheid.