1
; ' « :. j - VT *.. " .. V-
i H <-■ L . , ... '
' ' ' ' ' \ ,
^ ! ' V
r
-
■. i
) '' .
'
I ^
.
Gc?wj ^c!:ert-!nstitut
für in«.. ■ '^naia
Schulbuci : ühung
Braunsdwsig
Schulbucbbibliothefc
{$£i-S3 4X56*1
Abteilung: B. II.
Nomenciator No. $3<6r
Wert: £
Bibliothek -
Gustav A. F. Schatteburg jr.
Burg Bez. Bremen.
Jüis den, Vorwort zur ersten »ud zweite» Auflage.
X*er vorliegende Leitfciden der Erdkunde für höhere Lehr-
an st alten entspricht genau den Bestimmungen der preußischen Lehr-
plane vom 6. Januar 1892. — — — — — —
Bei der Auswahl des Stoffes kam es darauf an, nur das zu
bieten, was erfahrungsgemäß in der gegebenen Zeit durchgenommen
und vorn Schüler verstanden mib behalten werden kaun. Der dem
Buche vorangestellte Abschnitt „die Erde linb ihre Bewohner im all-
gemeinen" sollte in jeder Klasse am Anfange des Schuljahres wieder-
holt werden, um deu Zusammenhang des Einzelnen mit dem Ganzen
anstecht zu erhalten. Nen ist die Einfügung der Abschnitte über die
großen Meeresbecken, was einer besondern Begründung wohl nicht
erst bedarf. — — —
Die zahlreichen Abbildungen, die der Herr Verleger dem Buche
eingefügt hat, werden besonders an den Anstalten willkommen sein,
wo die bekannten Anschauungsmittel für den erdkundlichen Unter-
richt gar nicht oder nur in beschränktem Maße vorhanden sind.
Eine Anzahl der Abbildungen sind in dankenswerter Weise
von der Verlagsbuchhandlung C. E. Meinhold & Söhne in Dresden
aus: „Schneiders Typen-Atlas" überlassen worden. Ich benutze
gern die Gelegenheit, auf dies gleich bei seinem ersten Erscheinen
mit großem Beifall aufgenommene Werk empfehlend hinzuweisen,
das auch durch seinen billigen Preis (2,40 Mk.) sich zur Anschaffung
seitens der Schüler empfiehlt.
Die zweite Auflage weist uebeu einzelnen Berichtigungen
und Verbesserungen folgende Ändernngen auf:
1. Der Abschnitt über Deutschland ist dahin umgearbeitet worden,
daß auch hier die physische uud politische Erdkunde zusammen zur
Darstellung kommt. Infolge davon konnte die Siedelnngsknnde so-
wie die Wirtschaftsgeographie eingehendere Berücksichtigung finben. —
" P GbG -I
\ ^0,0^-2_
Vorwort.
2. Die deutschen Kolonien sind bei den außereuropäischen Erd-
teilen, deren Behandlung etwas kürzer gefaßt worden ist, zur Dar-
stelluug gekommen.
3. Dem Bnche sind eine Anzahl von Übersichten und Vergleichen
angefügt wordeu, die bei Wiederholungen und besonders an Real-
anstalten, wo mehr Zeit für den Unterricht in der Erdkunde vor-
handeu ist, sich nützlich erweisen werden.
Den Wünschen vieler Amtsgenossen entsprechend sind den Namen
der Städte gewisse Zeichen vorgesetzt, die die ungefähre Einwohner-
zahl der Orte andenten. Bestimmte Zahlen aber sind wie in der
ersten Auflage nur in sehr beschränktem Maße angegeben worden.
In dankenswerter Weise hat der Herr Verleger den Abschnitt
über Deutschland mit einer Anzahl trefflicher neuer Abbildungen ans-
gestattet, unter deueu die der Grundformen des deutschen Bauern-
Hauses besonders hervorzuheben sind. Die Abbildung Fig. 24
(Fränkisches Baueruhaus) ist aus „Meitzeu, Siedelnng und Agrar-
wesen der Westgermanen" entnommen.
Den Herrn Amtsgenossen, die mich dnrch ihren Rat und durch
ihre Hilfe bei der Herstellung der zweiten Auflage des Leitfadeus
bereitwillig unterstützt haben, sage ich auch hier besten Dank.
Treptow a. R., im Oktober 1899.
Dr. Karl Schlemmer.
Vorwort zur dritten Auflage.
^)ie neue Auflage hat einige kleine Änderungen erfahren, die
aber nicht hindern, die vorige Auflage neben dieser zn gebrauchen.
Die Angaben über die geographische Lage der einzelnen Länder
sind gleichmäßiger gestaltet, aber nicht wie bisher in den Text ans-
genommen, sondern den §§ vorangestellt worden; ebenso die Angaben
über Größe und Einwohnerzahl. Nach Möglichkeit sind vergleichende
Hinweise hinzugefügt worden. — Noch mehr als bisher sind die
wichtigen Verkehrslinien berücksichtigt worden, und die „Kleine Ver-
kehrsknnde", welche der vorigen Auflage als Anhang beigegeben
Vorwort. V
war, ist in etwas veränderter Form nunmehr dem Buche einverleibt
worden. — Auch die Erklärung der geographischen Namen hat eine
Erweiterung erfahren, und ans S. 94 sind auch einige Andeutungen
gemacht, in welcher Weise die Namenerklärungen verwertet werden
können. In etwas erweiterter Form ist das geschehen in der Ein-
leitnng zn meinen „Geographischen Namen", die soeben im Renger-
schen Verlage in Leipzig erschienen sind. Es sind in dem kleinen
Werke mehr als 3000 geographische Namen in alphabetischer Reihen-
folge zusammengestellt und erklärt, und es wird dasselbe sich für
den angedeuteten Zweck hoffentlich branchbar uud nützlich erweisen.
Ans praktischen Gründen sind auch diesmal tektonische Er-
örterungen und andere geologische Hinweise ausgeschlossen geblieben!
Den Schülern, besonders anf den Gymnasien, fehlen die für das
Verständnis solcher Angaben nötigen Vorkenntnisse, dem Lehrer
aber, der (in Tertia und Untersekunda) in nur einer wöchentlichen
Unterrichtsstunde die geographische Lehraufgabe erledigen soll, fehlt
die Zeit, um solche Angaben zn erklären und zu begründen, sodaß
lediglich eine Belastung des Gedächtnisses mit unverstandenen Aus-
drücken die Folge derartiger Ausführungen sein würde. Dagegen
wird für die Wiederholungen in den oberen Klassen binnen Jahres-
frift eine knrz gefaßte Allgemeine Erdkunde znr Ansgabe gelangen,
in der anch die Grnndzüge der Geologie und Tektonik zur Dar-
stellung kommen werden.
Die genauen Ergebnisse der Volkszählung im Deutscheu Reiche
vom 1. Dezember 1905 waren auch vom Kaiserlichen Statistischen
Amte vor Beendigung des Druckes uicht zu erhalten, und es konnten
deshalb mir die vorläufig bekannt gegebenen Zahlen Aufnahme finden.
Wiedennn hat der Herr Verleger dem Buche eine Anzahl
neuer, schöner Abbildungen beigegeben, wofür ihm die Herren Amts-
genossen, besonders die von kleineren Anstalten, hoffentlich ebenso
dankbar sein werden, wie ich selbst es bin.
Endlich ist es mir eine angenehme Pflicht, den Herren Amts-
genossen meinen Dank ansznsvrechen, die mich anch diesmal mit
ihrem Rate unterstützt haben, vor allem Herrn Oberlehrer Rosen-
Hägen—Treptow, der mir auch bei der Durchsicht der Druckbogen
in srenndlichster Weise geholfen hat.
Treptow a. R., März 1906.
Dr. K. Schlemmer.
■; '.t!s
3
Inkalt.
§ 1. Die Erde und ihre Bewohner im allgemeinen...... . . I
Europa (außer Deutschland).
Seite Seite
§ 2. Europa im allgemeinen . . 9 § 11. Die Ostsee...... 48
§ 3. Die Pyrenäen-Halbinsel . . 13 § 12 Die Britischen Inseln. . . 4!)
§ 4. Die Apenninen-Halbinsel 17 § 13. Die Nordsee...... 55
§ 5. Die Balkan-Halbinsel . . 24 § 14. Die Niederlande, Belgien u.
§ 6. Das Mittelländische Meer . 29 Luxemburg..... 56
§ 7. Rumänien...... 31 § 15. Frankreich....... 61
§ 8. Rußland....... 33 § 16. Die Alpen. Allgem. Übersicht 69
§ 9. Die Skandinavische Halbinsel 4 l § IT. Die Schweiz...... 74
§ 10. Dänemark...... 45 § 18. Österreich-Ungarn . . . . 78
Das Deutsche Reich.
Seite Seite
§ 19. Das Deutsche Reich im all- 2. Das westliche Tiefland . 142
gemeinen ...... 91 § 29. Entwicklung des Deutschen
§ 20. Anteil des Deutschen Reichs Reichs und seiner einzelnen
an den Alpen und die Ober- Staaten....... 147
deutsche Hochebene . . . 96 Ubersicht über die einzelnen
§ 21. Das Deutsche Mittelgebirgs- deutschen Staaten . . . 153
land........ 99 Die deutschen Kolonien:
§ 22. Das süddeutsche Rheingebiet 101 Togoland 193
§ 23. Das Rheinische Schiefergeb. 109 Kamerun...... 194
§ 24. Das Hessische und Weser- Deutsch Südwestafrika , . 197
Bergland...... 114 Deutsch Ostafrika .... 200
§ 25. Der Thüringer Wald und Kaiser Wilhelmsland und
der Harz....... 116 Bismarck-Jnseln .... 237
§ 26. Das Sächsische Erzgebirge. 121 Marschall Inseln .... 242
§ 27. Die Sudeten..... 123 Karolinen und Marianen . 241
§ 28. Das Norddeutsche Flachland 126 Samoa-Jnseln..... 243
I. Das Ostelbische Flachland 128 Kiautschou...... 177
Inhalt.
VII
Die anßereilropinschen Erdteile.
Asien. Seite Amerika. Seite
§ 30. Asien im allgemeinen . . 156 § 40. Amerika im allgemeinen . 211
§ 31. Vorderasien ..... 160 § 41. Nordamerika im allgemeinen 213
§ 32. Indien....... 168 § 42. Die nordamerikan. Länder 216
§ 33. Ostasien....... 175 § 43. Mittelamerika u. Westindien 224
§ 34. Hochasien...... 180 § 44. Südamerika im allgemeinen 225
§ 35. Russisch-Asien..... 183 § 45. Die südamerikan. Länder . 230
§ 46. Der Atlantische Ozean . . 233
Afrika.
§ 36. Afrika im allgemeinen . . 188 Australien und Ozeanien.
§ 37. Die afrikanischen Länder . 191 § 47. Das australische Festland u.
§ 38. Die zu Afrika gehörenden Tasmanien...... 235
Inseln....... 208 § 48. Die australischen Inseln 237
§ 39. Der Indische Ozean. . . 209 § 49. Ozeanien oder Polynesien. 239
§ Zv. Der Große Ozean . . . 244
§ 51. Die Polarmeere .... 246
Mathematische Erdkunde.................250
Verkehrskunde.....................261
Übersichten und Vergleiche:
Flächeninhalt und Bevölkerung der Erdteile; Flächeninhalt und Tiefen der
Meere; Breiten einiger Meerengen.............274
Höhen der Berge; Größen der Inseln und Seen........275
Längen und Flußgebiete einiger Flüsse; Eisenbahnen, Telegraphen, Handels-
flotten einiger Staaten.................276
Flächeninhalt, Bevölkerung und Kolonialbesitz einiger Staaten .... 277
Hauptgegenstände und Wert der Ein- und Ausfuhr einiger Länder . . 278
Verteilung der Großstädte der Erde; Städte mit mehr als 200000 Ein-
wohnern in Europa............... 279 u. 280
Orte unter gleicher geogr. Breite und gleicher geogr. Länge.....281
Namenverzeichnis...................282
Zeichen-Erklärung.
o bedeutet Stadl mit 50 —100 000 Einw.
„ 100 - 200000
„ 200 — 300 000
„ 300 — 400 000
„ 400-500 000
t „ „ „ mehr als '/z Mill.
ff „ .. „ „ 1 Mill.
§ 1.
Die Erde und ihre Bewohner im allgemeinen.
1. Von den 510 Mill. qkm der Erdoberfläche sind fast 3/4 von
Wasser und nur etwas mehr als 144 Mill. qkm, von Land be-
deckt. Während das Wasser ein zusammenhängendes Ganze bildet,
gliedert sich das Festland in drei meerumslossene Weltinseln: 1. die
Ostfeste oder die Alte Welt, 2. die Westfeste oder die Neue Welt,
3. Australien. Die Alte Welt besteht aus den drei Erdteilen Europa,
Asien und Afrika. Durch diese Festlandmassen wird das Weltmeer in
fünf Meere oder Ozeane geteilt: 1. den Großen (Stillen, Pacifischen),
2. den Atlantischen, 3. den Indischen Ozean, 4. das Nördliche, 5. das
Südliche Eismeer.
Sowohl auf der n. und s. als auch auf der w. und ö. Halbkugel
überwiegt das Wasser; teilt man die Erdoberfläche so ein, daß die eine
Halbkugel, in deren Mitte England liegt, möglichst viel Land, die
andere, in deren Mitte Neu-Seeland liegt, möglichst viel Wasser um-
faßt, so sind auch auf ersterer nur zehn Teile mit Land, aber elf Teile
mit Wasser bedeckt. Die Land- und Wassermenge der ganzen Erde
verhält sich wie 28:72;
auf der n. Halbkugel wie 1:1,5 auf der f. Halbk. wie 1:5
auf der w. Halbkugel wie 1:5 auf der ö. Halbk. wie 1 :1,5
auf der Land-Halbkugel wie 1 : 1,1 auf der Wasser-Halbk. wie 1 :11.
2. Das Meer. Der Spiegel der Ozeane hat überall dieselbe
Höhe, auf ihn werden deshalb alle Höhenangaben bezogen; das ist die
Seehöhe oder absolute Höhe eines Punktes. Der Meeresboden ist
auf weite Flächen hin eben; die Übergänge zu den oft beträchtlich
hohen und ausgedehnten Erhebungen sind meist sehr sanft ansteigend.
Bis zur Tiefenlinie von 200 in bezeichnet man das Meer als Flach-
see. Die mittlere Tiefe der Ozeane beträgt fast 4000 m, die größte
bis jetzt gemessene Tiefe, 9640 m, ist das „Nero-Tief" bei der Insel
Guam. Die Farbe des Meerwassers ist im allgemeinen grün, bei
höherer Temperatur und stärkerem Salzgehalt, wie in den Tropen und
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auslage. 1
2 Die Erde und ihre Bewohner.
im Mittelmeer, blau; durch die Schlammmasseu der Flüsse wird das
Meer oft weithin gelb gefärbt: Gelbes Meer; durch kleine Lebewesen
rot: Notes Meer. Auf dem massenhaften Vorkommen kleiner Lebe-
wesen beruht auch das Leuchten des bewegten Meeres. Der durch-
schnittliche Salzgehalt des Meerwassers von 3,5 °/0, der aber bei
starkem Zufluß von Süßwasser abnimmt (Ostsee, Schwarzes Meer),
macht es untrinkbar und erschwert das Zufrieren, macht es aber auch
schwerer und darum tragfähiger. Die Wärme des Seewassers ist an
der Oberfläche sehr verschieden, steigt in den Tropen stellenweise bis
über 30° und sinkt in den Polarmeeren unter 0°(es gefriert erst bei
—3°). In den Tiefen der Ozeane aber ist das Wasser auch unter
dem Äquator kalt (4—6°).
Die Oberfläche des Meeres ist nur selten glatt. Durch den Wind
wird die Wellenbewegung hervorgerufen; die Höhe der Wellen be-
trägt nur ausnahmsweise mehr als 10 m. Hauptsächlich durch die
Einwirkung der Winde entstehen auch die Meeresströmungen, deren
Verlauf durch die Landmassen vielfach unterbrochen und abgelenkt wird.
Das gesamte Wasser des Meeres wird täglich in Bewegung gesetzt
durch die Gezeiten. Die Anziehungskraft des Mondes (und der Sonne)
ruft innerhalb der Zeit eines scheinbaren Mondnmlauss, 24 Stunden
50 Min., zweimal an der dem Monde zu- und der ihm abgekehrten
Seite der Erde eine Flutwelle hervor, während auf den von dieser
doppelten Flutwelle um 90 Längengrade entfernten Meridianen Niedrig-
wasser, Ebbe, eintritt. Die Flutwelle pflanzt sich westwärts um die
Erde fort, wird aber, wie die Meeresströmungen, durch die Festländer
mannigfach abgelenkt und aufgehalten. Die Fluthöhe steigt an den
Küsten, je nach deren Beschaffenheit, bis 20 m, beträgt an den deutschen
Nordseeküsten 2—3 m, im offenen Meere nur 1—2 m. In land-
umschlossenen Binnenmeeren (Ostsee, Mittelmeer) ist Flut und Ebbe
wenig bemerkbar.
3. Die großen Festlandmassen zeigen in ihren Umrissen und in
ihrer Bodengestaltung neben manchen Ähnlichkeiten große Unterschiede.
Südamerika, Afrika und Australien ähneln sich z. B. sowohl in ihrer
ganzen Gestalt als auch in der geringen Gliederung ihrer Küsten.
Auch herrschen in Afrika ebenso wie in Australien große Hochflächen
vor. Die Erdteile auf der n. Halbkugel sind viel mehr gegliedert als
die auf der s. Hinsichtlich der Bodengestaltung fällt die nordsüdliche
Richtung der großen Kettengebirge Amerikas auf im Gegensatz zu der
überwiegend westöstlichen Richtung der Hauptgebirge Europas und
Asiens.
Die Erde und ihre Bewohner. 3
Die höchsten Erhebungen der Erdoberfläche finden sich in Asien,
wo im Himalaja eine Anzahl von Gipfeln über 8000 m aufsteigt,
deren höchster, der Gaurisankar, 8840 m, ist. Die höchsten Berge
der übrigen Erdteile sind: in Amerika der Aconcagua 7000 m, in
Afrika der Kilimandscharo 6010 m, in Europa der Montblanc 4810 m,
in Polynesien der Mauna Kea auf den Hawaii-Inseln 4200 m.
Die Gebirge sind z. T. vulkanischer Natur. Man zählt gegen
300 tätige und noch mehr erloschene Vulkane. Sie sind über die
ganze Erde verbreitet, nur das Festland von Australien hat keine noch
tätigen aufzuweisen und in Europa sind diese auf die Mittelmeer-
länder und Island beschränkt. Die meisten Vulkane sind reihenartig
längs dem Rande der Meere geordnet; so umzieht eine Reihe von
Vulkanen den Großen Ozean von der S.-Spitze Amerikas bis zu den
indischen Inseln, auf denen sie sich bis zur O.-Seite des Bengalischen
Meerbusens fortsetzt. Im allgemeinen haben die Vulkane die Form
eines Kegels, und die trichterförmige Öffnung, der Krater, ist gewöhn-
lich dem Gipfel eingesenkt. Daneben haben viele Vulkane noch zahl-
reiche Seitenkrater.
4. Die Inseln. Außer den großen Festländern ragen zahllose
größere und kleinere Inseln aus dem Weltmeere hervor. Die größeren
von ihnen liegen in der Nähe des Festlandes, mit dem sie früher in
Zusammenhang gestanden haben und von deni sie durch flacheres Meer
getrennt zu sein pflegen. Man bezeichnet sie als Festlands- oder Ab-
gliedernngsinfeln, so z. B. alle europäischen Inseln. Ursprüngliche
Inseln sind die vulkanischen und die Koralleninseln. Letztere sind fast
immer klein und niedrig, während die vulkanischen meist größer und
höher sind.
5. Ein Teil des in Form von Regen und Schnee die Erde be-
netzenden Wassers strömt in Bächen und Flüssen dem Meere zu. Ge-
biete, deren Flüsse nicht das Meer erreichen, sondern in Seen enden
oder sich im Sande verlieren, heißen abflußlose. Sammelbecken des
Wassers in solchen Landesteilen sind: das Kaspische Meer, das Tote
Meer, der Tsad-See u. a.
Durch die Streichungslinien der Gebirge wird das Gebiet der
einzelnen Ströme begrenzt und die Zugehörigkeit eines Landes zu
einem oder mehreren Meeresbecken bestimmt. Eine Hauptwasserscheide
der Erde trennt alle Gewässer der Alten und der Neuen Welt (aus-
genommen Australien) nach zwei Richtungen; sie verläuft auf den die
W.-Küste Amerikas begleitenden Gebirgen, vom Kap Hoorn bis zur
Bering-Straße, zieht von hier nach S.-W. bis zum Hochland von
i*
4 Die Erde und ihre Bewohner.
Pamir, setzt sich nach W. fort bis zum Armenischen Hochland und von
da nach S. durch Syrien und die O.-Küste Afrikas entlang. Die
meisten der großen Ströme der Erde ergießen sich demnach in den
Atlantischen Ozean und in das Nördliche Eismeer, dem Großen Ozean
fließen fast nur aus Asien große Ströme zu und dem Indischen
hauptsächlich die Gewässer Indiens.
Die Länge der Flüsse und die Gebiete, aus denen sie das Wasser
in sich vereinigen, sind sehr verschieden groß. Die längsten Flüsse
sind der Mississippi-Missouri 6500 km, der Nil 6000 km, der Ama-
zonas 5500 km. Dagegen mißt der größte Fluß Europas, die
Wolga, nur 3700 km, der Rhein 1300 km. Das größte Flußge-
biet hat der Amazonas, 7 Mill. qkm, das des Rheins umfaßt nur
200,000 qkm (vergl. die Übersicht am Ende des Buches).
6. Das Klima eines Landes ist nicht allein von der Stellung
der Sonne, sondern auch von der Bodengestaltung des Landes, seiner
Lage zum Meere und von den vorherrschenden Winden abhängig. Die
Einteilung der Erde in eine tropische oder heiße, zwei gemäßigte und
zwei kalte Zonen, die durch die Wendekreise und Polarkreise begrenzt
werden, stimmt mit dem wirklichen Klima der einzelnen Länder nicht
überein. Richtiger rechnet man alle die Länder zu der heißen Zone,
in denen die mittlere Jahreswärme nicht unter 20° sinkt, zu der ge-
mäßigten alle die, in denen das Jahresmittel über 0° bleibt. Da-
nach gehören zur heißen Zone fast ganz Australien und Afrika, von
Asien Arabien und die beiden indischen Halbinseln nebst den zuge-
hörigen Inseln, Mittelamerika und Südamerika bis fast 30° S. Die
n. gemäßigte Zone umfaßt fast ganz Europa, das übrige Asien un-
gefähr bis zur Grenze Sibiriens und die Vereinigten Staaten von
Nordamerika, während das Britische Nordamerika, die Inseln des
Nördlichen Polarmeeres einschließlich Grönland, sowie Sibirien zur n.
kalten Zone gehören. Die s. gemäßigte Zone ist beschränkt auf die
S.-Küste Australiens, das Kapland und Südamerika s. 30° S., und
in der s. kalten Zone liegt kein bewohntes Land.
Aber auch innerhalb dieser Zonen werden durch die Lage und
Höhe der Gebirge, durch den Wechsel von Hochland und Tiefland,
durch die vorherrschende Windrichtung, durch die die Küsten des Landes
bespülenden Meeresströmungen manche Verschiedenheiten des Klimas
hervorgerufen. Ferner bedingt der Gegensatz zwischen den von der
Sonne schnell erwärmten, aber auch ebenso schnell sich abkühlenden
Landmassen und den langsam erwärmten und langsam sich abkühlenden
Meeresflächen den Unterschied von Land-und Seeklima. Bei jenem
Die Erde und ihre Bewohner. 5
wechseln heiße Sommer mit kalten Wintern, bei diesem folgen auf
kühle Sommer milde Winter.
7. Vom Klima abhängig ist die Pflanzenwelt. Am reich-
haltigsten ist sie da vertreten, wo Wärme und Feuchtigkeit am größten
sind. (Amazonas-Gebiet, w. Mittel-Afrika, Südost-Asien). Palmen
finden sich fast nur in der heißen Zone. Der äußerste N. der Fest-
länder schließt durch anhaltende Kälte den Baumwuchs aus, wie die
Steppe durch zu große Trockenheit; dort gedeihen höchstens Flechten
und Moose (Tundra), hier während der Regenzeit Gräser und Knollen-
gewächse. Infolge des Wassermangels verschwindet in manchen Gegen-
den der Pflanzenwuchs fast ganz, sie werden zur Wüste.
In ähnlicher Weise wie die Pflanzenwelt vom Äquator nach N.
und S. sich ändert, so auch an den Abhängen der Gebirge aufwärts,
da mit der Höhe die Wärme abnimmt. In beiden Richtungen folgt
auf den tropischen Urwald mit Palmen, Bananen und Bambusarten
die Zone der Feigen und Farne (an den Küsten Mangrovewald),
dann die der Myrten und Lorbeeren. Der Gürtel der immergrünen,
dann der sommergrünen Laubhölzer wird abgelöst durch den der
Nadelholzwälder, an den die Gebiete der Alpensträucher und -Kräuter
sich anschließen, bis endlich auf den höchsten Stellen sich nur noch
Moose und Flechten finden, soweit nicht ewiger Schnee und Eis jede
Vegetation hindern. — Der natürlichen Verbreitung der Pflanzen
setzen außer dem Klima das Meer und das Gebirge oft unüberwind-
liche Schranken.
8. Die Tierwelt ist in ihrer Verbreitung z. T. auch vom Klima
abhängig: der Elefant lebt nur in feuchtwarmen Gebieten (Indien,
tropisches Afrika), das Kamel dagegen in Steppen und Wüsten (Inner-
Asien, Sahara). Mehr noch aber sind die Tiere an das Vorhanden-
sein der zu ihrer Nahrung dienenden Pflanzen und Tiere gebunden.
Mit der Üppigkeit und Armut der Pflanzenwelt nimmt im allge-
meinen die Fülle der Tierwelt ab und zu.
9. Auch die Menschen, deren Gesamtzahl auf 1522 Mill. ge-
schätzt wird, sind abhängig vom Klima und von der Pflanzen- und
Tierwelt und deshalb sehr ungleich über die Erdoberfläche verteilt.
Nach Körperbeschaffenheit und Sprache teilt man die Menschen in ver-
schiedene Rassen.
Die Mittelländische Rasse (Jndogermanen, Semiten, Ha-
miten) mit heller Hautfarbe, blondem und schwarzem Haar ist in fast
ganz Europa, Nordafrika, Südwest-Asien und infolge der Auswaude-
rung über die ganze bewohnte Erde verbreitet.
Fig. 1. Japaner.
Fig- 3. Neger.
Fig. 4. Australier.
Fig. 2. Chinese.
Fig. 5. Polynesierin (von Tahiti).
Fig. 6. Indianer.
Die Erde und ihre Bewohner. 7
Die Mongolen mit weizengelber Hautfarbe, straffem, schwarzem
Haar, meist mit schiefer Stellung der Augen, bewohnen das übrige
Asien, außer den indischen Inseln, und das n. Europa. (Fig. 1 u. 2.)
Die Indianer mit kupferfarbener Haut und straffem, schwarzem
Haar sind die Urbewohner Amerikas. (Fig. 6.)
Die Neger mit dunkler bis schwarzer Hautfarbe, mit meist
kurzem, krausem Haar und aufgeworfenen Lippen haben den größten
Teil Afrikas inne. (Fig. 3.)
Die Papuas oder Melanesier mit dunkler Haut und üppigem,
schwarzem Haar, wohnen auf Neuguinea und den ihm benachbarten
Inseln.
Die Malaien und Polynesier mit bräunlicher Haut und
schwarzem Haar, meist von schönem Körperbau, bevölkern die indischen
und die Südsee-Jnseln sowie Madagaskar. (Fig. 5.)
Die Australier (Fig. 4), die Urbewohner Australiens, die
Dravidas, die Überreste der Urbevölkerung Indiens, sowie die
Buschmänner und Hottentotten in Südafrika sind gering an
Zahl und Bedeutung.
10. Auch nach ihrer Gesittung teilen sich die Menschen in ver-
schiedene Klassen. Als die tiefste Stufe der Gesittung ist die zu
bezeichnen, auf der der Mensch, wie die Buschmänner und Australier,
seinen Lebensnnterhalt lediglich von dem nimmt, was Tier- und
Pflanzenwelt ihm gerade bieten. In den wildreichen Gegenden ward
der Mensch zum Jäger, an den Ufern der Gewässer zum Fischer.
Ein weiterer Fortschritt der Kulturentwickelung zeigt sich darin, daß
der Mensch lernte, milchgebende Tiere zu zähmen und für seinen
Bedarf zu züchten. Da aber die Hirtenvölker mit ihren Herden
je nach deren Bedürfnis den Aufenthaltsort wechseln müssen, wohnen
sie nur in Zelten, die leicht abgebrochen und fortgeschafft werden
können. Erst der Ackerbau machte die Menschen seßhaft und er-
möglichte das Beieinanderwohnen. Dieses führte zur Teilung der
Arbeit, zu Gewerbtätigkeit und Handel und zur Beschäftigung mit
Wissenschaft und Kunst.
11. „Kein Volk ist so roh und wild, daß es nicht den Glauben
an einen Gott hätte". Bei den Naturvölkern besteht die Religion
entweder in der Verehrung sichtbarer Gegenstände oder in der An-
betung guter und böser Geister; andere Völker verehren die Gestirne.
Allen diesen ist eigentümlich eine Vielzahl von Göttern (Polytheismus).
Auch die Religion der indischen Brahmanen und des daraus hervor-
gegangenen Buddhismus ist vielfach zum reinen Götzendienst entartet
8 Die Erde und ihre Bewohner,
Die höchste Stufe religiöser Erkenntnis bezeichnet der Glaube
an einen Gott. Dieser Monotheismus wurde allein von den Juden
festgehalten. Unter ihnen entstand durch die Offenbarung Gottes in
Christus das Christentum, das eine neue, der alten völlig entgegen-
gesetzte Weltanschauung begründete. Nach ihren mehr oder weniger
voneinander abweichenden Bekenntnissen verteilen sich die Christen auf
verschiedene Kirchen, von denen die wichtigsten sind: die römisch-
katholische, die griechische oder orthodoxe, die evangelisch-lntherische
und die evangelisch-reformierte; die beiden letzten werden zusammen
auch die protestantische genannt.
Außer den Christen und Juden verehren auch die Mohamme-
daner nur einen Gott, als dessen höchster und letzter Prophet ihnen
Mohammed gilt. Ihre Religion heißt der Islam.
Die Anhänger aller Religionen, die nicht einen einigen Gott
bekennen, bezeichnet man als Heiden. Zu ihnen gehört noch mehr
als die Hälfte der Menschen, obwohl die christlichen Missionare fast
in allen Ländern mit wachsendem Erfolge das Christentum ausbreiten.
12. Die durch den Ackerbau ermöglichte Seßhaftigkeit führte zur
Bildung von Staaten. Die Naturvölker leben in Horden oder
Stämme zersplittert, die von Häuptlingen geführt werden. In den
durch Gesetze geordneten Staaten wird die Regierungsgewalt entweder
von einem Herrscher ausgeübt, dessen Gewalt erblich ist (Monarchie)
oder durch ein vom Volke aus eine bestimmte Zeit gewähltes Ober-
Haupt (Republik). Die Rechte des Herrschers sind entweder unbe-
schränkt (Rußland, Türkei) oder durch eine Verfassung (Konstitution)
festgestellt (konstitutionelle Monarchie).
Suropa.
Der Name Europa (= Abendland) ist dem Erdteile wahrscheinlich von
den Phöniciern, dem ältesten Kulturvolke, das nach Europa kam, gegeben
worden. Die Vorfahren der heutigen Bewohner Europas sind größtenteils
aus Asien eingewandert: 1. von Kleinasien aus; 2. durch das große Völker-
tor zwischen Kaspischem Meer und Ural; 3. über dieses Gebirge. Den Phöniciern
wurden zunächst die Küstenländer des Mittelmeeres bekannt, doch drangen sie
auch bis in die Nordsee vor. Ihre Nachfolger wurden die Griechen, die das
Schwarze Meer und seine Küsten erschlossen. Bedeutende Reisende, wie
Pytheas von Massilia, ein Zeitgenosse Alexanders d. Gr., erweiterten die
Kenntnis des Erdteils. Noch mehr geschah es durch die Kriegszüge der Römer,
durch die Spanien, Gallien, die Alpenländer, Teile von Deutschland, die
Länder an der unteren Donau und auch England eröffnet wurden, und ein-
mal wenigstens umsegelte ein römisches Schiff Großbritannien. Die Ausbreitung
des Christentums, die Seefahrten und Landreisen der Normannen, sowie später
die Fahrten der hansischen Kausleute trugen ebenfalls viel bei, die europäischen
Länder kennen zu lernen. Im 16. Jahrhundert wurden bei dem Versuche,
China auf dem Seewege nach NO. zu erreichen, die Küsten Nordeuropas
entdeckt, und um 1600 war ganz Europa im allgemeinen bekannt.
§ 2.
Europa im allgemeinen.
GeographischeLage: Nordkap 71 ° N., Kap Tarifa 36 ° N. Westküste
von Irland und Kap da Roca 10° W. Uralgebirge 60° O. — 40° N.: Mitte
der Pyrenäen-Halbinsel, südlichstes Italien, N.-Grenze Griechenlands, Eingang
der Dardanellen. 50° N.: Kap Landsend, Mündung und Quelle des Mains,
Prag, Charkow. 60° N.: Kristiania, St. Petersburg. Polarkreis: nördlichstes
Norwegen, Schweden und Rußland.
10 Mill. qkm, 400 Mill. E., auf 1 qkm 40 E. (D. R. III).
Europa erscheint seiner Lage und Größe nach nur wie
eine Halbinsel des 4^2 mal so großen Asien. Es muß jedoch
als ein besonderer Erdteil gerechnet werden, weil es nach seiner
Gestaltung und natürlichen Beschaffenheit sich wesentlich von seinem
so viel größeren Nachbarn unterscheidet. Auch seine Bewohner
10
Europa.
(400 Mill.) übertreffen iit bezug auf geistige und wirtschaftliche Ent-
Wickelung nicht uur alle andern Völker, sondern haben ihnen auch
ihre Kultur mitgeteilt und sie sich zum großen Teile dienstbar gemacht.
Europa ist von allen Erdteilen der am meisten gegliederte.
Die zahlreichen Halbinseln und Inseln liegen vor der NW.- und S.-
Seite eines großen Dreiecks, das den Kern oder Rumpf des
Erdteils ausmacht. Die Ecken dieses rechtwinkligen Dreiecks werden
durch das N.-Ende des Uralgebirges, die Mündung der Wolga und
den innersten Winkel des Meerbusens von Biscaya bezeichnet. Es um-
faßt ungefähr 2/s der gesamten Ländermasse, deren Größe 10 Mill. qkm
beträgt. Nur ein kleiner Teil dieses Rumpfes ist gebirgig.
Man kann auch dieseu Teil als ein rechtwinkliges Dreieck bezeichnen,
dessen Ecken im südfranzösischen Hochlande, am SO.-Ende der Kar-
paten und im deutschen Harzgebirge zu suchen sind. Im NW. breitet
sich ein kleines, im NO. ein großes Tiefland aus, das als voll-
ständige Ebene bis an den Ural heranreicht.
Von der S.-Seite des Runlpfes erstrecken sich drei große
Halbinseln nach S.: die Pyrenäen-, die Apenninen- und die
Balkan-Halbinsel, von denen die letztere reich gegliedert und an
ihrer O.-Seite von zahlreichen Inseln begleitet ist. Von der NW.-
Seite des Rumpfes wird durch die Einbuchtungen des Weißen
Meeres und des Finnischen Meerbusens die Halbinsel Finnland
losgetrennt. Mit dieser hängt im NW. die größte Halbinsel Europas,
die Skandinavische, zusammen, die sich weit nach SW. erstreckt
und durch die Dänischen Inseln sich fast an die vom Festlande aus
nach N. vorspringende Halbinsel Jütland anschließt. Weiter
nach SW. liegen die Inseln Großbritannien und Irland, die
vom Festlande nur durch die schmale Meerenge von Calais geschieden
werden. Im Gegensatze znm Rumpfe des Erdteils sind die Glieder
vorwiegend gebirgig.
Nur im großen ö. Tieflande Europas ist Raum vorhanden für
die Entwicklung gewaltiger Ströme. Aber auch der größte Fluß
Europas, die Wolga, wird hinsichtlich der Länge seines Laufes und
der Ausdehnung seines Stromgebietes von den Riesenströmen Asiens,
Afrikas und Amerikas weit übertroffen (vergl. die Übersicht).
Sehr begünstigt erscheint Europa durch sein Klima: es ist der
einzige Erdteil, der nicht in die Tropen reicht und keine Wüsteu hat,
sondern mit Ausnahme eines kleinen Teiles im N. ganz in der n.
gemäßigten Zone liegt. Bei der Vielgestaltigkeit der einzelnen Teile
ist das Klima sehr verschieden. Der O. hat festländisches Klima
Europa.
11
mit warmen Sommern und kalten Wintern, der W. seeländisch
gleichmäßiges Klima mit kühlen Sommern und milden Wintern.
Hier übt der aus dem Meerbusen von Mexiko kommende Golfstrom
eine erwärmende Wirkung aus. Abgesehen von den drei s, Halbinseln
hat ganz Europa Regen zu allen Jahreszeiten und im Winter
Schnee, daher nur sommergrüne Laubbäume. In den Mittel-
meerländern dagegen, wo auf heiße uud trockene Sommer
milde Winter folgen, die Regen und auf den Gebirgen Schnee
bringen, gedeihen immergrüne Gewächse, Südfrüchte und namentlich
der Ölbaum.
Dieses günstige Klima gestattet, mit Ausnahme des äußersten
Nordens, der Hochgebirge und der Salzsteppen am Kaspischen Meere,
überall Ackerbau und seßhaftes Leben. Andrerseits zwingt es den
Menschen, den Boden zu bearbeiten und sich gegen die winterliche
Kälte durch dichtere Kleidung und bessere Wohnuugen zu schützen.
Dadurch wurden die Europäer bewahrt vor Trägheit, in die die
Tropenbewohner infolge der Fruchtbarkeit des Bodens und des gleich-
mäßig heißen Klimas versunken sind.
Die Bewohner. Hinsichtlich seiner räumlichen Ausdehnung ist
Europa nächst Australien der kleinste Erdteil, aber in bezng auf die
Einwohnerzahl wird es nur von Asien übertroffen und über-
ragt die drei andern Erdteile darin bedeutend. Da nun aber Europa
viel kleiner als Asien ist, so hat es von allen Erdteilen die dichteste
Bevölkerung. Im Durchschnitt wohnen in Europa auf 1 qkm
40 Menschen, in Asien nur 19.
Seine mehr als 400 Miß. Bewohner gehören zum weitaus
größten Teile znr Mittelländischen Rasse und gliedern sich vor-
nehmlich in drei Gruppeu:
1. Zu den Romanen gehören die Italiener, Spanier,Portugiesen,
Franzosen, ein Teil der Belgier und die Rumänen.
2. Die Germanen wohnen in Deutschland, Österreich, Skandi-
navien und auf den Britischen Inseln.
3. Die Slaveu haben hauptsächlich das große ö. Tiefland und
die Balkanhalbinsel inne.
Zur Mongolischen Rasse gehören außer den Türken, Ungarn
und Finnen noch mehrere kleine Volksstämme Rußlauds.
Fast alle Bewohuer Europas sind Christen, nur wenige
Mohammedaner, Juden oder Heiden. Die Christen verteilen sich nach
ihrem Bekenntnis auf drei Kirchen:
12
Europa.
1. Römisch-katholisch sind die Romanen, ein Teil der Ger-
manen, die Ungarn und die Polen.
2. Evangelisch ist der größte Teil der Germanen.
3. Zur griechischen Kirche bekennen sich fast alle Slaven
außer den Polen, die Rumänen und die Griechen.
In Europa bestehen 27 einzelne Staaten von sehr verschiedener
Größe, von denen die meisten erbliche Monarchien sind. Aber
nur in einem, in der Türkei (und in Rußland bis 1905), ist der Herrscher
unumschränkt, in den andern ist er für die Gesetzgebung an die Zu-
stimmung der vom Volke gewählten Vertreter (Reichstag, Landtag)
gebunden, d. h. sie sind konstitutionelle Staaten. BW^Staaten
sind Republiken (Frankreich, die Schweiz','Wndorra und San
Marino). Die sechs an Größe und Volkszahl bedeutendsten Staaten,
Rußland, Österreich-Ungarn, das Deutsche Reich, Frank-
reich, Großbritannien und Italien, werden als Großmächte
bezeichnet.
Ackerbau und Viehzucht sind in den europäischen Ländern die
Hauptbeschäftigung eiues großen Teiles der Bevölkerung, doch reichen
deren Erträgnisse für den Bedarf nicht mehr überall aus, so daß
Brotkorn und auch Schlachtvieh eingeführt werden. Infolge seiner
reichen Schätze an Kohlen und Eisen, die aber sehr ungleichmäßig
über die einzelnen Länder verteilt sind, ist in Europa die Fabrik-
tätig keit sehr gesteigert. Hier werden die Rohstoffe (Baumwolle, Wolle,
Seide, Eisen u. a. m) auch der andern Erdteile verarbeitet, und Europa
versorgt fast alle Länder der Erde mit seinen Waren. Daher über-
wiegt der Handel Europas weit den der vier andern Erdteile zu-
sammengenommen, deren Handelsflotten von denen Europas fast um
das Doppelte übertroffen werden.
In keinem Erdteile endlich ist das Verkehrswesen so ausge-
bildet wie in Europa. Zwar übertrifft die Gesamtlänge der Eisen-
bahnen in Nordamerika die der europäischen, doch auch diese würden
ausreichen, um 71/.2 mal einen Schienenstrang um den Äquator
(40 T. km) zu legen. Bei der geringen Ausdehnung Europas aber
ist hier, vor allem in den w. und mittleren Ländern, das Eisenbahn-
netz viel enger und dichtmaschiger als in Nordamerika. Ähnlich ijt es
mit der Ausdehnung des Telegraphennetzes, dessen Drähte bis zum
Nordkap reichen.
Die Pyrenäische Halbinsel.
13
§ 3.
Die Pyrenäen-Halbinsel.
Geographische Lage: N.-Küste 43° N., Kap Tarifa 36° N., Kap
da Roca 10° W. (wie W.-Küste von Irland), O.-Ende der Pyrenäen 3° O.
Die Halbinsel wird in der Mitte durchzogen von 40° N. (vergl. Neapel
und Konstantinopel 41° N., Peking 40° N., New Aork 41 ° N.).
590000 qkm, 23 Mill. E., auf 1 qkm. 40 E.
Zum größten Teile ist die Pyrenäische Halbinsel Hoch-
land, dessen Kern die Hochebenen von Alt- und Neu-Kastilien
bilden. Im N. wird erstere von dem Kantabrischen Küstenge-
birge begrenzt, das sich im W. zu dem Galicischen Berglande
verzweigt und dessen w.ster Vorsprung das Kap Finisterre (= Lands-
ende) ist. Im S. wird das Hochland durch die Sierra Morena
(— Schwarzwald) abgeschlossen, die im Kap S. Vincent, dem s.w.sten
Punkte Europas, endet. Beide Hochebenen werden durch das Kasti-
lische Scheidegebirge getrennt, das sich unter verschiedenen
Namen von NO. nach SW. erstreckt und mit dem Kap da Roca
( — Felsenkap) steil ins Meer abstürzt. An dieses Hochland, das nach
W. allmählich sich senkt, schließt sich im S. das Tiefland von An-
dalusien, das vom Mittelländischen Meere durch die nach S. steil
abfallende Sierra Nevada (—Schneegebirge), das höchste Gebirge
Europas nächst den Alpen (Mulahacen 3500 m), getrennt wird. Der
s.ste Punkt dieser Gebirge, zugleich der s.ste von Europa, ist das Kap
Tarifa an der nur 16 km breiten Straße von Gibraltar. Alle
diese Gebirge stehen im O. durch verschiedene Vergländer mit ein-
ander in Verbindung, die sich in einem nach W. offenen Bogen
hinziehen und die Wasserscheide zwischen dem Mittelländischen Meere
und dem Atlantischen Ozean bilden. Ihr nach NW. gerichteter Teil
wird das Iberische Scheidegebirge genannt. An dieses schließt sich
nach NO. das Tiefland von Aragonien, das durch das Kata-
lonische Küstengebirge vom Meere getrennt, nach N. aber durch
die hohen, mauerartigen Pyrenäen (—Gebirge) abgeschlossen wird.
Diese erstrecken sich vom Kap Creus im O. bis zum innersten Winkel
des Meerbusens von Biscaya und sind ein echtes Hochgebirge mit
Gletschern und Schneefeldern; die höchste Spitze der Maladetta-
Gruppe steigt bis 3400 in an. Weil die günstige Talbildung und
die tiefeingeschnittenen Pässe der Alpen hier fehlen, ist das Gebirge
schwer zu übersteigen und wird von den großen Verkehrsstraßen im W.
und O. umgangen. Über die Westpyrenäen führt der Paß von Ronces-
14
Europa.
valles ^ronßeßwkljes^. Kleine Hochgebirgsseen sind zahlreich vorhanden,
nicht aber große Talseen, die am N.- und S.-Fuße der Alpen die
Täler ausfüllen.
Die meisten Flüsse der Halbinsel fließen nach W. und ergießen
sich in das Atlantische Meer, sind aber fast alle vieler Stromschnellen
und Wasserfälle wegen wenig schiffbar. Alt-Kastilien wird vom Duero-
(— Fluß), Neu-Kastilien vom Tajo [tacho] und dem Guadiana durch-
flössen, und Andalusien vom Guadalquivir (—großer Fluß), dem
wasserreichsten Strome der Halbinsel. In das Mittelländische Meer
münden außer dem Ebro (—Strom), der auch im Tieflande von
Aragonien der Schiffahrt wenig nutzbar ist, nur Küstenflüsse
Die Hochebenen des Binnenlandes haben ein durchaus fest-
ländisches ftliina mit heißen, regenarmen Sommern und kalten
Wintern, sind bis auf die Gebirge waldarm, teilweise nur als Weide
zu benutzen und lassen Südfrüchte nicht gedeihen. Die N.-Küste hat
bei einem dem deutschen ähnlichen Klima sommergrüne Wälder,
Getreide- und Obstbau. Der SO. hat schon fast afrikanisches
Klima und wenigstens stellenweise Palmen. Die übrigen Küsten-
länder haben südeuropäisch trockne und heiße Sommer und milde
Winter. Hier gedeiht neben feurigem Wein der Ölbaum, und es
reifen die sogen. Südfrüchte (Apfelsinen, Zitronen, Feigen, Mandeln,
Kastanien); die meisten Holzgewächse sind immergrün: Lorbeer, Myrte,
Buchsbaum, Oleander, Korkeiche.
In den Pyrenäen gibt es noch Gemsen und Baren, und auf
dem Felsen von Gibraltar leben Affen. Vorzügliche Esel und Maul-
tiere werden gezüchtet, die Pferde Andalusiens sind weithin be-
rühmt. Die Gebirge fördern die Haltung von Ziegen, und auf den
Hochebenen Kastiliens weiden die einst wegen ihrer Wolle berühmten
Merinoschafe.
Dem Abbau der großen Schätze des Landes an Blei, Eisen
(das z. T. in Deutschland verarbeitet wird), Kupfer und Queck-
silber wird erst in neuerer Zeit mehr Aufmerksamkeit gewidmet, doch
ist ihre Verhüttung wegen des Fehlens von Kohlen schwierig. Im
Altertum wurde hier viel Silber gewonnen.
Von den alten Einwohnern, den Iberern, hat sich ein unvermischter
Rest in den Basken am W.-Ende der Pyrenäen erhalten. Auf die Er-
oberung der Halbinsel durch die Römer folgte während der Völkerwande-
rung die durch die Westgoten, deren Reich durch die Araber, hier Mauren
genannt, 711 gestürzt wurde. In der zweiten Hälfte des Mittelalters begann
vom N. aus die Rückeroberung des Landes, die erst 1492 mit der
Die Pyrenäische Halbinsel. 15
Einnahme Granadas beendet wurde. Schon damals entwickelten sich
zwei Staaten, Portugal und Spanien, die am Beginn der Neuzeit große
überseeische Entdeckungen und Erwerbungen machten, denen aber von ihrem
Kolonialbesitz nur^gerinae Reste geblieben sind.
1. DaMomgretch Portugal, kaum '/gderHalbinsel(90000qkm), y,
so groß wie Bayern und Baden zusammen, hat 5 Mill. katholische
Elnw. Das Land ist durch Bürgerkriege sehr heruntergekommen, der
Handel fast gan§ in den Händen der Engländer, die portugiesische
Flotte ist jetzt eine der kleinsten Europas. Selbst der Ackerbau liegt
sehr darnieder. Ausgeführt wird hauptsächlich Wein, Öl, die Rinde
der Korkeiche und Fische.
Hauptstadt ist ""Lissabon in herrlicher Lage an der seeartigen
Erweiterung, die der Tajo (port. Tejo [testcho]) vor seiner Mündung
bildet. Durch das Erdbeben von 1755 wurde die Stadt fast voll-
ständig zerstört; sie ist jetzt wichtig als Station der nach Südamerika,
Westafrika und dem Mittelländischen Meere fahrenden Dampfer.
"Porto an der Mündung des Duero (port. Douro [döiro]), ist
Hauptausfuhrort für Wein. W. von Lissabon liegen die zu Europa
gerechneten, den Portugiesen gehörigen Azoren oder Habichtsinseln.
Die früheren Besitzungen der Portugiesen in Ostasien sind an die Eng-
länder und Niederländer verloren gegangen. Jetzt sind nur noch Goa, Ost-
Timor und Macao in ihren Händen. Außerdem haben sie Niederlassungen an
der O.- und W.-Küste Südafrikas und in Senegambien; von den afrika-
nischen Inseln gehören ihnen zwei Guinea-Inseln, die Kapverden und Ma-
deira, das der Verwaltung nach mit dem Mutterlande verbunden ist.
2. Das Königreich Spanien umfaßt 5/ß der Halbinsel (500000
qkm), hat aber nur 18 Mill. katholische E., deren Hauptbeschäf-
tiguug Ackerbau und Viehzucht bilden. Hauptstadt ist-j-Madrid, im
Mittelpunkte des Landes. Alt- und Neu-Kastilien sind die Heimat des
echten Spaniers, der stolz und ritterlich, aber angestrengter Arbeit ab-
geneigt ist und wie alle Spanier sich an den rohen Stiergefechten erfreut.
Toledo am Tajo hat große Waffenfabriken (Toledoklingen). In der
staubtrocknen Ebene La Mancha [Muntscha] am oberen Guadiana wächst
das zur Papierbereitung und zu Flechtwerk benutzte Espartogras.
Am mittleren Guadalquivir, im schönen, sonnigen Andalusien liegt
die alte Hauptstadt der Maureu ^Cordoba mit Prachtbauten aus
jener Zeit, unterhalb, da, bis wohin mit der Flut Seeschiffe gelangen
können, "Sevilla [ßewlljai mit vielen schönen Kirchen und großen
Zigarrenfabriken. Das stark befestigte »Eadiz, s. der Mündung des
Guadalquivir, in dessen Nähe bei Jerez der unter dem Namen Sherry
bekannte Wein wächst, ist eine der ältesten Städte Europas. Die
16
Europa,
englische Felsenfestung Gibraltar beherrscht den Eingang zum Mittel-
ländischen Meere und gehört zu den meist besuchten Häfen der Erde.
An der S.-Küste liegt "Malaga, die zweite Handelsstadt Spaniens,
der Hauptausfuhrhafen für Wein, Rosinen und Südfrüchte, und n.ö.
davon im Gebirge «Granäda mit dem maurischen Königspalaste,
der Alhambra.
Im SO. sind n. von "Gartag[ch]erta (— Neu-Earthago), dem
besten Kriegshafen Spaniens, die Küstenebenen von "Murcia, Alicante
und ""Valencia ausgezeichnet durch reiche Fruchtbarkeit; infolge künst-
licher Bewässerung werden hier in den Gartenlandschaften der Vegas
oder Huertas jährlich mehrere Ernten gewonnen. Vor allem aber
züchtet man Seidenraupen, deren Gespinst in Valencia und Murcia
verarbeitet wird. In der Nähe von Alicante reifen im Palmenwalde
von Elche Datteln. An der Küste Kataloniens, das von einem
fleißigen und seetüchtigen Volke bewohnt wird, liegt Spaniens größte
Handels- und Industriestadt ^Barcelona mit Fabriken für Baumwoll-
und Seidenweberei.
"Saragossa im menschenarmen und schlecht angebauten Aragonien
ist berühmt durch die tapfere Verteidigung gegen die Franzosen 1809.
In den Baskischen Provinzen am W.-Ende der Pyrenäen gibt es nur
kleine Orte wie die aufblühende Hafenstadt San Sebastian. An
der N.-Küste, deren fleißige Bewohner z. T. nach den großen Städten
auswandern, um als Wasserträger u. s. w. ihren Unterhalt zu suchen,
liegen der ebenfalls wichtige Hafen Santander und die Kriegshäfen
Ferrol, Coruna [forunja] un^ s. davon Vigo. In Santiago
soll der Apostel Jakobus begraben sein.
Zu Spanien gehört die Inselgruppe der Balearen Schleuderer-
inseln), auf deren größter, Mallorca, der vorzügliche Hafenort Palma
lebhaften Handel treibt.
Im östlichen Teile der Pyrenäen liegt die kleine unter franzö-
sischem und spanischem Schutze stehende Bauernrepublik Andorra, die
schon seit Karls des Großen Zeit besteht.
Nur zwei Eisenbahnlinien führen aus Frankreich nach Spanien.
Die eine, welche die Pyrenäen im W. umgeht, verbindet Paris und
Lissabon und schneidet die von Santander über Madrid nach Cadiz, der
Bucht von Gibraltar und Malaga führende Straße; die andere zieht
vom O.-Ende der Pyrenäen die Mittelmeerküste entlang, und von ihr
zweigt sich in Barcelona die Bahn über Saragossa nach Madrid und
Lissabon ab.
Von den früher ausgedehnten auswärtigen Besitzungen sind den
Die Apenninen-Halbinsel.
17
Spaniern nnr die Kanarischen und zwei Guinea-Inseln geblieben;
spanisch sind auch einige Plätze in Marokko an der Straße von Gi-
braltar z. B. Centa ^ße-uta^.
§ 4.
Die Apenninen-Halbinsel.
Geographische Lage: Mündung des Po und Turin 45° N., S.-
Spitze der Halbinsel 38° N. (Malta 36° N. wie Kap Tarifa). Mte Biso
7° O. (wie Wasgau, Cöln, Dollart), Brindisi 18° O. (sast wie Danzig).
Mündung des Po, des Tiber, W.-Spitze Siziliens 12Vz° O. (wie Fichtel-
gebirge).
290 000 (= Vz Pyrenäen - Halbinsel) 33 Mill. E., ans 1 qkm
116 E. (D. R. III).
Die Poebene oder Ober-Ztalien ist im W. und N. von den
Alpen, deren steilabfallende O.- und S.-Abhänge zu Italien gehören,
im S. von dem sanft ansteigenden Apennin umschlossen, während sie
im O. sich nach dem Adriatischen Meere öffnet. Sie wird in ihrer
ganzen Länge vom Po durchflössen, der auf dem Mte. Biso, 3800 m,
entspringend, in w. ö. Richtung sich ins Adriatische Meer ergießt, in
das er ein weitverzweigtes Delta hinausbaut. Seine linken aus den
Alpen kommenden Nebenflüsse durchfließen zum Teil die herrlichen,
meist langgestreckten Seen, die die südlich geöffneten Täler der Alpen
füllen. So durchzieht der Ticino [titschmo] den Lago maggiore
[madschöre] oder langen See, die A dda den dreizipfligen Com er-
see, und aus dem Gardasee kommt der Mincio [mrntsiho]. Die
Etsch wendet sich nach dem Austritt aus den Alpen ostwärts und
mündet etwas n. vom Po ins Adriatische Meer. Die rechten Neben-
flüsse des Po haben geringere Bedeutung und sind im Sommer wasser-
arm; die wichtigsten sind der Tianaro und die Trebia. Der Reno
fließt in seinem unteren Laufe, wie die Etsch, parallel dem Po und
mündet selbständig ins Meer. N. und s. vom Podelta erstrecken sich
hinter den vom Meere aufgeworfenen schmalen Lid i flache Strandseen
oder Lagunen.
Der Apennin (— Gebirge), der die ganze Halbinsel Italien durch-
zieht, zerfällt in mehrere Teile. Der Ligurische Apennin schließt
sich an die W.-Alpen, begrenzt den Golf von Genua, zu dem er steil
abfällt, und erreicht als Toscanischer und Umbrischer Apennin
das Adriatische Meer. Von da zieht das Gebirge die O.-Küste des
Landes entlang und steigt in den von mehreren Parallelkämmen ge-
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auslage. 2
Fig. 7. Panorama des Vesuv.
(Nach einer photographischen Aufnahme von G Sommer, Neapel.)
Die Apenninen-Halbinsel.
19
bildeten Abbruzzen im Gran Sasso(— großer Felsen) d'Jtalia
bis 2900 in an. Der südliche Apennin nähert sich allmählich wieder
der W.-Küste und endet auf der Halbinsel Ealabrien im Kap
Spartivento; die den Golf von Tarent im O. einschließende Halb-
insel Apulien weist nur niedrige Hügelreihen auf. Getrennt vom
Apennin erhebt sich im „Sporn des italienischen Stiefels" der Monte
Garg ano.
Die W.-Küste besitzt zahlreichere Einbuchtungen als die O.-Küste.
Im Hintergrunde des Golfs von Neapel, an dessen Eingang die
Inseln Jsch ia [isfia] und das durch die blaue Grotte berühmte Capri
liegen, ragt der Vesuv bis 1300 in auf, der einzige noch tätige
Vulkan auf dem Festlande von Europa (Fig. 7). Da dem Apennin nach
W. der Subap ennin vorgelagert ist, bleibt nur wenig Raum zu Küsteu-
ebenen. Am ausgedehntesten breitet sich im SO. die dürre Apulische
Tiefebene aus, und n. vom Golf von Neapel begleiten die sumpfigen
Maremmen mit ihren Fieberlüften weite Strecken der W.-Küste.
Am berüchtigtsten sind die Pontinischen Sümpfe s.ö. der Tiber-
Mündung.
Auf der fast ganz von Gebirgen ausgefüllten Halbinsel können
sich größere Flüsse nicht entwickeln. Die bedeutendsten, der Arno und
der Tiber, entspringen nicht weit von einander; jener fließt w.wärts
ins Ligurische, dieser in s. Richtung ins Tyrrheuische Meer.
Die durch die Straße von Bonisacio [bomfätscho] von ein-
ander getrennten Inseln Corsica und Sardinien im W. und die
dreieckige, nur durch die kaum 3 km breite Meerenge von Messina
vom Festlande geschiedene Insel Sizilien im S. des Tyrrhenischen
Meeres sind ebenfalls fast ganz von Gebirgen erfüllt. Im ö. Teile
der letzteren erhebt sich der feuerspeiende Etna zu 3300 m. S. von
Sizilien, das nach Afrika (Karthago) hinüberweist, liegt die kleine
Inselgruppe von Malta, w. die Ägatischen Inseln. Zu den
Liparischen Inseln gehört der stets tätige Vulkan Stromboli,
der dritte Italiens. Zwischen Corsica und dem Festlande liegt das
eisenreiche Elba.
Fast ganz Italien hat ein mildes, herrliches Klima, doch bestehen
zwischen N. und S. bedeutende Unterschiede. Ober-Italien hat bei
heißen, aber nicht regenlosen Sommern noch schneebringende
Winter; es ist das Land des Maisbaues, hat aber noch nicht Süd-
srüchte und immergrüne Gewächse, die nur an besonders geschützten
Stellen, wie auf den Boromäischen Inseln im Lago maggiore uud an
der Küste des Golfs von Genua, gedeihen. Der regenlose Sommer
20 Europa.
der Halbinsel macht diese zum Anbau des Ölbaums geeignet
(Fig. 8), der s. Teil sowie die Inseln mit fast afrikanischem
Klima zeitigen Südfrüchte in üppiger Fülle. Ju den Sümpfen am
Tyrrhenischen Meere dient der Büffel als Zugtier, auf den Gebirgen
kommt noch Bär und Wolf vor, in den Abruzzen auch die Gemse.
Der Scorpion und in S.-Jtalien die Tarantel erinnern schon an
Afrika, von wo der glutheiße Sirocco herüberweht und auch oft die
Wanderheuschrecke nach Sardinien streift.
Die Römer unterwarfen sich sowohl die in Ober-Italien wohnenden
Gallier als auch das von Griechen besiedelte S.-Ztalien und Sizilien (Groß-
griechenland), einigten so die Halbinsel und beherrschten zuletzt die ganze im
Altertum bekannte Welt. Zur Zeit der Völkerwanderung brach das Römer-
reich zusammen. An die in Ober-Ztalien eingewanderten Langobarden er-
innert der Name der nach ihnen benannten Lombardei. Italien geriet in
Zersplitterung, ward für Jahrhunderte ein Zankapfel verschiedener Völker
und ist erst in neuester Zeit durch das SavoyischeKönigshaus zu einem
einheitlichen Königreich geworden, dessen Hauptstadt seit 1870 wieder
Rom ist. Aber auch während des Mittelalters beherrschte Rom, freilich in
andrer Weise als im Altertums, die ganze Welt: Rom ward der Sitz des
Papstes. Heute ist auch diese geistige Vorherrschaft Roms gebrochen. —
Die Italiener (33 Mill.) bilden sprachlich eine große Einheit. Infolge ihrer
Arbeitskraft, Anspruchslosigkeit und Sparsamkeit sind sie als Maurer, Erd-
und Steinarbeiter in den Nachbarländern gern gesehene Arbeiter. Jährlich
wandern, meist aus Ober-Jtalien, große Scharen nach Österreich, Deutschland
und Frankreich, um im Herbst mit ihren Ersparnissen in die Heimat zurück-
zukehren. In S.-Ztalien machen Bedürfnislosigkeit und Gunst des Klimas
sie vielfach träge (dolce far niente), und das Leben im Freien beeinträchtigt
den Sinn für Familienleben. Hauptbeschäftigungen sind auch heute
noch der Ackerbau — im Öl- und Weinbau sowie in der Zucht der Seiden-
raupe übertrifft Italien alle andern Länder Europas — und der Seehandel,
durch den vor der Entdeckung Amerikas infolge der günstigen Lage der
Halbinsel die italienischen Städte zu hoher Blüte gelangten. Die Handels-
flotte der Italiener ist die fünftgrößte Europas. Der Mangel an Kohlen
und Holz läßt die Gewerbtätigkeit noch sehr zurücktreten. Nur in Ober-
Italien, wo vielfach die Wasserkraft der Flüsse benutzt wird und auch Kohlen
eingeführt werden, blüht Seiden- und Wollen-Zndustrie.
Am dichtesten bevölkert ist die Poebene; hier erzog der
Wechsel von Sommer und Winter und die nur bei genügender Be-
arbeitung große Fruchtbarkeit des Bodeus ein arbeitsames Volk.
Reichliche natürliche und künstliche Bewässerung haben große
Teile der Ebene zu einem Gartenbezirke gemacht: die einzelnen Felder
sind durch Baumreihen abgeteilt, an denen der Wein sich emporrankt
und auf denen die Seidenraupe lebt, sodaß dasselbe Feld dem Menschen
Die Apenninen-Halbinsel.
21
Brot, Wein, Seide und Brennholz liefert. Die Ufer des unteren
Po und der Etsch sind sumpfig und dienen als Wiesen und zum
Anbau von Reis. — Die Poebene war zu allen Zeiten wegen ihrer
Lage und der sie durchziehenden Straßen der Schauplatz der über
Italiens Schicksal entscheidenden Kämpfe.
Da, wo die Straße aus Frankreich vom Mt. Cenis herab den
Po trifft, liegt ***Stitrüt, von wo aus Viktor Emanuel die Einigung
Fig. 8. Ölbaum, Pinie, Cypresse.
Italiens unternahm. Pavia, die alte Hauptstadt der Langobarden,
ist jetzt ohne Bedeutung. Am Schnittpunkte der vom Lago maggiore
und vom Comersee nach S. und der von Turin nach O. führenden
Straßen erwuchs -j-Mailand (Milano) zur drittgrößten Stadt
Italiens (Marmordom). Die Mündung der an der Etsch her-
abkommenden Straße deckt «Verona, und die ö. davon liegende
Universitätsstadt «Padua wird von der Straße Wien-Rom durch-
zogen. Weiter nach O. ist auf mehr als 100 Laguneninseln die
einstige Beherrscherin der Meere "Venedig (Markusdom, Dogen-
22
Europa.
Palast) auf Pfahlrosten erbaut, dessen Verkehrsstraßen z. T. Kanäle,
dessen Droschken Goudelu siud. Mit dem 9 km entfernten Festlande
ist die Stadt durch eine Eisenbahn verbunden. Als Brückenstädte
am Po haben Piacenza ^piatschendsal und «Ferrara Bedeutung;
zwischen beiden schützt die in den Sümpfen am Mincio gelegene,
starke Festung Mantua (Andreas Hofer) einen dritten Übergang
über den Po. oUlessandria am Tanaro ist als Kreuzungspunkt
wichtiger Straßen ebenfalls stark befestigt. An der alten viaAemilia
der Römer liegen °Parma, °Mobeita, früher die Hauptstädte der
gleichnamigen Herzogtümer, und die alte Universitätsstadt "Bologna
[bolönja], die durchzogen werden von der über Rimini und An-
cona am Adriatischen Meere bis zur S.O.-Spitze Italiens führenden
Eisenbahn. "Ravenna, ehemals Kriegshafen der römischen Kaiser,
liegt infolge der hier stattfindenden Anschwemmungen jetzt 8 km von
der Meeresküste entfernt. — Der kleine, unter italienischem Schutze
stehende Freistaat San Marino ist ein einziger Ort am Nordrande
des Toskanischen Appennin. Geschichtlich bekannt ist das Schloß
Canossa s. von Parma.
Die Küsten des Golfs von Genua, das alte Ligurien, ge-
wöhnlich Riviera (— Uferland) genannt, erfreuen sich im Schutze der
Gebirge des herrlichsten Klimas, das die Orte an der W.-Küste zu viel-
besuchten Kurorten für Brustkrauke macht. Am n.sten Punkte des
Meerbusens erhebt sich ""Genua (Genova) [bschenoua], wegen seiner
schönen Lage la superba genannt, einst mächtig zur See wie Venedig
und jetzt der wichtigste Handelshafen Italiens. (Heimat des Kolumbus.)
An der ö. Küste ist Spezia durch einen stark befestigten Kriegshasen
und s.ö. davon Carrara durch seine Marmorbrüche bemerkenswert.
In Mittel-Ztalien ist ""Florenz (Firenze — Blumenstadt)
durch seine Prachtbauten und Kunstschätze berühmt. °Pifa, das
Seeschiffe nicht mehr erreichen können, wird weit überflügelt von dein
s. gelegenen "Livorno.
An der Stelle des Tiber, bis wohin im Altertume kleinere
Seeschiffe gelangen konnten, liegt -j-Rom, mitten in der öden und
ungesunden Campagna. Rechts des Flusses steht die Peterskirche,
die größte Kirche auf Erden, der Vatikan, in dem der Papst
wohnt, und die Engelsburg; links der Onirinal, der Palast des
Königs. Zahlreiche Baudenkmäler des Altertums und große Kunst-
schätze alter und neuer Zeit schmücken die Stadt. Da die Tiber-
mündung versandet ist, ist das n. davon gelegene Civita Vecchia
stschiwita weffta] Hafenstadt Roms geworden.
Die Apenninen-Halbinsel.
23
In Unter-Ztalien ist die volkreichste Stadt und der zweit-
wichtigste Hafenort des Landes -^Neapel (Napoli — Neustadt), das
bezaubernd schön am Fuße des Vesuv gelegen ist (Fig. 7). Das 79 n. Chr.
durch einen Ausbruch des Vesuv verschüttete Pompeji ist teil-
weise wieder ausgegraben. Am Meerbusen von Taranto liegt die
Stadt gleiches Namens, das alte Tarent, und ö. davon am Adriati-
schen Meere Brindisi, eine Station der nach dem ö. Mittelmeere,
besonders nach dem Suezkanal bestimmten Schiffe. Nach Otranto
ist die Meerenge, die das Adriatische Meer mit dem Jonischen ver-
bindet, genannt.
Außer der Straße, die aus Frankreich längs der Küste des Mittel-
ländischen Meeres über Genua nach Rom und Neapel zieht, führen <T
(demnächst fünf) wichtige Eisenbahnlinien über die Alpen nach Italien:
1. aus Frankreich durch den Mt. Cenis nach Turin; 2. aus dem w. Deutsch-
land durch den St. Gotthard nach Mailand und Genua. Diese beiden
Straßen vereinigen sich in Piacenza und führen über Bologna und An-
cona, einem für die italienische Kriegsflotte wichtigen H'asen am Adriatischen
Meere, nach Brindisi, wo die Dampfschiffahrt sich anschließt; 3. aus dem
ö. Deutschland über den Brenner, die Etsch abwärts nach Verona^-4. von
Wien über den Semmering nach Venedig und Padua; beide schneiden jene
erste Hauptstraße in Bologna und führen über Florenz nach Rom. 5. Die
Eisenbahn durch den Simplon-Tunnel "wird" die kürzeste
Verbindung von England und aus dem n. Frankreich nach Italien
Die Inseln. Sizilien, so groß wie Westpreußen, 25 500 qkrn,
einst die Kornkammer für Rom, ist durch schlechte Verwaltung und
Entwaldung sehr heruntergekommen; doch beginnt der Ackerbau sich
wieder zu heben, besonders werden Südfrüchte (Apfelsinen) gezogen
und ausgeführt. Die größte Stadt ist*** Palermo an der N.-Küste,
eine der ältesten Städte Europas, das aber als Seehafen von
* Messina, an der nach ihm benannten Meerenge, übertreffen wird.
S. davon liegen am Fuße des Etna ^Catania in gut angebauter,
fruchtbarer Gegend, und das unbedeutende Siracufa, an dessen
Stelle im Altertume das mächtige Syrakus stand. In der Mitte
der S.-W.-Küste ist Girgenti ^dschirdschönti^ wegen seiner Schwefel-
gruben beachtenswert.
Sardinien, etwas kleiner als Sizilien, ist nur schwach be-
völkert und trotz seines Reichtums an Blei und Zink ebenso wie das
viel kleinere Eorsica (vergl. Frankreich) nur von geringer Bedeutung.
Malta, ein steil aufragender Kalkfelsen, ist durch Natur und
Kunst stark befestigt. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war es Sitz
des Johanniter-Ordens, jetzt ist es ein wichtiger Stützpunkt der Eng-
24
Europa.
länder für die Beherrschung des Mittelmeeres. Hauptstadt ist La
Valetta.
Auswärtige Besitzungen: Die Erythräische Kolonie am Roten Meere
und das Somaügebiet.
§ 5.
Die Balkan-Halbinsel.
Geographische Lage: Save und Donaumündung 45"N. (wie Turin
und Pomündung), untere Donau 44° N., Kap Matapan 36'//N., Kreta
35"N. (Kap Tarifa 36°N.). N.-Hälfte zwischen t5°O. (wie Görlitz, Stargard»
und 29°5). (St. Petersburg 30°O.). S.-Hälste zwischen 20°O. und 24" O.
(wie Ostpreußen). 444 000 qkm, 18 Mill. E., auf I 36 E.
Die Balkan-Halbinsel ist die am meisten gegliederte der drei
süd-europäischen Halbinseln, aber umgekehrt wie bei Italien ist bei
ihr die O.-Küste weit mehr entwickelt als die W.-Küste, sodaß
die beiden benachbarten Halbinseln sich gegenseitig den Rücken zu-
kehren. Ferner nimmt die Gliederung der Küsten von N. nach S.
zu, und da der s. Teil, Griechenland, durch eine reiche Jnselflur mit
Kleinasien gleichsam verbunden ist, so erklärt sich schon hieraus, daß
der SO. der Halbinsel im Vergleich zu dem viel umfangreicheren N.
und W. eine viel höhere geschichtliche Bedeutung erlangte.
Die vornehmlich in der Richtung von NW. nach SO. oder
von W. nach O. die Halbinsel durchziehenden Gebirge werden
durch die in n.s. Richtung verlaufenden Täler der Morawa und des
Wardar in einen w. und ö. Teil geschieden. Im NW. begleiten
die D in arischen Alpen in mehreren Parallelketten die Küste des
Adriatischen Meeres. Die w.ste dieser Gebirgsketten ist ins Meer
gesunken; als ihre Reste sind die langgestreckten Inseln zu betrachten,
die die Küste begleiten. Da wo die W.-Küste nach S. umbiegt, legt
sich ö. vom Skutari- oder Skodra-See den Dinarischen Alpen der
Schar-Dagh (Dagh — Gebirge) quer vor, von dem aus mehrere
Gebirgszüge den bis auf ein Drittel der früheren Breite eingeengten,
nach S. gerichteten Teil der Halbinsel füllen. Der s. Teil dieser
Gebirgsketten ist der Pindns. Die NO.-Ecke der Griechischen
Halbinsel bildet der einst von den Göttern Griechenlands bewohnte
Olymp, 3000 m. S. der Ebene von Thessalien schnüren die
von O. und W. ins Land einschneidenden Busen von Lamia und
Arta die Halbinsel zusammen, und noch weiter s. wird durch den
langgestreckten schmalen Meerbusen von Korinth und den ihm
von O. entgegenkommenden von Aegina die Halbinsel Morea
Die Balkan-Halbinsel,
25
(Peloponnes) abgetrennt, die nur durch den 6 km breiten Isthmus
von Korinth mit dem Festlande zusammenhängt. In dem zwischen
der doppelten Einschnürung gelegenen Mittelgriechenland, das
die Halbinsel Attika ins Ägäische Meer vorstreckt, erhebt sich der
Parnaß. Auch Morea ist von verschiedenen Gebirgszügen aus-
gefüllt und läuft nach S. in drei Halbinseln aus, deren mittlere
vom Taygetus durchzogen wird und mit dem Kap Matapan endet.
Im n.ö. Teil der Balkan-Halbinsel bildet der Balkan
(= 33erg) eine schwer zu übersteigende Gebirgsmauer; der wichtigste
Übergang führt über den Schipka-Paß. Im S. des Balkan liegen
der Rilo-Dagh und das Rhodope- oder Despoto-Gebirge.
Durch den Golf von Saloniki von der Griechischen Halbinsel ge-
trennt erstreckt sich die dreifingrige Chalcidische Halbinsel ins
Ägäische Meer, deren ö.ste Landspitze von dem mächtigen Athos-
Berge (fast 2000 m) gebildet wird.
Die Oberflächengestaltung der Balkan-Halbinsel bietet keinen
Raum zur Entwicklung größerer Flüsse. Entsprechend der Anordnung
der Gebirge findet eine Entwässerung der Halbinsel nach drei Meeren
statt: 1. Zum Gebiete des Schwarzen Meeres gehören die von
den Dinarischen Alpen zur Save fließenden Bosna und Drina sowie
die vom Schar-Dagh der Donau zuströmende Mörawa. Auch der
Jsker wendet sich nach Durchbrechung des Balkan der Donau zu.
2. Ins Ägäische Meer ergießen sich die Maritza, die Struma
und der Wardar. 3. Das Adriatisch-Jonische Gebiet hat, da
hier die Gebirge fast überall bis ans Meer herantreten, nur un-
bedeutende Flüsse. Da wo die Küste nach S. umbiegt, mündet ins
Adriatische Meer der Drin.
Zu der Halbinsel gehören außer den Küsteninseln im NW.
die ebenfalls gebirgigen Jonischen Inseln. Die n.ste ist das
herrliche Korfu; Kephallonia und das kleine Jthaka, die Heimat
des Odysseus, liegen vor dem Eingange zum Korinthischen Meer-
busen; die s.ste Insel ist das durch Fruchtbarkeit ausgezeichnete Zante.
Im NO. von Mittelgriechenland trennt der schmale Eurlpus die lange
Insel Enböa vom Festlande. Die s.ö. Fortsetzung von Euböa und
Attika bilden die Kykladen (—Kreisinseln), von denen Syra,
Paros (Marmor) und Naxos die wichtigsten sind; die s.sten Inseln
find vulkanisch wie das kleine Santorin, das den vierten der noch
tätigen Vulkane Europas- trägt. Im S. wird das Ägäische Meer
durch die Insel Kreta abgeschlossen, auf der das Jdagebirge sich
sast bis 2500 in erhebt.
26
Europa.
Die große Entfernung vom Atlantischen Ozean und das un-
gehinderte Eindringen der aus NO. kommenden, im Winter kalten^
im Sommer heißen Luftströmungen bewirken, daß auf der Balkan-
Halbinsel der Winter kälter und der Sommer heißer ist als auf
den beiden andern südeuropäischen Halbinseln. Der breite Norden
hat ein dem deutschen ähnliches Klima, auch im Sommer Regen
und im Winter Frost und Schnee, deshalb überall sonftnergrüne
Wälder, in denen die Eiche vorherrscht. Der S. und SW. der
Halbinsel dagegen haben südeuropäisches Klima mit mildem
Winter, der nur auf den Gebirgen Schnee bringt, und regenlosem
Sommer; daher sind Südfrüchte und immergrüne Bäume auf diese
Teile beschränkt und der Ölbaum gedeiht nur hier und an den mehr
geschützten Küsten des Ägäischen Meeres.
Im Altertum bewohnten den s. Teil der Halbinsel die Griechen oder
Hellenen, die an allen Küsten des Mittelmeeres ihre Handelsniederlassungen
gründeten und trotz ihrer staatlichen Zersplitterung sich siegreich des Angriffs
der mächtigen Perserkönige erwehrten. In Kunst, Literatur und Wissen-
schaften übertrafen die Griechen alle Völker des Altertums und wurden auch
die Lehrmeister der Römer, ihrer Besieger. Als im Mittelalter die Balkan-
Halbinsel, der Rest des Oströmischen Reichs, den von Kleinasien eindringenden
Türken erlag, erstarb die Kultur Griechenlands. Die Türken, die 1453-
Konstantinopel eroberten, wurden der Schrecken Europas und drangen bis
vor die Tore Wiens. Der Harle Druck, den sie auf ihre christlichen Unter-
tanen ausübten, und zahlreiche dadurch hervorgerufene Aufstände verhinderten
jeden wirtschaftlichen Aufschwung des Landes. Nach heldenmütigem Freiheits-
kämpfe wurden die Griechen 1829 wieder selbständig. Auch die Serben,
Rumänen und Bulgaren haben das Türkenjoch abgeschüttelt, sodaß die
Herrschaft des Sultans jetzt auf den mittleren Teil der Balkan-Halbinsel
beschränkt ist.
Die jetzigen Bewohner der Halbinsel, 18 Mill., gehören fünf Völkern
an: die Griechen bewohnen den s. Teil, die Küsten und Inseln des
Ägäischen Meeres, die Albanesen, die Nachkommen der alten Illyrer,
den W. etwa bis zum Schar-Dagh; den NW. haben die slavischen Serben
inne, den O. die slavisch sprechenden Bulgaren, die aber finnischen
Stammes sind. Die wenig mehr als 2 Mill. Türken sitzen hauptsächlich
in und bei den größeren Städten des ö. Teiles. Sie sind Mohammedaner,
die übrigen Völker gehören größtenteils zur griechischen Kirche.
1. Das Königreich Griechenland, 65 T. qkm, etwas
größer als O.- und W.-Preußen zusammen, wird von einer Linie
des dänischen Königshauses regiert. Die 2.72 Mill. E. sind fast alle
griechisch-orthodox. Obwohl der Ackerbau seit Befreiung des Landes
sich gehoben hat, deckt er doch nicht den Bedarf an Brotkorn (Weizen
Die Balkan-Halbinsel.
27
und Gerste); V3 des Bodens liegt brach. Der Weinbau ist sehr
ausgedehnt, aber der feurige Wein kommt erst neuerdings mehr in
den Handel; bedeutender ist der mit getrockneten Weinbeeren, nament-
lich den kleinen kernlosen Korinthen. Die Erzeugung von
gutem Olivenöl und Seide ist in steter Zunahme begriffen. Sehr
vernachlässigt ist noch immer der Waldbau, da der Baumwuchs durch
die große Zahl der Ziegen verhindert wird. Handel und See-
schifsahrt sind neben Ackerbau und Viehzucht die Haupterwerbs-
quellen der Bewohner.
Die einzige Großstadt ist die durch Eisenbahn mit dem Hafen
Piräus verbundene Hauptstadt "Athen mit den Trümmern früheren
Glanzes auf der Akropolis; durch seine Universität ist es der Mittel-
punkt alles geistigen Lebens im Lande. Den Isthmus von Korinth
durchschneidet jetzt ein für Seeschiffe fahrbarer Kanal. Trotzdem
wird das einst so blühende Korinth im Handel übertroffen von
Patras am Eingange des Korinthischen Meerbusens, dem Ausfuhr-
Hafen für Korinthen. Anch Sparta ist nur ein kleiner Ort. Sehr
fruchtbar und dicht bevölkert sind die Jonischen Inseln, von denen
Korsu durch sein mildes Klima ausgezeichnet ist. Als Kreuzungs-
punkt der Hauptstraßen des Ägäischen Meeres und als Kohlenstation
hat Hermupolis auf Syra inmitten der Kykladen Bedeutung ge-
wonnen.
2. Die Europäische Türkei besteht aus Rumelien (Rum
Jli — Land von Rom) im O., Macedonien in der Mitte und
Albanien im W. Die Bewohner beschäftigen sich überwiegend mit
Viehzucht und Ackerbau; besonders wird Mais und Tabak angebaut.
Am flußartig engen Bosporus liegt die Hauptstadt ^Konstanti-
nopel, das alte Byzanz, Jstambul der Türken, da, wo ein Meer-
bnsen, das Goldene Horn, am S.-Ende der Meerenge weit in
das europäische Festland eindringt; auf der dreieckigen Halbinsel
zwischen Marmara-Meer, Goldenem Horn und Bosporus steht die
alte Stadt mit der von den Türken in eine Moschee verwandelten
Hagia Sophia, großen Bazaren und dem Serail des Sultans auf
der ö.sten Spitze; jenseits des Goldenen Horns liegen die meist von
Christen bewohnten Stadtteile Pera und Galata und auf der
asiatischen Seite Skutari. «Adrianopel (—Stadt Hadrians) an
der Maritza ist die zweite Hauptstadt des Türkenreichs und ein be-
deutender Handelsort. Ö. der Wardarmündung erblühte "Saloniki,
das alte Thessalonich, am Endpunkte der von Belgrad im Tal der
Morawa und des Wardar zum Ägäischen Meere führenden Eisenbahn
28
Europa,
zu einer wichtigen See- und Handelsstadt. In Albanien sind nur
kleine Städte; Sitz des Paschas ist Ianina nahe der griechischen
Grenze.
3. Dem zwischen Donau und Balkan gelegenen Fürstentum
Bulgarien hat sich das ebenfalls von griechisch-orthodoxen Bulgaren
bewohnte Ostrumelien an der Maritza angeschlossen. Der Acker-
bau hebt sich, seitdem das Land von der Türkenherrschaft frei ge-
worden ist; nennenswert ist auch die Gewinnung von Rosenöl
(bei Kasanlik) und die Teppichweberei.
Die Hauptstadt Sofia im Tale des oberen Jsker ist, wie
Philippopel an der Maritza, an der großen Verkehrslinie nach Kon-
stantinopel gelegen. N.ö. des Schipka-Passes überschreitet die Straße
aus Rumänien die Donau bei Rustschuk und führt zu dem befestig-
ten Hafen Warna.
4. Serbien ist seit 1878 selbständig, seit 1882 Königreich.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Viehzucht, vornehmlich
Schweinezucht, der die Eichelmast in den ausgedehnten Wäldern
sehr zu statten kommt; daneben werden Schafe und Ziegen gehalten.
Der Ackerbau liegt noch sehr darnieder, dagegen wird viel Obst ge-
baut, besonders Pflaumen, die getrocknet als „türkische Pflaumen"
oder zu Slibowitza gebrannt in den Handel kommen. — Hauptstadt
ist das geschichtlich (durch Prinz Eugen) berühmte ^Belgrad (—
Weißenburg) am Zusammenfluß von Save und Donau, der Aus-
gangspunkt der wichtigsten Straßen nach Konstantinopel und Saloniki.
Da, wo diese Wege sich trennen, liegt Nisch an der Morawa, die
zweite Stadt des Landes.
5. Bosnien und Herzegowina stehen seit 1878 unter öfter-
reichischer Verwaltung; sie sind fast zur Hälfte mit Wald bedeckt.
Die Bewohner, die in den Städten Mohammedaner sind, auf dem
Lande sich zur griechischen Kirche bekennen, treiben hauptsächlich
Viehzucht. Sitz der Regierung ist Seräjewo, nahe den Quellen
der Bosna.
6. Das Fürstentum Montenegro (— schwarzer Berg), n. des
Skutari-Sees, mit seinem S.-Zipsel das Adriatische Meer erreichend,
ist ein armes, schwer zugängliches Bergland, dessen Bewohner die tür-
tische Oberhoheit nie anerkannt haben. Hauptort ist Cettinje.
7. Dalmatien und Istrieu, vergl. Österreich-Ungarn. S. 87.
Die Balkan-Halbinsel wird von zwei großen, jetzt von der Eisenbahn
befahrenen Handelsstraßen durchzogen, die beide von Belgrad ausgehen.
Die eine führt über Sofia (das auch mit Warna durch Bahn verbunden
Das Mittelländische Meer.
29
ist) und die Städte an der Maritza nach Konstantinopel, wo sie die aus
dem Schwarzen Meere nach dem Mittelländischen Meere führende Seestraße
schneidet und nach Kleinasien weiterzieht; die andere geht im Tal der
Morawa und des Wardar nach Saloniki, wo sich die Dampferlinien nach
den Häfen des Ägäischen Meeres und nach Ägypten anschließen.
§ 6-
Das Mittelländische Meer.
Geographische Lage: Straße von Gibraltar 5° W. Syrische
Küste 35 °O. - 3 Mill. qkm, mittlere Tiefe 1300 m, größte Tiefe 4400 m.
Das Mittelländische Meer zwischen Europa, Asien und Afrika
zerfällt in einen durch Italien und Sizilien von einander geschiedenen
w. und ö. Teil; mit dem letzteren hängt das Schwarze Meer nur
durch eine schmale Meeresstraße zusammen. Der w. Teil dringt im
N. mit dem Golf du Lion und dem von Genua in die ihn um-
gebenden Länder ein, durch die italienischen Inseln wird von ihm das
Tyrrhenische Meer abgetrennt. Der größere ö. Teil bildet im
SW. durch die Meerbusen der Kleinen und der Großen Syrte
einen viereckigen Einschnitt in die N.-Küste Afrikas; n. davon liegt
zwischen Sizilien und Unteritalien einerseits und Griechenland andrer-
seits das Jonische Meer, mit dem das weit nach NW. sich er-
streckende, schmale Adriatische Meer durch die Straße von
Otranto zusammenhängt. Aus dem mit den Inseln des Griechischen
Archipelagus besäten Ägäischen Meere führt nach NO. die an der
schmälsten Stelle kaum 2 km breite Straße der Dardanellen
(Hellespont) zunächst in das kleine Marmarameer (Propontis), und
von da der noch schmalere, aber nur halb so lange Bosporus oder
die Straße von Konstantinopel in das Schwarze Meer. Von diesem
wird im N. durch die Halbinsel Krim nochmals ein kleines Binnen-
meer, das Asowsche, abgetrennt, das durch die seichte und ebenfalls
sehr schmale Straße von Kertsch mit ihm zusammenhängt. Be-
merkenswert ist der Gegensatz zwischen den vielgegliederten, mit
zahlreichen Häfen versehenen n. und den weniggegliederten
und hafenarmen s. Küsten des Mittelländischen Meeres.
Dieses vollkommenste aller Binnenmeere erstreckt sich von
der Straße von Gibraltar im W. bis zur syrischen Küste im O.
durch mehr als 40 Längengrade und bedeckt einschließlich des
Schwarzen Meeres einen Raum, der fast dem dritten Teile
Europas gleich kommt. Es erreicht zwischen Kreta und Sizilien
30
Europa,
seine größte Tiefe mit mehr als 4000 m, während die mittlere
Tiefe 1300 in beträgt, d. h. wenig mehr als ein Drittel der mitt-
leren Tiefe der großen Ozeane. Das Schwarze Meer hat Tiefen bis
über 2000 m.
Da das Mittelländische Meer nur durch die verhältnismäßig
flache Straße von Gibraltar mit dem Atlantischen Ozean zusammen-
hängt, hat sein Wasser in den tieferen Schichten bis zum Boden
eine gleichmäßige Wärme von 13° C., an der Oberfläche ist es
im Sommer natürlich viel wärmer, 25—28°. Infolge der starken
Verdunstung und des geringen Zuflusses durch große Ströme ist der
Salzgehalt ein bedeutender (3,7 %)/ das Schwarze Meer
aber, in das sich zahlreiche große Flüsse ergießen, ist sehr schwach-
salzig (1,6 %). Der aus der schnellen Verdunstung entstehende
Verlust an Wasser wird dadurch ersetzt, daß aus dem Ozean und dem
Schwarzen Meere fortwährend Wasser zuströmt. Von dieser Strömung
wird die Fahrt durch die Meerenge von Gibraltar und den Bosporus
merklich gehemmt. Auch in der flachen Straße zwischen Sizilien
und Afrika herrscht stets eine Bewegung des Wassers von W. nach O.
Das Wasser des Mittelländischen Meeres ist krystallklar
und von schöner blauer Farbe. Ebbe und Flut sind selbst an
flachen Küsten wenig bemerkbar.
Neben dem Fischfang ist der Ertrag des Mittelländischen
Meeres an Edelkorallen erwähnenswert, die hauptsächlich an den
Küsten von Algerien und Tunis von italienischen Fischern ge-
fischt und in Livorno verarbeitet werden; ferner kommen die Bade-
schwamm e fast nur vom Mittelmeer aus in den Handel, namentlich
von den Inseln des Ägäischen Meeres und den Küsten Dal-
matiens, wo sie von Tauchern heraufgeholt oder mit Harpunen ge-
stochen werden.
Zn den ältesten Zeiten beherrschten die Phönicier das Mittelländische
Meer, das sie bis zu den „Säulen des Herkules" befuhren und an dessen
Küsten sie ihre Handelsniederlassungen gründeten (Karthago, Palermo u. a.).
Später hatten im ö. Teile die Griechen, im w. die Karthager den
Handel in Händen, bis mit der Weltherrschaft auch die über das Mittelmeer
auf die Römer überging. Zur Zeit der Kreuzzüge lebte der Handel mit
dem Morgenlande von neuem auf und ward durch die italienischen
Seestädte, besonders Venedig und Genua, besorgt, die von Konstantinopel
und den ägyptischen Hafenplätzen die Waren des fernen O. herbeiholten.
Mit dem Vordringen der Türken nach Europa und durch die großen Ent-
deckungen am Beginn der Neuzeit gewann der Welthandel andere Bahnen
und ging auf die westeuropäischen Völker über. Nachdem aber im 19. Jahr-
Rumänien,
31
hundert die europäischen Häfen des Mittelmeeres mit ihren Hinterländern
durch Eisenbahnen verbunden waren, und die Nordküste von Afrika in
Abhängigkeit von den Europäern geriet, erwachte der „Levantehandel"
<Levante ^ Morgenland) von neuem, bis mit der Eröffnung des Suez-
kanals 1869 das Mittelmeer wieder eins der verkehrsreichsten Meere wurde.
Die Durchstechung der Landenge von Suez ist schon im Altertum
wiederholt versucht, aber erst durch den Franzosen Lesseps wirklich durch-
geführt worden. Der für die größten Seeschiffe fahrbare Kanal hat eine
Länge von 160 Km und führt von Port Said am Mittelmeer nach Suez
am Roten Meer. Die Durchfahrt dauert ungefähr 16 Stunden.
Durch das Mittelländische Meer zieht vor allem die Straße von
Europa nach Ostasien und Australien, die nach diesen Richtungen auch
von deutschen Postdampfern regelmäßig befahren wird. Daher erklärt sich die
Wichtigkeit der von den Engländern besetzten und befestigten Punkte Gibraltar
und Malta, dessen Hafen La Valetta wie der von Gibraltar zu den besuchtesten
der Erde gehört. Auch die im ö.sten Teile des Mittelländischen Meeres ge-
legene, zu Kleinasien gehörige Insel Cypern haben aus diesem Grunde die
Engländer besetzt.
Unterseeische Telegraphenkabel verbinden Frankreich mit Algerien
und Gibraltar (über Malta) sowie Unteritalien mit Ägypten.
§7.
Rumänien.
Geographische Lage: Wird wie die Poebene durchschnitten von
45° N. Eisernes Tor 22° O., Donaumündung 30° O. (wie St. Petersburg).
130000 qkm (= V* D. R.), 6 Mill. E., auf 1 qkm 46 E.
N. von Bulgarien breitet sich die Walachische Tiefebene
aus, im N. begrenzt von den Transsilvanischen Alpen, denen ein
hügeliges Vorland vorgelagert ist. Von der Balkan-Halbinsel wird sie
durch die Donau getrennt. Zwischen dieser und dem Schwarzen
Meere liegt die ebenfalls hügelige Steppenlandschaft Dobrndscha,
die den Strom nach N. auszuweichen zwingt. Außerdem gehört
zum heutigen Königreich Rumänien die Moldau am Ost-Abhange
der Karpaten.
Dem Hauptflusse des Landes, der Donau, fließt aus Sieben-
bürgen der Alt (oder die Aluta) zu, der die Transsilvanischen Alpen
im Rotenturm-Paß durchbricht. An der Stelle, wo die Donau
zum letztenmal nach O. umbiegt, empfängt sie dicht bei einander
noch zwei Nebenflüsse, den Sereth und den Prath, die auf den
O.-Abhängen der Waldkarpaten entspringen. Vor ihrer Mündung
teilt sie sich in drei Arme, Kilia, Sulina und St. Georgs-Arm,
32
Europa.
und bildet ein weites Delta; die Sulina ist für Seeschiffe zugänglich
gemacht.
Da diese Länder der von Rußland hereinwehenden Luft schutzlos
preisgegeben sind, haben sie festländisches Klima, also heiße,
niederschlagreiche Sommer und kalte Winter. Der Wald ist meist
auf die Abhänge der Gebirge beschränkt und hat trotz der südlichen
Fig. 9. Erdhütten im südlichen Rumänien.
Lage des Landes ganz deutsches Aussehen (Eichen, Buchen und
Fichten). Am S.-Abhange der Gebirge und in der Dobrudscha ge-
deiht auch Wein. Die Niederungen sind so fruchtbar, daß Rumänien
eins der bedeutendsten Getreideländer Europas ist.
Die Rumänen sind Nachkommen der alten Dacier, die von den
Römern unterworfen wurden und deren Sprache annahmen. Sie gehören
der griechischen Kirche an. Nach langen Kämpfen gegen die seit Ausgang
des "Mittelalters das Land knechtenden Türken ist Rumänien 1878 selb-
ständig, 1881 Königreich geworden.
Unter einem Könige aus dem Hause der Hohenzollern hat das
Rußland.
33
gut beanlagte, aber bisher in Knechtschaft arg verkommene Volk schon
bedeutende Fortschritte gemacht. Die Rumänen sind fast ausschließlich
Hirten und Bauern. Es wird vor allem Weizen und Mais geerntet
und in großen Mengen ausgeführt; auch Tabak wird viel gebaut.
Die großen Weideflächen ermöglichen bedeutende Viehzucht. Handel
und Gewerbe sind fast noch ganz in Händen der Fremden, besonders
der Juden.
Die Hauptstadt "Bukarest ist sehr weitläufig angelegt und hat
zum Teil noch halb in die Erde gebaute Häuser, wie sie zum Schutz
gegen die Kälte und Hitze im ganzen Lande noch viel im Gebrauch sind.
(Fig. 9.) In der Moldau, nicht weit vom Pruth, liegt Jassy [jaschi]
und an der Mündung des Sereth Galatz, beide mit bedeutendem Ge-
treidehaudel. Das Donaudelta ist zum großen Teil noch Sumpfland.
Für den Verkehr ist die Donau von größter Wichtigkeit; von ihren
Mündungsarmen ist die Sulina sür die Schisfahrt am geeignetsten. Eisen-
bahnen verbinden die größeren Orte untereinander, mit den Donaustädten,
mit Köstendsche (Konstanza) am Schwarzen Meere sowie mit dem Auslande.
§ 8.
Rußland.
Geographische Lage: Nördlichste Grenze 70° N., Jäila-Gebirge
45o N. (wie Mündung des Po und der Donau); Ostseeküste und Warschau
21° O., Uralgebirge 60° O.
5400000 qkm (10 mal so groß wie D. R.), 110 Mill. E., auf
1 qkm 20 E. (D. N. III).
Dieser ungeheure Raum wird von keinem Gebirge durchzogen.
Dagegen wird die Grenze gegen Asien auf einer fast 2000 km langen
Strecke vou dem in seinem mittleren Teile genau von N. nach S. ge-
richteten Uralgebirge gebildet, dessen höchste Erhebungen aber auch
nur denen des deutschen Riesengebirges (1600 m) gleichkommen. Aus
der russischen Ebene steigt das Gebirge allmählich an, während es
nach O. steiler abfällt. Die wichtigsten Pässe sind so niedrig und
flach, daß sie ohne Schwierigkeit überschritten werden können. Der n.
Teil des Gebirges heißt der Wüste Ural, weil nicht nur seine Ab-
hänge von ausgedehnten Sümpfen begleitet sind, sondern der Bergrücken
selbst vielfach mit unzugänglichen Torfmooren bedeckt ist. Der mittlere
Teil wird wegen seines Reichtums an Gold, Platin, Kupfer und
Eisen der Erzreiche Ural genannt, der s., der in mehreren Parallel-
ketten nach SO. gerichtet ist, heißt der Waldreiche Ural. — An der
Schlemmer, Erdkunde II. Z.Auflage. . 3
34
Europa.
SO.-Küste der Halbinsel Krim erhebt sich das Ja'ila-Gebirge, das
kaum die Höhe des Ural erreicht.
Das übrige Rußland ist eine einzige Tiefebene, die von nie-
drigen Hügelreihen durchzogen wird. Diese bilden die Wasserscheide
zwischen den verschiedenen Meeresgebieten: von der nur 350 m hohen
Waldä'i-Höhe rinnt z. B. das Wasser zur Ostsee, zum Schwarzen
und zum Kaspischen Meere.
In diesem großen Flachlande entwickeln sich gewaltige Ströme,
die fast strahlenförmig den vier das Land begrenzenden Meeren zu-
fließen. 1. Die Wolga, der größte Fluß Europas, kommt von der
Waldai-Höhe und fließt in einem großen Delta ins Kaspische Meer.
Auf der ersten nach O. gerichteten Strecke ihres Laufes nimmt sie
rechts die Oka auf und bald, nachdem sie die s. Richtung eingeschlagen,
links die Kama. Ebenfalls ins Kaspische Meer ergießt sich der Ural,
der z. T. die Grenze gegen Asien bildet. 2. Ins Asowsche Meer
fließt der Don; im untern Teile seines Laufes uähert er sich der
Wolga bis auf 60 km, bleibt aber von ihr dnrch das „Bergufer"
getrennt. In das Schwarze Meer selbst strömen der Dnjepr, der
Bug und der Dnjestr; der Dnjepr entspringt s. der Waldai-Höhe,
seine rechten Nebenflüsse, die Beresina und der Pripet, werden von
großen Morästen, letzterer von den Rokitnosümpfen, begleitet. 3. In
die Ostsee münden die Weichsel und der Njemen oder die Memel,
die im letzten Teile ihres Laufs zu Deutschland gehören, in den
Rigaschen Busen die Düna von der Waldai-Höhe, in den Finnischen
die Newa, der Abfluß der beiden größten russischen Seen. 4. In
das Nördliche Eismeer mündet, vom Ural kommend, die Petschora,
und ins Weiße Meer die Dwina.
Zwischen dem Weißen Meere und dem Rigaschen Meerbusen
liegen drei große Seen, der Onega, Lüdoga und Peipus-See,
von denen der mittlere, so groß wie Schleswig-Holstein, der größte
Süßwassersee Europas ist. Die zwischen Weißem Meere und Bott-
nischem Meerbusen sich nach NW. erstreckende Halbinsel Finnland
ist das an Seen reichste Land Europas.
Ganz Nußland hat festländisches Klima mit den größten in
Europa vorkommenden Schwankungen zwischen Sommerhitze und
Winterkälte. Wie in Deutschland nimmt die Kälte von SW. nach
NO. zu. An der SO.-Küste der Krim herrscht südeuropäisches Klima
mit trocknen Sommern, das übrige Rußland hat den meisten Regen
im Sommer, und zwar nimmt er von der Ostsee nach SO. an Menge
ab. Deshalb haben die Steppen Rußlands keinen Wald, wohl aber
Rußland,
35
noch Getreidebau; zwischen Wolga und Ural, wo der Boden nicht nur
trocken, sondern anch salzig ist, hört auch dieser auf.
Rechts der Wolga, s. einer Linie von der Mündung der Kama
bis nach der Nordgrenze Rumäniens, breitet sich die fruchtbare
„schwarze Erde" aus, in deren s. im Winter von furchtbaren Schnee-
stürmen durchtobten Teile Viehzucht vorherrscht, während der n. reiche
Ernten an Getreide liefert. N. davon bis zu einer Linie, die vom
Finnischen Meerbusen nach O. verläuft, folgt der breite Gürtel mit
Laubwald (Eichen, Linden, aber keine Buchen); auch hier, besonders im
W., wird viel Ackerbau getrieben. Weiter nach N. überziehen bis
zum Polarkreis unendliche Wälder von Tannen (vermischt mit
Birken) das Land, das an der Dwina und den Küsten Finnlands noch
Roggen und Gerste hervorbringt. Die Küsten des Polarmeeres sind
mit morastigen Tundren bedeckt, auf denen nur Moose und Flechten
wachsen.
Im n.sten Rußland lebt der Polarfuchs und das Nenntier,
in den großen Wäldern der Mitte der B är und andere Pelztiere.
Hier und in den Steppen sind Wölfe die allgemeine Landplage. Im
SO. wird das Kautel als Haustier gehalteu. Die Flüsse sind reich
an Fischen, die Störe in der Wolga liefern den Kaviar
Von der über 110 Mill. betragenden Bevölkerung Rußlands
sind mehr als 3/4 Russen, d. h. Slaven. Den Hauptteil machen die
vor allem die Mitte des Landes bewohnenden Großrussen aus, an
die sich im W. und SW. die Weiß- und Kleinrussen anschließen.
Im Weichselgebiete wohnen die Polen, an der Ostsee, s. des Finnischen
Meerbusens, Litauer, Letten und Esten. Letztere gehören zu den
finnischen Völkern, die auch die Halbinsel Finnland innehaben
und den äußerst spärlich bewohnten NO., wo die Samojeden mit
ihren Nenntieren die öden Tundren durchziehen. Im SO. zu beiden
Seiten der Wolga und in der Krim sitzen türkische Völker, wie
die Kirgisen (—Steppenbewohner) und mongolische Kalmücken.
Deutsche leben zahlreich in den Ostseeprovinzen und in den Acker-
baukolonien an der Wolga in der Mitte des nach S. gerichteten Teiles
ihres Laufes. Judeu haben hauptsächlich unter Polen und Klein-
russen, aber nicht unter den im Handel schlauen und gewandten Groß-
rnssen ihre Wohnsitze.
Am Ende des Mittelalters begannen von Moskau aus die Kämpfe der
Russen gegen die mongolische Herrschaft, aber erst durch Peter den Großen,
der 1703 St. Petersburg gründete und nach Besiegung der Schweden sein
Reich bis zur Ostsee ausdehnte, ward Rußland eine europäische Großmacht.
3*
36
Europa,
Der W. und SW. des Landes wurde durch die Teilungen Polens und durch
Kriege mit den Türken in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gewonnen,
das Großfürstentum Finnland anfangs des 19. Jahrhunderts durch Personal-
union mit dem Zarenreiche vereinigt.
Die Russen sind griechisch-orthod ox, die Polen und
Litauer gehören zur römisch-katholischen Kirche; Finnland
und die Ostsee Provinzen sind lutherisch, doch dringt die griechische
Kirche neuerdings hier gewaltsam vor; die türkischen Stämme bekennen
sich zur Religion Mohammeds.
Mit seinen Besitzungen in Asien, die den ganzen N. dieses
Erdteils bis an den Großen Ozean bedecken und ö. vom Kaspischen
Meere bis auf die Gebirge Jnnerasiens sich erstrecken, umfaßt das
Russische Reich ungefähr l/6 der gesamtenLändermasse der
■ Erde (221/2 Mill. qkm, -j-Ab-Mill E.). Das gewaltige Reich be-
herrschte bis 1905 der Zar, der zugleich Oberhaupt der griechischen
Kirche ist, als unumschränkter Selbstherrscher; die Folgen der 1905
ausgebrochenen Revolution sind noch nicht abzusehen. Das Land ist
in Gouvernements eingeteilt.
Wie fast in keinem anderen Großstaate bilden Ackerbau und
Viehzucht die Hauptbeschäftigungen der Bewohner: mehr als 3/4 von
ihnen gehören dem Bauernstande an, kaum Vio wohnt in den Städten,
von denen aber nur 17 Großstädte sind. Zwar ist 1861 die Leibeigen-
schaft der Bauern (Muschik) aufgehoben, da aber Grund und Boden
Gemeindeland ist, wird die Bewirtschaftung nur lässig betrieben: der
Großrusse zieht den Handel, der Kleinrusse die Viehzucht vor; deshalb
gediehen bisher die deutschen Ackerbaukolonien an der unteren Wolga
und in Südrußland gut. Roggen, Hafer, im Süden auch Weizen,
in zweiter Linie ^Hanf und Flachs werden in solchen Mengen geerntet,
daß bedeutende Massen davon ausgeführt werden. Auch Tabak wird
in Rußland mehr als in irgend einem andern Lande Europas gebaut.
Dagegen nimmt der große Waldreichtum infolge des starken Ver-
brauchs und Verkaufs von Holz und des Mangels einer richtigen
Forstwirtschaft, außer in den n. Teilen, sehr ab. — In den s. Steppen
werden viele Pferde gezogen, von denen ebenso wie von Rindern,
Schafen und Schweinen große Mengen ins Ausland gehen. Die
Bienenzucht, eine Lieblingsbeschäftigung des gemeinen Russen, ist
weit verbreitet. — Die Fabriktätigkeit beginnt in neuester Zeit
sich zu heben, seitdem die großen Kohlenlager im mittleren uud s. Ruß-
land sowie in Polen erschlossen sind; doch werden noch sehr viel
Fabrikate vom Auslande, besonders aus Deutschland, eingeführt.
Rußland.
37
Für den Handel besitzt vor allem der Großrusse viel Vorliebe
und Geschicklichkeit. Bei der verhältnismäßig geringen Anzahl von
Städten und der großen Ausdehnung des Reiches wird der Binnen-
Handel noch zum großen Teile sowohl durch Hausierer als auch auf
Märkten und Messen betrieben; die zu Nischni-Nowgorod
(— Nieder-Neustadt), die den Handel zwischen Europa und Asien
vermitteln, sind die wichtigsten.
In der Mitte des Landes an der Moskwa, einem linken Neben-
flüßcheu der Oka, liegt -j-j-Moskan, die alte Hauptstadt und zweite
Residenzstadt des Reiches, wo jeder Zar gekrönt werden muß. Den
Mittelpunkt der Stadt bildet der nüt Mauern umgebene Kreml (= Burg)
(Fig. 10) mit zahlreichen Palästen und Kirchen. Auch nach dem
großen Brande im Jahre 1812 ist die Stadt teilweise aus Holz
aufgebaut, wie vielfach noch die russischen Städte. Sie ist Hauptsitz des
russischen Binnenhandels und kommt an Industrie Petersburg gleich,
hat eine sehr gut besuchte Universität und viele andere Bildungsanstalten.
*Tnla hat große Gemehrfabriken und ist der Herstellungsort für aller-
lei Metallwaren (Tulametall). Smoleusk am Dnjepr ist durch Ge-
treidehandel wichtig; bedeutender ist "Nischni-Nowgorod an der
Mündung der Oka in die Wolga, dessen Herbstmesse, die größte
in Europa, von Hunderttausenden von Kaufleuten besucht wird.
Archangelsk an der Mündung der Dwina ins Weiße Meer führt im
Sommer Holz und Getreide aus; sein Handel ist gewachsen, seitdem
es mit Moskau durch eine Eisenbahn verbunden ist. Die nordische
Insel Nöwaja Semlja ( = Neu-Laud) wird nur im Sommer von
einigen Samojeden besucht.
In Oftrußland betreibt ^Kasan, wo zahlreiche Mohammedaner
wohnen, lebhaften Handel mit Asien; von hier führt der alte Handels-
weg nach Sibirien über Perm zunächst nach »Jekaterinbnrg, das
schon auf der asiatischen Seite des Uralgebirges liegt, politisch aber
zum europäischen Rußland gerechnet wird. »Sämara an der Wolga
ist Brückeustadt für die große sibirische Eisenbahn und für die nach
°Orenbnrg, das den Handel nach Westasien vermittelt. Weiter
unterhalb an der Wolga bestehen bei ^Saratow deutsche Ackerbau-
kolonien. ^Astrachan im Wolgadelta ist eine der wichtigsten Handels-
städte Rußlands (Kaviar, Pelzwerk) uud der Kriegshafen für die kas-
pische Flotte.
In Südrußland haben die Städte an der Donmündung und
ebenso Kertsch an der nach ihm benannten Meerenge für den See-
Handel nur untergeordnete Bedeutung, da das Asowsche Meer im Winter
Rußland. 39
zufriert. Dagegen blüht das durch seine Verteidigung im Krimkriege
berühmte «Sewastopol empor infolge der Eisenbahnverbindung mit
dem Binnenlande. Oberhalb der Mündung des Bug, doch von den
größten Seeschiffen zu erreichen, liegt oNikolajew, der stark befestigte
Kriegshafen Rußlands im S., das im Handel weit übertroffen wird
vou """"Odessa, dem hervorragendsten Platz für Getreidehandel. An
der von hier durch Bessarabieu nach dem kornreichen Galizien führenden
Straße liegt "Kischinew.
Klein- oder Westrnßland. **KUw [ffjeff] am Dnjepr hat
Bedeutung als starke Festung und auch dadurch, daß von hier aus das
Christentum über Rußland verbreitet ist; seine Klöster, namentlich das
große Höhlenkloster, werden jährlich von vielen Wallfahrern besucht.
"Charkow ist durch seine Messen zu einer der größten Handelsstädte
des Landes erblüht, "Wilna in Litauen verdankt sein Anwachsen
hauptsächlich dem Umstände, daß hier zwei große nach Deutschland
führende Eisenbahnen sich kreuzen. In dem Urwalde von Bialowicza
s.w. von Wilua leben noch Wisents, sog. Auerochsen.
Das stark befestigte -^Warschau, die Hauptstadt des König-
reichs Polen, deckt den Übergang über die Weichsel, denn hier
laufen mehrere Straßen aus Deutschland und Österreich zusammen.
An der schleichen Grenze werden Kohlen gewonnen; darauf beruht die
bedeutende Fabriktätigkeit im w. Polen, wo besonders ""Lodz schnell
groß geworden ist.
Die Ostseeprovinzen. In Kurland treibt «Libau großen Ge-
treidehandel: weil sein Hasen nur sehr selten zufriert, ist bei der Stadt
neuerdings ein starker Kriegshafen angelegt. Hier sind wie auch in Liv-
land die Städte meist von Deutschen gegründet. So bietet ""Riga,
nächst Petersburg Rußlands größter Handelshafen an der Ostsee,
teilweise noch das Bild einer mittelalterlichen deutschen Stadt, und
die Universität Dorpat, jetzt Jurjew genannt, hatte bis vor kurzem
deutsche Unterrichtssprache. Vor dem Eingange zum Rigaschen Meer-
busen liegt die Insel Ösel. Auch Reval in Estland, an der
Einfahrt in den Finnischen Meerbusen, ist wie Riga eine alte Hansa-
und bedeutende Handelsstadt. In Jngeriilanland liegt an der
Mündung der Newa iu den Finnischen Meerbusen ff St. Peters-
burg, die Hauptstadt des Reichs, die erste Stadt in bezug auf See-
Handel, Wissenschaft (Universität, Bibliotheken, Akademie), Kunst
(Museen) und äußere Pracht. Da nur kleine Seeschiffe bis Petersburg
gelangen können, bildet das w. davon auf einer Insel gelegene «Krön-
stadt, das für die größten Schiffe zugänglich ist, seinen Vorhafen.
40
Europa,
Es ist die wichtigste und stärkste Festung und der erste Kriegshafen
des Reichs.
Finnland (= Sumpfland), besteht zum großen Teil aus Felsen,
Seen, Sümpfen und Wäldern; es ist nur schwach bevölkert, doch sind
die S.- und W.-Küsten, an denen noch Ackerbau getrieben wird, stärker
bewohnt; in den Städten leben viele Schweden. "Helsingfors,
die Hauptstadt, hat Universität uud lebhaften Handel. Den Eingang
zum Bottnischen Meerbusen versperren die Älands-Jnseln [ölandsj,
eine zahllose Menge kleiner felsiger Inseln und Klippen. 6. davon
liegt aus dein Festlande Abo [060], an dem sich die Seestraße von
Helsingfors durch das Gewirr der Scheren nach den n. Hafenplätzen
vorbeiwindet. Einer der nördlichsten ist Uleaborg, das viel Holz
ausführt. Die Eisenbahn endet in Törneä an der schwedischen
Grenze. Das nördliche Finnland bewohnen vom Weißen Meere bis
nach Skandinavien die wenig zahlreichen Lappen. Auf der Halbinsel
Kola ist am Nördlichen Eismeer ein Kriegshafen, Alexandrowsk,
angelegt und die Eisenbahn dahin in Angriff genommen morden.
Die Anlage von Verkehrsstraßcn ist in Rußland sehr erleichtert, da
keine Gebirge zu überschreiten sind, und die Flüsse fast überall ohne große
Schwierigkeit durch Kanäle verbunden werden konnten. Aber selbst im s.
Rußland sind die Flüsse 2—3 Monate, im mittleren 5—6, im n. noch länger
durch Eis gesperrt und können dann nur als Schlittenbahnen dienen. Auch
sind die Rußland begrenzenden Meere nur Binnenmeere, oder wie das
Nördliche Eismeer für den Verkehr von untergeordneter Bedeutung. Die
wenigen Landstraßen sind schlecht, im Frühjahr und Herbst unfahrbar,
dagegen wächst die Zahl der großen Eisenbahnlinien. Die wichtigsten
schneiden sich in Moskau._Von hier gehen Straßen aus: 1. nach £>.: nach
Nischni-Nowgoröd, vönwo die Wasserstraße über Kasan nach Perm führt,
dann Eisenbahn bis Jekaterinburg; hier beginnt der „sibirische Trakt". Die
neue Straße nach Sibirien geht von Tula aus nach O., schneidet die
Wolga bei Samara und überschreitet den Ural da, wo der mittlere und der
s. Teil zusammenstoßen; die Eisenbahn führt durch ganz Sibirien über
Jrkutsk bis Wladiwostok am Großen Ozean und durch die Mandschurei bis
Port Arthur sowie über Tientsin nach Peking; 2. nach S.: über Tula nach
der Krim sowie nach dem Kaukasus (Wladikawkas, Baku, Tiflis); 3. nach
W.: über Smolensk und Warschau nach Berlin bezw. nach Wien; 4. nach
N.W: geradlinig nach Petersburg, wo sich die finnischen Eisenbahnen an-
schließen und von wo die wichtige Straße über Wilna nach Königsberg und
Berlin bezw. nach Warschau führt; 5. nach N.: nach Archangelsk.
Die Skandinavische Halbinsel.
41
§ 9.
Die Skandinavische Halbinsel.
Geographische Lage: Nordkap 71°N., Kap Lindesnäs 58°N., S.-
Spitze Schwedens 55V20N., Kristiania 60" N. (wie St. Petersburg und S.-
Spitze Grönlands). Äußerste W.-Küste 5°O. (wie Amsterdam), Drontheim
10° O. (wie Hamburg), Stockholm 18° O. (wie Bromberg), Nordkap 25° O.
770 000 qkm, 7Vz Mill. E., auf 1 qkm 10 E. (in Schweden 12, in
Norwegen 7, D. R. 111).
Fast die ganze Halbinsel ist von einem mächtigen Gebirge
bedeckt, das ohne Ketten- und Kammbildung aus einer zusammen-
hängenden Reihe von Hochflächen (Fjelden) besteht, die nach SW. an
Höhe zunehmen; auf ihnen erheben sich einzelne Gipfel. Da wo die
W.-Küste nach S. umbiegt, ragt auf den Jötunfjelden der Gald-
höpig auf, 2600 m, der höchste Berg int n. Europa. Im SW.
endet das Gebirge mit dem Kap Lindesnäs (—schroffes Kap) unter
58v N. Nach W. fällt das Gebirge meist steil und mauerartig zun:
Meere ab, das die tief eingeschnittenen und vielverzweigten Täler
ausgefüllt hat, so daß es in diesen Fjorden (—Meerbusen) oft
durch 2—3 Längengrade ins Land eindringt. Der o.wärts gerichtete
Sogne-Fjord reicht bis an das Jötunfjeld (—Riesenberge) heran,
und s. davon erstreckt sich der Hardanger - Fjord nach NO. nicht
weniger weit ins Land; am schönsten ist der Molde-Fjord. Der
ganzen W.-Küste ist der „Scherenhof" (Skären —Klippen) vor-
gelagert (Fig. 11), bestehend ans zahllosen größeren und kleineren,
meist niedrigen Klippeninseln, von denen im NW. die Gruppe der
Lofoten die bedeutendste ist. Auf einer solchen Insel im N. der Halb-
insel erhebt sich das Nordkap als eine steile, 300 m hohe Felswand;
der n.ste Punkt des Festlandes von Europa ist ö. davon gelegen.
Nach O. dacht sich das Gebirge in mehreren Stufen zum Bott-
nischen Meerbusen ab. Hier fehlen die Fjorde. Der ö. Vorsprung
der Halbinsel am Eingange zum Bottnischen Meerbusen ist wiederum
von unzähligen Klippeneilanden umsäumt, die die Küste uoch eiue
Strecke nach S. begleiten. Von diesem äußersten O. zieht sich nach
dem N.-Ende des Skager Rak eine Bodensenkung, in der mehrere
große Seen liegen. Der vielzackige, inselreiche Mälarsee steht
durch das Scherengewirr mit der Ostsee in Verbindung; s.w. davon
erstreckt sich der schmale Wettersee weit nach S., und weiter nach
W. dehnt sich der breite Wenersee aus, so groß wie das Groß-
Herzogtum Oldenburg (Wener u. Wetter = Wasser). Der s. dieser
42 Europa,
Seen gelegene Teil der Halbinsel ist eine gebirgssreie, hügelige Ebene,
die teilweise von Scheren begleitete Steilküsten hat.
Während nach W. sich keine Flüsse entwickeln können, strömen
durch das ö. Stufenland zahlreiche Flüsse, Elfe (— Flüsse) genannt,
weist in s.ö. Richtung, die vielfach langgestreckte Seen durchfließen,
aber wegen häufiger Wasserfälle sämtlich nicht schiffbar sind. Die
Fig, 11. Skären [frören] im nördlichen Norwegen.
Grenze gegen Finnland bildet der Tornea- [törneo] Elf; bedeutender
ist der Dal-Elf.
Das Klima der W.-Küste ist infolge der vorherrschenden West-
winde durchaus ozeanisch; der die Küste bespülende Golfstrom läßt
das Meer bis zum Nordkap nicht zufrieren. Im O. sind die Sommer
wärmer und die Winter viel kälter, so daß der Bottnische Meerbusen
bisweilen ganz mit Eis überzogen wird. Ähnlich verhält es sich mit
den jährlichen Regenmengen: die W.-Küste gehört zu den regen-
reichsten Gegenden Europas (Bergen 2,2 m), der O. hat kaum V4
soviel Niederschläge wie jene. Die höheren Fjelde des Innern be-
Die Skandinavische Halbinsel.
43
deckt ewiger Schnee, und die Gletscher reichen an einigen Fjorden bis
ans Meer herab. S. der großen Seen ist das Klima ähnlich
dem des nördlichen Deutschland. Hier findet sich deshalb,
namentlich an den Küsten, noch Laubwald, während sonst Kieser und
Fichte, vermischt mit Birken, die Wälder bilden, die bis zum äußersten
N. vordringen. Der Anbau von Gerste und Kartoffeln ist an
der W.-Küste bis 70" N. möglich, doch wird der Bodenbeschaffenheit
wegen Ackerbau nur im s.ö. Teile in ausgedehnter Weise betrieben.
— Bären und Wölfe kommen noch vor, in der Südhälfte auch
noch das Elen, das Renntier ist auf die nördliche Hälfte des Landes
beschränkt.
Fig. 12. Lappen.
Außer den wenig zahlreichen von ihren Renntierherden lebenden
Lappen (Fig. 12) im äußersten N. der Halbinsel ist die Bevölkerung ger-
manischer Abkunft. Die Norweger wurden an den klippenreichen W.-
Küsten kühne Seefahrer und brandschatzten im Mittelalter, da ihr Land
sie kaum ernähren konnte, als Normannen und Wikinger die Küstenländer
von ganz Europa, die Schweden wurden s. der großen Seen frühzeitig
Ackerbauer. Nachdem beide Völker um das Jahr 1000 das Christentum
angenommen, sind die beiden Reiche wiederholt vereinigt und getrennt worden;
bis 1905 wurden die beiden Königreiche von einem Könige regiert, seidem
haben sie sich wieder getrennt und bilden zwei selbständige Staaten.
1. Das Königreich Schweden umfaßt 4/7 der Halbinsel mit
5l/4 Mill. lutherischer E. Im südlichen Teile des Landes be-
schäftigt Ackerbau die Mehrzahl der Bewohner, doch muß für den
Norden Brotkorn und Mehl eingeführt werden. Die Gewerb tätig-
44 Europa.
feit steht auf hoher Stufe; eiu namhafter Haudelsgegenstand sind
Zündhölzchen. Im sehr dünn bevölkerten Norrland bildet der
Holzhandel die wichtigste Erwerbsquelle. Das gute schwedische
Eisen (Dannemora, Gellivara) muß aus Mangel an Kohlen meist
unverhüttet verfrachtet werden. Die Fischerei ist in Schweden nicht
bedeutend. Allgemein ist gute Schulbildung verbreitet, und auch ait
wissenschaftlichen Forschungen nehmen die Schweden lebhaften Anteil.
Die größte Handels- und Fabrikstadt ist "Göteborg fjötcborg|
an der Mündung des Göta-Elss, der nach seinem Austritt aus dem
Weuersee die berühmten Trollhättafälle bildet. ° M a lmö am Sund und
Trelleborg an der S.-Küste siud die Überfahrtsorte nach Dänemark
und Deutschland (Saßnitz). Karlskrona im SO. des Landes ist als
Kriegshafen stark befestigt. Die langgestreckte Insel Oland, Kal-
mar gegenüber, liefert ebenso wie die S.-Küste Schwedens Pflaster-
steine und Granitplatten, auch für Norddeutschland. Weiter nach
NO. liegt die größere Insel Gotland (—Gotenland), an deren
Westseite Wisbys Kirchen und Mauern noch an die glanzvollen
Zeiten der Hansa erinnern. Jönköping, am Südende des Wetter-
sees, ist durch seine Zündhölzchenfabriken berühmt. Wo der Mälar-
see mit der Ostsee in Verbindung steht, ist die Hauptstadt ""Stock-
Holm (= Sundinsel) entzückend schön gelegen; sie ist die größte
Stadt Schwedens, aber wegen der Entfernuug vom Weltmeere und
weil ihr Hafen monatelang durch Eis gesperrt ist, in bezug auf
Handel von Göteborg überflügelt. Die Universitätsstadt Upsala be-
wahrt in ihrer Bibliothek die älteste Handschrift der gotischen Bibel-
Übersetzung (codex argenteus). Etwas n. von der Mündung des
Dal-Elss, in dessen Tälern die tapferen Dalkarlar (= Talleute) wohnen,
ist Gefle ein wichtiger Platz für Ausfuhr von Eisen und Holz. Der
große n. Teil hat fast nur an den Flußmündungen kleine, größtenteils
aus Holz gebaute Städte, vou denen das in zahlreichen Sägemühlen
zerschnittene Holz verfrachtet wird; die nördlichste ist Haparanda. Nw.
von hier liegen bei Gellivara gewaltige Eisenlager, deren Ausbeute
auf der nördlichsten Eisenbahn der Erde (68" N.) zur norwegischen
Küste befördert und von dort hauptsächlich nach den rheinisch-west-
fälifchen Fabrikstädten und nach Oberschlesien verfrachtet wird.
2. Das Königreich Norwegen (= Nordweg) macht nicht ganz
die Hälfte der Halbinsel aus und hat l21/4 Mill. ebenfalls lutherischer
E., die hauptsächlich Fischerei und Fischhandel uud vor allem
Schiffahrt betreiben; die norwegische Flotte ist die drittgrößte
Europas. Holzhandel ist auch hier bedeutend, Ackerbau dagegen
Dänen,ark
45
noch mehr beschränkt als in Schweden, da fast 3/4 des Bodens un-
benutzbar sind. Hierdurch bedingt ist das Wohnen in zerstreut
liegenden Einzelgehöften. Den Unterricht erteilen Wanderlehrer, aber
trotzdem steht die Volksbildung auf sehr hoher Stufe.
Die Hauptstadt ""Kristiania liegt am n. Ende des vom Skager
Rak weit ins Land eindringenden, nach der Stadt genannten Fjordes;
früher war Trondhjem, deutsch Drontheim, die Haupt- und
Krönungsstadt. In der Gegend der Lofoten-Inseln findet vom
Januar bis April der Hauptfaug des Kabeljaus, einer Dorschart,
statt, aus dessen Leber der Lebertran gepreßt wird, während der an
Stangen getrocknete Fisch als Stockfisch nach Spanien, Italien und
Rußland als Fastenspeise versandt wird. Für die Tausende von
Fahrzeugen, die dem Fange obliegen, ist Tromsö von Bedeutung,
Hauptplatz aber für den Handel mit Stockfischen, Heringen und
Hummern ist Bergeu. Jenseit 70" N. liegt Hammerfest, die nörd-
lichste Stadt der Erde.
In Norwegen wird der Verkehr fast ausschließlich durch Schiffe ver
mittelt. Von Göteborg führt eine Wasserstraße, der Göta^Kanal, mit
Benutzung des Wener- und Wettersees zur Ostsee; die Fälle des Trollhätta
(= Teufelshut) werden durch großartige Schleusentreppen umgangen, und
auch an anderen Stellen mußten zahlreiche Schleusen angelegt werden. Von
Stockholm aus ziehen Bahnlinien nach Malmö, Göteburg, Kristiania und
über Gefle nach Drontheim, das wie auch Bergen mit Kristiania durch
Eisenbahn verbunden ist. Nordwärts führt die Eisenbahn bis zum Lulea-
Elf und von da über Gellivara zur norwegischen Küste. Der Telegraph
reicht im Dienste des Fischhandels an der norwegischen Küste bis zum äußersten
Norden.
§ 10.
Dänemark.
Geographische Lage: Skagens Horn fast 58° N. Gjedser 54V-° N.
W.-Küste 8° D. (fast wie Mainz), Kopenhagen 12° O. (wie Rostock,
Halle a. S.).
38 009 qkm, 2V2 Mill. E., auf 1 qkm 64 E. (in allem — Prov. Hannover)
Das Königreich Dänemark besteht aus dem n. Teile der Halb-
insel Jütland, den zwischen dieser und dem s. Schweden gelegenen
Inseln und der felsigen Insel Bornholm.
Die Halbinsel Jütland wird im O. von einem niedrigen
Höhenrücken durchzogen, der im N. mit dem sogenannten Kap
Skagens Horn endet. Der n. Teil ist sandig und öde und durch
den vielverzweigten Liim-Fjord, der seit 1825 auch mit der Nord-
46
Europa,
see in Verbindung steht, völlig vom Festlande getrennt. S. davon
hat die O.-Hälfte noch fruchtbare Gefilde und auch Wald, die W.-
Hälfte ist von sandigen oder morastigen Heiden bedeckt, und ihre flache,
hafenlose „eiserne" Küste ist für Schiffe höchst gefährlich. Auch die
Inseln sind flach und haben nur teilweise im O. steil abfallende
Kreideufer. Ihr lehmiger Boden ist sehr fruchtbar und trägt Herr-
liche Buchenwaldungen. Die weiter im O., s. von Schweden gelegene
Insel Bornholm (= Burgunderinsel) gehört ihrer Bodenbeschaffenheit
nach zu Schweden; sie hat im n. Teile steile Felsenküsten, von wo aus
viel Pflastersteine versandt werden.
Das Klima ist seelündisch milde, Frühling und Herbst fehlen
fast ganz.
Die Dänen sind germanischer Abkunft und bekennen sich
zur lutherischen Kirche. Bis zum Anfange des vorigen Jahrhunderts
gehörte Norwegen zum Königreich Dänemark, jetzt besitzt dieses
nur noch die Färöer, Island und die W.-Küste von Grönland,
sowie einige kleine Westindische Inseln. Ackerbau und Vieh-
zucht bilden bei weitem die Hauptbeschäftigung der 272 Mill. E.
(mehr als in Norwegen), daneben wird viel Fischfang betrieben.
Getreide, lebendes Vieh und Butter sind die hauptsächlichsten Ausfuhr-
gegenstände.
In Iütland liegen die Städte, wie "Aarhuus [orhus] und
Aa[o]lborg, an den Buchten der O.-Küste, auf den Inseln Fünen,
Langeland, Laaland, Falster und Mön liegen nur unbedeutende
Orte. Dagegen wohnt in der Hauptstadt ""Kopenhagen (—Kauf-
Hasen), auf der größten Insel Seeland, etwa Vs aller Bewohner des
Königreichs. Die Stadt liegt an der wichtigen und vielbefahrenen
Verbinduugsstraße zwischen Ostsee und Kattegat, dem Sunde, und
ist stark befestigt; sie hat Universität und große Kunstschätze (Thor-
waldsen-Museum, Frauenkirche). Verbindung nach Deutschland besteht
über Korsör nach Kiel und über Gjedser [gejger] vermittelst Dampf-
fähre nach Warnemünde (bis Berlin 10 St.).
Die zu Dänemark gehörigen Färöer oder Schafinseln, nw.
von Schottland, sind felsige Inseln vulkanischen Ursprungs, deren
Klima durch den Golfstrom so milde ist, daß die zahlreichen Schafe
auch den Winter über im Freien bleiben. Aber die spärlich an-
gebaute Gerste reift nicht in jedem Jahre. Neben Viehzucht be-
schäftigt Fischfang und die Gewinnung von Federn (Eiderdunen)
der zahlreichen Seevögel die Bewohner.
Noch weiter nach NW., nahe dem Polarkreis, liegt Island
Dänemark, 47
(= Eisland), die größte Insel Europas nächst Großbritannien, so groß
wie Bayern, Sachsen und Baden zusammen, 105 T. qkm. Die Insel
ist durchweg gebirgig; ihre vulkauische Natur bezeugen noch tätige
Vulkane, wie der Hekla und die^K^a-b^a^und heiße Quellen (Fig. 13),
die wie der große Geysir zeitweise ihr Wasser hoch emporschleudern. Die
großen Gletscher des noch wenig bekannten Innern erstrecken sich an
Fig. 13. Das Solfatarenfeld von Reykjanes (= Rauchkap).
manchen Stellen bis zum Meere. Der Golfstrom mildert auch hier
die Winterkülte und hält die S.-Küste fast immer eisfrei. Wald gibt
es auf der Insel nicht, und Ackerbau kann nur in ganz beschränktem
Maße getrieben werden. Neben der Zucht von Schafen und Pferden
tragen das fischreiche Meer und die zahllosen Vogelscharen zum Unter-
halte der Bewohner bei. Diese sind Nachkommen der Normannen,
die im 9. Jahrhundert die Insel besiedelten, und reden noch jetzt die
altnordische Sprache. Sie gehören zur lutherischen Kirche und zeichnen
sich trotz des Mangels an Schulen, die bei dem zerstreuten Wohnen
48
Europa,
nicht möglich sind, durch gute geistige Bildung aus: das im SW.
der Insel gelegene Reykjawik (Rauchbucht) hat ein Gymnasium.
Mit Kopenhagen besteht regelmäßige Dampfschiffverbindung.
Auswärtige Besitzungen: Grönland, St. Thomas u. a. der Kleinen
Antillen.
§ n.
Die Ostsee.
Geographische Lage: N. Ende des Bosnischen Meerbusens 66° N.,
Pommersche Bucht 54° N., Kiel 10° O., St. Petersburg 30° O.
430000 qkm (— Deutschland n. vom Main), mittlere Tiese 65 m, größte
Tiese 427 m.
Die Ostsee oder das Baltische Meer ist ein Binnenmeer, das
durch drei Meeresstraßen, den Kleinen und den Großen Belt
und den Sund (—Meerenge), mit der Nordsee zusammenhängt
und ungefähr so groß ist wie Deutschland n. des Mains
(430 000 qkm).
Nach N. erstreckt sich der durch die Alands-Jnseln abgesperrte
Bottnische, nach O. der Finnische und s. davon der Rigasche
Meerbusen, an der S.-Küste finden sich nur flachere Einbuchtungen:
die Danziger, Pommersche und Lübecker Bucht. Die n.
Küsten sind nieist felsig, steil oder klippig und hafenreich, die s. flach
und von Sanddünen begleitet; hier sind Strandseeu und Haffbilduug
häufig. Zu den bei Rußlaud, Schweden und Dänemark genannten
Inseln der Ostsee kommen die deutschen Inseln Rügen,
Fehmarn und Alsen.
Die Tiefe der Ostsee beträgt im Durschnitt 65 in, doch
gibt es n. von Gotland Tiefen von über 400 in. Der Salzgehalt
ist infolge der zahlreichen in die Ostsee mündenden Flüsse nur sehr gering
und nimmt nach O. zu ab, so daß das Wasser im n.sten Teile
des Bottnischen und ö.steit des Finnischen Meerbusens nach der
Schneeschmelze oft trinkbar ist; aber auch in den w. Teilen der Ost-
see enthält es noch nicht halb so viel Salz als im Ozean. Hier-
durch wird das Zufrieren des Wassers erleichtert: fast alle Ost-
seehäfen und auch die drei nach der Nordsee führenden Meerengen
werden alljährlich durch Eis gesperrt, je weiter nach O. desto länger;
im Bottnischen Meerbusen reicht das Eis mitunter vou Schweden bis
Finnland. Die Farbe des Wassers ist meist grünlich. — In der Ost-
see werden hauptsächlich Heringe und Lachse gefangen.
Die Britischen Inseln.
49
Die Ostsee wurde zu Handelszwecken verhältnismäßig wenig befahren,
bevor in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters die deutsche Hansa ihren
großartigen Handelsverkehr eröffnete: Danzig, Riga und Wisby aus Gotland
waren Hauptstapelplätze der hansischen Kaufleute, deren Vorort Lübeck war.
Als mit der Entdeckung Amerikas der Glanz der Hansa verblich, trat der
Verkehr auf der Ostsee wieder zurück, gewann aber in unsrer Zeit einen neuen
Aufschwung. Zahlreiche Dampferlinien verbinden die Häfen der Ostsee mit-
einander: Rußland versendet auf dem Wasserwege (z. T. über deutsche Häfen)
Getreide und Holz, Schweden Holz und Eisen, England führt den Ländern an
der Ostsee Kohlen zu. Für den Schiffsverkehr sind die dänischen Meerengen
von großer Wichtigkeit: der an der schmälsten Stelle nur 4 Km breite Sund
wird als der kürzeste Weg zwischen Ost- und Nordsee jährlich von mehr als
40 T. Schiffen benutzt und ist nächst der Straße von Dover die am meisten
befahrene Meerenge Europas. Neuerdings gewinnt der Kaiser-Wilhelm-Kanal
immer mehr Bedeutung, da er die Dauer der Schiffsreisen zwischen der süd-
lichen Nordsee und der Ostsee verkürzt und die Fahrt gefahrloser macht.
§ 12.
Die Britischen Inseln.
Geographische Lage: N.-Spitze Schottlands 58V/ N. (S.-Spitze
Norwegens 58° N.), Kap Landsend 50° N. (wie Mainz). W.Küste Irlands
10° W. (wie Kap da Roca), London 0° (wie Le Havre).
315000 qkm (= 3/5 vom D. R.) 43 Mill. E., auf 1 qkm 136 E.
Das britische Jnselreich besteht aus der größten Insel Europas,
Großbritannien, dem w. davon gelegenen Irland (—Westland)
und den drei Inselgruppen der Hebriden, Orkney- [örfiti] (— Del-
phin-) und Shetland- [sdhettländ] (— Basalt-) Inseln. Die beiden
Hauptinseln sind durch die Irische See voneinander getrennt, die
durch den St. Georgs- und Nord-Kanal mit dem Atlantischen
Ozean in Verbindung steht. Die Größe des Königreichs beträgt
315 T. qkm, d. h. = 3/5 des Deutschen Reichs.
Großbritannien ist wie dieBalkan-Halbinsel reich gegliedert,
am meisten im N. Durch vier Paare von O. und W. in die Insel
einschneidender Meerbusen wird sie gewissermaßen viermal zusammen-
geschnürt: dem Themsebusen entspricht der Bristolkanal, durch
den die weit nach SW. vorspringende Halbinsel Cornwall von
der mehr viereckigen Halbinsel Wales [uälss] getrennt wird. N.
davon bildet die Irische See einen großen, ebenfalls viereckigen Einschnitt,
in dessen SO. die Bucht von Liverpool [tirorpul] in das Land ein-
dringt, der im O. der Wfiffh-[uösch] 33uscix gegenüberliegt. In Schott-
land, dem n. Teile der Insel, entsprechen den Meerbusen (Firth) von
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auslage. 4
50
Europa,
Förth [fdrfe] und Muray [möre] im O. die des Clyde [kleid] und
Lorn an der W.-Seite des Landes. Infolge davon ist kein Punkt
der Insel mehr als 120 km vom Meere entfernt.
Der größere, s,ö. Teil von England ist Tiesebene, die vielfach
von Hügelreihen durchzogen wird, der W. und NW. ist von den Ge-
birgen von Eornwall, Wales und dem nordenglischen Berg-
lande ausgefüllt, die nur mäßige Höhe haben; im n. Wales steigt
der Snowdon [friöb'n] bis 1100 m auf. Schottland ist fast ganz ge-
birgig, aber zwischen Clyde- und Forth-Busen ziehen sich die Lowlands
[IdlänöS] (— Niederlande), von Meer zu Meer. S. davon breitet sich
das niederschottische Bergland aus, und n. erheben sich die Grampians
[grämpiäns], in denen der Ben Nevis [mvis], der höchste Berg der
Insel, über 1300 m aufragt. Diese Highlands [Heilands] (—Hoch-
lande) sind mit Wäldern, Mooren und Heideflächen bedeckt; viel öder
noch und fast ganz waldleer ist der n.ste Teil von Schottland, der
durch eine Talfurche von den Grampians getrennt ist. Hier verbindet
mit Benutzung des langgestreckten Loch (= See) Neß der Caledonische
Kanal die Busen von Lorn und Muray.
Die zahlreichen Flüsse Großbritanniens sind zwar nicht lang,
aber für die Schiffahrt sehr wichtig, da sie wasserreich und tief sind
und leicht durch Kanäle verbunden werden konnten, und die Meeres-
flut durch ihre Schlauchmündungen weit landeinwärts dringt. Nach
O. fließt die Themse; nach NO. in den Humber der Trent; nach
W. in den Meerbusen von Liverpool der kurze aber wichtige Mersey
(mörße] und s.wärts in den Bristolkanal der Severn.
Irland ist zum größten Teile eine seenreiche Tiefebene, an
deren Rändern, besonders imSW., sich vereinzelte Berggruppen erheben.
Der größte Fluß des Landes, der Shannon [fchänn'n], fließt, vielfach
Seen und Sümpfe bildend, in s.w. Richtung ins Atlantische Meer.
Die Inselgruppen im NW. und NO. Schottlands sind ge-
birgig.
Das Klima der Inseln ist echt seeländisch. Die meist s.w.
und w., von dem durch den Golfstrom erwärmten Atlantischen Ozean
kommenden Winde lassen, außer auf den schottischen Hochlanden, Schnee
und Eis nur vorübergehend auftreten und mildern durch Bewölkung uud
häufige Nebel die Sommerwärme. Irland und die gebirgigen W.-Küsten
Großbritanniens haben starke Niederschläge, am meisten im Herbst
und Winter: im w. Schottland, der regenreichsten Gegend Europas
(3,6 m), fällt sechs- bis siebenmal soviel Regen als im n. Deutsch-
land, während das ö. England diesem darin ungefähr gleichkommt.
Die Britischen Inseln. 51
Die feuchte Lust läßt den Weinstock nicht gedeihen, aber Myrte
und Lorbeer überwintern im Freien. Der Wald ist zugunsten der
Acker- und Weidewirtschaft fast ganz ausgerottet, so daß die Britischen
Inseln eins der waldärmsten Länder Europas sind. Der Acker-
bau steht auf hoher Stufe, liefert aber noch nicht die Hälfte des
Bedarfs an Getreide: im s.ö. England wird meist Weizen, in Schott-
land Hafer, das Brotkorn der Schotten, gebaut, in Irland werden
besonders Kartoffeln geerntet. Den Ackerbau übertrifft die Vieh-
zu cht. Auf den infolge der milden und feuchten Luft üppigen Wiesen
und Weiden, die durch einzelne Baumgruppen vielfach ein parkähnliches
Aussehen haben, werden treffliche Rinder und Pferde gezogen,
Schafzucht wird hauptsächlich in Schottland und Wales, Schweine-
zucht in Irland betrieben.
Die keltischen Bewohner Großbritanniens wurden von den Römern und
seit dem 5. Jahrhundert von den deutschen Angelsachsen unterworfen oder
zurückgedrängt und haben sich nur in Wales, im Norden von Schottland und
in Irland unvermischt erhalten. 1066 eroberte Wilhelm von der Normandie
die Reiche der Angelsachsen, und aus der angelsächsischen und französischen
Sprache entstand die englische. Irland wurde nach schweren Kämpfen unter-
jocht, Schottland erst im Anfange des 17. Jahrhunderts mit England ver-
einigt. Jetzt bilden die drei Länder das Vereinigte Königreich von
Großbritannien und Irland, nach dessen Verfassung die Volksvertretung,
das Parlament, tatsächlich alle Gewalt der Gesetzgebung und Verwaltung
hat, und der König oder die Königin wenig mehr als Ehrenrechte genießt.
Die englische Staatskirche hat sich zwar im Gegensatz zur römisch-
katholischen herausgebildet, aber äußerlich vieles von ihr beibehalten. Da-
neben bestehen zahlreiche religiöse Sondergemeinden. Die Schotten sind
reformiert, die Iren sind katholisch geblieben und deshalb vielfach
bedrückt und verfolgt worden.
Bis zum 16. Jahrhundert waren Ackerbau und Viehzucht die einzigen
Beschäftigungen der Bewohner, aber die in England und noch mehr in Irland
bis heute vorherrschende Großgrundwirtschaft hat sich einen Bauern-
stand nicht entwickeln lassen. Der Handel war damals in den Händen
der deutschen Hansa, die in London eine bedeutende Niederlassung, den Stahl-
Hof, hatte. Seit der Regierung der Königin Elisabeth in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts begannen die Engländer Seeschiffahrt
und Handel zu treiben und gewannen bald den Vorrang vor sämtlichen
Völkern. In allen außereuropäischen Erdteilen gründeten oder erwarben sie
Kolonien, so d.iß ihr Reich, dessen einzelne Bestandteile allerdings vielfach
nur lose mit dem Mutterlande verbunden sind, das größte (1/ft) der Erde
(29 Mill. qkm) ist und 400 Mill. E. zählt, dreimal soviel wie das große
russische. Von den außereuropäischen Besitzungen Englands haben Britisch-
Nordamerika, die Kapkolonie und Australien überwiegend englische
Bevölkerung. Der Hauptbesitz, das Kaiserreich Indien, ist erobertes
4*
52
Europa,
Land mit einheimischen Bewohnern. Dasselbe gilt von den zahlreichen,
durch die Engländer besetzten Inseln des Großen Ozeans, von ihren
Besitzungen an der O.- und W.-Küste Afrikas, in Mittel-
amerika und auf den Westindischen Inseln. Mit großer Umsicht haben
die Engländer ferner an den zu ihren überseeischen Besitzungen führenden
Straßen einzelne günstig gelegene Punkte besetzt, die für die Sicherung ihrer
See- und Handelsmacht von größter Bedeutung find. Dahin gehören Gibral-
tar, Malta, Cypern, Aden an dem Seewege nach Indien, Singapore
und Hongkong in Ostasien, die Bermudas-Inseln und St. Helena im
Atlantischen Ozean.
Die englische Flotte ist bei weitem die größte der Erde, und ebenso
kommt in bezug auf Handel kein Volk dem englischen gleich. Daneben
ist England infolge seines Reichtums au Kohlen und Eisen der
größte Industriestaat geworden: neben Spinnereien und Webe-
reien in Baumwolle und Wolle besitzt es namentlich Fabriken für
allerlei Eisenwaren, die sowohl Stahlfedern und Nähnadeln als
auch die größten Maschinen, Schiffe usw. herstellen. Die wichtigsten
Kohlen- und Eisenbergwerke, in deren Nähe die großen Fabrik-
städte erwuchsen, finden sich 1. am Bristolkanal; 2. vor allem in der
Mitte von England; 3. im n.ö. England und 4. zwischen den Meer-
bnsen von Elyde und Förth.
Die Bevö lkerung betrügt 43 Mill., fast 3/4 von der des Deutschen
Reichs, und lebt zur Hälfte in den Städten, von denen 38 (vergl.
die Übersicht am Ende des Buches) über 100 T. E. habeu. Vor
allem in den Städten zeigt sich der große Gegensatz zwischen einer
Minderzahl von reichen und einer weit überwiegenden Mehrzahl von
armen und ärmsten Bewohnern wie in keinem andern Lande der
Erde. Eine Folge davon ist, daß die Schulbildung auf niedrigerer
Stufe steht als bei den übrigen germanischen Völkern; ein großer
Teil der Einwohner kann nicht lesen und schreiben.
1. England. Die Hauptstadt London, mit 41/2 Mill. E.
(Groß-London 6,9 Mill.), die größte Stadt der Erde, liegt auf
beiden Ufern der Themse, da, bis wohin mit der Flut die größten
Seeschiffe gelangen können. Es zeichnet sich weniger durch Pracht-
bauten aus (Pauls- und Westminsterkirche, Parlamentshans, Britisches
Museum) als durch seinen unübertroffenen Handel, Schiffsverkehr und
Reichtum. Die Waren der aus allen Ländern der Erde kommenden
Schiffe werden in den Speichern neben den sog. Docks aufgestapelt
und von hieraus weiter verfrachtet. Eisenbahnen über und unter
der Erde, auch unter der Themse (3 Tunnel) hindurch (um die
Schiffahrt nicht durch zu viele (16) Brücken zu sehr zu behindern),
Die Britischen Inseln. 53
sorgen für den Verkehr in der Riesenstadt und führen nach allen
Richtungen hinaus (19 Hauptlinien). Dicht unterhalb Londons
liegen Greenwich [grinitfdj] mit der berühmten Sternwarte, von
der aus die Längengrade gezählt werden, und Woolwich [raüEttfch],
der größte Waffenplatz des Reichs; Windsor, ebenfalls an der
Themse, ist die Sommerresidenz des Königs. Oxford und Cam-
bridge [fembribfch] sind die berühmtesten englischen Universitäten.
Der wichtigste Überfahrtshafen nach dem Festlande ist Dover
an der nur 3'2 km breiten Straße von Calais, der am meisten be-
sahrenen Meerenge der Erde. An der S.-Küste liegt das Seebad
"Brighton [breitn] und die durch ihr mildes Klima ausgezeichnete
Insel Wight [ueit]; n.ö. von ihr bildet die berühmte Reede
Spithead [heb] den Zugang zu dem stark befestigten Kriegshafen
""Portsmouth [p6rtsmeß], wo sich großartige Werkstätten und
Niederlagen für Schiffsausrüstungen befinden, und zu dem Hasen
von *Southampton [saußämtn], dem Ausgangs- uud Anlegeort
der Postdampfer (auch der deutschen) nach Amerika, Afrika und Asien.
S. vom Kriegshafen "Plymouth [plimmeß] auf der Halbinsel
Cornwall steht auf einem Felsenriffe der berühmte Leuchtturm von
Eddystone (Wirbelstein). Die baumlosen Scilly-Jnseln, s.w.
vom Kap Landsend, sind für die Schiffahrt höchst gefährlich. —
"""Bristol, nicht weit von der seeartig erweiterten Mündung des
Severn, der drittgrößte Handelshafen des Landes, unterhält Haupt-
sächlich den Verkehr mit dem s.w. Europa; "Eardiss, durch einen
Tunnel unter dem Severn mit Bristol verbunden, ist der größte
Aussuhrhafen für Kohlen.
^-Liverpool, über 700 T. E., an der Mündung des Mersey,
dessen Schiffsverkehr fast den von London übertrifft, ist der Haupt-
einsuhrhasen für Baumwolle, Tabak und Petroleum; in seinen Docks
können ganze Flotten laden und löschen. N.ö. davon liegen die
Großstädte dicht beieinander; Hauptorte für Woll- und Baumwoll-
iudustrie sind """"Leeds [lieds], ""Bradsord und vor allem fMaii-
ehester [mäntschestr], das mit Liverpool seit 1830 durch die älteste
Eisenbahn und neuerdings durch einen für die größten Seeschiffe
fahrbaren Kanal verbunden ist. """"Sheffield ist die erste Stadt in
bezug auf Herstellung von Messern und andern Stahlwaren. Auch
im „schwarzen Lande" zwischen Liverpool und London drängen sich die
Fabrikorte eng zusammen: "Derby und ""Nottingham (Spinnerei),
^Stoke (Töpferei), "Wolverhampton (Eisenwaren), -^Birmingham
[börminghäm]. Letzteres, der Tandladen der Welt, liefert alle erdenklichen
54 Europa.
Gegenstände aus Eisen, Stahl und anderen Metallen, vornehmlich
Nähnadeln und Stahlfedern. ""Hüll am Humber ist ein wichtiger
Ausfuhrhafen nach den Häfen der Nord- und Ostsee, ""Newcastle
[njufäjsl] und "Sund erland verfrachten vor allem Steinkohlen
nach den um die Ostsee gelegenen Ländern.
2. Schottland. Da die gebirgigen Teile Schottlands sehr
dünn bevölkert sind, hat es nur so viel Einwohner wie London, die
zur Hälfte in der Niederung zwischen den Busen von Elyde und
Förth ansässig sind. Die schön gelegene Hauptstadt """Edinburg
ist wichtiger für Kunst und Wissenschaft als für Handel und Industrie.
Mit seiner Hafenstadt °LeUH [tiss] ist es jetzt völlig verwachsen.
Reiche Kohlenlager und darauf begründete Fabriken und Schiffs-
werften ließen an dem für große Seeschiffe fahrbar gemachten Flüß-
chen Elyde -^Glasgow zur zweitgrößten Stadt Großbritanniens an-
wachsen, 800 T. E. "Dundee [bönbi] und "A berdeen [äberdin]
besitzen viele Fabriken für Leinen und Jutewaren. Die gefährliche
Klippe Bell Rock ö. von Dundee trägt einen berühmten Leuchtturm.
Das n. Schottland hat nur unbedeutende Städte.
Auf den Orkney- und Shetland-Jnseln sowie auf den
Hebriden wird Fischfang und Handel mit Federn der hier in
großer Menge nistenden Vögel getrieben. Näher an der W.-Küste
Schottlands liegt das kleine Stassa (—Säuleninsel) mit der nur
von der See aus zugänglichen Fingalshöhle. (Figur 14.)
3. Irland, die „grüne Insel", hat nur an der O.-Küste durch
Handel und Industrie groß gewordene Städte. Hauptstadt und Sitz
des Vizekönigs ist """Dublin [döblin]; n. davon ist das ebenso
große """Belfast wegen der Nähe des Kohlenfeldes bei Glasgow
die wichtigste Fabrikstadt Irlands. — Die Mehrzahl der Bewohner
treibt Ackerbau und Viehzucht auf deu zum großen Teil den eng-
lischen Lords gehörigen, ausgedehnten Landgütern und lebt in den
dürftigsten Verhältnissen. Deshalb findet starke Auswanderung statt,
so daß die Volkszahl im Abnehmen begriffen ist.
England ist von zahlreichen natürlichen und künstlichen Wasser-
straßen durchzogen und ebenso von einem dichtmaschigen Netz von Eisen-
bahnen, die zum Teil großartige Brückenbauten nötig gemacht haben, wie
z. B. die Brücke über den Firth os Förth w. von Leith und die über den
Tay-^te^Busen bei Dundee, die, mehr als 3 Km lang, zu den längsten Brücken
der Erde gehören.
Für den Weltverkehr ist England überaus günstig gelegen: teilt man
die Erdoberfläche so in zwei Halbkugeln, daß die eine möglichst viel Land,
die andere möglichst viel Wasser enthält, so liegt England inmitten der
Die Nordsee.
55
ersteren. England ist deshalb der Ausgangspunkt vieler großer und
wichtiger Dampferlinien, die, soweit der Personenverkehr in Betracht
kommt, hauptsächlich von Southampton und Liverpool ausgehen. Da von
Fig. 14. Die Fingalshöhle auf Staffa.
allen Ländern Europas das sw.. Irland sich der Küste von Nordamerika
am meisten nähert, sind von der hier gelegenen kleinen Insel Valentia
aus die ersten 3000 km langen unterseeischen Telegraphenkabel
über Neufundland nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika
gelegt.
§ 13.
Die Nordsee.
Geographische Lage: Nordgrenze 60° N. (wie Shetland-Jnseln),
Straße von Calais 51° N. Schottische O.-Küste 2° W. Dänische Küste 8° O.
56
Europa,
550000 qkm (etwas größer als das D. R.), mittlere Tiefe 90 m,
größte Tiefe 808.
Die Nordsee, von den Dänen Westsee, von den Engländern
das Deutsche Meer genannt, ist ein Teil des Atlantischen Ozeans,
mit dem sie im SW. durch die Straße von Dover oder Calais
zusammenhängt, während sie im N. bis zur Breite der Shet-
land-Jnseln d.h. bis zum-60° 9?. reicht. Die Verbindung zwischen
ihr und der Ostsee bilden das zwischen Skandinavien und Jütland
eindringende Skager Rak und das Kattegat (—Schiffsweg). Sie
ist ungefähr so groß wie das Deutsche Reich. Im SO. ist der
uiederländisch-dentschen Küste eine Reihe durch Dünen geschützter
Inseln vorgelagert, die als Reste der alten Küstenlinie, hinter der
das Land vom Meere verschlungen ist, anzusehen sind. Etwas weiter
entfernt vom Festlande liegt vor der Elbemündung das kleine Felsen-
eiland Helgoland. Außer diesen Inseln und den Scheren an der
norwegischen Küste gibt es in der Nordsee keine Inseln.
Die Nordsee hat wie die Ostsee nur sehr mäßige Tiefen,
im Durchschnitt 80—90 m, doch zieht sich eine bedeutend tiefere
Rinne um die S.-Spitze Norwegens. Die Flutwelle dringt sowohl
von SW. als auch von N. her in die Nordsee ein, deren Wasser
denselben Salzgehalt hat wie der offene Ozean, nämlich 3,5°/0.
Im n. Teile der Nordsee werden vorzugsweise Heringe gefangen,
andere Fische an allen Küsten; an denen von Norwegen, Großbritannien
und Helgoland auch Hummern und besonders an der Themsemündung
und den Westfriesischen Inseln Austern.
In der ersten Hälfte des Mittelalters befahren die normannischen
Wikinger dies Meer und plünderten und brandschatzten seine Küstenländer.
Später herrschte hier wie in der Ostsee vor allem die deutsche Hansa, die
in Bergen in Norwegen, im Stahlhofe zu London, sowie im belgischen Brügge
ihre Hauptniederlassungen hatte. Jetzt ist die Nordsee das ammeistenbe-
fahrene Meer der Erde.
§ 14.
Die Niederlande, Belgien und Luxemburg.
Geographische Lage: N.-Grenze 53 V-°N. (wie Hamburg), Luxemburg
491/2CI N. (wie Mannheim), Ostende 3° O., O.-Grenze Belgiens 6° O., der
Niederlande 7° O.
Niederlande: 33000 qkm (Pommern 30000), 5 72 Mill. E., auf 1 qkm
164 E., Belgien 29500 qkm, 7 Mill. E., auf l^qkm 237 (D. R.
Luxemburg 2500 qkm (— Sachsen-Meiningen) 240t)00 E., auf 1 qkm 92 E.
Die Niederlande. 57
Zwischen Nordsee, Deutschland und Frankreich liegen in der geogr.
Breite von Norddeutschland die Niederlande, Belgien und Luxem-
bürg. Die elfteren gehören ihrer Bodenbildung nach ganz, Belgien
wenigstens in seinem n. Teile bis zur Sambre und Maas zum Nord-
deutschen Tieflande, das s. Belgien und Luxemburg werden vom
w.sten Teile des Rheinischen Schiefergebirges, den Ardennen, durch-
zogen. Die geradlinig verlaufende, mit Dünen besetzte Küste ist im
N. und im Gebiete der Rheinmündungen durch die andringenden Meeres-
wellen zertrümmert, aber in den West friesisch en Inseln und denen
des Rheindeltas noch erkennbar. S. von jenen Inseln greift die erst
im 13. Jahrhundert durch Einbruch des Meeres entstandene, flache
Südersee tief in das Land ein.
Die Niederlande werden von O. nach W. vom Rhein durch-
flössen, der bald nach dem Überschreiten der niederländischen Grenze
sich in zwei Hauptarme teilt. Der rechte entsendet die Jjssel [eifet]
in die Südersee, nimmt dann den Namen Lek (—Sumpf) an und
steht vor seiner Mündung auch mit dem linken Hauptarme des Rheins,
der Waal, in Verbindung. In letztere ergießt sich die Maas
(= Sumpf), die Belgien und die s. Niederlande in großem, nach
W. offenem Bogen durchfließt, nachdem sie links die Sambre
(= Sumpf) aufgenommen hat. S. der Rhein- und Maasmündung
ist das Land durch tiefeinschneidende Meeresarme in mehrere Inseln
aufgelöst, zwischen denen die Schelde als Oster- und Wester-Schelde
die Nordsee erreicht.
Der Boden der Niederlande besteht aus sandiger Geest, ansge-
dehnten Mooren und fruchtbaren Marschen, welche die Ufer der
Maas und der Rheinarme sowie das ganze Küstengebiet bedecken und
nicht nur an den Flüssen, sondern vielfach auch gegen das Meer,
da, wo die natürlichen Dünen nicht mehr vorhanden sind, durch
kostspielige Dammbauten, Deiche, geschützt werden müssen. Denn
mehr als l/4 der Niederlande liegt tiefer als der Spiegel der Nord-
see und wird nur durch die zahlreichen Deiche, die gitterartig das
Land durchziehen, vor Überflutung bewahrt. Da das Regenwasser
bei der tiefen Lage des Landes keinen natürlichen Abfluß hat, muß es
durch Windmühlen und Dampfmaschinen gehoben und durch Kanäle
abgeleitet werden, die gegen das Eindringen der Flut durch sich von
selbst öffnende und wiederschließende Tore oder Siele geschützt sind.
Die Niederlande und das w. Belgien haben seeländisches
Klima mit reichen Niederschlägen und viel Nebel. Im Innern
herrscht, je weiter von der Küste entfernt, desto mehr festländisches Klima.
58 Europa.
Belgien hat an der Sambre und der Maas, soweit diese nach
O. fließt, reiche Steinkohlenlager und Eisenbergwerke, das
Tiefland entbehrt diese Schätze fast ganz. Dafür geben die ausgedehnten
Torfmoore in den Niederlanden, die aber mehr und mehr für den
Ackerbau nutzbar gemacht werden, reichen Ertrag. Da Moor- und
Marschboden Waldwuchs ausschließt, sind die Niederlande sehr wald-
arm. Der fette Marschboden trägt üppige Wiesen und wird teil-
weise auch zu Gemüse- und Gartenbau benutzt.
Den n. Teil des Landes bewohnen seit alters die Friesen, den Rhein
abwärts drangen allmählich die Franken vor. Im Mittelalter gehörten die
Niederlande zum Deutschen Reiche, kamen aber durch die Habsburger im
16. Jahrhundert an Spanien. Nachdem die nördlichen Niederlande die Refor-
mation angenommen hatten, befreiten sie sich durch einen 80 jährigen Kampf
von der spanisch-habsburgischen Herrschaft und wurden 1648 als selbständiger
Staat anerkannt; der S. blieb katholisch und bei Spanien. Nachdem beide
Landesteile am Anfange des 19. Jahrhunderts kurze Zeit vereinigt waren,
bestehen seit 1830 die beiden Königreiche der Niederlande und Belgien.
1. Das Königreich der Niederlande ist wenig größer als die
Provinz Pommern, 33 T. qkm, hat aber 51/2 Miß. Bewohner, deren
Hauptbeschäftigungen Landwirtschaft und Seehandel sind. Für
den Ackerbau muß das Laud nicht nur gepflegt, sondern zum großen
Teile erst dem Wasser abgerungen und gegeu dasselbe verteidigt
werden, wodurch die Niederländer Meister in allerlei Wasserbauten ge-
worden sind. So ist z. B. das Harlemer Meer künstlich trocken gelegt
und wird jetzt von fleißigen und wohlhabenden Ackerbauern bewohnt;
dasselbe wird für die Süderfee geplant. Mehr noch als Getreidebau
ist der Anbau von Futterkräutern und die Viehzucht verbreitet; das
holländische Rindvieh ist berühmt und ebenso die Käsebereitung. Zahl-
reiche Fischerflotten liegen dem Heringsfang ob — die Kuust, die
Fische einzupökeln, ist hier erfunden — und an den Westfriesischen
Inseln werden Austern und andere eßbare Muscheln gefangen. Während
des Kampfes mit Spanien und nach dessen Beendigung wurdeu die
Niederländer oder Holländer das größte See- und Handelsvolk
Europas, sie wurden die „Frachtfuhrleute" für den ganzen Erdteil.
Erst in neuerer Zeit haben die Engländer ihnen den ersten Platz im
Seehandel abgenommen. Aber noch immer ist der niederländische Handel,
gestützt auf die reichen ostindischen Kolonien Java, Sumatra und die
Molukken, eine der Hauptquellen des großen Reichtums des Landes.
Sprichwörtlich ist die „holländische Sauberkeit" und die Vorliebe des
Volkes für farbenprächtige Blnmen.
Die Hauptstadt ist das stark befestigte -j-Amsterdam (—Damm
Die Niederlande. 59
an der Amstel) im SW. der Südersee, wie Venedig auf Pfahlrosten
erbaut und von Grachten d. h. Kanälen durchzogen. Nach der N.-Spitze
von Holland führt der Nordholländische Kanal, der weit kürzere, auch für
große Seeschiffe fahrbare Nordsee-Kanal verbindet die Stadt nach W. mit
dem Meere. Amsterdam ist nicht nur die größte und reichste Handels-
stadt der Niederlande, sondern auch einer der wichtigsten Plätze des
Welthandels geworden, wo vor allem die reichen Kaffeeernten Javas
versteigert werden und viel Tabak eingeführt wird. Unübertroffen
sind seine meist in den Händen von Juden befindlichen Diamant-
schleifereien. S. des neuen Seehafens von Amsterdam, am Ausgange
des großen Kanals, liegen nicht weit vom Meere «Haarlem, das
noch heute durch die Zucht von Blumenzwiebeln berühmt ist, und die
alte Universitätsstadt «Leyden; weiter nach SW. die schöne Residenz-
stadt **H«ag, zu der das jenseits der Dünen gelegene berühmte See-
bad Scheveningen gehört. ***Rotterdam am Lek, da, wo See-
und Flußschiffahrt sich berühren, ist neben Hamburg und Antwerpen
der größte Welthandelshafen des Festlandes. Petroleum, Zucker,
Baumwolle und Getreide sind hier die hauptsächlichsten Handelsgegen-
stände. Wie Amsterdam hat es große Schiffswerften, zu denen das
Holz aus Skandinavien und auch aus Deutschland den Rhein ab-
wärts herbeigeführt wird. Von hier aus wird auf der Wasserstraße
des Rheins die Ausfuhr nach dem Deutschen Reiche betrieben. Auf
einer Insel an der Wester-Schelde ist das befestigte Vlissingen er-
baut, das als Überfahrtsort nach London und als Handelshafen im
Wachsen begriffen ist.
In den ö. der Südersee gelegenen Landesteilen wird viel Vieh-
zucht getrieben. Hier tritt, wie in den binnenländischen Provinzen,
der Handel mehr zurück, doch herrscht in den meist nur kleineren
Städten reger Gewerbfleiß, so in der alten Universitätsstadt «Utrecht
s. der Südersee. In dem an der Maas zwischen Belgien und der
Rheinprovinz eingekeilten S.-Teile, der an das belgisch-preußische
Kohlenfeld heranreicht, liegt das stark befestigte, betriebsame Maastricht.
2. Das Königreich Belgien, 29500 qkm, nicht ganz so groß
wie Pommern, ist mit 7 Mill. meist katholischen Bewohnern das dichtest
bevölkerte Land Europas. In der n. Hälfte wohnen die den Nieder-
deutschen verwandten Vlämen oder Fläminger, im S. die französisch
sprechenden Wallonen. Den Ackerbau, der nur V4 der Bewohner
beschäftigt, übertrifft die Fabriktätigkeit des Landes, weshalb auch
mehr als 3/4 der Bewohner in den Städten wohnen. Außer Stein-
kohlen nach Frankreich liefert Belgien vor allem Spitzen, Glaswaren
60 Europa,
und Waffen. Zu der seit alters hier heimischen Leinen- und Woll-
weberei ist in neuer Zeit die Verarbeitung der Baumwolle ge-
treten, und die günstige Lage Belgiens läßt den Handel seiner Hinter-
länder seinen Weg teilweise durch dies Land nehmen, woraus z. T. die
Bedeutung Antwerpens beruht. Da aber die Scheldemündung nieder-
ländisch geblieben, und die belgische Küste ohne natürliche Häfen ist,
tritt die Schiffahrt zurück, und den Seeverkehr vermitteln meist Schiffe
fremder Völker. Doch hat Belgien in neuester Zeit Kolonialbesitz er-
worben, insofern der Kongostaat unter Hoheit des Königs der
Belgier steht.
In der Mitte des Landes liegt am Schnittpunkte der wichtigsten
Straßen das glänzende, durch Spitzenfabrikation berühmte -j-Brüssel.
In der s. davon gelegenen Ebene sind oft entscheidende Schlachten ge-
schlagen worden, z. B. bei la Belle Alliance 1815. "Antwerpen
(= an der Werft) an der Schelde, die größte Handels- und Hafenstadt
Belgiens, treibt ausgedehnten Handel mit Getreide, Kaffee und Kolonial-
waren und ist zugleich eine starke Festung. Die durch altertümliche
Bauwerke an den Glanz früherer Zeiten erinnernden Städte *Gent
an der oberen Schelde und «Brügge sind zwar durch Kanäle mit
dem Meere verbunden, aber nur für kleinere Schiffe erreichbar. In
beiden Städten herrscht reger Gewerdfleiß, in Gent auch viel Kunst-
und Handelsgärtnerei. Osten de, der einzige Hafen Belgiens ander
offenen See, ist Seebad und Überfahrtsort nach England. Das durch
Herstellung von Waffen berühmte *Lüttich an der Maas und Namur
am Zusammenfluß von Sambre und Maas sind die Mittelpunkte des
Bergbaus und der Eisenindustrie. Von Namur zieht sich über Möns
oder Bergen bis nach der französischen Grenze ein überaus dicht be-
völkerter Landstrich, in dem sich Steinkohlengruben und Eisenwerke eng
aneinander reihen. Die Landschaft Limburg, n. von Lüttich, ist durch
Rinderzucht und Küsebereitung ausgezeichnet. Rechts der Sambre und
Maas hört die Fabriktätigkeit mehr und mehr auf, und damit nimmt
auch die Dichtigkeit der Bevölkerung ab.
3. Das Großherzogtum Luxemburg, so groß wie das Herzog-
tum Sachsen-Meiningen, hat 240 T. deutsche E., aber die Amts-
spräche ist die französische. Das jetzt wieder selbständige Land ist wie
Belgien für neutral erklärt. Neben Landwirtschaft, Wein- und Obst-
bau wird im S. Eisenbergbau betrieben. Hauptstadt ist das früher
stark befestigte Luxemburg.
Die Niederlande besitzen viele natürliche und künstliche Wasser-
straßen, auf denen sich fast der ganze Frachtverkehr bewegt; auch das n.w.
Frankreich. 61
Belgien hat viele Kanäle. Außerdem ist besonders letzteres von einem
dichten Eisenbahnnetz durchzogen. Für den großen Verkehr kommen in
Betracht die Linien, die von Berlin über Köln und Lüttich nach Paris
führen, und die nach Rotterdam, Vlissingen und Ostende, von wo die Über-
fahrt nach England stattfindet.
§ 15.
Frankreich.
Geographische Lage Calais 51"N. (wie Cöln, Dresden, Breslau),
Toulon fast 43" N. (Frankreich liegt also unter derselben geogr. Breite wie
Österreich-Ungarn). Mündung der Loire 2" W., W.-Küste der Bretagne
5"W., Westgrenze 7°O.
536 000 qkm (etwas kleiner als D. 9t), 39 Mill. E. (nicht ganz 2/z
wie D. R.), auf 1 qkm 73 E. (D. R. III).
Hochgebirge besitzt Frankreich nur an seiner S.- und O.-Grenze:
die Pyrenäen (vergl. S. 13), die die Grenze gegen Spanien bilden,
und der Südflügel der Westalpen, auf deren Kamm die Grenze
gegen Italien verläuft. Die Westalpen erstrecken sich in s.n. Richtung
vom Mittelländischen Meere bis zur Berggruppe des Montblanc,
4810 m, die auf französischem Boden liegt. Sie werden eingeteilt
in 1. die zu Italien gehörenden Ligurischen Alpen vom Col dell'
Altare (Eisenbahn Turin—Savona) bis zum Col die Tenda; 2. die
See-Alpen; 3. die Cottischen Alpen mit dem Mte. Biso, 3800 m,
bis zum Tale der Dora Riparia, aus dem der Paß des Mt. Genevre
zur Durance, der des Mt. Cenis in das Gebiet der Jsöre führt;
4. die Grajischen Alpen bis zum Tale der Jsere und der Dora Baltea,
die der Paß des Kleinen St. Bernhard verbindet; 5. die Mont-
blanc- Gruppe bis zum Großen St. Bernhard. W. vom Mont-
blanc liegt das viel besuchte Hochtal von Chamonix, in das
zahlreiche Gletscher, z. B. das „Eismeer", lamer de glace (Fig. 16),
hineinragen. Während die Westalpen nach Ober-Italien steil abfallen,
sind ihnen nach W. die Dauphins - Alpen (Mt. Pelvoux 4100 m)
und Savoyer - Alpen vorgelagert, die allmählich niedriger werdend
sich weit nach Frankreich hinein verzweigen.
N. von den Westalpen trennt der von SW. nach NO. ziehende
Schweizer oder Französische Jura Frankreich von der Schweiz.
Auch dies Gebirge liegt zum größeren Teile auf französischem Boden
und hat hier seine höchsten Erhebungen; es gipfelt w. vom Genfer
See im Erst de la Neige, 1700 m. Durch tief eingeschnittene
Längstäler werden verschiedene Parallelkamme voneinander geschieden;
62
Europa,
nach NW. geht das Gebirge in breite Hochebenen und endlich in
die Hügellandschaften Burgunds über. Jenseits der gebirgsfreien
Burgundischen Pforte zieht der Wasgau auf der Grenze gegen das
Deutsche Reich nach N., an den sich die Lothringische Hochebene
anlehnt. Diese wird im W. durch den Argonner Wald, im NW.
durch die Ardennen, den wsten Teil des Rheinischen Schiefergebirges,
begrenzt. S. von Lothringen verbinden die niedrigen Sichelberge
den Wasgau mit der Hochebene von Langres, von der die Cöte
d'or nach S. zieht. Dann folgen die Cevennen (—Bergrücken),
die bis an die n.ö. Pyrenäen heranreichen. Nach O. fallen sie steil
ab und ebenso nach SO. zur Ebene von Languedoc, nach W. und
NW. dagegen schließt sich das Hochland der Auvergne an, das
ganz allmählich in die Tiefebene ausläuft, und dessen unebene Ober-
fläche von einer Reihe erloschener Vulkane (Fig. 15) überragt wird,
unter denen der Mont Dore mit 1900 m der höchste Berg des
inneren Frankreich ist. Das übrige Frankreich im W. und NW. der
beschriebenen Bergländer ist eine wellige Tiefebene, nur die Nor-
mandie und die Bretagne werden von felsigen, aber niedrigen Ge-
birgsreihen durchzogen, die in der Bretagne bis ans Meer herantreten
und hier viele Buchten mit vortrefflichen Häfen bilden.
Sonst sind die französischen Küsten im ganzen hafenarm: an
der Küste des Mittelmeeres finden sich hinter schmalen Nehrungen
Strandseen, etangs genannt; am Biscayschen Meerbusen breiten sich
hinter geradlinig nach N. ziehenden Dünenreihen Sümpfe und Moräste
aus. Weiter n. sind die Dünen durchbrochen; als ihre Reste sind
einige Inseln geblieben, und das Meer hat fruchtbare Marschen ge-
schaffen. Auch die Küsten am Kanal entbehren fast ganz günstiger
Hafenbildung.
Frankreich ist sehr gut bewässert. Die Wasserscheide zwischen
den Gebieten des Atlantischen und des Mittelländischen Meeres bilden
die Cevennen, die Cöte d'or und die Hochebene von Langres. Die
zum Atlantischen Ozean fließenden Gewässer sammeln sich in drei
Strömen: 1. Von den Pyrenäen kommt die Garonne, die unter-
halb der Einmündung der Dordogne ihre gewaltige Schlauchmünbung
beginnt und von hier an Gironde genannt wird. 2. Auf den
Cevennen entspringen nicht' weit voneinander die Loire und ihr
linker Nebenfluß, der Allier, links nimmt die Loire noch den Eher
und die Vienne, rechts die Sarthe auf und ergießt sich ebenfalls
durch eine Schlauchmündung ins Atlantische Meer. 3. Vom Hoch-
lande von Langres kommt die Seine, der links von der Cöte d'or
Frankreich.
63
die Aonne zufließt. Rechts empfängt sie die auch vom Hochland
von Langres kommende Marne und die auf den Ardennen ent-
springende Oise. Wenigstens in ihrem Oberlaufe gehören zu Frank-
reich die Maas und die Mosel (^kleine Maas), die die Lothrin-
gische Hochebene durchziehen.
Ju das Mittelländische Meer mündet die auf dem St. Gott-
hard entspringende Rhone (—der rasche Fluß). Sie fließt nach ihrem
Austritt aus dem Genfer See nach SW. und nimmt da, wo sie sich
rechtwinklig nach S. wendet, rechts die Saöne [ßön] (= der ruhige
Fluß) auf, die von den Sichelbergen kommt und links den dem Jura
entquellenden Doubs [du] empfängt. Von den Westalpen strömen
Fig. 15. Vulkanreihe des Puye de Dome in der Auvergne.
der'Rhone die Jsöre und die Durance zu, und unterhalb der
Einmündung der letzteren beginnt das sumpfige Delta der Rhone,
das sie in zwei Hauptarmen durchfließt.
Die Bodenbildung Frankreichs ermöglichte eine vielfache Ver-
bindung seiner Flüsse durch Kanäle. So führt 1. der Kanal du
midi von ö.sten Punkte der Garonne zum Mittelmeer; 2. der
Kanal du Centre von der Saöne zur Loire; 3. der Kanal von
Burgund von der Saöne zur Aonne- 4. der Kanal von Orleans
von der Loire zur Seine; 5. der Marne-Rhein-Kanal durch-
schneidet Maas und Mosel, durchzieht den Wasgau in einem Tunnel
und mündet da in den Rhein, wo 6. der Rhone-Rhein-Kanal
beginnt. Dieser führt durch die Burgundische Pforte zum Doubs
und stellt demnach die Verbindung zwischen Nordsee und Mittelmeer
her. Ferner ist das n. Frankreich mehrfach mit dem belgischen Kanal-
netz verbunden.
An der Küste des Mittelmeers und an der unteren Rhone
herrscht südeuropäisches Klima mit trocknen Sommern, so daß der
64 Europa.
Ölbaum gedeiht. Der Westen hat seeländisch mildes Klima mit
reichlichen Niederschlägen; auf dem Hochlande der Auvergne folgen
auf kältere Winter wärmere Sommer. Frankreich ist ein Land des
Weizenbaues, des Weins und feinerer Obstarten; nur der NW. und
die Gebirge machen eine Ausnahme.
Die keltischen Gallier, die sich in der Bretagne erhalten haben,
wurden von den Römern unterworfen. Zur Zeit der Völkerwanderung
drangen deutsche Stämme ein, und die Franken nahmen allmählich
das Land in Besitz. Die Vereinigung des fränkischen Reiches mit dem
deutschen war von kurzer Dauer. Erst am Ende des Mittelalters ward ein
einheitlicher Staat geschaffen, der unter Ludwig XIV. im 17. Jahrhundert
seine höchste Macht entfaltete. Die französische Sprache ward damals, wie
früher die lateinische, zur Weltsprache. Die übergroße Ausdehnung der
Grenzen am Anfange des 19. Jahrhunderts unter Napoleon I. war nur
vorübergehend, und seit 1870/71 sind die von Ludwig XIV. widerrechtlich
dem Deutschen Reiche entrissenen Gebiete von diesem zurückgewonnen. In
allen Erdteilen besitzt Frankreich Kolonien, die meist erst im letzten Jahr-
hundert erworben sind. Am wichtigsten ist Algerien in Nordafrika; dazu
kommen Senegambien, Teile von Guinea und vom Sudan, Französisch-
Kongo und die Inseln Madagaskar und Reunion; Tunis steht unter
französischem Schutz. In Asien ist Cochinchina und Tongking von den
Franzosen besetzt, im großen Ozean Neu-Caledonien, die Gesellschaftsinseln
u. a., in Amerika einige der Kleinen Antillen und ein Teil von Guayana.
Vielfach erinnern die heutigen Franzosen an ihre keltischen Vorfahren:
Eitelkeit und Gefallen am äußern Schein, Leichtsinn und schneller Wechsel
ihrer Stimmungen und Neigungen sind Untugenden, denen gegenüber Fleiß
und Sparsamkeit und große Geschicklichkeit in allerlei Gewerben rühmend
hervorzuheben sind. Die Freude an Schmuck hat die Franzosen zu Herren
der Mode gemacht, und ihre kunstgewerblichen Arbeiten sind mustergültig.
Auch für die Wissenschaft haben sie viel geleistet, aber die allgemeine Volks-
bildung steht auf niederer Stufe. Infolge der gewaltsamen Unterdrückung
der Reformation gehören fast alle Franzosen zur katholischen Kirche.
Die Bevölkerungszahl beträgt 39 Mill., d. h. nicht ganz 2/3 von
der des Deutschen Reichs und erfährt nur eine sehr geringe Zunahme.
Von dem fruchtbaren Boden dient die Hälfte als Ackerland;
Wein erzeugt kein Land in solcher Menge wie Frankreich. Aber die
Entwaldung des Landes begünstigt häufige Überschwemmungen durch
die Flüsse, wodurch der Ackerbau und die Schiffahrt gefährdet werden.
Trotzdem Kohlen und Eisen nicht ausreichend im Lande gewonnen
werden, ist die Fabriktätigkeit bedeutend, besonders die Baumwoll-
und Seidenweberei. Auch der Handel Frankreichs kommt dem deutschen
sast gleich. Diesen reichen Erwerbsquellen verdankt es einen gleich-
mäßig verbreiteten Wohlstand.
Frankreich. 65
Seit 1870 ist Frankreich Republik und wird in 87 Departements
eingeteilt.
1. Das n.w. und tu Frankreich. Auf der Halbinsel Bretagne
ist der Boden zum Teil wenig fruchtbar, dagegen erzog die buchten-
reiche Küste und der Fischreichtum des Meeres die Bewohner früh zu
tüchtigen Seefahrern. Ganze Fischerflotten laufen von hier alljährlich
in die n. Meere aus, z. B. nach den Neufundlandbänken in Nord-
amerika. Weil aber der Halbinsel günstige Verbindungen mit dem
übrigen Frankreich fehlen, dienen die vorzüglichen Häfen fast nur der
Kriegsflotte, vor allem c> Brest, dessen großer Hafen in die Felsen
gesprengt und stark befestigt ist. Oberhalb der Mündung der Loire
liegt "Nantes. Da Seeschiffe die Stadt nicht erreichen können, ist
bei St. Nazaire ein künstlicher Hafen geschaffen worden.
Am Kanal liegt die Normandie, wo die Normannen sich um
900 n. Chr. festsetzten und von wo aus sie 100 Jahre später Eng-
land eroberten. Der mit ungeheuren Kosten hergestellte Kriegshafen
Cherbourg ist durch einen riesigen Wellenbrecher geschützt. Die w.
davon gelegenen Normannischen oder Kanal-Jnseln sind im
Besitz Englands. N. der Seine-Mündung ist *Le Havre der be-
deutendste Hafen Frankreichs am Atlantischen Meere für Ein- und
Ausfuhr und Ausgangspunkt der Dampferlinien nach Nordamerika.
^Rouen, da an der Seine gelegen, bis wohin mit der Flut See-
schiffe gelangen, ist die prächtige, alte Hauptstadt der Normandie und
hat die größten Baumwollspinnereien Frankreichs. Auch "Amiens
an der Somme ist Fabrikstadt. Im N. besitzt Frankreich drei stark
befestigte Hafenplätze: «Boulogue, ^Calais und Dünkirchen.
Ersteres vermittelt mehr den Frachtverkehr, Calais, wegen seiner Lage
an der schmälsten Stelle des Kanals, den Personenverkehr (iy2 St.)
nach England, und Dünkirchen ist der Einfuhrhafen für das ge-
werbfleißige Hinterland. Nach SO. zieht sich an der belgischen
Grenze der am dichtesten bevölkerte Landstrich Frankreichs hin, wo
infolge der von Belgien herüberreichenden Steinkohlenfelder lebhafte
Fabriktätigkeit herrscht. Der Hauptort für die großartigen Spinnereien
und Webereien in Leinen und Baumwolle ist **Lille, das s.ö. davon
an der Scheide gelegene Valenciennes ist durch seine Spitzen be-
rühmt. Wie die genannten Orte sind zahlreiche andere stark befestigt,
um die hier völlig fehlende natürliche Grenze zu ersetzen.
In der Landschaft Jsle de France, dem Herzen von Frank-
reich, liegt am Zusammenfluß von Seine und Marne, wo die großen
Straßen aus Deutschland, Belgien und dem s. Frankreich sich treffen,
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. 5
66 Europa,
1"^Paris, das schon zu Casars Zeiten als Lutetia Parisiorum
bekannt war. Die Stadt zerfällt in die Altstadt, la (Site, auf zwei
Seine-Inseln gelegen, mit der schönen Kirche Notre Dame, la Ville
auf dem rechten und l'Universitö am linken Flußufer. Die ehemaligen
Befestigungen dieser Stadtteile sind in breite Boulevards verwandelt,
außerhalb deren die Faubourgs sich ausbreiten. Die Riesenstadt ist
stark befestigt, besonders durch einen Kranz von Forts, z. B. im W.
durch den Mt. Valerien. Zwischen ihm und der Stadt liegt das
Bois de Boulogne, ein mit großen Kosten hergestellter Park, der Tummel-
platz der vornehmen Welt. Paris ist der Mittelpunkt des Wissenschaft-
lichen und wirtschaftlichen Lebens für ganz Frankreich und auf dem
Gebiete des Kunstgewerbes und der Mode tonangebend für die ganze
Erde. Am Anfange des 19. Jahrhunderts hatte es l/2, jetzt 23/4 Mill. E.
S.w. liegen das durch fein Porzellan berühmte Sövres uud °Ber-
sailles mit den Gartenanlagen und dem Schloß Ludwigs XIV., in
dessen großem Spiegelsaale am 18. Januar 1871 König Wilhelm I.
von Preußen zum Deutschen Kaiser ausgerufen ward. St. Germain
an der Seine ist bekannt durch den Friedensschluß 1679.
2. Das n.ö. Frankreich. Die Champagne im O. von Paris
hat teilweise dürftigen, nur als Weide dienenden Boden, trägt aber
an den Abhängen der Flußufer viel Wein, der vorzugsweise zur
Herstellung von Schaumwein (Champagner) verwandt wird. "Reims,
die alte Krönungsstadt der französischen Könige, ist der Mittelpunkt
des Champagnerhandels und hat zahlreiche Wollspinnereien und
-Webereien. Von hier wurde das Christentum uuter den Franken
verbreitet. Bei Chalons sur Marne, an der großen Straße nach
Deutschland, erlitten 451 Attilas Hunnen die entscheidende Nieder-
läge. Nahe der belgischen Grenze liegt Sedan, wo am 1. uud
2. September 1870 das Kaiserreich Napoleons III. zusammenbrach.
Im französisch gebliebenen Teile Lothringens wird hauptsächlich
Ackerbau getrieben; in seinen Wäldern findet sich noch immer der Wolf.
Die starke Festung V er dun an der Maas deckt die Straße nach
Metz, wie Tonl an der Mosel und weiter ö. die alte Hauptstadt
Lothringens c>Nancy mit ihren Befestigungen die Straße nach Straß-
bürg sichern. Zwischen Jura und Cote d'or und bis zum Seine-
gebiet ließen sich während der Völkerwanderung die deutschen Burgunder
nieder; an sie erinnern noch die Landschaftsnamen Franche comto
und Bourgogne. Den Durchgang durch die Burgundische Pforte
versperrt in dem 1871 bei Frankreich gebliebenen Teile des Elsaß
die starke Grenzfestung Belfort [beför]. Das ebenfalls befestigte
Frankreich. 67
«Besanyon am Doubs ist bedeutend durch Uhrenfabrikation.
Zwischen der Festung «Dijon am Austritt des burgundischen Kanals
aus der Cote d'or und Chalon sur Saöne an der Mündung des
Kanals du centre in die Saone wächst an den Abhängen des Ge-
birges, das davon „Goldrippe" heißt, der herrliche Burgunderwein.
In dem Kohlen- und Eisengebiete w. von Chalon besitzt Le Creuzot
[frosö] eins der größten Eisen- und Stahlwerke Europas.
3. Das s.o. Frankreich. ****£pott am Zusammenfluß von
Saöne und Rhone ist die drittgrößte Stadt Frankreichs und eine
sehr starke Festung; es ist der wichtigste Platz der Erde für Her-
stellung von Seiden- und Samtstoffen. S.w. davon erwuchs *St.
Etienne durch reiche Schätze an Steinkohlen und Eisenerz zu der
bedeutendsten Stadt Frankreichs sür Eisen- und Stahlindustrie, be-
sonders für Waffenfabrikation. Die Alpenlandschaft um den Mont-
blanc, Savoyen, das erst 1860 an Frankreich gekommene Heimat-
land der italienischen Könige, kann seine Bewohner nicht genügend
ernähren, weshalb viele in andern Landesteilen Verdienst suchen.
Das s. davon gelegene Dauphine, nach dem früher der französische
Kronprinz genannt wurde, hat zur Hauptstadt die im Tale der Jsöre
gelegene Festung «Grönoble, von wo die beiden Alpenstraßen zum
Kleinen St. Bernhard und zum Mont Cenis aufsteigen. . Von der
unteren Rhone zieht sich bis hinauf in die Seealpen die Provence
(lat. provmcia), wo die Seidenraupe gezüchtet und der Ölbaum
gepflanzt wird (Provenceröl); auch Wein wird gebaut. Ö. der sür
die Schiffahrt nicht brauchbaren Rhonemündungen liegt Frankreichs
größte Seehandelsstadt ""Marseille (das alte Massilia), der
Ausgangspunkt der französischen Dampferlinien nach den Mittel-
meerländern und Ostasien, und s.ö. davon die starke Festung "Toulon,
Frankreichs zweitgrößter Kriegshafen. Im Schutze der nach SO. ge-
richteten Abhänge der Seealpen ist das auch erst 1860 an Frankreich
gekommene " Nizza gelegen, ein wegen seines milden Klimas viel-
besuchter Luftkurort, wo im Winter die Rosen blühen. Hier und in
den benachbarten Orten werden hauptsächlich die feinen, wohlriechenden
Blumenöle hergestellt. Das kleine Fürstentum Monaco, ö. von
Nizza, mit der gleichnamigen Hauptstadt in herrlichster Lage, aber
berüchtigt durch die in Monte Carlo bestehende Spielbank, steift unter
Italienischem Schutze.
In der Landschaft Languedoc erinnern manche Orte z. B.
Nim es durch großartige Bauwerke an die Zeit der Römerherrschaft.
In fruchtbarster Gegend, umgeben von Oliven und Obstgärten,
5*
68
Europa.
liegt «Montpellier, eine altberühmte Hochschule für Medizin. Lette,
das viel Wein ausführt, ist durch den Kanal du midi verbunden mit
"Toulouse an der Garonne, der ehemaligen Hauptstadt des West-
gotenreichs.
4. Das s.w. Frankreich. In den w. Pyrenäen gibt es zahl-
reiche, vielbesuchte Badeorte, wie Biarritz. Den Übergang über den
Adour, deu einzigen Fluß, der die Dünenkette der Küste durchbricht,
sichert die Festung Bayonne; nach ihr sind die Bayonette benannt.
Auf deu öden Heideflächen der „Landes" hinter den Dünen werden
die Schafe von den auf hohen Stelzen einherschreitenden Hirten ge-
weidet. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts sind große Flächen mit
Meerfichten bepflanzt worden, die viel Harz liefern. An der unteren
Garonne, besonders auf der Halbinsel Medoc zwischen der Gironde
und dem Meere wächst viel Wein, der von "Bordeaux verfrachtet
wird. Diese Stadt, bis zu der mit der Flut Seeschiffe gelangen, ist
der drittgrößte Handelshafen Frankreichs. S. von der Mündung der
Loire breiten sich die fruchtbaren und wohlangebauten Niederungen
der Vendöe aus.
5. Das innere Frankreich. Das waldarme Hochland der
Auvergne dient hauptsächlich der Viehzucht und vermag seine Be-
wohner nicht zu ernähren, die deshalb vielfach nach den großen
Städten auswandern, wo sie wegen ihres Fleißes und ihrer Treue
gern gesehen sind. Der bedeutendste Ort ist «Clermont; hier wurde
1095 auf der Kirchenversammlung der erste Kreuzzug beschlossen. In der
n.w. sich anschließenden, durch große Schlachten (732) berühmten Ebene
liegen Poitiers und n. davon an der Loire «Tours, an der Straße,
die vom W.-Ende der Pyrenäen nach Paris führt. Noch wichtiger
ist als Brückenstadt «Orleans am n.sten Punkte der Loire, von wo
reiche Gartenlandschaften den Fluß abwärts begleiten.
6. Zu Frankreich gehört die fast ganz von Italienern be-
wohnte Insel Corsica, die in den Niederungen üppigsten Pflanzen-
wuchs hat, aber im Innern noch wenig angebaut ist. Unter seinen
Bewohnern ist die Blutrache noch nicht ganz unterdrückt. In
Ajaccio [ajätfcfjo] wurde Napoleon I. geboren; bedeutender ist das
gewerbfleißige Bastia.
Durch seine Lage an zwei Meeren ist Frankreich aus den Verkehr mit
Afrika und Vorderasien sowohl wie auch mit Amerika unmittelbar hin-
gewiesen. Die Ausgangspunkte der wichtigsten Dampferlinien sind
Marseille und Le Havre. Alle großen Eisenbahnstraßen lausen in Paris
zusammen, worin die übergroße Bedeutung der Hauptstadt für das ganze
Die Alpen,
69
Land zum Ausdruck kommt. Für den Weltverkehr kommen folgende Straßen
in Betracht: die von Calais über Paris, Dijon zum Mont Cenis
(Tunnel 12,2 km), von der sich an der Saöne die nach Lyon und Marseille
abzweigt. Nach SW. führt die Eisenbahn über Orleans, Tours, Bordeaux,
Bayonne nach Spanien; nach Deutschland gibt es drei Wege: nach
NO. über Lüttich und Cöln nach Berlin; nach O- über Chalons, Toul
nach Metz, Frankfurt oder von Toul über Nancy nach Straßburg und
weiter nach Wien und Konstantinopel (Orientzug); nach SO. über Belfort
nach Straßburg oder durch die Alpenländer nach Wien.
§ IG-
Die Alpen.
Allgemeine Übersicht.
Geographische Lage: Nizza 43V-0 N,,Montblanc und Bergamasker
Alpen 46 ° N., Zugspitze 47V2 0 N,, Wiener Wald 4Ä ° N. Mte. Biso und
Montblanc 7 0 O. (wie Wasgau, Cöln), Wiener Wald 16" O. (Breslau,
Posen 17 ° O.).
An den Alpen haben Frankreich, Italien, die Schweiz, Deutsch-
land und Österreich Anteil, aber im erdkundlichen Sinne bilden sie
ein zusammenhängendes Ganze, das sich zwischen 43 0 und 48° N.
und 5° und 16° D. in der Richtung von SW. nach NO. aus-
breitet. Von der Küste des Mittelmeeres erstrecken sich die Alpen
nach N. bis zur Gruppe des Montblanc, des höchsten Berges in
Europa, 4810 m, dann wenden sie sich nach O. und nehmen all-
mählich an Höhe ab, an Breite aber zu, so daß der Umriß ihrer
Flächenausdehnung der Gestalt eines Füllhorns ähnelt. Der von
ihnen bedeckte Raum steht an Größe zwar zurück hinter dem, den
der Ural oder die skandinavischen Gebirge einnehmen, aber sie
übertreffen diese weit hinsichtlich ihrer mittleren Höhe und ebenso in
bezug auf die höchsten Erhebungen. Die großartigen Naturschön-
heiten der Alpen ziehen von Jahr zu Jahr größere Scharen von
Reisenden an, die hier Erholung und Anregung suchen und für die
Bewohner der armen Alpenlünder eine Quelle des Wohlstandes werden.
Nach Bau und Alter zerfallen die Alpen in Westalpen und
Ostalpen, die durch die Tallinie, welche vom Bodensee am Rhein und
Hinterrhein aufwärts und über den Splügen zum Comer-See hinab-
führt, geschieden werden. Jene sind auf der nach NW. gekrümmten
Außenseite des Hauptzuges, diese auf beiden Seiten desselben von
Gebirgsgürteln eingefaßt. Die Westalpen bestehen aus zwei Teilen:
70
Europa,
der Südslügel, bis zum Großen St. Bernhard reichend, ist S. 61
besprochen, die Schweizer Alpen erstrecken sich, allmählich breiter
werdend, nach ONO.
Die Schweizer Alpen werden durch die Längstäler der Rhone
und des Rheins in eine s. (Penninische und Lepontische A.) und in eine
n. Hälfte (Berner, Vierwaldstätter, Glarner und Thur-A.) geschieden.
In den Oftttlpeit wird der mittlere Hauptzug des Gebirges
(Rhätische, Tiroler A., Hohe Tauern, Niedere Tauern, Eisenerzer A.
und s. der letzten beiden die Steierischen A.) durch das vom Inn,
der Salzach und der Enns gebildete Längstal von einer n. Reihe
von Gebirgsketten getrennt, die nach dem hier vorherrschenden Kalk-
gestein als Kalkalpen bezeichnet werden. Durch Quertäler zerfallen
sie in mehrere Gruppen (Algäner, Nordtiroler, Salzburger A., Salz-
kammergut, Österreichische 21.). Im S. trennt das Längstal der
oberen Etsch, der Rienz und der Save in ähnlicher Weise eine Reihe
von Berggruppen und Gebirgszügen (Bergamasker A., Ortler-
nnd Adamello-A., Südtiroler Dolomiten, Karnische A., Karawanken
und s.w. der letzteren die Julischen A. und der Karst) von dem
mittleren Hauptzuge.
Der Abfall des Gebirges ist nach S. bedeutend steiler als nach
N.: dort steigt es unmittelbar aus der Lombardischen Tiefebene auf,
hier ist ein breiter Gürtel von Vorbergen vorgelagert, die sich über
der 5—900 m hohen Schweizerischen und Oberdeutschen Hochebene
erheben.
Die Alpen werden von zahlreichen Längs- und Quertälern
durchzogen, und da diese fast überall durch tief in die Gebirgsketten
eingeschnittene Pässe (z. B. St. Gotthard, 2100 m, Brenner, 13G0 m)
mit einander in Verbindung stehen, bietet das Gebirge für den Ver-
kehr viel weniger Schwierigkeiten als z. B. die Pyrenäen.
Die Alpen sind das Quellgebiet zahlreicher Flüsse. Die nach
S. fließenden Gewässer werden, nachdem sie bei ihrem Austritt aus
dem Gebirge die herrlichen italienischen Seen (vergl. S. 17) durchflössen
haben, von dem auf den Westalpen entspringenden Po aufgenommen;
weiter im O. fließen sie, wie die Etsch, selbständig ins Adriatische
Meer. Von den Mittelalpen fließt die Rhone ins Mittelmeer;
sie erhält von den Westalpen ihre linken Nebenflüsse. Ebenfalls aus
den Mittelalpen hat der Rhein seinen Ursprung und die ihm zu-
fließende Aare mit ihren Nebenflüssen; er gehört zum Nordsee-Ge-
biet. Die Ostalpen entwässern (Inn, Salzach, Enns, Mur, Drau
und Save) nach N. und O. zur Donau und dem Schwarzen Meere.
Die Alpen. 71
So bilden die Alpen die Wasserscheide zwischen Mittelmeer, Nord-
see und Schwarzem Meer. — Besonders die Schweizer Alpen sind
reich an schönen Seen.
Auch sür das Klima Europas sind die Alpen eine wichtige
Scheide: die reichlichen Niederschläge fallen auf dem S.-AbHange meist
im Herbst, auf der N.-Seite im Sommer. Die Wärme nimmt natur-
gemäß mit der Höhe ab und zwar im Durchschnitt um bei einer
Steigung von 150—170 m. Bemerkenswert ist der zuweilen von den
Hochalpen mit heftigem Toben in die Täler der N.-Seite herabwehende
warme Föhn, vor dem Schnee und Eis unglaublich schnell verschwinden,
weshalb er „Schneefresser" genannt wird.
Mit der Höhe ändert sich wie das Klima, so auch die Pflanzen-
und Tierwelt. Man unterscheidet in den Alpen vier Höhenstufen
des Pflanzenwuchses: 1. In den Voralpen gedeiht bis zu einer
Höhe von 1300 m Laubwald und, soweit dieser reicht, wird Ge-
treibe und Obst gebaut; deshalb finden sich hier größere Ansiedlungen.
2. Die folgende bis 1800 m aufsteigende Zone ist das Gebiet der
Nadelholzwälder, in denen die Arve oder Zirbelkiefer mit ihren
eßbaren Früchten neben Fichte und Lärche auftritt; hier wird nur noch
spärlich Ackerbau, dagegen viel Viehzucht getrieben, und der Mensch
hat auch hier noch dauernd seinen Wohnsitz. 3. Noch höher hinauf
verschwinden die Wälder allmählich, und es folgt der Gürtel der
Alpeusträucher und Alpenkräuter, wo auf den üppigen Almen
oder Alpenweiden der Sennhirt nur im Sommer mit seinem Vieh sich
aufhält. 4. In der Höhe von 2600—2700 m beginnt das Gebiet
des ewigen Schnees, des Firns, das an räumlicher Ausdehnung
zwar nur klein, aber für das Landschaftsbild der Alpen sehr bezeichnend
ist. Hier sammelt sich in den Hochtälern der Schnee in gewaltigen
Massen an und wird durch wiederholtes Schmelzen und Gefrieren und
durch seinen eigenen Druck in Eis verwandelt. Langsam bewegen
sich dann die großartigen Gletscher (Fig. 16) wie Eisströme talwärts
und tragen die von den Felswänden herabgefallenen Steine und
Schuttmassen mit sich, die als Seitenmoränen an den Seiten des
Gletschers sich hinziehen. Durch Vereinigung zweier Gletscher entsteht
aus den zusammenstoßenden Seitenmoränen eine Mittelmoräne. Der
uuter die Schneelinie hinabreichende Teil des Gletschers, die Gletscher-
zunge, wird allmählich schmaler und hat an seinem Ende oft eine
Öffnung, das Gletschertor, aus dem der Gletscherbach hervorströmt,
linterhalb des Gletscherendes bilden die Gesteinstrümmer aller Moränen
die Endmoräne. Die untere Grenze der Gletscher rückt infolge an-
72 Europa,
dauernd feucht-kühler Jahre abwärts und zieht sich nach längeren
trocken-warmen Zeiträumen zurück. Am weitesten reicht der Grindel-
w ald-Gletscher in den Berner Alpen zwischen Finsteraarhorn und
Brienzer See herab, der inmitten bebauter Felder bei 1000 m endet.
Die Alpen,
73
Nicht nur im Gebiet des ewigen Schnees, sondern auch an
steilen Abhängen, wo im Winter reichliche Schneemassen vorhanden
sind, entstehen die Lawinen, die als Grund- und noch mehr als
Staublawinen oft große Verheerungen anrichten. Gefährlicher fast
sind die Muren, d. h. die infolge von Gewittern im Hochgebirge oder
plötzlich eintretender Schneeschmelze erfolgenden Ausbrüche von Wild-
bächen, und vor allem die Bergstürze.
Auf den Alpen lebt bis in die höchsten Höhen die Gemse,
zwischen Montblanc und Mte. Rosa und in Graubüuden auch der
Steinbock. Der Bär kommt nur noch vereinzelt vor. Der Stein-
adler und der größte Raubvogel der alteu Welt, der Lämmergeier,
bauen ihren Horst ans hohen Bäumen und unzugänglichen Felsvor-
Sprüngen.
Die ältesten Bewoliner der Alpen waren Kelten uud Rhäter,
von denen sich Reste noch in einigen Tälern Graubündens und Süd-
tirols erhalten haben. Auf die Unterwerfung des Alpengebietes durch
die Römer folgte später die Besiedelung von N. aus durch Deutsche,
von SO. durch Slaven. Von W. sind Franzosen, von S.
Italiener eingedrungen. Über das ganze Alpengebiet verbreitet ist
das sog. Schweizerhaus, ein Holzbau, dessen nur wenig schräges
Dach über die das Haus umgebenden Galerien hervorragt. In den
niederen Gegenden sind Ackerbau und Viehzucht, höher hinauf
Viehzucht allein die Hauptbeschäftigung der Bewohner. An Boden-
schätzen sind die Alpen arm, doch liefern die Salzburger Alpen und
das Salzkammergut Salz, die Eisenerzer und Steierischen Alpen
Eisen, die Karnischen Alpen Blei, worauf der rege Gewerbfleiß dieser
Gegenden beruht. Auch in der Schweiz hat sich trotz des Fehlens
der Steinkohlen bedeutende Fabriktätigkeit, Baumwoll- und Seiden-
weberei, entwickelt.
Der Verkehr über das Gebirge ist sehr lebhaft; außer zahl-
reichen Fahrstraßen führen vier (demnächst fünf) Eisenbahnlinien
über die Alpen nach Italien: aus Frankreich (Mt. Cenis, Tunnel
12,2 km), aus Deutschland durch die Schweiz (St. Gotthard, Tunnel
15 km), oder durch Tirol (Brenner) und aus Österreich (Semmering);
die im Bau befindliche Eisenbahn durch den 19,8 km langen Sim-
plon-Tnnnel wird die kürzeste Verbindung zwischen England und
Brindisi bilden.
74
Europa.
§ 17.
Die Schweiz.
Geographische Lage: Nordgrenze (Bodensee) 47720 N., Südgrenze
46° N., Genf 6° O., Ostgrenze 9V20 O. (wie Cassel).
41000 3V2 Mill. E., auf 1 qkm 80 E. (D. R. IN.)
Die zwischen Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich ge-
legene Schweiz ist wenig größer als die preußische Provinz Schlesien,
41 T. qkm; sie zerfällt ihrer Bodenbeschaffenheit nach von NW. nach
SO. in drei Teile.
1. Der Jura, der seinen Namen von dem kalkigen Gestein hat,
aus dem er besteht, erstreckt sich (vergl. S. 61) in mehreren durch enge
Längstäler geschiedenen Parallelkämmen nach NO., wo er von dem
Rhein, nach dessen Austritt aus dem Bodensee, durchbrochen wird.
Jenseits des Rheins setzt er sich in derselben Richtuug bis zum Fichtel-
gebirge fort.
2. Am steil nach SO. abfallenden Jura zieht sich vom halbmond-
förmigen Genfer See die hügelige Hochebene der Schweiz bis put
Rhein und Bodensee hin.
3. Die.Schweizer Alpen werden durch zwei von SW. nach
NO. gerichtete Längstäler, die von der Berggruppe des St. Gott-
hard ausgehen uud von der Rhone und dem Rhein durch-
flössen werden, in eine s. und eine n. Hälfte geschieden. Vom Großen
St. Bernhard erstrecken sich in ö. Richtung die Penninischen Alpen;
sie haben in ihrem ö. Teile Gipfel, die, wie das Matterhorn,
4500 m, und der Monte Rosa, 4600 m, dem Montblanc an Höhe
fast gleich kommen. Ö. des Simplon-Passes folgen die Lepontischen
A. bis zum Splügeu-Passe und die schon zu den Ostalpen gehörenden
Rhätischen oder Graubündner Alpen. Der n. Teil wird durch
drei seengeschmückte Quertäler in vier Gruppen geteilt: 1. die Berner
Alpen lagern sich n. der Rhone parallel den Penninischen und bilden
wie diese eine völlig geschlossene Gebirgsmauer, die ebenfalls in
ihrem ö. Teile ihre höchsten Gipfel hat: die Jungfrau 4200 in und
das Finsteraarhorn 4300 in. 2. Jenseits des Tales der Aare
steigt in den Vierwaldstätter Alpen der Titlis noch über3000 m
auf, während die im NW. nahe der Schweizer Hochebene gelegene
zackige Spitze des Pilatus schon weit niedriger ist. 3. Vom St. Gott-
hard nach N. zieht sich das Tal der Reuß, auf dessen O.-Seite die
Glarner Alpen liegen, in denen der Tödi auch noch über 3000 m
aufragt. Art sie schließen sich 4. die Thur-Alpen.
Die Schweiz.
75
Die Schweiz ist reich bewässert und ausgezeichnet durch
zahlreiche schöne Seen. Die Rhone fließt vom St. Gotthard
herab nach SW., biegt dann nach NW. um, so daß sie die Berner
Alpen auch s.w. begrenzt, und tritt in den herrlichen Genfer See
ein, dessen N.-User dnrch liebliche Hügelketten vor rauhen Winden
geschützt werden. Der Rhein, der ebenfalls auf dem St. Gotthard
entspringt, verfolgt als Vorderrhein eine n.ö. Richtung, schlägt
aber bald, nachdem er den von S. kommenden Hinterrhein auf-
Fig. 17. Rheinfall bei Schaffhausen.
genommen hat, eine n. Richtung ein, so daß er die Glarner und
Thur-Alpen nach O. begrenzt, und durchzieht den Bodensee. Dieser,
auch das Schwäbische Meer genannt, endet im schmalen Zipfel des
Überlinger Sees; s.w. davon schließt sich unmittelbar an den
Bodensee der Zeller- oder Untersee an. Nach dem Austritt aus dem
Nntersee strömt der Rhein nach W., bis er bei Basel rechtwinklig nach
N. umbiegt. Einmal wendet er sich beim Durchbruch durch den Jura
nach S. und bildet nicht weit von Schaffhausen den berühmten, 20 m
hohen Wasserfall (Fig. 17). Nachdem er die w. Richtung wieder auf-
genommen, empfängt er links die Aare vom Finsteraarhorn. Sie
durchfließt vor ihrem Austritt aus den Alpen den Brienzer und
76
Europa,
Thuner See, wendet sich vor den Abhängen des Jura nach NO.
und nimmt links den Abfluß des langgestreckten Neuenbnrger und
des kleineren Vieler Sees auf. Vor ihrer Mündung vereinigt sich
mit ihr die Reuß, die den vielzackigen Vierwaldstätter See, den
berühmtesten und schönsten aller Alpenseen, durchfließt, und die aus dem
langgestreckten Züricher See kommende Limmat. Das Tal des
Züricher Sees, mit dem der s.o. davon gelegene Walen-See durch
den Linth-Kanal zusammenhängt, scheidet die Glarner von den
Thur-Alpen. — Vom St. Gotthard fließt nach SO. der Tessin
in den Lago maggiore [lago mabfchöre], und s.ö. vom Tale des
Vorderrheins erstreckt sich, ihm nahezu parallel, zwischen den Gebirgs-
ketten der Rhätischen Alpen das Hochtal des Inn, das Ober- und
U nter-Engadin.
Die wichtigsten Pässe in den Schweizer Alpen sind: 1. der
Große St. Bernhard im W. und 2. der Simplon im O. der Pen-
ninischen Alpen, zu denen die Straßen aus dem Rhonetal aufsteigen;
Z. der St. Gotthard, 2100 m, der von der Reuß zum Tessin
führt; 4. der Splügen, zu dem die schauerlich schöne Via Mala im
Tale des Hinterrheins sich emporwindet, um dann zum Comer See
hinabzuführen. Zu demselben See führt 5. vom Engadin aus die
Maloja, der bequemste aller Alpenübergänge.
Das Klima ist auf der Schweizer Hochfläche dem des w. Deutsch-
laud ähnlich, und in den niederen Tälern auf der S.-Seite der
Alpen fast italienisch. Für die Alpen vergl. S. 71.
Die im Altertum von den keltischen Helvetiern und Rhätern
bewohnte Schweiz ward während der Völkerwanderung fast ganz von
Deutschen besiedelt. Als im Mittelalter die Grafen von Habsburg die
Schweizer zu unterwerfen trachteten, schlössen die um den Vierwaldstätter
See gelegenen Waldkantone gegen Ende des 13. Jahrhunderts den ewigen
Bund zur Aufrechterhaltung ihrer Freiheiten, dem nach und nach die übrigen
Schweizer beitraten. 1648 ward die Unabhängigkeit der Schweiz vom
Deutschen Reiche anerkannt, nachdem sie sich tatsächlich schon längst von ihm
losgelöst hatte. Der in den Freiheitskämpfen erworbene Kriegsruhm ver-
führte viele Schweizer, als Söldner in fremde Kriegsdienste zu treten, eine
Unsitte, die sich bis in die neue Zeit erhalten hat. Die kirchliche Resor-
mation ward durch Zwingli begonnen und später durch Calvin fortgesetzt.
Jetzt bildet die Schweiz einen Bundesstaat von 22 Kantonen,
von denen jeder seine eigene Verfassung hat, deren gemeinsame An-
gelegenheiten aber von der Bundesversammlung und dem Bundes-
rat in Bern geordnet werden.
Von den 3V2 Mill. Schweizern sprechen fast 3/4 deutsch, im
Die Schweiz, 77
SW. wird französisch, in den Tälern des Tessin italienisch ge-
sprachen. Der größere Teil der Bewohner gehört zur evangelischen,
der kleinere zur katholischen Kirche, in den meisten Kantonen wohnen
Anhänger beider Bekenntnisse nebeneinander.
Da Ackerbau nur in der n.w. „flachen Schweiz" getrieben
werden kann, reichen seine Erträge für die Bevölkerung nicht aus,
so daß Getreide eingeführt werden muß. Sehr ausgedehnt ist die
Viehzucht, und die damit zusammenhängende Käsebereitung genießt
Weltruf. Weil demnach der Schweizer auf andere Erwerbsquellen
hingemiesen ist, hat sich eine bedeutende Fabriktätigkeit entwickelt:
der NO., wo die fehlenden Steinkohlen z. T. durch die Wasserkraft der
Flüsse ersetzt werden, ist der Sitz der Baumwoll- und Seiden-
Webereien und Maschinenstickereien, in den Tälern des Jura
werden vor allem Uhren hergestellt, und int Berner Oberland ist die
Holzschnitzerei hoch entwickelt. Viele Schweizer leben auch als
Kausleute im Auslande, bleiben aber stets in Verbindung mit der
Heimat. Der von Jahr zu Jahr zunehmende Fremdenverkehr
trägt ebenfalls sehr dazu bei, die Wohlhabenheit der Schweizer zu
fördern.
Die Bundeshauptstadt ist °Beru an der Aare mit einer Uni-
versität. Im Berner Oberlande liegt zwischen Brienzer und Thuner
See Jnterlaken in der am meisten von Fremden, auch von Lungen-
kranken, besuchten Gegend; von hier führt im Tale der Lütschine,
mit dem 300 m hohen Staubbachfall, der Weg zur Jungfrau empor
(Jungfraubahn mit Tunnel in 4075 in Höhe im Bau). Das schöne
Luzern am Austritt der Reuß aus dem Vierwaldstätter See, an
dessen Ufern das Rütli, die Tellsplatte u. a. O. an die Sage von
Tell erinnern, ist der Hauptort für den Fremdenverkehr und hat seit
Eröffnung der Gotthardbahn noch an Bedeutung gewonnen. Ö. da-
von, im Kanton Schwyz, erhebt sich der wegen seiner herrlichen Aus-
ficht berühmte Rigi. Schwyz sowie Uri im S. und Unterwalden
im SW. des Sees sind die Urkantone, die zuerst sich miteinander
verbündeten. Am N.-Ende des Züricher Sees erwuchs "Zürich als
Mittelpunkt der Baumwoll-Judustrie und des Handels zur größten
Stadt der Schweiz; auch hier ist eine Universität. Das im Mittel-
alter durch sein Kloster hochberühmte St. Gallen ist der Hauptort
für Herstellung derSchweizerStickereien. Rechts vom Rhein liegtSch a f f-
hausen. "Basel hat eine sehr alte Universität und ist Sitz einer
segensreich wirkenden Missionsgesellschaft und Bibelanstalt. Rege
Industrie, besonders Seidenwebereien, und Handel haben die Stadt
78
Europa.
groß gemacht, wozu auch ihre günstige Lage am Rheinknie, uahe der
Burgundischen Pforte und an der Grenze dreier Staaten viel bei-
getragen hat. La Chaux de Fonds und Le Locle im Jura sind
durch Uhrenfabrikation bekannt. Bei Neuen bürg oder Neuchutel
am gleichnamigen See und im Kanton Waadt wird viel Wein ge-
baut. Die Universitätsstadt Lausanne und mehr noch Vevey und
Montreux erfreuen sich wegen ihrer geschützten Lage am NO.-Ufer des
Genfer Sees eines milden Klimas und werden deshalb als Luftkur-
orte gern aufgesucht. Am Austritt der Nhüne aus dem See ist die
Universitätsstadt °Gens wunderschön gelegen; sie ist der Hauptort für
den Handel mit Uhren und für die Anfertigung von Schmucksachen.
Der Kanton Wallis, der das Rhonetal vom Genfer See aufwärts
umfaßt, und der Kanton Tessin, die italienische Schweiz, entbehren
größerer Siedelungen. Wegen ihrer reinen Höhenlust dienen viele Orte
im hochgelegenen Graubünden, dem größten Kantone der Schweiz, als
Aufenthaltsorte für Brustkranke. Dahin gehören Davos und das durch
schöne Lage an einem kleinen See im Ober-Engadin ausgezeichnete
St. Moritz. Graubünden kann seine wenigen Bewohner nur kümmerlich
ernähren, deshalb wandern von hier, besonders aus dem Engadin,
viele Schweizer aus, um als Zuckerbäcker in der Fremde ihren Unter-
halt zu suchen; später kehren sie meist in die Heimat zurück.
Die Hauptverkclirsstraßc durch die Schweiz ist die durch den St. Gott-
hard. In Luzern vereinigen sich die von Basel und von Zürich kommenden
Bahnen, um dann im Tale der Reuß in vielfachen Windungen und durch
zahlreiche Tunnel bis Göscheuen aufzusteigen, wo der ungefähr in halber
Höhe des Passes gebohrte, 15 km lange Tunnel beginnt, der 1882 dem Ver-
kehr übergeben wurde. Zenseits steigt die Bahn von Aiorolo im Tale des
Tessin zum Lago maggiore hinab. In starken Wettbewerb mit dieser Bahn
wird demnächst die durch den 19,8 km langen SimplomTunnel treten, die
einen großen Teil des Verkehrs von England und aus dem n. Frankreich
an sich ziehen wird. — Seit Anfang des 19. Jahrhunderts sind prächtige
Kunststraßen über den St. Gotthard sowie über den Splügen und
Snnplon-Paß hergestellt, während über den Großen St. Bernhard mit
dem berühmten Hospiz nur ein Saumpfad führt. — Die zweite wichtige
Durchgangsstraße durch die Schweiz ist die vom Bodensee nach Genf
und dem s. Frankreich.
§ 18.
Österreich-Ungarn.
Geographische Lage: Prag, Krakau 50° N. (wie Mainz), Trient,
Laibach 46° N., S.-Grenze Ungarns 45° N. (wie Turin, Pomündung);
Österreich-Ungarn,
79
Bregenz 10° O. (wie Hamburg, Würzburg, Ulm), Eger 127*° O. (wie Po-
mündung), Ostkarpaten 26° O.
675000 487, Mill. E., auf 1 czKm 72 E. (D. R. IN).
Die Länder des Kaiserstaates Öfterreich - Ungarn zerfallen
nach ihrer natürlichen Beschaffenheit in drei verschiedenartige Teile:
die Österreichischen Alpenländer, die Hügellandschaften von
Böhmen und Mähren und die Länder an den Karpaten.
1. Die Alpenländer Österreichs werden von den w.ö. gerichteten
Ostalpen durchzogen, die im W. durch das Quertal des Rheins und
des Hinterrheins von den Schweizer Alpen getrennt werden, so daß
die Graubündner Alpen räumlich schon zu ihnen gehören. In den
Ostalpen unterscheidet man drei Hauptketten, die durch Längstäler
voneinander geschieden werden.
An die Rhätischen Alp en und die Bernina-Gruppe schließen
sich die Ötztaler und Zillertaler Alpen und die Hohen Tauern.
In allen drei Gruppen finden sich umfangreiche Gletscher und hoch-
ragende Bergspitzen, von denen jedoch keine 4000 m erreicht. In den
hohen Tauern steigt der Groß-Glockner noch bis 3800 m; an seiner
N.-Seite hängt der mächtige Pasterzengletscher weit herab. Weiter
nach O. wird diese Zentralkette der Ostalpen durch das Längstal der
Mur in einen n. und einen s. Zug gespalten: n., also links der
Mur, ziehen die Niederen Tauern und die Eisenerzer Alpen
nach NO., das s. rechte Ufer des Flusses begleiten die Steierischen
Alpen.
Die bedeutend niedrigeren n. Kalkalpen zerfallen in mehrere,
durch Quertäler begrenzte Gruppen, £). vom Rhein schließen sich an
die Thnr-Alpen die Vorarlberger oder Algäuer Alpen, die von
den Nordtiroler und Bayrischen Alpen durch das Tal des Lech
getrennt werden. Letztere reichen bis zum Durchbruchstal des Inn
und gehören mit ihrem n.sten Teile schon zum Deutschen Reiche;
auch ihr höchster Gipfel, die 3000 m hohe Zugsp itze, liegt auf
deutschem Gebiet. Bis zum Quertal der Salzach folgen die Salz-
burger Alpen, dann das Salzkammergut und die Öfter-
reichischen Alpen, die von der Enns durchbrochen werden und in
ihrer n.ö. Fortsetzung als Wiener Wald bis an die Donau heran-
reichen.
Im S. sind den Rhätischen Alpen, jenseits des Tales der Adda,
die Bergamasker Alpen vorgelagert. Von den Ötztaler Alpen
werden durch das Längstal der oberen Etsch die Ortler Alpen ge-
schieden, in denen der Ortler, die höchste Spitze der Ostalpen, sich
80 Europa.
bis 3900 m erhebt; s. davon liegen die Ad amello-Alpen. Beide
Gruppen werden im O. durch das Quertal der Etsch begrenzt, an
dessen O.-Seite die Südtiroler Dolomiten in schroffen Zacken und
Spitzen aufragen. Nach O. schließen sich die Karnischen Alpen und
die Karawanken an. Letzteren parallel ziehen nach SO. die Ju-
lischen Alpen, und s.w. von diesen breitet sich die öde, baumlose
Hochfläche des Karstes aus, in dessen Kalkboden sich zahlreiche
Höhlen finden, und wo die Flüsse auf längere oder kürzere Strecken
im Boden verschwinden und ihren Lauf unterirdisch fortsetzen.
Die Ostalpen sind viel ärmer an Seen als die Schweizer
Alpen, werden aber von zahlreichen Flüssen durchzogen, die fast alle
zum Donaugebiet gehören, nur die den S.-Abhängen entströmenden
Flüsse ergießen sich ins Adriatische Meer. S. der Bernina-Alpen fließt
die Ad da auf italienischem Gebiete zum Comer See. Die Etsch
entspringt auf den Ötztaler Alpen; nachdem sie das Vintschgau durch-
flössen und sich nach S. gewendet hat, empfängt sie links den Ei sack,
der ebenfalls links die Nienz aufnimmt.
Bei den übrigen, der Donau zueilenden Flüssen ist die Bildung
von Längstälern vorherrschend. Das in seinem obersten Teile En-
gadin (vergl. S. 76) genannte Tal des Inn erstreckt sich weit nach
NO., bis sich der Fluß zwischen den Bayrischen und Salzburger
Alpen nach N. wendet. N. von den Hohen Tauern zieht als Fort-
setznng des Jnntals das der Salz ach, das Pinzgau, nach O., und
an dieses schließt sich das Längstal der Enns zwischen den Öfter-
reichischen Alpen und den Niederen Tauern an. Nachdem die Salzach
von S. her die Gast ein er Ache aufgenommen, bricht sie in einem
vier Stunden langen, im Paß Lueg bis auf 15 m eingeengten,
schauerlichen Quertale nach N. durch und ergießt sich in den Inn.
Ebenso biegt die Enns, nachdem sie die lange Schlucht des „Gesäuses"
durchflössen hat, nach N. um und fließt in die Donau. Im S. der
Niederen Tauern bildet auch die Mur ein nach O. gerichtetes Längs-
tal, durchbricht dann die Steierischen Alpen nach S. und tritt in s.o.
Richtung nach Ungarn ein. Im S. der Zentralkette erstreckt sich das
Längstal der Drau, das längste im ganzen Alpengebiete, das nach
W. mit dem der Rienz über das Toblacher Feld zusammenhängt.
Die Wasserscheide ist hier so niedrig, daß das Tal der oberen Drau
und das der Rienz als eins angesehen und mit dem gemeinsamen
Namen Pustertal bezeichnet werden. Auch die Save fließt in
einem Längstale s. der Karawanken nach SO.
Die wichtigsten Pässe in den Ostalpen sind: 1. vor allem der
Österreich-Ungarn.
81
lief eingeschnittene Brenner, 1360 m (die Straße steigt vom Inn
aus im Wipptale hinauf und führt s.wärts zum Eisack hinab); 2. der
Semmering, der das Tal der Leitha mit dem der Mur verbindet;
3. das Toblacher Feld im Pustertal.
N. der Österreichischen Alpen breitet sich eine hügelige, im O. nur
schmale Hochebene aus, deren N.-Nand die Donau begleitet. Nach-
dem diese die letzten Höhen des Wiener Waldes umflossen hat, tritt
sie in die Tiefebene ein, die n.wärts in das weite Marchfeld übergeht.
— Über Klima und Pflanzenwuchs vergl. S. 71.
2. Böhmen und Mähren bilden ein unregelmäßiges Fünfeck,
das fast ringsum von Gebirgen umschlossen ist: im NW. vom Erz-
gebirge, im NO. von den Sudeten, im SO. von den Beskiden
und den Kleinen Karpaten, im SW. vom Böhmer Wald. Im
S. dagegen wird nur Böhmen von den ö. Fortsetzungen des Böhmer
Waldes begrenzt, das östlicher gelegene Mähren ist gegen die Öfter-
reichische Tiefebene offen. Auf der Grenze beider Länder zieht das
Böhmisch-Mährische Hügelland von SW. nach NO.
Das Innere von Böhmen ist eine wellige Hochfläche, die
nach N. in mehreren breiten Stufen abfällt und zuletzt in Tief-
land übergeht, während Mähren umgekehrt nach S. allmählich
flacher wird.
Die Moldau, der Hauptfluß Böhmens, kommt vom Böhmer
Wald; spitzwinklig nach N. umbiegend, durchfließt sie das Böhmische
Stufenland und vereinigt sich mit der Elbe. Diese entspringt auf
dem Riesengebirge, nimmt rechts die Jser, links die vom Fichtelge-
birge kommende Eger auf, durchbricht dann das selbständig aus der
Ebene aufragende Mittelgebirge, um sich endlich durch das Elbsand-
steingebirge einen Ausweg zu suchen. Mähren gehört zum Donauge-
biet. Sein Hauptfluß ist die March, der rechts die ungefähr die
S.-Grenze Mährens bildende Thaja zuströmt.
Das Klima Böhmens und Mährens und der Österreichischen
Hochebene n. der Alpen ist bei ihrer großen Entfernung vom Meere
und infolge ihrer Gebirgsumwalluug festländisch und entspricht
ungefähr dem des mittleren Deutschland, doch so, daß die Wärme
in Böhmen nach dem Jnnein des Landes, in Mähren nach S.
zunimmt; umgekehrt fällt der meiste Regen in den höheren Rand-
gebieten. Pflanzen- und Tierwelt stimmen mit der deutschen
überein. Die Gebirge tragen viel Wald, im Böhmer Wald gibt
es noch echte Urwälder. Hirsche, Rehe und Wildschweine sind zahl-
reich vertreten.
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. 6
82
Europa.
3. Die Länder an den Karpaten, ausgenommen ihr n. Vorland
Galizien, sind rings von Gebirgen umgeben: im N. und O. von den
Karpaten, im S. von den Gebirgen der Balkanhalbinsel, im W. von den
Ausläufern der Alpen. Die Karpaten ziehen von der Mündung der
March in die Donau in einem nach SW. offenen Bogen weit nach SO.
und biegen dann im rechten Winkel nach W. um. Sie gliedern sich in
mehrere Teile: an die Kleinen Karpaten schließen sich die Beskiden
oder Westkarpaten an, denen sich nach S. das Ungarische Erz-
gebirge oder die Jnnen-Karpaten vorlagern. Hier erhebt sich das
nur kurze Tatra-Gebirge in der Gerlsdorfer Spitze, dem höchsten
Punkte der ganzen Karpaten, bis 2700 m. Nach SO. folgen die
Wald- und Ostkarpaten, den nach W. gerichteten Teil bilden die steil
und mauerartig aus der rumänischen Tiefebene aufsteigenden Trans-
silvanischen Alpen. Das zwischen ihnen und den Ostkarpaten liegende
Bergland Siebenbürgen ist durch das Bihar-Gebirge von der
ungarischen Ebene getrennt, die durch den von SW. nach NO. ziehenden
Bakony-Wald in die kleine Oberungarische und in die große
Niederungarische Tiefebene geschieden wird. W. der Donau wird
das Tiefland, dem der langgestreckte Plattensee eingelagert ist, von
niedrigen Hügelreihen durchzogen, der ö. Teil ist völlig eben.
Nach NO. fallen die Karpaten allmählich ab zu den Ebenen
Galiziens, die mit dem großen osteuropäischen oder russischen Tief-
lande in offener Verbindung stehen und zum Gebiete der Weichsel
und des Dnjestr gehören.
Der Hauptfluß Ungarns ist die Donau. Nach ihrem Eintritt
in die Oberungarische Tiefebene bildet sie die Große und die Kleine
Insel Schütt und empfängt rechts die Leitha und Raab aus den
Alpen, links die Waag und Gran aus dem Ungarischen Erzgebirge.
Ö. des Bakony-Waldes biegt die Donau rechtwinklig nach S. um
und behält diese Richtung bei bis zur Mündung der aus den Alpen
kommenden Drau, die links die Mur aufnimmt. Von hier an
wendet sich die Donau nach SO. Der größte ihrer ganz ungarischen
Nebenflüsse ist die Theiß, die auf den Waldkarpaten entspringt und
die weite Niederungarische Tiefebene in zahlreichen Windungen durch-
zieht. Aus Siebenbürgen strömt ihr von den Ostkarpaten der Maros
[märosch] zu. Nachdem die Donau auch die Save aufgenommen,
wird sie durch die von beiden Seiten an sie herantretenden Gebirge
eingeengt; in ihrem 120 km langen Durchbruchstale ist sie reich an
Stromschnellen. Durch Sprengungen sind neuerdings die gefähr-
lichen Klippen des „Eisernen Tores" bei Orsowa z. T. beseitigt.
Österreich-Ungarn. 83
In den Flußtälern aufwärts führen die Wege über die Gebirge:
das Tal der Waag verbindet mit dem der Oder der Jablunka-
Paß (Eisenbahn Berlin—Konstantinopel), von den Quellen der Theiß
leitet der Magyaren-Weg hinüber zum Pruth, und über die Trans-
silvauischen Alpen gelangt man im Rotentnrm-Paß, durch den
der Alt oder die Aluta aus Siebenbürgen nach Rumänien austritt.
Das Klima dieser Länder ist ihrer Lage entsprechend festländisch.
Da die hohen Gebirgswälle der Karpaten der Luft den größten Teil
ihrer Feuchtigkeit entziehen, ist der Wald auf die Abdachungen der
Gebirge beschränkt. Laubwald, besonders Eichen und Buchen, herrschen
vor, höher hinauf folgen Nadelhölzer. Die Ebenen erhalten noch
so viel Regen, daß fast überall massenhaft Getreide, Weizen und
im s. Ungarn Mais, gebaut werden kann. Andere Teile der Ebene
sind wirkliche Steppe, Pußta (—kahl, öde), und dienen nur als
Weideland. An den nach S. gerichteten Abhängen der Gebirge
gedeiht herrlicher Wein.
Im Gebirge findet sich noch der Bär, auf den höchsten Teilen
auch die Gemse. In der Steppe treten die Nagetiere, darunter
die Springmäuse in großen Scharen auf. Die Ufer der fisch-
reichen Theiß beleben viele Sumpf- und Wasservögel.
Kurz vor Christi Geburt wurden die Alpenländer von den Römern
unterworfen, die die Grenzen ihres Reichs n.wärts bis zur Donau vor-
schoben. Später nahmen Schwaben und Bayern und von O. her
Slawen das Gebiet der Ostalpen in Besitz. In Böhmen, dessen aus
Bojenheim verkürzter Name noch an die keltischen Urbewohner erinnert, be-
stand zu Anfang unsrer Zeitrechnung das große Markomannenreich, nach
dessen Zusammenbruch in der Zeit der Völkerwanderung sich hier die
slawischen Tschechen festsetzten. Die Ebenen Ungarns sind bewohnt von
den Ungarn oder Magyaren smadjaren^, die wie die wilden Reitervölker
der Hunnen und Avaren, welche vor ihnen das Land inne hatten und von
hier aus große Beutezüge nach W. unternahmen (Attila), von O. ein-
gewandert sind (Magyarenweg!). Um das Jahr 1000 nahmen sie das
Christentum an und wurden seßhaft, lieben aber noch heute das Wohnen
in weitläufig gebauten Ortschaften. Im W. Ungarns wohnen Slawen,
und zwar im Ungarischen Erzgebirge Slowaken und s. der Drau Serben,
hier Kroaten und Slawonier genannt. Im Ungarischen Erzgebirge und
in Siebenbürgen sind viele Deutsche ansässig, die als Städtegründer und
Bergleute z. T. schon im Mittelalter eingewandert sind. Den Hauptteil der
Bevölkerung Siebenbürgens bilden Rumänen. Galizien haben Polen inne,
unter denen viele Juden leben. Zahlreich sind in Ungarn die Zigeuner.
Diese stammen aus Indien, leben meist als Schmiede und Musikanten, sind
aber noch immer nicht wirklich seßhaft geworden; Angehörige ihres Volkes
finden sich als wandernde Horden in allen europäischen Ländern.
6*
84
Europa,
So sind die einzelnen Teile des Österreichisch-Ungarischen Staates in
bezug aus natürliche Beschaffenheit und hinsichtlich der Bevölkerung sehr ver-
schieden. Zur römisch-katholischen Religion bekennen sich mehr als 3U
aller Bewohner, evangelisch ist ein Teil der Ungarn und der Deutschen.
Der Gründer des Österreichischen Staates ist Rudols von Habs-
bürg, der bald nach der Schlacht auf dem Marchselde 1278 Österreich,
Steiermark und Krain in Besitz nahm. Anfangs des 16. Jahrhunderts
wurde Böhmen mit seinen Nebenländern und Ungarn den Habsburgischen
Landen einverleibt, die aber erst 1804 den gemeinsamen Namen Kaisertum
Österreich erhielten. Von 1815—1866 gehörte die W.-Hälfte des Reichs
zum Deutschen Bunde; seit 1867 hat Ungarn eigne Verwaltung, ist aber
in der Person seines Königs, durch das Heer und gemeinsame Reichs-
Vertretung mit dem Kaiserstaate Österreich verbunden. Der Titel des
Herrschers ist Kaiser von Österreich und apostolischer König von
Ungarn. 1878 hat Österreich die Verwaltung Bosniens und der Herzegowina
übernommen, die nur dem Namen nach noch zum Türkischen Reiche gehören.
Hinsichtlich der Verwaltung unterscheidet man die im Reichs-
rate vertretenen Königreiche und Länder und die Länder
der Ungarischen Krone. Der Gesamtstaat ist mit 675 T. qkm
der zweitgrößte Staat Europas, nach seiner Volkszahl, 48^ Millionen,
der dritte.
Fast % aller Bewohner leben von Landwirtschaft und Vieh-
zucht. Aber auch in bezug auf Bergbau und Hüttenwesen ge-
hört Österreich infolge seines Reichtums an Edelmetallen (besonders
in Böhmen) und Eisen (in Steiermark, Böhmen und Mähren), an
Kohlen (in Böhmen) und Salz (in Ober-Österreich und Salzburg)
zu den hervorragendsten Ländern Europas, und im Zusammenhang
damit und dem großen Holzvorrat des Landes entwickelt sich die
Fabriktätigkeit mehr und mehr.
Die im Neichsrat vertretenen Länder.
1. Das Erzherzogtum Österreich unter der Enns, d h. unter-
halb der Einmündung der Enns in die Donau, ist von Deutschen
bewohnt, die Getreide, auch Zuckerrüben und Wein bauen und viel
Schafzucht treiben. An den Abhängen des Wiener Waldes, wo die
Straßen aus Böhmen und Mähren die Donau treffen, liegt -j-j-Wien
an der Donau, lz/A Mill. E., die Hauptstadt des ganzen Reiches
und dessen Mittelpunkt in bezug auf Kunst uud Wissenschaft (größte
Universität des Landes), Handel und Gewerbe. Sie ist die wichtigste
Stadt für deu ganzen SO. von Europa. Obwohl sie nicht nur von
Deutschen bewohnt wird, ist das Gepräge der Stadt doch ganz deutsch.
Österreich-Ungarn, 85
Wien gehört zu den schönsten Hauptstädten Europas; von älteren
Bauwerken ist der Stephansdom besonders bemerkenswert. Die Park-
anlagen des Praters und die schöne Umgebung der Stadt sind weit-
hin berühmt. Hervorragend ist auch die Industrie: Möbel, Leder-
waren, Klaviere, Bernstein- und Meerschaumsachen. Links der Donau
breitet sich das schlachtenberühmte Marchfeld aus. An der Leitha, am
Wege nach dem Semmering-Paß, liegt Wiener-Neustadt mit großen
Maschinenbauanstalten.
2. Das Erzherzogtum Öfterreich ob der Enns ist ebenfalls
aus beiden Seiten der Donau gelegen und von Deutschen bewohnt.
Mittelpunkt der lebhaften Eisenindustrie ist Steyr an der Enns, das
wegen seiner großen Waffenfabriken das „Solingen" Österreichs ge-
nannt wird. Das Salzkammergut an der oberen Traun liefert viel
Satz. Die Gegenden an der Traun, die aus dem Hallstädter See
kommt und an dem Soolbad Ischl vorbei in den Traunsee fließt,
gehören wegen ihrer vielfachen Naturschönheiten zu den anl meisten
besuchten der Alpen. Die Hauptstadt ist °Linz an der Donau, die
Brückenstadt an der alten Salzstraße aus dem Salzkammergut nach dem
salzarmen Böhmen, das von seinem Kohlenreichtum an jenes abgibt.
3. Das Herzogtum Salzburg ist erst 1815 an Österreich ge-
kommen. Die deutschen Bewohner sind seit der gewaltsamen Gegen-
reformation im Anfange des 18. Jahrhunderts alle katholisch. Von
Bedeutung ist nur Salzburg in herrlicher Lage an der Salzach,
überragt von mehreren Bergen, auf deren einem die alte Festung
liegt. Das Wildbad Gastein an der Gasteiner Ache wird wegen
seiner heilkräftigen Quellen viel besucht.
4. Die Geforstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg. Tirol
ist noch fast zur Hälfte mit Wald bestanden, aber ein großer Teil
des Landes ist nackter Fels oder von Schnee und Eis bedeckt.
Während in den nach S. sich öffnenden Tälern Mais, Wein und
herrliches Obst gedeiht, wird in den übrigen Teilen meist Viehzucht
getrieben. Jni s. Etschtal wohnen Italiener, sonst überall Deutsche,
die besonders 1809 ihre treue Anhänglichkeit an Österreich bewährt
haben. Mehr und mehr wird Tirol von Vergnügungsreisenden auf-
gesucht. Die Hauptstadt Innsbruck liegt am Inn, da wo sich
s.wärts die Straße, jetzt auch die Eisenbahn, nach dem Brenner ab-
zweigt. Oberhalb ragt die durch Kaiser Max berühmte Martins-
wand auf, „der steilste Felseu im ganzen Land", und s. der Stadt
der Jselberg, von dem aus Andreas Hofer, dessen Standbild hier
steht, 1809 „so manches Mal den Tod hinabgeschickt ins Tal".
86 Europa.
Für Handel und Verkehr ist Bozen nahe dem Zusammenflusse von
Etsch und Eisack, der wichtigste Ort. Hier beginnt italienisches Klima
und reiche Fruchtbarkeit. Bozen, sowie das n.w. davon im Vintsch-
gau gelegene Meran werden wegen ihrer geschützten Lage von Brust-
kranken viel besucht. Trient, weiter s. im sog. Welschtirol, ist be-
kannt durch die im Reformationszeitalter hier abgehaltene Kirchen-
Versammlung. Seidenraupenzucht und Seidenfabrikation blühen um
und in Rovereto. — Im gewerbreichen Vorarlberg, das bis an
Fig. 18. Tropfsteingebilde in der Adelsberger Höhle.
den Bodensee heranreicht, hat das kleine Bregenz dadurch Be-
deutung, daß von hier Getreide aus den österreichisch-ungarischen
Ländern nach der Schweiz verschifft wird. •— Zwischen Vorarlberg
und der Schweiz liegt rechts vom Rhein das kleine selbständige
Fürstentum Liechtenstein mit dem Flecken Vaduz.
5. Das Herzogtum Kärnten, das Tal der oberen Dran
zwischen den Hohen Tauern und den Karawanken, ist fast ganz von
Deutschen bewohnt. In der Nähe des Eisenbahnknotenpunktes
Villach wird viel Eisen und besonders Blei gewonnen. Die Haupt-
stadt Klagenfurt liegt n., seitab von der Drau.
6. Das Herzogtum Steiermark ist mit den zwischen den Längs-
Österreich-Ungarn. 87
latent der Enns und Mur gelegenen Teilen von allen Alpenländern
das reichste an Eisen, das hauptsächlich dem Erzberge bei Eisenerz
entnommen wird. Im übrigen größeren Teile wird auf den üppigen
Wiesen der „grünen Steiermark" viel schönes Vieh gezogen; auch
die Geflügelzucht ist bedeutend. An der s.wärts fließenden Mur liegt
in schöner Umgebung die Haupt- und Universitätsstadt "Graz mit
lebhafter Industrie infolge der nahen Steinkohlenlager. Das Mur-
gebiet wird von Deutschen bewohnt, der f.- Teil des Landes, Unter-
Steiermark, von Slowenen. In Marburg schneidet die von Wien
nach S. ziehende Eisenbahn den im Tale der Drau in das Alpen-
gebiet eindringenden Verkehrsweg.
7. Das fast ganz von Slowenen bewohnte Herzogtum Krain wird
von der Save durchflössen. Nur im ö. Teile wird Ackerbau getrieben.
Die Hauptstadt Laibach liegt rechts, abseits von der Save, und w.
davon Jdria mit reichen Quecksilbergruben. Auf dem ödeu Karst-
plateau an der Straße nach Trieft befindet sich bei Adelsberg
die berühmte Adelsberger Grotte (Fig. 18), eine Tropfsteinhöhle von
großer Ausdehnung, die von einem Flusse durchströmt wird, der ober-
halb von Laibach schiffbar wieder aus der Erde kommt und als
Laibach in die Save mündet. Nahe bei Adelsberg ist der Zirknitzer
See dadurch bekannt, daß sein Wasserspiegel in trocknen Jahren fällt
und in nassen wieder höher steigt.
8. Das Küstenland wird von Slowenen und teilweise von
Italienern bewohnt. Im NW. der Halbinsel Jstrien liegt der erste
Seehaudelsplatz Österreich-Ungarns, "Trieft, der größte Ein- und
Ausfuhrhafen des Reichs, von dem die österreichischen Dampferlinien
besonders nach England und dem ö. Mittelmeer, aber auch nach
Ostasien ausgehen; n. davon das bezaubernd schöne Schloß Miramare.
Im S. der Halbinsel ist Pola als Kriegshafen stark befestigt.
9. Das Königreich Dalmatien umfaßt die schmale NW.-Küste
der Balkanhalbinsel (vergl. S. 24) mit den ihr vorgelagerten Inseln;
bei Lissa besiegten 1866 die Österreicher unter Tegethoff die italienische
Flotte. Das infolge arger Entwaldung wenig fruchtbare Land wird
von Serben bewohnt. Im Altertum war es berüchtigt wegeu der
dort hausenden Seeräuber, jetzt liefert es Österreich einen großen Teil
seiner Schiffsbesatzungen. Wein- und Olivenbau und Fischerei be-
schäftigen die Bewohner. Die Städte sind klein, aber durch gute Häfen
ausgezeichnet. Hauptstadt ist das im N. gelegene, befestigte Zara.
10. Das Königreich Böhmen. Nur an den Gebirgsrändern
wohnen Deutsche in größerer Menge, das meiste Land haben die
88 Europa.
Tschechen inne. In den Gebirgsgegenden liegen zahlreiche Glas-
Hütten. An den S.-Abhängen des Erzgebirges ziehen sich die großen
Braunkohlenlager Böhmens hin, deren Erträge sowohl nach den öfter-
reichischen Ländern als auch nach dem n. Deutschland verschickt werden.
In diesem Gebiet sprudeln viele berühmte Heilquellen: bei Teplitz
zwischen dem Mittel- und Erzgebirge, bei Karlsbad an der Eger
und bei Marienbad. Der n. Teil hat viel Fabriktätigkeit: Reichen-
berg ist Mittelpunkt der Webereien in Baumwolle, Wolle und
Leinen. Bei weitem aber überwiegt im Lande der Anbau von Ge-
treide, Kartoffeln und Zuckerrüben und im n. Böhmen auch von Obst.
Die Hauptstadt des Landes ist ""Prag, die drittgrößte Stadt des
Reichs, auf beiden Seiten der Moldau gelegen. Sie ist eine alter-
tümliche, turmreiche Stadt mit der ältesten deutschen Universität
(1348). Im W. und O. der Stadt liegen die berühmten Schlacht-
felder aus dem 30jährigen und 7jährigen Kriege. In der Grenz-
stadt Eger wurde 1634 Wallenstein ermordet; hier treffen die aus
Böhmen nach dem Maingebiet ziehenden Straßen zusammen mit der
aus Norddeutschland, die vom Tale der Elster nach dem der Nab
hinüberführt. Der Hauptverkehrsweg von Prag nach Bayern geht
über Pilsen zum Paß von Taus. Pilsen ist durch ergiebige Stein-
kohlengruben eine lebhafte Fabrikstadt geworden; bekannt ist es durch
sein Bier. O. von Prag liegen zahlreiche, durch Schlachten Friedrichs
des Großen und aus dem Jahre 1866 bekannte Orte, vor allem die
kleine Festung Königgrätz an der Elbe (Schlacht am 3. Juli 1866).
11. Die Markgrafschaft Mähren. Auch Mähren ist ein frucht-
bares Land; im f. Teile werden viel Zuckerrüben gebaut, sonst herrscht
Getreidebau vor, vornehmlich in der fruchtbaren Niederung der
Hanna an der March, s. von Olmütz, wo die Hannaken auch große
Pferdezucht treiben; auf den Hügellandschaften weiden vor allem
Schafe. Darauf und auf den w. gelegenen Steinkohlenfeldern beruhen
die Wollspinnereien und -Webereien, die das ungefähr in der Mitte des
Landes gelegene "Brünn groß gemacht haben; beim Dorfe Austerlitz
entschied am 2. Dezember 1805 die Dreikaiserschlacht über das Schicksal
Österreichs. Weiter n. ist Olmütz an der March als Festung wichtig.
12. Das Herzogtum Schlesien, der kleine Rest der früheren
schleichen Besitzungen Österreichs, ist ein dicht bevölkertes Ländchen,
dessen gewerbfleißige Bewohner ihren Unterhalt zum großen Teil
durch Webereien gewinnen. Troppau und Jägerndorf an der
Oppa, dem Grenzflusse gegen Preußen, und Teschen im ö. Teile
sind nur kleine Orte.
Österreich-Ungarn.
89
13. Das Königreich Galizien und das Herzogtum Bukowina.
Im SO. des stark befestigten »Krakau, der alten Krönungsstadt
der polnischen Könige an der Weichsel, liegen die großartigen Stein-
salzbergwerke von Wieliczka »vjelltschka^, weiter nach O. in der
fruchtbaren Ebene die Hauptstadt ^Lemberg, und in der Bukowina
am oberen Pruth «Czernowitz stschernowitz^ mit deutscher Uni-
versität.
Fig. 19. Magyaren.
Die Länder der ungarischen Krone.
1. Das Königreich Ungarn ist im wahren Sinne des Wortes
ein Getreideland, besonders zwischen Donau und Theiß und s. des
Maros; Ackerbau und Viehzucht bilden die Hauptbeschäftigung
seiner Bewohner (Fig. 19). Auch der Anbau von Wein und Tabak
ist bedeutend. Die weiten Ebenen fördern die Pferdezucht; die
ebenfalls in großen Mengen gehaltenen Rinder werden als Schlacht-
vieh versandt. Daneben zieht man vortreffliche Schafe, in Süd-
Ungarn und Siebenbürgen auch viele Schweine.
Die Hauptstadt -^Budapest ist der Mittelpunkt des Verkehrs,
der Industrie und des Handels; Buda, das deutsche Ofen, liegt rechts
der Donau auf deu mit Weinbergen bedeckten Ausläufern des Bakonyer
Waldes, das regelmäßiger und weitläufig gebaute Pest in der Ebene
90
Europa.
links des Flusses. Oberhalb am Donauknie ist Waitzen und beim
Eintritt der Donau in die Oberungarische Ebene die alte Krönuugs-
stadt oPreßburg gelegeu. Bei Idenburg in der Nähe des Neu-
siedler Sees wird viel Wein gebaut. Im Ungarischen Erzgebirge
liefern die alten Bergwerkstädte Kremnitz und Schemnitz Gold und
Silber. »Debreczin [bebretjtnJ, jenseits der Theiß, ist die echte
Stadt der ungarischen Ebene mit breiten, ungepflasterten Straßen.
An den Abhängen des Gebirges bei Tokai wächst der berühmte
Feuerwein Ungarns. Am Zusammenfluß von Maros und Theiß
liegt die Handelsstadt «Szegedin und s.w. davon in der srncht-
baren Ebene "Maria-Theresiopel.
In Siebenbürgen sind Hermannstadt n. des Rotenturm-Passes
und Kronstadt im SO. des Landes überwiegend von Deutschen be-
wohnt, die hier Sachsen genannt werden; das im NW. an der
Straße nach Budapest gelegene Klausenburg hat mehr magyarische
Bevölkerung.
2. Im Königreich Kroatien-Slawonien liegt an der Donau,
nahe der Mündung der Save, Semlin, weiter oberhalb an der Save,
an der Straße von Budapest nach dem Adriatischen Meere, Agram,
das 1880 durch ein Erdbeben fast ganz zerstört wurde.
3. Die Freistadt Fiume am Golf von Qnarnero fkanwro^ ist
die einzige bedeutende Hafenstadt Ungarns, die zweitwichtigste des
ganzen Staates.
Trotz der Eisenbahnen bildet die Donau noch immer eine sehr wichtige
Verkehrsstraße zwischen den beiden Reichshälften. Den Fluß entlang führt
die Eisenbahn bis Budapest und von hier über Maria-Theresiopel und Bel-
grad nach Konstantinopel (Orientzug) oder über Szegedin und Orsowa nach
Rumänien und zum Schwarzen Meere. In Budapest wird diese Linie ge-
schnitten von der Straße, die Fiume mit Lemberg verbindet; n.wärts führt
die Bahn über den Jablunka-Paß nach Breslau und Berlin. Von Wien
gehen Schienenwege aus nach NW. über Prag und nach N. über Breslau
nach Berlin, nach SW. über den Semmering; bei Bruck am Knie der Mur
teilt sich diese Linie: eine führt über Graz und Laibach nach Trieft, die zweite
über Villach nach Venedig, die dritte im n. Längstale der Alpen w.wärts
nach Bregenz und der Schweiz. — Ungarn ist mit den Alpenländern durch
eine Eisenbahn verbunden, die an der Drau aufwärts zieht, die von Wien
kommenden Linien schneidet und in die über den Brenner führende Eisenbahn
mündet.
Das Deutsche Weich.
Das Deutsche Reich oder Deutschland umsaßt den größeren Teil
des deutschen Landes, d. h. der Länder, die nicht nur durch natürliche Boden-
beschaffenheit und Klima, sondern vor allem durch Geschichte, Sprache und
Sitte ihrer vorwiegend deutschen Bewohner miteinander verbunden sind.
Zu diesem in erdkundlichem Sinne Deutschland genannten Ländergebiet ge-
hören außer dem Deutschen Reiche die deutsch-österreichischen Länder, Liechten-
stein, die Schweiz, Luxemburg, Belgien und die Niederlande, die im Mittel-
alter Teile des „heiligen römischen Reiches deutscher Nation" waren. Von
diesem Reiche haben sich die genannten Länder im Laufe der Zeit losgelöst
und sind selbständig geworden, sind aber auch heute noch meist von Deutschen
bewohnt, so daß die deutsche Nation nächst der russischen die größte in
Europa ist.
In den folgenden Abschnitten ist der Name „Deutschland" stets im
jetzt gebräuchlichen engeren Sinne gleichbedeutend mit „Deutsches Reich" gesetzt.
8 19.
Das Deutsche Reich im allgemeinen.
Geographische Lage: Nördlichstes Schleswig 55V-" N., nördlichstes
Ostpreußen fast 56° N., Rheinknie bei Basel und Zugspitze 47 72° N., Main-
linie 50° N. (wie Kap Landsend, Prag, Krakau). Wasgau und Emsmündung
7° O., Metz, Aachen, Kleve 6° O. — Passau 13XI3° O, Königshütte 19° O.,
Eydtkuhnen 22V20 O. — Fichtelgebirge 50° N., 12° O.
540000 qkm, 6CTMtll. E., auf 1 qkm IM E.
Das Deutsche Reich zerfällt seiner Bodenbeschaffenheit nach in
einen gebirgigen S.-Teil oder Ober-Deutschland und einen gebirgs-
freien N.-Teil, das Norddeutsche Flachland.
Ober-Deutschland gliedert sich in drei, an Ausdehnung sehr
ungleiche Höhenstufen:
1. Den Anteil des Deutschen Reichs an dem Alpenge-
biet, der nur den schmalen n.sten Teil der n. Kalkalpen zwischen
Bodensee und Salzach umfaßt;
92
Europa,
2. Die Oberdeutsche Hochebene, die diesem Teile der Alpen
n. vorgelagert ist und ebenfalls vom Bodensee bis zur Mündung des
Inns sich erstreckt;
3. Das deutsche Mittelgebirgsland, ungefähr ein gleich-
schenkliges Dreieck ausfüllend, dessen im W. gelegene Grundlinie von
dem Rheinknie bei Basel bis zur Mündung der Lippe in den Rhein
reicht, und dessen Spitze an der Oderquelle liegt.
Das Norddeutsche Flachland dagegen ist ein einziges großes
Tiefland, das ohne natürliche Grenzen im W. mit dem niederländischen,
im O. mit dem russischen Tieflande zusammenhängt und auch im N.
auf der jütischen Halbinsel von dem dänischen Jütland nur durch eine
politische Grenze getrennt wird.
Der SO. des Deutschen Reichs wird von der Donau, dem zweit-
größten Strome Europas, in ihrem Oberlaufe durchflössen, entwässert
also nach O. zum Schwarzen Meere. Alle andern großen Flüsse
Deutschlands fließen in n. oder n.w. Richtung zur Nord- und Ostsee.
Der Rhein ist der einzige deutsche Fluß, der, auf den Alpen ent-
springend, das Mittelgebirgsland und das n. Flachland durchfließt und
also Nord- und Süddeutschland miteinander verbindet. Die andern
zum Nordseegebiet gehörenden Flüsse, vor allem Weser und Elbe,
entspringen im Mittelgebirgslande und verbinden dieses mit dem Tief-
lande. Die der Ostsee zufließenden Flüsse Oder und Weichsel, von
denen letztere aber nur mit dem untersten Teile ihres Laufes in
Deutschland fließt, gehören fast ganz dem Flachlande an.
Seen finden sich in größerer Zahl außer in dem deutschen Ge-
biet der Alpen und der Oberdeutschen Hochebene besonders im ö. Teile
des Norddeutschen Flachlandes.
Das Klima von Deutschland ist nicht nur ein gemäßigtes,
sondern auch für alle Teile des Landes, ausgenommen die höchsten
Gebirgsgegenden, ein sehr gleichmäßiges: es bringt weder die große
Hitze des S., noch die grimmige Kälte Rußlands, und andrerseits wird
der Unterschied zwischen N. und S. großenteils dadurch ausgeglichen,
daß der s. Teil Deutschlands höher liegt als der n. Dagegen findet
eine Abnahme der Wärme, am meisten im Winter, von SW.nach
NO. statt. Die Durchschnittswärme des heißesten Monats Juli er-
reicht in der Oberrheinischen Tiefebene ^ 19° bis -(- 20°, in Ost-
preußen ~b 17°, die des Januar, des kältesten Monats, dagegen -4-1"
bezügl. —6°. Da nun im O. die Winter auch länger sind als im
SW., so beträgt die durchschnittliche Jahrestemperatur im SW.
-f 10°, im NO. +6°. Im NW. mildert die Nähe des Meeres die
Das Deutsche Reich.
93
Sommerwärme, -}-16° bis -j-17°, und die Winterkälte, 0" bis
-j- 1 °, während auf der Oberdeutschen Hochebene auf wärmere Sommer,
+ 17 bis 4- 18°, kältere Winter, — 3° bis — 2°, folgen, und die
Jahrestemperatur in beiden Gegenden + 8" bis + 9° beträgt.
Die Niederschläge sind auf alle Jahreszeiten verteilt,
am stärksten sind sie in den heißen Monaten Juni bis August, doch
betragen sie meist nur 500—600 mm. Die höher gelegenen Gebiete
und die Küsten der Nordsee erhalten natürlich mehr Niederschläge,
doch wird die Höhe von 1 m nur in den Gebirgen überschritten.
Der Wald, der in den ältesten Zeiten fast ganz Deutschland be-
deckte, beträgt jetzt nur noch Vi der Gesamtfläche des Landes, und
zwar herrscht im W. der Laubwald, im O. und auf den Gebirgen der
Nadelwald vor; jener beträgt V3, dieser 2/3 des Waldgebietes. Die
Hälfte des Bodens wird zum Ackerbau benutzt, doch reichen seine
Erträge zur Ernährung der Bevölkerung nicht aus, so daß bedeutende
Zufuhr von Getreide notwendig ist; nur Kartoffeln werden weit über
Bedarf geerntet und gelangen in großer Menge zur Ausfuhr. Das
letzte Viertel des Bodens dient hauptsächlich als Wiese und Weide
der Viehzucht.
Die ursprünglich in Deutschlands Wäldern heimische Tierwelt
ist fast ganz verschwunden: der Wolf streift nur im Winter aus
Rußland und Frankreich in die ö.sten und w.sten deutschen Grenz-
lande, der Bär ist ganz ausgerottet. Der Fuchs ist jetzt das größte
Raubtier; daneben gibt es Dachs und Marder. Das Elen wird
durch sorgfältige Schonung in einigen Wäldern an der unteren Memel
zu erhalten gesucht; Hirsche, Rehe und Hasen kommen überall vor,
vielfach auch das Wildschwein, auf den Bayrischen Alpen lebt noch
die Gemse. Raubvögel sind vertreten durch See-und Flußadler,
Falken und Eulen. Zahlreiche Singvögel beleben die deutschen
Wälder und Fluren, und an Sumpf- und Schwimmvögeln sind
die Seen und Küsten Norddeutschlands reich. — Die einzige Gift-
schlange Deutschlands ist die Kreuzotter.
Im Beginn unserer Zeitrechnung war Deutschland von Deutschen
bewohnt, die während der Völkerwanderung von den Slawen (oder
Wenden) nach W. gedrängt wurden, so daß die Elbe und Saale die
Grenze zwischen beiden Völkern bildete. Von den zahlreichen
Stämmen, in die das deutsche Volk zerfiel, die aber im 3. Jahr-
hundert sich teilweise zu größeren Gruppen zusammenschlössen, sind
folgende die wichtigsten: Schwaben (Alamannen) saßen am Ober-
rhein und o.wärts bis zum Lech, der sie von den Bayern trennte;
94 Europa.
am Niederrhein entstand der Bund der Franken, die auch das
Rheinische Schiefergebirge, das Hessische und Weserbergland inne-
hatten und später die Rheinpfalz und das Maingebiet einnahmen.
Zwischen Niederrhein und Elbe, zwischen Nordsee und Harz wohnten
die Sachsen, zwischen Harz und Thüringer Wald die Thüringer,
und au den Küsten der.Nordsee die Friesen.
Die Wohnsitze dieser Volksstämme bezw. ihre Wanderungen sind
z. T. ersichtlich aus den in den einzelnen Gegenden mehr oder weniger häufig
auftretenden Formen der Ortsnamen. Die Endungen =iiip (= Ange-
hörige, Nachkommen eines Mannes), -hofer^ (Gehöft), -beuren, huren (bur
— Wohnung) sind schMMch; -heim, -Hausen, -scheid (= auf der Grenze) sind
fränkisch: -Hagen (= ei gefriedeter Platz), -Büttel (bodl — Haus) sind sächsisch;
-um (—Wohnung) ist friesisch; -leben (althochdeutsch laiba — Nachlaß, (5x1)--
gW'findet sich besonders s.ö. vom Harz und von da n.wärts. Ostlich der
Elbe, wo die Ortsnamen auf -ow, -in, -us, -itz an die alte slawische Be-
völkerung erinnern, haben sich Angehörige fast aller deutscher Stämme an-
gesiedelt, deshalb finden sich hier jene Endungen oft bunt durch- und neben-
einander. Aus der Menge der rein deutschen Ortsnamen läßt sich die
Stärke der deutschen Einwanderung erkennen: im Weichseldelta finden sich
nur deutsche Ortsnamen (vergl. S. 137). — Andere Ortsnamenendungen
sind allgemein deutsch und gestatten Rückschlüsse auf die Zeit der Orts-
gründungen; die Endungen -boxt (auch -torp, in Holstein -trup), in S.-
Deutschland -weiler weisen auf die Zeit der ältesten zusammenhängenden
Siedlungen; -rode,, in Holstein -rade, in S.-Deutschland -reut und -schwende
(= Wald mit Feuer lichten) erinnern daran, wie der in alter Zeit viel aus-
gedehntere Wald erst gelichtet werden wußte; -bürg, -berg, -fels zeigen wie
die Orte in Anlehnung an eine schützende Burg entstanden; -stadt, -statt,
-stetten weisen auf wirkliche Stadtgründungen hin. Da ferner aus dem
Lateinischen stammende Ortsnamen fast nur w. vom Rhein und s. der
Donau, slawische beinahe ausschließlich ö. von Saale und Elbe sich finden, so
ist schon aus den Ortsnamen ersichtlich, welche Gebiete stets von Deutschen
bewohnt waren.
Auch die Anlage der Wohnungen und Wohnplähe ist verschieden nach
den Volksstämmen. Am weitesten verbreitet sind das fränkische und das
sächsische Haus (Fig. 24 u. 33); eine dem Gebirge angepaßte Abart des frän-
kischen Hauses ist das dem Alpenhause (Fig. 20) sehr ähnliche Schwarz-
waldhaus. Im ö.sten Deutschland findet sich auch das polnische Haus,
das durch seine schlechte Bauart sich vom deutschen unterscheidet und oft nur
eine elende Lehmhütte ist. — In den Alpen und in Oberbayern bedingt das
Überwiegen der Viehzucht das Wohnen in Einzelhöfen; dieselbe Sitte
findet sich aber auch bei den Sachsen z. B. im Münsterlande, wo um jeden
Hof die dazu gehörigen Felder und Wiesen ein geschlossenes Ganze bilden.
(Mit den Sachsen ist diese Art des Wohnens auch in das ö. Norddeutsch-
land gedrungen.) Zm Gebiet des fränkischen Hauses herrscht meist das
Haufendorf, in dem die Gehöfte scheinbar planlos liegen; da jeder Besitzer
Das Deutsche Reich. 95
Anteil an dem besseren und geringeren Ackerlande hat, so liegen seine Felder
über die ganze Dorfflur zerstreut; ö. der Elbe im ehemals slawischen Ge-
biete findet sich häufig das Runddorf, in dem die Häuser kreis- oder Huf-
eifenförmig um einen freien Platz liegen, und das Straßendorf, wo sie
in langer Reihe auf einer oder auch auf beiden Seiten einer breiten Straße
stehen. So sind vielfach die Kolonistendörfer in den allmählich urbar ge-
machten Bruchlandschaften angelegt, wie sie ähnlich auch in den Moorland-
schaften des N.-W. sich finden.
In der zweiten Hälfte des Mittelalters begann die Rück-
eroberung des ostelbifchen Teiles von Deutschland besonders durch die
Sachsen und Thüringer, so daß die Bevölkerung Deutschlands (60Mill.)
zur Zeit überwiegend aus Deutschen besteht. Im O. wohnen noch
Polen, im NO. Litauer, im Spreewald und von da den Fluß auf-
wärts Wenden (zusammen etwa 3 Mill.); im n.sten Schleswig leben
Dänen, und in den w.sten Teilen Lothringens und des Elsasses
Franzosen.
Sprachlich scheiden sich die Deutschen in Ober- und Nieder-
deutsche. Die Grenze zwischen beiden Sprachgebieten wird ungefähr
bezeichnet durch die Orte: Krefeld, Siegen, Cassel, Staßsurt, Witten-
berg, Lübben. Den Übergang vom Ober- oder Hochdeutschen, das
die allgemeine Schriftsprache ist, zum Nieder- oder Plattdeutschen
bilden die mitteldeutschen Mundarten.
Fast % der Bewohner sind evangelisch, etwas mehr als 1/3
römisch-katholisch; letztere bilden die Mehrzahl in den von Polen be-
wohnten ö. Landesteilen und im S. und W., wo aber in einzelnen
Gegenden doch auch das evangelische Bekenntnis überwiegt. Unge-
sähr 1% der Gesamtzahl sind Juden.
Obwohl Deutschland keins der fruchtbarsten Länder Europas ist,
war es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein vorwiegend Landwirt-
schaft treibender Staat. Allmählich hat sich infolge des Reichtums
an Kohlen und Eisen eine lebhafte Industrie entwickelt, die jetzt schon mehr
Menschen (über Ys der Bevölkerung) beschäftigt und ernährt wie die
Landwirtschaft. Die größten Jndustriebezirke befinden sich am Nord-
rande des Rheinischen Schiefergebirges, in Sachsen und in Schlesien.
In Industrie und Welthandel sowie in der Größe der Handels-
flotte steht das Deutsche Reich nur England nach. Die Länge seiner
Eisenbahnlinien wird von keinem europäischen, die Ausbildung und
Tüchtigkeit seines Heeres von keinem Staate der Erde übertroffen.
Vor allem aber nimmt es in bezug auf allgemeine Volksbildung
einen hervorragenden Rang unter allen Ländern der Erde ein.
96
Europa.
Mit 540 000 qkm ist das Deutsche Reich der drittgrößte Staat
in Europa, der Einwohnerzahl nach, die kA^ill. beträgt, der zweite.
Es wohnen demnach im Durchschnitt auf 1 qkm 111 Menschen, und
da die Bevölkerung jährlich um^etwa wächst, ist die Aus-
Wanderung bedeutend. Deutsche Auswanderer haben neben den Eng-
ländern hauptsächlich die Besiedlung Nordamerikas und Australiens
bewirkt, da sie aber in keiner wirtschaftlichen Beziehung zum deutschen
Mutterlande geblieben sind, hat dieses keinen Vorteil davon gehabt.
8 20.
Der Anteil des Deutschen Neichs an den Alpen und die
Oberdeutsche Hochebene.
Geographische Lage: Zugspitze 47 V/N., Negensburg 49°N.,
Fichtelgebirge 50° N., 12°O., W.-Ende des Bodensees 9°O.. Passau 13'/?"
Die deutschen Alpen sind der n.ste Teil der Nordtiroler Alpen
mtd zerfallen in die Algäuer und die Bayrischen Alpen; jene um-
fassen das Quellgebiet der Jller und des Lech, diese werden von
der Isar und dem Inn durchbrochen; auch ein Teil der Salzburger
Alpen, die Berchtesgadner Alpen zwischen Inn und Salzach ge-
hören zum Deutschen Reiche. Sie bestehen aus mehreren w.ö.
streichenden Parallelketten, von denen die s.sten die höchsten sind; doch
erheben sich nur einzelne Spitzen über die Schneegrenze, so die
3000 rn hohe Zugspitze im Wettersteingebirge, 2000 m über
dem Eibsee, der höchste Berg im Deutschen Reiche. Zahlreich sind
auch in den deutschen Alpen die freilich nur kleinen Seen, am
schönsten ist der vom Watzmann überragte Königssee.
Die den Alpen n. vorgelagerte Oberdeutsche Hochebene hat
eine mittlere Höhe von 500 in und dacht sich allmählich nach N.
und NO. ab; besonders am Fuße der Alpen ist sie hügelig; von
der Schweizerischen Hochebene ist sie durch den Bodensee getrennt.
Zwischen dem Fränkischen Jura und dem Böhmer Walde schließt
sich an sie das bis zum Fichtelgebirge reichende Hügelland der
Oberpsalz.
Der Böhmer Wald besteht in seinem n.sten Teile aus Hoch-
flächen, die von mäßig hohen Gipfeln überragt werden. Jenseits
des tiefeingeschnittenen Passes von Taus zieht das Gebirge in
drei parallelen Kämmen nach SO., deren mittlerer und ö., der
eigentliche Böhmer Wald, zu deu unwegsamsten Gebirgen Deutsch-
lands zählen; hier erhebt sich der Große Arber fast bis 1500 m.
Das Deutsche Reich. 97
Der w. davon gelegene Bayrische Wald fällt steil zur Donau ab,
ebenso der letzte Teil des ganzen Gebirges, der die s. Gebirgs-
umwallung Böhmens bildet.
In großem, nach S. geöffnetem Bogen fließt an den Abhängen
des Schwäbischen Jura und des Bayrischen Waldes die Donau ent-
lang. Sie entsteht aus den Schwarzwaldbächen Brege und Brigach,
nach deren Vereinigung bei Donauesch in gen sie den Jura durch-
bricht. Von den ihr aus den Alpen zueilenden Flüssen haben die
Jller und der Lech, der links die Wertach aufnimmt, eine n.
Richtung; die Isar und der Inn fließen nach NO. Nach Aus-
nähme der Salzach wendet sich auch der Inn nach N. Diese Flüsse
haben einen reißenden Lauf und sind deshalb nur flößbar, die Donau
aber, die viel weniger Gefäll hat, wird nach Einmündung der Jller
schiffbar. Sie und noch mehr die Isar sind auf weiten Strecken
ihres Laufes von sumpfigen Mooren begleitet, die w. vom Lech,
d. h. in Schwaben, Ried, ö. vom Lech, d. h. in Bayern, Moos
(plur. Möser) genannt werden. Im s. Teile der Hochebene finden
sich eine Anzahl von Seen: der Ammer- und der Würm- oder
Starnberger-See entwässern zur Isar, der Chiem-^kim^See oder
das Bayrische Meer zum Inn.
Vom quellenarmen Schwäbischen Jura erhält die Donau keine
Nebenflüsse, aber nahe der n.sten Stelle ihres Laufes empfängt sie
die Altmühl, die den Fränkischen Jura durchbricht, die Nab vom
Fichtelgebirge und den Regen vom Böhmisch-Bayrischen Walde.
Das Klima der Hochebene ist festländisch mit großen Wärme-
schwankungen. Auf den Bayrischen Alpen reicht infolge der starken
Niederschläge und der naßkalten Luft der Wald nur bis 1500 m,
dann folgt der Gürtel der Alpenwiesen. Die schroff und steil
aufragenden Felswände und das Fehlen größerer Talmulden lassen
es zu reichlicher Ansammlung des Firnschnees (vergl. S. 71), aus
dem die Gletscher entstehen, nur an wenigen Stellen kommen.
In den deutschen Alpen und auf der ihnen vorgelagerten Hoch-
ebene wohnen w. vom Lech Schwaben, ö. ebenso wie in der Ober-
psalz Bayern. Die politische Grenze jedoch zwischen dem Kgr. Bayern,
zu dem der weitaus größte Teil dieses Gebietes gehört, und dem
Kgr. Württemberg bildet die Jller; auch das Grhzt. Baden reicht an
den Bodensee heran. Im Hochgebirge und seinen Vorbergen herrscht
Wiese und Wald vor, und es wird fast ausschließlich Vieh- besonders
Rinderzucht getrieben. Deshalb fehlen größere Ortschaften, und es
finden sich vielfach, wie überhaupt im Alpengebiete, Einzelgehöfte.
Schlemmer, Erdkunde II. Z.Auflage. 7
98
Europa.
Das Alpenhaus ist allgemein verbreitet (Fig. 20). An den Aus-
gängen der Täler gewannen die Siedelungen Bedeutung als Markt-
flecken: hier tauschen, wie in Kempten an der Jller, die Viehzüchter
des Gebirges und die Ackerbauer der Hochebene ihre Erzeugnisse aus.
Parthenkirchen wird als Luftkurort, Neichenhall und Berchtes-
gaden werden als Badeorte viel besucht; diese sind zugleich bedeutend
durch Salzgewinnung.
Am Bodensee, in dessen Nähe ein milderes Klima Wein- und
Obstbau gestattet, liegen Konstanz (mit Beginn des Untersees),
Fig. 20. Bauernhaus in Oberbayern.
ferner Friedrichshafen und, auf einer Insel dicht am Ufer
des Sees, Lindau, das deutsche Venedig; die beiden letzteren Orte
vermitteln die Überfahrt nach der Schweiz und sind Ausfuhrhäfen
für Getreide. Denn im n. Teile der Hochebene, besonders auf dem
fruchtbaren Lehmboden zwischen der unteren Isar und der Donau
wird viel Getreide und auch Hopfen gebaut. Von jeher war diese
Hochebene ein wichtiges Durchgangsgebiet in der Richtung von N.
nach S. und von O. nach W. sowohl für Heereszüge (Ungarn 955)
als auch für den Handel. «Augsburg besonders erwuchs im Mittel-
alter infolge seiner Lage am Schnittpunkte der aus Italien den Lech
abwärts führenden Straße mit der von W. nach O. ziehenden Ver-
Das Deutsche Reich. 99
kehrslinie zu einer der mächtigsten und reichsten Städte Deutsch-
lands; das Rathaus, der Dom und das Fuggerhaus erinnern noch
an die „Augsburger Pracht". Heute kreuzen sich die Hauptverkehrs-
wege (Paris—Wien und Berlin—Rom) in ^München, der Haupt-
stadt Bayerns, das mit y2 Mill. E. die drittgrößte Stadt des
Deutschen Reiches ist. Durch seine Prachtbauten, unter denen die
Kirchen hervorragen, ist es eine der glänzendsten Hauptstädte Europas;
durch seine Kunstsammlungen, Universität, technische Hochschule und
Malerakademie sowie andrerseits durch seinen Getreidehandel und
mehr noch durch sein Bier hat es weit über die Grenzen Bayerns
hinaus Bedeutung. An der Donau nahm Ulm, wo der Fluß nach
Einmündung der Jller schiffbar wird, im Mittelalter einen ähnlichen
Aufschwung wie Augsburg und ist auch jetzt noch durch seinen Handel
und als Festung wichtig; berühmt ist sein Münster, einer der größten
Dome Deutschlands. Weiter unterhalb deckt die starke Festung
Ingolstadt die an der Altmühl über den Jura führende Straße.
Regensburg, am n.sten Punkte der Donau, wo die Wege vom
Fichtelgebirge und aus Böhmen den Fluß überschreiten, war früher
23 ebenfalls eine der größten deutschen Handelsstädte; später war es
2g Sitz des Reichstags. Es ist eine altertümliche Stadt mit schönem
gotischen Dom. Oberhalb bei Kehlheim erinnert der Prachtbau
der Befreiungshalle an die Befreiungskriege, unterhalb erhebt sich
auf dem hohen linken Donauufer die Walhalla mit den Büsten be-
rühmter deutscher Männer. Straubing ist, wie Landshut an der
Isar, Marktort für die getreidereiche Umgegend. Am Zusammenfluß
von Donau und Inn liegt Passau (Fig. 21), das alte Castra
Batava der Römer. — Die Oberpfalz n. von Regensburg hat auf
meist unfruchtbarem Boden eine wenig zahlreiche Bevölkerung. Durch
die in seiner Nähe befindlichen Eisenerzgruben ist Amberg eine
gewerbreiche Stadt geworden; es sind dort große Gewehrfabriken.
§ 21.
Das deutsche Mittelgebirgsland.
Das deutsche Mittelgebirgsland gliedert sich in zwei ver-
schiedenartige Teile: das süddeutsche Rheingebiet und die mittel-
deutsche Gebirgsschwelle. Ersteres zerfällt wiederum in zwei
natürliche Abschnitte: die Oberrheinische Tiefebene mit ihrer
Gebirgsumwallung und das ö. davon gelegene Schwöbisch-Frän-
tische Stufenland. Dieser s. Teil und die ö. sich anschließenden
7 *
Das Deutsche Reich. 101
Hügellandschaften von Böhmen und Mähren werden von dem Nord-
deutschen Flachlande durch eine Reihe von Massen- und Kamm-
gebirgen getrennt, die als mitteldeutsche Gebirgsschwelle be-
zeichnet werden. Der westliche, bis zum Fichtelgebirge reichende Teil
besteht aus mäßig hohen, ausgedehnten Berg- und Hügellandschaften,
die in drei Gruppen zerfallen: das Rheinische Schiefergebirge,
das Hessische und Weser-Bergland, den Thüringer Wald
und den Harz. Der ö. Teil wird durch zwei schmale, schärfer hervor-
tretende und höhere Gebirgszüge gebildet: das von SW. nach NO.
gerichtete Sächsische Erzgebirge und die von NW. nach SO.
ziehenden Sudeten.
Dieser Grenzwall wird nur durch die Täler des Rheins und
der Elbe und durch eine größere Lücke im Hessischen Berglande unter-
brachen, die für den Verkehr zwischen Süd- und Norddeutschland von
jeher große Bedeutung gehabt haben.
§ 22.
Das süddeutsche Rheingebiet.
Geographische Lage: Mainz und Fichtelgebirge 50° N., Rheinknie
bei Basel 47Vs° N. (wie Zugspitze). Wasgau 7° O. (wie Cöln), Fichtel-
gebirge 12° O.
1. Die Oberrheinische Tiesebene, in die der Rhein bei Basel
eintritt, wird im O. und W. von Gebirgen eingerahmt, die eine auf-
fallende Ähnlichkeit zeigen: auf beiden Seiten nämlich liegen die
größten Erhebungen im S., und die höchsten Gipfel ragen dicht am
Rande der Ebene auf; nach dieser fallen beide Gebirgszüge steil ab,
während sie nach außen sich allmählich abdachen, nach W. zu der
Lothringischen Hochebene, nach O. zu dem Schwäbisch-Fränkischen
Stufenlande. Ferner nimmt die Höhe der Gebirge nordwärts fast
gleichmäßig ab.
Im O. wird die Tiefebene zunächst vom Schwarzwald be-
grenzt, der im Feldberg bis 1500 m, im Deutschen Belchen noch
über 1400 in aufsteigt. Im n. Teile wird er weit niedriger, und
hier schließt sich das Neckar-Bergland an, eine mäßig hohe, ein-
förmige Hochfläche, die nur von der Rheinebene aus den Anblick
eines Gebirges gewährt. N. vom Durchbruchstale des Neckars er-
hebt sie sich im Odenwald höher, doch erreichen dessen höchste Gipfel,
so der Katzenbuckel im SO., nur ungefähr 600 in. Nach NO.
setzt sich jenseits des Maintales das Gebirge im Spessart fort, der.
102 Europa,
auf drei Seiten vom Main umgeben, nach NO. mit dem Hessischen
Berglande verwächst.
Im W. steigt steil aus der Burgundischen Pforte (vergl. S. 62)
der Wasgau auf, der als geschlossener Gebirgskamm fast ebenso weit
n.wärts reicht wie der Schwarzwald. Sein s. Eckpfeiler, der Elsasser
Belchen, wird noch überragt von dem Sulzer Welchen, der dem
Deutschen Belchen an Höhe gleichkommt. N. des tief eingeschnittenen
Passes von Zabern (jetzt durchzogen vom Rhein-Marne-Kanal und
der Eisenbahn Paris—Straßburg—Wien) bildet das Gebirge ein
vielfach von Tälern zerrissenes Bergland, das dem Neckar-Berglande
gegenüber in die Hart übergeht. Im Pfälzer Berglande wird
die Hochfläche immer breiter und niedriger und setzt sich fort bis zum
Rhein und zur Nahe. Einzelne Gipfel, wie der Donnersberg,
erheben sich hier so hoch wie die höchsten Berge des Odenwaldes.
Nach W. schließt sich an den Wasgau und die Hart die hügelige
Hoch ebene Lothringens an, die von der Mosel und Saar durch-
flössen wird; beide Flüsse haben ihre Quelle auf dem Wasgau.
Zwischen diesen Gebirgsrändern erstreckt sich die Oberrheinische
Tiefebene in einer durchschnittlichen Breite von 35 km fast 300 km
von S. nach N. als eine vollständige, sich nach N. bedeutend senkende
Ebene, aus der nur die vereinzelte Kuppe des Kaiserstuhls aufragt.
Sie wird vom Rhein durchströmt, der sich zuerst mehr dem O.-
Rande nähert, so daß die auf dem Schweizer Jura entspringende
Jll Raum findet, ihn in parallelem Lause die Abhänge des Wasgaus
entlang zu begleiten. Unterhalb der Mainmündung biegt der Rhein
vor den Abhängen des Rheinischen Schiefergebirges nach SW. aus,
um dann bald, nach NW. sich wendend, in das lange Durchbruchs-
tal dieses Gebirges einzutreten. Seitdem der Rhein nicht mehr die
deutsche Landesgrenze bildet, überspannen ihn zwischen Basel und
Mainz auf deutschem Gebiet 11 feste uud 16 Schiffbrücken.
Vom Schwarzwalde erhält der Rhein einige kleine Nebenflüsse,
in deren Tälern sich die über das Gebirge ziehenden Straßen empor-
winden; am bequemsten und wichtigsten ist der im Tale der Kinzig
zur Brigach und Donau führende Weg.
Die Oberrheinische Tiefebene hat wegen ihrer tiefen und ge-
schützten Lage das mildeste Klima in ganz Deutschland: aus durch-
schnittlich frostfreie Winter folgen heiße Sommer. In der vom
Schwemmlande des Rheins gebildeten Ebene, die fast überall garten-
gleich fruchtbar ist, wird Wein-, Weizen-, Obst-, Hopfen- und
Tabakbau im ausgedehntesten Maße getrieben. Die Gebirge sind
Das Deutsche Reich. 103
infolge der reichlichen Niederschläge mit Laub- und Nadelholzwälderu
bedeckt, vor allem „der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen", die
dem Gebirge den Namen gegeben haben.
Der s. Teil der Ebene (Baden und Elsaß) wird von Alamannen,
der n., die alte Kurpfalz (Bayrische Pfalz, n. Baden und Hessen)
von Psälzern bewohnt. In Lothringen zieht die Sprachgrenze
zwischen Deutschen und Franzosen von Diedenhosen nach SO.; das
Elsaß ist fast ganz deutsch, obwohl dort z. T. französisch gesprochen
wird. — Dies Gebiet umfaßt außer dem Reichsland Elsaß-Lothringen,
den größten Teil von Baden, die Bayrische Pfalz, den S.-Teil von
Hessen und einen Teil der preuß. Provinz Hessen-Nassau.
Der geringe Ertrag des Bodens erzog die Bewohner des
Schwarzwaldes frühzeitig zu allerlei Gewerben. Schwarzwälder Uhren
und Musikwerke gehen in alle Welt; wichtiger noch ist die Holzflößerei
den Rhein abwärts nach den holzarmen Niederlanden. Wo die Ebene
dem Kaiserstuhl gegenüber buchtenartig in das Gebirge eindringt, liegt
Freiburg im Breisgrau, die katholische Landesuniversität Badens,
mit großem Münster. Im Elsaß ist die Wasserkraft der Wasgau-
bäche, die jetzt durch die von den Eisenbahnen herbeigeschafften
Kohlen ersetzt wird, besonders zum Betriebe von Baumwollspinnereien
und -Webereien benutzt worden. "Mülhausen an der Jll hat sich
zur bedeutendsten Stadt Deutschlands in dieser Industrie auf-
geschwungen. Da der Rhein bis unterhalb von Straßburg für die
Schiffahrt zu reißend ist und früher oft über seine Ufer trat (durch
Regulierung des Strombettes ist diesem Übelstande jetzt abgeholfen), sind
an diesem Teile des Flusses keine Städte erbaut, und der durch die
Burgundische Pforte die Verbindung mit dem Rhonegebiet her-
stellende Rhone-Rhein-Kanal zieht deshalb zwischen Jll und Rhein
n.wärts bis Straßburg. Hier wird die große Rheinstraße, die Haupt-
Verkehrsader zwischen der Schweiz und Italien einerseits und bent
w. Deutschland und den Niederlanden andrerseits, geschnitten von
der w.ö. Straße Paris—Wien—Konstantinopel; auch der Marne-
Kanal mündet hier in den Rhein. So erwuchs "Straßburg, die
wunderschöne Stadt mit dem herrlichen Münster, oberhalb der
Mündung der Jll zu einem wichtigen Verkehrsmittelpunkte, der von
starken Festungswerken geschützt wird. Es ist Sitz des Kaiserlichen
Statthalters, der die Reichslande Elsaß-Lothringen verwaltet, und
hat eine Universität. N. davon sind Wörth und Weißenburg
als Schlachtorte von 1870 berühmt geworden. Dagegen hat die
ehemalige Festung Rastatt rechts vom Rhein seit Wiedergewinnung
] 04 Europa.
des Elsasses sehr an Bedeutung verloren. In der Nähe liegt in
reizender Umgebung Baden, eins der prächtigsten und besuchtesten
Bäder Deutschlands. "Karlsruhe, die erst im Anfange des 18. Jahr-
Hunderts sehr regelmäßig angelegte Hauptstadt Badens, hat ein Poly-
technikum und lebhafte Industrie.
Fig. 22. Dom zu Speier.
Weiter n. rücken die Siedelungen an die Ufer des nun schiffbaren
Rheins: so Spei er, dessen Dom (Fig. 22) einst die Begräbnisstätte
deutscher Kaiser war, und Worms, das ebenfalls einen schönen Dom
und das an den Reichstag von 1521 erinnernde Lutherdenkmal auf-
zuweisen hat. Worms, im Nibelungenliede die Stadt der Burgunden,
Das Deutsche Reich. 105
war im Mittelalter eine der mächtigsten deutschen Städte, hat aber
ebenso wie Speier, seit es durch die Franzosen am Ende des 17.
Jahrhunderts verwüstet wurde, seine alte Bedeutung nicht wieder er-
langt. Beide Städte werden in bezug auf Fabriktätigkeit und Handel
weit übertroffen von den durch eine Brücke verbundenen Orten Lud-
wigshasen und ^Mannheim, wo die Kettendampfschiffahrt auf dem
Rhein beginnt. Mannheim ist der große Einfuhrhafen (Getreide,
Baumwolle) für ganz Süddeutschland und hat bedeutende Industrie,
namentlich große Mühlenwerke. Längs den Abhängen des Odenwaldes
zieht die schöne, von Obst- und Nußbäumen beschattete und von vielen
Bergruinen überragte Bergstraße hin, an der «Darmstadt, die Haupt-
stadt Hessens, gelegen ist. Den wichtigen Straßenknotenpunkt an der
Mündung des Mains deckt «Mainz, eine der stärksten deutschen
Festungen, das aber in Industrie und Handel Frankfurt a. M. wesent-
lich nachsteht. "^Frankfurt, die alte Wahl- uud Krönungsstadt der
deutschen Könige und von 1815—1866 Sitz des deutschen Bundes-
tages, der Geburtsort Goethes, hat viele schöne bemerkenswerte Bau-
werke, z. B. den Römer und die Paulskirche. Hier zweigt sich von
der Straße Berlin—Metz die nach Basel ab. Oberhalb von Frank-
furt sind Offenbach und Hanau, wo die ebengenannte Bahnlinie
den Main trifft, durch Gewerbfleiß ausgezeichnet; jenes liefert be-
sonders feine Lederwaren, dieses Gold- und Silbersachen. In der
Umgegend wird viel Obst gebaut und daraus Wein (Apfelwein)
bereitet.
Unterhalb von Mainz durchfließt der Rhein den schönen Rhein-
gau, wo (bei Hochheim, Johannisberg, Rüdesheim) die edelsten
Rheinweine gewonnen werden, und wo an den Abhängen des Taunus
die berühmten Badeorte «Wiesbaden und Homburg vor der Höhe
liegen. Auch links vom Rhein wächst (bei Ingelheim, Nierstein)
herrlicher Wein, ebenso am O.-Abhange der Hart (Dürkheim). Auf
der Hochfläche der Hart blühen Kaiserslautern und Zweibrücken
infolge der Nähe des Kohlengebietes an der Saar durch lebhafte Fa-
briktätigkeit auf. Wo die Straße Mainz—Metz die Saar überschreitet,
bezeichnet die Doppelstadt Saarbrücken-St. Johann den Mittelpunkt
des Steinkohlen- und Jndustriebezirks, in dem besonders Eisen- und
Glaswaren hergestellt werden. (In der Nähe Spichern, 1870.)
Die Lothringische Hochebene ist bei rauherem Klima und weniger
fruchtbarem Boden schwach bevölkert; Landwirtschaft herrscht hier vor,
im Saargebiet gesellt sich dazu Industrie (Eisen). Wein gedeiht nur
im geschützten Moseltale. Die starken Festungen «Metz und Diedeu-
106 Europa.
Hofen sichern die deutsche W.-Grenze. Im August 1870 fanden in
der Nähe von Metz bei Courcelles, Gravelotte, St. Privat und Mars
la Tour blutige Schlachten statt.
2. Das Schwäbisch-Fränkische Stufenland wird von den beiden
wichtigsten Flüssen, die der Rhein bei seinem Laufe durch die Ober-
rheinische Tiefebene aufnimmt, dem Neckar und dem Main durch-
flössen. Es lehnt sich an die O.-Seite des Schwarzwaldes und seiner
n. Fortsetzungen an, reicht im SO. und O. mit dem Schwäbischen und
Fränkischen Jura bis an die Oberdeutsche Hochebene und wird im N.
vom Thüringer Walde, vom Nhöngebirge und vom Vogelsberg begrenzt.
Der Schwäbische Jura, in seinem mittleren Teile Rauhe
Alb genannt, ist eine Fortsetzung vom Schweizer Jura; er erhebt sich
im SW., wo er eng mit dem Schwarzwalde zusammenhängt, bis
1000 in. Im Gegensatz zum Schweizer Jura, der aus mehreren
parallelen Gebirgsketten besteht, geht er nach NO. in eine breite Hoch-
fläche über, die sich langsam nach SO. senkt, nach NW. aber in steilen
Abhängen abfällt. Vor diesem Gebirgsrande, der durch kurze, tief
eingeschnittene Täler zerklüftet ist, ragen einzelne Felskegel, wie oer
Hohenzollern und der Hohenstaufen empor.
Weiter nach NO. wird die Hochfläche schmaler, indem sich von
N. die Ebene des Ries wie eine Bucht einschiebt. Jenseits davon'
folgt der im Bogen nach N. ziehende Fränkische Jura, der immer
breiter und niedriger wird und nahe dem Fichtelgebirge endet; in
seinem n.sten Teile wird er Fränkische Schweiz genannt.
Der s. Teil dieses Stusenlandes ist das Gebiet des Neckars.
Er entspringt da, wo Jura und Schwarzwald zusammenstoßen, nicht
weit vom Tale der Brigach. Vom Schwarzwalde empfängt er die
Enz, vom Jura die dicht beieinander mündenden Flüsse Kocher
und Jagst.
Der n. Teil, das Fränkische Stufenland, ist das Maingebiet; es
wird von der Frankenhöhe und dem Steiger-Walde durchzogen,
die ihre Gewässer nach W. (Tauber) zum Main, nach SO. zum Main
(Rezat) und zur Donau (Altmühl) entsenden. Der Main, dessen
w.wärts gerichteter Lauf infolge zahlreicher Krümmungen mehr als
doppelt so lang wie d'e geradlinige Entfernung zwischen seiner Quelle
und Mündung ist, entsteht aus dem Roten und Weißen Main.
Dieser kommt vom Fichtelgebirge, jener vom Fränkischen Jura. Nach
der Vereinigung beider beschreibt der Main zwei nach N. offene Drei-
ecke und ein ebenfalls nach N. offenes Viereck und fließt endlich in
s.w. Richtung in den Rhein. Die Quelle des Weißen Mains
Das Deutsche Reich. 107
und die Mündung des Flusses liegen auf demselben, dem 50. Pa-
rallelkreise.
Links empfängt der Main die Rednitz, die als Rezat parallel
der Altmühl, mit der sie durch den Ludwigskanal verbunden ist,
von der Frankenhöhe kommt, dann aber spitzwinklig nach N. umbiegt.
Ebenfalls von der Frankenhöhe fließt ihm die Tauber zu. Aus der
rechten Seite nimmt der Main drei von NO. ihm zuströmende
Flüsse auf: die Fränkische Saale von den s.w. Vorbergen des
Thüringer Waldes, die Kinzig von der Rhön und die Nidda vom
Vogelsberg.
Das von Schwaben bewohnte Neckargebiet gehört bis zum Ein-
fluß von Kocher und Jagst in den Neckar zum Königreich Württem-
berg, von dem das sich bis über die Donau hinziehende preußische
Fürstentum Hohenzollern mit der Regierungsstadt Sigmaringen um-
schlössen wird. Der n.ste Teil gehört zu Baden, das sich nach NO.
bis zur Tauber und zum Main erstreckt. Die Winter sind hier
weniger kalt, die Sommer, abgesehen von den tieferen Tälern, weniger
warm als auf der Oberdeutschen Hochebene, im ganzen aber ist das
Klima milder als dort, so daß auf dem meist fruchtbaren Boden
neben Ackerbau der Anbau von Obst, Hopfen und Wein in hoher
Blüte steht. Der Weinbau reicht hinauf bis zur Universitätsstadt
Tübingen, dem Geburtsorte Uhlands. Flußabwärts gesellt sich zur
Landwirtschast mannigfache Industrie, die die Wasserkraft der Flüsse
neben den aus dem Saargebiete herbeigeschafften Kohlen benutzt. Eß-
lingen, Cannstatt, "Stuttgart sind gewerbsleißige Orte, werden aber
übertroffen von Heilbronn, der größten Fabrik- und Handelsstadt
dieses Gebietes. Auch Stuttgart, die abseits vom Neckar schön ge-
legene Hauptstadt Württembergs, treibt viel Handel und wird im
Buchhandel nur von Leipzig und Berlin übertroffen. Dagegen ist
Ludwigsburg, die zweite Residenz des Landes, eine stille Stadt.
An der Enz, tief im Schwarzwalde, liegt Wildbad, dessen schon im
Mittelalter gerühmte Heilquellen noch heute viel benutzt werden; Hall
am Kocher ist ein wichtiger Salinenort. Das badische Pforzheim
treibt schwungvollen Handel mit seinen Gold- und Silberwaren.
Da, wo der Neckar in die Rheinebene eintritt, erhebt sich in lieblichster
Gegend Heidelberg mit alter protestantischer Universität und der be-
rühmten Ruine des von den Franzosen am Ende des 17. Jahrhunderts
arg verwüsteten Schlosses.
Das Maingebiet ist von Franken bewohnt und umfaßt die bay-
rischen Kreise Ober-, Mittel- und Unterfranken. Bayreuth, am Roten
108 Europa.
Main, einst Hauptstadt der Hohenzollernschen Markgrafen, ist eine auf-
blühende Industriestadt und bekannt durch das hier erbaute Wagner-
Theater. Kulmbach am Weißen Main versendet sein Bier in alle
Erdteile. Die alte Bischofsstadt Bamberg, in deren Dom Kaiser
Heinrich II. und seine Gemahlin begraben sind, ist der Mittelpunkt
einer gartengleich angebauten Gegend, wo viel Hopfen gezogen wird.
Obwohl es sehr günstig gelegen ist, da, wo von der Mainstraße der
Weg an der Rednitz aufwärts sich abzweigt, hat es doch nie solche
Bedeutung erlangt wie ""Nürnberg an der Pegnitz, das seit dem
Mittelalter durch seinen Handel und mancherlei Gewerbe (Nürnberger
Tand geht durch alle Land) ebenso wie durch Kunstsinn und Kunstfleiß
(Dürer; Hans Sachs) einen Weltruf genießt. Altertümliche Gebäude
und schöne Kirchen schmücken die Stadt; sie wird überragt von der
alten kaiserlichen Burg, in der die Hohenzollernschen Markgrafen Hof
hielten. Nürnberg ist die erste Industriestadt Süddeutschlands, berühmt
durch Spielwaren, besonders Zinnsoldaten, Fabersche Bleistifte, Bier
usw. Mit Recht ist hier das Germanische Museum errichtet, das
Erzeugnisse des deutschen Kunsthandwerks aus alter und neuer Zeit
enthält. Mit dem ebenfalls außerordentlich gewerbfleißigen Fürth
(Herstellung von Spiegeln) wurde Nürnberg 1835 durch die erste
deutsche Eisenbahn verbunden. Erlangen ist durch seine protestantische
Universität berühmt; auch hier sind große Bierbrauereien. Ansbach
an der Rezat, wo noch viel Hopfen gebaut wird, war einst Hauptstadt
des gleichnamigen, (bis 1806) den Hohenzollern gehörigen Fürsten-
tums. Solnhofen an der Altmühl liefert die weltberühmten Platten
für Steindruckerei.
Unterhalb von Schweinfurt am Main treten Weinberge an die
Stelle der Hopfenpflanzungen: bei Würzburg wächst der vielgepriesene
Stein- und Leistenwein. «Würzburg hat eine besonders von Medi-
zinern besuchte Universität; hier beginnt die Kettendampfschiffahrt auf
dem Main. Der vom Main-Viereck umschlossene Spessart ist mit
ausgedehnten Wäldern bedeckt, deren Holz von den ärmlichen, meist
von Kartoffeln lebenden Bewohnern den Main und Rhein abwärts
geflößt wird. Da, wo der Main aus dem Berglande in die Ebene
tritt, liegt Aschaffenburg; hier kämpften wie bei Kissingen,
einem vielbesuchten Kurort an der Fränkischen Saale, 1866 die
Preußen siegreich gegen die Bayern.
Nerkehrsstraßen Süddeutschlauds. Die natürlichen und künstlichen
Wasserstraßen stehen an Bedeutung hinter den Eisenbahnen zurück. Die
Schiffahrt reicht auf dem Rhein bis Straßburg hinauf, wo der Rhein-Rhone-
Das Deutsche Reich, 109
und der Rhein-Marne-Kanal beginnen, auf dem Neckar bis Heilbronn. Der
Main ist der vielen Windungen und der im Sommer nur geringen Wasser-
menge wegen der Schiffahrt nicht günstig; durch den Ludwigs-Kanal (172 km)
steht er im Anschluß an den Lauf von Rednitz und Altmühl mit der Donau
in Verbindung, auf der Dampfschiffe bis Regensburg, kleinere Fahrzeuge bis
Ulm aufwärts fahren.
Von W. nach O. durchzieht Süddeutschland die große Orientlinie
Paris—Konstantinopel, die über Straßburg, Stuttgart, München führt, dazu
kommt eine zweite von (London, Cöln) Frankfurt über Würzburg, Nürn-
berg, Regensburg, Passau (nach Wien). Von N. nach S. sind die wichtigsten
Fig. 23. Das Weinfelder Maar.
(Nach einer Ausnahme von Stengel & Co., Dresden.)
Eisenbahnen: von Mainz über Straßburg nach Basel bezw. nach dem s.ö.
Frankreich; von Frankfurt über Karlsruhe nach Basel; von (Berlin) Würz-
bürg, Stuttgart, Schaffhausen; alle drei führen zum St. Gotthard; von
<Berlin über Hof) Nürnberg oder Regensburg nach München, den Inn
aufwärts zum Brenner; von Nürnberg und München zweigt sich die Strecke
über Augsburg nach Lindau am Bodensee ab.
§ 23.
Das Rheinische Schiefergebirge.
Geographische Lage: Die Haar 51V N., der Rheingau 50° N.,
Aachen 6° O-, Gießen etwa 8Vz°O.
110
Europa.
Das Rheinische Schiefergebirge, dessen Umrisse ein Trapez
mit der Hauptrichtung von SW. nach NO. bilden, ist eine ausge-
dehnte einförmige Hochfläche von 500 m mittlerer Höhe, die nur im
S. in einzelnen Gebirgskämmen 200—300 m höher aufragt, aber
durch die tiefeingeschnittenen Täler des Rheins und seiner Nebenflüsse
scharf in mehrere Abschnitte geteilt wird. Die W.-Hälfte zerfällt auf
diese Weise in den Hunsrück mit den höheren Kämmen des Hoch-
waldes und des Jdarwaldes und in die öde Hochfläche der Eifel,
die sich nach W. außerhalb der deutschen Grenze in den Ardennen fort-
setzt. Eigentümlich sind der Eifel die zahlreichen ihr ausgesetzten Berg-
flippen und die meist kreisrunden, von einem Schlackenmall umgebenen,
mit Wasser angefüllten Einsenkungen, die sog. Mare (Fig. 23), unter
denen der Laach er See am größten ist. Beide Erscheinungen sind
die Folge früherer vulkanischer Tätigkeit. Der n.w. Teil der Eifel
ist das von Torfmooren bedeckte Hohe Venn [femt] (— Moor).
Der rechtsrheinische Teil gliedert sich in den Taunus,
der im Feldberg, dem höchsten Punkte des ganzen Gebirges, fast
900m erreicht, in den Westerwald, in dessen NW. das malerisch
schöne ebenfalls vulkanische Siebengebirge (Fig. 23) aufragt und
das Sauerland, d. h. Süderland, das schon nicht mehr bis an
den Rhein heranreicht und n.wärts mit den langgestreckten Höhen-
zügen der Haar endet. O.wärts vereinigen sich das Sauerland und
der Westerwald n.ö. vom Ederkopf im Rothaargebirge.
Der Rhein durchbricht das Schiefergebirge in n.w. Richtung
in einem vielfach gewundenen Tale, deni schönsten Deutschlands.
Namentlich im ersten Teile ist es eng und felsig, und der auf 300 in
eingeengte Strom wird mehrfach von Felsriffen durchsetzt, von denen
das bekannteste gleich am Eingange des Felstales im sog. Ving er
Loch erst in neuerer Zeit durch Sprengungen beseitigt ist. Links
fließt dem Rhein bei seiner Biegung nach NW. die Nahe zu, die
den Hunsrück nach SO. begrenzt, wie die Mosel nach NW. Rechts
mündet etwas oberhalb der Mosel die Lahn vom Ederkopf, deren
Tal den Taunus vom Westerwald scheidet, und n. des Sieben-
gebirges die Sieg, ebenfalls vom Ederkopf. Die Ruhr vom Rot-
Haargebirge durchfließt die n.sten Teile des Rheinischen Schiefergebirges
zwischen Sauerland und Haar.
Die das Rheinische Schiefergebirge bewohnenden Franken haben
sich z. T. infolge der großen Unterschiede des Klimas, der Ertrags-
fähigkeit des Bodens und der dadurch bedingten Beschäftigungen und
Lebensweise in den einzelnen Teilen dieses Gebietes sehr verschieden-
] 12 Europa,
artig entwickelt: die frohsinnigen, heiteren Bewohner des Rhein- und
Moseltales und die wetterharten Bewohner der Hochflächen, die in
mühevoller Arbeit dem wenig fruchtbaren Boden ihren kärglichen
Unterhalt abgewinnen, lassen die Stammverwandtschaft oft kaum noch
erkennen. Politisch gehört das Gebiet zu Preußen und zwar zur
Rheinprovinz, zu Westfalen und zu Hessen-Nassau. Im SO. reicht
das Großherzogtum Hessen mit der Provinz Oberhessen bis an den
Taunus und die obere Lahn, und an der oberen Nahe liegt das
oldenburgische Fürstentum Birkenfeld.
Die ungehindert heranwehenden W.- und N.-Winde verleihen
der Hochfläche ein rauhes Klima und lange schneereiche Winter.
Manche Teile des Gebirges sind, wie der Hunsrück, reich bewaldet,
und zwar herrscht Laubwald vor. Die Eisel ist waldarm, und der
unfruchtbare Boden gestattet fast nur den Anbau der Kartoffel. Des-
halb fehlen hier größere Siedelungen. Nur in der Nähe des Laacher
Sees hat sich Industrie entwickelt: hier werden in unterirdischen Stein-
brächen die festesten Mühlsteine gewonnen, und der gemahlene Bims-
stein liefert einen ausgezeichneten Mörtel.
Im schroffen Gegensatz zu den Höhen stehen die geschützten
Täler, besonders die des Rheins und der Mosel, deren Sommer zwar
weniger warm, deren Winter aber ebenso milde sind wie die der
Oberrheinischen Ebene. Daher wächst hier herrlicher Wein und vor-
zügliches Obst. Bei Bingen, dem gegenüber auf dem Niederwalde
das National-Denkmal zur Erinnerung an die Siege von 1870/71
errichtet ist, beginnt der schönste Teil des schönen Rheintales, die am
meisten von Fremden besuchte Gegend Deutschlands. Der nie ruhende
Verkehr auf dem Strome und an seinen beiden Ufern beweist die
Wichtigkeit dieser Hauptstraße des w. Deutschland, die seit Eröffnung
des Gotthard-Tunnels noch an Bedeutung gewonnen hat. Beim
schönen Koblenz, das wie das gegenüberliegende Ehrenbreitstein
stark befestigt ist, zweigt sich die Straße nach SW. ab, die im eben-
falls weinreichen, vielgewnndenen Moseltale über Trier nach Metz
und Frankreich führt. Trier erinnert noch durch manche Bauwerke,
wie die .Porta nigra, an die Zeiten, als es Sitz römischer Cäsaren
war. Zwischen Koblenz und Bonn, der schön gelegenen rheinischen
Universitätsstadt, mündetdas Ahrtal, das durch seinenWein wie durch seine
Naturschönheit gleich berühmt ist. Auch im untern Lahntale wird
noch viel Wein gebaut; hier sprudeln wie am SO.-Abhange des
Taunus viele mineralische Quellen: Ems, Selters, Nauheim,
Homburg vor der Höhe und vor allem Wiesbaden sind viel-
Das Deutsche Reich. 113
besuchte Badeorte, ebenso wie links vom Rhein Kreuznach an der
Nahe; andere Orte, wie König st ein, haben Bedeutung als Luftkur-
orte. Im oberen Lahntale liegen an der von Frankfurt n.wärts nach
Cassel führenden Straße die Universitätsstädte Gießen und Mar-
bürg. Bemerkenswert ist auch Wetzlar als einstiger Sitz des Reichs-
kammergerichts.
Von der größten Wichtigkeit sind die reichen Schätze an Eisen
und Kohlen, die am N.-Rande des Schiefergebirges erschlossen sind
und diese Gegenden, sowie die am Rhein aufwärts sich einschiebende
Tieflandsbucht, zu den industriereichsten Bezirken Deutschlands ge-
macht haben. Das n. vom Hohen Venn gelegene Kohlenfeld reicht
hinüber nach Belgien und an der Maas und Sambre bis nach
Frankreich. "Aacheu-Burtscheid, Eupen, Düren, Jülich sind
besonders wichtig durch Tuchwebereien. Aachen, die ehemalige
Krönungsstadt der deutschen Könige, in dessen Münster Karl d. Gr.
begraben liegt, ist zugleich, wie schou im Mittelalter, eiu wegen seiner
schwefelhaltigen Quellen besuchter Badeort. Weiter n., schon im Tief-
lande, sind »München-Gladbach, Rheydt und "Krefeld eben-
falls durch Webereien groß geworden; Krefeld wetteifert in Her-
stellnng von Samt und Seidenstoffen mit Lyon. Noch dichter
drängen sich rechts vom Rhein die Fabrikstädte im Gebiete der
Wupper und Ruhr zusammen: die Doppelstadt "Elberfeld-"Barmen
blüht durch Leinen- und Baumwollwebereien; Remscheid liefert
Eisen- und Stahlwerkzeuge, Solingen Messer und Scheeren und die
weltberühmten Säbelklingen; zwischen beiden Städten wird die
Wupper von der Müngstener Brücke überspannt, deren Mittelbogen,
170 in Weite, 107 in über dem Spiegel des Flusses liegt. Jser-
lohn in der Grafschaft Mark, „wo der Märker Eisen reckt", hat große
Stahlfeder- und die größten Nadelfabriken der Erde. ^Bochum, n.
der Ruhr gelegen, besitzt nächst Essen die größten Gußstahlfabriken
Deutschlands; in "Essen liefert Krupp Kanonen und Panzerplatten
für In- und Ausland, außerdem Eisenbahnschienen und -radreifen
u. dgl. "Dortmund hat große Bierbrauereien und ist, am Aus-
gaugspunkte des Dortmnnd-Ems-Kanals gelegen, für den Versand
von Steinkohlen wichtig. Bis nach Soest, der im Mittelalter hoch-
berühmten Hansestadt, und Arnsberg im O., nach Siegen im SO.
erstreckt sich der Jndustriebezirk. In Mühlheim und »Duisburg
an der unteren Ruhr überwiegt wieder die Weberei. Durch diese
großartige Fabriktätigkeit haben auch die Städte am Rhein noch an
Bedeutung gewonnen: Ruhrort mit dem größten Flußhafen des
Schlemmer, Erdkunde!!. 3. Auflage. 8
114
Europa.
Deutschen Reichs verfrachtet neben den Erzeugnissen der Fabriken. vor
allem Kohlen. Rheinanfwärts liegen Kaiserswerth mit dem ältesten
und größten Diakonissenhause Deutschlands und "Düsseldorf, das,
selbst ein lebhafter Jndustrieort, ebenfalls ein bedeutender Hafen für
das ö. Fabrikgebiet ist. Daneben besitzt es Weltruf durch seine
Malerakademie. Nach beiden Hafenorten und sogar bis Cöln
(300 km vom Meere) gelangen noch Seeschiffe. ****@öln, die Stadt
mit dem ewigen Dom, wegen seiner vielen an Reliquien reichen
Kirchen auch das deutsche Rom genannt, verdankt seine Bedeutung als eine
der größten deutschen Industrie- und Handelsstädte seiner überaus
günstigen Lage. Hier an der Grenze von Berg- und Tiefland, bis
wohin, wie gesagt, Seeschiffe rheinaufwärts fahren, wird die große
Verkehrsader des Rheins geschnitten von der Straße Paris—Cöln—
Berlin, die das deutsche Mittelgebirgsland n. umgeht. Cöln ist des-
halb, wie das gegenüberliegende Deutz, mit dem es durch eine feste
Brücke verbunden ist, stark befestigt.
§ 24.
Das Hessische und Weser-Bergland.
Geographische Lage: Zwischen 52° und 50° N. und 8° und 9° O.
1. Das Hessische Bergland ist eine von tiefen Tälern zer-
schnittene Hochfläche, auf der sich besonders im S. höhere Berggruppen er-
heben. Ö. vom Taunus, von ihm durch die Ebene der Wetterau
getrennt, liegt der fast 800 m hohe Vogelsberg und ö. davon die
mehr langgestreckte Rhön. Der Vogelsberg ist ein einziger, beinahe
kreisrunder, sanft ansteigender vulkanischer Kegel, dessen Abhänge
durch strahlenförmig nach allen Seiten ausgehende Täler zerrissen
sind. Die Rhön hat im s. Teile ebenfalls zahlreiche vulkanische,
kuppenartige Erhebungen, wie den Kreuzberg und die Wasser-
kuppe, 950 m, nach NO. geht sie in die rauhe, unwirtliche Hoch-
fläche der Plattenrhön über. Das n. Bergland wird von einzelnen
höheren Bergrücken durchzogen, von denen der Hohe Meißner fast
so hoch ist wie der Vogelsberg, während der n.w. davon gelegene
Habichtswald schon bedeutend niedriger ist.
Der rein hessische Fluß, die Fulda, durchzieht, auf der Wasser-
kuppe entspringend, in gekrümmtem Laufe n.wärts das ganze
Hessische Bergland und nimmt links die vom Ederkopf kommende
Eder auf. Die Werra entspringt auf dem Thüringer Walde, den
Das Deutsche Reich. 115
sie zweimal rechtwinklig umbiegend nach NW. begrenzt. Nach ihrer
Vereinigung mit der Fulda bei Münden wird sie mit der alten
Form ihres Namens Weser genannt.
Da die Hessen, die Nachkommen der alten Chatten, meist Acker-
und Waldwirtschaft treiben, konnten sich große Städte nicht ent-
wickeln. Nur "Cassel macht, aber auch erst seit neuerer Zeit, eine
Ausnahme. Hier schneiden sich die das Land durchziehenden Straßen,
und Handel und Gewerbe mehren sich von Jahr zu Jahr. In der
Nähe liegt das schöne Schloß Wilhelmshöhe, wo Napoleon III.
gefangen saß. Das w. gelegene Arolsen hat nur als Hauptstadt
des Fürstentums Waldeck Bedeutung. Die alte Bischofsstadt Fulda,
von wo das Christentum in Hessen und Thüringen verbreitet wurde,
birgt in ihrem schönen Dome die Gebeine des Bonifatius, des
Apostels der Deutschen. Oberhalb der Stadt überschreitet die Bahn
Berlin—Eisenach—Frankfurt die Fulda, um zwischen Rhön und
Vogelsberg nach der Kinzig und dem Main hinüberzuführen.
2. Das Weser-Bergland besteht im Gegensatz zu dem Hessischen
Berglande mehr aus einzelnen Gebirgsketten, bei denen die Richtung
von SO. nach NW. vorherrscht. Zunächst trennt die n.wärts fließende
Weser die sanft ansteigende Kuppel des Sollings im O. von einer
sich steil über ihrem linken Ufer erhebenden, einförmigen Hochfläche;
nach W. wird diese von dem schmalen Kamme des Eggegebirges
begrenzt. Das weiter n. sich ausbreitende Berg- und Hügelland findet
seinen Abschluß in einem von SO. nach NW. gerichteten Bergzuge,
dem Wesergebirge, dessen wster Teil das Wiehengebirge ge-
nannt wird. Im SO. schließt es sich an den Süntel, dem n.ö.
der Deister vorgelagert ist Vom N.-Rande der Egge zieht in drei
Parallelkämmen der Teutoburger Wald nach NW. Er nähert sich
allmählich dem Wiehengebirge, und beide schieben ihre immer niedriger
werdenden Höhen weit in die Tiefebene hinaus.
Die vorherrschend n. Richtung der Weser wird durch das Weser-
gebirge in eine völlig w. verwandelt, bis es dem Flusse gelingt, in
der Porta Westfalica nach der Tiefebene durchzubrechen.
Das Klima ist auf den Höhen rauh, in den geschützten Tälern
milde, und hier breitet sich fruchtbares Ackerland aus. Die Gebirge
sind, namentlich der Solling, mit schönem Buchenwald bedeckt.
Auch im Weser-Berglande, der Heimat der Cherusker Armins,
herrscht Landwirtschaft vor; neuerdings werden aus manchen Orten,
z. B. Holzminden, in dessen Nähe die Straßen aus dem westfälischen
Industriegebiete die Weser überschreiten, viel Bau- und Pflastersteine
8*
116
Europa.
flußabwärts in die an Steinen arme Tiefebene versandt. Großartige
Steinbrüche befinden sich auch an der Porta Westfalica. Hier ist
Minden eine lebhafte Fabrik- und Handelsstadt. Ö. liegt das
kleine Bückeburg, die Hauptstadt des Fürstentums Schaumburg-
Lippe. «Bielefeld, in einer von der Eisenbahn Cöln—Hannover
durchzogenen Querlücke des Teutoburger Waldes gelegen, ist der
Mittelpunkt der seit alters in der Grafschaft Ravensberg heimischen
Leinenwebereien und berühmt durch die großartigen Anstalten der
inneren Mission. Osnabrück (Friedensschluß 1648) hat durch die
zwischen den Ausläufern des Teutoburger Waldes und des Wichen-
gebirges erschlossenen Kohlenfelder an Bedeutung gewonnen. In der
Nähe von Detmold, der Hauptstadt des Fürstentums Lippe, steht
das Denkmal zur Erinnerung an den Sieg Armins über die Römer,
9 n. Chr. Pyrmont und Lippspringe sind bekannte Badeorte.
In der Unigegend der Bischofsstadt Paderborn, an der Straße
nach dem Rhein, überwiegt Ackerbau.
Der größte Teil beider Gebiete ist preußisch; außer den genannten
Kleinstaaten haben noch Anteil daran Braunschweig lHolzminden)
und Hessen (Nogelsberg und Wetterau).
§ 25.
Der Thüringer Wald und der Harz.
Geographische Lage: Zwischen 52° und 50° N. und 19" und
12° O.
Vom Fichtelgebirge nach NW. zieht der Frankenwald, eine
breite gleichmäßige Hochfläche, die mit ihren tiefen, gewundenen Tälern
und den vereinzelten, mäßig hohen Kuppen an das Rheinische Schiefer-
gebirge erinnert. Von den Quellen der Werra an wird das Gebirge
schmaler und zieht im Thüringer Wald als ein völlig unverzweigter
Kamm von fast 800 m Höhe bis dahin, wo er durch das n.ö. ge-
richtete Tal der Werra begrenzt wird. Da diesem Gebirgskamme
alle tieferen Paßeinschnitte fehlen, war es schon in uralter Zeit mög-
lich, auf ihm einen 170 km langen fahrbaren Weg, den Rennsteig,
d. h. Rain- oder Grenzweg, herzustellen, der als Stammesgrenze
zwischen Franken und Thüringern sich vom NW.-Ende des Gebirges
bis zum Tale der Saale hinzieht. Heute wird das Gebirge mehr-
fach von Eisenbahnen überschritten bezw. in Tunneln durchfahren.
Die höchsten Gipfel, von denen der Beerberg bis 1000 in aufsteigt,
erheben sich entweder über der Kammlinie selbst oder sind
Das Deutsche Reich,
117
nur wenig zur Seite gerückt, wie der etwas niedrigere Jnselsberg.
Wegen seiner landschaftlichen Schönheit wird das Gebirge im Sommer
sehr viel von Fremden besucht.
Im Gegensatz zum schmalen Kammgebirge des Thüringer-
Waldes steigt der Harz als ein Massengebirge, dessen elliptische Form
ihre größte Ausdehnung von NW. nach SO. hat, fast nach allen
Seiten scharf begrenzt empor. Nur nach SO. verläuft es allmählich
ins Flachland. Der mächtigen Hochfläche, die durch die gekrümmten,
tief eingegrabenen und an ihren Ausgängen oft torartig verengten
Flußtäler reiche Abwechselung erhält, sind einzelne Bergkuppen auf-
gesetzt: der Brocken ist mit 1140 in der höchste Berg des w. Nord-
Fig. 25. Fränkisches Bauernhaus.
deutschland und ragt noch etwas über die Baumgrenze empor. Der
n.w. davon gelegene kleinere Teil heißt der Oberharz, das übrige
der Unterharz.
Zwischen Thüringer Wald und Harz breitet sich das Thüringer
Flachland aus, das durch einen von W. nach O. gerichteten Höhen-
zug in zwei nach O. sich senkende Mulden geteilt wird. Von dem
öden und rauhen Eichsfeld im W. zieht die Hainleite o.wärts,
an die sich die Finne ansetzt. Die Lücke zwischen beiden ist n.wärts
durch das kurze Gebirge des sagenreichen Kyffhäusers geschlossen.
Mit Ausnahme des NW., wo vom Eichsfelde die Leine und
vorn Oberharz die Oker n.wärts der Aller zuströmen, entwässern
Thüringen und der Harz zur Saale, die, vom Fichtelgebirge
uach N. fließend, das ganze Gebiet im O. begrenzt. Der Thüringer
Wald sendet ihr die Ilm zu, das Eichsfeld die größere Unstrut
mit der Helme. Vom Harz fließt die Bode zur Saale; zwischen
118 Europa.
den steil 250 m über ihrem Spiegel aufragenden Felswänden der
Roßtrappe und des Hexentanzplatzes tritt sie aus dem Gebirge
heraus.
In dem geschilderten Gebiete sind seit alters die Thüringer-
ansässig; der SW.-Abhang des Thüringer Waldes jedoch wird von
Franken bewohnt (Fig. 25), und die n.w. Teile des Harzes haben
Sachsen besiedelt. Anteil an dem Gebiet haben die preußischen Pro-
vinzen Sachsen uud Hannover, die Thüringischen Herzogtümer und
Bayern und am Harz Braunschweig und Anhalt.
Der Thüringer Wald ist mit schönen Laub- und Nadelholz-
wäldern bedeckt. Da der Ackerbau im Gebirge nicht hinreichenden
Ertrag bietet, hat sich hier früh mancherlei Industrie entwickelt: die
Wälder liefern Holz zu Haus- und Küchengerät und allerlei Spiel-
waren, durch deren Herstellung Sonneberg am SW.-Abhänge des
Frankenwaldes bekannt geworden ist; zwischen Sonneberg und Saal-
feld (Gefecht 1806) werden in den größten Schieferbrüchen Deutsch-
lands Schiefertafeln uud Griffel verfertigt; zahlreiche Glasbläsereien
helfen die Bewohner vieler Orte ernähren; Suhl genießt durch
seine Gewehrfabriken Weltruf, auch Schmalkalden hat Eisenindustrie;
das kleine Ruhla versendet die aus kleinasiatischem Meerschaum ge-
arbeiteten Pfeifenköpfe und Zigarrenspitzen in alle Welt. Auch der
immer mehr zunehmende Fremdenverkehr trägt zum Unterhalte der
Gebirgsbewohner bei. Die besuchtesten Kurorte sind Friedrichroda
s. von Gotha, in dessen Nähe das Schloß Reinhardsbrunn mit
seinem herrlichen Park gelegen ist, und Oberhof.
Im SW. ist Hof, wo die Bahn von Berlin und Leipzig aus
dem Tal der Elster in das der Saale übertritt, wichtig für den Ner-
kehr zwischen N.- und S.-Deutschland. Coburg au einem Neben-
flüßchen des Mains, Hildburghauseu und Meiningen an der
Werra sind vornehmlich als Hauptstädte thüringischer Herzogtümer zu
nennen. Größere Orte entstanden am Nordrande des Gebirges, an
der Grenze des fruchtbaren Flachlandes, wo jetzt die Eisenbahn Berlin-
Frankfurt entlangführt. Die aufblühende Fabrikstadt Eiseuach wird
überragt von der schön wiederhergestellten Wartburg (heil. Elisabeth;
Sängerkrieg; Luther); auch Gotha gewinnt durch rege Industrie an
Bedeutung. Wichtiger aber ist «Erfurt, wohl einer der ältesten Orte
Thüringens (Bonifatius). Die Universität (Luther) ist aufgehoben.
Seitdem die Festungswerke geschleift sind, haben Handel und Industrie
einen großen Aufschwung genommen, besonders die Handelsgärtnereien.
Weiter ö. folgen das an Herder, Goethe und Schiller erinnernde
Das Deutsche Reich, 119
Weimar an der Ilm und Apolda mit großen Strumpfwirkereien.
An der Saale liegt Jena (Schlacht 14. Okt. 1806), die den thüringi-
schen Staaten gemeinsame Universität mit der großen Zeißschen Fabrik
optischer Instrumente; oberhalb der sürstlichen Residenz Rudolstadt
mündet das vielgewundene Schwarzatal, das mit dem herrlich gelegenen
Schwarzburg zu den schönsten Gegeudeu Thüringens gehört.
Fig. 26. Rathaus in Hildesheim.
Im Flachlande, wo die Landwirtschaft überwiegt, sind Mühl-
hausen und Langensalza (Schlacht 1866) gewerbfleißige Orte.
Nordhausen in der gesegneten Goldenen Aue, wo viel Zuckerrüben
gebaut werden, ist durch seinen Kornbranntwein bekannt, S. davon
liegen auf dem Höhenzuge die kleine Residenzstadt Sondershausen
und Frankenhausen (Schlacht 1525), in dessen Nähe auf dem
Kyffhäuser dem Kaiser Wilhelm I. von den Kriegervereinen Deutsch-
lands ein großartiges Denkmal errichtet ist. Zwischen Frei bürg,
120 Europa.
Naumburg und Weißenfels wird au der Mündung der Unstrut
und an der Saale viel Wein gebaut. Die alte Bischofstadt Merse-
bürg (in der Nähe Roßbach, Schlacht 1757) ist weit überflügelt von
dem wichtigen Eisenbahnknotenpunkte "Halle a. ©., mit uralter, früher
von den Halloren bedienter Saline. (Salz wird auch viel gewonnen
in der Gegend von Salzuugeu an der Werra bis zum Kyffhäuser
und von Erfurt o.-wärts zur Saale.) Zuckerrübenbau und große
Lager von Braunkohlen, aus denen Paraffin und Solaröl gewonnen
werden, begründeten hier eine lebhafte Industrie. Es ist berühmt
durch seine Universität, die Frankeschen Stiftungen und die älteste
Bibelanstalt.
Der Harz ist noch zum großen Teile mit Wald bedeckt. Die
Kupferbergwerke des Unterharzes bei Mansfeld und der Lutherstadt
Eisleben sind durch das Eindringen der Wasser aus den Eislebener
Seen, den einzigen Salzseen Deutschlands, sehr gefährdet; der größere
der beiden Seen ist deshalb trocken gelegt. Thale, Blankenburg,
Wernigerode, Harzburg, Lauterberg sind Mittelpunkte des
Touristenverkehrs. Im Oberharze werden Silber- und Bleierze ge-
wonnen; der schon seit dem Mittelalter betriebene Bergbau hat hier
größere Orte entstehen lassen. Am bedeutendsten ist das mit Zeller-
feld zusammengewachsene Klaustal, das eine Bergakademie hat;
Andreasberg ist ein wichtiger Luftkurort für Lungenkranke und
weltberühmt durch Kanarienvögelzucht. In Goslar, in dessen Nähe
der Rammelsberg seit alters Kupfer liefert, ist die alte Kaiserpfalz
würdig wieder hergestellt. An der Leine, auf der Grenze zwischen
Harz und Weserbergland, liegt die Universitätsstadt Göttingen,
weiter n., an einem Nebenflüßchen der Leine, das altertümliche Hildes-
heim (Fig. 26).
Wegen seiner Lage im Herzen Deutschlands ist Thüringen von jeher
ein wichtiges Durchgangsgebiet gewesen und wird auch jetzt von großen
Eisenbahnlinien durchkreuzt: im O. bildet das Saaletal die Verbindung
zwischen Nord- und Süddeutschland (Gustav Adolf; Napoleon I.), im W.
zieht die Straße (Hamburg und Hannover—Frankfurt) vom Tale der Leine
zu dem der Fulda; von Halle führen drei Schienenstränge nach W.: 1. am
Nordrande des Thüringer Waldes hin nach Eisenach, von dem sich in Erfurt
die Bahn nach Würzburg, Stuttgart, Schaffhausen abzweigt (Tunnel in der
Nähe des Beerberges), 2. durch die Goldene Aue nach Cassel, 3. den Nord-
rand des Harzes entlang über Hildesheim zum Rhein.
Das Deutsche Reich. 121
§ 26.
Das Sächsische Erzgebirge.
Geographisch eLage: Dresden 51 ° N., Fichtelgebirge 50° N. 12° O-,
Elbsandsteingebirge 14" £).
Im Mittelpunkte des deutschen Landes liegt unter 50 0 N. und
12° O. das kleine Fichtelgebirge, in dem der Ochsenkopf und
der Schneeberg über 1000 in hoch aufragen. Frankenwald, Erz-
gebirge, Böhmer Wald und Jura stoßen hier zusammen, und von.
diesem Gebirgsknoten gehen vier Flüsse aus: nach N. die Saale, nach
O. die Eger, nach S. die Nab und nach W. der Main. Das Fichtel-
gebirge bildet also die Wasserscheide zwischen Elbe, Donau und Rhein
und scheidet das Gebiet der Nordsee von dem des Schwarzen Meeres.
Vom Fichtelgebirge nach NO. breitet sich eine dem Franken-
walde ähnliche, nur durch das Tal der Saale von ihm getrennte
Hochfläche aus; sie wird in ihrem s. Teile, der sich steil zur Eger
hinabsenkt, Elstergebirge, im n. das Vogtland genannt. Weiter-
hin erhebt sich ein schroff nach Böhmen abfallendes Kammgebirge, das
sich nach N. im Sächsischen Berglande ganz allmählich abdacht
und von hier aus gesehen kaum den Anblick eines Gebirges gewährt.
Wegen seines früher größeren Reichtums an Erzen heißt es das Erz-
gebirge. Sein Kamm kommt dem des Thüringer Waldes an Höhe
gleich und entbehrt wie dieser tieferer Paßeinschnitte, aber seine
höchsten Gipfel, Keilberg und Fichtelberg, erheben sich über
1200 in. Im NO. schließt sich an das Erzgebirge das viel niedrigere
Elbsandsteingebirge, das von der Elbe in einem engen Tale, in
welches zahlreiche Seitentäler münden, durchbrochen wird. Das Elb-
tal und seine Nebenschluchten, die Sächsische Schweiz, sind sehr
steilwandig, und diese fast senkrechten Wände sind durch das herab-
rinnende Wasser in zahllose Mauern, Türme und Pfeiler von oft
abenteuerlichen Formen zernagt, während über die einförmige Hoch-
fläche einzelne Tafelberge aufragen, wie der König stein und der
durch die Elbe von ihm getrennte, etwas höhere Lilienstein.
Vom Elstergebirge fließt nach N. die Elster zur Saale; sie
nimmt rechts die Pleiße auf. Vom Erzgebirge winden sich in
langen, oft mit steilen, felsigen Rändern versehenen Tälern die
Zwickauer Mulde und die Zschoppau nach N., die Freiberger
Mulde nach NW. Diese vereinigt sich nach Aufnahme der
Zschoppau mit der Zwickauer Mulde und fließt zur Elbe, die von
ihrem Durchbruchstale an eine n.w. Richtung verfolgt.
122 Europa.
Das Sächsische Bergland gehört größtenteils zum Königreich
Sachsen, der W. Zu mehreren der Thüringischen Kleinstaaten; es ist
erst in der zweiten Hälfte des Mittelalters von Deutschen, vornehm-
lich Thüringern, wieder in Besitz genommen worden. Bergbau und
Hüttenwesen und eine mannigfaltige, über alle Orte verbreitete
Industrie haben das Gebiet zu einem der dichtest bewohnten
und industriereichsten Deutschlands gemacht. Selbst das Erzgebirge,
in dem der Ackerbau höher hinaufreicht als im Thüringer Walde,
aber nur spärlich lohnt, hat infolge von mancherlei Hausindustrie
eine zahlreiche Bevölkerung. Hier ist Annaberg der Mittelpunkt
der viel geübten Spitzenklöppelei, Glashütte liefert die feinsten
Taschenuhren, andere Orte Musikinstrumente, Spielzeug usw. Der
uralte Bergbau (Silber, Blei und Zinn) hat Freiberg berühmt ge-
macht und die Gründung seiner Bergakademie veranlaßt. Wichtiger
ist heute die Ausbeutung der reichen Steinkohlenfelder zwischen
Zschoppan und Zwickauer Mulde. Durch darauf begründete Baum-
Wollspinnereien und Maschinenwerkstätten erwuchs "Chemnitz zu einem
der bedeutendsten Fabrikorte Deutschlands. Glauchau und «Zwickau
an der Mulde, Greiz und Gera an der Elster haben große Webe-
reien; ^Plauen liefert besonders Gardinen. Hier teilt sich die an
der Elster aufwärts ziehende Straße, um über Hos an der Saale
oder über Eger das Fichtelgebirge zu umgehen. An der Pleiße liegt
in fruchtbarster Gegend Altenburg und da, wo sie in die Elster mündet,
in der hier sich einschiebenden Tieflandsbucht ^Leipzig. In Leipzig
schneiden sich die von Frankfurt a. M. und Cassel durch Thüringen
kommenden, nach O. weiter ziehenden Straßen mit den großen
Verkehrswegen Berlin—München—Rom und Hamburg—Dresden—
Wien. Deshalb sind hier oft entscheidende Schlachten geschlagen
(bei Lützen 1632 und 1813 und vor allem die große Völkerschlacht
am 16. und 18. Oktober 1813), und Leipzig ward eine der größten
deutschen Handelsstädte. Wenngleich seine Messen jetzt nicht mehr
ihre frühere Bedeutung haben, wird es doch im Handel nur vou
Hamburg und Berlin übertroffen und ist die fünftgrößte Stadt
Deutschlands. Für Buchhandel und dessen Nebengewerbe ist es der
erste Ort der Welt, ebenso für den Pelzhandel; seine Universität ist
die zweitgrößte des Deutschen Reichs. Es ist Sitz des Reichsgerichts.
Zwischen der Brückenstadt Riesa an der Elbe und Meißen, wo 1710
die erste Porzellanfabrik Europas gegründet wurde, wird noch Wein
gebaut. -j-Dresden, die Hauptstadt des Königreichs Sachsen, ist eine
der schönsten Städte Deutschlands und bekannt durch seine Kunstschätze
Das Deutsche Reich. 123
(Gemäldesammlung). Infolge seiner Lage an der Elbe, an und auf
der sich der Verkehr von Österreich nach Hamburg bewegt, hat es auch
tnel Handel und vielseitige Industrie. Im Elbsandsteingebirge ist kein
Platz für größere Orte; Mittelpunkt der von Fremden viel besuchten
Sächsischen Schweiz ist Schandau oberhalb der kleinen Feste König-
stein. Die besonders bei Pirna gebrochenen Quadersandsteine werden
auf der Elbe weithin verfrachtet.
tz 27.
Die Sudeten. ) * , ^ o /
Geographische Lage: Zwischen 51° und 50° N. und 14° und
19° O.
Die verschiedenen Gebirgszüge, die, mit dem Elbsandsteingebirge
durch niedriges Hügelland verbunden, von NW. nach SO. und
OSO. sich erstrecken, werden unter dem Namen der Sudeten, der
aber von den Bewohnern jener Gebirge nicht gebraucht wird, zu-
sammengesaßt. Sie zerfallen in folgende Teile:
1. Das Lausitzer Gebirge, dessen Kamm nach SO. an Höhe
zunimmt und im Jeschkenberg' mit 1000 in gipfelt.
2. Das Jser- und Riesengebirge, die beide in mehreren
Parallelkämmen mehr w.ö. Richtung verfolgen. Auf dem wenig zu-
gänglichen, vielfach moorigen Jserkamm erhebt sich die Tafelfichte
(—Teufelsfichte) fast bis zur Höhe des Brockens 1100 in. Die Fort-
setzung des Jserkammes bildet der Riesenkamm, der n.ste des Riesen-
gebirges, der mit einer mittleren Höhe von 1300 m das höchste Glied
des deutschen Mittelgebirgslandes ist. Die nahe seinem ö. Ende bis
1600 m aufragende flache Kuppe der Schneekoppe ist der höchste
Berg des deutschen Reiches außerhalb des Alpengebietes. An der
N.-Seite fällt das Gebirge in den sogen. Gründen oft fast senkrecht
ab; hier erheben sich getrennt vom Hauptkamm einzelne Bergkegel
wie der Kynast. In den Vertiefungen der Schneegruben schmelzen
die Schneemassen auch im Sommer meist nicht ganz weg.
3. Das Glatzer Bergland bildet ein von NW. nach SO.
gerichtetes, längliches Viereck, das im NW. durch die Hochfläche
des Waldenburger Berglandes mit dem Riesengebirge zusammen-
hängt. Auf den drei anderen Seiten wird die hügelige Fläche seines
Innern durch geschlossene Gebirgskämme begrenzt: nach NO. durch
den mauerartig aufsteigenden Rücken des Eulengebirges, das nach
seinem höchsten Gipfel, der Hohen Eule, 1000 m, genannt ist.
124 Europa.
und jenseits des Passes von Wartha sich im Reichensteiner Ge-
birge fortsetzt. Im SW. liegt das Heuscheuergebirge, eine ahn-
lich der Sächsischen Schweiz vom Wasser zernagte Sandsteinhochfläche,
die in den Felsenlandschaften von Adersbach merkwürdige, oft ver-
steinerten Baumstämmen ähnliche Zerklüftungen aufweist (Fig. 27).
S.ö. schließt sich jenseits des Passes von Neinerz das Adlergebirge
an. Im SO. bildet den Abschluß der 1400 m hohe Große
Schneeberg, der den größten Teil des Jahres hindurch mit Schnee
bedeckt ist.
4. Das Gesenke (eigentlich Jesenik — Eschengebirge^ ist ein
nach SO. allmählich niedriger werdendes, plattenförmiges Massen-
gebirge, auf dem sich in NW. der Altvater bis 1500 in erhebt.
Den s.sten Teil bildet das kleine Odergebirge, das von der Haupt-
Masse durch das Tal der Oder getrennt ist.
Nach SW. senken sich die Sudeten nach Böhmen und Mähren,
im NO. werden sie von Hügellandschaften begleitet, aus denen n.ö.
der Hohen Eule der Kegel des Zobten aufsteigt. Dem Riesen-
gebirge ist das Katzbachgebirge vorgelagert, und an das Lausitzer
Gebirge schließt sich das niedrige Bergland der Oberlausitz an,
das w.wärts bis an die Elbe reicht und von einzelnen Bergkuppen,
wie der Landskrone, überragt wird.
Nach S. entströmen den Sudeten die March und die Elbe
mit mehreren Nebenflüssen. Von dem NO.-Abhange fließen die Flüsse
zur Oder. Diese entspringt auf dem Odergebirge, umzieht in einem
Bogen das Gesenke und fließt dann nach NW. Aus dein Glatzer
Berglande strömt ihr die Glatzer Neiße zu, vom Waldenburger die
Weistritz, vom Katzbachgebirge die Katzbach. Größer ist der Bober
(= Biberfluß), der das O.-Ende des Riesengebirges umfließt, wie die
Lausitzer Neiße das W.-Ende des Jsergebirges; der Queiß ein
linker Nebenfluß des Bobers, entspringt zwischen beiden Gebirgen.
Das Klima ist bedingt durch die Höhe der Sudeten und ihre
Entfernung vom Meere, kalte Winter wechseln mit heißen Sommern;
der Ackerbau reicht bis über 1000 m hinauf. Der Niesenkamm und
die Gipfel erheben sich über die Baumgrenze; hier wächst nur noch
strauchartiges Krumm- oder Knieholz, oder Bergwiesen bedecken die Ge-
hänge. Auch manche Alpenkräuter kommen vor.
Seit dem 14. Jahrhundert wanderten nach Schlesien Deutsche
fränkischen Stammes ein und besiedelten nach und nach auch die
Sudeten. Der geringe Ertrag des Bodens erzog die Bewohner früh-
zeitig zur Gewerbtätigkeit. Vor allem ist hier die Woll- und Leinen-
126 Europa.
weberei seit alters heimisch. Durch Erschließung der Steinkohlenlager
bei Waldenburg hat die Industrie, zu der sich in unsrer Zeit Baum-
wollemveberei gesellte, einen lebhaften Aufschwung genommen; so in
Zittau, Hirschberg und Landeshut. Viele Kilometer weit ziehen
sich in den Tälern die gewerbfleißigen Dörfer hin, z. B. Langen-
bielau am Eulengebirge. Wo aber, wie im Glatzer Berglande, noch
Hausweberei herrscht, leben die Weber auch jetzt vielfach noch in den
dürftigsten Verhältnissen. Außer Weberei tragen zahlreiche Glashütten,
Holzschneidewerke, Porzellan- und Steingutfabriken zum Unterhalte und
zur Verdichtung der Bevölkerung bei. In den höheren Gebirgslagen
überwiegt die Viehzucht. Die den Sennhütten der Alpen ähnlichen
hölzernen Bauden, die aber meist auch im Winter bewohnt sind, dienen
Zugleich als Gasthäuser für die vielen Sommergäste. An den Heil-
quellen im Glatzer Berglande uud am N.-Abhange des Riesengebirges
entstanden die Badeorte Landeck, Reinerz, Salzbrunn, Warm-
brunn; Görbersdors und Schreiberhau sind berühmte Luftkur-
orte. Glatz und Neiße deckten früher als Festungen wichtige Gebirgs-
Übergänge; auch die Befestigungen von Schweidnitz sind abgetragen.
In der Ober-Lausitz ist »Görlitz, wo sich von der Straße
Dresden—Breslau die nach Böhmen abzweigt, durch Maschinenbau
und Wollweberei die zweitgrößte Stadt Schlesiens geworden. Bei
Bautzen an der Spree haben sich, wie n.wärts bis Kottbus, noch
Reste der wendischen Bevölkerung erhalten. In seiner Nähe liegt
Hochkirch (Schlacht 1758), und auf dem Wege nach Zittau Herren-
Hut, der Hauptort der Brüdergemeinde. Dieser w.ste Teil gehört zum
Köuigr. Sachsen, das übrige zur Provinz Schlesien.
§ 28.
Das Norddeutsche Flachland.
Geographische Lage: Der Hauptteil des Norddeutschen Flachlandes
liegt zwischen 54° und 52° N. und zwischen 6° und 18° O. (in Ostpreußen
bis 22Va0£>.
Das im Vergleich zu den Gebirgslandschaften einförmige Nord-
deutsche Flachland zerfällt in zwei verschieden große Teile, die bei
manchem Gemeinsamen auch wichtige Verschiedenheiten aufweisen, und
deren Grenze zwischen der unteren Elbe und der unteren Weser liegt,
doch so, daß Schleswig-Holstein den Übergang von einem zum
andern Teile bildet.
128
Europa,
1. Das ^ftelbische Flachland wird n. von der Ostsee begrenzt,
die mit mehreren großen, flachen Buchten in das Festland eindringt.
Die Kurische Bucht im NO. wird durch die rechtwinklig vorspringende
Halbinsel Samland von der Danziger Bucht geschieden, deren
n.w.ster, hinter der Halbinsel Hela gelegene Teil Putziger Wiek
heißt. Nach W. folgen die Pommersche Bucht, — zu ihr gehört
der Greifswalder Bodden, der die Insel Rügen vom Festlande
trennt, — die Lübecker und, jenseits der Halbinsel Wagrien
[wägri^n] und der Insel Fehmarn, die Kieler Bucht. Die dem
w. Teile der Küste vorgelagerten Inseln Rügen, Fehmarn und Alsen
sind als losgetrennte Festlandsstücke anzusehen.
Nur die Küste im W. der Ostsee ist hügelig und durch die sogen.
Föhrden tief gegliedert. Von der Lübecker Bucht o.wärts herrscht
Flachküste mit Dünenbildung vor, stellenweise fällt das Land mit
steilen Lehmwänden zum Meere ab, oder es ragen wie an der O.-Küste
Rügens Kreidefelsen mit fast senkrechten Wänden auf. Bezeichnend
für die s. Ostseeküste sind ferner die vielen Strandseen, die durch
einen schmalen mit Dünen besetzten Landstreifen (Nehrung) vom Meere
getrennt sind und mit diesem durch eine oder auch mehrere Öffnungen
(Tief) in Verbindung stehen. Die größten sind das Pommersche
oder Stettiner Haff, das Frische Haff und das Kurische Haff.
Das Östliche Tiefland wird von zwei langgedehnten breiten Land-
rücken durchzogen. Der n. oder Baltische Höhenzug, eine Fort-
setzung der westrussischen Bodenschwelle, ist mit zahlreichen Seen be-
deckt (Fig. 28), verläuft fast der Küste parallel und läßt nur an einigen
Stellen schmaleren Küstenebenen Platz Er gliedert sich in mehrere Teile:
die Preußische Seenplatte (oder Landrücken) mit dem Spirding-
und Mauersee; die Pommersche Seenplatte, die sich im Turmberg
bei Danzig über 300 in erhebt, mit dem Vilm- und Dratzigsee; die
weiter von der Küste zurücktretende Mecklenburgische Seenplatte
mit der Müritz und dem Schweriner See und die Holsteinisch-
Schleswigsche Seenplatte, die nach N. gerichtet ist, dicht an die
Küste heranreicht und nur im S. noch Seen hat, wie den Plön er See.
Der südlichere seenlose Höhenzug beginnt mit der Tarno-
witzer Hochfläche, die sich an das südpolnische Hügelland ansetzt und
im St. Annaberg 400 in aufsteigt, zieht sich rechts der Oder nach
NW., tritt links der Oder in den Bergen der Niederlausitz wieder
hervor und bildet im Fläming einen mehr geschlossenen, lang-
gestreckten Rücken. Sein Ende erreicht er w. der Elbe in der flach-
welligen Hochfläche der Lüneburger Heide.
Das Deutsche Reich.
129
Zwischen beiden Höhenzügen breitet sich muldenförmig das
eigentliche Tiefland aus, das'sich nach W. allmählich senkt und
von ausgedehnten Sumpf- und Bruchlandschaften durchzogen wird.
Die am N.-Rande des Mittelgebirgslandes gelegenen Ebenen Schlesiens
und Sachsens bilden den s.sten Teil des ö. Tieflandes.
Jene Höhenrücken werden von den Hauptflüssen der Ebene
quer durchbrochen, mährend ihre Nebenflüsse in den Talfurchen der
tieferen Mulde w.wärts ziehen. Der Njernen (oder die Mernel)
gehört nur mit seinem Unterlaufe, nachdem er den n.ö. Teil des
Baltischen Höhenzuges durchflössen hat, zum Deutschen Reiche und
mündet, ein großes Delta mit den beiden Armen Gilge und Ruß
umschließend, in das Kurische Haff. Auch die Weichsel, die von den
Westkarpaten kommt und in großem Bogen Polen durchfließt, gehört
nur im letzten Teile ihres Lanfes zu Deutschland. Beim Überschreiten
der Grenze empfängt sie die Dremenz (—Holzfluß) vou der Preußi-
scheu Seenplatte und da, wo sie rechtwinklig nach NO. umbiegt, vom
Pommerschen Landrücken die Brahe. Sie bildet ein großes Delta, das
Werder, indem sie rechts die Nogat ins Frische Haff entsendet. Die
eigentliche Weichsel teilt sich vor ihrer Mündung noch in mehrere
Arme, von denen einer ebenfalls ins Frische Haff fließt. Die Oder
nimmt während ihres nach NW. gerichteten Laufes die vou den
Sudeten kommenden Flüsse auf (vergl. S. 124). Nachdem sie sich
nach N. gewendet hat, strömt ihr rechts ihr größter Nebenfluß,
die Warthe, mit der Netze zu. Die Oder mündet in das Stettiner
Haff und aus diesem, dieJnseln Usedom und Wollin (—Ochsen-
land) bildend, als Peene, Swine, Dievenow in die Ostsee Die
Elbe gehört nach ihrem Durchbruch durch das Elbsaudsteingebirge dem
Tieflande an. Ihre n.w. Richtung wird, nachdem sie rechts die Schwarze
Elster aufgenommen, durch den Fläming in eine w. verwandelt; auf
dieser Strecke empfängt sie links die Mulde. Nach ihrer Vereiniguug
mit der Saale wendet sie sich n.wärts, schlägt aber nach Einmündung
der Havel wieder die n.w. Richtung ein und ergießt sich in einer
gewaltigen Schlauchmündung in die Nordsee. Die Havel kommt
von der Mecklenburgischen Seenplatte und durchfließt auf ihrem Huf-
eisenförmig gekrümmten Laufe viele langgestreckte Seen. Ihr größter
Nebenfluß ist die Spree, die ihre Quelle in der Oberlausitz hat; im
Spreewalde ist sie in zahlreiche Arme geteilt.
Auffallend ist bei der Laufrichtung der Weichsel und Oder die
Ablenkung beider vor dem Durchbruch durch den n. Höhenzug, ähn-
lich der der Elbe w. des Flämings. Viele Anzeichen deuten darauf
'Schlemmer, Erdkunde II. 3 Auslage. 9
130
Europa.
hm, daß sie in früheren Zeiten in ihrem Unterlaufe w.wärts flössen
unb sich unterhalb der Einmündung der Havel in die Elbe mit dieser
vereinigten. Das alte Bett der Weichsel ist in der Niederung der
Netze, der Warthe, des Oder-Bruchs und weiter in der Senke, in
welcher der Finow-Kanal gegraben ist, zu erkennen. Die Warthe
floß ehemals durch das Obra-Bruch in die Oder, diese in der Richtung
des Müllroser-Kanals im heutigen Bette der Spree nach NW., ver-
einigte sich mit der Weichsel und endlich beide mit der Elbe. In
späterer Zeit verließen sie diese großen Täler, um auf kürzerem Wege
in n.ö. Richtung die Oltsee zu erreichen.
Jene alten Talniederungen aber, in denen jetzt die kleineren
Flüsse w.wärts ziehen oder nur große Sümpfe mit Torsablageruugeu
übrig blieben, erleichterten die Herstellung von Kanälen zwischen den
großen Flußläufen. Der Bromberger Kanal verbindet die Brahe
mit der Netze, also Weichsel und Oder. Diese ist durch den Friedrich-
Wilhelms- oder Müllroser-Kanal mit der Spree und dnrch den
Finow-Kanal mit der Havel verbunden, von der der Plauesche
Kanal zur Elbe führt.
Vom Baltischen Höhenzuge fließen zahlreiche Küstenflüsse zur
Ostsee. Am bedeutendsten ist der Pregel, der ans der Ostprenßischen
Seenplatte aus mehreren Quellflüssen entsteht, deren größter die aus
dem Mauer-See kommende Angerap ist. Er nimmt links die Alle
auf und ergießt sich ins Frische Haff. Die Mündungen der auf der
Pornmerscheu Seenplatte entspringenden Flüsse, der Stolpe, Wipper
nnd Persante, bilden sür den Küstenverkehr wichtige Häfen. Die von
dem Mecklenburgischen Höhenzuge ins Stettiner Haff mündenden
Flüsse Ücker und Peene sind für kleine Fahrzeuge weithin schiffbar.
Ebenso haben die Warnow und die Trave größere Bedeutung für
die Schiffahrt. Von den Flüssen Schleswig-Holsteins, die in die
Nordsee fließen, ist nur die Eider, die durch den Kaiser-Wilhelm-
Kanal mit der Kieler Bucht und der Elbemündung in Verbindung
steht, bemerkenswert.
Das Klima wird je weiter nach O. und NO. desto fest-
ländischer, und in derselben Richtung nimmt die Menge der Nieder-
schlüge ab, doch macht sich der Einfluß der Ostsee an den n. Ab-
dachungen der Pommerschen und Preußischen Seenplatte durch kühlere
Sommer und etwas mehr Niederschläge bemerkbar.
Das während der Völkerwanderung bis zur Elbe und Saale
von Slawen besetzte Gebiet ward im Mittelalter allmählich von den
Deutschen, die zugleich das Christentum einführten, in der Weise
Das Deutsche Reich.
131
zurückerobert, daß die Slawen Sprache und Sitte der einwandernden
Deutschen annahmen und sich vielfach mit ihnen vermischten. Die
Ortsnamen auf itz, ow, au erinnern noch an die ehemals slawischen
Bewohner. Im Spreewalde und von da spreeaufmärts sitzen noch
jetzt Wenden, die ihre Sprache und Volksart bewahrt haben; an der
oberen Oder, an der Warthe und Weichsel wohnen Polen. Die deutschen
Ansiedler waren größtenteils Sachsen, doch kamen auch Angehörige
anderer deutscher Stämme z. B. durch den Deutscheu Orden nach
Preußen; die später von den Hohenzollern aufgenommenen Nieder-
lünder, Franzosen und Salzburger förderten die Landwirtschaft und
führten mancherlei Gewerbe ein. Die ursprünglichen Stammesunter-
schiede der Einwanderer haben sich mit der Zeit verwischt, und in
den verschiedenen Teilen des Ostelbischen Tieflandes bildeten sich
neue Bevölkerungsgruppen mit besonderen Eigentümlichkeiten: Branden-
burger, Schlesier, Preußen, Pommern u. a.
Politisch gehört bei weitem der größte Teil des norddeutschen
Flachlandes zum Königreich Preuße». Der ostelbische Teil umfaßt die
Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen, Schlesien, Brandenburg,
Pommern, Schleswig-Holstein, die Großherzogtümer Mecklenburg-
Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, sowie das Gebiet der Hansestadt
Lübeck; auch ein Teil von Oldenburg und von Anhalt liegt
rechts von der Elbe. Zum westelbischeu Teile gehören außer der
Provinz Hannover die n. Teile der Provinzen Sachsen, Westfalen
und Rheinprovinz, das Großherzogtum Oldenburg und Teile von
Braunschweig.
Auf dem südlichen Höhenzuge, desseu Boden für Ackerbau
wenig geeignet ist, überwiegt der Wald, und zwar herrscht Nadelholz
vor; die s. von ihm gelegenen Ebenen Schlesiens und Sachsens sind
sehr fruchtbar.
Rechts der oberen Oder haben große Steinkohlenlager, die die
an der Ruhr an Mächtigkeit übertreffen und nach Nußland und
Österreich hinüberreichen, sowie das Vorkommen von Eisen, Blei und
Zink eine lebhafte Industrie in c>Beuthen, ° Gl droits, Kattowitz
hervorgerufen. Mittelpunkt dieses Gebietes, das zu den dichtest be-
wohnten Teilen Deutschlands gehört, ist «Königshütte. An der
Oder, die bei Ratibor schiffbar wird, liegen Oppeln, Brieg (in
der Nähe Mollwitz, Schlacht 1741) und vor allem ""Breslau, die
sechstgrößte Stadt Deutschlands, die zweitgrößte Preußens. Inmitten
der fruchtbaren schlesischen Ebene, da, wo sich die Straßen aus
Böhmen, Mähren, Galizien, Ungarn und Polen vereinigen, um die
9*
132
Europa.
Oder abwärts weiter zu ziehen, ward Breslau eine große Handels-
und Industriestadt; auch seine Universität behauptet eiuen hohen
Rang. Zahlreiche Kirchen schmücken mit ihren Türmen die Stadt;
das Rathaus steht wie iu vielen slawischen und ostdeutschen Städten
in der Mitte des „Ring" genannten Marktplatzes. (W. das Dors
Leuthen, Schlacht 1 757.) Bis über ^Liegnitz an der Katzbach
hinaus (Schlacht 1813) erstreckt sich das Gebiet des Zuckerrüben-
Fig. 29. Steinsalz-Bergwerk bei Staßfurt,
baues; weiter n. ist der Bodeu weniger fruchtbar. G log au
an der Oder ist als Brückenstadt stark befestigt. Bei Grünberg,
Krossen und Züllichau erreicht der Weinbau seine Nordgrenze.
In der Niederlausitz ist ein wichtiger Industriebezirk entstanden:
«Kottbus, Forst, Guben, Sorau, Spremberg sind Hauptorte
der hier seit alters heimischen Woll- und Tuchweberei; dazu kommt
<w. von Spremberg) ausgedehnter Braunkohlenbergbau und die Her-
stellung von Briketts, die weithin ins Tiefland verfrachtet werden,
ferner bedeutende Glasindustrie, Töpferei und Ziegelbrennereien (für
Berlin!). Auch Jüterbog auf dem meist nur dürftige Ernten
liefernden Fläming und besonders Luckenwalde n. davon haben
Das Deutsche Reich, 133
große Tuchfabriken. Bei der Lutherstadt Wittenberg und bei
Torgau (Schlacht 1760), in dessen Nähe das größte deutsche Voll-
blutgestüt Graditz liegt, überschreiten die nach O. ziehenden Verkehrs-
wege die Elbe. Zwischen Mulde und Saale und zwischen Elbe und
Harz zieht sich ein überaus fruchtbarer Landstrich hin, das Land der
Zuckerfabriken, das mehr als die Hälfte des in Deutschland ge-
wonnenen Zuckers liefert. Auch hier kommt dazu Braunkohlen- und
vor allem Steinsalzbergbau. Auf dieser doppelten Grundlage hat
sich eine mannigfaltige und ausgebreitete gewerbliche Tätigkeit ent-
wickelt. Über Leipzig und Halle vergl. S. 120 u. 122. Die an-
haltischen Orte »Dessau, oberhalb der Mündung der Mulde, Bern-
bürg an der Saale, zwischen beiden Orten Köthen und auch Zerbst
rechts der Elbe siud aufblühende Städte. Bei Staßsurt und
Schönebeck befinden sich die ergiebigsten Steinsalzbergwerke Deutsch-
lands (Fig. 29), die auch viel Kalisalz zu künstlichem Dünger liefern.
Am N.-Nande des Harzes liegen das betriebsame Aschersleben, das
durch große Gärtnereien ausgezeichnete Quedlinburg und die alte
Bischofsstadt Halberstadt, die durch mancherlei Bauwerke an ihre
Bedeutung im Mittelalter erinnern; sie haben ebenfalls Anteil an
dem durch den Bodeureichtum bedingten Aufschwung. Der fruchtbare
Landstrich, der neben Getreide vor allem Zuckerrüben hervorbringt
und bis über die Oker hinausreicht, hat auch den großartigen Ge-
müsebau Braunschweigs und seinen Handel mit Büchsen-Gemüsen
hervorgerufen. *Braunschweig ist eine altertümliche Stadt mit
vielen schönen Bauten aus dem Mittelalter und hat lebhafte Industrie.
Stiller ist Wolfenbüttel, ebenfalls an der Oker gelegen, an dessen
Bibliothek Lessing wirkte. Der Mittelpunkt des reichen Gebietes aber
ist "Magdeburg, das Otto I. zum Stützpunkte der Kämpfe gegen
die Slawen machte, denen von dem hier gegründeten Erzbistum aus
das Christentum gebracht wurde. Hier überschreitet die große, vom
unteren Rhein am N.-Rande des deutschen Mittelgebirgslandes nach
O. führende Straße die Elbe, und infolge dieser günstigen Lage war
es schon am Beginn der Neuzeit eine der mächtigsten Städte Deutsch-
lands. Als Vorkämpferin der Reformation ward es 1631 zwar zer-
stört, blühte aber bald wieder auf. Jetzt ist es eine starke Festung,
deren weit hinausgeschobene Werke die Ausdehnung der Stadt nicht
mehr hindern; ebenso ist es groß als Handels- und Industriestadt:
für den Zuckerhandel ist es der Hauptort; in den Vororten Buckau
und Sudenburg hat es großartige Maschinenbau-Anstalten (Gruson-
Werke).
Europa
In der vielfach sandigen und wenig fruchtbaren Altmark n. von
Magdeburg liegen nur kleine Städte, wie die alte Hauptstadt Salz-
wedel (wedel — Quelle) und das als Schnittpunkt großer Eisenbahn-
linien wichtige Stendal (—Steintal); in beiden Orten gibt es, wie
schon im Mittelalter, Tuchfabriken. Die Lüneburger Heide ist weithin
von Heidekraut, dürftigen Kiefernwäldern und Mooren bedeckt, während
die zerstreut liegenden Dörfer von Eichenhainen uud Feldern umgeben
sind. Mehr und mehr wird auch hier der Boden nutzbar gemacht.
Das blütenreiche Heidekraut nährt zahlreiche Bienenschwärme und eine
kleine, grobwollige Schafrasse, die genügsamen Heidschnucken. Am
N.-Rande liegt das altertümliche Lüneburg mit den stärksten Sool-
quellen Deutschlands, im S., an der Aller, Celle.
Die mittlere Tieflandsmulde ist ö. der Oder völlig eben; an
den Flüssen ziehen sich sumpfige Niederungen hin, die z. T., wie der
Netzedistrikt, trocken gelegt und urbar gemacht sind. Das Warthe-
gebiet ist größtenteils von Polen bewohnt; sie treiben fast ausschlief;-
lich Landwirtschaft, die durch die eingewanderten Dentschen sehr ge-
hoben ist. Abgesehen von den zahlreichen Spiritusbrennereien fehlt
die Industrie fast ganz.
Den Übergang über die Warthe sichert da, wo die Straßen von
Stettin, Berlin, Breslau, Oberschlesien, Polen und Ostpreußen sich
schneiden, die starke Festung 'Posen. Es ist Sitz eines Erzbischofs.
O. davon liegt Gnesen, das reich ist an Erinnerungen aus der
polnischen Geschichte, und in dessen Dom sich das Grabmal des heil.
Adalbert, des Apostels der Preußen, befindet. Über Hohen salza,
wo große Steinsalzlager ausgebeutet werden, führt die Bahn weiter
zu der Grenzfestung Thorn, am Einflüsse der Dreivenz in die Weichsel.
Flußabwärts wird viel Holz aus Polen und Galizien geflößt, fowobl
nach Danzig als auch durch den Bromberger Kanal nach Stettin.
Darauf beruht der Handel Brombergs. An der untern Warthe
liegt die Neumark, wo Landsberg als Hauptort des Warthebruchs
auch durch Industrie aufblüht; bei dem stark befestigten Küstrin über-
schreitet die Ostbahn (Berlin—Königsberg) die Oder und schneidet die
Wasser- und Eisenbahnlinie Stettin- Breslau (In der Nähe Zorn-
dorf, Schlacht 1758.) «Frankfurt a. O. ist Brückenstadt für die
Straße Berlin—Posen und durch Industrie und Handel wichtig, ob-
wohl seine Messen nicht mehr die frühere Bedeutung haben. (Ö. da-
von Kunersdorf, Schlacht 1759.)
Die Mark Brandenburg zwischen Oder und Elbe ist das Stamm-
land des Preußischen Staates. Ihr vielfach sandiger Boden (darum
Das Deutsche Reich,
135
„Streusandbüchse des heil. röm. Reichs" genannt) ist weithin mit
ausgedehnten Kiefernwäldern bedeckt, denn die Kieser findet mit ihren
in die Tiefe gehenden Wurzeln auch hier noch Feuchtigkeit genug. In
den wasserreichen Talmulden breiten sich üppige Wiesen aus, neben
denen herrlicher Laubwald gedeiht. Die Sumpflaudschaften an den
Flüssen (Spreewald, Oder - Bruch, Havelland) sind von Preußens
Königen urbar gemacht.
Der natürliche Mittelpunkt dieses Gebietes ist Berlin. Hier
kreuzen sich die Fluß- und Kanallinien des Elbe- und Odergebietes
und hier laufen auch alle übrigen großen Verkehrswege des Nord-
deutschen Tieflandes, ja von ganz Deutschland, zusammen: die große
Straße Cöln—Königsberg wird in Berlin geschnitten sowohl von der
Linie Hamburg — Breslau, die weiterführt nach Wien, als auch von
der Linie Stettin—Halle-Leipzig, die durch Thüringen nach Frank-
surt a. M. und Straßburg oder südwärts nach München zieht. Ja
es liegt sogar im Schnittpunkte der großen natürlichen Verkehrslinien
des Erdteils: Paris—Petersburg, London—Moskau, Rom—Stockholm,
Konstantinopel—Hamburg. Darum und als Hauptsladt des branden-
burgisch-preußischen Staates und des Deutschen Reichs erwuchs Berlin zu
einer der größten Städte der Erve, 2 Mill. E., und wird in Europa nur
von London und Paris an Bevölkerungszahl übertroffen. Mit seinen
Vororten, die es wie ein Ring umgeben und von denen Charlotten-
bürg über 200009, Rixdorf und Schöneberg weit über 100000 E.
zählen, hat es fast 3 Mill. E. Die nach Berlin führenden Wasser-
straßen, auf denen die Erzeugnisse Böhmens «Köhlen, Obst), Schlesiens
(Kohlen, Jndustrieprodukte), Polens (Getreide, Holz) sowie die über-
seelschen Güter von Hamburg und Stettin herbeigeführt werden,
werden demnächst durch einen für Seeschiffe fahrbaren Kanal, der die
Stadt unmittelbar mit Stettin verbinden wird, vermehrt werden.
Schon jetzt ist Berlin der größte Binnenhafen Deutschlands- Da
ferner nicht weniger als 15 Eisenbahnen hier zusammenlausen, ist
Berlin für den europäischen Binnenhandel der erste Platz und in
Deutschland ist es auch die wichtigste Industriestadt, wo alle Gewerbe
hervorragend vertreten sind, und besonders im Maschinenbau und
Herstellung von Kleidungsstücken, sowie in den feineren Arten des
Gewerbfleißes Großes geleistet wird. Auch in bezug auf Kunst und
Wissenschaft nimmt es die führende Stelluug in Deutschland ein, seine
Universität ist die am meisten besuchte, sein Buchhandel wird nur von
deni Leipzigs übertroffen. An Bauwerken und Denkmälern (National-
denkmal für Kaiser Wilhelm I., Sieges-Allee) hat Berlin viel Sehens-
136
(Suropa.
wertes aufzuweisen. Die Königlichen Schlösser, Museen und andern
großen Staatsgebäude liegen ungefähr in der Mitte der Stadt, von
wo die breite Straße „Unter den Linden" durch das Brandenburger
Tor nach dem herrlichen Tiergarten führt. Das w. davon gelegene
"Charlottenbürg, in dessen Schloßgarten das Mausoleum die
Gebeine Friedrich Wilhelms III., der Königin Luise und Kaiser
Wilhelms I. und seiner Gemahlin birgt, ist ganz mit Berlin ver-
wachsen. Am Zusammenfluß der Spree und Havel liegt die Festung
o Spandau mit großer Gewehrfabrik und Artillerie-Werkstatt, und
flußabwärts in seenreicher Umgebung die Residenzstadt «Potsdam
mit vielen Königlichen Schlössern: Sanssouci, Babelsberg, Marmor-
palais u. a.
Die Bischofsstädte c>Brandenburg, das alte Brennabor, nach
dem die Mark benannt wurde, und Havelberg in der Pngnitz sind
die ältesten Pflanzstätten des Christentums in der Mark. Rathenow
hat durch Herstellung von Brillen und Ferngläsern Berühmtheit erlangt.
S. vom gewerbreichen Neu-Ruppin liegt Fehrbellin (Schlacht 1675),
an dem die obere und untere Havel verbindenden Kanäle. Ebers-
walde am Finow-Kanale ist eine lebhafte Industrie- und Handels-
stadt und hat eine Forstakademie. W. liegt in den großen Forsten
das Königliche Jagdschloß Hubertusstock und n. die schöne Ruine
des Klosters Chor in, wo brandenburgische Markgrafen aus dem
Geschlechte der Askanier begraben sind. Am Rande des ausgetrockneten
Oder-Bruchs, in der „Märkischen Schweiz", ist Freien walde ein
beliebter Sommeraufenthalt für die Berliner. Auch der Spreewald
oberhalb von Lübben wird von Reisenden viel besucht. In der von
zahlreichen Flußarmen durchzogenen Niederung wechseln schöne Erlen-
Wälder mit saftigen Wiesen und fruchtbaren Ländereien, auf denen
besonders viel Gurken gezogen werden. Die wendischen Bewohner,
die ihre Sprache und Tracht bewahrt haben, wohnen meist in Einzel-
gehöflen, zwischen denen der Verkehr auf flachen Kähnen, im Winter
auf Schlittschuhen stattfindet.
Der n. Höhenzug und die Ostseeküsten. Ostpreußen, das Land
ö. der Weichsel wird int NO. von Littauern, im see- und waldreichen
S. von polnischen Masuren, sonst von Deutschen bewohnt. Es ist
erst in neuerer Zeit durch den Bau von Eisenbahnen aus seiner Ab-
geschlossenheit herausgehoben und enger mit dem übrigen Deutschland
verknüpft worden. Ackerbau und Viehzucht, besonders Pferdezucht,
sind die Hauptbeschäftigungen der Bewohner; Großgrundbesitz herrscht
vor. An der Küste von Samland wird viel Bernstein gewonnen; die
Das Deutsche Reich. 137
Industrie ist wenig entwickelt. Deshalb gibt es nur kleine Städte:
Tilsit (Friedensschluß 1807) in der fruchtbaren Niederung an der
Memel, Gumbinnen, Jnsterburg und Allenstein treiben vor-
nehmlich Handel mit den Bodenerzeugnissen. Bei Jnsterburg ver-
einigen sich die Eisenbahnen von Berlin — Königsberg und von
Posen — Thorn, um gemeinsam bei Eydtkuhuen die Grenze zu
überschreiten und nach Petersburg weiterzuziehen. In Trakehnen
ö. von Gumbinnen befindet sich das Hauptgestüt Preußens; s. davon
dehnt sich die Rominter Heide aus, in der ein Königliches Jagdschloß
erbaut ist. Als Schlachtorte sind Preußisch Eilau und Friedland
(1807) zu merken. — An der Küste sind Handel und Schiffahrt die
Erwerbszweige der Bevölkerung. Memel am Eingange ins Kurische
Haff treibt überwiegend Holzhandel. Zur Großstadt hat sich nur
die starke Festung ""Königsberg, oberhalb der Mündung des Pregels,
entwickelt. Ein für Seeschiffe fahrbarer Kanal quer durch das Haff
verbindet die Stadt mit dem stark befestigten Pillau am Eingange
des Haffs, wodurch Königsberg einer der größten Seehandelsplätze
Preußens, besonders für den Verkehr mit Nußlaud geworden ist;
russisches Holz und Getreide sind die Haupthandelsgegenstände; auch
seine Industrie ist bedeutend. Es ist Residenz- und Krönungsstadt der
preußischen Könige und hat eine Universität. N. von Königsberg
liegt das Seebad Kranz. «Elbing am schiffbaren Ausfluß des
Drausensees, der mit den s.ö. gelegenen Seen durch den Ober-
ländischen Kanal verbunden ist, hat durch Schiffbau (Schichau) einen
großen Aufschwung genommen.
Die alte Hansestadt "Danzig am w. Mündungsarm der Weichsel
bat ihr altertümliches Gepräge (Artushof) noch bewahrt (Fig. 30).
Sie übertrifft Königsberg im Seehandel und führt wie dieses viel
russisches Holz und Getreide aus, das auf der Weichsel herangebracht
wird. Danzig hat große Schiffswerften und ist wie Weichselmünde,
das den Hasen bei Neufahrwasser deckt, Festuug. N.w. davon
liegen in anmutiger Gegend das ehemalige Kloster Oliva und das
Seebad Zoppot. Dicht bevölkert ist das erst durch dcu Deutscheu Orden
aus einem großen Sumpfe in fruchtbarstes Ackerland verwandelte
Weichseldelta, das reiche Ernten an Weizen und Zuckerrüben trägt,
aber trotz der Schutzdämme bei Eisgang oft durch Überschwemmungen
zu leiden hat. Bei Dirschau überspannen zwei gewaltige Eisenbahn-
brücken den Fluß; die Nogat wird von der Bahn bei Marien bürg
überschritten; dies war einst der Sitz des Hochmeisters des Deutschen
Ordens, dessen Schloß würdig wiederhergestellt wird. Wegen ver
138
Europa,
Überschwemmungsgefahr sind die Ortschaften wie Marienwerder
die Festung Graudeuz und Kulm auf bcm hohen rechten Weichsel
Fig. 30. Danzig: Rathaus und Artushof.
ufer erbaut, mehr oder weniger abseits vom Flusse. — Die Land
schaft w. der Weichsel, das vou deu polnischen Kassuben bewohntl
Pommerellen, hat nur kleine Städte. Weite Flächen sind mit Kiefern
Waldungen bedeckt, wie die Tuchler Heide au der Brahe.
Das Deutsche Reich,
139
Auch der Pommersche Landrücken hat viel Wald; der sandige
Boden trägt besonders Kartoffeln, die zu Spiritus verarbeitet werden.
Im Binnenlande gewinnt Neu-Stettin als Eisenbahnknotenpunkt
an Bedeutung. Sonst liegen die größeren Städte Hinterpommerns
an oder nicht weit von der Mündung der Küstenflüsse: Stolp
an der Stolpe treibt lebhaften Handel mit Getreide, das vou
Stolpmüude verfrachtet wird; Kolberg an der Persautemündung
ist als Festung aufgegeben uud eins der besuchtesten Ostseebäder
geworden; es ist durch seine heldenmütige Verteidigung 1807
(Nettelbeck, Gueisenau) berühmt. Köslin am Fuße des Gollen-
berges ist Regieruugshauptstadt; die alte Vischossstadt Kamin au
der Dievenow hat wie Kolberg einen sehenswerten, schönen Doni.
Stargard an der Jhna, dem letzten rechten Nebenflusse der
Oder, ist durch Industrie bedeutend. Der Meridian vou Star-
gard (und Görlitz), 15° O., ist der mitteleuropäischen Zeitrechnung
zugrunde gelegt.
**©tettiit oberhalb der Odermündung ist der größte Seehafen
Preußeus, weil hier die großen Seeschiffe am weitesten ins Land
vordringen. Dazu kommt, daß die Oder ein ausgedehntes Hinterland
erschließt, und vor allem, daß Stettin mit dem nahen Berlin durck
Wasserstraßen verbunden ist; in Angriff genommen ist der Bau eines
für Seeschiffe fahrbaren Kanals zwischen beiden Städten. Zur Er-
leichterung des Handels ist ein Teil des Hafengebietes als Freihafen
erklärt, wo die aus dein Auslaude eingeführ en Waren bis zum Ver-
kaufe zollfrei lagern können. Auch die Fabriktätigkeit ist rege, besonders
leistungsfähig ist der Maschinen- und Schiffbau; die Werften des
„Vulkan" in Bredow unterhalb Stettins liefern die größten Kriegs-
und Handelsschiffe und werden auch vom Auslande in Anspruch ge-
nommen. Als Vorhafen dient das durch Strandbefestigungen gedeckte
Swine münde auf Usedom, von wo ein geradliniger Schiffahrts-
kanal ins Haff führt. Oberhalb Stettins werden Zuckerrüben und
Tabak gebaut, ebenso in der Uckermark zwischen Prenzlan und
Pasewalk.
Vorpommern ist ebener und meist recht fruchtbar. Hier sind
Anklam an der Peene, die Universitätsstadt Greifswald und die
frühere Festung Stralsund (Wallenstein, Schill» die wichtigsten Orte.
In Stralsund münden die Bahnen von Berlin und Stettin; ein
Fährschiff bringt die Eisenbahnzüge nach Rügen, wo von Saßnitz
aus die Postdampfer nach Trelleborg in Schweden fahren. (Kürzeste
Verbindung Berlin—Stockholm.) Das vielfach vom Meere zerrissene
HO
Europa,
Rügen ist durch Naturschönheit ausgezeichnet; der ö. Teil, wo der
Königsstuhl von Stubbenkammer 120 m steil anfragt (Fig. 31), trägt
herrliche Buchenwälder. Auf der N.-Spitze Arkona stehen noch Reste
des alten Burgwalles der Feste Swantewits. Zahlreiche Orte auf
Rügen und an der Küste Pommerns werden als Badeorte aufgesucht;
außer den schon genannten sind Saßnitz auf Rügen, Heringsdorf
anf Usedom und Misdroy auf Wolliu zu erwähnen. Der Fem den-
verkehr trägt viel zum Unter-
halt der Bewohner bei, die
neben Ackerbau Fischerei be-
treiben.
In Mecklenburg ist
ebenfalls Landwirtschaft die
Hauptbeschäftigung der Be-
mohner, besonders ertrag-
reich ist der breite Küsten-
streifen; auf dem Höhen-
rücken, der vielfach mit
Wald bestanden ist, werden
viel Schafe gehalten. Hier
liegen wie in Hinterpom-
mern nur kleine Städte:
Neu - Brandenburg ist
ein wichtiger Eisenbahn-
knotenpnnkt. Das im 18.
Jahrhundert sternförmig
angelegte Nen-Strelitz
hat nur als Hauptstadt von
Mecklenburg-Strelitz Be-
deutung; dasselbe gilt von
dem am Schweriner See
schön gelegenen Schwerin
und noch mehr von Ludwigslust, den Residenzstädten des Groß-
Herzogs von Mecklenburg-Schwerin. Dogegen haben Wismar und
besonders °Rostock' an der Warnow große Reederei u. lebhaften
Handel. Rostock hat eine Universität; es ist der Geburtsort Blüchers.
Von seinem Vorhafen Warnemünde, das wie Heiligen dämm
bei Doberan Seebad ist, findet die schnellste Verbindung (Dampf-
fähre nach Gjedfer) zwischen Deutschland und Dänemark statt. Weit
übertroffen werden die Orte von «Lübeck an der Trave, dem ehe-
Fig. 31. Der Königsstuhl von Stubbenkammer.
Das Deutsche Reich, 141
maligen Vorort der Hansa, das mit Dänemark, Schweden und Ruß-
land in regem Verkehr steht und bedeutende Reederei hat, aber hinter
den großen Nordseestädten zurücksteht. Die Stadt hat ihr altertüm-
liches Aussehen ebenso wie Danzig bewahrt; sehenswert sind das
Rathaus, die Marienkirche, eine der größten und schönsten KirchenDeutsch-
lands, und das Holstentor. Seitdem die Trave angemessen vertieft ist,
ist Travemünde nur noch Seebad. Durch einen Kanal ist Lübeck
mit der Elbe verbunden, der bei Lauenburg in diese mündet. In
dem seit 1865 preußischen Herzogtum Lauenburg liegt im Sachsen-
walde Friedrichsruh, wo der Reichskanzler Fürst Bismarck zuletzt
wohnte und begraben ist.
Die Bewohner Schleswig-Holsteins, des einzigen deutschen
Landes, das von der Ost- und Nordsee bespült wird, sind Sachsen,
an der W -Küste jedoch sitzen Friesen, und im n.sten Teile Schleswigs
wohnen Dänen. Im höheren O. herrscht Ackerbau, in den srucht-
baren w. Marschen Viehzucht (Pferde und Schlachtvieh) vor, der
sandige und moorige Mittelstreifen ist nur dünn bevölkert. An Wald
ist das Land sehr arm, nur im SO., z. B. in der Umgegend von
Eutin, gibt es schöne Buchenwälder. Größere Orte entstanden an
den für Seeschiffe zugänglichen Buchten (Föhrden) der Ostküste, wo
"Kiel, Schleswig und Flensburg Handel und Schiffahrt treiben.
Ö. von Flensburg liegt der Insel Alsen gegenüber die Halbinsel
Sundewitt mit den 1864 von den Preußen erstürmten Düppeler
Schanzen. Kiel ist als Universitätsstadt beachtenswert; es hat große
Schiffswerften und ist Deutschlands Kriegshafen an der Ostsee. Das
befestigte Friedrichsort deckt die Einfahrt in den Hafen und zu-
gleich die in den Kaiser-Wilhelm-Kanal, der, 96 km lang und für
die größten Schiffe fahrbar, über Rendsburg an der Eider nach
Brunsbüttel an der Elbemündung führt. Auf der für Seeschiffe fast
unnahbaren W.-Küste ist Tönning an der Eidermündung der Aus-
fuhrhafen für den Handel mit Schlachtvieh, das nach England ver-
schifft wird. Die größeren der Nordfriesischen Inseln, Sylt und
Föhr, haben vielbesuchte Seebäder. Die kleineren, die Halligen,
deren geringer Umfang die Eindeichung nicht lohnt, sind schutzlos
dem Meere preisgegeben. Ihre Bewohner, die ihre Häuser auf
künstlichen Erdhügeln, den Wurten, errichten, treiben Viehzucht und
Schiffahrt und hängen trotz der stets drohenden Gefahren sehr an der
Heimat. Neuerdings wird durch Eindeichung vom Meere verschlungenes
Land zurückgewounen. ■— Über die Nordseestädte Hamburg und Altona
vergl. den folgenden Abschnitt.
142
Europa.
2. Das westliche Tiefland ist eine einheitliche Ebene, die nach
W. in die niederländische übergeht; buchtenartig schiebt sie sich im
Münsterland zwischen Teutoburger Wald und Haar ein und zieht
am Rhein w. vom Sauerland auswärts (vergl. S. 113). Der größere
Teil der sich uach N. abdachenden Ebene besteht aus Sandboden,
Geest genannt, der bis an den schmalen, mit sehr fruchtbaren
Marschen bedeckten Küstensaum heranreicht. Die Marschen verdanken
ihre Entstehung der Einwirkung von Flut und Ebbe, weshalb sie an
der Ostküste fehlen. Das durch einzelne Lücken in der alten Dünen-
kette bei Flut eindringende Meerwasser lagerte die feinen Schlamm-
teilchen ab, bevor das Wasser mit der Ebbe wieder abfloß. Die
ehemalige Küstenlinie ist von der Gemalt der Wogen zertrümmert,
und das Meer dringt im Dollart, Jade- und Weser-Bnsen tief
i.u das Land ein. Als Neste der Stranddünen ragen die Ost-
friesischen Inseln (Borkum, Norderney) aus den Fluten; hinter
ibnen ist der größte Teil des Marschbodens, die Watten, zur Zeit
der Flut mit Wasser bedeckt und liegt nur während der Ebbe bis
aus einzelne tiefe Rinnen trocken. Die eigentlichen Marschen sind
durch Deiche (S. 57) gegen Überflutung geschützt.
Das kleine, weit vor der Elbemündung gelegene, seit 1S90
wieder deutsche Helgoland (Fig. 32) ist ein steil (60 m) hoch auf-
ragender Sandsteinfelsen, dessen Größe (0,55 qkm) durch das Meer
in geschichtlicher Zeit sehr vermindert worden ist.
Das w. Tiefland wird von der Weser, der Ems und dem
Rhein durchflössen. Die Weser beschreibt nach ihrem Austritt aus
der Porta Westfalica ein nach SW. offenes Knie und mündet durch
eine lange Schlauchmündung, in die sich die Hunte ergießt, in den
nach ihr benannten Meerbusen. An ihrem ö.sten Punkte empfängt
sie rechts die im Tieflande entspringende Aller, die links die Oker
vom Harz und die Leine vom Eichsfelde aufnimmt. Die Ems
komnlt vom Teutoburger Walde, erhält von ebenda die Hase und
fließt in den Dollart. Nahe der Quelle der Ems entspringt auch die
Lippe, die das Münsterland durchzieht und in den Rhein mündet,
der bald darauf die Grenze des Deutschen Reichs überschreitet.
Im Gegensatz zum ö. Teile des Norddeutschen Tieflandes ist
der w. sehr arm an Seen: zwischen Leine und Weser liegt das
Steinhuder Meer, und von der Hunte wird der Dümmer See
durchflössen. Sehr ausgedehnt sind dagegen hier die Moore, die
überall da entstehen, wo das Wasser nicht abfließen und auch nicht
in den Boden eindringen kann. Man unterscheidet Unterwasser- oder
Das Deutsche Reich,
143
Grünlandsmoore, bei denen wie auch beim Steinhuder Meer die
Pflanzendecke vom Rande eines stehenden Gewässers aus über dies
hinwegwächst, und Überwassermoore, wo das Wasser sich über der
Pflanzendecke des Bodens sammelt und sie allmählich vermodern
macht. Am weitesten dehnen sich die Moore an der untern Ems aus,
namentlich das nach den Niederlanden hinüberreichende Bonrtanger
[burtaugr] (— großes Wasserland) Moor.
?—------ - — ■ ■" : ~~ r
Fig. 32. Helgoland.
Früher suchte man durch Abbrennen des Torfes die Moore für
den Ackerbau nutzbar zu machen, jetzt wird meist folgendes Verfahren
angewendet. Nachdem das Moor durch Gräben trocken gelegt ist,
wird der Torf abgestochen und auf den Gräben als Feuerungsmaterial
nach den Städten geschafft. Der Untergrund trägt dann für die an
den Wasserstraßen sich lang hinziehenden Kolonistendörfer das nötige
Getreide. Die Gräben aber werden zu Schiffahrtskanälen erweitert;
durch solche stehen die untere Elbe, Weser und Ems in Verbindung.
Großartiger ist der Dortmund-Ems-Kanal, der das rheinisch-
westfälische Kohlen- und Industriegebiet an die Emshäfen anschließt.
Das Klima ist seeländisch; namentlich an den Küsten fallen
reichliche Niederschläge. Die Marschen sind wegen des hohen Grund-
144 Europa,
Wasserstandes waldlos, und auch die Geest hat uur wenig Kiesern-
und Eichenwald, so daß der NW. der waldärmste Teil des Deutschen
Reiches ist.
Den SW. dieses Gebietes bewohnen Franken (= die Freien),
die Küsten haben seit alters her die Friesen (= Küstenbewohner)
inne, und das übrige die Sachsen. Im alten Herzogtum Kleve
am Rhein liegen Kleve und an der Mündung der Lippe die Festung
Wesel. Im fruchtbaren Münsterlande, wo ausschließlich Land-
Wirtschaft herrscht, hat sich die Sitte des Wohnens in zerstreut
liegenden Einzelgehöften allgemein erhalten. Das alte, sächsische
Bauernhaus (Fig. 33) vereinigt unter seinem gewaltigen Strohdach
Wohnraum, Stallungen und Scheune (vergl. S. 94). ^Münster
hat eine Akademie und ist geschichtlich durch die Wiedertäufer, 1534,
und durch deu Friedensschluß 1648 bekannt. Der wenig ertrag-
reiche Geestboden n. vom Weserberglande ist dünn bevölkert. Nur
"Hannover (= hohes Ufer) an der Leine, die hier schiffbar wird,
ist als Kreuzungspunkt der Straßen Cöln — Berlin und Bremen-
Hamburg—Süddeutschlaud und infolge der nahen Steinkohlenfelder
im Deister eine ansehnliche Handels- und Industriestadt geworden.
Anders hat sich das Leben im Mündungsgebiete der großen Flüsse
entwickelt, wo besonders Hamburg und Bremen durch Schiffahrt und
Handel aufblühten. -j-Hambürg (.800000 E.) ist der größte Seehandels-
platz des europäischen Festlandes und nach seinem Schiffsverkehr der
viertgrößte Hafen der Erde. Diese Bedeutung verdankt es seiner Lage
einerseits an der Elbe, die das mittlere Deutschland uud Östereich mit
ihm verbindet, andrerseits an dem Punkte, wo die Nordsee, über die der
Verkehr des mittleren und ö. Europa nach England und Amerika Haupt-
sächlich sich bewegt, am tiefsten in das Festland eindringt. Denn ob-
wohl die Stadt 90 km von der See entfernt ist, können sie die größten
Seeschiffe mit der Flut erreichen. Dazu kommen die günstigen, aus
dem Binnenlande heranführenden Eisenbahnlinien. In Hamburg befindet
sich die deutsche Seewarte, die die Beobachtungen über die Meeresver-
Hältnisse der ganzen Erde wissenschaftlich verwertet, auch Sturmwarnungen
für die deutscheu Küsten erteilt. Hamburgs Hauptverkehr ist nach Groß-
britannien, Nord- und Südamerika gerichtet (Hamburg-Amerika-Linie),
aber auch mit den O.- und W.-Küsten Afrikas und mit Ostasien unter-
hält es regelmäßige Verbindungen, und deu Handel mit den Südsee-
Inseln beherrscht es fast ganz. Für den Kaffeehandel ist es einer der
größten Märkte und neben Bremen der wichtigste deutsche Auswanderungs-
Hafen. Auch hier ist ein Freihafen eingerichtet. Mit dem preußischen
Das Deutsche Reich. 145
"Altona ist es völlig verwachsen; beide Orte zeichnen sich auch durch
Fabriktätigkeit (Schiffbau) aus. Die oberhalb Hamburgs gelegeneu,
außerordentlich fruchtbaren Vierlande mit Bergedorf liefern Vieh,
Gemüse und Obst. Das Hamburg gegenüberliegende Harburg hat noch
Anteil an dessen Handel und Verkehr; es führt hauptsächlich Petroleum
und Kopra ein. Dagegen ist das weiter unterhalb, abseits von der
Elbe erbaute Stade eine stille Beamtenstadt. An der eigentlichen
Elbemündung dient das befestigte Cuxhaven bei Eisgang und plötz-
lich auftretenden Stürmen als Vorhafen Hamburgs.
Fig. 33. Sächsisches Bauernhaus.
Nicht so günstig wie für Hamburg liegen die Verhältnisse für
""Bremen, das aber auch einen großen Aufschwung genommen hat, seit-
dem es nach Aufhebung des Königreichs Hannover mit Rheinland und
Westfalen durch Eisenbahnen verbunden ist. Bremen ist die zweit-
größte Seehandelsstadt Deutschlands und dessen von Auswandrern anl
meisten benutzter Hafen; es ist der größte Tabaksmarkt der Erde und
hat deshalb viele, große Zigarrenfabriken; außerdem führt es namentlich
Petroleum und Baumwolle eiu. Der Norddeutsche Lloyd unterhält Post-
Dampferlinien nach Nord- und Südamerika, Ostasien und Australien.
Die Stadt, uuter deren Gebäuden der Dom und das Rathaus mit
berühmtem Weinkeller hervorragen, ist trotz der Vertiefung der Weser
für die großen Seeschiffe nicht erreichbar. Deshalb schuf sie sich rechts
der Wesermündung die großartigen Hafenanlagen von Bremerhaven,
wo, wie in Bremen, ein Freihafen angelegt ist; mit ihm hängt das
befestigte Geestemünde eng zusammen, das viel Hochseefischerei treibt.
Schlemmer, Erdkunde II. Z.Auflage. 10
146
Europa.
Emden unweit der Emsmündung blüht neuerdings empor,
seitdem es durch den Dortmund-Ems-Kanal mit den westfälischen
Kohlen- und Fabrikstädten verbunden und der Bau eines für große
Seeschiffe erreichbaren Hafens in Angriff genommen ist. Es ist Aus-
gangspuukt der deutschen Kabel nach England, nach Vigo in Spanien
und der beiden über die Azoren nach Neuyork führenden.
Am nie zufrierenden Jadebusen ist Wilhelmshaven, der stark
befestigte Hauptkriegshafen des Deutschen Reichs, schnell emporgewachsen.
Die im Binnenlande gelegenen Orte Aurich und Oldenburg an
der Huute haben mit der Entwicklung der Seestädte nicht Schritt
halten können. In den fetten Marschen an den Flußufern uud der
Seeküste wächst viel Getreide, und auf den üppigen Wiesen gedeiht
treffliches Vieh. Die Ostfriesischen Inseln und Helgoland haben viel
besuchte Seebäder. Helgoland (Fig. 32) hält mit seinen Batterien
die Wacht vor der Einfahrt in die Elbe und in den Kaiser Wilhelm-
Kanal, sowie in den Jadebusen und die Weser.
Perkchrsstraßcn. Größere Bedeutung als in S-Deutschland haben
in N.- Deutschland für den Güterverkehr infolge ihrer Billigkeit die Wasser-
straßen; nur dadurch ist es möglich, daß z. B. in Oberschlesien Erze aus
Lappland verhüttet werden. Im W. ist der Rhein die wichtigste Vnkehrs-
ader, er wird von Seeschiffen bis Cöln, von kleineren Fahrzeugen bis Siraß-
bürg befahren. Die Weser ist schiffbar bis Jameln, die Elbe bis Prag, die
Ober bis Kosel, die Weichsel bis Zhorn. Während aber die Elbe durch zwei
künstliche Wisserstraßen (Plauescher Kanal—Havel—Fir^w-Kanal, oder Havel—
Spree—Friedr. Wilhelms-Kanal) mit der Oder in Verbindung steh« und diese
durch den Bromberger Kanal mit der Weichsel, fehlt noch eine Verbindung
zwischen Elbe und Rhein; der Bau dieses „Mittellandkanales", der den
Dortmund-Ems-Kanal mit dem Rhein und mit der Elbe bei Magdeburg ver-
binden soll, ist vorläufig verschoben, wird aber ausgeführt werden müssen,
da die Eisenbahnen allein den Verkehr nicht mehr bewältigen können. Auch
ein für Seeschiffe fahrbarer Kanal von Stettin nach Berlin ist in Angriff
genommen. — Der Verkehr im Kaiser Wilhelm-Kanal, der auch sür Kriegs-
zeiten große Bedeutung hat, nimmt von Jahr zu Jahr zu.
Bei den Eisenbahnen herrschen die Richtungen von W. nach O. und
von N. nach S. vor. Das ganze Flachland duichzieht die Linie (Paris)
Cöln—Hannover—Berlin—Danzig—Königsberg (Petersburg); von ihr zweigt
sich w.wärts ab die Bahn nach den Niederlanden (England) und o.wärts die
über Thorn nach Warschau—Dfosfctu. Für den Bau der weiteren die Ost-
und Westgren^e verbindenden Bahnen waren z. T. militärische Gründe maß-
gebend: es kommt darauf an. im Kriegsfalle aus möglichst vielen selbständigen
Linien Gruppen an die Grenze b fördern zu können. Auch die von Königs-
berg bis Kiel in der Nähe der Küste entlang führende Elsenbahn, sowie die
von Oberschlesien über Posen, Thoin nach dem s.ö. Preußen sollen dem Grenz-
Das Deutsche Reich. 14?
schütze dienen. — Unter den von N. nach S. führenden Straßen ist die
Rheinlinie die wichtigste: der Rhein, an und auf dem der Verkehr zwischen
England und den Niederlanden und Italien stattfindet, wird auf beiden
Seiten von Eisenbahnen begleitet. Dazu kommt als zweite Hauptlinie die
von Hambuig-Bremen die Leine aufwärts zur Fulda führende. Eine dritte
und vierte Linie geht ebenfalls von Hamburg aus: über Magdeburg—Dresden -
Prag —Wien oder über Berlin—Breslau zur oberen Over (weiter nach Krakau
—Lemberg—Odessa; oder Budapest-Konstannnopel; oder Wien —Trieft).
Die aus dem ö. Norddeutschland nach S.-Deutschland führenden Bahnen
vereinigen sich in Halle Leipzig, ziehen die Elster und Saale aufwärts nach
Hof, von wo sie sich wieder fächerartig ausbreiten, oder sie durchfahren in
Tunnels den Frankenwald nach Bamberg oder von Erfurt aus den Thüringer
Wald nach Würzburg. — Ein überaus wichtiger Eisenbahnknotenpunkt ist
Berlin. Von hier laufen Verkehrsadern strahlenförmig nach allen Richtungen
aus: Rostock — Kopenhagen; Stralsund — Saßnitz — Stockholm; Stettin;
Küstrin—Danzig -Königsberg; Küst, in—Thorn; Frankfurt— Posen—Thorn —
Warschau; Breslau (siehe obenl; Dresden—Prag; Leipzig—Hof—München;
Halle— Eisenach—Frankfurt (oder Erfurt —Würzburg); Cassel—Koblenz—
Trier; Magdeburg — Cöln; Hannover — Cöln (Paris und Niederlande);
Bremen und Hamburg—Kiel.
§ 29.
EntWickelung des Deutschen Weichs und seiner einzelnen
Staaten.
Eine politische Einheit haben die Deutschen auch zur Zeit des alten
Deutschen Reichs nur dem Namen nach gebildet, da die natürliche Beschaffen-
heit des Landes die Entstehung zahlreicher staatlicher Gemeinwesen begünstigte.
Mit dem Sinken der Macht seiner Kaiser seit der zweiten Hälfte des Mittel-
alters nahm die politische Zersplitterung Deutschlands zu und erreichte nach
der kirchlichen Reformation ihren Höhepunkt. Infolge der Napoleonischen
Knege am Ansänge des 19. Jahrhunderts löste sich 1806 das Deutsche
Reich aus, und es bildete sich 1815 der Deutsche Bund, zu dem an-
sangs noch 39 selbständige Staatsgebiete gehörten. 1866 hörte er auf zu
bestehen, Osterreich trennte sich von den übrigen deutschen Staaten, und die
n. des Mains gelegenen schlössen sich unter Preußens Führung im Nord-
deutschen Bunde zusammen. Endlich einigte diesen der Krieg gegen
Frankreich 1870/71 mit den süddeutschen Staaten zum Deutschen Reiche,
dess.n Kaiser der König von Preußen ist.
Nach seiner Verfassung ist das Deutsche Reich ein Bundesstaat, der
aus 26 Staaten besteht. Diese sind: 4 Königreiche: Preußen, Bayern,
Sachsen, Württemberg; 6 Großherzogtümer: Baden, Hessen, Mecklenburg-
Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Sirelitz, Oldenburg; 5 Herzogtümer:
Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und
Gotha, Anhalt; 7 Fürstentümer: Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-
10*
148 Europa.
Rudolstadt, Waldeck und Pyrmont, Reuß ältere Linie, Neuß jüngere Linie,
Schaumburg-Lippe, Lippe; 3 Freie Städte: Freie und Hanststadt Lübeck,
Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg; l Reichsland:
Elsaß-Lothringen. Jeder einzelne Staat hat zwar seine eigene Verfassung
behalten, doch werden die gemeinsamen Angelegenheiten von der Bundes-
regierung verwaltet, die vom Kaiser, dem Bundesrat und dem Reichstag
ausgeübt wird. Der Kaiser vertritt das Reich, ernennt die Reichsbeamten
und ist der Befehlshaber über Heer und Flotte. Ten Bundesrat bilden
die Vertreter der einzelnen Staaten, von denen jeder wenigstens eine, die
größeren mehrere, Preußen 17 Stimmen hat; zusammen sind es 58. Der
Bundesrat, an dessen Spitze der vom Kaiser ernannte verantwortliche Reichs-
kanzler steht, führt die eigentliche Regierung, er schlägt Gesetze vor, über-
wacht ihre Ausführung usw. Der Reichstag besteht aus den vom Volke in
direkter, geheimer Wahl gewählten 397 Abgeordneten. Er hat in Gemein
schaft mit dem Bundesrat das Recht der Gesetzgebung, stellt die Einnahmen
und Ausgaben des Reichs fest und beaufsichtigt die ganze Reichsverwaltung.
Das Reich ist also eine konstitutionelle Monarchie. Vom Reiche
werden hauptsächlich folgende Angelegenheiten geregelt: die auswärtigen
Angelegenheiten, das Heer- und Flottenwesen, das Post- und Telegraphen-
wesen (doch haben Bayern und Württemberg sich hierbei besondere Rechte
vorbehalten), die Rechtspflege (einheitliches Gesetzbuch) und die Reichssinanzen,
die aus Verbrauchssteuern und Zöllen auf eingeführte Waren sich zusammen-
setzen. Unter Schutz und Verwaltung des Reichs stehen auch die seit 1884
erworbenen überseeischen Besitzungen Deutschlands: Deutsch-Ostafrika,
Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togoland; Kaiser Wilhelmsland, Bismarck-
und Salomoninseln, Marschall-, Karolinen-, Marianen und Samoa-Jnseln:
Kiautschou.
Das Deutsche Reich mißt 540000 qkm und hat 65% Mill. E., also
auf 1 qkm 1J42
Das Königreich Prcnßcn ist hervorgegangen aus der von Kaiser-
Heinrich I. gegründeten Nord- oder Altmark, die 1134 Albrecht der Bär
erhielt. Im Kampfe mit den ostelbischen Slawen erweiterte er sein Gebiet
und nannte sich Markgraf von Brandenburg. 1415 ward die inzwischen zum
Kurfürstentum erhobene Mark dem Burggrafen Friedrich VI. von
Hohenzollern übertragen, dessen Nachkommen ihren Besitz gn befestigen
und zu erweitern wußten: Kurfürst Johann Sigismund erwarb 1614 das
Herzogtum Kleve am Niederrhein und die Grafschaften Mark und Ravens-
berg in Westfalen, 1618 das Herzogtum Preußen; der Große Kurfürst
Friedrich Wilhelm gewann nicht nur Hinterpommern, Magdeburg, Halber-
stadt, Minden dazu, sondern schüttelte auch die Lehnshoheit Polens über
Preußen ab, schuf mit kräftiger Hand die verschiedenen Bestandteile seines
Reiches zu einem einheitlichen Staate um und gab ihm eine achtunggebietende
Stellung; sein Sohn und Nachfolger nahm am 18. Januar 1701 als
Friedrich I. den Titel König in Preußen an. Durch Friedrich II., den
Großen, ward das junge Königreich in dre Reihe der Großstaaten eingeführt
Das Deutsche Reich. 149
und durch Schlesien und Westpreußen erweitert. Nach mancherlei Wechsel-
fällen am Anfang des 19. Jahrhunderts ward 1815 nicht nur das Stamm-
land des Staaies durch Erwerbung von Vorpommern und Teilen des König-
reichs Sachsen vergrößert, sondern vor allem wurden die Besitzungen am
Rhein bedeutend erweitert und abgerundet. Preußen bestand nunmehr aus
zwei Hauptteilen, sechs ö. und zwei w. Provinzen. Durch die 1866 gemachten
Erwerbungen von Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen, Nassau und Frank-
furt a. M. wurden die beiden getrennten Hälften des Königreichs in Zu-
sammenhang gebracht.
Die gesetzgebende Gewalt wird durch den König und die beiden
Häuser des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses gemeinschaft-
lich ausgeübt. Ersteres besteht aus erblichen und auf Lebenszeit bestellten Ner-
tretern, während die Mitglieder des Abgeordnetenhauses aus indirekter Wahl
<Urwähler, Wahlmänner) des Volkes hervorgehen. Die Regterungsgewalt
hat der König, der sie durch von ihm ernannte, dem Landtage verantwortliche
Minister ausübt. In bezug auf die Verwaltung ist das Königreich in
zwölf Provinzen mit je ein bis sechs Regierungsbezirken geteilt, die in
Landrats-Kreise zerfallen. Dazu kommt Berlin, das einen besonderen Ver-
waltungsbezirk bilvet, und das Fürstentum Hohenzollern. Die Kreistage
und Provinziallandtage sowie die Selbstverwaltung der Städte lassen
die Interessen der einzelnen Landesteile genügend zur Geltung kommen und
verhindern deren Benachteiligung durch zu große Zentralisation.
Völlig getrennt von der Zivilverwaltung ist die des Heeres. Die
Grundlage des vom Großen Kurfürsten eingeführten stehenden Heeres ist seit
Anfang des 19. Jahrhunderts die allgemeine Wehrpflicht. Die vielfach
erprobten und bewährten Einrichtungen des preußischen, jetzt deutschen Heeres
sind mustergültig geworden für fast alle kriegführenden Völker. Von den 23
Armeekorps des deuischen Heeres stellt Preußen mit Baden, Elsaß Lothringen
und den kleineren norddeutschen Staaten außer dem Gardekorps 16, Bayern
3, Sachsen 2, Württemberg 1.
Mit fast 350 000 qkm umfaßt Preußen etwa 3/3 des Deutschen Reiches,
mit oVU Mill. E., 3A> von dessen Bevölkerung. Nicht ganz 2/3 der Einwohner
find evangelisch; Kathollken wohnen besonders in der Rheinprovinz und
Westfalen, in Posen, Oberschlesien und Westpreußen.
Das Königreich Vaycrn ist entstanden aus den: alten Herzogtum
Bayern zwischen Lech, Inn und Bayrischem Walde, das Friedrich I. 1180 den
bayrischen Wittelsbachern verlieh, deren Nachkommen noch heute in Bayern
regieren. Im 13. Jahrhundert erwarben die Wittelsbacher die Pfalz auf
beiden Ufern des Rheins, doch wurden ihre Lande später durch vielfache
Teilungen zersplittert. Die Pfalz erhielt im 15. Jahrhundert, das Herzog-
tum Bayern während des dreißigjährigen Krieges die Kurwürde. Am Ende
des vorigen Jahrhunderts starben die Hauptlinien aus, und der Herzog von
Pfalz-Zweibrücken einigte alle bayrischen Lande, erhielt 1806 nach seinem
Beitrut zum Rheinbund von Napoleon I. den Königstitel und bedeutende
Erweiterungen seines Gebiets am Main und in Schwaben und 1815 auch
150
Europa.
die Pfalz zurück, wogegen Tirol an Österreich abgetreten wurde. Beim Ein-
tritt ins Deutsche Reich 1871 hat sich Bayern manche Rechte, besonders in
bezug auf Post- und Heerwesen, vorbehalten.
Mit 76 000<Z<<M ist Bayern nächst Preußen der größte der deutschen
Staaten und beträgt 2U, nach seiner Bevölkerung, 6' . Mill., fast die Hälfte
von Süddeutschland. 2/3 der Einwohner sind katholisch, V3 evangelisch; letztere
überwiegen in Mittel- und Ober Franken und in der Rheinpfalz. Das
Königreich zerfällt in 8 Regierungsbezirke.
Das Königreich Sachsen ist nur ein Teil des ehemaligen Kurfürsten-
tums Sachsen. Ende des 15. Jahrhunderts wurden die sächsischen Be-
sitzungen unter zwei Linien des alten Wettiner Grafenhauses, die Ernestiner
und Albertiner, geteilt. Die Ernestiner besaßen mit Wittenberg die Kur-
würde und aus ihnen gingen die fürstlichen Beschützer und Förderer der
Reformation hervor. Während des Schmalkaldischen Krieges aber gewann
der Albertiner Moritz von Sachsen das Kurfürstentum, zu dem im Dreißig-
jährigen Kriege noch die Lausitz hinzukam. Der Anschluß an Napoleon 1.
verschaffte 1806 Sachsen die Königskrone, aber 1815 mußte es die Hälfte
seines Gebietes an Preußen abtreten.
Sachsen hat auf 15 000 qkm 4V2 Mill. E,, ist also das dichtest be-
wohnte (300 E. auf 1 qkm) Land und nach Preußen und Bayern der volk-
reichste Staat Deutschlands. Die Bewohner sind fast sämtlich protestantisch,
das Königshaus ist katholisch. Das Königreich ist in 4 Kreishauptmann-
schaften geteilt.
Das Königreich Württemberg. Das Stammland der Grafen von
Württemberg, die sich im 1-1. Jahrhundert im Kampfe mit dem Schwäbischen
Städtebund (Graf Eberhard der Gremer, der alte Rauschebart) hervortaten,
bilden die Neckarlandschaften. Die Grafen erhielten 1495 den Herzogstitel
und erweiterten allmählich ihr Gebiet, besonders in der Napolecmischen Zeit,
wo sie 1806 wie der Kurfürst von Bayern zu Königen erhoben wurden.
Beim Eintritt ins Deutsche Reich hat auch Württemberg sich manche Rechte
vorbehalten.
Württemberg, fast -20 000 qkm oder 2/3 fo groß wie Pommern, um
faßt das ganze Neckargebiet bis zum Einfluß von Kocher und Jagst und
zieht sich über den Schwäbischen Iura und die Donau bis zum Bodensee.
Die 2V4 Mill. E. sind zu 2/3 evangelisch. Die Einteilung in 4 Kreise ent-
spricht nicht überall den natürlichen Verhältnissen.
Das Großtierzogtnm Baden ist unter der Regierung der Zähringer
aus der Markgrafschaft Baden hervorgegangen, aber erst 1806, als es Groß-
Herzogtum wurde, zu seinem jetzigen Umfange, 15000 qkm, — V2 so groß
wie Pommern, erweitert. Es gehören dazu der rechtsrheinische ^eil der
Oberrheinischen Tiefebene bis zur Mündung des Neckars und Teile des
Schwarzwaldes.
Die Bewohner, 2 Mill., sind im S. katholisch (Vz>, im N. protestan-
tisch C/3). Das Land ist in 11 Verwaltungsbezirke eingeteilt.
Das Deutsche Reich. 151
Das Großherzogtum Hesse« umfaßt nur mit seinem kleineren, n. vom
Main gelegenen Teile, Ober-Hessen, hessisches Gebiet. Die dort im Lande
der Chatten im Mittelalter bestehende Landgrafschaft Hessen ward vielfach
geteilt, auch von Philipp dem Großmütigen, dem Zeitgenossen Luthers. Es
erhielten sich aber nur die beiden Linien Hessen-Cassel und Hessen-Darm-
stadt bis in die neuere Zeit. Letztere gewann 1806 mit dem Großherzogs-
titel große Erweiterungen ihres Gebietes, das jetzt mit 7700 qkm V4 so
groß wie Pommern ist und 1V4 Mill. meist protestantische Einwohner hat.
Hessen Cassel kam 1866 an Preußen.
Die Provinzen Starkenburg und Rheinhessen liegen s. vom Main,
Oberhessen bilden die Landschaften am Vogelsberg und die Wetterau.
Die Großlierzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Meckleuburg-Strelit;.
Nur hier regieren noch Fürsten aus altem slawischen Geschlecht, die im 14. Jahr-
hundert den Herzogstitel und 1815 den Großherzogstitel erwarben. Beiden
Staaten ist die aus dem Mittelalter stammende Einrichtung der Landstände
gemeinsam. Zu Mecklenburg-Strelitz gehört auch das w. von Mecklenburg-
Schwerin gelegene Fürstentum Ratzeburg.
Das Großlierzogtnm Oldenburg besteht aus drei getrennt liegenden
Teilen: den: Herzogtum Oldenburg am Jadebusen, dem Fürstentum Lübeck
«Eutin) und dem Fürstentum Birkenfeld am Hunsrück.
Das Großlierzogtnm Sachseu-Weimar und die Herzogtümer Sachsen-
Memiugeu, Sachsen-Alteuburg und Sachsen-Coburg und Gotha sind ent-
standen durch wiederholte Teilung des 1547 an die Ernestinische Linie der
Wettiner gekommenen Thüringen; die Werralandschaften s.w. des Thüringer
Waldes kamen durch Erbschaft hinzu. Ihre Besitzungen sind mannigfach
zersplittert und bieten noch heute ein Bild der einstigen staatlichen Zerrissen-
heit Deutschlands.
Das Herzogtum Brauuschweig. Die 1181 Heinrich dem Löwen ge-
bliebenen braunschwe'gischen Lande wurden bei der Aussöhnung der Welfen
und Staufen 1235 zum Herzogtum erhoben. Die hier regierende Linie starb
1884 aus; an Stelle des Herzogs von Cumberland, des Erben der Hanno-
verschen Linie, ward Prinz Albrechi von Preußen als Regent eingesetzt.
Die 3 Hauptteile des Landes liegen an der Oker und Aller, zwischen
Oberharz und Weser und auf dem Unterharz.
Das Herzogtum Anhalt ist das Stammland der Askanier, die um
1300 Brandenburg und Sachsen besaßen. Das kleine Land war bis in
die neueste Zeit mehrfach geteilt, ist jetzt aber geeinigt. Der Hauptteil wird
von der Elbe, Mulde und Saale durchflössen, der kleinere w. liegt auf dem
Unterharze.
Die Fürstentümer Schwarzburg-Sondershansen und Schwarzburg-
Rudolstadt, von zwei Linien der Grafen von Schwarzburg regiert, zerfallen
in je zwei Teile, die Oberherrschaft am NO.-Abhange des Thüringer Waldes
und die Unterherrschaft an der Hainleite.
Das Fürstentum Waldeck und Pyrmont steht seit 1867 unter preußi-
scher Verwaltung.
152
Europa,
Die Fürstentümer Reuß ältere und Neuß jüngere Linie. Die Vor
fahren der Fürsten von Reuß waren Reichsvögte im Elstergebiete, wo noch
jetzt der Hauptteil ihrer Besitzungen liegt.
Das Fürstentum Schaumburg-Lippe, kaum so groß wie ein preußi-
scher Landrats-Kreis, reicht ö. der Weser von Minden bis zum Stein-
huder Meer.
Das Fürstentum Lippe umfaßt die fruchtbare Ebene zwischen Weser-
gebirge und Teutoburger Wald.
Die Freie und Hansestadt Lübeck, die Freie Hansestadt Bremen, die
Freie und Hansestadt Hamburg. Der im 13. Jahrhundert von Lübeck und
Hamburg geschlossene Hansabund, zu dem zuletzt 80 Srädte gehörten, war
bis zum 15. Jahrhundert unter der Führung Lübecks die erste Handels- und
Seemacht Europas. In Wisbi) auf Gotland, Bergen in Norwegen, Brügge
in Belgien hatte er seine Kontore, und sein Handel beherrschte die ganze da-
malige Welt. Aber die Entdeckung Amerikas und die des Seewegs nach
Ostindien, die dem Handel neue Wege wiesen, aaben im Verein mit dem
Aufschwung der n.w. Staaten Europas und dem Niedergang und der Zer-
splilterung Deutschlands im 17. Jahrhundert der Hansa den Todesstoß.
1630 erneuerten Lübeck, Hamburg und Bremen das alte Bündnis, und
diesen drei Städten allein ist der Name Hansestädte geblieben. Erst in
neuester Zeit aber hat ihr Handel sich wieder bedeutend gehoben und sich zum
Welthandel aufgeschwungen.
Das Neichsland Elsaß-Lothringen. Das Elsaß, ein Teil des Herzog-
tums Schwaben, zerfiel im spätereil Mittelalter in viele kleine Gebiete und
zwölf reichsfreie Städte. Erstere gewann 1618 Frankreich, das auch die
Städte, 1681 auch Straßburg, widerrechtlich an sich riß. Von Lothringen
kamen die Bistümer Metz, Toul und Verdun schon 1552 an Frankreich, das
ganze Herzogtum aber erst im 18. Jahrhundert. 1870/71 ist das Elsaß außer
Belfort und von Lothringen nur der ö.ste Teil mit Metz zurückgewonnen.
An Größe, 14 500 qkm, und Einwohnerzahl kommt das Reichsland etwa
Baden gleich. Nur im w. Lothringen wohnen Franzosen, doch wird auch
im Elsaß z. T. französisch gesprochen. Die Umgegend von Straßburg ist zu
]/3 evangelisch, das übrige katholisch. Das in drei Bezirke, Ober- und Unter-
Elsaß und Lothringen, geteilte Reichsland wird von einem Kaiserlichen
Statthalter, der in Straßburg residiert, verwaltet.
Das Deutsche Reich. 153
Z
-s
ä
Q
P.
©
«Ü ® "
• ©
^6?
& i
&s K
J ® i>
I -®o
^ «f-gös
J
ö g ==S
®
ö .«
g 1-5.5
«'S »-£-
i2 3 3 :=:
"s^sses
81
L-Z
tsg 3
Ö » c
^ n-z"
S B -3
^ °«eo
-« £ o CK
■I©
©1
©
©Z
;©
Ä ^
©Q •»'
ff»i
14®
^ ^ s
l«'f
^=85?
a A <u
"S ® Ü
sg- £?^
(£) io cp
öi=§ "5
•hi«§
g&i
Iii
N
*0 c-,o- e_
5 ^5" ,2.
s= a> c s
km
C«
. «_ ö5 o -
J-» 3 ^ Ü
Sc©3
Ö
£}>yo
! >-o
^© K
jo G _ ^
2 l z
n ~ s ö ö»
ö a> «3 « CT-
■2 3 _r's
Ijl i«"
® "* «*: f -
: ?-r
s jel 2
ST'
fc=c
o^© öö^s^ yg-
- ©
3
>oj
SP
öS
K
3 «
1
'S" "S. 5' T
N- © N ©
©
T
§ io co 89 56 68 122 go 79
§ § o o o o | o o o o
Sq cm -st- cd o o s§ go c£> co s o
co (m co cm
cd § o n o o g o co o »o cm o o
go co co K co o co lO OJ cti
N
S?
?. £*-
«3 c «3
§ 22 § s
:o5 K a N
^55 .. „ £ !«
c n £! 3S s ^ f i © S j. N-
p. g ^ 1 S es n
ü© 2 & H L o©
© N N-
a> p-
*-. Q-
^etq
©
a
tl
5®
S* 3
©
L*ß
' 3
'fl
«*©
©
154
Europa,
w
ss
-S
1
£ S =
tili
ö O
WLZ ^
..^ «-©
tr ~ ^
J
^r-' u ^
fS Z 3 Cl> O
IT «:' - . - 2
III | L 2 fi
1@S ZK
2 1= _ ö
3 5
tfo
:5-
3
- £ L 'S
,"S©Ö?:S ■
^ jo 3
© 5 s 1Z
-Ä-; N K
^ ^ ^
•«»öe <" "C 2"
i 8?S
c c
sg- tr: O O 'o
ö .H ^
(Ä os»tg- cT s= 3
-2 -'' a oj o
§ W ^ - *=3
w ö £_ g
g %'<§, © T 'S
->?N <£^ »
|? ^ u '^3 S
m ^ - B JJ-
a c *- tn .S?
"3 &ö "2 g
® S JS
g {TS :3 3
" "K? ««
jo -S*
«•
ZG
ss ~
SK _ »<s£
3?
ö ^ G
^S0£5
5fl«|
tTcll®
o .5 -~53 «5
3 3" 3 S __ ^"3
®T?Ü« S^ g
-n g®
ö ^ ^ -.T-
= 3 "3 3 2 5=7
02 -3 ^£^sO Sv (3) S>
© g
■ss
KZ
A'? »
..'"rl!
m 1
M
!A
S±<^
5 13
3 c
iÄ-5'
<3; e
-5 2
ii
«Z
S fr/
£ S
tf.5 .
ö ^ c
_JJ2 - tO
3
Z
r3?
|:S
A N
£
K
2 760 OOOj 1 | 0 0 Z s ö 1 S 'S g
1 §§ 1 8 8 0 5 g 1 0 >0
ö 5" 3
3 3Z
3 := "£
£
•• g <B»
o "S Q
» ^ -
o| -
3 £; es
«H-Ä
-5«
Ü ra
UZ
«1
3 _
<3 -o
?!
'S
i
e e
- g
JL-%
N
*o n ? 3 ^ 'S s ^ n 1$ ^'g uß
<§k ^ 'S g^g S
c
.•'1.^11
0 ^ ^ n ^ 3 |
s 3 is=-e- 3 S£ fcl « 3 ^ .. S'^l^ g» 2-s^ s - - -e-s
K s Q Q © ^
3K
-C
3 3~
5 ^ g
.fss
LS? S
t!? C9
35
O
o S.
L
Z c =
--- S? Gl
N
Das Deutsche Reich.
Q
€3
s?
S? ö
11
^ &
■3 C?
£
3. ss
^5
Q
K ©
2 5
ö) ^
1
1
o -_^ 1
s ö .5?
Ä» 5 _|
g 1 '^r
r g
SS Q 8v
©
8?
5Ä
N
b-t
S?
© ^
issßws^®
a;
K © A SS Q
R 55 'J> 0 © K
^2
'S 2 'S
"2 ■5 :3
w £
2 _g ^
1 M A ©
O 3000000000
ooooooooooo
0 >C O: cc (Ü ^ Oi h C>1 CO >c
— Ol I- o CO CO <£> o -H Ol CO
01 "O ■—' -+ Tf Ol (>l Ol CO
ooooooooo
o o o o o o
!"■— O CO 'C lO
O T -f O
<r~ oooooooo
o o
l- O W O
.12'
^ rj
1 ©
£ 1 « »
r
tl Z 5
® a Q A
S
= '=
| 1
g- 'S I
,s S3 ©
s ,T3 <=! «
% *=L
,5_ s s
L ■c e -£■ -5
.s
* 5 s s
*Ö ~ Ä
S5 "S
s
'?s 's2 Ä -S" Ä ^ =
w ~ o C-> ^ t-r « w
© (9 sss®«5s « &
Z sicn.
Der Name Asien wird von einein assyrischen Worte abgeleitet, das
Sonnenaufgang bebeutet, so daß Asien — Morgenland ist. Er bezog sich
noch zur Zeit der Römer nur auf die Halbinsel Kleinasien. Den Phöniziern
und Griechen wurde hauptsächlich das w. Asien bekannt. Herodot (450
v. Chr.) durchwanderte und beschrieb Asien bis Babylon und erhielt auch
Kunde vom Jndusland. Ein großer Fortschritt in der Kenntnis Asiens
ward durch die Feldzüge Alexanders d. Gr. gemacht, der bis zum Syr Darja
(Jaxartes) vordrang und Indien erschloß. Unter den ersten römischen Kaisern
fand ein lebhafter Handelsverkehr auf der „Kaiserstraße" von Trapezunt am
Schwarzen Meere bis zum Seidenlande China statt. Neben arabischen
Reifenden des Mittelalters hat vor allem der Venetianer Marco Polo am
Ende des 13. Jahrhunderts Asien bis China durch Augenschein kennen ge-
lernt und es beschrieben; er nennt zuerst das Goldland Zipangu — Japan
und kehrte zu Schiff über Hinterindien nach Persien und in seine Heimat
zurück. Erst 1498 erreichte der Portugiese Vasco da Gama auf dem See-
wege Indien, wo nach den Portugiesen die Engländer, wie auf den indischeil
Inseln die Holländer sich festsetzten und die Länder nach und nach erforschten.
China und Japan wurden im IL. Jahrhundert durch christliche Missionare
bekannt, bald aber schlössen sie sich gegen alle Fremden ab. Am Ende des
16. Jahrhunderts ward Sibirien allmählich durch die russischen Eroberer,
die bis 1700 ganz Nordasien unterwarfen, eröffnet. — Im 19. Jahrhundert,
besonders in feiner zweiten Hälfte, haben zahlreiche Reisen über alle Teile
Asiens wichtige Aufschlüsse gebracht. Die erste Umseglung des Erdteils
führte der Schwede Nordenskiöld 1878/79 aus.
§ 30.
Asien im allgemeinen.
Geographische Lage: Kap Tscheljuskin 78° N., Singapore 1° N,,
Kap Baba in Kleinasien 26° £>., Uralgebnge 60° O., Kap Deschnew 170° W.,
Smgapore 104° O. — Der Äquator schneidet Sumatra, Borneo, Celebes;
40° N.: n. Kleinasien, Peking, n. Korea und Japan; 50° N.: S.-Grenze
Sibiriens. Grenze gegen Australien 10° S. 130° O.
44 Mill. qkm (4i/2 X Europa), 822 Mill. E. (Europa 400) auf
1 19 E. (Europa 40).
Asien.
Asien ist der größte Erdteil und mit 44 Mill. qkni fast 4^ mal
so groß wie Europa, das nur wie eine Halbinsel von ihm erscheint.
Außer der breiten Landverbindung, die sich vom Nördlichen Eismeere
das Uralgebirge entlang hinzieht und weiter durch den Uralfluß und
den Kaukasus bezeichnet wird, nähert sich Asien mit der weit ins
Mittelmeer hineinragenden Halbinsel Kleinasien dem europäischen
Festlande. Von diesem wird es hier durch die schmalen Meerengen
des Bosporus uud der Dardanellen getrennt, und die Inseln des
Ägäischen Meeres bilden gleichsam eine Brücke nach der Balkanhalbinsel.
Auch mit Afrika steht Asien durch die jetzt vom Suezkanal durchschnittene
Landenge von Suez in Verbindung und kommt ihm im SW. an der
Straße Bab el Mandeb (= Tor der Tränen) noch einmal ganz nahe. Im
SO. bilden die Großen und Kleinen Sunda-Jnseln den Übergang nach
Australien (doch rechnet man alle diese Inseln zu Asien) und im NO.
nähert es sich an der Beringstraße Amerika bis auf 92 km.
Der Rumpf Asiens besteht der Bodengestaltung nach:
1. aus einem großen ö. Hochlande, das nach O. niedriger
wird und sich fächerartig ausbreitet, sodaß es die ganze O.-Seite
des Erdteils ausfüllt und nur zu verhältnismäßig kleineren Tief-
ländern Raum läßt; 2. aus einem kleineren w., mehr langgestreckten
Hochlande, das mit ersterem in enger Verbindung steht; 3. aus der
dem ö. Hochlande im NW. vorgelagerten Tiefebene, die s. des Ural
ohne natürliche Grenze in das osteuropäische Flachland übergeht.
Beiden Hochländern eigentümlich sind die von hohen Rand-
gebirgen umschlossenen Hochebenen uud Tafelländer und die vor-
herrschend w.o. Richtung der wichtigsten Gebirgszüge. Da, wo beide
Hochländer zusammenstoßen, bildet das Hochland von Pamir
(—Wildnis) einen Gebirgsknoten, von dem die gewaltigsten
Gebirgsketten ausgehen; in den von hier nach SO. ziehenden Ge-
birgen finden sich die höchsten Erhebungen der Erdoberfläche.
Von diesem Rumpf des Erdteiles strecken sich nach S. drei
große Halbinseln: Arabien, Vorder-und Hinterindien, die in
ihren Umrissen und ihrer Bodengestaltung eine gewisse Ähnlichkeit mit
den drei südeuropäischeu aufweisen. Die O.-Küste wird durch das
Gelbe und das Ochotskische Meer ebenfalls in drei, allerdings
stumpfere Vorsprünge gegliedert. Ö. der genannten Meeresteile
erstrecken sich die Halbinseln Korea uud Kamtschatka nach S.,
die durch die Japanischen Inseln und die Kurilen in Verbindung
stehen. Die N.-Küste ist weniger gegliedert, am weitesten nach N.
ragt die Taimpr-Halbinsel mit dem Kap Tscheljnskin.
158
Nach N., O. und S. entsendet das asiatische Hochland von
seinen Randgebirgen aus eine Anzahl von Riesenströmen. Große
Gebiete aber, sowohl die Hochebenen als auch der s.w. Teil der
Tiesebene, sind abflußlos.
Bei weitem der größte Teil Asiens liegt in der ge-
mäßigten Zone; außer den indischen Inseln reichen nur die drei
s. Halbinseln in die heiße, und nur der n.ste Teil Asiens in die kalte
Zone. Bestimmend für das wirkliche Klima der asiatischen Länder
ist aber vor allem die Bodengestaltnng: auf den ausgedehnten Hoch-
flächen wechselt mit der Glut des Sommers sehr große Winterkälte,
und da die sie umschließenden Randgebirge das Eindringen feuchter
Seeluft verhindern, sind sie steppendürr und z. T. vollständige Wüste.
Dasselbe gilt von deni s. Teile des großen Tieslandes. Ähnlich sind
die Verhältnisse auch in dem kleineren w. Hochlande. Die Halbinsel
Arabien gehört in klimatischer Beziehung ganz zu Afrika, dem es auch
in Umrissen und Bodengestaltung gleicht.
Dagegen empfangen die Glieder und Inseln des S.- und
O.-Randes von Asien reichlichen Regen und sind deshalb meist
recht fruchtbar. Bemerkenswert ist an diesen beiden Küsten die
mit den Jahreszeiten wechselnde Richtung der vorherrschenden Winde,
der „Monsune" oder Jahreszeitenwinde. Im Sommer zieht das
stark erhitzte Jnnerasien die Luft an, die nun als senchter Seewind
von S., SO. und O. heranweht und den Gebirgsabdachungen reich-
liche Niederschläge bringt. Im Winter aber drängt die schwere kalte
Lust des Innern als trockner Wind nach den Seiten ab und kann
deshalb nur dann Regen bringen, wenn sie wieder über größere
Meeresteile hinweggezogen ist, z. B. auf den indischen Inseln.
Der N. und noch mehr der NO. Asiens haben die un-
günstigsten klimatischen Verhältnisse, da sie einerseits dem Ein-
dringen der kalten Luft vom Eismeer schutzlos ausgesetzt, andererseits
dem Eiufluß warmer, fenchter Seewinde durch die Gebirge im O.
und dnrch die weiten Ländermassen im W. und SW. verschlossen
sind. Aus zwar heiße, aber kurze Sommer folgen lange und harte
Winter, und das n ö. Asien ist die kälteste Gegend der Erde.
Die Pflanzenwelt Asiens, die besonders üppig in den unter
dem Einflüsse der Monsune stehenden Ländern ist, weist zahlreiche
Nutzgewächse auf. Die meisten unserer Getreidearten sowie die
edleren Obstarten, Nußbaum, Olive, Weinrebe und Dattel-
palme haben in Vorder-Asien ihre Urheimat, ebenso der Flachs
und der Hanf. Indien ist die Heimat des Reises, des Brotkornes
Asien.
159
für fast die Hälfte aller Menschen. Von seinen Palmen sind die
Kokospalme wegen ihrer Früchte und die Sagopalme wegen des
stärkemehlreichen Markes die wichtigsten. Ihnen reihen sich an die
Banane oder der Pisang, das Zuckerrohr, viele Gewürze und
die Baumwolle. China ist das Land des Teestrauchs.
Von den Hochländern Asiens sind Pferd, Esel, Rind, Schaf
und Ziege sowie das zweihöckrige Kamel ausgegangen. Auch die
Seidenraupe hat im Innern Asiens ihre Heimat. In den Wüsten
des w. Asiens lebt der Löwe und der Strauß. Aus Indien stammt
das Haushuhn und der Psau; hier sind der Büffel, der Elefant,
das Nashorn uud der Tiger heimisch. Von den vielen Affen-
arten ist der menschenähnliche Orang-Utan (= Waldmensch) auf
den Sunda-Jnseln zu erwähnen.
Das n. Asien birgt reiche Schätze in seinem Boden, vou denen
neben Gold, Silber, Kupfer auch Graphit wichtig ist. Die großen
Steinkohlenfelder Chinas sind noch nicht genügend erschlossen.
Die Bewohner. In Asien wohnt mehr als die Hälfte
aller Menschen, 822 Iii, von denen 9/io in den Monsungebieten
leben, während die übrigen zwei Drittel der großen Ländermasse sehr
dünn bevölkert, uud große Länderstriche im N. und int Innern fast
menschenleer sind. Vorderasien und Vorderindien bewohnen Völker
der Mittelländischen Rasse, die indischen Inseln haben die
Malaien inne, das übrige mongolische Völker.
In den Steppen uud Wüsten des Innern leben noch heute
Nomaden, im N. Jäger- uud Fischervölker. Dagegen sind die
ehemals fruchtbaren Ebenen Mesopotamiens sowie Vorderindien und
China die Heimat der ältesten Kulturvölker.
In Asien sind die nur einen Gott verehrenden Religionen,
die mosaische, christliche und mohammedanische entstanden. Das
Christentum ist nur bei einigen Völkern Vorderasiens, in Russisch-
Asien und in den überall zerstreuten Missionsgebieten vertreten. Der
Islam beherrscht fast ganz Vorderasien, große Teile von Juuerasien
und von den indischen Inseln. In Vorderindien ist der Sitz des
Brahmaismus, und in Hinterindien, China und Japan leben die
Anhänger Buddhas, dessen Lehre mehr Bekenner zählt als selbst
das Christentum. Jni n. Asien ist das Heidentum bei vielen
Stämmen nur dem Namen nach durch die russische Kirche verdrängt
worden.
In den asiatischen Staaten hat sich seit den ältesten Zeiten
die Regierungsform der despotischen Alleinherrschaft erhalten;
160
Asien.
vielfach ward und wird die Macht des Herrschers noch dadurch verstärkt,
daß weltliche und geistliche Gewalt in einer Hand vereinigt sind.
Mehr als die Hälfte Asiens ist von Europa abhängig:
die Russen dringen von dem breiten N. des Erdteils immer weiter
in dessen Inneres vor und bedrohen die Herrschaft der Engländer-
in Indien, dem reichsten Lande der Erde. Daneben besitzen die
Holländer, Portugiesen und Franzosen in Hinterindien und
auf den Inseln mehr oder weniger ausgedehnte Gebiete. Auch
Deutschland hat in China Fuß gefaßt.
§ 31.
Vorderasien.
Geographische Lage: N. Kleinasien 40°?!. «.wie Mitte Spanien,
Neuyork), Mündung des Schutt el Arab 30° N. (wieKairo, Neu-O>leans),SW.-
Arabien 15° N., Kap Baba 26° O., W.-Küste Syriens 35° O. (etwa wie
Moskau), Soliman-Mebirge 70" O.
Asiatische Türkei VU Mill. qkm, 17 Mill. E., auf 1 qkm 10 E. Persien
\2lz Mill. qkm, 9V2 Mill. E., auf 1 qkm 6 E.
1. Arabien, 5 mal so groß wie das Deutsche Reich, ist ein
echtes Wüstenland, das an den drei Seeseiten von höheren Gebirgs-
rändern umschlossen wird. Die ganze Halbinsel hat keinen immer
fließenden Fluß; denn fast nur die Küstenränder erhalten spärliche
Winterregen, die zeitweise die „Wadis" füllen. Das Sammeln des
Wassers in Zisternen und die künstliche Bewässerung des Bodens ist
deshalb hier uralt.
Die senntischen Araber (Fig. 34) sind nur zum kleineren
Teile Nomaden, die als Beduinen oder „Wüstensöhne" das Innere
durchziehen. Sie sind zäh und genügsam und mit scharfen Sinnen
begabt. Die einzelnen Stämme stehen unter je einem Scheich;
mehrere zusammen pflegen von einem Emir regiert zu werden, der,
wenn er zugleich geistliches Oberhaupt ist, Im am heißt.
Als Mohammed im Ansang des 7. Zährhunderts seine neue
Religion gestiftet hatte, verbreiteten sie die Araber mit Feuer und
Schwert und gründeten ein Weltreich, das w. bis nach Spanien, ö.
bis nach Jnnerasien sich ausdehnte. Noch heute herrscht der „Islam"
in ganz Westasien und bis in den Malaiischen Archipel sowie in der
N.-Hälfte Afrikas.
Die Küstenstreifen am Roten Meer, Hedschas, und weiter s.
Jemen beansprucht der türkische Sultan. Hier liegen die den Mo-
Vorderasien,
161
hammedanern heiligen Städte c>Mekka (— alte Stadt), wo der Prophet
geboren, und Medina (—Stadt), wo er begraben ist. Der Mo-
hammedaner soll einmal in seinem Leben nach diesen Orten die Wall-
fahrt (Hadsch) unternehmen, deren Ziel die Küaba in der Hauptmoschee
zu Mekka ist. In ihr befindet sich der berühmte schwarze Stein, den
der Gläubige küßt, um Einlaß ins Paradies zu gewinnen. Allen
Ungläubigen ist der Zutritt bei Todesstrafe verboten. Alljährlich
langen große Pilgerscharen aus allen mohammedanischen Ländern in
Mekka an, bei deren Anwesenheit im heiligen Monat zugleich eine
der größten Messen der Erde stattfindet.
Fig. 34. Araber,
In Jemen gedeiht der Kaffee, der nach der Hafenstadt Mocha
Mokkakuffee genannt wird, sehr gut und ebenso die arabischen
Spezereien: Balsam, Weihrauch und Myrrhen, auch Gummi arabicum:
es heißt mit Recht das „glückliche Arabien". Die kleine Insel
Per im in der Straße Bab el Mandeb haben die Engländer besetzt,
ebenso das als Kohlenstation von den durch das Rote Meer fahrenden
Dampfern besuchte Aden [ed'rt], den wichtigsten Handelshafen Arabiens.
Das vom Im am von Maskat beherrschte Oman an der Meerenge
von Ormus erhält mehr Regeu und ist deshalb besser bevölkert als
das übrige Arabien. Im Persischen Meerbusen wird bei den von den
Engländern besetzten Bahrein-Jnseln ergiebige Perlfischerei getrieben.
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. 11
162
Asien,
Das Innere, wo die Beduinen die besten Reitkamele und die
berühmten arabischen Pferde züchten, zerfällt in mehrere unabhängige
Staaken. Die Hauptstadt vou Nedschd (—Hochland), dem früheren
Reiche der Wahabiten, ist Riad; an der S.-Küste liegt die Land-
schaft Hadramaut (—Gebiet des Todes).
2. Die Asiatische Türkei, a) Syrien. Zwischen dem Libanon
«nach seinem Kalkgestein und dem Schnee, der fast den ganzen Sommer
hindurch die über 3000 m hohen Gipfel bedeckt, der „weiße Berg"
genannt) und dem Antilibanon, der im H'ermon bis 2800 m auf-
steigt, erstreckt sich von N. nach S. ein tiefes und breites Tal, von
den Alten Eölesyrien (= Holstes Syrien), im s. Teile das Ghor genannt,
in dem der Orontes nach N., der Jordan (== Abfluß) nach S.
fließt. Fast das ganze Jordantal liegt unter dem Meeresspiegel und
erreicht im Toten Meere die tiefste sichtbare Senkung der Erdober-
fläche (— 3y4 m). (Fig, 35.) Im Wadi el Araba setzt sich die
Talfurche fort bis zum Golf von Akaba, der die dreieckige Halbinsel
Sinai im O. bespült, wie der Golf von Suez im W. Im S. der
Halbinsel erhebt sich das nackte Felsgebirge Sinai im Dschebel
Musa (— Berg des Moses) über 20u0 m hoch. —- Nach O. geht
Syrien ohne bestimmte Grenzen in die Syrisch-Ära bische Wüste über.
Nur die w. Teile Syriens erhalten Winterregen, die in den
Tälern eine große Fruchtbarkeit erzeugen. Bei weitem der größte Teil
aber ist Wüste, auch das w. vom Jordan gelegene Palästina ist in-
folge der Entwaldung durch die Türken durchaus uicht mehr das
Land, „da Milch und Honig fließt".
Im Altertum saßen im schmalen Küstenstreifen w. vom Libanon
die Phönizier, deren große und reiche Städte Tyrus und Sidon nur
noch in den Namen elender Dörfer sich erhalten haben. Die Haupt-
bevölkerung bilden jetzt Araber.
Im n. Syrien, in der Mitte zwischen dem n.sten Punkte des
Orontes und dem Euphrat liegt *Aleppo an der Karawanenstraße
die vom Mittelmeer nach Mesopotamien (Mosul) zieht. Das im Altertum
blühende Antiochia, von wo zuerst den Heiden das Christentum ge-
bracht wurde, ist jetzt unbedeutend. "Beirut (— Brunnen) an der
W.-Küste ist der wichtigste Einfuhrhafen für Syrien. Durch eine den
Libanon überschreitende Eisenbahn ist es mit dem in einer reich be-
wässerten Gartenlandschaft gelegenen "Damaskus (— Ort der Be-
triebsamkeit), dem „Auge des Morgenlandes", verbunden, das der
Mittelpunkt des syrischen Binnenhandels ist. Von der im Bau be-
griffenen Eisenbahn nach Mekka (Pilgerstraße) ist etwa Vs vollendet.
Fig. 35. Das Nordende des Toten Meeres.
164
Asien.
Von Jaffa (Joppe) führt ebenfalls eine Eisenbahn (50 km) nach
»Jerusalem (— Wohnung des Friedens), das den Christen, Juden
und Mohammedanern gleich heilig ist. Bei Jaffa, wo viele Apfel-
sinen gezogen werden, sind einige deutsche Kolonien. Die übrigen
aus der heiligen Geschichte bekannten Orte sind jetzt ohne Bedeutung.
Die gleichsam eine Brücke zwischen Syrien und Kleinasien
bildende Insel Cypern war einst wegen ihrer üppigen Frucht-
barkeit berühmt. Jetzt erholt sie sich unter englischer Verwaltung
langsam von der türkischen Mißwirtschaft. Das Kupfer, das hier
schon im Altertum gewonnen wurde, hat von dieser Insel seinen
Namen. (Gijpern ist nach der Cypresse benannt).
b) Aleinasien. Die rechteckig s. des Schwarzen Meeres nach W.
vorspringende Halbinsel Kleinasien, von den Türken AMwIi (— Sonnen-
.ausaana) genannt, wird im S. von dem bis 3000 in hohen Taurus
begrenzt, der sich nach NO. als Antitaurus fortsetzt und mit dem
Armenischen Bergland verwachst. Die N.-Küste der Halbinsel begleitet
das Politische Gebirge, die W.-Küste wird durch mehrere von W.
nach O. gerichtete Gebirgszüge, die als Halbinseln ins Ägäische Meer
vorspringen, vielfach gegliedert und steht durch Längstäler mit dein
Innern in Verbindung. Dieses ist ein Hochland von durchschnittlick
1000 m Höhe, auf dem im O. der erloschene Vulkan Erdschias
Dagh 4000 m hoch aufragt. Der größte Fluß, der Kisil Jrmak
(= roter Fluß), der Halys (= Salzfluß) der Alten, fließt in einem
nach NO. offenen Bogen ins Schwarze Meer, ist aber wegen seines
Salzgehaltes zur Bewässerung nicht geeignet. Das Binnenland ist
zum größten Teile dürre Steppe, die in dem abflußlosen Gebiet
s.w. vom Kisil Jrmak große Salzseen aufweist. Die W-Küste hat
das Klima der Mittelmeerländer, das den Ölbaum, Südfrüchte
und feurigen Wein gedeihen läßt.
Seitdem im 13. Jahrhundert die Osmanischen Türken das-
Land in Besitz genommen haben, herrscht überall Verfall, denn „in
des Türken Fußstapfen wächst kein Gras." Der türkische Bauer
züchtet im Biunenlande meist Vieh, besonders Schase, die bei der
trocknen Luft gut gedeihen. An der hafenreichen W.-Küste treiben,
wie im Altertum, Griechen neben Schiffahrt Handel und Gewerbe,
auch viele andere Europäer, Franken genannt, leben hier als Kauf-
leute, Ärzte und Ingenieure. Mittelpunkt des Handels ist **Smi)rna,
itx dessen Umgegend viel Baumwolle gezogen wird. Der Külte vor-
gelagert sind die Sporaden (= zerstreute Inseln), von denen L esbos,
Chios, das Paradies des Archipels, und Samos Wein liefern.
Vorderasien,
165
während Rhodos im SO. trotz seiner günstigen Lage weniger Be-
Deutung hat. «Brüssel, am Fuße des asiatischen Olymp, war vor
der Eroberung Konstantinopels die Hauptstadt der türkischen Sultane.
T>on ^Skutari am Bosporus sührt eine von Deutschen gebaute Eisen-
bahn nach Angora (Angoraziegen), die vorläufig bis »Kaisarie
weiter gebaut wird und durch eine n.s. Strecke in Verbindung steht
mit der von Smyrna nach Konia führenden Bahn. W. von Angora
bei EMjSche.hr sind die Hauptfundstätten des Meerschaums, der vor-
nehmlich nach^Wien und Ruhla in Thüringen ausgeführt wird.
Trapezunt am Schwarzen Meere ist das Eingangstor für den
europäischen Handel mit Armenien und Persien. — Auf der Stätte
des alten Troja und in den Ruinen von Pergamon (— hohe Burg)
sind reiche Funde von altertümlichen Kunstschätzen gemacht worden.
c) Armenien. Das hohe Bergland von Armenien bildet die
Verbindung zwischen Kleinasien und dem Hochland von Iran. Zwischen
den wie Gitterwerk das Land durchziehenden Gebirgsketten breiten sich
steppenartige Tafelländer aus, denen große Salzseen, wie der Wan-
und Urmia-See eingelagert sind. Der höchste aller armenischen
Berge ist der aus der biblischen Geschichte bekannte, "M) m hohe Sii
Ararat. Nach O. entströmt dem Berglande derAras, nach N. der
Kur, die -t^rnrngt sich ins Kaspische Meer ergießen. Der aus zwei
Quellflüssen entstehende Euphrat bricht in einem von hohen, steilen
Felswänden eingeengten Tale s.wärts nach Mesopotamien durch, und
dem s. Teile Armeniens entquillt der Tigris. Die Lust ist auf dem /
Hochlande trocken, so daß künstliche Bewässerung den Ackerbau unter- (
stützen muß. Am mildesten ist das Klima im Tale des Aras.
Die zur Mittelländischen Rasse gehörigen Armenier sind früh
zum Christentum bekehrt und bilden eine besondere Kirche unter
eigenem Patriarchen. Sie sind ein Hirten- und Bauernvolk, das
unter der türkischen Mißwirtschaft entsetzlich zu leiden hat. Tausende
sind deshalb ausgewandert und leben in den Städten Kleinasiens und
Südeuropas meist als Kaufleute, wo sie durch Gewandtheit im Handel
und Verkehr oft wohlhabend werden. Sie machen kaum 7:3 der Be-
völkerung aus, denn große Teile des Landes sind von den Türken
und den räuberischen Kurden (—die Tapfern) besetzt. Die staatliche
Selbständigkeit Armeniens hat längst aufgehört; der n. Teil gehört zu
Rußland, der s.ö. zu Persien, der w. und s. zur Türkei; am Ararat
stoßen die drei Gebiete zusammen. Im türkischen Gebiete liegt Erserum
an der großen Handelsstraße von Persien nach Trapezunt, mit dem es
aber noch immer nur durch elende Karawanenstraßen verbunden ist
166
Asien.
d) Mesopotamien (= Zwischenstromland) ist die am Euphrat
(= sehr breit) und Tigris (— Pfeil» von NW. nach SO. sich
dehnende Ebene, n. von Armenien, ö. von dem Steilrande Irans
begrenzt, nach W. in die Syrisch-Arabische Wüste übergehend. Die
Zwillingsströme Euphrat und Tigris fließen im Schatt el Arab
(- Fluß Arabiens) zusammen, der ein vielarmiges Delta in den
Persischen Meerbusen hinausschiebt.
In dieser Ebene entstanden die Weltreiche der Babylonier und
Assyrer, und erhoben sich einst volkreiche Städte. Das Land war
trefflich bebaut und hatte, wie Ägypten dnrch den Nil, durch die
Schlammablagerungen infolge der Überschwemmungen des Enphrat
und Tigris und durch künstliche Bewässerung eine außergewöhnliche
Fruchtbarkeit. Jetzt ist das n. Mesopotamien eine öde, von wenigen
Beduinen bewohnte, glühendheiße und fast regenlose Steppe. Da wo
die Straße vom Mittelmeer über Aleppo den Tigris trifft, liegt
»Mosul (—Verbindung), ihm gegenüber das neuerdings aufgedeckte
Ruinenfeld von Ninive (— Wohnung). Am Euphrat, wo er sieb
bis auf 40 km dem Tigris nähert, lag Babylon. ^Bagdad am
Tigris, in fruchtbarster Gartenlandschaft mit heißem aber gesundem
Klima, ist die wichtigste Stadt Mesopotamiens für den Durchgangs-
Handel vom Mittelmeer nach Indien. Dagegen hat Basra am Schatt
el Arab jetzt weniger Bedeutung. Der fruchtbare Deltaboden trägt
ausgedehnte Dattelpflanzungen. Bis Bagdad aufwärts wird der Strom
von Dampfern befahren, oberhalb ist er noch so reißend, daß er nur
talwärts Flöße trägt, die, wie im Altertum, aus ausgeblasenen Hammel-
häuten ruhend, vor altem Holz aus Armenien herabbringen.
3. Das Hochland von Iran, 5 mal so groß wie Deutschland,
ist rings von hohen Randgebirgen umschlossen. S. des Kaspischen
Meeres erhebt sich im Alburs-Gebirge der erloschene Vulkan De-
mavend, der höchste Gipfel Irans, bis 5500 m; den ö. Teil des
n. Randgebirges bildet der Hindukusch (= indisches Gebirge), der
niit dem Pamir-Hochland zusammenhängt. Bon hier zieht nach S.
das Soliman-Gebirge, das Iran von Indien trennt. Auch im S.
und SW. ist das Land von Gebirgen umsäumt, die terrassenartig vom
Meere aufsteigen und im NW. mit dem steil nach Mesopotamien ab-
fallenden Berglande von Kurdistan (= Land der Kurden) nach
Armenien hineinreichen.
Das Innere bildet eine Hochfläche von 1000 in mittlerer
Höhe, die sich von allen Seiten nach der Mitte senkt. Deshalb
wenden sich die Flüsse dorthin und verlieren sich in Wüsten oder in
Vorderasien.
167
salzigen Sümpfen, wie der vom Hindukusch kommende Hilmend in
dem Hamun-Sumpfe; der Heri-Rud bricht nach N. durch und
versiegt in der Turanischen Wüste.
Das Innere ist, weil regenlos, meist Steppe und Salzwüste
mit sehr heißen Sommern und kalten Wintern. Die wohlbewässerten
Hochtäler an den Gebirgsrändern sind gut angebaut und wahre Para-
diese, wo Getreide, herrlicher Wein und feines Obst, im S. auch die
Dattelpalme reiche Ernten liesern. Nur hier herrscht seßhaftes Leben,
in den Steppen des Innern das Nomadentum.
Die Bewohner, Nachkommen der alten Perser und Meder,
sind Mohammedaner, aber in Sunniten und Schiiten gespalten;
letztere erkennen die Überlieferung, Sünna, neben dem Koran nicht an.
a) Persien, der größere W.-Teil, ist wie ganz Vorderasien
durch Fremdherrschaft und den Islam in Verfall geraten. Der SW.,
das heutige Farsistan, ist die Heimat der alten Perser, die einst
ihre Herrschaft bis Ägypten und Indien ausdehnten, und an die die
Ruinen von Persepolis (= Stadt der Perser) und Susa erinnern.
Der aus türkischer Familie stammende Schah [schach] oder König
residiert in "Teheran; von hier zieht eine große Karawanenstraße
nach *Däbris (= fiebervertreibend), dem wichtigsten Orte sür den
Ein- und Ausfuhrhandel, sowie o.wärts nach "Meschhed s—Grab-
mal), der Wallfahrtstätte der schiitischen Perser. Die Häfen am Persi-
schen Meerbusen sind vom Innern aus schwer zugänglich und deshalb
bedeutungslos. Wegen seiner Rosen ist das von den persischen Dichtern
viel besungene Schiras berühmt.
b) Afghanistan, so groß wie Deutschland, ist das Bindeglied
zwischen Turan und Indien und darum von Russen und Engländern
begehrt. Seine wilden Bergvölker haben sich der Fremdherrschaft noch
erwehrt. Am Heri-Rud liegt Herat, „das Tor Indiens", in einer
überaus fruchtbaren, gartengleich angebauten Talweitung, ö. davon
Kabul (— Stapelplatz) am gleichnamigen Flusse, der durch den
schauerlich wilden Chaiber-Paß zum Indus fließt.
c) Belutschistan, s. bis zum Arabischen Meere reichend, ist von
verschiedenen Hirtenstämmen bewohnt, die ihre Uneinigkeit mehr oder
weniger in Abhängigkeit von England gebracht hat.
Ganz Vorderasien wird von zwei furchtbaren Krankheiten heim-
gesucht: dem aus der Bibel bekannten Aussatz uud der Pest, die im
Mittelalter als „schwarzer Tod" mehrmals auch Europa verwüstete.
168
Asien,
§ 32.
Indien.
Geographische Lage - Vorderindien zwischen 30° N. (Kairo, Neu-
orleans) und 8° N., zwischen 70° O. und 90° O. — Hinterindien reicht
vom n. Wendekreis bis 1° N. und wird in der Mitte geschnitten von
100° O. — Die Sunda-Jnseln liegen zwischen 10° N. und 10° S. und
zwischen 100° O. und 130° O.
Vorderindien 4 Mill. gkm (— 7 X D. N.), fast 300 Mill. E., aus
1 qkm 75 E. (D. R. III E.)
Indien besteht aus den beiden Halbinseln Vorder- und Hinter-
indien und dem s.ö. des letzteren gelegenen Malaiischen Archipel.
Das ganze Gebiet liegt, ausgenommen die n. Hälfte von Vorder-
iitdien, in der heißen Zone und ist infolge reichlicher Bewässerung fast
überall sehr fruchtbar. Es bietet eine Fülle der wertvollsten Er-
zengnisse, namentlich von Nutzpflanzen, und ist daher seit alters das
ersehnte Ziel aller handeltreibenden Völker, für die es noch heute eins
der wichtigsten Gebiete ist.
1. Vorderindien, 7 mal so groß wie Deutschland, wird durch
den n. Wendekreis in zwei Dreiecke zerlegt: das nördliche ist
größtenteils Tiefebene, das südliche, die eigentliche Halbinsel, ist
das Hochland Dekan (— Südland), das sich allmählich nach O.
senkt. Den W.-Rand bilden die Weft-Ghats (gaht — Treppe),
die steil zur schmalen Malabarküste abfallen, während die niedrigeren
Ost-Ghats an der Koromandelküste von einer breiteren Küsten-
ebene begleitet werden.
Das n. Tiefland wird von zwei gewaltigen Strömen, dem Indus
und Ganges, durchzogen. Der Indus (= Strom) entspringt am N.-
AbHange des Himalaja. Das zwischen ihm und seinen Nebenflüssen,
von denen der Satladsch der größte ist, gelegene Pandschab (=
Fünfstromland) ist im n. Teile eine fruchtbare Ebene, die s.wärts aber
in Steppe und links des Indus in Wüste übergeht. Die Arme des
vielverzweigten Deltas sind für die Schiffahrt unbrauchbar. Der
„heilige" Ganges (= Strom) macht mit seinem rechten Nebenflüsse,
der Dschamna (— Zwilling), die von ihm durchflössen Ebene zu
einer der fruchtbarsten Gegenden der Erde. In seinem riesigen Delta
vereinigt sich mit ihm der Brahmaputra (— Sohn des Brahma),
der dem Indus entgegengesetzt n. vom Himalaja nach O. strömt, sich
aber, nachdem er das Gebirge umflossen hat, nach W. und znletzt nach
S. wendet.
Indien.
169
Tropische Hitze und Wasserfülle bedingen die üppige Frucht-
barkeit des Landes. Die Halbinsel steht unter dem Einflüsse der Mon-
sune (S. 158), die zur Zeit unseres Sommers aus S. und SW.
wehend viel Regen bringen. Die reichlichsten Niederschläge auf Erden
(12—14 m; in Deutschland V2 m) finden n. vom Gangesdelta statt,
wo der Himalaja sich dem Meere nähert. Dagegen ist das Indus-
gebiet fast regenlos, und auch im Dekan, ja selbst in der Gangesebene
wird durch Ausbleiben des Regeifs mitunter Mißernte und Hungers-
not hervorgerufen. Die sumpfigen Niederungen erzeugen vielfach
Malariafieber, und in den Sümpfen des Gangesdeltas ist die
Heimat der Cholera.
Fig. 3C>. Der heilige Feigenbaum Indiens.
Der Himalaja trägt die Pflanzen aller Zonen: an seinem
Fuße Palmen, Bananen, baumartige Bambusarten und die Banjanen-
Feige (Fig. 36); dann folgen die ausgedehnten Tee- und Kaffee-
Plantagen und noch höher Getreide und Obst, und die Nadelwälder
reichen bis in Höhen hinauf, die in den Alpen von Schnee und Eis
starren. Der schmale Gürtel der Tara'i, sumpfiger Dickichte mit töd-
lichem Klima, wo Tiger und Schlangen hauseu, trennt das Gebirge
von der Gangesebene, dem eigentlichen Hindostan (— Land der
Hindu), der fruchtbarsten Landschaft Asiens: Reis und Weizen, Indigo
und Mohn (zur Erzeugung von Opium) gedeihen in Fülle. Außer-
dem liefert Indien nächst Nordamerika die meiste Baumwolle; ferner
Jute sdschute^; auf der Malabarküste ist der Pfeffer heinlisch.
Büffel, Zebu und Elefant sind allgemein verbreitet: im Jndusge-
biet dient das Kamel als Lasttier.
170
Asien.
Die Urbewohner sind die dunkelfarbigen Dravida, die von
den in unbekannter Vorzeit aus Iran eingewanderten In dern oder
Hindus großenteils verdrängt wurden oder mit diesen sich vermischten.
Die alte Brahma-Religion, ein in Abgötterei ausgearteter Mono-
theismus, der die Seelenwanderung lehrt und gute Werke und Selbst-
Peinigung (Fakire) empfiehlt, ist noch heute vorherrschend. Im dicht-
bevölkerten Gangesgebiet entstand die Sonderung der Stände in streng
geschiedene Kasten. Seit dem Jahre 1000 ist auch der Islam ein-
gedrungen, und durch die Europäer faßt das Christentum allmäh-
lich festen Fuß, besonders in der s. Halbinsel und unter den Kohls im
NW. von Calcutta.
Auf die Herrschaft der Portugiesen (seit 1498), der Nieder-
länder und Franzosen folgte seit 1600 allmählich die der Eng-
länder. Vorderindien, „die Perle der britischen Krone", ist Eng-
lands wichtigste Kolonie. Es wird von einem Vizekönig verwaltet,
und (seit 1877) führt der König von England den Titel eines Kaisers
von Indien. Auch die dem Namen nach noch selbständigen einheimischen
Staaten stehen unter englischem Schutz und Einfluß. Die Engländer
haben durch Straßenbau und Anlage von Kanälen, die vornehmlich
der künstlichen Bewässerung dienen, den 'Wohlstand und Handel des
Landes sehr gehoben. Vorderindien ist nächst China das volkreichste
Land der Erde, denn es beherbergt fast 300 Mill. E., d. h. fast
V5 aller Menschen.
In Bengalen, dem unteren Gangeslande, ist die Hauptstadt
'^Calcutta, der Sitz des Vizekönigs, infolge ihrer Lage am Ein-
gange zum Gongesgebiet und zwischen beiden Indien seit Ansang des
18. Jahrbunderts von einem Fischerdorfe zu einer Stadt mit 1 Mill.
E. angewachsen. Aber die Verschlammung des Hugli und die größere
Entfernung vom Suezkanal läßt sie allmählich hinter Bombay [bombeJ
zurücktreten. Das gesegnete Land zwischen Ganges und Dschamna,
durch einen 500 km langen Kanal noch mehr bewässert, ist das ant
dichtesten bewohnte Gebiet der Erde. Unter den zahlreichen Groß-
städten ragen hervor **23euares, das brahmanische Rom, mit heiligen
Badeplätzen und mehr als 1000 Pagoden (Tempeln), * Allahabad
(— Gottesstadt) und "Delhi. Der Hauptort im Pandschab ist "La-
höre [lötjor], wo die Straße vom Ganges nach dem Kabnlpaß und
die nach der Jndusmündung sich schneiden. Den Eingang zu jenem
Paß deckt c-Pescha war [pet'chanr]. Die landschaftlich schöne Provinz
Kaschmir im w. Himalaja liefert die Kaschmirshawls, die aus bent
seidenartigen Haar einer Bergziege (Fig 44) hergestellt werden. Die
Indien,
171
Mongolenstaaten Nipal und Bhutan am Fuße des Himalaja sind
noch unabhängig.
Seit Eröffnung des Suezkanals ist -j-Bombay, weil von ihm
aus am schnellsten zu erreichen, der wichtigste Hafen für Ein- und
Ausfuhr, zugleich auch die größte Fabrikstadt Indiens. S. davon
liegen Goa, der Vorort des den Portugiesen gebliebenen Gebietes,
und Kalikut, wo 1498 Vasco da Gama landete. Der größte Va-
sallenstaat des Innern ist Haiderabad mit der gleichnamigen
Stadt. Die Häfen an der Koromandelküfte sind wegen der stets
herrschenden starken Brandung schwer zugänglich, am wichtigsten ist
^Madras [mädräs].
Die Insel Ceylon, so groß wie Ost- und Westpreußen zu-
sammen, ist durch den Golf von Manaar und die Palkstraße, wo
Perlen gefischt werden, von Indien getrennt, durch die Jnselreihe der
Adamsbrücke mit ihm verbunden. Sie ist gebirgig und infolge
reichlicher Bewässerung sehr fruchtbar: Zimt, Kaffee, Tee, Kokospalmen
und der Chinarindenbaum werden viel angebaut. ^Colombo
(= Hafen) ist ein wichtiger Anlegeort für die Dampfer, die von Suez
nach Ostasien und Australien fahren. S.w. von Vorderindien liegen
die Lakkadiven (= 100000 Inseln) und Malediven, zahllose kleine
Koralleninseln, die viele Kokospalmen tragen, und von denen die
Kaurimuscheln als Scheidemünze bis nach W,-Afrika gebracht werden.
2. Hinterindien steht an Flächeninhalt, Volkszahl und Bedeutung
Vorderindien weit nach. Es ist viel mehr gegliedert als dieses, und
seine Bodengestaltung ist ganz anders. Von den Gebirgen Tibets
und Chinas zieht eine Reihe hoher Bergketten nach SO., in deren
Tälern gewaltige Ströme nach S. und SO. fließen. Die größten
sind der Mekong (— Häuptling der Gewässer) und der Salusn.
Zwischen beiden mündet der kleinere Menam (— Mutter der Gewässer)
in den Golf von Siam. Der Jrawadi ergießt sich wie der Sa-
lueu in den Golf von Martaban. Diese Flüsse bilden fast alle
weitverzweigte Deltalandschaften. — Ein ganz besonderer Teil ist die
von Bergzügen erfüllte Halbinsel Malaka mit reichen Zinngruben;
sie erstreckt sich fast bis zum Äquator.
Das heißfeuchte Tropenklima der ganz in der heißen Zone
gelegenen Halbinsel erzeugt großen Waldreichtum und macht die
Deltas zu den ergiebigsten Reisländern. Das dauerhafte, vom
Bohrwurm nicht angegriffene Teak- [tif] Holz ist gesucht für den
Schiffbau; Malaka liefert vor allem Pfeffer. (Fig. 37.)
Die Halbinsel Malaka ist von Malaien bewohnt, das übrige
172
Asien,
Gebiet von Mongolen, die den Tibetanern und Chinesen verwandt
sind und als Jndochinesen bezeichnet werden. Ihre Religion ist
der Buddhismus, dem alle mongolischen Völker des s.ö. und inneren
Asien angehören. Besonders im O. haben sich überall die arbeit-
samen Chinesen eingenistet, während die Eingebornen in Trägheit
verkommen.
а) Englisch ist Birma oder Barma. "Rangoon [rängün] int
Irawadi-Delta ist der erste „Reishafen" für die Ausfuhr nach Europa,
Amerika und Vorderindien.
b) Das noch selbständige Siani
am Menam hat zwar teilweise euro-
päische Einrichtungen angenommen,
aber die nur auf Herbeischaffung der
täglichen Nahrung bedachten Ein-
geborenen haben nicht bloß den Han-
del, sondern auch den Anbau vou
Reis, Zuckerrohr und Pfeffer
in die Hände der Chinesen kommen
lassen; die Schiffahrt wird meist von
Deutschen betrieben. Die am Menani
gelegene Hauptstadt "Bangkot
(== Stadt der wilden Ölbäume) ist
zur Hälfte von Chinesen bewohnt.
c) Französisch ist das Gebiet
am untern Mekong, Cambodscha
und Cochiuchiua mit Saigon,
Fig. 37, Schwarzer Psesser. ferner alles £and ö. des Flusses, der
frühere Staat An am, und Tong-
king (— Saud der östl. Hauptstadt) mit ^Hanoi.
cl) Die fruchtbare Halbinsel INalaka gehört im N. zu Siam,
im S. den Engländern, die zuerst an der Straße von Malaka einzelne
Besitzungen erwarben, die Straits Settlements sstrets setelmentss
(= Niederlassungen an der Straße). Auf einer kleinen Insel am s.ö.sten
Ende der Halbinsel gründeten sie den Freihafen *Singapore Isinga-
pur] (= Löwenstadt). Es ist fast ganz von Chinesen bewohnt und
der wichtigste Hafen auf der Fahrt nach China und Japan und hat
das n.w. davon durch die Portugiesen angelegte Malaka weit
überholt.
б) Die Inselgruppen der Andamanen und Nikobaren, zwischen
der Mündung des Jrawadi und der N.-Spitze von Sumatra sind
Indien.
173
reich an Kokospalmen. Sie dienen den Engländern als Verbrecher-
Kolonien.
3. Der Malaiische Archipel. Die Großen und Kleinen
Sunda-Jnseln, die Molukken und Philippinen, zusammen fast
viermal so groß wie Deutschland, liegen zerstreut über einen Raum
von der Größe Europas. Sie sind alle gebirgig und tragen viele
noch tätige Vulkane, von denen Java allein 45 hat; daher werden
sie häufig von Erdbeben heimgesucht. Infolge ihrer Lage auf beiden
Seiten des Äquators haben sie ein heißfeuchtes Tropenklima uud
Fig. 38. Muskatnuß. Fig. 39. Gewürznelke.
a Knospe, b Blüte, c Frucht.
sind sehr fruchtbar. Sie bildeu den Übergang von der Pflanzen-
und Tierwelt Asiens zu der Australiens; die Grenze verläuft zwischen
den Inseln Bali und Lombok.
Die Bewohner sind die schlauen, aber trägen und diebischen
Malaien, die, durch die Jnselnatur zu tüchtigen Seefahrern heran-
gebildet, von hier aus sich bis Madagaskar und Neu-Seeland ver-
breitet haben. Durch arabische Händler wurde ihnen im Mittelalter
der Islam gebracht.
a) Die Perle von Niederländisch-^ndien ist Java (— Getreide-
insel), so groß wie Süddeutschland, aber mit doppelt soviel Einwohnern
(28V2 Miß.). Kokos- und Sagopalmen, baumstarke Bambus und Bananen
gedeihen in üppigster Fülle. Nashorn, Tiger und Büffel beleben die
Wälder; letzterer wird auch als Arbeitstier verwendet. Die breite.
174
Asien,
flache N.-Küste bringt reiche Ernten von Reis, Zuckerrohr und
Tabak, höher hinauf wird Kaffee uud Tee angebaut. Die Insel
hat gute Straßen und wird in ihrer ganzen Länge von Eisenbahnen
durchzogen. Die wichtigsten Orte sind *Batavia im W. und *Sura-
baja im O. der N.-Küste. Das bedeutend größere, vom Äquator
durchschnittene Sumatra liefert Tabak und Pfeffer, seine kleine
Nebeninsel Bangka ist das zinnreichste Land der Erde. Borneo,
die drittgrößte Insel der Erde, l'/zwal so groß wie Deutschland, ist
meist noch von unabhängigen Stämmen bewohnt; den n.w Teil haben
die Engländer in Besitz genommen. Das in vier schlanke Halbinseln
gegliederte Celebes ist schon mehr angebaut. Von den kleinen Sundn-
Fig. 40. Bambushaus auf den Philippinen.
Inseln, die das in Ostasien zum Räuchern gebrauchte Sandelholz
liefern, gehört den Portugiesen noch die O.-Hälfte von Timor. Die
Molukken oder Gewürzinseln sind die Heimat der Muskatnuß und
der Gewürznelken. (Fig. 38 u. 39.)
b) Die Philippinen sind der n.ste Teil des Archipels, genannt
nach Philipp II. von Spanien, in dessen „Reiche die Sonne nicht unter-
ging". Sie gehören den Vereinigten Staaten von Amerika. Die
malaiischen Bewohner haben das Christentum angenommen, ver-
harren aber in ihrer alten Trägheit. Die Inseln liefern Zucker,
Tabak und Manilahanf. Auf der großen N.-Insel Luzou [lufjön]
liegt "Manila, die größte Stadt im malaiischen Archipel, deren Vor-
städte aber teilweise noch aus einfachen Bambushäuseru bestehen (Fig,40>.
Uber Guam und Honolulu ist die Stadt durch das längste Telegraphen-
kabel (14140 km) mit Sau Francisco verbunden.
Ostasien.
175
§33.
Ostasien.
Geographische Sage: China liegt zwischen 40° N. (Madrid, Neuyork»
und 20" N,, die Ostküste unter 120° O. — Japan zwischen 50° N. (Main-
linie) und 30" N. (Kairo).
China 11 Mill. qkm, 330 Mill. E. Eigentliches China 4 Mill. qkm,
320 Mill. E., auf 1 qkm 82 E. Japan 420 000 qkm (7/9 vom D. R.), 50 Mill.
E., auf I qkm 119 E. (D. R. 11 l E.)
1. China bildet ungefähr einen Kreis von fast 4 Mill. qkm
Flächeninhalt, über den im NO. die Halbinsel Schantung (—Ge-
birge des Ostens), im S. die Insel Ha in an hinausragt. Der S.
und die Mitte Chinas sind von hohen Gebirgen erfüllt, im NO.
breitet sich bis ans Meer ein großes Tiefland aus, das w. durch
Gebirge begrenzt wird und von dem überaus fruchtbaren Löß, einer
gelben, lehmartigen Erde, bedeckt ist. Dieser n. Teil wird vom
Hoangho (= gelber Fluß) durchzogen, der in der Mitte seines w.o.
Laufes ein großes nach S. offenes Rechteck bildet und n der Halb-
insel Schantung ins Gelbe Meer fließt. Noch größer und bedeutender
ist der weithin schiffbare Jangtsekiang (—Fluß von Jang, Name einer
alten Provinz), der einen großen nach N. offenen Bogen beschreibt
und in gewaltiger Breite und Tiefe o.wärts weiterzieht. „Grenzenlos
ist das Meer, grundlos der Kiang", sagt der Chinese.
Mit Ausnahme des äußersten S. liegt China n. des n. Wende-
kreises und erstreckt sich wenig über 40° N. hinaus d. h. in die Breite
von Madrid und Konstantinopel, die Mitte des Landes wird vom
30. Parallelkreis durchzogen (wie Kairo, Neuorleans). Doch sind
die Sommer heißer und haben durch den Ostmonsun reichlichere
Niederschläge als die entsprechenden Breiten Europas; ebenso sind aber
die Winter, wenn die kalte Lust aus dem Innern Asiens herabweht,
bedeutend kälter, namentlich im n. Teile, wo das Gelbe Meer zufriert
S. vom Hoangho ist Reis die allgemeine Brotfrucht, doch ge-
langt er, wie auch die viel angebaute Baumwolle, nicht zur Ausfuhr.
Tee und Seide werden seit Jahrtausenden im s. China gezogen und
sind dessen wichtigste Handelsgegenstände. Die Ausbeutung der viel-
leicht mächtigsten Steinkohlenlager der Erde in den gebirgigen Teilen
des Landes hat kaum erst begonnen.
Von den 320 Mill. Bewohnern Chinas lebt ein Drittel in der
n ö. Tiefebene (so groß wie Deutschland). Sie sind Mongolen mit
gelblicher Hautfarbe und geschlitzten, schiefgestellten „Mandelaugen"
176 Asien.
(Fig. '2 u. 41). Ihre Sprache ist einsilbig, und die Schrift hat für
jedes Wort ein besonderes Zeichen. Die Chinesen sind rastlos tätist
und anspruchslos, aber Kunst und Wissenschaft liegen ihnen fern.
Lange vor Christi Geburt waren ihnen Kompaß, Schießpulver, Buch-
druckerei und Herstellung von Porzellan bekannt. Aber sie schlössen
sich gegen alles Ausländische ab, und auch jetzt findet europäische
Kultur wenig Eingang. Selbst der Handel ist Fremden erst seit
der Mitte des 19. Jahrhnnders gestattet, und nur in besonderen
Vertragshäfen. Von Europäern geplant ist der Bau großer, das
Land durchziehender Eisenbahnen; die Sibirische Bahn ist durch die
Fig. 4t. Chinesen,
Mandschurei bis Tientsin und Peking fortgeführt. Die Staatsreligion
ist die des Consucius, die in Verehrung des Himmels und der Ahnen
gipfelt, viel verbreiteter ist aber die des Buddha (Fo), die indes auch
hier zu ganz abergläubischen, äußerlichen Gebräuchen entartet ist. Die
christliche Mission gewinnt nur langsam Boden.
Seit dem 17. Jahrhundert wird das „Reich der Mitte" von
einem Kaiser aus dem Stamme der Mandschu, die das Tragen des
Zopfes in China einbürgerten, beherrscht, der zugleich geistliches Ober-
Haupt ist. Von der zahlreichen Bevölkerung wandern alljährlich viele
Tausende nach Nordamerika, Indien und Australien aus, vielfach als
„Kulis", d. h. auf mehrere Jahre für geringen Lohn gemietete Arbeiter.
China ist das Land der Großstädte und hatte schon im Altertum
Millionenstädte. Die jetzige Hauptstadt ^Peking (— Nordhauptstadt)
Ostasien.
177
NM Peiho ist mit der Hafenstadt -j-Tientsin durch Eisenbahn ver-
Kunden. Vou hier zieht der schon im 7. Jahrhundert begonnene
Kaiserkanal bis s. der Mündung des Jangtsekiang, ein ähnlich
großartiges Werk wie die chinesische Mauer, die n. von Peking
weit nach W. reicht und im 2. Jahrhundert v. Chr. gebaut wurde,
um das Land vor räuberischen Einfällen zu schützen. Am untern
Jangtsekiang liegt das als Gelehrtenstadt berühmte "Nanking
(— Südhauptstadt), nach dem eine Art Baumwollenzeug genannt wird.
-j-Schanghai (= aufwärts vom Meere gelegen) ist der wichtigste der
Vertragshäfen, der Haupthandelsort für Tee und Seide, wohin deshalb
die meisten europäischen Dampferlinien führen. An der SO.-Küste
ist -j-Canton der Mittelpunkt des Handels. Der wichtigste Handels-
platz im Innern ist Hankau am Jangtsekiang, wo wie in Tientsin
das Deutsche Reich eiu Gebiet zur Anlage von Handelsniederlassungen
erworben hat. Den Portugiesen gehört «Macao, wo allein bis ins
19. Jahrhundert die Fremden Handel treiben durften, das aber jetzt
weit überflügelt wird von dem ihm gegenüberliegenden ^Viktoria
auf der den Engländern gehörigen Insel Hongkong. Am Eingänge
zum Golf von Tschili haben die Engländer den Hafen Wei-hai-wei
besetzt; das ihm gegenüberliegende Port Arthur ist von den Russen
an Japan abgetreten worden.
Deutsch ist auf der SO.-Seite der Halbinsel Schantung die
Bucht von Kiau-tschou mit der befestigten Stadt Tsingtau, wo
ein Hafen angelegt wird, der den Handel mit der dicht bevölkerten,
fruchtbaren Provinz Schantung und deren Hinterland vermitteln soll.
Der deutsche Besitz umfaßt 920 qkm, wovon 380 qkm Wasser
sind; dazu kommt ein Gebiet von 7000 qkm, in dem China nur
mit Zustimmung Deutschlands seine Hoheitsrechte ausüben darf.
Der Bau einer Eisenbahn nach den Kohlenlagern im Innern der
Halbinsel ist teckvnse vollendet.
2. Die Mandschurei ist ein Nebenland Chinas, das neben
ausgedehnten Weiden uud Wälderu auch fruchtbare Ackerflächen enthält.
Im s. Teile liegt *Mufdert mit den Gräbern der Mandschu-Kaiser.
3. Korea, fast so groß wie Italien ohne die Inseln, ist (seit
190f>) ein von Japan abhängiger Staat, der auch erst wenige Häfen
den Fremden geöffnet hat. Hauptstadt ist *Sntl [schaut].
4. Das Inselreich Japan (—Sonnenaufgang), aus vier größeren
und mehreren tausend kleinen Inseln bestehend, liegt in der Breite des
europäischen Mittelmeers und übertrifft an Flächeninhalt (417000 qkm)
Großbritannien und Irland. Die größeren Inseln werden von Berg-
Schlemmer, Erdkunde II. Z.Auslage. 12
178
Asien.
ketten (Fig. 42) durchzogen und tragen eine Reihe z. T. noch tütiger
Vulkane, von denen der seit zwei Jahrhunderten ruhende Fuschi-
jama ( = großer Berg) auf der Hauptinsel Nipon mit 880U m
der höchste ist. Das Klima ist infolge der von allen Seiten ein-
dringenden Seewinde kühler als in Italien. Die O.-Küste, an der
ein warmer Meeresstrom, der Kuro-Schio (— schwarzer Strom)
vorbeizieht, ist wärmer als die W.-Küste. Die bedeutenden Regen-
mengen fallen meist im Frühling und Sommer.
Auf der N.-Insel Jesso, in deren Wäldern noch der Bär haust,
sowie auf den öden, vulkanischen Kurilen wohnen Reste der Ainos,
der kupferfarbigen Urbewohner Japans. Die Japaner (Fig. 1) sind
ein sehr bildsames Mongolenvolk und unterscheiden sich von den
Chinesen durch Tapferkeit und Sauberkeit, vor allem aber dadurch,
daß sie gern und leicht, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, euro-
päische Kultur annehmen; Eisenbahnen und Telegraphen sind ein-
geführt. Der Tenno (Kaiser), der die weltliche und geistliche
Gewalt in seiner Hand vereinigt, hat dem Lande eine Verfassung
gegeben. Im Unterrichtswesen und in allerlei Gewerben haben ihnen
namentlich die Deutscheu zum Vorbild gedient, aber das Christentum hat
die Lehre des Buddha noch nicht verdrängen können. Überraschend
schnell machen sich die Japaner unabhängig von ihren Lehrmeistern.
Sie sind vorzügliche Ackerbauer: Reis, Baum volle, Tee
werden in Menge angebaut und gelangen auch zur Ausfuhr. Sehr
ausgebildet ist die Kunstgärtnerei. Vieh wird wenig gehalten,
da die Religion den Fleischgenuß verbietet. Seide ist der wichtigste
Gegenstand des Handels. Seit alters berühmt sind die japanischen
Lack- und Porzellanwaren. Die reichen Schätze an Kohlen,
Kupfer und Eisen sowie an Petroleum fängt man an, mehr und
mehr auszubeuten.
Japan ist auf den drei großen s. Inseln wie China dicht be-
völkert und hat mehr Einwohner (50 Mill.) als die Britischen
Inseln. Hauptstadt ist ffTofiö (— Hauptstadt des Ostens) auf
Nipon; ihre auch für große Seeschiffe zugängliche Hafenstadt ***Jo-
kohäma ist der Hauptplatz für Handel und Verkehr mit dem Aus-
lande. Die frühere Hauptstadt ***Kio1o (— Hauptstadt) wird über-
troffen durch ihre Hafenstadt -j-j-Osaka. Im W. von Kiuschiu liegt
"Nagasaki, das durch seine Lage auf den Handel mit China hin-
gewiesen ist. Die Liu-Kiu-Inseln sind vulkanisch und meist wohl
angebaut; sie stellen die Verbindung mit der von China an Japan
abgetretenen Insel Formosa her, die Reis und Zuckerrohr liefert.
180
Asien,
§ 34.
Hochasien.
Geographische Lage: Zwischen 50° N. (Mainlinie) und 30° N.
(Kairo, Neuorleans).
Hindukusch und Solimangebirge verwachsen im NO. mit bent
Hochland von Pamir, dem „Dach der Welt", wie die Anwohner
es nennen. Es ist dies eine 5000 in hohe Hochfläche, die von einzelnen
gewaltigen Bergkegeln überragt wird. Von hier aus ziehen nach SO.,
O. und NO. die höchsten Gebirge der Erde. 1. Nach SO erstreckt
sich der Himalaja (== Schneewohnung), im N., W. und O. von
den Tälern des Indus und Brahmaputra begrenzt (Fig. 43). Eine
Reihe von Gipfeln erhebt sich über 7000, mehrere sogar über 8000 m;
der höchste ist der Gaurisankar, 8840 m. 2. Parallel dem Hima-
laja zieht das viel kürzere Karakorum-Gebirge (= schwarzes Ge-
birge) ebenfalls nach SO., das an Gipfelhöhe dem Himalaja fast
gleichkommt, an Kamm- und Paßhöhe ihn aber weit übertrifft; der
Karakorum-Paß ist 900 in höher als der Montblanc. 3. Nach O.
erstreckt sich der Kuenlun, 4. nach NO..der Tianschan (—Himmels-
gebirge), der in einzelnen Spitzen sich noch über 7000 m erhebt.
Zwischen Himalaja und Kuenlun liegt das 4—5000 m hohe
Hochland von Tibet, zwischen Kuenlun und Tianschan das viel
niedrigere Hochland von Ost-Turkestan, das nach O. in die
Wüste Gobi oder die Mongolei übergeht, die n. vom Tianschan in
der Dsungarei weit nach W. reicht. Im N. ist dies Gebiet begrenzt
durch das Altai- (= Gold-) und das Sajanische Gebirge, sowie
durch das n.ö. streichende Jablonoi-Gebirge, im O. durch das
Chingan-Gebirge, während im SO. die Grenze gegen China nur
durch niedrigere Höhenzüge gebildet wird, auf denen deshalb die
„Große Mauer" errichtet ist. (S. 177.)
Wie am N -Rand des Himalaja die vorderindischen Ströme
ihren Ursprung haben, so entquellen dem ö. Tibet die Flüsse Hinter-
indiens und Chinas. Vom Pamir und Tianschan nach W. fließen
der Amu- und Syr-Darja, den nördlichen Gebirgsrand durch-
brechen einige Nebenflüsse der sibirischen Ströme. Bei weitem der
größte Teil ganz Hochasiens ist abflußloses Gebiet und fast ohne
Flüsse. Ost-Turkestan wird vom Tarim entwässert, der in den großen
Salzsee Lob-nor (nor — See) mündet.
In ganz Hochasien folgen auf meist lange anhaltende, furcht-
bare Winter überaus heiße Sommer. Die ausgedehnten Hochländer
182
Asien.
erhalten wegen der hohen Gebirgsumwallungen keinen oder nur sehr
wenig Regen und sind deshalb Steppe oder Wüste. Nur an den
Gebirgsrändern gestatten die meist in salzigen Seen endenden Fluß-
taufe seßhaftes Leben.
Ganz Hochasien steht unter chinesischer Herrschast und
zerfällt in drei Gebiete:
1. Tibet ist die Heimat des Moschustieres, des Jak oder Grunz-
ochsen, der im Hochgebirge als Lasttier dient, und der sogen. Kaschmir-
ziege (Fig. 44, vergl. S. 170). Der Anbau des Bodens beschränkt sich
auf die mehr begünstigten Täler des s. Teiles. Die Bewohner sind
Fig. 44. Kaschmirziege und Jak.
Mongolen, die den Buddhismus angenommen haben. Zahlreiche
Priester, Lamas, leben in Klöstern beisammen und stehen unter dem
Dalai-Lama, der iu dem zur Hälfte von Priestern bewohnten Lasa
(— Gottesstadt) seinen Sitz hat. Mehr und mehr gewinnen die
Engländer hier Einfluß.
2. Ost-Turkestan ist von mohammedanischen Türken besetzt,
die an den quellenreichen Gebirgsrändern Getieide und schönes Obst
bauen, während im steppen dürren Innern nur Schafe gezogen werden.
An den Quellflüssen des Tarim liegen «Kaschgar und "Jarkand.
3. Die Mongolei oder Wüste Gobi wird von den Chinesen
Schamo ( = Sandmeer) oder Hanhai (— trocknes Meer) genannt.
Mongolische Nomaden weiden im Innern ihre Schafherden. Von
hier aus sind wiederholt große Völkerstürme ausgegangen, die das
w. Asien und auch Europa erschüttert haben; so drangen z B. im
13. Jahrhundert die Mongolen bis nach Schlesien vor. Durch die
Russisch-Asien.
183
Lücke zwischen Tianschan und Altai führte im Altertum die „Kaiser-
straße", auf der namentlich der Seidenhandel sich bewegte. Wichtiger
ist jetzt die Karawanenstraße, die von Peking n.w. nach dem Grenz-
ort Mai matsch in (= Handelsplatz) und dem ihm benachbarten
russischen Kiachta führt, auf der lange Reihen von Kamelen vor
allem den Ziegeltee befördern.
§ 35.
Russisch-Asien.
Geographische Lage: Kap Tscheljuskin 78° N., Hauptteil der N.-
Küste etwa 72° N., S.-Grenze Sibiriens 50" N. (Mainlinie), Kap D^schnew
170° W., Ural HO0 O. — 16Mill. qkm (Sibirien 9 Vs Mill. —
19 X D. R.), 23 Mill. E. (Sabinen 5"MiU. E.).
Das Russische Asien umfaßt den ganzen breiten N. Asiens,
Sibirien, das allein schon fast so groß ist wie Europa, und die aus-
gedehnten Steppen zwischen Hochasien und dem Kaspischen Meere, die
bis an den Gebirgsrand von Iran reichen und als Russisch
Zentral-Asien bezeichnet werden; außerdem die Länder am
Kaukasus einschließlich eines Teiles von Armenien. Das ganze
Gebiet ist mehr als 1 Vz mal so groß wie Europa, hat aber nur
23 Mill. E., d. h. wenig mehr als \/3 der Einwohnerzahl Deutsch-
lands.
1. Sibirien. Der ö. vom Jenissei gelegene Teil ist im S.
ausgefüllt durch die den N.-Rand Hochasiens bildenden Gebirge
(S. 180), an die sich n.wärts ein weites Berg- und Hügelland an-
schließt, das erst an der Küste des Eismeers in Ebenen übergeht.
Vom Großen Ozean trennt das nach NO. ziehende Stanowoi-Ge-
birge, das an der Beringüraße im Kap Deschnew endet. Die Halb-
insel Kamtschatka begrenzt das Ochotsklsche Meer im O. und ist
von Gebirgen mit zahlreichen hohen Vulkanen exsüllt, deren höchster
dem Montblanc an Höhe gleichkommt. Das Westsibirische Tief-
land breitet sich vom Nördlichen Eismeer nach S. aus und geht
ohne natürliche Grenze in das Turanische Tiefland über, während es
vom Osteuropäischen Flachlande durch den Ural getrennt wird.
Zwischen Jablonoi- und Stanowoi-Gebirge einerseits und dein
Chingan-Gebirge andrerseits windet sich der Amur nach O. und
mündet dem N.-Ende der Insel Sachalin gegenüber ins Ochots-
kische Meer. Das eigentliche Sibirien entsendet drei Riesenströme
184
Asien.
zum Nördlichen Eismeer: Die Lena entspringt n.w. des Baikalsees
(= reicher See) und bildet an ihrer Mündung ein großes Delta.
Der Jenissöi, dessen Quelle s. des Sajanischen Gebirges liegt, ver-
folgt eine n. Richtung; vom Altai kommt der Ob und sein linker
Nebenfluß, der Jrtysch; ersterer mündet in den tief ins Festland
eindringenden Obischen Meerbusen.
Sibirien, dessen Südgrenze der 50. Parallelkreis (gleich der
Mainlinie in Deutschland) bildet, liegt zum größten Teile in der
gemäßigten Zone (vergl. S. 4). In W.-Sibirien folgt auf die
Steppen, in denen heiße Sommer mit kalten Wintern wechseln, ein
weites Nadelwaldgebiet; in den s. Teilen wird noch viel Ackerbau
getrieben. Die Wälder dehnen sich bis ans Ochotskische Meer aus;
im Amurgebiet und auf Kamtschatka findet sich auch noch schöner
Laubwald. Im ö. Sibirien, vom Tal der Lena an, wird die lange
anhaltende Winterkälte furchtbar und der kurze Sommer läßt den
Boden nur oberflächlich auftauen. Eine entsetzliche Plage für Menschen
und Tiere sind dann die Schwärme von Stechfliegen. Die Küsten
des Eismeeres, an denen „hölzerne Berge" aus den durch die Flüsse
angeschwemmten Baumstämmen aufgetürmt sind, sind weithin von
den öden Tundren (S. 35) bedeckt.
Am Ende des 16. Jahrhunderts drang eine kleine Kosakenschar
über den Ural uud begann die Unterwerfung Sibiriens. Die ein-
heimischen Völkerschaften, die Samojeden im NW., die Jakuten
und Tschnktschen ini O. und NO., die von ihren Herden, von der
Jagd und vom Fischfang leben, sind wenig zahlreich. Den Haupt-
teil der Bevölkerung machen die Russen aus, die als Verbannte
oder als Kolonisten dorthin gekommen sind und namentlich die s.
Teile bewohnen. Schonungslose Jagd hat manche Pelztiere seltner
gemacht, doch werden noch immer viel Zobel, Hermelin, Eichhörnchen,
Marder u. a. gefangen. Wichtiger ist der Bergbau auf Silber,
Blei und Eisen im Altai- und Jablonoi-Gebirge; das Sajanische
Gebirge ist reich an Graphit, der zur Herstellung von Bleistiften
z. B. nach Nürnberg geht. Der Boden des n. Sibirien liefert fast
'/z alles Elfenbeins, indem hier wie auf den Neu sibirischen Inseln
die Stoßzähne des ausgestorbenen Mammuts gefunden werden.
Im w. Sibirien sind Tobolsk (= an der Mündung des Tobol;
ähnlich bei den folgenden Namens Omsk und »Tomsk die wichtigsten
Orte. Der Hauptort ganz Sibiriens ist "Jrkutsk au der aus dem
Baikalsee kommenden Oberen Tunguska. Dagegen ist Jakutsk am
ö.sten Punkte der Lena nur ein kleiner Ort. Die Bedeutung der
Russisch-Asien-
185
Hafenplätze Nikolajewsk an der Amurmündung und Wladiwostok
n. von Korea wird durch die winterliche Vereisung sehr gemindert.
Nertschinsk ist ein Mittelpunkt des Eisenbergbaues und einer der
gefürchtetsten Verbannungsorte.
Das s. Sibirien wird von einer wichtigen Handelsstraße,
dem „Sibirischen Trakt" durchzogen, der von Jekaterinbnrg am
Ural über Omsk und Jrkutsk uach Kiachta und Peking führt oder
über Nertschinsk bis nach Wladiwostok. Die große Sibirische Eisen-
bahn (S 40) führt von Samara an der Wolga über Omsk uud
Jrkutsk nach Wladiwostok (6550 km); bei Charbin am Amu zweigt
sich die Maudschurische Bahu ab, die bis Port Arthur uud andrer-
Fig. 45. Kirgisen.
seits über TieNtsin bis Peking reicht. Die großen Ströme Sibiriens
sind in ihrem Unterlaufe nur kurze Zeit eisfrei uud deshalb wenig
für den großen Verkehr nutzbar zu machen.
2. Russisch Zentral-Asien ist ein großes Flachland, reicht aber
im SO. bis auf die Gebirge Hochasiens hinauf. Letzteren vorgelagert
ist der halbmondförmige Balkasch-See (— großer See), weiter w.
liegt der größere Aral-See, in den vom Tianschan der Syr-Darja
( — gelber Flnß) und vom Pamir-Hochlande der Aniu-Darja sich
ergießt. Die W.-Greuze bildet das Kaspische Meer, der größte
Binnensee der Erde, der so groß wie Deutschland ohne Bayern und
Württemberg ist, und dessen Spiegel 26 m tiefer liegt als der des
Weltmeeres. Den n. Teil nimmt die Kirgisensteppe ein, der s. ist
Wüste mit eingelagerten, fruchtbaren Oasen. Heiße Sommer wechseln
186
Asien.
mit kalten Wintern, in denen die furchtbaren Burane oder Schnee-
stürme toben.
Die in mehrere Horden geteilten Kirgisen (Fig. 4')) treiben aus-
schließlich Viehzucht; besonders das Fettschwanzschaf wird viel gehalten.
Den Standort ihrer weißen Filzzelte, Jurten, wechseln sie je nach den
Jahreszeiten. In der Wüste Kara-Kum (= schwarzer Sand) schweifen
die wilden Turkmenen, deren Räubereien von den Russen mit Mühe
unterdrückt werden. Noch öder ist die Wüste Kisil-Kum (— roter
Sand) zwischen Amu und Syr. In ersterer liegt die herrliche Oase
Merw, die die Russen besetzt haben. Die Bewohner der fruchtbaren
Oasen sind die den Persern verwandten Tadschicks, welche auf dein
künstlich bewässerten Boden fleißig Ackerbau treiben. Am s.ö. Gebirgs-
rand des Gebietes liegt oSamarkand, das von "Taschkent (=
Steinstadt), dem Sitz der russischen Regierung, überflügelt wird.
Die Khanate Buchara und Khiwa mit den gleichnamigen
Städten sind noch selbständig, stehen aber unter russischem Schutz und
Einfluß. «Buchara ist „Gelehrtenstadt" für die innerasiatischen
Mohammedaner und ein wichtiger Mittelpunkt des Handels, der
entweder die Eisenbahn nach Orenburg oder die Transkaspische über
Merw zum Kaspischen Meere benutzt. Nach O. ist die Bahn weiter
gebaut bis Samarkand und Taschkent und darüber hinaus nach der
chinesischen Grenze zu.
o. Kauknsien. Der vom Schwarzen Meere s.o. bis zum Kas-
pischen Meere ziehende Kaukasus ist ein wildes, aber schönes, schwer
zu Übersteigeudes Kammgebirge, dessen höchster Gipfel, der Elbrus,
560o in ansteigt. N. des Gebirges ist das Land steppendürr und
hat russische Winter. Der S.-Abhang empfängt reichliche Niederschläge
llnd ist wie das ganze bergige Vorland reich bewachsen, doch tritt am
unteren Laufe der Kura wieder Steppe auf. Üppige Wälder von
Eichen, Buchen, Kastanien und Nußbäumen, an denen die hier hei-
mische Weinrebe emporrankt, bedecken die unteren Teile des Gebirges;
das Vorland, in der Breite des mittleren Italien gelegen, aber mit
heißeren Sommern und kälteren Wintern, trägt reiche Ernten an
Getreide, Tabak, Obst und Wein. Der Kaukasus ist reich an
Heilquellen, und an seinem ins Kaspische Meer vorspringenden
SO.-Ende entquillt Petroleum der Erde.
Die freiheitliebenden Volksstämme des Gebirges, von denen
vor allen die Tscherkessen sich tapfer wehrten, sind von den Russen
nach langen Kämpfen unterworfen. Hauptstadt ist "Tiflis (— Warm-
brunn), von wo die Eisenbahn zum Schwarzen und Kaspischen Meere
Russisch-Asien.
187
führt, auf der das Petroleum von "Baku verfrachtet wird. Im Ball
ist eine Nöhreuleitung längs der Bahn, die das Petroleum bis ans
Schwarze Meer befördern wird. Von Tiflis aus führt n.wärts die
einzige fahrbare Straße über den mittleren Teil des Kaukasus .nadh
Wladikawkas (= beherrsche den Kaukasus), das nut Baku durch
eine den Kaukasus im O. umgehende Eisenbahn verbunden ist.
Afrika.
Afrika nannten die Römer nach dem Berbervolke der Afri die römische
Provinz, die die Umgegend Karthagos umfaßte; allmählich ward dieser Name
aus den ganzen Erdteil übertragen. Die Griechen nannten das ihnen bekannte
Nordafrika zwischen Ägypten und den Syrten Libyen. Um 600 v. Chr. um-
fuhren phönicische Schisser im Austrage des Pharao Necho den Erdteil, die
Karthager erreichten 100 Jahre später die Küste von Guinea. — Erst im
15. Jahrhundert nahmen die Portugiesen die Entdeckungsfahrten an der W.-
Küste Afrikas auf, um nach Indien zu gelangen; i486 fanden sie die S.
Spitze des Erdteils, die Kap der guten Hoffnung gerannt wurde; 1498 um-
fuhr Vasco da Gama Afrika und kam nach Indien. Die Erschließung des
Innern erfolgte hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die Sahara durchzogen wiederholt Rohlfs, Schweinfurth und Nachtigall
letzterer durchwanderte auch als der erste den Sudan vom Tsadsee zum Nil.
Das Rätsel der Nilquellen (caput Nili quaerere) ist durch die Engländer
Speke und Baker gelöst. Für die Erforschung des s. Zentralasrika hat der
Missionar Livingstone das Bedeutendste geleistet. Der Amerikaner Stanley,
zunächst ausgesandt, um Livingstone zu suchen, hat auf wiederholten Reisen
besonders das Gebiet des Kongo erforscht. Wißmann durchquerte den Erdteil
zweimal von W. nach D. Zahlreiche weitere Reisen haben fast ganz Afrika
erschlossen.
§ 36.
Afrika im allgemeinen.
Geographische Lage: Kap Blanco 37° N. (Kap Tarifa 36" N.), Nadel
kap 35° S. (8000 km); Kap Verde 18° W. (W.-Küste von Portugal fast
10° W.), Kap Guardafui (—hütet euch) 51° O. (wie Mitte des Kaspischen
Meeres) (7500 km), Kap Blanco und Kamerunberg 10° O. (wie Hamburg,
Kristiania), Nadelkap 20° O. (wie Königsberg), Sansibar 39° O. (fast wie
Moskau).
30 Mill. qkm, 140—150 Mill. E., aus 1 qkm 5 E.
Afrika ist mit 30 Mill. qkm der drittgrößte Erdteil, drei-
mal so groß wie Europa. Es wird fast ringsum vom Meere bespült,
nähert sich aber an den Meerengen von Gribaltar (16 km) und
Afrika,
189
Bab et Mandeb (20 km) den Erdteilen Europa und Asien und
hängt mit letzterem durch die vom Suezkanal durchschnittene Land-
enge von Suez (110 km) zusammen. Mit seiner Gliederlosigkeit
«meersernster Punkt 1500 km von der Küste) und der Jnselarmut
(Festland: Inseln — 48:1) seiner Küsten ähnelt es der Arabischen und
der Pyrenäischen Halbinsel.
Die großen, einförmigen Hochländer, aus denen Afrika besteht,
werden von höheren Randgebirgen begrenzt, die sich nur an wenigen
Stellen zu bedeutenden, über die Schneegrenze reichenden Höhen erheben;
im NO. oes südafrikanischen Dreiecks ragt der Kilimandscharo bis
6010 m und der Kenia bis 5600 in auf, im NW. der Kamerun-
Berg bis 4000 m. Die durch-
schnittliche Höhe der Hochfläche
nimmt von S. nach N. ab, am
niedrigsten liegt Flach-Sudan
mit dem Tsad-See.
Im O. des südafrikanischen
Dreiecks liegt eine Anzahl großer
Seen, aus denen der Nil, der
Kongo und der Sambesi, die
in diesem Gebiet entspringen,
z. T. gespeist werden. Der vierte
große Strom Afrikas, der Niger,
durchfließt das Land n. vom
Guinea-Busen. Da die Flüsse
vor ihrer Mündung das Rand-
gebirge durchbrechen müssen, bilden sie hier meist Stromschnellen
und Wasserfälle, sind deshalb für die Schiffahrt nur teilweise zu
benutzen und tragen zur Erschließung des Landes vom Meere aus
nicht bei. Große Gebiete, fast 9 Miß. qkm, sind abflußlos.
Afrika ist der heißeste Erdteil, denn mehr als 3/4 von ihm
liegen in der heißen Zone. In diesem Gebiet fällt die Regenzeit mit
dem höchsten Stande der Sonne zusammen. Die O.- und W.-Küsten
erhalten Regen durch die von den Meeren nach den: stark erhitzten
Innern strömende feuchte Seeluft, die jedoch, besonders im O., durch
die Raudgebirge vom Binnenlande ferngehalten wird, so daß Afrika
im allgemeinen trocken ist. Fast ganz regenlos ist der breite
Wüstenstreifen der Sahara und die Kalahari-Wüste. Die N.-
Küste und die S.-Spitze Afrikas haben, wie die europäischen Mittel-
meerländer, ihre Regenzeit im Winter.
Fig. 46. Baumförmige Wolfsmilch.
190
Afrika.
Tropischer Urwald findet sich am häufigsten in den Fluß-
gebieten des Meerbusens von Guinea; für die trockneren Gegenden sind
die Aloe und die baumartigen Euphorbien (Fig. 4«>) bezeichnend,
die gegen die Austrocknung durch die Sonne ähnlich wie die Kaktus-
arten Amerikas geschützt sind. Die N.-Küste Afrikas stimmt in der
Pflanzenwelt mit Südeuropa überein; vor allem aber gedeiht hier wie
in den Oasen der Sahara die Dattelpalme.
Fig. 47. Giraffe, Gnu, Antilope.
Bezeichnend für Afrika sind die mit 2—4—6 m hohen Gräsern
bestandenen Savannen, auf denen Antilopen, Zebras, Büffel
und Giraffen weiden (Fig. 47); hier und in den dichten Wäldern
leben Rhinozero s, Flußpferd und Elefant sowie zahlreiche Raub-
tiere: Löwe, Schakal und Hyäne, die auch die Wüsten durchstreifen,
aber immer mehr auf das Innere beschränkt werden. Überhaupt ist
der Tierreichtum Afrikas im Schwinden begriffen. Von den Affen
Afrikas sind die menschenähnlichen, Gorilla und Schimpanse, am
bemerkenswertesten. Fast in allen Flüssen kommt das Krokodil vor,
in den Wüsten der größte Vogel, der Strauß.
Die afrikanischen Länder.
191
Von den Bewohnern Afrikas, deren Zahl auf 140 — 150 Mill.
geschätzt wird, sind die meisten dunkelfarbige Neger (Fig. 3) mit
wolligem Haar, dicken, aufgeworfenen Lippen und platter Nase.
Sprachlich zerfallen sie in Bantuneger, die Südafrika bis 5" N.
innehaben, und Sudanneger, die den Sudan bewohnen. Die
Sprachen der Bantuvölker kennzeichnen sich durch Verwendung von
Vorschlagsilben, z. B. U — Land (Uuyamwesi), wa — Leute (Wanya-
mwesi), Ki — Sprache (Kinyamwesi). Jnl N. wohnen Völker der
Mittelländischen Rasse und im S. die an Zahl immer mehr ab-
nehmenden Hottentotten und Buschmänner. Der Islam ist in
ganz Nordafrika verbreitet und dringt von da ins Innere vor, sonst
herrscht noch das Heidentum. Das Christentum hat sich nur in
Ägypten und Abessinien teilweise erhalten, wird aber durch christ-
liche Missionare an zahlreichen Orten gepredigt und gewinnt lang-
sam Boden.
Obwohl Ägypten eins der ältesten Kulturländer der Erde ist,
war im Altertum nur der N.-Rand Alrikas bekannt. Denn bis zur
Einführung des asiatischen Kamels, die erst in nachchristlicher Zeit ge-
schah, war es unmöglich, die Sahara zu durchwandern. Auch heute
ist das innere Afrika, weil an den Küsten Fieberluft herrscht, und
die Flüsse sich für die Schiffahrt wenig eignen, schwer zugänglich.
Dazu kommt, daß bis vor kurzem Afrika fast nur Sklaven und Elfen-
dein lieferte. Jetzt ist der Sklavenhandel nach Amerika aufgehoben,
nach den mohammedanischen Ländern Asiens wenigstens sehr erschwert.
Dafür beginnt die Ausbeutung der afrikanischen Pflanzen- und Tier-
welt und die Anpflanzung von Nutzgewächsen in den von Europäern
besetzten Landesteilen sich von Jahr zu Jahr zu heben, und auch die
Einfuhr aus Europa ist im Steigen begriffen. Doch der Mangel
an Verkehrswegen und die Trägheit der Neger, die im tropischen
Afrika allein die Arbeit auf den Plantagen zu leisten vermögen, sind
noch immer nicht überwundene Hindernisse des Ausschwungs. Nur
das s ile Afrika macht infolge der Tatkraft der europäischen Einwanderer
eine Ausnahme.
§ 37.
Die afrikanischen Länder.
1. Die Atlasländer. Im NW. Afrikas erstreckt sich das Atlas-
gebirge von dem nach ihm benannten Atlantischen Ozean nach NO.
bis zur Kleinen Syrte. Der Hohe Atlas ist ein Kettengebirge, dessen
g. 48. Hafenstadt Rabat an der Küste Marokkos.
Die afrikanischen Länder,
193
Gipfel fast die Höhe des Montblanc erreichen. Zwischen dem Großen
und dem Kleinen Atlas liegt eine größtenteils steppendürre Hoch-
fläche, der flache, abflußlose Salzseen, Schotts, eingelagert sind. Der
zum Mittelmeer abfallende Gebirgsrand, das Tell, ist infolge von
Wiuterregen sehr fruchtbar.
Die Bewohner sind hamitische Berber, in Algerien Kabilen
genannt; seit dem 1. Jahrhundert sind die Araber, die den Islam
verbreiteten, eingedrungen.
a) Marokko hat teilweise fruchtbaren Boden; Ackerbau und
Viehzucht beschäftigen die Bewohner. Hauptstädte sind ^Fez und
"Marokko (= die Geschmückte), der wichtigste Einfuhrhafen ist
Tanger [tätlicher]; auch in den andern atlantischen Häfen
(Fig. 48) nimmt der Handel, auch der deutsche, zu. Frankreich sucht
bestimmenden Einfluß auf das Laud zu gewinnen. — Spanisch sind
die „Presidios', an der Straße von Gibraltar, darunter Eeutrt.
b) Algerien, das alte Numidien, ist Frankreichs wichtigste Ko-
lonie. Neben Wein, Getreide, Gemüse, Oliven und Datteln wird das
Halfa- oder Espartogras, das zur Papierbereitung dient, gewonnen.
An der Küste werden Korallen gefischt. Hauptort für Verwaltung,
Handel und Verkehr ist "Algier, das durch Dampfer und Telegraph
mit Marseille in Verbindung steht.
c) Tunis ist durch türkische Mißwirtschaft sehr heruntergekommen:
im Altertum (Karthago!) war es wegen seines Getreidereichtums eine
der wertvollsten Provinzen des Römischen Reichs; jetzt steht es unter
französischem Schutz. Von "Tunis, dem zweitwichtigsten Handelsplatze
an der afrikanischen Mittelmeerküste, führt die Eisenbahn bis an die
W.-Grenze der französischen Besitzungen.
2. Die türkische Provinz Tripoli. An der Küste gestatten
Winterregen Getreidebau. Tripoli (—Dreistadt) ist der Ausgangs-
pnnkt der Karawanenstraßen, die über Mursuk, den Hauptort in
der dattelreichen Oasenlandschaft Fessan (Fig 49), nach dem Sudan
führen. In der jetzt öden Hochfläche Varka, ö. der Syrten, lag ehe-
mals in fruchtbarer Gegend die griechische Kolonie Kyrene.
3. Die Sahara ( — steinige Fläche), fast so groß wie Europa,
ist teilweise mit Sand, den der Wind zu laugen Dünenketten zu-
sammentreibt, teilweise mit scharfkantigen Steinen bedeckt (Hammada».
Ä. von Fessan erhebt sich das Felsengebirge von Tibesti bis über
2000 m. Infolge der vorherrschend n. Winde ist die Wüste fast
regenlos. Auf heiße Tage folgen kühle, oft kalte Nächte mit starker
Schlemmer, Erdkunde II. 3, Auflage. 13
Afrika,
Die afrikanischen Länder.
195
Taubildung. Die heiß-trocknen Sandstürme, Samum (= Giftwindi,
werden den Karawanen oft verderblich. Häufig zeigen sich Luftspiege-
lungen, Fata morgana. Wo an tieferen Stellen das Grundwasser
als Quelle hervortritt oder künstlich erbohrt ist, trägt der Boden in
den Oasen (= Rastorten) Dattelpalmen, sonst wachsen nur Dorn-
sträucher und Salzkräuter, mit denen das Kamel, das „Schiff der
Wüste", sich begnügt. In der ö. Libyschen Wüste liegen einzelne Oasen
unter dem Meeresspiegel, so die Oase Siwah, wohin einst Alexander
der Große zum Tempel des Jupiter Ammon wallfahrtete. In Tibesti
leben die Tubus, im W. die Tuareg, die auf ihren vorzüglichen
Reitkamelen die Karawanen geleiten, ihnen aber auch als Räuber ge-
fährlich werden. — Der w. Teil steht unter dem Einflüsse Frankreichs,
der ö. unter dem Englands bezw. Ägyptens.
4. Der Sudan (— Land der Schwarzen) umfaßt die s. der
Sahara gelegenen, durch einen Steppengürtel mit ihr verbundenen
Tropenlandschaften. Der gebirgige w. Teil, Hoch-Sudan, entsendet
nach W. den Senegal und den Gambia, sein Hauptfluß ist der
Niger, der'von O. den Bennö aufnimmt. Im ö. Flach-Sudan
liegt der große, aber seichte, abflußlose Tsad-See, dem der Schari
zuströmt. Tropische Regengüsse rufen üppigen Pflanzenwuchs hervor.
Die Neger stehen größtenteils unter dem Einfluß der Araber, von
denen sie den Islam angenommen haben, in Hoch-Sudan haben die
von N. gekommenen hellbraunen Fulbe oder Fellata die Herrschaft
an sich gerissen. In Timbnktn, n. vom Niger, laufen die wichtigsten
Handelsstraßen aus der Sahara zusammen. Diese Gebiete sowie das
an Elfenbein und Straußenfedern reiche Wadai und Bagirmi stehen
unter französischem Einflüsse. Die Haussa-Staaten zwischen Niger
und Benuö sind wie die w. 2/3 von Bornu am Tsad-See mit der
Hauptstadt Kuka vou England abhängig (das ö. Drittel gehört zuru
deutschen Kamerun). Englischer Einfluß herrscht auch in den ö. Teilen
des Sudan, in Dar-For und Kordosan.
5. Senegambien und Ober-Guinea, die Küstenländer im W.
und S. Hoch-Sudans, haben die Europäer in Besitz genommen, die
mehr und mehr ins Innere vordringen. Die Namen Pfeffer-, Zahn-,
Gold-, Sklavenküste erinnern noch an die ehemaligen Handelsgegen-
stände dieser Gebiete. Jetzt wird außer Elfenbein besonders Palm-
öl ausgeführt, das aus der Frucht der Ölpalme gepreßt und zur
Seifen- und Kerzenbereitnng verwendet wird; auch Erdnüsse, die ein
feines, dem der Olive ähnliches Öl liefern, kommen in den Handel.
Senegambien mit St. Lonis am Senegal gehört den Fran-
13*
196
Afrika.
zosen, die auch Teile von Ober-Guinea in Besitz haben. Die Eng-
lan der haben das Gebiet der Nigermündungen besetzt. Unabhängig
ist der von den Amerikanern gegründete christliche Negerstaat Liberia.
Der Einwanderung von Europäern ist die Fieberluft an den Küsten
sehr hinderlich, schwerere Arbeiten werden z. T. von den am Kap
Palmas wohnenden Krn-Negern verrichtet.
Zwischen der englischen Goldküsten-Kolonie nnd dem französischen
Dahome liegt das seit 1884 deutsche Toqoland, fast 3 mal so groß
wie Pommern, 87000 qkm. Hinter dem nur 50 km langen Küsten-
streifen (wie Hanno-
ver - Brannschweigj,
an dem eine heftige
Brandung das Lau-
den erschwert, zieht
sich eine ^Reihe von
Strandseen hin,
deren größter der
Togofee ist. Dann
folgt eine sanft an-
steigende, >l>0 km
breite, fruchtbare
Ebeue, die vou einem
nach NO. ziehenden
Gebirge mit Gipfeln
bis zu 2000 m Hohe
begrenzt wird. Die
nach N. sich anschlie-
ßende Hochebene
entwässertzumVolta,
der Togolaud teilweise im W. begrenzt. Infolge der doppelten Regen-
zeit sind die Gebirge waldreich. An der Küste gedeiht die Kokos-
palme, jenseits der Strandseen wächst die Olpalme, die aber int
Innern, wo Grasflur vorherrscht, fehlt.
Die Bewohner, die Ewe-Neger, deren Zahl auf 2^ Mill. ge-
schätzt wird, sind kräftig, geistig gut beanlagt und friedliebend. Der
s. Teil des Landes ist von fleißigen Ackerbauern dicht bevölkert,
die auch geschickte Handwerker sind. Auf der inneren Hochfläche
überwiegt die Viehzucht. Angepflanzt wird Baumwolle, Tabak
und Kaffee. Die Handelsniederlassungen sind auf die Küste be-
schränkt, die wichtigsten Orte sind Aneho im O. und Lome im W.,
Fig. 50. Mangrovewald.
Die afrikanischen Länder.
197
tue der Kaiserliche Kommissar wohnt; hier beginnt eine Küstenbahn.
Jin Innern sind nur einzelne Stationen (Misa-Höhe, Bismarckhöhe)
angelegt. Ausgeführt werden Palmöl, Palmkerne und Kautschuk,
mogegeu Baumwollenzeuge, Schußwaffen und leider auch Branntwein
eingeführt werden. Der Handel ist erschwert, da alle Waren auf dem
Kopfe nach und von der Küste getragen werden müssen; mit dem Bali
von Eisenbahnen ist begonnen. Mit Hamburg steht Togoland in
regelmäßiger Dampferverbindung
Im innersten Winkel des Guinea-Busens liegt die deutsche Be
sihung Kamerun, so groß wie Spanien, 495000 qkm. Die Küste
erstreckt sich in einer Ausdehnung von 300 km (rote von Berlin bis
Breslau) von 2° N. erst nach N., dann nach NW.; landeinroärts ver-
breitert sich das Gebiet bedeutend; nach NO. reicht es bis an den
Tsad-See und den Schari heran, die O.-Grenze bildet ungefähr
15° O,
Unmittelbar an der Küste erhebt sich das Kamerun-Gebirge,
das höchste int ro. Afrika. Es ist ein einziger Berg, ein erloschener
Vulkan, dessen über 4000 m ansteigender Gipfel, der Götterberg der
Eingebornen, zeitweise eine leichte Schneedecke trägt. Über der im S.
nur schmalen Küstenebene erhebt sich steil das Hochland des inneren
Afrika, dessen ro. Randgebirge von S. nach N. zieht; im NO. liegen
das Bergland Adamaua und (1/3) Bornu, die zum Gebiete des
Schari und Beitue gehören, der SO entwässert zum Kongo. Der
größte dem deutschen Schutzgebiete allein angehörende Fluß ist der
Mbam, der aber seiner Stromschnellen wegen für die Schiffahrt uu-
tauglich ist; einer feiner Mundungsarme ergießt sich in den sog. Ka-
merun-Fluß. Es ist dies ein Meerbusen von der Form eines fünf-
zackigen AHornblattes, in dessen fünf Ecken fünf Flüsse münden, von
denen allein der Wuri für Seeschiffe zugänglich ist. Zwischen den
Mündungen dieser Flüsse schieben sich ihre Schlammablagerungen
langsam vor, aber die Ausfüllung der ganzen Bncht macht die durch
eine 8 km breite Öffnung eindringende Flut uumöglich.
Das Klima ist heiß nnd sehr feucht (8—9 m Regenhöhe); die
Sumpfluft an den Küsten erzeugt Fieber. Int innern Hochlande, das
zwei Regenzeiten, im Frühling und Herbst, hat, ist es kühler und ge-
sunder. Die Ufer sind, soweit die Flut sie überspült, mit dichteit
Mangrove-Waldungen (Fig. 50) bedeckt, die Niederungen und die
Abhänge der Gebirge mit üppigem Urwald, unter dessen Palmen die
Ölpalme die wichtigste ist. Im Innern unterbrechen nttr lichte Wälder
die weiten Grassluren.
198
Afrika,
Die Bewohner Mill.) gehören zu den Bantunegern.
An der Küste fitzt der Stamm der Dnala, die sich den bisher von
ihnen allein betriebenen Zwischenhandel zwischen Küsten- und Binnen-
land nicht ohne Kampf durch die Deutschen entreißen lassen. Bei den
Dnala und auch bei den übrigen Stämmen ist die Trommelsprache
sehr ausgebildet. Seit der Besitzergreifung des Laudes durch die
Deutschen 1884 macht die Mission mehr Fortschritte. Neben den
Fig. öl. Baobab oder Affenbrotbaum.
Missionsschulen hat auch die Regierung zwei Schulen mit deutschen
Lehrern errichtet.
Auf den erst im Entstehen begriffenen Plantagen gedeihen be-
sonders Kakao und Kafsee. Jetzt ist Kamerun noch ausschließlich
Handelskolonie: Palmöl, Palm kerne, Kautschuk, Elfen b ein, Färb-
nnd Nutzhölzer werden ausgeführt, doch erschwert und verteuert das
Fehlen von Verkehrsstraßen und Lasttieren den Handel sehr. Am
W -Fuße des Kamerun-Berges, wo die bedeutendsten Plantagen an-
gelegt sind, liegt die Missionsstation Viktoria, 900 m höher Buöa,
der Sitz der Regierung. Von Dnala (früher Kamerun) am Wuri
geht die Eisenbahn aus, die bis an den Tsad-See (900 km) weiter-
Die afrikanischen Länder.
199
geführt werden soll. Regelmäßige Verbindung mit Hamburg unter-
halten die Dampfer der Wörmann-Linie (etwa 23 T.).
6. Nieder-Guinea und der Kongostaat. Die in flachein Bogen
s.wärts gerichtete Küste Nieder-Guin eas gehört im n. Teile, ö. bis
zum Kongo reichend, zn Frankreich, südlich der Kongo Mündung
haben sich die Portugiesen festgesetzt, die die Provinz Angola mit
dem Hauptorte Loanda als Verbrecherkolonie benutzen.
Zwischen beiden Gebieten mündet der Kongo, der wasserreichste
aller afrikanischen Flüsse, der seinen Ursprung in dem großen ostasri-
kanischen Seengebiet hat. Nachdem er den Bangweolo-See ver-
lassen, empfängt er rechts den Abfluß des langgestreckten Tanganika-
Sees; auf beiden Seiten, besonders von S. her, strömen ihm große
Nebenflüsse zu: r. Uelle, l. Kassa'i. Das w. Randgebirge durchbricht
er in einer Reihe von mehr als 30 Stromschnellen und Wasserfällen, die
der Schiffahrt ein unüberwindliches Hindernis entgegensetzen. Auch
bei seiner ersten Annäherung an den Äquator bildet der Strom große
Stromschnellen, die Stanley-Fälle. Fast das ganze Kongogebiet bildet
seit 1885 den Kongostaat, der rechts der Mündung des Flusses bis
an den Ozean reicht; Staatsoberhaupt ist der König der Belgier.
Das Land ist im ö Teile mit ausgedehnten Urwäldern bedeckt, ans
den Hochflächen herrscht Savcinnenbildung mit vereinzelten Baum-
gruppen. Baumförmige Wolfsmilcharten und der riesige Baobab oder
Affenbrotbaum (Fig. 51) geben der Landschaft ein eigenartiges Ge-
präge. Die Bevölkerung bilden Bantuneger, bei denen Menschen-
sresserei noch hente vorkommt. Sitz der Regierung ist Borna;
Eisenbahnen erschließen das Land bis zu den ö. Seen.
7. Das außertropische Südasrika ist eine Hochebene, die stufen-
förmig und steil nach dem Atlantischen und Indischen Ozean abfällt.
Von S. kommend erreicht man durch schwer gangbare Schluchten,
Kloofs [flöfg] (— Kluft), die breite Ebene Karroo ffarru] (— hart),
die während der kurzen Regenzeit sich in reiches Weideland verwandelt,
in der übrigen Zeit des Jahres aber ausgedörrt und trocken daliegt.
Nach NO. zieht ein höherer Gebirgszug, Brakens Berge, dessen Berge
z. T. tafelförmig abgeplattet sind. Den NW. nimmt die Kalahari
ein, die nur teilweise wirkliche Wüste ist, auf weiten Strecken vielmehr
Steppencharakter hat und zahlreiche Herden ernährt.
Von dem ö. Randgebirge fließt der Oranje-Flnß nach W.,
verstärkt dnrch den von rechts ihm zufließenden Vaal-Fluß [sät],
Arn meisten Regen empfängt die O.-Abdachuug der Gebirge, so daß
in den Küstengegenden Ackerbau gute Erträge liefert. Aber in das
200
Afrika.
Innere läßt eben dies Gebirge weniger Regen gelangen, und auch
den Westwinden wird ihre Feuchtigkeit durch eine an der W.-Küste
entlang ziehende kalte Meeresströmuug entzogen. Deshalb dienen die
Hochländer hauptsächlich nur der Viehzucht, besonders werden
Schafe in Menge gehalten.
Im O. wohnen Bantuneger, die von den Arabern Kafir,
Kaffern l— Ungläubige) genannt wurden; im Innern und im W.
sind die an Zahl stetig abnehmenden Hottentotten und Busch-
männer bei der Trockenheit des Landes über das Hirtenleben nicht
hinausgekommen. Das ganze Gebiet ist von Europäern in Besitz
genommen, die allein in diesem Teile Afrikas infolge des gemäßigten
und gesunden Klimas eine dauernde Heimat gesunden haben.
a) Deutsch - Südwestafrika wird im S. vom Oranje-Flnß,
im N. vom Kunene begrenzt. Im O. bildet 20° O. und weiter n.
21" O. die Grenze; mit einem ganz schmalen Streifen reicht das
deutsche Gebiet unter 18" S. an den Sambesi. Es ist 1 ]/2 mal so
groß wie Deutschland, 830 000 qkm.
Von der hafenarmen, mit Sanddünen besetzten Küste steigt man
zu einem Hochlande auf, das s. des Wendekreises aus tafelförmigen,
durch tief eiugeschmttene Täler getrennten Hochebenen besteht; im N.
ist das Land mehr gebirgsartig mit Gipfeln bis 2700 rn. Nach D.
senkt sich das Hochland allmählich zur Kalahari. Außer den Grenz-
slüssen im S. und N, die wegen ihrer versandeten Mündungen für
die Schiffahrt unbrauchbar siud, gibt es keinen beständig fließenden
Fluß. Die Flußbetten füllen sich nur nach starken Regengüssen auf
kurze Zeit; höchstens halten sich einige Lachen, wie bei dem Großen
Fischfluß, der in den Oranje mündet.
Im Innern folgen auf recht heiße Tage oft bitterkalte
Nächte. Die hier im S.-Sommer (Januar—März) fallenden Regen
verlieren an Wert dadurch, daß sowohl die Niederschlagsmenge nach
den Jahren sehr ungleich ist, als auch die Regen meist wolkenbruch-
artig herabrauschen: die gewaltigen Wassermnssen, die dann die Fluß-
betten anfüllen, verlaufen ebenso schnell wie sie gekommen sind. In
den öden, fast regenlosen Sandwüsten des Küstengebietes fehlt fast
alles pflanzliche Leben. Merkwürdig ist die Nara, deren Wurzeln
in erstaunliche Tiefe driugen, und deren gurkenähnliche, saftige Früchte
Menschen und Tiere erquicken. Das Innere bedeckt sich nach den
sommerlichen Regen mit Gräsern, die sich aber, wie die lichten
Baumgruppen der Akazien, nur in den Tälern der Flußläufe das
gauze Jahr hindurch erhalten. Erst n. von 20" S. treten Palmen
Die afrikanischen Länder.
201
aus und die riesigen Baobabs, und in der Nähe des Kunene wird die
ganze Pflanzenwelt üppiger. Durch schonungslose Jagd sind Elefant,
Nashorn, Flußpferd und Giraffe ausgerottet oder vertrieben, nur
scheue Antilopenrudel kommen noch vor; auch der Strauß ist
selten.
Die Zahl der Bewohner wird auf 200 000 geschätzt. Das
armselige Jägervolk der Buschmänner ist mit den jagdbaren Tieren
ins Innere zurückgewichen, findet sich demnach nur im äußersten O.
des deutschen Gebiets. Die Hottentotten (= die Dummen» sind
so von den Holländern genannt worden; sie selbst nennen sich Koi-
Koin (= Menschen) oder Naman. Sie sind häßlich, die Haut ist
gelbbraun und faltenreich; ihrer Sprache sind mehrere Schnalzlaute
eigentümlich. Aus dem Kaplande sind sie durch die Europäer ver-
drängt worden, und im N. reicht ihr Gebiet wenig über den Wende-
kreis hinaus; denn das nördlichere Damara-Land ist ihnen von
den zu den Bantunegern gehörenden Herero entrissen worden, mit
denen sie meist in Feindschaft leben. Die Herero treiben Vieh-
zucht und etwas Ackerbau, der in ausgedehnterem Maße nur in den
n.sten Teilen möglich ist, wo im Ambolande die Ovambo ansässig
sind. Die erfolgreiche Tätigkeit der seit 1842 unter den Hottentotten
wirkenden deutschen Missionare kommt äußerlich in den biblischen
Namen ihrer Ansiedlungen zum Ausdruck.
Die günstigen Gesundheitsverhältnisse gestatten die dauernde
Niederlassung von Europäern im ganzen Gebiet, doch wird Vieh-,
namentlich Schafzucht, auch Straußenzucht, die Hauptbe-
schäftigung bleiben müssen. Ackerbau ist nur da möglich, wo
künstliche Bewässerung eingerichtet werden kann. Anzeichen von
Bodenschätzen (Kupfer, Silber, Gold) sind vorhanden.
Durch einen 1904 ausgebrochenen großen Aufstand der Ein-
gebornen sind viele Farmen zerstört und die Entwicklung der Kolonie
sehr gehemmt worden. Andrerseits ist infolge davon der Bau vou
Eisenbahnen gefördert, und durch Herstellung einer Landungsbrücke in
Swakopmund (die einzige gute Hafenbucht, die Walfischbai, ist im
Besitze der Engländer) der Schiffsverkehr erleichtert worden. Von hier
führt eine Eisenbahn (282 km) nach Windhoek jwindhnkl (—Wind-
berg), dem Sitz des Kaiserlichen Landeshauptmanns. In Angriff
genommen ist der Bau einer Eisenbahn nach N., nach den Kupfer-
gruben von Otavi, sowie von Lüderitzbucht oder Angra Pequeua
(= kleine Bucht) nach O. Dieses Gebiet wurde 1883 vom Bremer
Kaufmann Lüderitz erworben, worauf 1884 die Besitzergreifung durch
202
3tfri£a.
das Deutsche Reich erfolgte. — Mit Kapstadt und Hamburg findet
regelmäßige Dampserverbinduug (28 T.) statt; ein Telegraphenkabel
ist an das von Kapstadt nach Europa führende angeschlossen.
b) Britisch -Südafrika. Das Kapland wurde seit dem
17. Jahrhundert von Holländern besiedelt, aber im Anfange des
19. Jahrhunderts von den Engländern in Besitz genommen, für die
es, namentlich ehe der Suez-Kanal eröffnet war, als Stützpunkt für
den Verkehr nach Ostindien von größter Bedeutung war. Südfrüchte
und Wein gedeihen vorzüglich, in den regenreichen Gebieten auch
Weizen. Den Hauptertrag bietet jedoch die Schafzucht; daneben
werden Strauße gezüchtet, und
am Zusanimensluß von Oranje-
und Vaal-Fluß ist eine der er
giebigsten Fundstätten von Dia
manten erschlossen. Die Haupt-
stadt c>Kapstadt ist in schöner
Landschaft' am Fuße des Tafel-
berges gelegen. Wichtiger für
den Handel ist Port Elisabeth.
Im sruchtbareu, überwiegend von
Kaffern (Fig. 52) bewohnten ö.
^Berglande Natal gedeihen neben
^ . allen europäischen Kulturgemächsen
Flg. 52. Sulu Kaffer. Zuckerrohr, Kaffee und Baumwolle;
Hauptort ist hier Ratal( —Weih-
nachtshasen) oder Durban.
Englisch ist auch das weite Gebiet, das sich n. des Oranje-
Flusses zwischen den Besitzungen der Deutscheu und der Portugiesen
bis an den Kongostaat und Deutsch-Ostasrika ausdehnt. Hier be-
standen bis 1902 der Oranje- und Transvaal-Freistaat nieder-
ländischer Boeren [buren], die vor der englischen Herrschaft allmäh-
lich bis zum Limpopo oder Krokodilfluß zurückgewichen waren. Der
Reichtum dieser Länder an Diamanten (bei Kimberley am untern
Baal), an Gold — das „goldene" Johannesburg erblühte in-
mitten der ergiebigsten Goldfelder Transvaals seit 1884 zur Stadt
mit 200 T. Einw. und überflügelte schnell die ehemaligen Haupt-
städte Bloemfontein und Pretoria — und besonders an Kohlen
machte ihren Besitz für England begehrenswert. Durch Eisenbahnen
stehen die genannten Orte untereinander und mit den Küstenplätzen
in Verbindung; eine Eisenbahn reicht schon bis an den Sambesi und
Die afrikanischen Länder,
203
soll durch ganz Afrika n,-wärts bis Ägypten gebaut werden; ebenso
der Telegraph.
8. Die östlichen Küstengebiete. Die O.-Seite des tropischen
Südafrika ist ausgezeichnet durch große Seen; von S. nach N. er-
streckt sich der Njassa-See und der Tanganika-See, der wie die
s.w. von ihm gelegenen Seen zum Kougogebiet gehört. Weiter n.
folgen die Nilseen: der Victor ia-Nyansa, fast so groß wie Bayern,
und der Albert-Eduard- und Albert-Nyanfa (Nyansa —See); der
Rudolf-See ist abflußlos. W. und ö. vom Victoria-See erheben
sich die gewaltigen Bergkegel erloschener Vulkane, die z. T. über die
Grenze des ewigen Schnees hinausragen: so im O. der Kenia und
der Kilimandscharo, der höchste Berg Afrikas, 6010 m. Der be-
deutendste Fluß der Ostküste ist der Sambesi (= Strom), der die
großartigen Viktoria-Fälle bildet und vor feiner Mündung den
Schire, den Abfluß des Njassa-Sees, aufnimmt.
Portugiesisch ist das Land n. und f. der Sambesi-Mündung
mit dem wichtigsten Hafen Lorenzo Marquez an der Delagoabai.
Dann folgen Deutsch- und Britifch-Ostafrika, das bis zum Nil
und den unter englischem Einfluß stehenden Sudanstaaten reicht. Die
Inseln Sansibar (— Negerküste) und Pemba, wo die meisten Ge-
wnrznelken gewonnen werden, stehen unter britischer Hoheit. *San-
sibar ist außerhalb der N.-Küste Afrikas der wichtigste Platz für den
Handel mit Europa und Indien. Die Somali-Länder, bis zu
dem Kap Guardafui und der Straße Bab el Mandeb reichend,
werden von den Italienern, am Golf von Aden von den Engländern
beansprucht.
Deutsch-Ostasrika ist mit 946 000 qkm fast doppelt so groß
wie Deutschland. Es reicht w. bis zum Njassa und Tanganika-See,
f. bis zum Novuma. Im N. bildet die Grenze eine von 4*/./ S.
nach NW. verlaufende gerade Linie, die unter 10 <B. mitten durch
den Viktoria-See zieht. Von den Küsteninseln gehört nur Mafia
zu Deutschland,
Hinter der flachen Küste breitet sich eine nach N. schmaler werdende
Ebene, die Mrima, aus, die w. von dem Randgebirge des afrikanischen
Hochlandes, dem Usambara-, Usagara- und Uhehe-Gebirge be-
grenzt wird. Das letztere tritt in weitem Bogen bis an den Njassa-
See zurück, desfeu ö. Gebirgsumwallung, das Livingstone-Gebirge
nch bis 3700 in erhebt. Von diesen Gebirgen sind die ausgedehnten
Hochflächen des Innern durch eiu tiefer eingesenktes, abflußloses
Gebiet getrennt, das in seinem n. Teile eine Reihe kleiner Seen auf-
204
Afrika.
weist, und an dessen Rande mächtige, erloschene Vulkane wie der
Meru und der Kilimandscharo (= Berg des Regengottes) empor-
ragen.
Die dem Indischen Ozean zuströmenden Flüsse, der Rovuma,
der Rusidschi mit dem Ruaha und der Pangani, sind wegen
Stromschnellen nnr teilweise schiffbar, aber ihre Mündungen bilden,
da das Süßwasser die riffbauenden Korallentierchen tötet, tiefere Häfen
an der sonst schwer zugänglichen Küste. Das Innere entwässert durch
Fig. 53. Leopard und Elefant.
den Viktoria- und Tanganika-See zum Nil und Kougo, so daß Deutsch-
Ostafrika seine Gewässer zu allen drei Afrika begrenzenden Meeren
entsendet.
An der Küste herrscht schwüle Tropenhitze (260 C.), das höhere
Binnenland hat heiße Tage, aber kühlere Nächte. Der s. Teil hat
nur eine Regenzeit, das übrige eine doppelte, zur Zeit unseres Herbstes
und Frühlings, am meisten Niederschläge erhalten die Küsten und die
ö. Abdachungen der Gebirge. Hier findet sich deshalb tropisch üppiger
Pflanzenwuchs und dichter Urwald. Das Innere ist mit Savannen,
deren harte Grashalme 2—3 m hoch werden, oder mit lichten Wäldern
bedeckt, die aus Akazien, Mimosen, Fächerpalmen und Baobabs be-
stehen. An den Abhängen des Kilimandscharo reicht der Wald bis
3000 in, die Grasflur bis 4000 m hinauf. Über die Tierwelt
Die afrikanischen Länder.
205
(Fig. 53) vgl. S. 191. Große Verwüstungen richtet nicht selten die
Wanderheuschrecke an, und in manchen Teilen des Gebietes macht die
Tsetsefliege die Pferde- und Rinderzucht unmöglich.
Die Bewohner, deren Zahl auf 7 Mill. geschätzt wird, lind
größtenteils Bantnneger und treiben Ackerbau. Am dichtesten be-
völkert sind die Küste, das W.-Ufer des Viktoria-Sees und die Dschaga-
Landschaften an: Kilimandscharo. Von S. eingedrungen sind die
räuberischen Mafiti und Wahehe, und von N. die hamitischen
Massai, die als Viehzüchter das abflußlose Gebiet innehaben. An
der Küste ist dnrch Vermischung mit den seit alters hier herrschenden
Arabern, die mit ihren Trägerkarawanen Elfenbein ans dem Innern
holen uud bis vor kurzem viel Sklavenhandel trieben, das Volk der
Wa-Suaheli entstanden, deren Sprache, Kisuaheli, die Verkehrssprache
für das tropische Ostafrika geworden ist. Die Zahl der ansässigen
Europäer beläuft sich auf etwa 1300.
Die 1884 von Dr. Peters durch Verträge mit einheimischen
Häuptlingen erworbenen Landschaften wurden 1885 unter kaiserlichen
Schutz gestellt. Nachdem ein von dem arabischen Sklavenhändler
Buschiri erregter Aufstand 1888/89 von Major Wißmann niederge-
schlagen war, trat der Sultan von Sansibar auch den festländischen
Küstensaum und die Insel Mafia an Deutschland ab. Ausgeführt
werden hauptsächlich Elfenbein, Kautschuk und Kopalharz. In den n.
Küstenstrichen und im wasserreichen Berglande von Usambara sind
Pflanzungen von Kokospalmen, Kaffee und Vanille angelegt, auch
versucht man Tabak, Tee und Kakao anzubauen. Sitz der Regierung
ist Dar es Salam (— Friedensgau) mit gutem Hafen, das aber über-
troffen wird von Bagamojo, dem Ausgangspunkte der wichtigsten
Karawanenstraße, die über Mpapua und Tabora zum Tanganika-
See und nach Bukoba am Viktoria-See führt. Einen auch für große
Seeschiffe zugänglichen Hafen hat Tanga im N., von wo eine Eisen-
bahn bis Korogwe am Pangani fertiggestellt ist. Auch Pangani
und Saadani haben als Hafenplätze eine gewisse Bedeutung, weniger
Kilwa, Lindi und Mikindani im s. Teile. Im Innern sind außer
den genannten Orten nur einzelne Punkte zur Sicherung des Ver-
kehrs und der Missionen von der Schutztruppe besetzt. Deutsche
Schiffe unterhalten eine regelmäßige Verbindung zwischen der Kolonie
und Hamburg, sowie mit Bombay.
9. Das Hochland Abessinien erhebt sich steil über den Küsten-
ebenen am Roten Meere und fällt stufeuartig nach W. und SW.
ab. Dem Tana-See entströmt der Bachr-el-Asrek (— blauer
Afrika,
Fluß); 11. davon entspringt der Atbara. Aus den Tropenlandschaften
am Fuße der Gebirge steigt man zu kühleren Gegenden empor, wo
nur Hafer und Gerste gedeiht. Die semitischen Bewohner sind seit
dem 4. Jahrhundert Christen. Den Küstenstreifen Erythräa mit der
Hafenstadt M assaua hat Italien in Besitz genommen.
10. Die Länder am Nil. Der Nil, der längste Strom Afrikas,
kommt aus dem Viktoria-See, in den von SW. der Kagera, der
eigentliche Quellfluß des Nil, eintritt. Er durchfließt den n.sten Teil
des Albert-Sees, in den sich der
Abfluß des Albert-Eduard-Sees
ergießt, und durchzieht n.wärts,
vielfach durch undurchdringliche
Grasbarren gesperrt, den ö.sten
Teil von Sudan. Nachdem er
links den wasserreichen Bachr-el^
Ghasal (— Gazellenfluß) auf-
genommen, eilt er in schnellerem
Laufe als Bachr - el - abiad
(= weißer Fluß) nach N. Von
der Mündung des Blauen Nil
an durchströmt er in Lförmig
gekrümmtem Laufe die Wüsten-
platte Nubiens, wo er noch einen
Fig. 54. Fellachen. Nebenfluß, den Atbara, erhält.
Sechs z. T. viele Kilometer lange
Stromschnellen, deren letzte nahe dem Wendekreis liegt, hindern die
Schiffahrt. Zwischen der Arabischen und Libyschen Wüste fließt er
in einem durchschnittlich 20 km breiten Tale dem Mittelmeere zu,
in das er ein durch seine Fruchtbarkeit schon im Altertum berühmtes
Delta hinausschiebt.
Der vom Nil durchflossene Sudan und das Steppen- und
Wüstenland Nubien standen bis zum Aufstand des Mahdi 1881
unter ägyptischer Hoheit. Das von den Mahdisten zerstörte Chart um
am Zusammenfluß des Weißen und Blauen NU ist wieder aufgebaut
als Stützpunkt der nun englisch-ägyptischen Herrschaft über den Sudan
und mit Alexandrien durch Eisenbahn (6 T.) verbunden.
Ägypten, das untere Niltal und das Delta, ist „ein Geschenk
des Nil". Alljährlich nämlich tritt der Nil infolge der namentlich in
Abessinien fallenden tropischen Regen vom Juli bis Oktober über seine
Ufer und verwandelt das ganze Tal in einen See, dessen Wasser wie
Die afrikanischen Länder.
207
schon im Altertum durch Kanäle und Schöpfräder auch deu höher
liegenden Teilen zugeführt wird. Bei Assuan ist durch ein 1,8 km
langes Stauwerk ein riesiges Wasserbecken geschaffen worden, wodurch
das Land vor zu großer oder zu geringer Überschwemmung bewahrt
werden kann. Nach Ablauf des Wassers bleibt der fruchtbare Nil-
schlämm zurück, der sich nun schnell mit grünenden Saaten bedeckt:
Mais, Weizen, Baumwolle, Zuckerrohr und Tabak werden an-
gebaut. Regen fällt in Ägypten, anch im Delta, nur selten. Im
n. Teile wechselt eine kühle mit einer heißen Jahreszeit, der s. Teil
gehört zu den heißesten Ländern der Erde außerhalb der Tropen.
Die Hochflächen auf beiden Seiten des Niltals sind Wüste.
Ägypten ist eins der ältesten Kulturländer der Erde,
wo die infolge der Fruchtbarkeit des Bodens dichte Bevölkerung sich
früh staatliche Einrichtungen schuf. Unter der Nömerherrschast war
das Land eine der wichtigsten Kornkammern des Reichs. Im 7. Jahr-
hundert ward es von den Arabern erobert. Die Nachkommen der
alten hamitischen Ägypter haben sich in den mohammedanischen Fellachen
(—Bauern) (Fig. 54) und den christlichen Kopten erhalten. Seit
Anfang des 19. Jahrhunderts wird Ägypten von einein erblichen Vize-
fönig oder Khedive [fedi't>] regiert, der dem türkischen Sultan Tribut
zahlt, aber völlig unter englischen! Einfluß steht. Ägypten, das den
Verkehr vom Mittelmeer nach Süd- und Ostasien vermittelt, hat seit
der Eröffnung des Suez-Kanales, der von Port Said am Mittel-
ländischen nach Suez am Roten Meere führt, noch an Bedeutung
gewonnen.
Obwohl das bebaute Land in Ägypten nur die Größe einer der
preußischen Provinzen Hai, wohnen daselbst fast 10Mill. Menschen. Ober-
halb des Deltas liegt rechts vom Nil die Hauptstadt Kairo (— die
Siegreiche), die größte Stadt in Afrika, ]/2 Mill. E., mit der Hafen-
stadt Bulak am Nil. Gegenüber, beim Dorf Giseh, stehen die drei
größten Pyramiden, die ältesten Bauwerke der Erde (Eheops-Pyramide
146 m hoch); davor liegt die Sphinx. "*Alexandria (genannt
nach ihrem Gründer Alexander d. ($r.) ist die wichtigste Handelsstadt
des Landes; sie ist mit Kairo und Suez durch Eisenbahn verbunden
und dient als Anlegepunkt der Dampfer auf dem Wege nach und von
Asien, Australien und Ostafrika.
208
Afrika.
§ 38.
Die zu Afrika gehörenden Inseln.
1. Im Indischen Ozean, a) Madagaskar, die viertgrößte
Insel der Erde, größer als Deutschland, 590 T. qkm, wird von einem
Gebirge durchzogen, das dem Innern und dem flacheren SW. den
vom NO.-Mousuu gebrachten Regen entzieht, so daß diese Telle viel-
fach steppendürr sind, während der üppige Pflanzenwuchs des O. an
Fig. 55, Drachenbaum. bar, Pemba und So-
kotra.
2. Im Atlantischen Ozean, a) Den Spaniern gehören:
zwei von den Gninea-Jnseln, darunter Fernando Po, und die
Kanarischen Inseln. Diese sind die Heimat des Kanarienvogels
und des merkwürdigen Drachenbailms (Fig. 5>5). Wegen ihrer Frucht-
barkeit und Schönheit hießen sie im Altertum die glücklichen Inseln.
Auf der größten von ihnen, Tenerisa, ragt der Pic von Tenerifa
3700 m auf. Vom kleinen Ferro ans wurden früher die Meridiane
gezählt, b) Portugiesisch sind die Kapverdischen Inseln, von
denen St. Vincent als Kohlenstation für die nach Südamerika und
Südafrika fahrenden Dampfer wichtig ist, und Madeira s—Holz-
Der Indische Ozean 209
insel), so genannt wegen ihres einstigen Waldreichtums; das milde
gleichmäßige Klima macht die Inseln zum Zufluchtsort vieler Brust-
kranker, c) Englisch sind Ascension und St. Helena, wo
Napoleon 1. 1821 als Verbannter starb.
§ 39.
Der Indische Ozean.
Der Indische Ozean, der kleinste der drei großen offenen
Weltmeere, ist so groß wie Afrika und Amerika zusammen (74 Mill.
qkm). Im N. trennt er als Arabisches Meer nnd als Golf von
Bengalen die drei südasiatischen Halbinseln voneinander. Vom
Arabischen Meer erstrecken sich nach NW. das Rote Meer und der
Persische Meerbusen, die durch die Straße Bab el Mandeb
(— Tor der Tränen) und die von Ormus mit ihm in Verbindung
stehen. Im NO. ist das Hinterindische Jnselmeer zwischen Asien
und Australien als ein Teil des Indischen Ozeans anzusehen. Seine
mittlere Tiefe beträgt 3900 m; die tiefsten Stellen, 6200 in, finden
sich südlich von Java. S. vom Äquator, im Gebiet des SO.-Passates,
zieht eine Strömung nach W., die an der Küste von Madagaskar
und Afrika nach S. und dann nach O. umbiegt. Im Arabischen
un^> Bengalischen Meerbusen strömt das Wasser unter dem Einflüsse
des SW.-Monsuns im Sommer nach O., im Winter bei NO.-Monsun
nach W. Außer den Sunda-Inseln liegen im Indischen Ozean
Madagaskar mit den n. und ö. von ihm gelegenen Inseln, und
Ceylon, sowie die Inselgruppen w. von Vorder- und Hinterindien;
außerdem noch weit im S. einige kleine vulkanische Inseln.
Auf der Regelmäßigkeit der Windverhältnisse beruht der leb-
hafte Handelsverkehr, der seit den ältesten Zeiten zwischen Indien und Arabien
und, seit der Ausbreitung des Islam, auch zwischen Arabien und Ostafrika
stattfindet. Bis zum Beginn der Neuzeit waren die Araber die Herren
des Indischen Ozeans. Nachdem der Seeweg von Europa nach Indien 1498
entdeckt war, gewannen die Portugiesen die Herrschaft über dies Meer,
die sie aber bald mit den Holländern und Engländern teilen mußten.
Der Weg um das Kap der guten Hoffnung bildete den einzigen Zugang zum
Indischen Ozean, bis infolge der Eröffnung des Suez-Kanals 1869
der Verkehr zwischen Europa und Süd- und Ost'Asien sowie Australien, so-
weit er durch Dampfer vermittelt wird, seinen Weg durch das Mittelländische
und Rote Meer nahm. Von Suez aus führen regelmäßige Dampfer-
linien, die sich in Aden trennen, nach Ost-Afrika, Bombay und über Co-
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. 14
•210 Afrika.
lombo und Singapore nach China und Japan oder nach Australien. Fast
alle diese Linie» werden auch von deutschen Dampfern befahren. Telegraphen-
kabel führen von Suez über Aoen sowohl die Onküste Afrikas entlang bis
Port Natal als auch nach Bombay; Madras steht in Verbindung mit Singa-
pore, von wo ein K^bel über Java nach Australien läuft; auch Kapstadt ist
durch ein Kabel mit Australien verbunden.
Amerika.
Der Name Amerika ist abgeleitet von dem des Italieners Amerigo
Vespucci, der die „Neue Welt" auf Grund eigener Entd>ckungsreisen be-
schrieb. — Daß von Irland aus die Normannen schon am Ende des 10. Jahr-
Hunderts auf ihren Fahrten bis nach Grönland und den Kulten Nordamerikas
(Winland) gekommen waren, hatte keinen Einfluß auf die Reisen des Kolumbus,
der, bestrebt Indien durch eine Fahrt nach W. zu erreichen, am 12. Oktober
1492 auf Guana!>ani, einer der Bahama-Jnseln, landete. Auf seiner dritten
Reise entdeck e er den Orinoco und das Festland von Südamerika, auf der
vierten die O.-Küste von Mittelamenka. 1-197 und 1498 erreichte Cabot die
Küsten Nordamerikas, und bald wurde auch die O.-Küste Südamerikas durch
Spanier und Portugiesen bekannt. 1513 überschritt Balboa die Landenge
von Panama und erreichte die „Südsee", Cortez eroberte 1519 Mejico, Pizarro
wenig später Peru. Die S. Spitze des Erdteils umfuhr zuerst Magellan 1520
bet seiner Weliumseglung; die N.-Küste ist, nachdem im 16. und 17. Jahr-
Hunderl Davis, Hudson und Basfin von O., im 18. Cook von W. aus
wichtige Entdeckungen gemacht hatten, erst 1850 bis 1854 durch Mac Clure
völlig umfahren, bezüglich umgangen worden.
§ 40.
Amerika im allgemeinen.
Geographische Lage: Boothia 72" N. (wie N.-Küste Asiens, europ.
Nordkap 71" N.), polare Inseln 83° N., Kap Hoorn 56° S. Mitte von
Nordamerika 100° W., Mitte von Südamerika 6u° W. (wie das ö.ste Labrador).
42 Mill. qkrn, 150 Mill. E., auf 1 qkrn 4 E.
Amerika ist der zweitgrößte Erdteil, denn es umfaßt mit
den polaren Inseln, einschließlich Grönland, 42 Mill. qkm, ist also
nur wenig kleiner als Asien.
Es besteht aus zwei Feftlanden, Nord- und Südamerika,
die durch die schmale Landbrücke von Mittelamerika miteinander
zusammenhängen. Ö. davon bilden die Westindischen Inseln
eine zweite, aber mehrfach unterbrochene Verbindung zwischen Nord-
und Südamerika.
14*
212
Amerika,
Nord- und Südamerika ähneln in ihren Umrissen recht-
winkligen Dreiecken, die ihre Hypotenuse dem Großen Ozean zukehren;
beide werden an dieser Seite von einem gewaltigen, von N. nach
S. gerichteten Gebirge durchzogen, an das sich nach O. ein von
großen Strömen bewässertes Tiefland anschließt. Bei beiden sind
die Küsten wenig gegliedert, doch im O. etwas mehr als im W.;
beiden sind nur an ihrer N.--Seite zahlreiche Inseln vorgelagert.
Diese Gestaltung und die größere Annäherung Amerikas an Europa
weist es auf den Verkehr mit diesem hin.
Amerika ist der einzige Erdteil, der aus der nördlich-kalten
bis in die südlich-gemäßigte Zone reicht, und da keine hohen
Gebirge in w.ö. Richtung das Land durchziehen, sind die Grenzen
zwischen den verschiedenen Wärme-Zonen nicht scharf ausgeprägt. Die
ursprüngliche Pflanzen- und Tierwelt zeigt in Nord- und Süd-
amerika neben manchen Übereinstimmungen (Kaktusarten, Kolibris)
auch Verschiedenheiten; so finden sich die Kiefernarten nicht in Süd-
amerika. Seit der Besiedlung Amerikas durch Europäer sind die
Nutzpflanzen und Haustiere der Alten Welt fast überall ein-
gebürgert, wofür Amerika dieser vor allem den Mais, die
Kartoffel und den Tabak lieferte.
Die Ureinwohner vou Amerika bilden die amerikanische
oder Indianerrasse (Fig. 6). Die meisten Stämme blieben um-
herziehende Jäger- und Fischervölker, da, mit Ausnahme des Nenn-
tieres im hohen N., milchgebende Haustiere nicht vorhanden waren.
Zu seßhaften: Leben und Ackerbau kamen sie aber in einigen Hoch-
ländern Süd- und Mittelamerikas, wo Wald uud jagdbare Tiere
fehlten. Hier fanden die Spanier große Staaten und volkreiche
Städte.
Nachdem Kolumbus Amerika entdeckt hatte, war es zunächst der
Reichtum an Gold und Silber, der die Spanier und bald auch die
Portugiesen veranlaßte, Westindien, Mittel- und Südamerika
in Besitz zu nehmen, und noch heute herrscheu hier Völker roma-
nischer Abkunft und katholischer Religion. Nordamerika
ward hauptsächlich erst seit dem l 7. Jahrhundert besiedelt und zwar
meist von Engländern, welche die Franzosen, die sich am St. Lorenz-
ström niedergelassen hatten, allmählich verdrängten. Ihnen gesellten
sich später Deutsche zu, so daß in Nordamerika germanische
Völker protestantischer Religion überwiegen; die allgemeine
Landessprache ist hier die englische. Von diesen europäischen Ein-
wanderern stammt mehr als die Hälfte der 150 Mill. Bewohner
Nordamerika im allgemeinen.
213
Amerikas. In manchen Staaten bilden die Nachkommen der aus
Afrika eingeführten Negersklaven, die früher die Arbeit auf den
Plautagen leisten mußten, einen wichtigen Teil der Bevölkerung, von
der Urbevölkerung haben sich fast nur die Ackerbau treibenden Indianer
erhalten; die Jägervölker sind überall im Aussterben. Zahlreich sind
die Mischlinge von Europäern und Indianern (Mestizen) und von
Europäern und Negern (Mulatten).
Den breiten N. von Nordamerika beherrschen die Engländer,
die auch wie die Franzosen u. a. auf den Westindischen Inseln Be-
sitzungen haben; von Südamerika sind Guyana und die Falkland
Inseln in Händen der Europäer. Alle übrigen Länder Amerikas sind
selbständig und zwar sind sie alle Republiken.
Wordamerika.
§ 41.
Norvamerika im allgemeinen.
Geographische Lage: Halbinsel Boothia 72° N., Inseln bis über
83" N., Neuorleans 3ü° N. (wie Kairo, mittlerer Iangisekiang), S.-Ende
der Hudson Bai 51" N. (wie Coln, Breslau). O.-Spitze Labradors 56" W.
<W.-Küste Irlands 10" W., 3600 km), O.-Küste Grönlands 20" W. (biß
Skandinavien 1200 km), W.-Spitze an der Beringstraße (92 Km) 1680 W,,
Mitte von Nordamerika 100" W. Unter 30° N. liegt Nordamerika zwischen
81" und 116" W. und spitzt sich nach Süden noch mehr zu.
23 Mill. qkm (einschließlich polare Inseln und Grönland) 100 Mill.
E., auf 1 qkm 4,3 E,
Das Festland von Nordamerika ragt im N. über den Polar-
kreis, im S. über den Wendekreis hinaus. Vou N. nach S. nimmt
es an Breite ab (Alaska—Labrador fast 6000 km, auf 40° N.
4250 km), verengert sich unter 30" N. aus die Hälfte und spitzt sich
bis zur Landenge von Tehuantepec (220 km) noch mehr zu.
Im NW. springt eine breite Halbinsel nach W. vor, von der sich die
Halbinsel Alaska nach SW. erstreckt, als deren Fortsetzung die
Inselreihe der Aleuten anzusehen ist; im O. wird durch die Hud-
sons [höbsnS] Bai die Halbinsel Läbrador abgegliedert. Nach S.
ragt die Halbinsel Ealisornien bis zum Wendekreis und nicht ganz
so weit Florida. Abgesehen von der Insel Neufundland an der
O.-Spitze vou Labrador, die den St. Lorenzgolf abschließt, und
einigen Küsteninseln im NW., liegen nur im Nördlichen Eismeer
Inseln, von denen Grönland bei weitem die größte ist.
214
Amerika.
Die s.w. Spitze von Nordamerika ist eine Hochfläche, die
sich steil nach £)., stufenförmig nach W. zum Meere senkt. Sie wird
von einzelnen Bergketten durchzogen und im s. Teile von gewaltigen,
teilweise noch tätigen Vulkanen überragt, unter denen der Pik von
Orizaba [ortfjäba] bis 5nOO m aufsteigt. Vou 30° N. au zieht in
n.w.Richtung bis zum Polarkreis das Felsengebirge, dessen höchste
Gipfel dem Montblanc gleichkommen. An dieses lehnt sich im W.
eine nach N. schmaler werdende Hochebene, die w. von der Sierra
Nevada und dem Kaskadengebirge begrenzt wird. Im n.sten
Teile des Gebirges, das als Nordamerikanische Seealpen bis
in die Halbinsel Alaska zieht, liegen der Act. Logan jmauut log'n^
.'»900 m und der höchste Berg Nordamerikas, der Mt. Mac Kinlev,
6240 m. Von der S.-Spitze Nieder-Ealiforniens endlich begleitet
eine Gebirgskette die w. Küste, löst sich aber n. von 49" N. in eine
Reihe von Inseln ans. — Parallel zur O.-Küste erstreckt sich von
SW. uach NO. bis zum St. Lorenzgolf das Kammgebirge der
Alleghanys ^elegönis^. Zwischen diesen Gebirgen breitet sich vom
n. Eismeer bis zum Golf von Mejico eine ungeheure Ebene aus,
die sich außer nach den genannten Meeren in ihrem n. Teile auch nach
dem Atlantischen Ozean abdacht. Die Wasserscheide der drei Meeres-
gebiete liegt ungefähr in der Mitte des Landes.
Vom Polarkreis zieht sich nach SO. eine Reihe großer Seen,
die z. T. untereinander in Verbindung stehen. Die im SO. gelegene
Canadische Seen-Gruppe, das größte Süßwassergebiet der Erde,
ist von den nördlicheren durch eine uiedrige Bodeuschwelle getrennt
und besteht aus fünf Seen, die auf vier Stufen verteilt sind: der
Obere See, der Michigan-^mischigän^ und Hurou- [juroit] See,
der Erie- [iri] See und der Ontario- [outerio] See. Zwischen
den beiden letzteren bildet der sie verbindende Niagara (— Donner
der Gewässer) den berühmten Wasserfall von fast 50 m Sturzhöhe.
Aus dem Ontario-See tritt nach NO. der St. Lorenz-Strom.
In das n. Eismeer fließt derMackeuzie [mackonsi], der den Abfluß
mehrerer größerer Seen in sich vereinigt. Der Mississippi (— großer
Fluß), dem der ihn an Länge übertreffende Missouri (—Schlamm-
fluß) zuströmt, ergießt seine gewaltigen Wassermassen in den Golf
von Mejico; von den Alleghanys empfängt er den Ohio ^oheioj mit
dem Tennesse [teiicfji]. -— Im W. des Felsengebirges, das die
Wasserscheide zwischen Atlantischem und Großem Ozean bildet, können
sich so große Ströme nicht entwickeln, doch übertrifft der Rio Grande
del Norte die Wolga, der Colorado (= roter Fluß) die Donau
Die nordamerikanischen Länder,
215
Fig. 06. Canon des Colorado.
Amerika
an Länge. In tief eingenagten, engen Schluchten (Fig. 50), Canons
[fanjonS], durchzieht dieser die Hochflächen und ist deshalb für die
Schiffahrt nicht geeignet. Dasselbe gilt von dem nördlicheren Co-
lumbia. Teilweise sammelt sich das Wasser auf den Hochflächen in
abflußlosen Seen, z. B. im Großen Salzsee.
Da Nordamerika an Breite nach N. zu, nach S. abnimmt, ist
es schon dadurch in bezug auf Klima ungünstiger als Europa ge-
stellt. Die O.-Küsten Nordamerikas haben klimatisch Ähnlichkeit mit
denen Asiens infolge der im Winter vorherrschend aus NW., ini
Sommer aus SW. wehenden Winde, so daß der Winter kälter, der
Sommer heißer ist als unter gleicher Breite in Europa. Der 110° W.
bildet ungefähr die Grenze zwischen dem wohlbewässerten, für
Feldbau und Waldwuchs geeigneten östlichen Gebiet und dem
regenarmen westlichen, das auf den Hochflächen zwischen dem
Felsen- und dem Küstengebirge stellenweise zur Wüste wird. Im
hohen N. ist der Bodeu fast immer gefroren, während der äußerste
S. bei großer Wärnie und reichlichen Niederschlägen üppige Tropen-
natur aufweist.
Die Pflanzen- und Tierwelt zeigt zwar Verwandtschaft mit der
der Alten Welt, jedoch uur in wenigen Arten Übereinstimmung.
§ 42.
Die nordamerikanischen Länder.
1. Die polare Inselwelt Nordamerikas ist hinsichtlich der
Flächenausdehnung die größte der Erde. Grönland (= grünes
Land), die größte Insel der Erde, ist allein viermal so groß wie
Deutschland; es reicht im S. bis 600 N. (wie Petersburg). An
seiner Ostküste erhebt sich ein Gebirge, das ebenso wie das weite
Innere unter ewigem Schnee und Gletschereis begraben liegt. In
den Fjorden erreichen die Gletscher das Meer, und ihre abgebrochenen
Endstücke treiben als Eisberge weithin nach S. Die Ostküste ist fast
beständig von Packeis umlagert und unnahbar, nur an der W.-
Küste, die unter dänischer Herrschaft steht, finden sich dauernde
Niederlassungen der wenig zahlreichen Eskimos (= Rohfleisch-
esser). Der n.ste Ort, wo beständig Menschen wohnen, ist Upernivik,
unter 72 V2 0 N., d. h. noch zwei Grad nördlicher gelegen als Hammer-
fest, die n.ste Stadt der Erde. Die Eskimos (Fig. 57) leben Haupt-
sächlich von der Seehundsjagd, die sie als sehr geschickte Schiffer in
Die nordamerikanischen Länder.
217
ihren Kajaks betreiben. Ihre ganze Lebensweise ist dem nordischen
Klima angepaßt. Sie sind gutmütig, aber trotz Annahme des
Christentums auf ihrer niedrigen Kulturstufe stehen geblieben. Die
übrigen Inseln dieses Gebietes starren in beständigem Eise und
werden nur vorübergehend von Eskimos besucht.
2. Das Britische Nordamerika, so groß wie Europa, umfaßt
alles Land n. von 490 N. (wie Karlsruhe) außer dem zur Union
gehörigen Lande Alaska im NW.; im SO. reicht es bis zu den Ca-
nadischen Seen und über den St. Lorenzstrom hinaus. Auf die
Tundren, die die Küsten des Eismeers und der Hudsons Bai bedecken
und in Labrador bis in
die Breite von Berlin
reichen, folgt, wie in
Sibirien, der breite
Gürtel der Nadelholz-
wälder. Der SO. ist
reich an Laubwald und
hat fruchtbaren Boden.
Hier wohnen deshalb
der 53/4 Mill. E. Die
einzelnen Landesteile bil-
den einen Staaten-
bund, dessen oberster
Beamter von England
ernannt wird. Englische
Sprache und der Pro- Fig- 57. Eskimos an ihrer Winterhütte,
testantismus sind vor-
herrschend. Neben Fellen der Pelztiere und Holz bilden Getreide
und Schiffe die wichtigsten Ausfuhrgegenstände, der hochgebirgige
NW. liefert im Gebiete des Klondike [Elanbeif], eines Nebenflusses
des Jukon, Gold. Auf den der Insel Neufundland vorgelagerten
Untiefen wird viel Fischfang (Kabeljau) getrieben.
Der nie zufrierende Hafen von Halifax auf der Halbinsel
Neu-Schottland wird besonders im Winter viel von Schiffen besucht.
Im Sommer ist »Quebek [fnnbcf] (— Durchfahrt) am St. Lorenz-
ström bedeutender; dann gelangen Seeschiffe bis nach ""Montreal
[montnöl] (= Königsberg), der größten Stadt Eanadas, das mit
Neuyork durch einen Kanal verbunden ist. "Toronto am Ontario-
See und die Hauptstadt Ottawa treiben besonders Holzhandel.
Die übrigen Gebiete sind noch sehr menschenleer, doch schreitet
218
Amerika,
die Besiedlung wenigstens im S. vor, längs derEauadischen Pacific-
bahn, die von Halifax bis nach Vancouver swäuküw'r^ am Stillen
Ozean, gegenüber der gleichnamigen Insel, führt, wo die Dampfer-
linien nach Ostasien sich anschließen, und von wo ein Kabel nach Au-
stralien führt. Eine zweite nördlichere Eisenbahn ist im Bau. —
Englisch sind anch die Bermudas - Inseln zwischen Neu-Schottland
und Westindien.
3. Die Vereinigten Staaten von Amerika oder die Union,
fast so groß wie Enropa, breiten sich vom Atlantischen bis znm Großen
Ozean aus und von 49 0 N. bis zum Golf von Mejico, den im O.
die flache Halbinsel Florida abschließt. Sie gliedern sich in drei Teile:
die atlantische Küste begleitet eine schmale, nach S. sich verbreiternde
Tiefebene, in deren n. Teile die von den Alleghanys kommenden Flüsse
in tief ins Land einschneidende Buchten münden. Zwischen den Alle-
ghanys und dem Felsengebirge dehnt sich eine weite Ebene aus; das
w. Dritteil besteht aus den zwischen den beiden Hochgebirgsketten ein-
gelagerten Hochflächen. Diese üben mit ihren heißen Sommern und
kalten Wintern auf die ö. Teile der Union in bezug auf Klima eine
ähnliche Einwirkung aus rote Hochasien auf China. Dazu kommt,
daß im Winter die kalte Luft aus N ungehindert eindringen kann,
und die O.-Küste außerdem noch durch die an ihr vorbeiziehende kalte
Meeresströmung beeinflußt wird. Deshalb find die Sommer heißer,
die Winter kälter als unter denselben Breiten in Europa; die Häfen der
O. Küste, auch der von Neuyork iu der Breite von Neapel, werden jeden
Winter durch Eis gesperrt. Bemerkenswert sind auch die plötzlich ein-
tretenden Temperalurschwankungen und die furchtbaren Wirbelstürme,
Tornados. Die sommerlichen SW -Winde bringen vom Mejicanischen
Golf reichliche Niederschläge. Im SO. läßt die große Wärme den
Anbau von Reis, Zuckerrohr und Baumwolle zu. Die W.-Küste
hat seeländisch mildes Klima mit vorherrschenden Winterregen.
Die im 17. Jahrhundert an der atlantischen Küste gegründeten eng-
tischen Kolonien trennten sich 1776 vom Mutterlands und bildeten
einen Freistaatenbund, der sich in weniger als 100 Jahren bis zum
Großen Ozean ausbreitete. Von den 80 Mill. E. sind die meisten eng-
lischer Abkunft, Aankees [järfis]; deshalb herrscht auch hier die englische
Sprache und der Proiestantismus. Die zahlreichen deutschen Einwanderer
haben ihre Sprache nicht überall bewahrt. Im SO. machen die Farbigen,
Neger und Mulatten, einen starken Bruchteil (11%.) der Bevölkerung
aus. Die Indianer sind auf }lt Mill. zusammengeschmolzen und üben zum
größten Teil in besonderen Bezirken, Reservations [rcferüefdjenä], zusammen
(Fig. 58). Die Union besteht aus 47 Staaten mit selbständigen Regie-
Die nordamerikanischen Länder.
219
rungen und aus sogen. Territorien, die, weil sie noch zu wenig bevölkert
sind, der Bundesregierung unterstehen; der Präsident wird auf 4 Jahre
gewählt.
Als die Besiedlung der jetzigen Union begann, bedeckten bis zum
Mississippi Urwälder das Land, das jetzt fast ganz für die Kultur gewonnen
ist. Tiefer unv einer schonungslos ausgeübten Jagd sind auch die Bison-
Herden erlegen (F'g. 59). die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts die
Prärien, die Jagdgründe der Indianer, bevölkerien. Zu den reichen Erträgen
des Ackerbaues und der Viehzucht, mit denen die Union auch das w.
Europa versorgt, gesellen sich die großen Schätze an Steinkohlen, Eisen,
Edelmetallen und Petroleum. Auf ihnen beruht eine reich entwickelte
Industrie, die durch den praktischen Sinn der Amerikaner, die ausgedehnte
Anwendung von Maschinen
und durch Arbeits eilung
fortwährend gesteigert wird.
DieHandelsflotte derUinon
wird nur von der englischen
und der deutschen über-
troffen, und im Welthandel
wett.ifert die Union mit
England um den Vorrang.
a) DieNordstaaten
haben ausschließlich weiße
Bevölkerung, In den
Küsten staaten des NO.
überwiegen Handel und
Industrie, in den Bin-
nenstaaten Landwirt-
fchaft (Mais, Tabak,
Weizen), womit groß-
artiger Mühlenbetrieb und viel Schweinezucht verbunden ist.
Von den großen Häfen ist ^Boston [böft'n] der Europa nächste
Weit bedeutender ist Neuyork [jorf] (Fig. 60), das auf
einer Insel in der Mündung des Hudson [höbs'n] erbaut ist.
Durch zwei gewaltige Brücken, unter denen die größten Schiffe hin-
durchfahren können, ist es verbunden mit ^Brooklyn [brüflm] auf
Long Island [eiländ]. Mit diesem und den auf dem w. Festlande
gelegenen Schwesterstädten zählt Groß-Neuyork 33/4 Mill. E.; es ist
nächst London der größte Handelsplatz der Erde; mit"""*Buffalo amErie-
See ist es durch einen Kanal verbunden. ^Philadelphia am De-
laware [d'lewär] ist die wichtigste Industriestadt der Union und der
Haupthafen des an Eisen, Kohlen, besonders bei ***Pittsburg, und
Petroleum reichen Pennsylvanien. ^Baltimore an der Chesapeake
Fig. 58. Grashütte, Feuerbereitung der Indianer,
Amerika.
[tfdiefepif] Bai ist der Hauptausfuhrhafen für Tabak, der in Mary-
land und Virgiuieu besonders viel gebaut wird. ""Washington
[itöfchiitgt'n] am Potomac ist die Hauptstadt der Union, wo im „weißen
Hause" der Präsident wohnt und auf dem „Kapital" der Kongreß
(die gesetzgebende Versammlung) seine Sitzungen abhält.
Die wichtigste Handelsstadt der Binnenstaaten ist Chicago
[tschifäijo] am Michigan-See, bis wohin Seeschiffe, die den Niagara-
fall durch einen Kanal umgehen, gelangen. Am Anfang des 19ten
Fig. 59. Bison und Präriewolf.
Jahrhunderts gegründet, hatte es 1840 erst 4 T. E., jetzt 1 Mill.
Bedeutend ist es durch seinen Holz-, Getreide- und Mehlhaudel und
durch seine Schweineschlächtereien. Ebenfalls am Michigan-See liegt
"Milwaukee [mtluöfi], wo sehr viele Deutsche wohuen. Nach W.
breiten sich die Ackerbaustaaten immer weiter aus, und schon sind
hier Großstädte entstanden. Die Doppelstadt "Minneapolis
'St. Paul am oberen Mississippi ist die größte Mühlenstadt der Welt.
-sSt. Louis [ßeitt luis], unterhalb des Zusammenflusses von Mississippi
und Missouri, ist der Mittelpunkt sür den Handel im Gebiet beider
Flüsse, ""Cincinnati [jjinfjinäti] für den im Ohiogebiet.
b) Die Südstaaten sind infolge vorherrschenden Plantagen-
222
Amerika,
baues weniger bevölkert. Fast Vz der Bewohner sind Neger und
Mulatten, die hauptsächlich aus den Plantagen die Arbeit besorgen.
In Carolina wird viel Reis gebaut; das Haupterzeugnis ist
Baumwolle (Fig. 61), von der die Union mehr liefert als irgend
ein anderes Land der Erde. Ausfuhrhafen ist ** Neu Orleans im
Delta des Mississippi.
c) Die IVeststaaten jenseits des Felsengebirges sind erst seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts infolge ihres Reichtums an Edel-
metallen bevölkert worden. Silber wird namentlich in den
Staaten Eolorado, Montana (— Bergland) und Nevada (=
Schneeland) gewonnen, Gold in Californien.
***©an Francisco ist der beste Hasen Nord-
amerikas ani Stillen Ozean. In einigen Tälern
des Küstengebirges (Iosemite-Tal) werden die über
100 in hohen Riesenbäume der Wellingtonien oder
Mammutfichten (Fig. 62) zu erhalten gesucht. Die
inneren Hochflächen sind nur dünn bevölkert. Hier
hat am Großen Salzsee die Sekte der Mormonen
ihren Sitz. S. des Staates Montana ist ein Ge-
biet, halb so groß wie Württemberg, von der Be-
siedelung ausgeschlossen: das ist der National-
park am oberen Jellowstonesluß [iellostön], voll
prächtiger Wasserfälle und großartiger Geysir.
Ein dichtes Eisenbahnnetz durchzieht vor allem
die n.ö. Staaten, und sünf Schienenstränge verbinden
Baumivollenstrauch. sie mit der W.-Küst.. Am wichtigsten ist die Ze»tral-
Pacificbahn von Neuyork über Chicago nach San
Francisco (5225 km^. Die Gesamtlänge der nordamerikanischen Eisenbahnen
übertrifft d>e der europäischen. Die großen schiffbaren Ströme und
zahlreichen Kanäle fördern außerdem den Inland-Verkehr. Im Bekehr
mit Europa nimmt Neuyor' die erste Stelle ein; die Überfahrt v.m Hamburg
oder Bremen dauert 6 —8 Tage. San Francisco hat Dampferverbindung (über
die Hawaii-Inseln) mit Yokohama, Hongkong, Neu Seeland und Australien.
Ein Kabel führt über Guam nach den Philippinen und Shanghai.
4. Mejico umfaßt außer der Hochfläche, welche die s.w. Spitze
von Nordamerika bildet (vergl. S. 214), die Halbinseln Nieder-
Calnornien und Jucatan [jufatän]. In den tropischen Wäldern
der ö. Küstenländer sind der Kakao bäum und die Vanille (Fig 66)
heimisch. Die Hochfläche hat gleichmäßig mildes Klima; Regen fällt
nur beim höchsten Sonnenstand; deshalb herrschen Kaktusarten und
Agaven vor (Fig. tf3). Das Land liefert, wie einst den Spaniern,
Gold und besonders viel Silber.
Mittelamerika und Westindien,
223
Hier entstand der Kulturstaat der Azteken, der von dem
Spanier Ferdinand Cortez 1521 unterworfen wurde. Seit Anfang
Fig. 62. Mammutficht^'.
des 19. Jahrhunderts hat sich das Land von der spanischen Herrschaft,
an die noch die spanische Sprache und die katholische Religion er-
Fig. 63. Kaktusarten.
innern, unabhängig gemacht und bildet einen Freistaat. Obwohl
fast viermal so groß wie Deutschland (fast 2 Mill. qkm), hat das
224
Amerika,
Land nur 13 V2 Mill. E. Die Hauptstadt ""Mejico ist schön gelegen
in der Nähe großer Vulkane. Sie steht durch Eisenbahnen in Ver-
bindung niit dem ungesunden »Vera-Cruz [roera f'ruö], dem Haupt-
hafen an der atlantischen Küste, und mit Neuyork (6009 km).
Auch die Landenge von Tehuantepec wird von einer Eisenbahn durcki-
zogen.
§ 43.
Mittelamerika und Westindien.
Geographische Lage! Mittelamerika liegt zwischen 20° und 10° N>,
Westindien zwischen 25° u. 10° N., also in der Breite der Sahara.
1 Mill. qkm, 10 Mill. E., aus 1 qkm 10 E.
1. Mittelamerika ist durch die nur 300 m hohe und 220 km
breite Landenge von Tehuantepec und durch die nur 80 in hohe und
nur 50 km breite Landenge von Panama von Nord- und Süd-
amerika deutlich geschieden. Nach NO. strecken sich die durch den Golf
von Honduras getrennten Halbinseln Jucatan und Honduras
in den Golf von Mejico und das Caribische Meer. In den
mäßig hohen mittelamerikanischen Cordilleren [fordiljereit] (=
Schnüre) erheben sich bis 4000 in hohe, noch tätige Vulkane. Vom
Nicaragua-See, dessen Spiegel nur 30 rn über dem Meere liegt,
zieht sich eine Senke bis zur Fonseca-Bai im NW. und bis zuni
Caribischen Meere.
Das tropisch heiße und feuchte Klima bedingt fast überall
üppigen Pflanzenwuchs, aber auch Tropenfieber. Haupterzeug-
uisse sind Kasfee, Kakao und Nutzholz, besonders Mahagoni.
Mittelamerika, so groß wie Deutschland, hat doch kaum soviel Einw.
wie Sachsen (4 Mill.). Fortwährende politische Unruheu lassen die
sechs selbständigen Freistaaten: Guatemala, Honduras, Sal-
vador, Nicaragua, Costarica (— reiche Küste) und Panama, zu
keinem Aufschwung kommen. Die SO.-Küste von Aucatan haben
die Engländer als Britisch Honduras in Besitz. Auf der Landenge
von Panama verbindet eine Eisenbahn (75 km) Colon am Cari-
bischen Meere mit Panama am Großen Ozean; der hier in Angriff
genommene Bau eines Schiffahrtskanales geht nur langsam vorwärts.
2. Westindien besteht aus den Großen und Kleinen An-
tillen [arttiljen] uud den Bahama-Jnseln. Als Kolumbus am
12. Oktober 14y2 auf einer der letzteren (Guanahani, jetzt Watling-
Insel) landete, meinte er, Indien erreicht zu haben, weshalb die Be-
wohner Indianer, die Inseln später Westindien genannt wurden. Die
von W. nach O. sich erstreckenden vier Großen Antillen sind ge-
Südamerika.
225
birgig, aber ohne Vulkane, wahrend die Kleinen Antillen meist
vulkanischen Ursprungs sind und noch tätige Vulkane tragen
(1902 Ausbruch des Mt. Pels auf Martinique). Die Bahama-
Inseln sind Koralleneilande. Alle Inseln haben tropisches
Klima und sind sehr fruchtbar, aber ihre Bewohner haben oft
unter dem Gelben Fieber zu leiden. Die Indianer sind ausgestorben,
-'/4 der Bevölkerung machen Neger und
Mulatten aus.
a) Die Großen Antillen. Das lang-
gestreckte Euba, die Perle der Antillen,
fast so groß wie Süddeutschland (118000
qkm) bildet einen selbständigen Staat,
Puerto Rico (= reicher Hafen) gehört
zur Union. Rohrzucker (Fig. 64) wird
nirgends so viel gewonnen wie auf Euba,
das in seinem w. Teile auch den besten
Tabak liefert; ** Habana [hawaima] an
der Florida-Straße ist die einzige Groß-
stadt Westindiens. Auch Puerto Rico
liefert namentlich Zucker und Tabak.
Haiti, so groß wie Bayern, zerfällt in
zwei Negerstaaten, Haiti und die
Dominikanische Republik. Auf dem eng-
tischen Jamaica wird Zuckerrohr ge-
baut, das zu Run: verarbeitet wird,
b) Die Aleinen Antillen sind zum größten Fig. 64. Zuckerrohr.
Teile im Besitz der Engländer, auch
Trinidad, vor der Orinoco-Mündung gelegen, das viel Kakao liefert.
Mehrere Inseln haben die Franzosen besetzt, andere die Nieder-
länder. Dänisch ist St. Thomas, das als Kohlenstation von den
nach dem Caribischen Meere uud von Nord- nach Südamerika fahrenden
Schiffen viel angelaufen wird, c) Von den englischen Bahama-Inseln
sind nur einige größere bewohnt.
Südamerika.
§ 44.
Südamerika im allgemeinen.
Geographische Lage: N.-Küste 10° N., Kap Hoorn 56° S.
(7590 Km). Die W.-Küste liegt unter 80° W. (wie O.-Küste von Florida),
Schle mm er, Erdkunde II. 3. Auflage. 15
Fig. 65. Brasilianischer Urwald.
Südamerika, 227
tritt aber unter 20° S. bis 70° W. (wie Boston) zurück. Die Ostküste
springt unter 8° S. bis 35° W. vor (5100 Km bis zur W.-Küste, 3000 km
bis Afrika), Kap Hoorn 70° W. (bis Neuseeland 9000 km).
18 Mill. qkrn, 40 Mill. E., auf 1 qkrn 2,2 E.
Im Gegensatz zu Afrika, dem es in seinen Umrissen ähuelt,
überwiegt in Südamerika (wie in Nordamerika) die Tiefebene. Die
W.-Küste wird in ihrer ganzen Ausdehnung von dem längsten Ketten-
gebirge der Erde, den Anden (—Kupfergebirge), begleitet, das wegen
seiner Höhe und des Fehlens tief eingeschnittener Pässe bis in die
Fig. 66. Wollenbaum, Victoria, regia; Vanille (S. 222).
neueste Zeit ein fast unübersteigliches Verkehrshindernis bildete. An
der S.-Spitze des Festlandes liegen die Feuerland-Jnseln, und
der s.ste Teil der W-Küste wird von einer Reihe von Inseln, den
Resten einer zertrümmerten Küstenkette, begleitet. Nach N. steigt das
Gebirge allmählich an und erreicht im Aconcagua, dem höchsten
Berge Amerikas, 7000 m. N. vom s. Wendekreis verbreitert
sich das Gebirge, indem zwei Hauptketten Hochebenen umschließen,
denen Seen eingelagert sind; der größte, der Titicaca-See, liegt
3000 m hoch. Eine Reihe von Berggipfeln, z. T. noch tätige Vul-
kane, erheben sich hier bis 6000 m. Nahe dem Äquator liegt auf
dem Hochlande von Quito [fito] ö. vom Chimborazo ftschim-
borässo^, 6300 m, der höchste tätige Vulkan der Erde, der Coto-
pari, 6000 m. Weiter n. gliedert sich das Gebirge in drei Haupt-
15*
228
Amerika.
ketten, deren ö.ste in das Küstengebirge von Venezuela swene-
ßuela^ ausläuft. S. davon breitet sich das Bergland von
Guyana aus, und den ö. Vorsprung von Südamerika füllt das
viel ausgedehntere Brasilianische Bergland; beide sind Hochflächen
von mäßiger Höhe, denen einzelne Gebirgsketten aufgesetzt sind.
Zwischen beiden Erhebungen durchfließt der Amazonas (=
Wasserwolkenlärm), im Oberlaufe Maranon smaranjün^ genannt,
ein weites Tiefland. An Wasserreichtum und Größe seines Gebietes
wird er von keinem Flusse der Erde, an Länge nur vom Nil und
Fig. 67. Lama und amerikanischer Strauß.
Mississippi-Missouri übertroffen. Seine größten Nebenflüsse sind der
Madeira (— Holzfluß) und der Rio Negro (= schwarzer Fluß);
s. von der in seiner meerbusenartigen Mündung gelegenen Insel
Marajo vereinigt sich nlit ihm auch der Rio Para. Der Rio
Negro steht durch den Casiquiare [faftftäre] in Verbindung mit dem
Orinoco (— Strom), der der Insel Trinidad gegenüber ein großes
Delta angeschwemmt hat. Der dritte große Strom Südamerikas, der
Parana (= Fluß), fließt wie sein rechter Nebenfluß, der Paraguay
s— Papageienfluß), nach S. und mündet in den Meerbusen La
Plata (= Silberstrom), in den sich auch der Uruguay ergießt.
Der größte Teil Südamerikas liegt in der heißen Zone, erhält
aber durch den Passat an der N.- und O.-Küste bis 300 S. und im
Südamerika,
229
ganzen Gebiet des Amazonas, wo die feuchten Seewinde ungehindert
bis an den Fuß der Anden eindringen können, reichliche Niederschläge.
Deshalb finden sich hier tropisch üppige Urwälder (Fig. 65); die
„Selvas" des Amazonas sind das größte Waldgebiet der Erde.
Unter den Bäumen, die meist durch Lianen verbunden sind, sind die
Wollbäume (Fig. 66) bemerkenswert und der Gummibaum, der den
Kautschuk liefert. Auf den Gewässern schwimmt die größte aller
Seerosen, die Victoria regia. Dagegen entziehen die nur teilweise
bewaldeten ö. Bergländer den Llanos [Ijattög] (= Ebene) am Orinoco
und den Panipas (= Ebene) am Parana die Feuchtigkeit, so daß
nur einzelne Waldinseln die Grasfluren unterbrechen.
Die W.-Küste ist bis 40° S. reich an Niederschlägen und hat
deshalb viel Wald; dann folgt ein regenarmes und waldleeres
Gebiet, da eine an der Küste nach N. ziehende kalte Meeresströmung
die Seewinde ihrer Feuchtigkeit beraubt. Diese Trockenheit der Luft
hat unter dem s. Wendekreise die Wüste Atacüma entstehen lassen
und die Anhäufung des Guano auf den kleinen Felseninseln an der
Küste von Peru ermöglicht. Erst von 4° 6. ab, wo die kalte
Strömung sich von der Küste nach W. abwendet, empfängt diese
viel Regen und ist sehr fruchtbar, aber ungesund. Ebenso sind die
atlantischen Küsten innerhalb der Tropen durch das Gelbe Fieber für
die Europäer gefährlich.
Die Tierwelt Südamerikas erinnert an die Australiens. Zahl-
reich sind die Insekten, Schlangen, Fische; in den Flüssen lebt
der Kaiman oder Alligator, das amerikanische Krokodil. Die
Vogelwelt weist die kleinen Kolibris, aber auch den größten aller
Geier, den Kondor, auf; die großen Laufvögel sind durch den
amerikanischen Strauß (Fig. 67) vertreten. Die Affen (Brüll-
äffen, Wickelschwanzaffen) sind von denen der Alten Welt wesentlich
verschieden. Arm ist Südamerika an großen Säugetieren; der
Puma und Jaguar stehen dem Löwen und Tiger an Größe und
auch an Gefährlichkeit weit nach. Einhufer fehlen ganz, von Zwei-
hufern ist das Lama (Fig. 67) in den Anden zu nennen, das einzige
einheimische Lasttier Amerikas, und das Vicuna [roifunja], das feine
Wolle liefert. Fast nur in Südamerika kommen die Zahnarmen vor:
Faultier, Ameisenbär, Gürteltier. — Die von den Europäern
eingeführten Pferde und Rinder gedeihen sehr gut und sind teil-
weise verwildert.
Die Bevölkerung Südamerikas ist gering, 40 Mill. (Italien
33 Mill.!); kaum '/5 sind Nachkommen der eingewanderten Spanier
■230
Amerika.
und Portugiesen (Kreolen). Die Indianer sind Jäger- und Fischer-
Völker geblieben; nur auf den Hochflächen der Anden wurden sie Acker-
bauer, hier entstand der Staat der Jncas, den die Spanier zerstört
haben. Diese besetzten von der N.- und W.-Küste aus fast ganz
Südamerika, nur Brasilien fiel den Portugiesen zu. Deshalb
herrscht hier uoch jetzt die portugiesische, in allen andern Ländern die
spanische Sprache. In den n. und ö. Küstenländern leben viele Neger,
die seit ihrer Freilassung größtenteils in Trägheit versunken sind. Jni
19. Jahrhundert schüttelten die Kolonien die Herrschaft der Europäer
ab, und es bestehen jetzt in Südamerika zehn Freistaaten; nur
Guyana ist noch in europäischem Besitz.
§ 45.
Die südamerikanischen Länder.
I. Die Freistaaten.
1. Die Vereinigten Staaten von Brasilien (genannt nach dem
Rot- oder Brasilholz) umfassen beinahe das ganze Amazonasgebiet
und das Brasilianische Bergland und stehen an Größe der nord-
amerikanischen Union wenig nach, haben aber nur 16 Mill. E., denn
wenig mehr als die Küstenstreifen sind dauernd bewohnt. Neben Baum-
wolle und Zuckerrohr wird besonders Kaffee (Fig. 68) gebaut (fast
-^4 der Gesamt ernte der Erde; Mittelpunkt des Kaffeebaues ist San tos);
außerdem liefert Brasilien Tabak, Kautschuk, Farbholz und Diamanten.
Die wichtigsten Häfen sind *Para (Kautschuk), *Pernambueo (Farb-
holz), **B«hia (Zucker, Tabak) und vor allem -j-Nio de Janeiro
sschaneru) (— Wasser des Januarius), die zweitgrößte Stadt S.-
Amerikas, die an einer herrlichen Bucht gelegen ist, welche den ge-
räumigsten Hafen der Erde bildet. Im f.sten Staate, Rio Grande
do Sul (— großer Fluß des Südens), haben sich viele Deutsche an-
gesiedelt, deren Hafenplatz Porto Alegre (— belebter Hafen) ist.
2. Uruguay treibt hauptsächlich Viehzucht und bringt Häute,
Wolle, Fleisch und Fleischextrakt (Fray Ventos [frai lucnloö] — frische
Lüfte) in den Handel. Hauptstadt ist Montevideo (—Schauberg)
am La Plata.
3. Paraguay ist infolge der Mißwirtschaft trotz seiner Frucht-
barkeit fast bedeutungslos. Hier wächst der Paraguay- oder Mate-
Tee, der in Südamerika s. des Wendekreises an Stelle von Kaffee
und Tee getruuken wird.
Die südamerikanischen Länder
231
4. Argentinien (— Land am Silberstrom) umfaßt die Gras-
flurett der Pampas bis an die Anden, in denen ungeheure Herden
von Pferden, Rindern und Schafen weiden, und die öden Ebenen
Patagoniens sowie die ö. Inseln des Feuerlandes. Es versendet
Häute, Wolle und Fleisch; auch der Ackerbau nimmt immer größeren
Aufschwung, und Weizen wird viel ausgeführt. Hauptstadt ist ^Buenos
Aires sbu-e-nos a-fres] (= gute Lüfte) am La Plata; die größte
Stadt S. - Amerikas, m
5. Chile [tfchfte]
6. Peru ist reich Fig. 68. Kaffee.
anSilber. Die Guano-
lager auf den kleinen, an der Küste gelegenen Jnselklippen sind meist
erschöpft. Die Hauptstadt ist *Lima nahe der Küste; ihre Hafenstadt
Callao [faljäo] ist einer der besuchtesten Häfen am Stillen Ozean.
7. Bolivia ist wie Paraguay ein fast bedeutungsloser Binnen-
staat; Silber und Gold wird auch hier gewonnen. Die Silber-
bergwerke von Potosi [poto^l] waren früher die berühmtesten der
Erde. Die größte Stadt ist o£a Paz [paß].
8. Ecuador. Der hier und in Peru heimische Chinarinden-
bäum enthält in seiner Rinde das Chinin, das beste Mittel gegen
232
Amerika.
Fieber. Fast die Hälfte des in den Handel kommenden Kakaos wird
hier gewonnen. Hauptstadt ist Quito, auf der kühlereu und ge-
sunderen Hochfläche, ihre Hafenstadt Guayaquil [guajafi'l]. Zu
Ecuador gehören die Galapagos-Jnselu, die von ihren Riesen-
schildkröteu den Namen haben.
9. Colombia. Die Ausbeute an Edelmetallen (Gold) ist nur
gering; ausgeführt werden Kaffee und Kakao. Die Hauptstadt "Bo-
gota ö. des nach N. fließenden Magdalenenstromes ist eine der schönsten
Städte Südamerikas.
10. Venezuela (— Klein Venedig) umfaßt das Orinoco-Gebiet.
Die Llanos dienen der Rinderzucht, das ö. Bergland ist mit Urwald
bedeckt. Im besser angebauten n. Teile wird Kaffee, Kakao und
Tabak (Varinas) gezogen. Hauptstadt ist «Caracas.
II. Das Aolonialgebiet.
Guyana hat an der Küste ein äußerst ungesundes Klima.
Von der hier überwiegenden Negerbevölkerung wird viel Zuckerrohr
gebaut. Der ö. Teil mit Capenne, „wo der Pfeffer wächst", ist
französisch. Der mittlere Teil, auch Surinam genannt, gehört
den Niederländern, der westliche, fast die Hälfte des Ganzen, den
Engländern.
Die spärlich bewohnten Falkland-Jnseln, ö. von Feuerland,
haben die Engländer besetzt; sie dienen als Anlegepuukt für Walfisch-
und Robbenfänger.
Verkehrswesen. Mehr und mehr Bedeutung gewinnen die großen,
weithin schiffbaren Ströme; der Amazonas wird bis an den Fuß der Anden,
3000 1cm, von Dampfern befahren. Die brasilianischen Eisenbahnen
führen von den bedeutenden Küstenstädten noch nicht weit ins Innere. Aus-
gedehntere Bahnlinien durchziehen Argentinien; Buenos Aires ist
mit Santiago durch einen Schienenstrang verbunden. Auch Chile hat ver-
hältnismäßig gute Verkehrsstraßen. Die beiden Eisenbahnen, die von
der peruanischen Küste auf die innere Hochfläche führen, überschreiten die
Anden fast in der Höhe des Montblanc.
Alle wichtigen Plätze der O.-Küste stehen in regelmäßiger Dampfer-
Verbindung mit Europa; deutsche Linien führen nach Brasilien und
Buenos Aires. Die nach der W.-Küste fahrenden Dampfer vermeiden die
Umseglung des Kap Hoorn megen der dort meist herrschenden Stürme und
Nebel und benutzen die nach ihrem EntdeckerMagellan genannte Straße.
Die längste aller Postdampferlinien ist die von Hamburg nach Callao
(64 Tage).
Der Atlantische Ozean,
233
§46.
Der Atlantische Ozean.
Zwischen Europa und Afrika im O. und Amerika im W. er-
streckt sich der Atlantische Ozean, 90 Mill. qkm, der jenseits der
Polarkreise in das n. und s. Eismeer übergeht. Der hafenarmen
W.-Küste Afrikas gegenüber liegt die nicht viel günstiger gestaltete
O.-Küste Südamerikas, wo aber durch die Mündungen der großen schiff-
baren Ströme das Vinnenland mit dem Meere verbunden wird. Die O.-
Küste Mittel- und Nordamerikas weift dagegen eine für die Schiffahrt
vorteilhaftere Gliederung auf, und am günstigsten ist die W.-Küste
Europas gestaltet.
Durch die Westindischen Inseln wird das Amerikanische
Mittelmeer, das in das Caribische Meer und den Golf von
Mejico zerfällt, vom Ozean abgetrennt. Im O. hängt das Mittel-
ländische Meer (§ 6) nur durch die Straße von Gibraltar mit
ihm zusammen. N. von Spanien dringt der Golf von Biscaya
rechtwinklig in das Festland von Europa ein, und zwischen Frank-
reich und England stellt das Ärmelmeer oder der Kanal durch die
schmale Straße von Dover oder Calais die Verbindung mit der
Nordsee (§ 13) her, die zwischen Schottland und Norwegen in
breiterer Öffnung in den Ozean übergeht. Aus der Nordsee gelangt
man durch das Skager Rak und Kattegat in die Ostsee (§ 11).
Von Island zieht sich über die Azoren, der 8 förmigen Krihn-
mung des Ozeans sich anschließend, eine Bodenanschwellung, über
der die Tiefen meist nicht 3000 m erreichen, während ö. und w.
davon Tiefen von 5 — 6000 m gelotet sind. Die tiefste Stelle,
8340 m, findet sich in der Nähe der Antillen, nur 180 km von
Puerto Rico.
Auch im Atlantischen Ozean strömt das Wasser n. und s. vom
Äquator nach W. Die Süd-Äquatorial-Strömung teilt sich an
der O.-Spitze Südamerikas: der eine Arm begleitet die amerikanische
Küste nach S., wendet sich dann nach O. und vereinigt sich allmäh-
lich mit einer nach NO. gerichteten kalten Strömung, die zuletzt an
der W.-Küste Afrikas bis zur Kongomündung nach N. zieht. Der
andere Arm fließt an der NO.-Küste Südamerikas hin und im Ge-
biet der Westindischen Inseln mit der Nord-Äquatorial-Strö-
mung zusammen. Zwischen Euba und Florida fließt der warme
Golfstrom hervor nach NO., bleibt aber von der amerikanischen
Küste durch eine aus der Bassins-Bai kommende kalte Strö-
234
Amerika,
mung getrennt. S. von Neufundland, Ivo durch das Zusammen-
treffen beider Meeresströmungen häufige, der Schiffahrt sehr gefähr-
liche Nebel entstehen, wendet sich der Golfstrom o.wärts: ein Teil
kehrt an der portugiesischen Küste wieder nach S. zu seinem Aus-
gangspnnkte zurück, der andere bespült die Küsten der westeuropäischen
Länder, hält bis zum Nordkap Europas die Häfen im Winter eisfrei
und macht selbst im n. Eismeer seinen wärmenden Einfluß noch geltend;
dasselbe gilt für die S.-Küste Islands.
Die aus den Eismeeren kommenden kalten Strömungen
tragen Treibeis und Eisberge bis 40 ^ N. und S. An der nord-
amerikanischen Küste werden die nach Neuyork fahrenden Schiffe
dadurch gezwungen, im Winter südlicher zu steuern als im Sommer.
N. u. s. vom Äquator weht der NO.- und SO.-Passat, sonst herrschen
veränderliche Winde.
Der n. Atlantische Ozean ist das Reich der Heringe uud
Schellfische; am wichtigsten ist der Kabeljau, dessen Hauptfang-
stätten bei den Lofoten und in der Nähe von Neufundland sind; von
hier wird er in getrocknetem Zustande (Stockfisch) namentlich in die
katholischen Länder als Fastenspeise gebracht. Auf den die Küsten
Neufundlands bis Anfang Mai umlagernden Eisfeldern werden viele
Robben (Seehunde) erlegt, die Fett und Tran liefern.
Bis zum Beginn der Neuzeit ward der Atlantische Ozean fast nur an
den europäischen Küsten befahren. Die skandinavischen Wikinger freilich
erreichten auf ihren Drachschiffen im 10. Jahrhundert schon Island, Grön-
land und die s.w. davon gelegene Küste des Festlandes von Nordamerika.
Aber diese Fahrten blieben ohne Einfluß auf den großen Verkehr. Seit dem
Ende des Mittelalters aber ist infolge der Entdeckung Amerikas und
des Seeweges nach Ostindien der Atlantische Ozean schnell das am
meisten befahrene Weltmeer geworden. Das Ärmelmeer ist das Haupt-
Ausgangstor für die von England, Deutschland, Frankreich und den Nieder-
landen nach den andern Erdteilen bestimmten Schiffe. Die nach Ostasien,
Australien und Ostafrika gehenden Dampfer nehmen ihren Weg dann weiter
durch das Mittelländische Meer und den Suez-Kanal, während die Segel-
schiffe noch jetzt das Kap der guten Hoffnung umfahren. Unterseeische
Telegraphenkabel verbinden Europa mit Nord- und Südamerika und begleiten
die Westküste Afrikas bis Kapstadt sowie die Ostküste Amerikas.
Australien und Gzeauicu.
Der Portugiese Magellan fand 1521 bei seiner Fahrt durch den
Großen Ozean die Marianen; bald darauf wurde Neu-Guinea entdeckt, aber
erst 1606 von der Torresstraße aus das Festland Australien selbst. Abel
Tasman umfuhr 1642 Tasmanien und kam auch nach Neu-Seeland; er gab
dem neuen Erdteil den Namen NewHolland, der aber der alten Bezeichnung
Australien (terra austrat = Südland) hat wieder weichen müssen. Cook
[fuk] ward 1768—1780 der Wiederentdecker des bis zu seiner Zeit fast un-
bekannt gebliebenen Australien, er erforschte dessen O.-Küste und Ozeanien.
Das Innere ist im 19. Jahrhundert allmählich erschlossen worden.
8 47.
Das australische Festland und Tasmanien.
Geographische Lage: Torresstraße 10° S., Baßstraße 40° S. (etwa
wie Afrika s. von Deutsch-Ostafrika, wie Amerika von Bahia bis Chiloe).
Von W. nach O. erstreckt es sich von 113ü O. bis 154° O. (wie Kanton
und W.'Küste von Kamtschatka).
7 Va Mill. qkm, 4_9JliU. E., auf 1 qkm 0,6 E.
Das australische Festland ist fast gar nicht gegliedert: der
Golf von Carpentaria im N. und der flache Bogen des Austrat-
Golfes im S. sind die einzigen größeren Einbuchtungen an seinen
Küsten.
Australien ist ein Tafelland von 300 m mittlerer Höhe, das
an seinem O.-Rande von höheren Gebirgen begrenzt wird. Am
höchsten erheben sich im SO. die Austral-Alpen, wo der Mt. Towns-
end s nimmt taunsendj 2200 in erreicht. Nur nach W. können sich
deshalb größere Flüsse entwickeln. Der Murray [mörre] und der
ihm von NO. zufließende Darling führen allein stets Wasser. Die
übrigen sind „Creeks" [frifs], die bei ungewöhnlichen Regengüssen
anschwellen, sonst aber höchstens eine Reihe nicht zusammen-
hängender Lachen bilden. Auch die großen Seen des Innern sind
meist nur salzige Sümpfe. Denn da Australien unter dem Ein-
236
Australien und Ozeanien.
fluß des SO.-Passates steht, erhält nur die O.-Küste Regen; das
Innere ist fast regenlose Steppe oder Wüste. Wasserarmut und
Hitze herrschen demnach im weitaus größten Teile des Erdteils, und
Ackerbau und Viehzucht werden vielfach nur durch artesische Brunnen
ermöglicht. Die gebirgige Insel Tasmanien, 68000 qkm, emp-
fängt mehr Regen und ist deshalb fruchtbarer.
In Pflanzen- und Tierwelt unterscheidet sich Australien sehr
von den übrigen Erdteilen. Das Innere ist vielfach mit dornigem
Gestrüpp, Skrub [fjfröbj, bedeckt. Nur an den Küsten, besonders im
O. und SO., bilden die schmalblättrigen, bis 150 in hohen Euka-
lypten und die Casuarinen lichte, schattenarme Wälder. Dazu
kommen im NO. Palmen, Farn- und Grasbäume. Für die
Tierwelt sind bezeichnend die Beuteltiere, von denen die Kängu-
ruhs die größten sind, und das Schnabeltier. Das einzige Raub-
tier, ein gefährlicher Feind der Schafherden der Kolonisten, ist der
wolfähnliche Dingo oder australische Hund; Affen fehlen. Reich ver-
treten ist die Vogelwelt durch den großen Laufvogel Emu, den
schwarzen Schwan, viele Papageien und Kakadus.
Die Urbewohner, .die dunkelfarbigen Australier (Fig. 4),
hatten weder Nutzpflanzen noch zähmbare Tiere und blieben deshalb
auf der niedrigsten Stufe der Gesittung. Auf Tasmanien sind sie
ausgestorben, und im Innern des Festlandes leben wenig mehr als
200 T. in zerstreuten Horden.
Der Weltumsegler Cook veraulaßte die erste englische Nieder-
lassung im SO., wohin Sträflinge gebracht wurden. Als um die
Mitte des 19. Jahrhunderts in den Austral-Alpen reichhaltige Gold-
lager aufgefunden wurden, wuchs die Zahl der englischen und auch
der deutschen freien Einwanderer sehr schnell; sie beträgt jetzt 4 Mill.,
unter denen die englische Sprache und der Protestantismus vorherrschen.
Neben Ackerbau (Weizen) wird Viehzucht getrieben. Schafe ge-
deihen vortrefflich, und Australien liefert nicht nur ihre Wolle, sondern
auch ihr Fleisch uach Europa.
Einschließlich Tasmanien zerfällt Australien in sechs Kolonien,
die den Australischen Bund bilden, als dessen Hauptstadt Dalgety in
Viktoria ausersehen ist. Ä)JnNeu-5>üdwales [uals] liegt die älteste Stadt
Australiens ""Sydney fßfbne|, mit einem der schönsten und größten
Häfen der Erde. Im schmalen Küstenstreifen wird auf sehr fruchtbaren!
Boden Ackerbau getrieben, das Innere dient hauptsächlich der Vieh-
zucht, worin dieser Staat alle anderen übertrifft. Große Stein-
kohlenselder erhöhen den Wert des Landes, b) Victoria, das
Die australischen Inseln,
237
Goldland Australiens, ist am dichtesten bewohnt; auch hier wird
viel Viehzucht getrieben. ""Melbourne [melböm] ist die größte
Stadt des Erdteils, c) Queensland [fttnnSlänb] (— Königinland)
umfaßt den NO. mit der Halbinsel Jork. An den Küsten gedeiht Zucker-
rohr, Baumwolle und Kaffee, im Innern ist wieder Viehzucht
vorzugsweise die Beschäftigung der Bewohner; auch werden Gold und
Steinkohlen gewonnen. Hauptstadt ist "Brisbane [6ri3ben]. d) Zu
Sübaustralicn gehören nicht nur die Küsten des Austral-Golfes, sondern
auch der ganze Mittelstreifen des Erdteils bis an die N.-Küste, der
zum großen Teil wasserlose Wüste ist. Der S. ist die Kornkammer
Australiens; Hauptstadt ist "Adelaide ^edßled^. e) tDeftauftralien
ist die größte der australischen Kolonien, aber meist dürres Land, da-
her nur im SW. besiedelt, f) Auf Tasmanien, der zweitwichtigsten
Ackerbaukolonie, wird viel Obst gebaut, ltitb der Wald gibt reichen
Ertrag.
Verkehrswesen. Eisenbahnen verbinden die großen Städte des SO.
und dringen immer weiter ins Innere vor; im Bau begriffen ist eine Eisen-
bahn entlang dem Uberland'Telegraphen von Port Augusta nach Port Darwin
(2900 km), von wo über Java der Anschluß an die nach Europa führenden
Kabel erreicht wird. Auch mit Kapstadt und Vancouver in Britisch N.-
Amerika besteht Kabelverbindung. Postdampser (auch deutsche) fahren über
Eolombo nach Europa, nach Kapstadt, Ostasien und Nordamerika.
§ 48.
Die australischen Inseln.
Die australischen Inseln ziehen sich von Neu-Guinea, der
größten Insel der Erde (785 T. qkm) nächst Grönland, bis nach
Neu-Seeland; sie sind alle gebirgig, nieist vulkanisch und haben
tropisches Klima. Neu-Guinea wird im W. von den Niederländern
beansprucht, deu N. der O.-Hälfte hat Deutschland, den S. die Eng-
länder besetzt.
1. Die Deutschen Besitzungen liegen zwischen 1410 und 161°
Ö. und zwischen dem Äquator und 8° S. Es gehören dazu: Kaiser
Wilhelmsland, der n.ö. Teil von Neu-Guinea, der Bismarck-
Archipel und die n.sten Salomon-Jnseln, die zusammen
240000 qkm betragen. 2 X Deutschland s. des Mains.)
Kaiser Wilhelmsland wird von einem Gebirge durchzogen,
dessen schneebedeckte Gipfel auf 4—5000 m geschätzt werden. An
der Küste breiten sich fruchtbare Ebenen aus; die ausgedehnteste
•238
Australien und Ozeanien.
liegt an der Astrolabe-Bai, eine kleinere am schiffbaren Kaiserin
Augusta-Fluß.
Der Bismarck-Archipel besteht aus etwa 200 Inseln. Die
größten sind Neu-Pommern, das bis jetzt nur in seinem n.ö. Teile,
der Gazelle-Halbinsel, etwas bekannter geworden ist, und Neu-
Mecklenburg. Dieses liegt in der Mitte zwischen den Admiralitäts-
Inseln und der deutschen Salomon-Jnsel Bougainville. Alle
diese Inseln sind gebirgig und tragen z. T. noch tätige Vulkane.
Fig. 69. Papuas.
Das Klinga ist echt tropisch; die Wärme beträgt während
des ganzen Jahres 26°; reichliche Regen fallen in allen Jahreszeiten
sowohl infolge des SO.-Passates als auch des zur Zeit unsres Winters
aus NW. wehenden Monsuns. Die besonders den Europäern gefähr-
lichen Malariafieber treten auf Neu-Guinea sehr häufig, im Bismarck-
Archipel seltener auf. Durch üppigen Pflanzenwuchs steht Kaiser
Wilhelmsland in einem auffallenden Gegensatze zum benachbarten
Australien: dichter Wald bedeckt den größten Teil des Gebietes, Gras-
land findet sich nur iu den n. Ebenen. Auch die Inseln des Bismarck-
Archipels sind bewaldet; Kokospalmen und Brotfruchtbäume
finden sich in Menge. Überall gedeihen tropische Nutzpflanzen
und auch europäische Gemüse. Die Tierwelt ist arm an Sänge-
tieren, wie in Australien, zahlreich aber ist die Vogelwelt
(Paradiesvogel, Nashornvogel, Kasuar) vertreten.
Ozeanien oder Polynesien.
239
Die Eingebornen, 400 T., sind Papuas (Fig. 69), die
von Früchten (Bananen, Kokosnuß u. s. w.) und vou Fischen leben.
Ihre Häuser sind vielfach auf Pfählen 'errichtet; bemerkenswert sind
die Junggesellenhäuser, die auch als Versammlungsorte dienen. Die
Papuas siud kühne Seefahrer und geschickt in Anfertigung von Waffen
und andern Holzgeräten, auch in der Töpferei. Eisen war ihnen
bis zur Ankunft der Europäer unbekannt; von Haustieren besaßen sie
nilr Schwein und Hund. Sie sind argwöhnisch und heimtückisch, und
Menschenfresserei kommt gelegentlich noch jetzt vor. Ihre religiösen
Anschauungen stehen auf sehr tiefer Stufe, und die Missiou hat
unter ihnen einen schweren Stand.
Der Handel, den einige deutsche Kaufhäuser hier betrieben,
führte 1884 zur Besitzergreifung seitens des Reiches. Der Vertreter
der Regierung wohnt in Herbertshöhe auf der Gazelle-Halbinsel,
wo Baumwollpflanzungen gut gedeihen. Bei Friedrich Wilhelm-
Hafen und Stephansort an der Astrolabe-Bai werden Tabak,
Baumwolle und Kokospalmen mit gutem Erfolg angebaut. Eine
Zweiglinie des Norddeutschen Lloyd hält den Verkehr mit Hongkong,
wo sie sich an die Linie Bremen—Shanghai anschließt, aufrecht.
2. Von den übrigen australischen Inseln sind die Neuen He-
briden unabhängig, Neu Caledouien gehört den Franzosen, die es
als Verbrecherkolonie benutzen. Die durch die Cook-Straße geteilte
Doppelinsel Neu-Seeland ist ebenfalls gebirgig, und die Nordinsel
'reich an tätigen Vulkanen und Geysirn. Mildes gleichmäßiges
Klima und reichliche Niederschläge machen die Insel sehr fruchtbar.
Die malaiischen Urbewohner, die Maoris [ma-öris], sind zum Christen-
tum bekehrt, aber im Aussterben begriffen. Die Engländer haben
Weizenbau und Schafzucht eingeführt, die gut lohnen. Wichtiger
als die Hauptstadt Wellington im S. ist Auckland [gflcmb] im
n. Teile der Nordinsel, mit zwei durch einen schmalen Isthmus ge-
trennten Häfen an der O.- und W.-Seite der Insel. Beide Inseln
werden von Eisenbahnen durchzogen und stehen mit dem Festlande
und mit N.-Amerika durch Kabel in Verbindung.
§49.
Ozeanien oder Polynesien (= Vielinselwelt).
Ungezählte Tausende hoher und niedriger Inseln, die zusammen
kaum doppelt so groß wie Pommern sind, liegen zwischen den Wende-
kreisen im Großen Ozean verstreut. Die hohen Inseln sind vnl-
240
Australien und Ozeanien.
kanischer Natur, die niederen bestehen aus Korallenkalk und
ragen nur wenige Meter über die Meeresfläche empor. Oft bilden
sie sogenannte Atolle (Fig. 70), indem eine größere Anzahl von
kleinen Inseln ringförmig eine meist flache Lagune umschließen.
Sämtliche Inseln haben ein mildes, gleichmäßiges Seeklima.
Die O.-Seiten der hohen Inseln erhalten durch den Passat reich-
liche Niederschläge, während die W.-Seiten wie alle niederen In-
seln oft durch Dürre leiden. Die Kokospalme ist über alle
Inseln verbreitet und ebenso der Brotfruchtbaum und die Banane.
Baumwolle, Zuckerrohr, Kaffee und Kakao werden auf mehreren
Inselgruppen angebaut. Alle Säugetiere sind erst mit den Menschen
auf die Inseln gekommen: mit den Urbewohnern das Schwein, mit
den Europäern Pferd und Rind.
Fig. 7V. I. Atoll. II. Hohe Insel mit Küstenriff.
Die Polynesier (Fig. 5) bilden eine Gruppe der Malaiischen
Rasse; auf den w. Inseln, wo sie sich mit Papuas vermischt haben,
heißen sie Mikronesier. Sie zeichnen sich durch schöne und starke
Körperbildung aus, habeu hellbraune bis dunkle Hautfarbe und
schwarzes straffes Haar. Sie sind kühne Seefahrer, die auf ihren
durch „Auslieger" geschützten Booten (Fig. 71) weite Reisen unter-
nehmen. Menschenopfer und Menschenfresserei waren bei ihnen, obwohl
sie in geordneten Staaten lebten, bis ins 19. Jahrhundert hinein ge-
bräuchlich. Von den Europäern nahmen sie das Christentum und
abendländische Kultur schnell an; jetzt sind sie im Aussterben begriffeu.
Die meisten Inselgruppen stehen unter Herrschaft der Euro-
päer, die vor allem Kopra vou dort holen. Kopra ist der getrocknete
Kern der Kokosnuß, aus dem Kokosöl für Seifen- und Kerzenbe-
reitung gepreßt wird. Auch Kokosfaser, die faserige Hülle der
Kokosnuß, wird zu Tauwerk, Teppichen, Bürsten u. s. w. viel verbraucht.
1. Die Deutschen Besitzungen umfassen die 1899 vou den
Spaniern erworbenen Karolinen undMarianen, diefchon 1885inBe-
sitz genommenen Marschall-Inseln und die zwei w. Samoa-Inseln.
Ozeanien oder Polynesien.
241
Sie liegen zwischen dein Äquator und 20° N. uud zwischen 130° und
173° O. Die 15 Marianen (1100 qkm, 10000 E.) sind bergig
und haben noch tütige Vulkane; das Klima ist gesund, der Pflanzen-
wuchs üppig. Sitz des Regierungsbeamten ist Saipan. Die s.lichste
Insel Guam (500 qlun, 8000 E.) gehört den Nordamerikanern.
Die Karolinen (1450 qkm, 35000 E.) zerfallen in eine w. und
eine ö. Gruppe; zu jener gehöreu die Pa lau-Inseln. Nur einige
sind hoch, alle aber, besonders die w., äußerst fruchtbar: neben Brot-
fruchtbaum und Kokospalme kommt auch die Sagopalme vor. Häufig
treten verheerende Orkane auf. Der Handel mit Kopra ist schon lange
Fig. 71- Boot mit Anslieger.
ausschließlich in deutschen Händen. Die kaiserlichen Beamten wohnen
auf Jap und Pouape.
Die Marschall-Inseln sind der kleinste, aber dichtest bewohn!e
Teil der deutschen Schutzgebiete (405 qkm, 15000 E.). In zwei
parallelen Reihen breiten sich die 18 Atolle der s.w. Ralik-Gruppe
und die 15 der n.ö. Ratak-Gruppe über einen Meeresraum aus,
der an Größe ungefähr Preußen gleichkommt. Sämtliche Inseln sind
kleine Koralleneilaude; auf dem Riff, das eine inselfreie Lagune um-
gibt, ragen sie nur 1—4 m ans dem Meere hervor. Tropische
Wärme und reichliche Niederschläge herrschen auf allen Inseln.
Die Pflanzenwelt ist auch hier hauptsächlich durch die Kokospalme und
den Brotfruchtbaum vertreten, ohne die die Inseln unbewohnbar
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. Iß
242
Australien und Ozeanien.
sein würden. Sehr arm ist die Tierwelt. Die mikronesischen Be-
wohner haben das Christentum angenommen. Der Handel mit Kopra
ist noch großer Steigerung fähig, da viel mehr Kokospalmen an-
gepflanzt werden können. Der Sitz des Landeshauptmanns ist
Jaluit ftschalut^, ein großes Atoll am S.-Ende der Nalik-Gruppe.
Fig. 72. Samoanisches Dorf bei Apia.
Die Lagune, in der ganze Flotten sicher ankern könnten, hat eine
größte Länge von 40 km und wird von 55 kleinen Inseln umsäumt.
Deutsche Dampfer verbinden die Inseln mit Sydney und, über die
Karolinen, mit Hongkong. — Deutsch ist auch die s. vou Jaluit fast
unter dem Äquator gelegene Insel Nauru. Sie ist 69 m hoch,
und bedeckt von waldartigen Kokospalmenbeständen; nur 59 qkm
groß ernährt sie doch 1400 E.
Ozeanien oder Polynesien,
243
Die Samoa-Inseln sind bis 1650 m (wie die Schneekoppe) an-
steigende Inseln vulkanischerNatur. ReichlicheNiederschläge, 3 4m, und
tropische Wärme, die aber durch die Seewinde gemildert wird,
machen die Inseln, „die Perle der Südsee", sehr fruchtbar. Das
Klima- ist den Europäern zuträglich. Der Anbau von Kokospalmen,
Baumwolle, Kaffee und Kakao leidet unter dem Mangel an Arbeitern,
da die schönen, kräftigen und lebenslustigen Samoaner harter Arbeit
abgeneigt sind. Sawaii und Upolu, 2600 qkm, 33000 E.,
Fig. 73. Kratersee Kilauea.
sind seit 1899 in deutschem Besitz, Tutuila gehört der Union.
Hauptort ist Apia (Fig. 72) auf Upolu, dessen durch Korallenriffe
gefährdeter Hasen aber bei den häufigen Wirbelstürmen nicht ge-
nügenden Schutz gewährt.
2. Die Engländer besitzen die Fidschi-Jnseln und bean-
spruchen die Hoheit über die Tonga-Inseln. Von den französischen
Gesellschafts-Jnseln ist das vulkanische Tahiti durch landschaft-
liche Schönheit und Fruchtbarkeit ausgezeichnet.
3. Jin NO. liegen nahe dem n. Wendekreise die Hawaii-
Inseln, auf deren größter, Hawaii, die Vulkane Mauna Kea
16*
■244
Der Große Ozean.
l— weißer Berg) und Mauna Loa (= großer Berg) über 4000 m hoch
aufrageu. Letzterer trägt an seinem AbHange den größten Krater der
Erde, den berühmten Lavasee Kilauea (Fig. 73) mit einem Durch-
messer von 4 km. Die Hauptstadt Honolnlu hat einen vortress-
licheu Hafen. Wegen ihrer Bedeutung für die Schiffahrt zwischen
Amerika, Asien und Australien sind die Inseln von der Union in
Besitz genommen.
§ 50.
Der Grone Ozean.
Der Große oder Pacifische (Stille) Ozean oder die
Südsee, zwischen Amerika, Asien und Australien gelegeu, ist das
größte aller Meeresbecken, größer als alle fünf Erdteile zusammen,
und uinfaßt 175 Mill. qkm. S. von Amerika steht er mit dem
Atlantischen, s. vou Australien mit dem Indischen Ozean in Ver-
bindung; als Grenze gelten die Meridiane des Kap Hoorn und der
Baß-Straße. Mit dem n. Eismeere hängt er nur durch die schmale
Beringstraße zusammen, jenseits des s. Polarkreises geht er in das
s. Eismeer über. Die amerikanische Küste ist buchten- und inselarm,
die asiatische reich an Binnenmeeren, Golfen und Inselgruppen.
Hier werden durch Halbinseln und Juselreiheu das Ostchinesische
mit dem Gelben Meer, das Japanische und Ochotskische Meer
vom offenen Ozean abgegliedert und im N. wird das Berings-Meer
durch die Reihe der Alöuten begrenzt.
In der s.w. Hälfte des Ozeans liegen zahllose Inseln, die
aus gemeinsamen Bodenschwellen aufsitzen, zwischen denen Becken von
4—5000 m Tiefe eingesenkt sind; s. der Samoa-Jnseln sind über
8000 in, s. der Tonga-Inseln 9427 m gelotet, und die größte aller
bis jetzt bekannten Meerestiefen von 9640 m liegt f. der Marianen
(Guam-Graben). Der inselfreie NO. des Großen Ozeans, jenseits
einer Linie von Japan nach dem Kap Hoorn, hat fast dnrchweg
Tiefen von über 5000 in, und ö. der Kurilen ist eine große Fläche
6000—8500 m tief.
Auf beiden Seiten des Äquators zieht eiue warme Meeres-
ströniung von O. nach W.: der n. Arm strömt als Kuro-Schio
(= schwarzes Meerwasser) die O.-Küste Japans entlang, wendet sich
dann o.wärts, um an der californischen Küste nach S. fließend den
großen Kreislauf zu vollenden. An der W.-Küste Südamerikas zieht
eine kalte Strömung nach N., die in die Äquatorial-Strömung
Der Große Ozean. 245
übergeht, während diese s.ö. von Australien wieder in den nach O.
fließenden kalten Strom einmündet. Das von der kalten Strömung
nach N. geführte Treibeis dringt nicht über 40" S. vor.
Den größten Teil des Großen Ozeans beherrschen die Passat-
winde, an deren Stelle im SO. von Asien die Monsune (S. 158)
treten. Sehr gefährlich sind die Wirbelftürme oder Cyclone,
in den chinesischen Meeren Taifune genannt.
Seitdem die Walfische der n. Meere durch schonungslose Jagd
sich sehr vermindert haben, wird dem Potwal im Großen Ozean
eifrig nachgestellt, dessen Hauptgebiete n. und s. der Wendekreise liegen;
im Berings-Meer wird noch der echte Walfisch oder Bartenwal
gefangen. Hier werden auch auf den Küsten Kamtschatkas und der
Aleuten viele Robben geschlagen.
Bis zum Beginn der Neuzeit lag der Große Ozean abseits des großen Welt-
Verkehrs: der Portugiese Magellan durchfuhr ihn zuerst vom Kap Hoorn
kommend bis zu den Philippinen, wo er 1521 seinen Tod fand. Dankbar
dafür, daß er auf der langen Reise von schweren Stürmen verschont ge-
blieben, nannte er den Ozean den Stillen. Neben den Portugiesen drangen die
Spanier, bald auch die Holländer und Engländer in die neu erschlossenen
Meeresräume vor. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, nachdem Japan und
China dem Verkehr geöffnet sind, und Amerika von Eisenbahnlinien durchquert
wird, wird der bis dahin wirklich „stille" Ozean mehr und mehr in die große Be-
wegung des Weltverkehrs hineingezogen. Doch erst die Herstellung eines für
große Seeschiffe fahrbaren Kanals durch Mittelamerika wird ihn in vollem
Maße dasür nutzbar machen.
Regelmäßige Dampserverbindung findet statt zwischen den Häfen
an der W.-Küste Amerikas; eine deutsche Linie führt von Hamburg durch die
Magellan-Straße bis nach Peru. Ebenso stehen Ostasien, Australien und die
wichtigeren Inselgruppen des Großen Ozeans mit Europa und unter sich in
Verbindung. Von Japan führen zwei Linien nach Bntisch-Nordamerika und
den Vereinigten Staaten, und von hier aus je eine nach Australien. Kabel
verbinden San Francisco über die Hawaii-Jnseln und Guam mit den
Philippinen und Shanghai, sowie Vancouoer mit Neu-Seeland und Australien.
Durch den Großen Ozean geht die Linie des Datumwechsels, die
ungefähr mit 180° von Greenwich zusammenfällt, aber zwischen den Fidschi-
und ^onga-Jnseln einerseits und den Samoa-Jnseln andererseits hindurch-
führt. Alle nach W. fahrenden Schiffe lassen beim Überschreiten dieser Linie
einen Tag in der Zeitrechnung ausfallen, während die nach O. segelnden eineil
Tag doppelt zählen, um so die bei einer w ö. oder o.w. gerichteten Reise sich
ergebenden Zeitunterschiede auszugleichen.
246
Die Polarmeere.
§ 51.
Die Polarmeere.
1. Das Nördliche Eismeer steht zwischen Norwegen und Grön-
land in offener Verbindung mit dem Atlantischen Ozean, mit dem es
nnch w. von Grönland durch die Baffius-Bai und Davis-Straße
Fig. 74. Van Keulen-Bai aus Zpitzberqen.
zusammenhängt. Zwischen Asien nnd Amerika führt nur die schmale
Beringstraße (92 Km) in den Großen Ozean. Mit der Einbach-
tung des Weißen Meeres reicht es im N. von Enropa über den
Polarkreis hinaus, und auch die Hudsons-Bai im N. von Amerika
muß als ein Teil des n. Eismeers angesehen werden.
W. von Grönland liegt eine Menge meist unbewohnter
Inseln. Der N. der Alten Welt hat weniger Inseln: weit n. von
Die Polarmeere.
247
Europa liegt Spitzbergen (Fig. 74) und Franz-Josefs-Land,
während die Doppelinsel Nowaja-Semlja und Waigatsch nur durch
eine schmale Meeresstraße vom europäischen Rußland getrennt sind.
An der N.-Küste Asiens sind die Neusibirischen Inseln wegen des
Elfenbeins, das hier gefunden wird (S. 184), wichtig.
Das innere Polarmeer, dessen Wasser nicht viel unter 0"
abgekühlt wird, ist bis 4000 in tief. Es ist mit Eis bedeckt, das,
getrieben von den herrschenden Winden, in beständiger Bewegung zu
sein scheint. Die zusammengeschobenen und über einander getürmten
Eisschollen bilden das Packeis, das oft in meilenbreitem Gürtel
die O.-Küste Grönlands und die nordamerikanischen Inseln umsäumt.
Als Treibeis dringen größere und kleinere Schollenfelder auf
beiden Seiten Grönlands s.wärts bis über 40° N. Ebenso weit
gelangen, von Wind und Strömung getrieben, die Eisberge, die
von den riesigen Gletschern Grönlands und der arktischen Inseln
stammen: sie sind die abgebrochenen Gletscherköpfe. Sie ragen oft bis
50 in über die Meeresfläche empor, obwohl nur V7 ihrer Masse sicht-
bar ist.
Die Pflanzenwelt ist im polaren Gebiet nur sehr spärlich
vertreten. An geschützten Stellen im Innern der Fjorde an der
SW.-Küste Grönlands findet sich noch niedriges Gebüsch von Birken,
Weiden und Erlen, auch Gras gedeiht hier wie auf der S.-Jnsel
von Nowaja-Semlja und stellenweise auf Spitzbergen, sonst herrschen
Moose (Renntiermoos!) und Flechten. Von Landtieren kommt der
Schneehase und das Nenntier fast überall vor, der Moschusochse
nur in Grönland und auf den nordamerikanischen polaren Inseln.
Von Fleischfressern ist der Polarfuchs und der Eisbär, „der König
der arktischen Wüste", allgemein verbreitet. Allen diesen Tieren
eigentümlich ist die weiße Farbe, die sie sowohl gegen Nachstellungen
schützt als auch ihnen das Mittel bietet, sich unbemerkt ihrer Beute zu
nähern. Das Renntier ist wenigstens im Winter weiß, wo es viel-
fach, um der strengen Kälte zu entgehen, nach S. wandert. Viel
zahlreicher sind die Seevögel vertreten, die in zahllosen Scharen
z. B. auf Spitzbergen: nisten. Robben gibt es noch viel, während
Wale und Walrosse schon seltener geworden sind. Über die Be-
wohner vergl. S. 216.
Der seit der Entdeckung Amerikas wiederholt unternommene Versuch,
vom n. Atlantischen Ozean aus, um Europa und Asien oder um Amerika her-
um, einen Seeweg nach Ostasien zu finden, hat zahlreiche kühne Ent-
deckungsreisen veranlaßt, die viele Opfer an Menschenleben gekostet haben.
248 Die Polarmeere,
So fand Franklin (1845—1848) mit mehr als hundert Genossen beim Ver-
such, die nordwestliche Durchfahrt aufzufinden, einen schauerlichen
Untergang. Einem der vielen zu seiner Rettung ausgesandten Männer ist
es zwar gelungen (1850—1854) die Durchfahrt von der Bering- bis zur
Davis-Straße auszuführen, aber es ist dadurch auch festgestellt, daß sie für
Verkehrszwecke in keiner Weise zu gebrauchen ist. Ähnlich ist es mit der
nordöstlichen Durchfahrt, die 1878/79 von dein Schweden Norden-
fkiöld aufgefunden ist. Zwar läßt das in großer Menge von den sibirischen
Strömen ins Eismeer geführte warme Wasser das Eis im Sommer weithin
Fig. 75. Tafelförmiger Eisberg.
auftauen, aber nur in besonders günstigen Jahren konnte die Fahrt von
Europa nach Sibirien und zurück in einem Sommer vollendet werden, so
daß auch hier ein regelmäßiger Verkehr unmöglich erscheint. Das Verlangen,
neue Gebiete für den Walsischfang aufzusuchen, sowie rein wissenschaftliche
Zwecke haben immer neue Nordpolfahrten hervorgerufen, aber noch ist der
Pol nicht erreicht worden. Der Norweger Nansen gelangte 1895 auf einer
kühnen Schlittenreise, nur von einem Gefährten begleitet, bis 86° 14' N-,
und 1900 drang der Italiener Cagni bis 86° 33' N. vor.
2. Das Südliche Eismeer ist viel weniger durchforscht
und bekannt als das n. Eismeer, überhaupt der am wenigsten be-
kannte Teil der Erde, Undurchdringliche Eismassen und viele hundert
km lange, 50 m hohe senkrechte Eismauern hemmen das Vordringen
in höhere Breiten. Von hier aus werden meist tafelförmige Eisberge
Die Polarmeere. 249
(Fig. 75) in viel größerer Zahl und von bedeutend größerem Um=
fange als in den n. Meeren bis in die Breite der S.-Spitze Afrikas
getrieben, während das Packeis seine Grenze meist unter 60° S.
findet, im Atlantischen und Indischen Ozean aber auch mitunter bis
50° S> vorgeschoben wird. Der 60° S. wird deshalb wohl auch
anstatt des Polarkreises als Grenze des s. Eismeeres angesehen, so
daß alles Land jenseits 60° S. zum polaren Gebiet gerechnet wird.
Das um den Südpol gefundene Land, dessen Küsten durch
zahlreiche Expeditionen dieses Jahrhunderts (eine deutsche fand 1902/3
Kaiser Wilhelm II.-Land) näher erforscht sind, liegt fast ganz inner-
halb des Polarkreises und ist beständig mit Schnee und Eis bedeckt,
nur an wenigen Stellen tritt der nackte Fels zu Tage. Pflanzen
sind kaum vorhanden, und Landtiere fehlen vollständig. Dagegen
finden sich Wale, Robben und Seevögel in großen Mengen. In
Viktoria Land wurde 1904 s. der 4000 m hohen tätigen Vulkane
Erebus und Terror 82° 17' S. mit Schlitten erreicht.
Grnndzüge der mathematischen Erdkunde.
1. Unser Sonnensystem. Die im Altertume und Mittelalter
herrschende Ansicht, daß die Erde im Mittelpunkte des Weltenraumes
fest stehe, ist durch Kopernikus (f 1543) beseitigt worden. Dieser er-
kannte, daß die Erde sich wie die andern Planeten um die Sonne
dreht. Die Gesetze der Bewegung der Planeten und die Gestalt
ihrer Bahnen bestimmte Keppler (f 1631), der nachwies, daß die
Planeten sich in elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen,
die sich in einem der Brennpunkte dieser Bahnen befindet.
2. Die Fixsterne. Außerhalb unseres Sonnensystems stehen
die Fixsterne, die ihre Stellung zueinander nicht ändern und die
wahrscheinlich Sonnen gleich der unsrigen sind. Von dem nächsten
Fixsterne gebraucht das Licht, das iu der Sekunde 309 T. km zu-
rücklegt, 3 V2 Jahre um zu uns zu gelangen. Nach ihrem Glänze
unterscheidet man Sterne 1.—20. Größe; mit unbewaffnetem Auge
sind nur Sterne 1.—6. Größe wahrnehmbar. Seit alters hat man
fie teilweise zu Sternbildern zusammengefaßt, um sich mit deren
Hilfe am Himmelsgewölbe leichter zurechtzufinden. Die Zahl der
Sterne ist unendlich groß, denn auch die Milchstraße und die
Nebelflecke lösen sich in einem guten Fernrohre in zahllose Fix-
sterne ans.
3. Die Sonne. Unsere Sonne ist eine riesige Kugel, deren
Durchmesser den der Erde, 12 740 km, mehr als 100 mal übertrifft.
Sie ist eiu in ungeheurer Glut befindlicher Körper, der von einer
Gashülle umgebeu ist. Aus den an ihrer leuchtenden Oberfläche ficht-
baren dunklen Stellen, den Sonnenflecken, hat man erkannt, daß auch
sie sich um sich selbst dreht und zwar in 251/4 Tagen einmal. Die
wichtigsten Einwirkungen, die die Sonne auf unsere Erde ausübt,
sind die, daß sie ihr Licht und Wärnie verleiht.
4. Die Planeten. Um die Sonne drehen sich von W. nach
O. acht Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter,
Saturn, Uranus und Neptun, von denen der Merkur der kleinste,
Mathematische Erdkunde.
251
der Jupiter der weitaus größte ist. Zwischen Mars und Jupiter
bewegen sich die Asteroiden, mehr als 400 ganz kleine Planeten,
in derselben Weise um die Sonne. Die Planeten empfangen sämtlich
ihr Licht von der Sonne und leuchten im Gegensatz zu den funkeln-
den Fixsternen in ruhigem Glauze. Sie werden, ausgenommen Merkur
und Venus, von einem oder mehreren Monden umkreist. Letztere be-
wegen sich um ihre Planeten und wie diese um ihre eigene Achse eben-
falls von W. nach O. d. h. rechtläufig. Die Form der Planeten ist
die einer an den Polen abgeplatteten Kugel, eines Sphäroids.
5. Gestalt und Größe der Erde. Auch die Erde hat demnach
die Form eines Sphäroids. Dafür sprechen außer der wahrscheinlichen
Ubereinstimmung mit den andern Planeten folgende Beobachtungen.
Daß die Erdoberfläche gewölbt ist, ergibt sich daraus, daß auch
von einem erhöhten Standpunkte aus immer nur ein Teil von ihr zu
Fig. 76. Die Wölbung der Erdoberfläche.
übersehen ist, und daß von einem entfernten Gegenstande, z. B. einem
heransegelnden Schiffe, zunächst die Spitze und erst bei Verkürzung
der Entfernung die unteren Teile sichtbar werden (Fig. 76).
Da ferner einem von N. nach S. Reisenden bekannte Sterne
am ii. Himmel untergehen und neue am s. Himmel anfgehen, muß
die Erdoberfläche von N. nach S. gewölbt sein, und da einem
Beobachter im O. die Sonne früher aufgeht als einem w. von ihm
stehenden, muß sie auch in o.w. Richtung gewölbt sein. Diese
Wölbung der Erdoberfläche muß eine in sich geschlossene sein, weil
die Erde wiederholt umsegelt worden ist.
Die Kugelgestalt der Erde aber folgt aus der Beobachtung,
daß der Horizont d. h. die Linie, in der das Himmelsgewölbe schein-
bar auf der Erdoberfläche ruht, ebenso wie der Schatten, den die
Erde auf den Mond wirst, stets kreisförmig ist.
Die Abplattung der Erde an den beiden Polen ist so nnbe-
deutend, daß die Erdachse, 12712 km, nur um 43 km kürzer ist als
der Durchmesser des Äquators.
Bei einem mittleren Durchmesser von 12740 km beträgt die
Oberfläche der Erde 510 Mill. qkm.
252
Mathematische Erdkunde
6. Drehung der Erde um ihre Achse. Versuche mit einem
aus großer Höhe herabfallenden Steine und mit dem frei schwingenden
Pendel lehren, daß sich die Erde um ihre eigene Achse in der Richtung
von 2$. nach O. dreht. Darum scheinen uns Sonne und Sterne un
C. auf- und im W. unterzugehen, und es entsteht der Wechsel von
Tag und Nacht. Die Sonne erreicht auf ihrer scheinbaren Bahn am
Himmelsgewölbe mittags den höchsten Stand, die obere Kulmination.
Die Zeit von einer solchen Sonnenkulmination zur andern heißt
Sonnentag und wird in 24 Stunden eingeteilt. Da aber die Erde
in dieser Zeit auf ihrer Bahn um die Sonne (vergl. 7) vorwärts ge-
rückt ist, so ist die wirkliche Dauer der Umdrehung der Erde kürzer:
sie ergibt sich aus zwei aufeinanderfolgenden (oberen) Kulminationen
eines und desselben Fixsternes, dessen Kulmination bei seiner großen
Entfernung von der Erde durch deren Fortbewegung nicht beeinflußt
wird. Die Dauer des Sterntages beträgt 23 St. 56 Min. 4 Sek.
Im bürgerlichen Leben rechnet man den Tag nicht von Mittag
zu Mittag, sondern von Mitternacht zu Mitternacht. Die Mohamme-
daner beginnen den Tag wie die Juden mit Sonnenuntergang. Der
natürliche Tag ist die Zeit zwischen den beiden Augenblicken, wo
der Mittelpunkt der Sonnenscheibe am Morgen und am Abend genau
im Horizont liegt. Er wird verlängert durch die Morgen- und
Abenddämmerung, die dadurch hervorgerufen wird, daß die Strahlen
der unter dem Horizont stehenden Sonne von der die Erde umgebenden
Atmosphäre gebrochen werden. Erst wenn die Sonne bereis 18"
unter dem Horizonte steht, werden auch die schwächsten Sterne sicht-
bar, d. h. es tritt völlige Nacht ein.
7. Bewegung der Erde um die Sonne. Die Bahn, in der
sich die Erde um die Sonne bewegt, die Ekliptik, ist wie bei allen
Planeten eine Ellipse, in deren einem Brennpunkte die Sonne steht
Dem Beobachter auf der Erde scheint dagegen die Sonne einen Kreis-
lauf am Himmel 51t vollführen, so daß die wirkliche Erdbahn die
scheinbare Sonnenbahn ist. Sie bildet mit der Ebene des Himmels-
Äquators einen Winkel von 23 V20 und liegt zwischen den Stern-
bildern, die den Tierkreis (Zodiakus) bilden. Sie ist in zwölf gleiche
Teile oder Zeichen eingeteilt, die ihre Namen von den Sternbildern
haben, in denen die Sonne zu bestimmten Zeiten steht. Die Namen
und Zeichen sind:
Widder v Krebs 53 Wage ^ Steinbock ?
Stier w Löwe n Skorpion », Wassermann
Zwillinge "0 Jungfrau »i> Schütze * Fische )-(
Mathematische Erdkunde.
253
Den scheinbaren Lauf der Sonne erläutert Fig. 77. Steht die
Erde im Zeichen der Wage, so erscheint die Sonne in dem des
Widders; rückt die Erde auf ihrer Bahn durch die Zeichen des
Skorpions, des Schützen, des Steinbocks usw., so sehen wir die Sonne
nach einander die Zeichen des Stiers, der Zwillinge, des Krebses
usw. durchlaufen.
Da die Sonne in dem einen Brennpunkte der elliptischen Erd-
bahn steht, so ist die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne nicht
immer gleich weit von ihr entfernt. Anfang Juli ist die Erde mit
weitesten von der Sonne entfernt, sie steht in der Sonnenferne,
(Aphel); Anfang Januar ist sie ihr am nächsten, sie steht in der
Sonnennähe, (Perihel). Die mittlere Entfernung beträgt
fast 150Mill. km. Die Erdbahn
selbst hat eine Länge von nicht
ganz 940 Mill. km, und es wer- w ___
den von der Erde während ihres
einmaligen Umlaufs um die Sonne /
etwa 36 51/4 Umdrehungen gemacht, a [C
d. h. die Erde vollendet einen --
Umlauf um die Sonne in 365 T. wV''"
5 St. 48 Min. 46 Sek. oder in —---
365,2422 T. Dies ist das tro-
pische oder Sonnenjahr.
Da im bürgerlichen Leben gig 77> Ekliptik,
das Jahr nur nach vollen Tagen
gezählt werden kann, bestimmte Cäsar bei seiner Kalenderreform,
45 v. Chr., daß fortan das Jahr zu 365 Tagen gerechnet und, um
die überschießenden 5 St. 48 Min. 46 Sek. oder 0,2422 Tage mit
zu verrechnen, in jedem vierten Jahre ein Tag eingeschoben werden
sollte: Schalttag; Schaltjahr. Das Schaltjahr ward auf die Jahre
verlegt, deren Zahl durch vier ohne Rest teilbar ist. Indem man aber
infolgedessen in einem Jahrhundert 25 Schalttage anbringt, fügt man
beinahe einen Tag zuviel hinzu, denn der Überschuß beträgt in
100 Jahren nur 100X0/2422 = 24,22 Tage. Der daraus sich er-
gebende Fehler ward auf dem Konzil zu Nicäa 325 dadurch berichtigt,
daß man drei Tage ausließ. Da man aber fortfuhr, alle vier Jahre
einen Tag einzuschalten, machte sich der Fehler von neuem geltend
und ivar 1582 bereits auf 10 Tage angewachsen. Deshalb ward
1582 durch die Kalenderreform des Papstes Gregor XIII. bestimmt,
daß einmal zehn Tage ausfielen und ferner in je 400 Jahren drei
254
Mathematische Erdkunde.
Schalttage ausfallen sollten; denn 400X0,2422 = 96,88 Sage. Der
Schalttag fällt aus in den Säkularjahren, die nicht durch 400 restlos
teilbar sind, wie 1700, 1800, 1900.
Die Anhänger der griechisch-orthodoxen Kirche haben diese
Kalenderreform nicht angenommen und sind deshalb jetzt in der Zeit-
rechnung 12 Tage hinter der unsrigen zurück; Frühlingsanfang fällt
im julianischen Kalender auf den 8. statt auf den 20. März.
Stünde die Erdachse senkrecht auf der Ebene der Erdbahn, so
daß also diese mit der Ebene des Äquators zusammenfiele, so würde
Tag und Nacht stets gleich lang sein. Da nun aber die Erdachse
um 2372° von der senkrechten Stellung abweicht und bei dem Kreis-
lauf der Erde um die Sonne sich stets parallel bleibt, so wird während
eines Teiles des Jahres der Nordpol, während des andern der Süd-
pol der Sonne zugeneigt sein (Fig. 78). Dadurch erklärt sich die
wechselnde Höhe des Sonnenstandes am Mittag, sowie die verschiedene
Länge von Tag und Nacht und der Wechsel der Jahreszeiten.
Am 21. Juni ist der Nordpol der Sonne zugeneigt. Alsdann
steht die Sonne senkrecht über dem Wendekreis des Krebses; für alle
s. davon gelegenen Punkte steht die Sonne int N. des Beobachters,
für alle n. davon gelegenen im S. (Fig. 79). Für die innerhalb
des n. Polarkreises gelegenen Punkte geht die Sonne während einer
Umdrehung der Erde nicht unter, für alle innerhalb des s. Polar-
kreises gelegenen Punkte aber nicht auf, während sie dem ans dem
s. Polarkreise selbst stehenden Beobachter am Mittage eben im Horizonte
erscheint. Es ist also am 21. Juni der Tag um so länger, je näher
man sich dem n. Polarkreis befindet, um so kürzer, je näher man
dem s. Polarkreis kommt.
Beim Fortrücken der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne
ändert sich nun das Verhältnis der Art, daß der Kreis, über dessen
einzelnen Punkten die Sonne am Mittage senkrecht steht, nach S.
Mathematische Erdkunde,
255
rückt. Am 23. September fällt die Ebene, die die Erdkugel in eine
beleuchtete und eine dunkle Hälfte teilt, mit der Ebene der Erdachse
Zusammen. Die Sonue steht alsdann am Mittage (Fig. 80) senkrecht
über dem Äquator und erscheint für die beiden Pole gerade im
Horizont: es ist auf der ganzen Erde Tag und Nacht gleich lang
^Tagundnachtgleiche, Äquinoktium). Immer weiter rückt nun die
Sonne nach ©., auf der s. Halbkugel werden die Tage, auf der n.
die Nächte länger. Am 21. Dezember tritt die Sonne in den Wende-
kreis des Steinbocks, der Südpol ist der Soune zugekehrt, es sind also
die Beleuchtungsverhältnisse umgekehrt als am 21. Juni. Aber die
Fig. 79. Bestrahlung der Erde durch die Sonne am 21. Juni,
Sonne hat nun auch ihren s.sten Standpunkt erreicht und rückt all-
mählich wieder nach N., bis sie am 20. März wieder senkrecht über
dem Äquator steht und Tag und Nacht wiederum gleich lang sind.
Am 21. Juni und 21. Dezember hat die Sonne auf ihrer
scheinbaren Wanderung am Himmelsgewölbe ihren n.sten bezw. s.sten
Standpunkt erreicht, sie hält im Vorrücken inne (Solstitium), unt
dann in der entgegengesetzten Richtung wieder dem Äquator näher zu
rücken. Die Breitenkreise, unter denen diese Wendung geschieht,
liegen, entsprechend der Neigung der Ekliptik zur Ebene des Äquators,
23V20 und s. vom Äquator und werden Wendekreise genannt.
Die verschiedene Länge des natürlichen Tages erhellt aus
Fig. 81, in der 13 der Standpunkt des Beobachters, P der Himmels-
pol, SZPN der Meridian für B ist. Zur Zeit der Tagundnacht-
gleiche geht die Sonne genau in O. auf und in W. unter; am
256
Mathematische Erdkunde.
'21. Juni geht sie in A auf, in U unter, am 21. Dez. in A, und
Uj. Die Mittagshöhe der Sonne an den betreffenden Tagen ist
angedeutet durch As (Äquator), Li- und 8t (Wendekreis des Krebses
und des Steinbocks).
nJ>Kr
s
Fig. 80. Bestrahlung der Erde durch die Sonne ain 20. März und 93. Sept.
Die Wärmemenge, die ein Ort auf der Erdoberfläche erhält,
hängt nicht nur von der Länge der Tages sondern vor allem von
dem mehr oder weniger senkrechten Stande der Sonne über ihm ab.
Deshalb beginnt mit dem 20. März
für dien.Halbkugel derFrühling,
mit dem 21. Juni der Sommer,
obgleich sich dann die Erde in der
Sonnenferne befindet, mit dem
23. Sept. der Herbst und mit
Jjy deni 21. Dez. der Winter, und
auf der s. Halbkugel ist es um-
gekehrt. Infolge der verschiedenen
Geschwindigkeit, mit der die Erde
auf ihrer Bahn vorrückt, sind die
Jahreszeiten verschieden lang! in
der Sonnenferne bewegt sich die Erde langsamer, deshalb dauern
Frühling und Sommer auf der n. Halbkugel 186 Tage, Herbst und
Winter nur 179 Tage.
8. Längen- und Breitenkreise. Um sich auf der Erdoberfläche
zurecht zu finden, denkt man sie sich mit einem Netz von Kreisen
überzogen. Zwischen den Endpunkten der Erdachse, dem Nord- und
Fig. 81.
)ie verschiedene ^änge des Tagbogens.
Mathematische Erdkunde.
257
dem Südpol denkt man sich zunächst einen Kreis so nm die Erde gelegt,
daß er in allen Punkten gleichweit von den Polen entfernt ist. Das
ist der Äquator, der eine Länge von 40070 km hat. Dieser Kreis
wird in 360 gleiche Teile oder Grade geteilt, und durch je zwei sich
gegenüberliegende Teilpunkte und die beiden Pole werden Kreise
gelegt, sodaß 300 Halbkreise von Pol zu Pol ziehen. Da sämtliche
Punkte auf einem solchen Halbkreise zu gleicher Zeit Mittag haben,
heißen diese Halbkreise Mittagslinien, Meridiane. In derselben
Weise teilt man einen dieser Meridiane vom Äquator nach N. und
nach S. in je 90 Grade und legt durch die Teilpunkte Kreise um
die Erde, parallel dem Äquator: das sind die Parallelkreise.
Die Länge eines Bogengrades auf diesen Parallelkreisen beträgt am
Äquator —):^u—=111,3km und vermindert sich naturgemäß nach den Polen
zu, wo sie — 0 ist; auf dem 60. Parallelkreise beträgt sie ungefähr Vs,
auf dem 70. etwa l/3 der Länge am Äquator. Ein Bogengrad mißt
unter 00 Br. . . 111,3 km unter 50° 2k. . . 71,7 km
10°
20°
30°
40°
109,6 „ „ 60° „ . . 55,8
104,6 „ „ 700 „ . . 38,2
96,5 „ „ 80° „ . . 19,4
85,4 .. .. 90" .. . . 0
Der Abstand zweier Parallel- oder Breitenkreise von einander ist, in-
folge derAbplattung der Erde an den Polen, etwas kleiner — 111,12km.
9. Geographische Länge und Breite. Mit Hilfe dieses Netzes
von Kreisen läßt sich jeder Punkt auf der Erdoberfläche bestimmen,
zumal wenn man jeden Grad in 60 Minuten, jede Minute in 60 Se-
künden zerlegt und sich durch die Teilpunkte ebenfalls noch Kreise ge-
zogen denkt. Da die den Alten bekannte Erde hauptsächlich die
Länder um das Mittelmeer umfaßte, war ihre Ausdehnung von W.
nach O. größer als die von N. nach S. Darauf beruht der noch
heute übliche Gebrauch, die Abstände zweier Punkte von einander in
w.ö. Richtung als geographische Länge, in n.s. Richtung als geographische
Breite zu bezeichnen.
Demnach ist die geographische Länge eines Punktes auf der
Erdoberfläche sein Abstand von einem bestimmten Meridian, ausge-
drückt im Winkelmaß (Graden, Minuten, Sekunden — 0' "), und
unter der geographischen Breite versteht man den Abstand eines
Punktes vom Äquator, angegeben im Winkelmaß des Meridianbogens.
Während man früher den Meridian von Ferro, einer der
Kanarischen Inseln, oder den von Paris als Null-Meridian annahm,
Schlemmer, Erdkunde II. 3. Auflage. ]7
258
Mathematische Erdkunde.
rechnet man jetzt allgemein nach dem Meridian der Sternwarte von
Greenwich bei London. Gewöhnlich zählt man von hier aus nach
C. und W. bis 1800; oft wird auch in ö. Richtung bis 3G0° gezählt.
Den Abstand eines Punktes vom Null-Meridian nach O. oder
W., seine geographische Länge, bestinimt man sehr einfach mit Hilfe
einer sehr zuverlässigen Uhr (Chronometer). Da nämlich die Erde
sich in 24 Stunden einmal um ihre Achse dreht, beträgt der Zeit-
unterschied für je 1° den 360. Teil von 24 Stunden b. h. 4 Minuten.
Wenn also die Kulmination der Sonne 4 Minuten früher oder später
eintritt als am Ausgangspunkte des Reisenden, nach dessen Zeit die
Uhr genau eingestellt ist, so nmß der Beobachtungspunkt 1° ö. oder
w. vom Ausgangspunkte liegen. Ein Zeitunterschied zweier Orte von
einer Stunde entspricht deninach einem Längenunterschiede von 15°.
Stargard in Pommern z. B. liegt 15" O. von Greenwich, hat also
bereits 1 Uhr Rachmittag, wenn in Greenwich die Sonne in den
Meridian tritt.
Für das bürgerliche Leben sind in Deutschland die verschiedenen
Ortszeiten durch Einführung einer Einheitszeit, der mitteleuropäischen
Zeit, aufgehoben worden, so daß alle Orte gleichzeitig Mittag haben,
obwohl der wahre Mittag in den ö.sten Orten um mehr als eine
Stuude früher eintritt als in den w.sten. Dieser Einheitszeit ist der
Meridian von Stargard i. P., 15" O., zugrunde gelegt.
Bei einer Reise um die Erde in der Richtung von W. nach O.
wird die Kulmination der Sonne für den Reisenden um 4, 8, 12 .
Minuten früher eintreten, je nachdem er 1, 2, 3 oder mehr Längen-
grade zurückgelegt hat, und bei der Rückkehr zu seinem Ausgangs-
punkte wird er in der Zeitrechnung um einen Tag voraus sein.
Umgekehrt wird für den von O. nach W. Reisenden die Zeit von
einer Kulmination der Sonne zur andern mit Zurücklegung je eines
Längengrades um 4 Minuten verlängert, und er wird schließlich bei
seiner Rückkehr um einen Tag in der Zeitrechnung zurückgeblieben sein.
Um diesem Übelstande abzuhelfen, pflegt man auf der Fahrt imch ......
einen Tag doppelt zu rechnen, auf der nach W. aber einen Tag zu
überspringen. Wann und wo das geschieht, steht jedem frei, doch ist
es üblich geworden, es an der sog. Datumgrenze zu tun, die unter
180" von Greenwich durch den Großen Ozean zieht, also möglichst
wenig Land berührt. Vergl. S. 245.
Die geographische Breite wird am einfachsten auf folgende
Weise bestimmt: man mißt den Winkel, um den sich der Himmels-
pol über den Horizont des Beobachters erhebt. Die so gefundene
Mathemaiische Erdkunde.
259
Polhöhe ist nämlich, wie ausFig.82erhellt, gleich der geographischen
Breite des Ortes.
Die geographische Breite von 0. ist — < 7. Die Polhöhe von
0 ift = oc. < a 4- < ß = 90°, ebenso < A( 4~ < 8 = 90°. Da
nun aber < ß = < 0 als Gegenwinkel ist, so ist anch < 7 — <
Zur Bestimmung der Himmelsrichtung bedient man sich des
Kompasses, dessen srei schwebende Nadel infolge des Magnetismus
der Erde stets nach deren magnetischem Pole zeigt. Dieser liegt aber
nicht am Nordpol sondern auf
der Halbinsel Boothia (S. 211) im
N. von Nordamerika, ungefähr 96"
W. und 70" N. Deshalb weicht die
Richtung der Magnetnadel fast
überall auf der Erde ab von der
rein n.s. Richtung der Meridiane,
und mau spricht von ö. und w.
Mißweisung, die sich im Laufe
der Zeit beständig ändert. Als
die Portugiesen zuerst die S.-
Spitze Afrikas erreichten, zeigte
die Magnetnadel dort genau nach
N., und sie nannten darum dies
Vorgebirge das Nadelkap; jetzt
beträgt die w. Mißweisung am
Nadelkap etwa 39" d. h. der wahre
Pol liegt ungefähr 30" ö. von der
Richtung der Magnetnadel. Für g
den Meridian von Stargard i. P., §2.
15° D., beträgt die w. Miß- Bestimmung der geographischen Breite.
Weisung uicht ganz 9".
l0. Der Mond. Die Erde wird von dem kugelförmigen
Monde umkreist, dessen Durchmesser ungefähr 3 500 km, und dessen
mittlere Entfernung von der Erde 384000 km betrügt. Der Mond
hat weder Lust noch Wasser und ist mit merkwürdigen, meist ring-
förmigen Gebirgen bedeckt. Doch kennen wir nur die eine Hälfte
seiner Oberfläche; denn da er sich während eines Umlaufs um die
Erde einmal um seine eigne Achse dreht, wendet er uns stets die-
selbe Seite zu. Seiu Licht erhält er von der Sonne. Steht er nuu
Zwischen Erde und Sonne d. h. in Konjunktion mit ihr, so kehrt er uns
die unbeleuchtete Seite zu: wir haben Neumond. Steht aber die Erde
17*
260
Mathematische Erdkunde.
zwischen Sonne und Mond, d.h. der Mond steht in Opposition zur Sonne,
so zeigt er uns die ganze beleuchtete Seite: wir haben Vollmond.
Steht der Mond so, daß die Verbindungslinien der Mittelpunkte von
Sonne, Erde und Mond einen rechten Winkel bilden, d. h. der Mond
steht in einer Quadratur, so sehen wir nur die eine Hälfte der be-
leuchteten Seite, also ]/4 des Mondes: wir haben das erste oder
letzte Viertel. Diese wechselnden Erscheinungsformen des Mondes
heißen Mondphasen (= Lichtgestalten).
Läge nun die Mondbahn in derselben Ebene wie die Erdbahn,
so würde stets bei Vollmond der Schattenkegel der Erde den Mond
verdunkeln, d. h. es würde eine Mondfinsternis eintreten, während
bei Neumond stets eine Sonnenfinsternis eintreten würde. Da
aber die Ebenen der Mond- und Erdbahn einen Winkel von 5° mit
einander bilden und sich in der sogen. Knotenlinie schneiden, die ihre
Richtung fortwährend ändert, so kann eine Finsternis nur entstehen,
wenn beim Durchgang des Mondes durch den Knoten die Knoten-
linie gerade auf die Sonne gerichtet ist.
Die Zeit von einem Neumond zum andern beträgt 29^ Tage,
das ist ein synodischer Monat. Die Mohammedaner beginnen mit
dem Eintritt des Neumondes einen neuen Monat, nach zwölf solchen
Monaten ein neues Jahr, das deshalb 354 oder 355 Tage hat. Die
elf Tage nun, um die unser Jahr länger ist, als das Mondjahr, sind
auf die einzelnen Monate verteilt, sodaß unsere Kalendermonate nicht
mit den Mondphasen übereinstimmen. — Die Namen der Monate sind
von den Römern auf uns gekommen.
Der Wechsel der Mondphasen hat die Einteilung des Monats
in vier kleinere Zeitabschnitte, Wochen, hervorgerufen. Da man nun
im Altertum sieben Planeten zählte (Sonne, Mond, Mars, Merkur,
Jupiter, Venus und Saturn) und ihnen für je einen Tag Einfluß
auf die Geschicke der Menschen zuschrieb, rechnete man nach sieben-
tägigen Wochen, deren Tage nach den Planeten benannt wurden. Die
Deutschen setzten an Stelle des Mars, des Merkur, des Jupiter und
der Venus den Ziu, Wodan, Donar uud die Freya (vergl. engl,
tuesday, wednesday, thursday, friday). Der vierte Wochentag
erhielt später von seiner Stellung inmitten der Woche den Namen
Mittwoch.
Herkehrskunde.
I. Die Entwicklunq des Verkehrs.
Unter Verkehr versteht man die Übermittlung von Nachrichten,
Personen und Gütern von Ort zu Ort. Die älteste Form des Verkehrs
auf dem Lande ist die durch Menschen (Träger); als der Mensch
gelernt hatte, Tiere für seine Zwecke zu zähmen und abzurichten, traten
Kamel, Pferd, Esel und Maultier als Reit- und Lasttiere in den
Dienst des Verkehrswesens. Ein weiterer Schritt in der Vervollkomm-
nung des Verkehrs geschal) durch Einführung von Schlitten, Karre
und Wagen zur Fortbewegung der Lasten.
Der Wagen stellt im allgemeinen höhere Anforderungen an die
Fahrbahn; sein Gebrauch und das Verlangen nach schnellerem Verkehr
führten deshalb zur Anlage von Kunststraßen; vergl. die das ganze
Römische Reich durchziehenden Straßen, die aber im Mittelalter
größtenteils verfallen sind. In ähnlicher Weise veranlaßten die Kriege
im Napoleonischen Zeitalter die Herstellung besteinter Heerstraßen; auch
über die Alpen [Shrtplon, Mt. Cenis, Kl. St. Bernhards wurden
damals Fahrstraßen gebaut. Dabei mußten mancherlei Hindernisse
(Gebirge, Flüsse, Sümpfe) überwunden oder umgangen werden. Große
Bedeutung gewannen deshalb die Stellen der Flüsse, wo sie durch-
schritten (Furten) oder leicht überbrückt werden konnten, ebenso die
Täler und Paßeinschnitte, die den Übergang über ein Gebirge ermög-
liehen; vergl. die Stadtgründungen an Flußübergängen (Frankfurt,
Innsbruck) und an den Ausgängen solcher Täler: Kempten, Füssen,
Verona.
Neben den Verkehrsstraßen auf dem Lande kommen in Betracht
die Wege der Binnenschiffahrt auf Flüssen nnd Landseen. Die
Flußschiffahrt ist abhängig vom Wasserreichtum und geringen Gefälle
der Flüsse, hat sich deshalb besonders im Flachlande entwickelt. Die
ursprünglichen Fahrzeuge waren klein und leicht, und es war deshalb
niöglich, Stromschnellen und Wasserfälle dadurch zu überwinden, daß
262 Verkehrskunde.
jene über Land getragen wurden; auch in benachbarte Flußgebiete
gelangte man auf diese Weise. Später wurde die Verbindung durch
Kanäle hergestellt; der längste Binnenkanal ist der Kaiserkanal in China,
1100 km — Metz—Königsberg. Aber erst nach Erfindung der Kammer-
schleuse, durch die die Schiffe gehobeu bez. gesenkt werden, ward es
möglich, auch größere Höhen mit Kanälen zu überschreiten, indem die
Fig. 83. Schleusentreppe eines Kanals in Norwegen.
Schleusen wie z. V. beim Götakanal (S. 45) treppen artig aneinander
gereiht werden (Fig. 83). Solche Kanäle sind meist nur bis 2 m tief.
Die Seeschiffahrt ist hervorgegangen aus der Küstenschiffahrt,
die an buchten- und iuselreichen Küsten (Griechenland, Kleinasien,
Norwegen, Polynesien) sich entwickelte. Abgesehen von einzelnen
Ausnahmen (Fahrten der Phönizier; der Normannen bis nach Grön-
land) blieb die Küstenfahrt herrschend bis zur Erfindung des Kom-
paffes. Die Fortbewegung der Schiffe geschah durch Nuder oder
durch Segel.
Verkehrskunde. 263
Kauptverkehrswege bis zur Neuzeit. Bis zum Beginn der
Neuzeit uahm der Verkehr zwischen Abend- und Morgenland seinen
Weg über das Mittelländische Meer. Seit der Einnahme Konstantinopels
durch die Venetianer und Franken aus dem 4. Kreuzzuge wurden die
Erzeugnisse des Morgenlandes, die hier aus Vorder- und Jnnerasien
über das Schwarze Meer zusammenströmten, hauptsächlich nach Venedig
und Genua verschifft. Diese Orte sandten sie nach den süddeutschen
Städten Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Wien, von wo sie sowohl
westwärts über Straßburg rheinabwärts gingen als auch die Donau
entlang oder durch Böhmen nach dem östlichen Europa. Verkehr und
Handel im nördlichen und östlichen Europa beherrschte dieHansa(—Bünd-
nis) (Vorort Lübeck), die von Brügge aus mit Spanien und Jtalieu iu
Verbindung stand; über Nord- und Ostsee reichte ihr Einfluß bis
London, Bergen, Wisby und bis Nowgorod, wo die Straßen aus dem
Osten und vom Schwarzen Meer sich trafen. Auch der alte Weg des
Bernsteinhandels, der die Weichsel entlang zum Dnjestr oder zur Adria
führte, behielt seine Bedeutung. Die Eroberung Konstantinopels durch
die Türken 1453 verschloß dies Eingangstor nach dem Morgenlande.
Dadurch und durch die Entdeckung Amerikas 1492 uud des Seewegs
nach Ostindien 1498 wurde der Verkehr in ganz andere Bahnen ge-
lenkt: in deu Vordergrund traten jetzt Portugal, Spanien, Holland
(feit dem Abfall von Spanien 1579), England (seit der Königin
Elisabeth f 1603). Lissabon und Sevilla, später Amsterdam und
London wurden nun die Ausgangspunkte der großeu Handelswege.
Für die Reise nach Ostindien gewann die von den Holländern 1602
bez. 1652 gegründete Kolonie im Kaplande große Bedeutung.
Eine vollständige Umwälzung des Verkehrswesens wurde herbei-
geführt, seitdem im Anfange des 19. Jahrhunderts der Dampf
als bewegende Kraft für Land- und Seefahrzeuge eingeführt ward.
Das erste Dampfschiff baute 1807 der Amerikaner Fulton; es legte
die Strecke vou Neupork nach Albany, 150 Seemeilen, in 32, ström-
abwärts in 30 Stunden zurück. Zahlreiche Flußdampfer wurden da-
rauf iu Amerika und in Europa gebaut und in Gebrauch gestellt.
1818 langte die „Savannah" nach 26tägiger Fahrt von Neuyork
iu Liverpool an, als erstes Schiff, das teilweise unter Dampf den
Ozean gekreuzt hatte. Aber erst 1838 fuhren zwei Schiffe unter aus-
schließlicher Benutzung der Dampfkraft von Bristol nach Neuyork,
und von da an beginnt die ozeanische Dampfschiffahrt. Mit
Unterstützung der englischen Negierung wurde 1840 die Eunard-Linie
eröffnet, die monatlich zweimal ein Dampfschiff von Liverpool nach
264 Verkehrskunde.
den nordamerikanischen Häfen und zurück fahren ließ. — Die Ein-
führung der (1829) von dem Böhmen Nessel erfundenen Schiffsschraube
an Stelle der Schaufelräder (der erste Schraubendampfer durchfuhr
1845 den Ozean) uud der Ersatz der hölzernen Schiffe durch solche
aus Eisen und Stahl förderten die Dampfschiffahrt ungemein. Mit
der Größe der Schiffe wuchs auch die Schnelligkeit, obwohl die stetig
verbesserten Maschinen weniger Kohlen verbrauchen als früher. Der
Schnelldampfer Deutschland (Hamburg), das schnellste Schiff, ist
208,5 in lang, 20,4 in breit, 13,4 in tief (Tiefgang' 8,8 in); seine
Maschinen verbrauchen in 24 Stunden 565 t Kohlen (— 56,5 Eisen-
bahnwagen) und geben dem Schiffe eine Geschwindigkeit von 23,5 Sm.
(1 Sm. — 1852 m) oder 42—44 km in der Stunde. Er hat Raum
für 693 Reisende I., 302 II. und 288 III. Klasse und eine Besatzung
von 543 Mann. Außer 4820 t Kohlen, die er mit sich führt, ver-
mag er 10600 t (— 1060 Eisenbahmv.) zu laden. Um ein solches
Schiff durch Ruderer mit derselben Schnelligkeit vorwärts zu treiben,
würden 490000 Menschen (1 Pferdekraft — 14 Menschenkräften) er-
forderlich sein, abgesehen von den nötigen Ablösungsmannschaften. —
Noch größer sind die neuesten Schiffe derselben deutschen Gesellschaft,
Amerika u. Kaiserin Augusta Viktoria, die aber nur 17 Sm. in der
Stunde zurücklegen; letztere ist 206 m l., 23,5 m br., 16,4 m t.,
hat eine Besatzung von 560 Mann und kann 2300 Reisende auf-
nehmen und außerdem 14250 t laden (ohne die nötigen Kohlen, für
24 Std. 270 t).
Obwohl Deutschland verhältnismäßig spät mit anderen Völkern
in Wettbewerb im Schiffbau getreten ist, vermag es doch solche Schiffe
aus eigenem Material auf eigenen Werften herzustellen. Seine be-
deuteudsteu Werften sind außer den Kaiserlichen in Kiel, Danzig und
Wilhelmshaven: 1 in Stettin (Vulkan), 2 in Hamburg, 2 iu Kiel,
1 in Bremerhaven, 1 in Danzig (Schichau). Die Ausbesserung be-
schädigter Schiffe geschieht in Docks; das größte deutsche, das die
größten Schiffe aufnehmen kann, befindet sich in Bremerhaven, das
größte Schwimmdock in Hamburg.
Damit die Dampfer nicht für die ganze Reife Kohlen mitzu-
nehmen brauchen, wodurch der Laderaum zu sehr vermindert werden
würde, sind an wichtigen Punkten Kohlenstationen (meist von den
Engländern) errichtet worden. Neuerdings sind solche auch von
Deutschen angelegt, z. B. in Algier, Port Said, Kiautfchou, Samoa,
Jamaica n a. m. Ganze Flotten von Segelschiffen sind fortwährend
beschäftigt, diesen Plätzen die nötigen Kohlen zuzuführen. —- Der
Berkehrskunde. 265
Sicherheit der Schiffahrt dienen die an gefährlichen Punkten der
Küsten, mitunter auf Klippen (Eddystone, Bell Nock) oder Untiefen
(Rotesand), errichteten Leuchttürme, die oft weit vom Lande verankerten
Feuerschiffe (vor der Elbe- und Wesermündung) sowie allerlei See-
zeichen in flachen Gewässern und längs den Flußmündungen. Bei
Schiffsunfällen treten die mit Rettungsbooten und Raketenapparaten
ausgestatteten Rettungsstationen in Tätigkeit, die in Deutschland von
der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger unterhalten werden.
Hervorragende Bedeutung für den Dampferverkehr haben der
Suez- und der Kaiser-Wilhelm-Kanal. Jener ist 160 km lang,
60—100 m breit, 8,5 m tief, hat keine Schleuse und wird in 16
Stunden durchfahren, nachts mit Benutzung elektrischer Scheinwerfer.
Trotz der hohen Abgaben (für jede Tonne wirklichen Laderaums 7,60 Mk.;
ein Schiff von 2000 Netto-Reg.-Tonnen zahlt also 15 200 Mk.) steigt
die Zahl der den Kanal benutzenden Schiffe (vor allem auch die der
deutschen) von Jahr zu Jahr, da sie dabei auf der Fahrt vom eng-
lischen Kanal nach Südasien oder Australien 2000—4800 Sm.
sparen. — Der Kaiser-Wilhelm-Kanal kürzt nicht nur die Fahrtdauer
zwischen den Nord- und Ostseehäfen erheblich ab (von London um 238,
von Hamburg um 425 Sm.), sondern er läßt vor allem die Schiffe die
gefährliche Fahrt durch die dänischen Meerengen und um Jütland
(eiserne Küste) vermeiden. Er ist 98 km lang, 60 in breit, 9 m
tief und hat an jedem Endpunkte eine Doppelschleuse; nachts wird
er elektrisch beleuchtet. — Der Bau des Panama-Kanals ist ins
Stocken geraten, wird aber, da er besonders für den Verkehr zwischen
der Ost- und Westküste Nordamerikas hohen Wert hat, von den Ver-
einigten Staaten ausgeführt werden.
Trotz des großen Aufschwungs der Dampfschiffahrt infolge ihrer
größeren Schnelligkeit und Pünktlichkeit, wodurch es ermöglicht wird, daß
eiu Dampfer drei Reisen ausführt in derselben Zeit, die ein Segelschiff
für eine gebraucht (bei Vergleichung von Dampfer- und Segelflotten
wird deshalb der Tonnengehalt ersterer mit 3 multipliziert), behaupten
sich die Segelschiffe besonders für die Verfrachtung billiger Massengüter:
Getreide, Kohlen, Holz, Salpeter u. a. Durch geschickte Benutzung der
Meeresströmungen und der vorherrschenden Winde wird die Dauer
ihrer Reisen gegen früher erheblich abgekürzt, obwohl die Länge des
Weges dadurch mitunter weit größer geworden ist. Auch die Segel-
schiffe, die z. T. mit Hilfsdampfmaschinen versehen sind, werden jetzt
vielfach aus Eisen (Stahl) gebaut, und die Masten bestehen aus Stahl-
röhren,wodurch ihrGewicht und derTiesgang des Schiffes vermindert wird.
266
Verkehrskunde.
Mit der Größe wachst die Segelfläche und damit die Schnellig-
feit, die bei günstigem Wind bis 17 Sm. betrügt, während Fracht-
dampfer nur 9—11 Sm. in 1 St. zurücklegen. Das größte Segel-
schiff ist die Bremer Fünfmastbark R. F. Rickmers: 134 m lang, 16,4 m
breit, 9,75 m tief, die 8000 t (= 800 Eisenbahnwagen) laden kann
und mit einer Segelfläche von 5100 qm eine Geschwindigkeit von 15
bis 17 Sm. erreicht. —
Fig. 81. Gotthardbahn bei Waffen.
Die erste öffentliche Eisenbahn ward 1825 in Betrieb gesetzt;
1830 wurde die Strecke Manchester—Liverpool eröffnet; zehn Jahre
später waren alle Hauptplätze Englands durch Schienenstränge ver-
bunden. Deutschland erhielt die ersten Eisenbahnen: 1835 Nürnberg
—Fürth, 1837 Leipzig—Dresden, 1838 Berlin—Potsdam; Nord-
amerika schon 1833. Jetzt wird der Eisenbahnbau durch kein Hindernis
mehr aufgehalten; breite Ströme, auch Meerbusen, werden überbrückt
(Weichselbrücke bei Graudenz 1092 rn, bei Fordon unterhalb Thorn
1325 m, Brücke zwischeu Neuyork und Brooklyn 1826 in, Firth of
Förth 2466 m, Tay bei Dnndee 3214 m); Gebirge werden über-
Verkehrskunde. 267
stiegen oder in Tunnels durchbrochen. (Fig. 84). (Höhe und Tunnellänge
einiger Gebirgsbahnen: Semmering 898 m, St. Gotthard 1154 m [Tunnel
15 km], Mont Cenis 1296 m [Tunnel 13,7 km], Simplon [Tunnel
19,8 km], Brenner 1367 m, Albulabahu 1823 m [höchste in Europa,
abgesehen von den Bergbahnen]; Buenos Aires—Valparaiso 3187 m,
in Peru steigen die Bahnen bis 4580 u. 4769 m.)
Die Gesamtlänge der Eisenbahnen beträgt 859 355 km d. h.
mehr als 21 mal so viel wie der Erdäquator, von denen auf Amerika
432 618, Europa 300 429, Asien 74 546, Australien 26 723, Afrika
25 039 km kommen. Die Vereinigten Staaten allein übertreffen mit
334 634 km Europa hinsichtlich der Länge der Schienenwege. In
Europa hat Deutschland die meisten Eisenbahnen, 54 426 km, aber
in bezug auf die Dichte des Eisenbahnnetzes steht Belgien mit 23,1 km
auf 100 qkm an erster Stelle.
Post. Die Übermittlung von Briefen, kleineren Gepäckstücken,
Geld u. s. w. besorgt die Post, deren Anfänge bis ins Altertum zu-
rückreichen (Perser; Römer, seit Augustus cursus publicus; die
Römer nannten den Ort, wo ein Wechsel der Beförderungsmittel
eintrat, mansio oder mutatio und sagten: mansio posita est in
N., woraus das abgekürzte posta in N. entstand). Im Altertum
und Mittelalter aber dienten solche Einrichtungen nur bestimmten
Personen und Gesellschaften. Die ersten neueren Posteinrichtungen
begründeten Maximilian I und Karl V. (durch die Fürsten Thurn und
Taxis). Die vom Großen Kurfürsten eingerichtete brandenburgische
Post wurde von den preußischen Königen weiter ausgebildet. Bahn-
brechende Verbesserungen brachte erst das 19. Jahrhundert durch Be-
folgung des Grundsatzes, daß die Post vor allem den Verkehr er-
leichtern, nicht aber Gewinn abwerfen soll. Auf Anregung Deutsch-
lands (Di-. Stephan) ward 1874 der Weltpostverein gegründet, der
z. Z. sämtliche Staaten und Kolonien der Erde, die ein geordnetes
Postwesen besitzen, umfaßt. Durch Einführung des Einheitsportos
ist der Verkehr ungemein vereinfacht und dadurch gesteigert worden:
der Postverkehr der Welt hat sich seitdem mehr als versechsfacht.
Teleqraphie. Um wichtige Nachrichten möglichst schnell zu be-
fördern, hat man seit den ältesten Zeiten allerlei weithin sichtbare
Zeichen (Feuer vergl. Caes. II 33, Rauch, Flaggen u. ct.; vergl. auch
die Trommelsprache der Duala) angewandt. Erst seit dem Ende des
18. Jahrhunderts aber ward, zunächst in Frankreich, die optische Tele-
graphie systematisch verwendet, bald jedoch durch den 1833 von Gauß
und Weber erfundenen elektromagnetischen Telegraphen verdrängt, der
•268
Verkehrskunde.
seit 1840, in Preußen zuerst 1843, überall eingeführt ward. Die
optische Telegraphie findet jetzt nur noch im Dienst der Eisenbahnen
Verwendung und bei der Schiffahrt (durch Flaggen), um zwischen
mehreren Schiffen bez. zwischen Schiff und Festland Nachrichten aus-
zutauschen.
Die häufigen Störungen, denen die Telegraphenleitungeu aus-
gesetzt sind, führten zur Anlage von unterirdischen Leitungen, die be-
sonders in Deutschland in Aufnahme gekommen sind und hier alle
wichtigen Orte miteinander verbinden. 1851 ward das erste unter-
seeische Kabel zwischen Calais und Dover hergestellt, 1866 gelang die
Verbindung zwischen Valentin in Irland und Neu-Fuudland (3000 km).
Die von dem Italiener Mnrconi (1897) erfundene drahtlose
Fnnkentelegraphie findet Anwendung vor allem für die Verbindung
der Schiffe untereinander und mit der Küste, so daß manche Dampfer
bereits die unterwegs eingehenden Nachrichten täglich durch Zeitungen
den Reisenden bekannt machen. Auch für die Kriegsschiffe ist die
Erfindung von großer Bedeutung. Schon ist es geluugen, Telegramme
drahtlos zwischen Kanada uud England auszutauschen.
Fernsprecher. Der 1861 von dem Deutschen Reis erfundene,
besonders durch die Amerikaner Bell uud Edisou verbesserte Fern-
sprecher hat seit 1875 neben dem Telegraphen die weitgehendste
Anwendung gefunden; auch hierbei werden vielfach unterirdische Kabel
benutzt. Das ausgebildetste Fernsprechnetz besitzt zur Zeit Deutschland,
die größten städtischen Anlagen Berlin. Die längsten Fernsprechverbin-
dungen sind in Europa die zwischen Berlin — Paris — Marseille
•2056 km; eine Verständigung bis auf 5000 km Entfernung ist nicht
ausgeschlossen.
II. Die Hauptlinien des Weltverkehrs.
Eisenbahnen. Die längste allerEisenbahnlinien ist die vonLissabon
über Paris, Eöln, Berlin, Warschau, Moskau, Samara, Omsk, Jr-
kutsk, Mandschurin nach Wladiwostok 11 800 km oder über Mukden
nach Peking 13 600 km.
In Europa sind die längsten Linien die des Süd- und
Nord-Expreß:")
Lissabon—Paris 1897km (36St.),Paris—Eöln—Berlin 1078 km
*) Expreß- oder ^uruszüge stellen die schnellsten Verbindungen zwischen den
Hauptorten Europas her; sie fahren wöchentlich ein- oder zweimal oder auch täglich.
Äerkehrskunde, 269
(17 St.), Berlin—Königsberg—Eydtkuhnen—St. Petersburg 1637 km
(30 St.), und die des Orient-Expreß:
Paris — Straßburg — München—Wien— Budapest — Konstan-
tinopel, 3110 km (63 St.). Dazu kommen, diese Linien schneidend
oder ergänzend, folgende:
(London) Calais—Paris—Marseille—Nizza 1410 km (20 St.;
Calais—Paris—Dijon—Mt. Cenis—Rom 1452 km (18 St.)
oder Paris—Bologna—Ancona—Brindisi 2183 km (41 St.).
(London) Vlissingen oder Rotterdam—Basel—St. Gotthard—
Genua—Neapel oder St. Gotthard—Bologna—Brindisi.
Ostende—Brüssel—Cöln—Frankfurt—Würzburg—Wien—Buda-
pest Konstantinopel.
Bremen u. Hamburg—Hannover—Frankfurt—Basel—St. Gott-
hard—Genua (30 St.).
Hamburg — Göttingen—Würzburg—München—Brenner—Rom.
Ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt ist Berlin (vergl. S. 135
u. 146). Hier münden die Bahnen von Hamburg 286 km (3^ St.);
KopeuHägen — Gjedser (Dampffähre) — Warnemünde (10 St.);
Kristiania oder Stockholm—Trelleborg (Dampfer)—Saßnitz—Stral-
sund (30 bez. 24 St.); Stettin 135 km (2 St.). Diese Linien
setzen sich fort von Berlin nach:
Hannover—Rotterdam oder Vlissingen oder Ostende (14 St.)
oder Cöln (8 St.)—Paris (17 St.).
Magdeburg—Cöln—Paris.
Halle—Cassel—Koblenz—Trier—Metz (14 St.).
Halle—Eisenach—Frankfurt a.M.—Metz od. Basel—St. Gotthard.
Halle—Erfurt—Würzburg—Stuttgart—Zürich—St. Gotthard.
Halle—Leipzig—Hof—München (10 St.)—Brenner—Rom (30
St.)—Neapel (35 St.) oder Brindisi (47 St.).
Dresden—Prag—Wien 700 km (13 St.).
Breslau—Wien—Trieft oder Konstantinopel oder Saloniki.
Breslau—Budapest (15 St.)—Konstantinopel (50 St.) oder
Breslau—Lemberg— Odessa.
Frankfurt a. O.—Posen—Thorn—Warschau—Moskau (44 St.).
Küstrin(Thorn,Warschau) -Danzig Königsberg St. Petersburg.
Außerdem sind Wien, Budapest und Moskau wichtige Kreuzungs-
punkte der Haupteisenbahnlinien. Vergl. darüber das bei den be-
treffenden Ländern Angegebene. S. 40 u. 90.
In Asien kommen in Betracht zunächst die große Sibirische
Eisenbahn Moskau—Jrkutsk—Wladiwostok oder Peking (siehe oben)
270 Verkehrskunde,
und die Kleinasiatische von Skutari nach Angora, die sich an die
europäische Orientlinie anschließt, nach Kaisarie weiter gebaut und ihre
Fortsetzung finden soll in der bis zum Persischen Meerbusen zu
bauenden Bagdadbahn; ferner die Strecke Batum -Tiflis Baku, die
als Transkaspische Bahn über Merw (Abzweigung nach der Grenze von
Afghanistan), Buchara, Samarkaud nach Taschkent führt, von wo die
Bahn nach Orenburg im Bau begriffen ist. — Am meisten ausge-
bildet ist das Eisenbahnnetz in Britisch-Jndien, wo vor allem Bombay
mit Madras und Calcutta und dieses mit Peschawar durch Bahn-
linien verbunden sind. In China sind zwar große Eisenbahnbauten
geplant, aber erst kurze Strecken gebaut; am wichtigsteu sind:
Peking—Tientsin und die deutsche Eisenbahn von Tsingtau uach den
Kohlenbergwerken Schantungs. In Syrien reicht die Bahn von
Damaskus (nach Mekka) schon 500 km s.wärts und hat Anschluß
nach Beyrut und Haifa. — Daneben sind in andern Teilen Asiens
noch die alten Arten des Verkehrs im Gebrauch: im N. der von
Renntieren oder Hundeu gezogene Schlitten, im n. China die Karre
[als Beförderungsmittel für Personen (Rickschah) auch in Japan und
ganz Ostasien], auf den Sunda-Inseln der mit Büffeln bespannte
zweirädrige Wagen. Die Wüsten des Innern durchziehen Kamel-
karawanen, in Vorderasien dient Pferd und Maultier, im Hochgebirge
der Jak als Lasttier.
Afrika ist in der Entwicklung des Verkehrswesens, besonders im
Eisenbahnbau noch weit zurück. Im NW. ist die wichtigste Strecke:
Tunis—Algier—Dran. Für den Weltverkehr wichtiger ist die Linie:
Alexandrien—Kairo—Suez. Im Bau ist eine Bahn von Kairo nach
Kapstadt, die bis Chartum fertig ist, während sie von Kapstadt bis
an den Sambesi heranreicht. Kapstadt ist anch über Bloemfontein,
Johannesburg, Pretoria mit der Delagoabai durch Schieueustraßeu
verbunden. Während in Britisch-Ostafrika die Ugandabahn von der
Küste bis zum Viktoria-See führt, sind in den deutschen Kolonien erst
bescheidene Anfänge gemacht (vergl. S. 198. 201. 205). — Im
tropischen Afrika ist der Verkehr meist noch auf Träger ange-
wiesen: ein solcher trägt etwa 30 kg auf dem Kopfe außer ben
nötigen Lebensmitteln täglich 20 km weit; der Verkehr ist also zeit-
raubend und kostspielig, da noch Aufseher, Bewaffnete und Tausch-
mittel mitgeführt werden müssen. — Die Sahara durchziehen Kamel-
karawanen (Karvan — Handelsschutz); das Kamel, das Schiff der Wüste,
trägt 150—200 kg täglich 30—35 km weit, ein Reitkamel legt bis
15 km in einer Stunde zurück. Zwei Karawanenstraßen führen
Verkehrskunde. 271
durch das nördliche Afrika am Nord- und Südrande der Sahara
entlang; die wichtigere, weil sichere, führt von Fez über Marokko,
Algier, Tunis, Kairo nach Mekka, religiösen und Handelszwecken zu-
gleich dienend. Vom Sudan führen nach den Küsten des Mittel-
ländischen Meeres auch zwei Hauptwege: von Kuka am Tsadsee über
Mursuk nach Tripolis und von Timbuktu nach Marokko mit Ab-
zweigung nach Algier oder Mursuk. — In Südafrika ist der mit 20 und
mehr Ochsen bespannte schwerfällige Wagen noch allgemein im Gebrauch.
In Nordamerika ist das Eisenbahnnetz infolge der günstigen
Verhältnisse sehr ausgebildet. Die größte Bedeutung haben die
Pacificbahnen, die die atlantische Küste mit der des Großen Ozeans
verbinden. Nachdem 1869 die 5400 km lange Linie Neuyork—
Chikago— Großer Salzsee—Sau Francisco, die in 4—5 Tagen durch-
fahren wird, eröffnet war, sind schnell 5 weitere Linien gefolgt,
darunter eine in Britisch Nordamerika: Halifax— Quebek—Montreal
Vancouver (6028 km; schnellste Verbindung zwischen England und
Ostasien; eine zweite nördlichere Linie ist im Bau); ferner von Chicago
nach der Mündung des Columbia und von Neupork über Neuorleans
nach San Francisco oder Mejiko. — Südamerika steht dagegen noch
sehr zurück. Für den Weltverkehr von Bedeutuug sind nur die Linien
Bueuos-Aires—Valparaiso (1410 km, Fahrzeit 3—4 Tage) und in
Mittelamerika die Panamabahn 76 km (3 St.).
In Australien sind die wichtigen Orte des S. und O. durch
Eisenbahn verbunden: Adelaide—Melbourne—Sidney—Brisbane, von
welcher Linie mehrere Seitenarme ins Innere führen. In Aussicht
genommen ist die Verbindung zwischen West- und Südaustralien und
von hier aus die südnördliche Überlandbahn nach Port Darwin.
Die. Dampfschiffahrt wird meist von Gesellschaften betrieben;
die größten sind die Hamburg-Amerika-Linie, deren 162 Seedampfer
einen Rauminhalt von 762 610 t*) haben (Anfang 1906), und der Nord-
deutsche Lloyd [leud] in Bremen, die teilweise zusammen arbeiten. Eine
größere Dampferflotte als die eine Haniburger Gesellschaft haben nur
3 Staaten (vergl. die Tabelle S.276). Die beiden deutschen Gesellschaften
unterhalten besonders den Verkehr mit Nord-, Mittel- und Südamerika
(auch von Häfen des Mittelmeers aus), mit Ostasien (auch zwischen
s,<) Zur Zeit der Hansa wurde die Ladefähigkeit der Schiffe nach Tonnen be-
rechnet, da fie hauptsächlich Bier und Wein verfrachteten. Jetzt gebraucht man den Aus-
druck sowohl für die Größe (1 Registertonne — 2,83 cbm) als auch für die Tragkraft
(1 t = 1000 kg) des Schiffes. 1000 Registertonnen entsprechen ungefähr 2000 Ge-
wichtstonnen. Bei der Begleichung zweier Flotten kommt wegen der verschiedenen
l'iröße der Schiffe weniger die Zahl der Schiffe als ihr Tonnengehalt in Betracht.
272 Verkehrskunde.
San Francisco und Jokohama), und mit Australien. Den Verkehr nach
Afrika, vor allem nach den deutschen Kolonien daselbst, besorgen die
Ostafrika-und dieWörmann-Linie. Dielängste allerregelmäßig befahrenen
Dampferlinien ist die von Hamburg nach San Francisco (105 Tage).
Von den zahlreichen englischen Schiffahrtsgesellschaften steht
obenan die Peninsular aud Oriental Steam Navigation Company
(London), kurz I'. and 0. genannt, deren Dampfer den Verkehr mit
den Mittelmeerländern, mit Süd- und Ostasien und Australien be-
sorgen. Für Frankreich leisten diesen Dienst von Marseille aus die
Schiffe der Messageries Maritimes, für Österreich von Trieft aus die
des Österreichifch-Ungarischen Lloyd. Die meisten englischen Linien
gehen von Liverpool und Sonthampton aus; in Frankreich kommt
für den Verkehr nach Amerika Le Havre in Betracht. Von den
außereuropäischen Schiffahrtsgesellschaften ist die größte eine japanische,
die Jokohama über Honolulu mit San Francisco verbindet und auch
nach deu Niederlanden fährt.
Postsachen und Reisende werden von Postdampsern befördert,
die in den meisten Ländern einen Staatszuschuß erhalten und einen
genauen Fahrplan innehalten. Die wichtigsten deutschen Postdampfer-
liniert führen von Hamburg oder Bremerhaven aus
nach Neuyork über Southampton oder Cherbourg in 7 bis
8 Tagen; nach Westindien, bis Colon in 27, bis Veracruz in
40 Tagen; nach Brasilien über Lissabon, Pernambuco, Bahia, Rio
de Janeiro, Santos in 29 Tagen; Montevideo, Buenos-Aires;
nach Ostasien über Rotterdam, Southampton, Gibraltar, Genua,
Neapel, Port Said, Aden, Colombo, Singapore, Hongkong,
Schanghai, Jokohama in 52 Tagen;
nach Australien über Suez, Colombo, Adelaide, Melbourne,
Siduey in 53 Tagen;
nach Westafrika, Togo in 18, Kamerun in 23 Tagen; nach
Swakopmund (direkt) 24 Tage;
uach Kapstadt 26 Tage, bis Delagoabai 39 Tage;
uach Ostafrika über Lissabon, Marseille, Neapel, Port Said,
Dar es Salam 33 Tage, bis Natal 48 Tage.
Dazu kommeu die Verbindungslinien: Dar es Salam—Bombav;
Hongkong —Neu-Guinea—Sidney; Sidney —Marschallinseln—Karo-
linien—Hongkong; Schanghai—Kiautschou Tientsin. Auch iu Hinter-
indien und China (auf dem Jangtsekiang) wird der Verkehr großen-
teils durch deutsche Dampfergesellschaften besorgt.
Von den übrigen nicht von deutschen Schiffen befahrenen Linien
Verkehrskunde. 273
fiitb die wichtigsten: Kapstadt—Sidney; Sidney—Neu-Seeland—Hono-
tulu—©an Francisco oder Vancouver; San Francisco—Honolulu—
Jokohama—Hongkong und Vancouver—Jokohama—Hongkong.
Abgesehen von den Telegraphenlinien, die, meist den Eisen-
bahnen folgend, fast alle Städte der Kulturländer verbinden, kommt
in Europa zunächst der Telegraph in Betracht, der im Dienst des
Fischhandels von Kristiania über Bergen und Drontheim die West-
küste Norwegens entlang bis nach Hammerfest und Vardöhus führt.
Für den Weltverkehr sind folgende Linien die wichtigsten: London-
Emden—Berlin—Warschau—Odessa—Tiflis—Teheran—Abuschehr oder
London—Konstantinopel—Smyrna—Bagdad—Abuschehr (unterseeisch
bis) Karatschi—Bombay—Madras (unterseeisch bis) Singapore; oder
(unterseeisch) London—Lissabon — Gibraltar—Malta—Alexandrien—
Suez — Aden—Bombay; ferner Berlin—Moskau—Kasan—Tobolsk—
Nertschinsk—Wladiwostok von wo Untersee-Kabel über die ostasiatischen
Hafenstädte nach Singapore führen. Hier schließen sich Kabel an, die
über Java nach Port Darwin in Nordaustralien leiten; der mehr als
3000 km lange australische Überlandtelegraph durchzieht Australien
bis Port Augusta im Süden, das mit Melbourne und Sidney und
von da durch Kabel mit Neu-Seeland verbunden ist.
Nach Nordafrika sind von Europa zahlreiche Kabel gelegt; an
der Westküste Afrikas reichen sie bis Kapstadt, an der Ostküste (über
Suez, Aden) bis Port Natal, wo der Überlandtelegraph die Ver-
bindung fortsetzt. Die deutschen Kolonien sind sämtlich an diese Kabel
angeschlossen. In Angriff genommen ist die Herstellung einer Tele-
graphenlinie, die von Kapstadt bis Kairo reichen soll.
Den Verkehr zwischen Europa und Nordamerika vermitteln
15 Kabel, nämlich 11 von Großbritannien aus, 2 von Frankreich,
2 von Deutschland (Emden—Azoren—Neuyork), nach Südamerika
3 von Lissabon und Cadiz aus über St. Vincent nach Pernambuco.
Von hier, wo auch das von Florida über die Antillen gelegte Kabel
landet, geht die Leitung südwärts bis Buenos-Aires, dann über die
Anden nach Valparaiso. Die Hauptplätze der Westküste sind nord-
wärts bis Panama bez. Tehuantepek durch Kabel verbunden, wo der
Anschluß an die durch das Antillenmeer oder durch Mejiko und die
Union führenden Linien erfolgt. Von San Francisco führt ein Kabel
über Honolulu—Guam—Philippinen nach Hongkong, und von Van-
couver über die Fidschi-Jnseln nach Neuseeland und Brisbane in
Australien. Deutsche Kabel verbinden die Marianen (Saipan) und
die Karolinen (Jap) mit Eelebes sowie über Schanghai mit Tsingtau.
Schlemmer, Erdkunde II. Z. Auflage, lg
Hberfichtm und 'Vergleiche.
Flächeninhalt und Bevölkerung der Erdteile.
qkm Einwohner auf 1 qkm
Europa.......... 10 000 000 400 000 000 40
Asien........... 44 000 000 820 000 000 19
Afrika........... 30 000 000 145 000 000 5
Amerika.......... 42 000 000 150 000 000 3,5
Australien und Polynesien . . . 9 000 000 7 000 000 0,7
Zusammen mit Polargebieten (abgeschätzt) 135 000 000 144 000 000 1 522 000 000 11
Flächeninhalt und Tiefen der Meere.
qkm mittlere Tiefe größte Tiefe
Großer Ozean....... 175 000 000 4 000 9 640
Atlantischer Ozean...... 90 000 000 3 700 8 341
Mittelländisches Meer.... 3 000 000 1 300 4 400
davon Schwarzes Meer . . . 450 000 1 100 2 600
Nordsee......... 550 000 90 808
Ostsee.......... 430 000 70 427
Indischer Ozean....... 74 000 000 3 900 6 205
Nördliches Eismeer ..... 12 000 000 820? 4 850
Südliches Eismeer...... 15 000 000 1 500? 6 000
Zusammen 366 000 000 fast 4 000 9 640
Breiten einiger Meerengen in Kilometern.
Bab-el-Mandeb
„ kleiner
Bosporus .
20 Dardanellen..... .... 2—5
92 Dover-Calais .... .....32
16 Gibraltar...... .....16
0,6 Messina...... ..... 3
2Vo Sund....... ..... 4
Übersichten und Vergleiche.
275
Berge.
Höhen in m.
Aconcagua 7000.
Altvater 1500.
Annaberg, St. 400.
Ararat 5200.
Arber, großer 1500.
Beerberg 1000.
Belchen, Deutscher 1400.
Elsasser 1250
„ Sulzer 1400.
Ben Neuis 1300.
Brocken 1140.
Ehimborazo 6250.
Cröt de la Neige 1700.
Demavend 5500.
Elbrus 5600.
Etna 3300.
Feldberg, Schwarzw. 1500.
„ Taunus 900.
Fichtelberg, Erzgeb. 1200.
Finsteraarhorn 4300.
Fuschijama 3800.
Äaldhöppig 2600.
Gaurisankar 8840.
Gerlsd orfer Spitze 2700.
Gran Sasso 2900.
Groß Glockner 3800.
Jnfelsberg 920.
Jungfrau 4200.
Kamerunberg 40C0.
Katzenbuckel 630.
Keilberg, Erzgeb. 1240.
Kenia 5600.
Kilimandscharo 6000.
Kotopaxi 6000.
Maladetta 3400.
Matterhorn 4500.
Montblanc 4810.
Mt. Dore 1900.
Mt. Mac Kinley 6240.
Mt. Pelvoux 4 >00.
Mte Rosa 4600.
Mte. Biso 3800.
Mauna Loa 4200.
Mount Logan 5900.
Ochsenkopf, Fichtelg. 1020.
Olymp 3000.
Ortler 3900.
Orizaba, Pic von ^600.
Schneeberg,Fichtelg. 1050.
„ großer 1420.
Schneekoppe 1600.
Snowdon 1100.
Tafelberg 1080.
Tafelfichte 1100.
Tenerifa, Pic von 3700.
Titlis 3200.
Tödi 3600.
Turmberg 330.
Vesuv 1300.
Vogelsberg 800.
Wasserkuppe 950.
Zugspitze 2960.
Inseln.
Größen in qkm.
Borneo 733 000.
Bornholm 584.
Eelebes 178 000
Ceylon 65 000.
Eorsica 8800.
Euba 118 000.
Eypern 9600.
Formosa 34 500.
Grönland 2 170 000.
Großbritannien 229 000.
Ha'iti 77 000.
Hawaii 11 000.
Helgoland 0,55.
Jamaica 10 800.
Java 126 000.
Irland 84 000.
Island 104 000.
Karolinen 1450.
Luzon 105 900.
Madagaskar 591 000.
Marianen 1140.
Marschall-Inseln 405.
Neu-Guinea 785 000.
Neu-Pommern 24 900.
Neu-Seeland, N. und S.
270 000
Nipon 226 000.
Portorico 9300.
Rügen 967.
Samoa-Jnseln 2700
(Deutsch 2076).
Sansibar 1'90.
'Sardinien 23 800.
Seeland 6800.
Sizilien 25 000
Sumatra 431 000.
Tasmania 67 000.
Seen.
Größen in qkm.
Albert-See 4500.
Albert Edward- 3900.
Ammer- 46.
Aral- 67 000.
Baikal- 35 000.
Bangweolo- 5100.
Boden- 538.
Brienzer- 29.
Ehiem- 85.
Comer- 144.
Dümmer- 22.
Erie- 26 000.
Garda- 370.
Genfer- 580.
Huron- 61 000.
Kaspifches Meer 438 000.
Ladoga-See 18 000.
Lago Maggiore 210.
Mälar-See 1700.
Mauer- 92.
Michigan- 58 000.
Müntz- 133.
Neuenburger- 220.
Neufiedler 350.
Nicaragua- 11 500.
Njaffa- 26 000.
Oberer- 80 000.
Onega 8500.
Ontario- 18 000.
Platten- 614.
Rudolf- 10 200.
Salzfee, großer 6000.
Schweriner-See 58.
Spirding- 133.
Starnberger- 56.
Steinhuder-Meer 30.
Tanganika-See 35 000.
Thuner- 48.
Titicaca- 8000.
Totes Meer 914.
Tfad-See 27 000.
Urmia- 3800.
Victoria Njanfa 68 000.
Vierwaldftätter- 114.
Man- 3600.
Wener- 6240.
Wetter- 1960.
Züricher- 89.
Zuger- 38.
18*
276
Übersichten und Vergleiche.
Längen und Flußgebiete einiger Flüsse.
km (jkm km qkm
Amazonas . . . 5500 7 000 000 Ob..... 5200 2 980 000
Donau .... 2850 817 000 Oder .... 900 112 000
Elbe..... 1160 143 000 Oranje Fluß . . 1860 1 080 000
Euphrat . . . 2100 673 000 ! Orinoco . . . 2225 850 000
Ganges u. Brah- Po..... 670 69 000
maputra. . 3000 1 300 000 | Rhein .... 1300 224 000
Hoangho . . . 4100 1 000 000 Rhone . . . 810 99 000
Jangtsekiang . . 5200 1 870 000 Rio de la Plata . 3700 3 000 000
Jenissei .... 5200 2 200 000 Rovuma . . . 1100 334 000
Indus .... 3180 960 000 Sambesi . . . 2660 1 330 000
Kongo .... 4600 3 690 000 Seine . . . 700 78 000
Lena..... 4600 2 350 000 Tajo .... 1010 82 000
Loire .... 1020 121 000 i Themse .... 405 12 500
Mississippi- Ural..... 2380 84 000
Missouri . . . 6500 3 300 000 Weichsel . . . 1040 193 000
Nil..... 6000 2 800 000 ; Weser .... 710 36 000
Niger .... 4160 2 650 000 Wolga .... 3570 1 460 000
Eisenbahnen, Telegraphen, Handelsflotten einiger Staaten.
Eisen- bahnen km Tele- graphen km Tonnengehalt der Dampfer über Segler über 100 t 50 t Gesamte Leistungs- fähigkeit
4 600 6 600 101 700 1 050 306 150
3 078 3 787 291 600 138 750 1 013 550
55 000 137 000 1 800 000 530 000 5 930 000
45 400 149 800 636 500 494 100 2 404 000
36 000 82 800 9 135 200 2 080 000 29 486 000
7 500 26 500 403 000 184 000 1 393 000
16 000 46 400 457 500 523 900 1 896 000
2 900 6 780 378 900 90 600 1 227 000
2 384 93 390 638 300 749 400 2 664 000
41 800 66 500 262 300 30 300 817 200
2 394 8 500 50 000 60 000 210 000
53 258 175 000 388 900 534 000 1 701 000
12 290 17 000 371 300 262 900 1 327 000
13 800 33 366 453 700 86 300 1 447 000
334 624 390 990 1 165 300 1 465 800 4 962 000
Belgien . .
Dänemark
Deutsches Reich
Frankreich
Großbritannien
Japan . . .
Italien . .
Niederlande .
Norwegen
Österreich-Ungarn
Portugal . .
Rußland (europ.
Schweden . .
Spanien . .
Union . . .
Übersichten und Vergleiche.
277
Flächeninhalt, Bevölkerung und Kolonialbesitz der europäischen
und einiger anderer Staaten.
Name des Landes Größe c^km Bevölkerung auf 1 qkm auswärti Größe qkm ger Besitz Bevölkerung
Belgien....... 29 400 6 985 000 237 2 380 000 19 000 000
Bulgarien...... 96 300 3 744 000 39
China........ 4 000 000 320 000 000 80
Nebenländer ..... 7 000 000 10 000 000 1,4
Dänemark...... 38 400 2 585 000 11 88 500 42 000
europ. Nebenländer . . 106 000 93 000 0,9
Deutsches Reich . . . in Afrika: Togo . . . 540 000 60 500 000 111 2 600 000 13 634 000
87 000 2 500 000
Kamerun . . 495 000 3 500 000
Deutsch-Südwestafrika . 831 000 200 000
Deutsch-Ostafrika . . . 946 000 6 847 000
in Asien: Kiautschau . 501 120 000
in Polynesien .... 244 000 470 000
Frankreich...... 536 000 38 961 000 72,6 5 948 000 49 000 000
in Afrika...... 4 578 000 28 000 000
in Asien...... 644 000 18 000 000
in Amerika..... 82 000 428 000
in Polynesien .... 624 000 3 000 000
Großbritannien . . . 314 000 43 308 000 137,5 29 425 000 356 000 000
in Asien...... 5 176 000 302 000 000
in Afrika...... 5 648 000 40 000 000
in Amerika..... 10 341 000 7 7/0 000
in Australien und Poly-
nesien ........ 8 258 000 5 772 000
Japan........ 420 000 50 000 000 119
Italien....... 286 000 33 218 000 116 490 000 730 000
Luxembur g..... 2 580 236 000 91
Niederlande ..... 33 000 5 430 000 164 2 045 000 37 875 000
in Asien...... 1 520 000 37 494 000
in Amerika..... 130 000 142 000
in Polynesien .... 395 000 240 000
Norwegen...... 321 000 2 292 000 7
Österreich-Ungarn . . 625 000 47 000 000 72
Bosnien u. Herzegowina Portugal mit Azoren . 51 000 1 737 000 34
90 000 5 272 000 58 2 100 000 7 000 000
Rumänien..... 131 000 6 292 000 48
Rußland...... 5 390 000 105 626 000 19,6 16 500 000 23 000 000
Schweden...... 448 000 5 221 000 11,7
Schweiz..... 41 000 3 425 000 82,6 54
Serbien . . . 48 000 2 624 000
Spanien , . . . 500 000 18 000 000 37
Türkei (in Europa) . . 169 001 6 130 000 36 2 818 000 18 000 000
Vereinigte Staaten . 9 500 000 80 000 000 8,5 306 000 8 600 000
278 Übersichten und Vergleiche.
Hanptgegenstände und Wert der Ein- und Ausfuhr einiger Länder.
(Die erste Zahl bezeichnet in Mill. JC den Gesamtwert der Ein- und Ausfuhr, die
übrigen Zahlen den Wert der Ein- und Ausfuhr der einzelnen Gegenstände für 1904.
Einfuhr. Ausfuhr,
Belgien
Dänemark . .
Deutsches Reich
Frankreich . .
Großbritannien
Italien . . .
Niederlande .
Norwegen . .
Oesterreich, .
Portugal . .
2225: Getreide u. Mehl 360,
Wolle 122, Holz, Alachs,
Harz, Häute, Kaffee, Baum-
wolle.
652: Getreide, Kohlen, Eisenw.
Holz, Wollgewebe.
6864: Nahrungsmittel 1707,
Rohstoffe 3187, Fabrikate
1219; Getreide 600, Baum-
wolle 508, Häute u, Felle
369, Wolle 357, Holz 231,
Vieh 212, Kohle 165, Kaffee
163, Seide, Kupfer, Eisen,
Eier 114, Kautschuk, Chili-
salpeter, Tabak 94, Garne.
4863: Nahrungsmittel 676,
Rohstoffe 2292, Fabrikate
656; Wolle 303, Baumwolle
292, Seide 263, Kohle 206,
Ölfamen, Häute, Holz, Wein
144, Getreide, Flachs, Kaffee.
11020: Getreide 1280, Baum-
wolle 1100, Fleisch 760,
Holz, Wolle, Butter, Zucker,
Chemikalien,Seidenw,,Tiere,
Tee.
1564: Baumwolle 188, Ge-
treide 145, Seide, Kohle,
Maschinen, Eisen, .volz,
Häute, Wolle.
4082: Nahrungsmittel 1083,
Rohstoffe 1573,Fabrikatei!47.
327: Getreide 58, Kolonialw,
Gewebe, Kohle, Metalle u.
Metallw.
1834: Baumwolle 192, Wolle
III, Kohle 88, Getreide 80,
Häute, Tabak, Maschinen,
Kasse, Seide.
Rohstoffe 121, Nahrungsmittel
68, Garn u. Webw., Tiere.
1746: Eisen und Stahl 144,
Getreide u. Mehl 97, Ma-
schinen, Häute, Garn,Kohlen,
Glaswaren, Webwaren.
553: Butter 170, Fleisch 98,
Tiere, Eier.
5315: Nahrungsmittel 502,
Rohstoffe 1257, Fabrikate
3441; Chemische Fabrikate
416, Eisenwaren 341, Baum-
wollw. 336, Kohle 283, Ma-
schinen 274, Wollw. 249,
Zucker 179, Seidenw, Kurz-
waren, Getreide, Kleider,
4462: Nahrungsmittel 556,
Rohstoffe 1000, Fabrikate
1764; Seidengewebe 232,
Häute, Wolle, Wein 180,
Wollgewebe, Pariser Artikel,
Baumwollaewebe, Seide.
7420: Bauinwollgewebe 1500,
Kohle 540, Eisenwaren 520,
Maschinen,Wollgewebe, Gar-
ne, Schiffe.
1284: Seide u. Seidengewebe
414, Baumwollw., Holz- u.
Strohwaren, Olivenöl 42,
Früchte 41, Schwefel, Wein28.
3370: Nahrungsmittel 1124,
Rohstoffe 1256,Fabrikate 549.
215: Fische u. dergl. 67, Holz
39, Holzwaren 34, Mine-
ralien,
1821: Holz 214, Vieh 138,
Zucker 129, Eier 90, Ge-
treide 59, Kohlen, Wollw.,
Glas, Holzw., Felle, Lederw,
Eisenw.
Wein 45, Kork 14, Fische,
Früchte.
Übersichten und Vergleiche.
279
Einfuhr. Ausfuhr.
Rußland .
Schweden . .
Schweiz. . .
Spanien
Union .
1420: Lebensmittel 186, Roh-
stoffe 666, Fabrikate 314;
Baumwolle 214, Maschinen
124, Tee 100, Metallw.,
Wolle, Kohle.
599: Kohle, Getreide, Eisenw.,
Maschinen, Kolonialw.,
Baumwolle, Wolle.
1048: Seide 112, Getreide u.
Mehl III, Kohle, Baum-
wollw. u. Wollw., Eisen,
Wein.
774: Baumw. 89, Kohle 57,
Holz 51, Maschinen, Eisen
u. Eisenw., Stockfisch.
4704: Zucker 302, Kaffee 294,
Chemikalien 273, Häute,
Baumwollw., Seide, Kaut-
schuk.
2094: Lebensmittel 1250, Roh-
stoffe 600; Getreide 926,
Flachs 160, Holz 132, Pe-
troleum 106, Eier 102,
Butter, Zucker, Tiere, Hanf.
484: Holz 184, Eisen 67,
Butter 41, Holzstoff, Papier,
Steine, Streichhölzer.
748: Seidenwaren 126, Baum-
wollwaren 123, Uhren 98,
Maschinen, Seidengarn, Käse
775: Eisen 104, Wein 67,
Kupfer 64, Blei 54, Früchte
48, Olivenöl 40, Kork 30.
6518: Baumwolle 1558, Fleisch
714, Getreide 626, Petrole-
um 332, Maschinen, Kupfer,
Holz, Tiere, Tabak, Eisen,
Kohle.
Verteilung der Großstädte der Erde.
Einwohner s - K i G e c R § N I 'S 5 6 J Ö Ö äs 3? S 5 Ö Ö? 1 1 :Q 3 &- 5 's ■O £ 5 K E- 3 85 g B ■e & B G 5 6
über 2 Mill. . 1 3 1 1 1
„ 1 Mill. . 2 5 4 1 1 2
„ 600 T. . 1 1 8 5 1 2 1 1
„ 500 T. 2 4 8 10 1 3 2 2 1 2
„ 400 T. . 1 1 8 2 2 2 1 1
„ 300 T. . 9 1 3 12 1 1 4 2 1 1 1 1
„ 200 T. . 11 13 29 1 11 2 6 2 1 1 1 1 2 1
„ 100 T. . 2 25 3 40 86 2 2 22 10 21 4 1 5 1 10 1 2 4
zusammen: 4 143 5 73 157 3 4 1 41 15 38 11 4 - 8 2 1 17 2 2 7
Städte iit Europa mit mehr als 200000 Einwohnern.
Einwohner Deutsches Reich Frankreich Großbrit. Italien Niederl. Belgien Österreich- Ungarn Rußland Skandinv. Spanien Portugal übrige Staaten
über 2 M. Verlin Paris London
„ 1 SR. Wien Petersburg Moskau Konstantinopel
„ 800 T. Hainburg Glasgow
„ 700 T. Liverpool Budapest Warschau
Ö o München Dresden Leipzig Manchester Birmingham Neapel Rom Amsterdam Brüssel Madrid Barcelona
„ 400 T. Breslau Marseille Leeds Mailand
Cöln Lyon Sheffield Odessa Lodz
„ 300 T. Frankfurt a.M. Dublin Belfast Bristol Edinburg Turin Palermo Rotterdam Kopenhagen Stockholm Lissabon
„ 200 T. Nürnberg Bradsord Antwerpen Riga Bukarest
Düsseldorf Bordeaux Hull
Hannover Nottingham Kijew
Stuttgart
Chemnitz
Magdeburg
Charlottenburg Genua
Stettin Salford Haag
Essen Newcastle Prag Kristiania
Königsberg Leicester
Bremen Lille Florenz Valencia
Übersichten und Vergleiche.
281
Unter gleicher geographischer Breite liegen:
60°n. Br.: Mt. Logan; S.-Spitze Grönlands; Kristiania, Petersburg; Ochotsk,
50°n. Br.: Vancouver-Jnsel, Neufundland; Kap Landsend, Mainz, Prag, Char-
kow; Altai, S.-Spitze Kamtschatkas.
40° n. Br.: Philadelphia (Neuyork 41°); Toledo (Neapel 41°), Dardanellen,
(Konstantinopel 41°); Angora, Buchara, Peking.
30°n.Sr.: Neuorleans; Kairo, Suez; Mündung des Schatt-el-Arab, Jangtse-
kiang.
u.Wendekreis: S.-Spitze Californiens, Habana; Sahara; Maskat, Jndus-Mündung,
Calcutta, Canton, Formosa.
20° n. Br.: Mejico, N.-Küste von Haiti; Mitte der Sahara; Bombay; Hawaii.
10° n. Br.: Orinoco-Mündung; Hoch-Sudan, (Kap Guardafui 12°); Palkstraße,
Cochinchina; Marschall-Inseln.
Äquator: Quito, Amazonas-Mündung; nördl. Viktoria Njansa, Kenia; Mitte
von Sumatra und Borneo, Molukken.
10° s. Br.: (Pernambuco 9°); N.-Spitze des Njassa-Sees; Timor; Torres-Straße,
S.-O. Spitze von Neu Guinea.
20° s. Br.: nördl. Chile; Damaraland; Mitte von Madagaskar; Queensland,
Neu-Caledonien.
s. Wendekreis: Rio de Janeiro; Walfischbai, südl. Madagaskar; Neu-Caledonien.
30° s. Br.: Rio Grande do Sul; Oranjesluß; Neu Süd-Wales.
40° s. Br.: Valdivia (Chile); Baß-Straße; Neu-Seeland (Nordinsel).
50° s. Br.: südliches Patagonien.
Unter gleicher geographischer Länge liegen:
0° Greenwich, Le Havre, Mt. Perdu, (Valencia ^2° Kleiner Atlas,
Voltaslutz in Togo.
10° O. Kristiania, Hamburg, Würzburg, Ulm, Cremona; Tunis, Kamerunberg.
20° O- (Tromsö 19°), Alands-Inseln, Pillau, Krakau, Korsu, Nadelkap.
30° O- Petersburg, Kiew, (Skutari 19°), Alexandria, Tanganika-See.
60° O. Uralgebirge, Aralsee, O.-Spitze von Arabien.
40° O. Amur-Mündung, Tokio; Mitte von Neu-Guinea, Adelaide.
70° W. Boston, Haiti, Titicaca-See, Kap Hoorn.
Namenverzeichnis.
A.
Aachen 113.
Aalborg 46.
Aare 75.
Aarhuus 46.
Aberdeen 54.
Abessinien 205.
Abo 40.
Abruzzen 19.
Aconcagua 227.
Adamaua 197.
Adamello Alpen 80.
Adainsbrücke 171.
Adda 17. 80.
Adelaide 237
Adelsberger Grotte 87.
Aden 161.
Adersbach 124. 125.
Adler-Gebirge 124.
Admiralitäts-Inseln 238.
Adour 68.
Adrianopel 27.
Adriatisches Meer 29.
Afrika 188.
Ägäisches Meer 29.
Ägatische Inseln 19.
Ägina 24.
Ärmelineer 231.
Afghanistan 167.
Agram 90.
Ägypten 206.
Ajaccio 68.
Ainos 178.
Aiorolo 78.
Äland-Jnseln 40.
Alaska 213.
Albanien 27.
Albert Eduard See 203.
Albert Njansa 203.
Albnrs-Gebirge 166.
Aleppo 162.
Alessandria 22.
Alerandrowsk 40.
Aleuten 213. 244.
Alexandria 207.
Algäuer Alpen 79. 96.
Algerien 193.
Algier 193.
Alicante 16.
Allahabad 170.
Alle 130.
Alleghany 214.
Allenstein 137.
Aller 142.
Allier 62.
Alpen 69. 74.
Deutsche 96.
Kalkalpen 79.
Mittelalpen 70.
Ostalpen 69. 79.
Schweizer 70. 74.
Westalpen 61. 69.
Alpenstraßen 73. 78. 81.
Alsen 48. 140.
Alt, Aluta 31.
Altai 180.
Altenburg 122. 151.
Altmühl 97.
Altona 145
Altvater 124.
Amazonas 228.
Amberg 99.
Amboland 201.
Amerika 211.
„ Bevölkerung 212.
Amiens 65.
Amiranten 208.
Ammersee 97.
Amsterdam 58.
Amu 180. 185.
Amur 183.
Anam 172.
Andalusien 14. 16.
Andamanen 172.
Anden 227.
Andorra 16.
Andreasberg 120.
Aneho 196.
Angerap 130.
Angola 199.
Angora 165.
Angra-Pequena 201.
Anhalt 118. 151.
Anklam 139.
Annaberg 122.
Ansbach 108.
Antilibanon 162.
Antillen, große 224, 225.
„ kleine 224. 225.
Antiochia 162.
Antitaurus 164.
Antwerpen 60.
Apeninen, Gebirge 17.
Alpenninen-Halbinscl 17.
Apia 243.
Apolda 119.
Apulien 19.
Araber 160.
Arabien 160.
Arabisches Meer 209.
Aragonien 13. 17.
Aral-See 185.
Ararat 165.
Aras 165.
Arber 96.
Archangelsk 37.
Ardennen 57. 62.
Argentinien 231.
Argonnen 62.
Arkona 140.
Armenien 165.
Arno 19.
Arnsberg 113.
Arnstadt 155.
Arolsen 115.
Arta, Meerbusen von 24.
Ascension 209.
Aschaffenburg 108.
Aschersleben 133.
Asien 156.
Asowsches Meer 29. 34.
Astrachan 37.
Astrolabebai 238.
Atacama 226.
Atbara 206.
Athen 27.
Atlantischer Ozean 233.
Atlas 191.
„ hoher 191.
„ -länder 191.
Athos 25.
Atoll 240.
Attila 25.
Auckland 239.
Augsburg 98.
Aurich 146.
Austerlitz 88.
Austral-Alpen 235.
Australgolf 235.
Australien 235.
Australier 7. 236.
Australische Inseln 237.
Auvergne 62.
Azoren >5.
Azteken 223.
B.
Bab-el-Mandeb 189. 209.
Babylon 166.
Bachr-el-abiad 206.
„ el-asrek 205.
„ el-Ghasal 206.
Baden 103. 150.
Bassins Bai 233. 246.
Bagamojo 205.
Bagdad 166.
Bagirmi 195.
Bahama-Znfeln 224.225.
Bahia 230.
Bahrein-Inseln 161.
Baikal-See 184.
Bakony-Wald 82.
Baku 187.
Balearen 16.
Bali 172.
Balkan 25.
Balkan-Halbinsel 24.
Balkasch-See 185.
Baltimore 219.
Baltischer Höhenzug 128.
Bamberg 108.
Bangka 172.
Bangkok 172.
Bangweolo-See 199.
Bantu-Neger 191. 200.
205.
Namenverzeichnis.
Barcelona 16.
Barka 193.
Barmen 113.
Basel 77.
Basken 14.
Basra 166.
Baßstraße 235.
Bastia 68.
Batavia 174.
Bautzen 126.
Bayern 93. 149.
Bayonne 68.
Bayreuth 107.
Bayrische Alpen 79. 96.
Bayrischer Wald 97.
Beduinen 160.
Beerberg 116.
Beirut 162.
Belchen, deutscher.
Elsäffer, Sulzer 101.
102.
Belfast 54.
Belsort 66.
Belgien 56. 59.
Belgrad 28.
Bell Rock 54.
Belt, gr. ii. kl. 48.
Belutschistan 167.
Benares 170.
Bengalen, Golf v. 170.
2,9.
Ben-Nevis 50.
Benue 195.
Berber 193.
Berchtesgaden 98.
Alpen 96.
Beresina 34.
Bergamasker Alpen 79.
Bergedorf 145.
Bergen 45. 61.
Beringstraße 157. 244.
246.
Berings-Meer 244.
Berlin 135.
Bermudas-Inseln 218.
Bern 77.
Berner Alpen 74.
Bernburg >33.
Bernina Alpen 79.
Besan^on 67.
Beskiden 81. 82.
Beuthen 131.
Bhutan 171.
Bialowicza 39.
Biarritz 68.
Bielefeld 116.
Bieler See 76.
283
Bihargebirge 82.
Bingen II2.
Binger Loch 110.
Birkenfeld 149.
Birma 172.
Birmingham 53.
Biscaya 10.
Bismarck-Archipel 237.
Blankenburg 120.
Blanco, Kap 186.
Bloemsontein 202.
Bober 124.
Bochum 113.
Bode 117.
Bodensee 75. 96,
Bogota 232.
Böhmen 81. 87.
Böhmer Wald 81. 96.
Böhmisch-mähr. Hügel-
land 81.
Bolivia 231.
Bologna 22.
Boma 199.
Bombay 171.
Böhm. bayr. Wald 97.
Bonifacio, Str. v. 19.
Bonn 112.
Bordeaux 68.
Borkum 141.
Borneo 174.
Bornholm 46.
Bornu 195.
Boromäische Insel 19.
Bosna 25.
Bosnien 28.
Bosporus 29
Boston 219.
BottnischerMeerbusen 48.
Bougainville 238.
Boulogne 65.
Bourgogne 66.
Bozen 86.
Bradford 53.
Brahe 129.
Brahmaputra 168.
Brandenburg 136.
Brasilien 228.
Brafilian. Bergland 228.
Braunschweig 118. 133.
151.
Brege 97.
Bregenz 86.
Bremen 145. 152.
Bremerhaven 145.
Brenner 81.
Breslau 131.
Brest 65.
284
Namenverzeichnis,
Bretagne 61. 65.
Brieg 131.
Brienzer See 75.
Brigach 97.
Brindisi 23.
Brisbane 237.
Bristol 53.
Bristol-Kanal 49.
Britische Inseln 49.
Britisch Nordamerika 217.
„ Ostafrika 203.
„ Südafrika 202.
Brocken 117.
Bromberg 134.
Bromberger Kanal 130.
Brooklyn 219.
Brügge 60.
Brünn 88.
Brussa 165.
Brüssel 60.
Buchara 186.
Buckan 133.
Bückeburg 116.
Budapest 89.
Buea 198.
Buenos-Aires 231.
Buffalo 219.
Bug 34.
Bukarest 33.
Bukoba 205.
Bukowina 89.
Bulak 207.
Bulgarien 28.
Burgunder Kanal 63.
„ Pforte 62.
Burtscheid 113.
Buschmänner 7. 200. 201.
(5.
Cadiz 15.
Calabrien 19.
Calais 56. 65.
Caledonischer Kanal 50.
Calcutta 170.
Californien 213. 222.
Callao 231.
Cambodscha 172.
Cambridge 53.
Campagna 22.
Canada 217.
Canadische Seen 214.
Canossa 22.
Cannstadt 107.
Canton 177.
Capri 19.
Caracas 232.
Cardiss 53.
Caribisches Meer 224.233.
Carnische Alpen 80.
Carolina 222.
Carpentaria-Gols 235.
Carrara 22.
Cartagena 16.
Casiquiare 228.
Cajsel 115.
Catania 23.
Cayenne 232.
Celebes 174.
Celle 134.
CentrabAsien, russ. 185.
Cette 68.
Cettinje 28.
Ceuta 17. 193.
Cevennen 62.
Ceylon 171.
Chaiber Paß 167.
Chalcidische Halbinsel 25.
Chalons s. M. 66.
„ s. S. 67.
Chamonix 61.
Champagne 66.
Charkow 39.
Charlottenburg 135. 136.
Chartum 206.
Chaux-de-fonds 78.
Chemnitz 122.
Eher 62.
Cherbourg 65.
Chicago 220.
Chiem-See 97.
Chile 231.
Chilot; 231.
Chimborazo 227.
China 175.
Chingan-Geb. 180.
Chios 164.
Chorin 136.
Cincinnati 220.
Civita Vecchia 22.
Clermont 68.
Coburg 118. 151.
Cochinchina 172.
Cöln 114.
Colombia 232.
Col dell Altare 61.
Col di Tenda 61.
Colombo 171.
Colon 224.
Colorado 214. 222.
Columbia 216.
Comer See 17. 7>!.
Cook-Straße 239.
Cordoba 15.
Cordilleren 224.
Cornwall 49.
Coruna 16.
Corsica 19. 68.
Costa Rica 224.
Cvte d^or 62.
Cotopaxi 227.
Cottische Alpen 61.
Cret de la Neige 61.
Creus, Kap 13.
Euba 225.
Cuxhaven 145.
Cypern 164.
Czernowitz 89.
D.
Dal-Elf 42.
Dalgety 236.
Dalmatien 87.
Damara Land 201.
Damaskus 162.
Dänemark 45.
Dänen 46.
Danzig 137.
Danziger Bucht 48. I
Dardanellen 29.
Dar-es-Salüm 205.
Dar For 195.
Darling 235.
Darmstadt 105.
Dauphins 67.
Dauphine-Alpen 61.
Davis-Straße 246.
Davos 78.
Debreczin 90.
Deister 115.
Dekan 168.
Delhi 170.
Demawend 166.
Derby 53.
Deschnew, Kap 156. 1
Despoto-Geb. 25.
Dessau 133.
Detmold 116.
Deutsches Reich 91 fs. 1
Deutsch-Ostasrika 203.
„ S.W. „ 2U0.
Deutz 114.
Diedenhofen 105.
Dievenow 129.
Dijon 67,
Dinarische Alpen 24.
Dirschau 137.
Dnjepr 34.
Dnjestr 34. 82.
Doberan 140.
Dobrudscha 31.
Dollart 142.
Dolomiten 80.
Don 34.
Donau 31. 82. 93. 97.
Donaueschingen 97.
Donnersberg 102.
Dordogne 62.
Dorpat 39.
Dortmund 113. 143.
Doubs 63.
Dover 53. 56.
Dratzig-See 128.
Dravida 7. 170.
Drau 80. 82.
Dresden 122.
Drewenz 129.
Drin 25.
Drina 25.
Drontheim 45.
Dschamna 168.
Dschebel Musa 162.
Dsungarei 180.
Dualn 198.
Dublin 54.
Dllmmer-See 142.
Duero 14.
Duisburg 113.
Du Eentre Kanal 63.
Du midi Kanal 63.
Düna 34.
Dundee 54.
Dünen 123.
Dünkirchen 65.
Düren 113.
Durance 63.
Durban 202.
Dürkheim 105.
Düsseldorf 114.
Dwina 34.
E.
Eberswalde 136.
Ebro 14.
Ecuador 231.
Eder 114.
Ederkopf 110.
Edinburg 54.
Eddystone 53.
Eger Fl 81.
„ St. 88.
Egge-Geb 115.
Ehrenbreitstein 112.
Eibse 96.
Eichsfeld 47.
Eider 130.
Namenverzeichnis.
Eifel 110.
Eisack 80.
Eisenach 118.
Eisenerz 87.
„ Alpen 79.
Eisernes Tor 82.
Eisleben 120.
Eismeer nördl. 246.
südl. 248.
Elba 19.
Elbe 81. 124.
Elberfeld-Bannen 113.
Elbing 137.
Elbrus 186.
Elbsandsteingeb. 121.
Elf 42.
Elsaß-Lothringen 103.152
Elster 121. 1^9.
Elstergeb. 121.
Emden 146.
Ems 112.
Engadin 76.
England 52.
Enns 80.
Enz 106.
Erdschias Dagh 161.
Erebus 249.
Erfurt 118.
Erie-See 214.
Erlangen 108.
Erferum 165.
Erythräa 206.
Erzgebirge sächs. 121.
„ ungar. 82.
Eskimo 216.
Essen 113.
Eßlingen 107.
Esten 35.
Estland 39.
Etangs 62.
Etna 19.
Etsch 17. 70. 80.
Euböa 25.
Eulengebirge 123.
Eupen 113.
Euphrat 165. 166.
Euripus 25.
Europa 9—155.
Eutin 141.
Ewe Neger 196.
Eydtkuhnen 137.
F.
Falkland Inseln 232.
Falster 46.
285
Färöer 46.
Fehmarn 48. 128.
Fehrbellin 136.
Feldberg 101. 110.
Fellachen 207.
Fellata 195.
Felsengebirge 214.
Fernando Po 208.
Ferrara 22.
Ferro 208.
Ferrol 16.
Fes 193.
Fessan 193.
Feuerland 227.
Fichtelberg 121.
Fichtelgebirge 121.
Fidschi-Inseln 243
Fjelde 41.
Fingalshöhle 55.
Finisterre Kap 13.
Finne 117.
Finnischer Meerb. 48.
Finnland 34. 40.
Finowkanal 130.
Finsteraarhorn 74.
Fjorde 41.
Firth os Elyde 50.
„ „ Förth 50.
„ „ Lorn 50.
Fischfluß 200.
Fiume 90
Fläming 128.
Flensburg 141.
Florida 213.
Florenz 22.
Föhr 141.
Fonseca-Bai 224.
Formosa 178.
Forst 132
Franken 94.
Frankfurt a. M. 105.
a. O. 134.
Franche Eomte 66.
Frankenhausen 119.
Frankenhöhe 106.
Frankenwald 116.
Fränk. Jura 106.
„ Schweiz 105.
Frankreich 61.
Franz Josephs Land 247.
Franzosen 64.
Freiberg 122.
Freiburg 103. 119.
Freienwalde 136.
Friedrichroda 117.
Friedrichshafen 98.
Friedrichsruh 141.
•286
Namenverzeichnis.
Friedrichsort 141.
Friedrich-Wilhelm-Kanal
130.
Friedrich-Wilhelm-Hafen
239.
Friesen 94.
Friesische (West-, Ost-,
Nord-) Inseln 57. 142.
Fuschijama 178.
Fulda 114. 115.
Fünen 46.
Fürth 108.
G.
Galapagos-Inseln 232.
Galata 27.
Galatz 33.
Galdhöpig 41.
Galizien 82. 89.
Galicisch. Bergland 13.
Gambia 195.
Ganges 168.
Garda-See 17.
Garonne 62.
Gastein 85
Gasteiner Ache 80.
Gaurisankar 180.
Gazelle-Halbins. 238.
Geest 142.
Geestemünde 145.
Gesle 44.
Gelbes Meer 175. 244.
Gellivara 44.
Gens 78
Genfer See 75.
Gent 60.
Genua 22.
„ , Golf von 22. 29.
Gera 122.
Gerlsdorfer Spitze 82.
Gesenke 124.
Gesellschaftsinseln 243.
Geysir 47. 238.
Ghor 162.
Gibraltar 16. 30. 31.
Gjedser 46.
Gießen 113.
Gilge 129.
Girgenti 23.
Gironde 62.
Giseh 207.
Glarner Alpen 74.
Glasgow 54.
Glatz 126
Glatzer Bergland 123.
„ Neiße 121.
Glauchau 122.
Gletscher 71.
Gleiwitz 131.
Glogau 132.
Gneftn 134.
Goa 171.
Gobi 180. 182.
Görbersdorf 126.
Goldküste 195.
Goldene Aue 119.
Goldenes Horn 27.
Golfstrom 233.
Görlitz 126.
Göschenen 78.
Goslar 120.
Göta-Kanal 45.
Göteborg 44.
Gotha 118. 151.
Gotland 44.
Göttingen 120.
Graditz 133.
Grajische Alpen 61.
Grampians 50.
Gran 82.
Granada 16.
Gran Sasso d'Jtalia 19.
Graubündner Alpen 74.
79.
Graudenz 138.
Graz 87.
Greenwich 53.
Greifswald 139.
„ Bodden 128.
Greiz 122.
Grenoble 67.
Griechenland 26.
Grindelwald Gl. 71.
Grönland 213. 216.
Großbritannien 49.
Groß-Glockner 79.
Grünberg 132.
Guadalquivir 14.
Guadiana 14.
Guam 241.
Guanahani 224.
Guardafui 203
Guatemala 224.
Guayaquil 232.
Guben 132.
Guinea 195.
Guinea-Inseln 208.
Gumbinnen 137.
Guyana 228. 232.
H.
Haag 59.
Haarlem 59.
Haar 110.
Habana 225.
Habichtswald 114.
Hadramaut 162.
> Haff, Frisch, Kur.,
Stettiner 128.
Haiderabad 171.
Hainau 175.
Hainleite 117.
.! Haiti 225.
Halberstadt 133.
Halifax 217.
Hall 107.
Halle a. S 120.
Halligen 141.
Halys 164.
Hamburg 144. 152.
Hammerfest 45.
Hamun-Sumpf 167.
Hanau 105.
Hanhai 182.
Hanlau 177.
Hannover 144.
Hanoi 172.
Haparanda 44.
Harburg >45.
Harburg 120.
Hardanger Fjord 41.
Hart 102.
Harz 116. 117.
Hase 142.
Haussa-Staaten 195.
Havel 129.
Havelberg 136.
Havre, le 65
Hawaii 243.
Hebriden 49. 54.
Hedschas 160.
Heidelberg 107.
Heilbronn 107.
Heiligendamm 140.
Hekla 47
Hela 128.
Helgolands 142. 146.
Helme 117.
Helsingsors 40.
Herat 167.
Herbertshöhc 239.
Herero 201.
Heringsdorf 140.
Heri-Rud 167.
Hermannstadt 90.
Hermon 162.
Hermupolis 27.
Herrenhut 126.
Herzegowina 28.
> Hessen 114. 151.
Hessen-Nassau 154.
Hess. Bergland 114.
Heuscheuer 124.
Highlands 50.
Hildburghausen 118.
Hildesheim 120.
Hilmend 167.
Himalaja 169. 180.
Hindostan 169.
Hindutusch 166.
Hinterindien 171.
Hirschberg 126.
>>vangho 175.
Hochasien 180.
Hochheim 105.
Hochkirch 126.
Hochwald 110.
Hof 118. 122.
Hohensalza 134.
Hohenstaufen 106.
Hohenzollern 106. 107.
Hohes Venn 110.
Holzmmden 115.
Homburg 105. 112.
Honduras 224.
Hongkong 177.
Honolulu 244.
Hzorn, Kap 225. 232.
Hottentotten 7. 200. 201.
Ho was 208.
Hubertusstock 136.
Hudson, Fluß 219.
Hudsonsbai 213.
Hugli 170.
Hüll 54.
Humber 50.
Hunsrück 110.
Hunte 142.
Huron-See 214.
Jablonoi-Gebirge 180.
Jablunka-Paß 83.
Jadebusen 142.
Jasa 164.
Jägerndorf 88
Jagst 106.
Jaila-Gebirge 34.
Jakuten 184.
Jakutsk 184.
Jaluit 242.
Jamaica 225.
Jangtsekiang 175.
Janina 28.
Jap 241.
Japan 177.
Namenverzeichnis.
Japanisches Meer 244.
Jarkand 182.
Jassy 33.
Java 173.
Iberisches Scheidegeb. 13.
Ida-Gebirge 25.
Jdarwald 110.
Jdria 87.
Jekaterinburg 37. 185.
Jemen 160.
Jena 119.
Jenissei 184.
Jerez 15.
Jerusalem 164.
Jeschkenberg 123.
Jesso 178.
Jissel 57.
Jll 102.
Jller 97.
Ilm 117
Jncas 230.
Indianer 7.212.218.230.
Indien 168.
Indischer Ocean 209.
Jndo-Chinesen 172.
Indus 168.
Ingelheim 105.
Ingolstadt 99.
Inn 76. 80.
Innsbruck 85.
Jnselsberg 117.
Jnsterburg 137.
Jnterlaken 77.
Johannisberg 105.
Johannisburg 202.
Jokohama 178.
Jonische Inseln 25.
„ Meer 29.
Jönköping 44.
Jordan 162.
Jötun-Fjeld 41.
Iran 166.
Jrawadi 171.
Irische See 49.
Jrkutsk 184.
Irland 49. 50. 54.
Jrtysch 184.
Isar 97.
Jschia 19.
Ischl 85.
Jser 81.
Jsere 63.
Jsergebirge 123.
Iserlohn 113.
Jsker 25.
Island 46. 47.
Jsle de France 65.
287
Jstrien 87.
Italien 17.
Jthaka 25.
Jülich 113.
Jüterbog 132.
Jütland 45.
Julische Alpen 80.
Jungfrau 74. 77.
Jura, Schweizer 61, 74.
„ schwäbischer 106.
„ fränkischer 106.
Jurjew 39.
K.
Kabul 167.
Kabilen 193.
Kagera 206.
Kärnten 86.
Kaffern 200.
Kairo 207.
Kaisarie 165.
Kaiserin-Augusta-Fl.238.
Kaiserkanal, chines. 177.
Kaiserslautern 105.
Kaiserswert 114.
Kaiserstuhl 102.
Kaiser-Wilhelmland 237.
Kaiser-Wilhelmkanal 49.
130.
Kalahari 199.
Kalikut 171.
Kalmar 44.
Kalmücken 35.
Kama 34
Kamerun 197.
Kamerungeb. 197.
Kamerunfluß 197.
Kamin 139.
Kamtschatka 183.
Kanalinseln 65.
Kanarische Inseln 208.
Kantabr. Gebirge 13.
Kap der guten Hoffn. 188.
209.
Kapland 202.
Kapstadt 202.
Kapverdische Inseln 208.
Karakorum 180.
Kara-Kum 186.
Karawanken 80.
Karlsbad 88.
Karlskrona 44.
Karlsruhe 104.
Karnische Alpen 80.
Karolinen 241.
Karpaten 82.
„ kleine 81. 82.
288
Karroo 199.
Karst 80.
Karthago 193.
Kasan 37.
Kasanlik 28.
Kaskadengebirge 214.
Kaspisches Meer 34. 185.
Kaschgar 182.
Kaschmir 170.
Kastilien 13.
Kastil. Scheidegeb. 13.
Katalon. Küstengebg. 13.
Kattegat 56. 233.
Kattowitz 131.
Katzbach 124.
„ Gebirge 124.
Katzenbuckel 101.
Kaukasien 186.
Kaukasus 186.
Kehlheim 99.
Keilberg 121.
Kempten 98.
Kenia 189. 203.
Kephallonia 25.
Kertsch 29. 37.
Khiwa 186.
Kiachta 183.
Kiautschou 177.
Kiel 141.
Kieler Bucht 128.
Kiew 39.
Kilia 31.
Kilauea 244.
Kilimandscharo 189. 203.
204.
Kilwa 205.
Kinzig 102. 107.
Kioto 178.
Kirgisen 35. 185.
Kirgisen-Steppe 185.
Kischinew 39.
Kisil-Jrmak 164.
Kisil-Kum 186.
Kissingen 108.
Klagenfurt 86.
Klausenburg 90.
Clausthal 120.
Kleinasien 164.
Klewe 144.
Kocher 106.
Koblenz 112.
Kolberg 139.
Kolmar 126.
Kolonien, deutsche 177.
196. 197. 200. 203.
237. 240.
Komoren 208.
Namenverzeichnis.
Kongo, Fluß 199.
„ Staat 199.
„ Französ. 199.
Konia 165.
Königsberg 137.
Königgrätz 88.
Königshütte 131.
Königssee 96.
Königstein 113. 121. 123.
Konstantinopel 27.
Konstanz 98.
Kopenhagen 46.
Kopten 207.
Kordofan 195.
Korea 177.
Korsu 25, 27.
Korinth 24. 27.
„ Isthmus von 25.
„ Kanal von 27.
Korogwe 205.
Koromandel 168.
Korsör 46.
Köslin 139.
Köthen 133.
Kottbus 132.
Krabla 47.
Krain 87.
Krakau 89.
Kranz 137.
Krefeld 113.
Kremnitz 90.
Kreta 25.
Kreuzberg 114.
Kreuznach 113.
Krim 34. 39.
Kristiania 45.
Kroatien 90.
Kronstadt 39.
Krossen 132.
Kuka 195.
Kuenlun 180.
Kulis 176.
Kulm 138.
Kulmbach 108.
Kunene 200.
Kunersdorf 134.
Kur, Kura 165. 186.
Kurden 165.
Kurdistan 166.
Kurische Bucht 128.
Kurilen 178.
Kurland 39.
Kuro Schio 178. 244.
Küstenland 87.
Küstrin 134.
Kyffhäuser 117.
Kykladen 25.
L.
Laacher See HO.
Laaland 46.
Labrador 213.
Ladoga-See 34.
Lago Maggiore 17.
Lagunen 17.
Lahn 110.
Lahore 170.
Laibach 87.
Lakkadiven 171.
Lamia 24.
La Manch« 15.
Landeck 126.
Les Landes 68.
Landeshut 126.
Landsend 49.
Landsberg 134.
Landshut 99.
Landskrone 124.
Langeland 46.
Langenbielau 126.
Langensalza 119.
Langres 62.
' Languedoc 62. 67.
La Paz 231.
i La Plata 228.
| Lavpen 43. 4t.
; Lasa 182.
Lauenburg 141.
Lausanne 78.
Lausitzer Gebirge 123.
Lauterberg 120.
La Valetta 24. 31.
Lech 97.
Le Creuzot 67.
> Leeds 53.
Lek 57.
Le Havre 65.
Leine 117. 142.
Leipzig 122.
Leith 54.
Leilha 82.
Le Locle 78.
Lemberg 89.
Lena 181.
Lepontische Alp. 74.
Lesbos 164.
Letten 35.
Zeuthen 132.
Leyden 59.
Libanon 162.
Libau 39.
Liberia 196.
I Lidi 17.
Liechtenstein 86.
Namenverzeichnis.
289
Siegmt? 132.
Ligur- Alpen 61.
Ligurischer Apenn. 17.
Lilienstein 121.
Lille 65.
Lima 231.
Limburg 60.
Liim-Fjord 45.
Limmat 76.
Limpopo 202.
Lindau 98.
Lindesnäs 41.
Lindi 205.
Linth 76.
Linz 85.
Lion, Golf du 29.
Liparische Inseln 19.
Lippe 142. 152.
Lippspringe 116.
Lissa 87.
Lissabon 15.
Litauer 35.
Liu Kiu-Jnseln 178.
Liverpool 49. 53.
Livingstone Gebirge 203.
Livland 39.
Livorno 22.
Llanos 229.
Loanda 199.
Lob-Nor 180.
Loch-Neß 50.
Lodz 39.
Losoten 41.
Loire 62.
Lombardei 20.
Lombok 173.
Lome 196.
London 52.
Long-Zsland 219.
Lorenzo-Marquez 203.
Lothringen 105. 152.
Lothringische Hochebene
62. 102. 105.
Lowlands 50.
Lübben '.36.
Lübeck 140. 152.
Lübecker Bucht 48. 128.
Luckenwalde 132.
Ludwigsburg 107.
Ludwigshafen 105.
Ludwigskanal 107.
Ludwi^slust 140.
Lüderitzbucht 201.
Lüneburg 134.
Lüneburger Heide 128.
134.
Lütschine 77.
Schlemmer, Erdkunde II.
Lüttich 60.
Luxemburg 56. 60.
Luzern 77.
Luzon 174.
Lyon 67.
M.
Maas 57. 63.
Maastricht 59.
Macao 177.
Mackenzie 214.
Macedonien 27.
Madagaskar 208.
Madeira 208.
Madeira, Fluß 228.
Madras 171.
Madrid 15.
Mähren 81. 88.
Mälar-See 41.
Mafia 203.
Mafiti 205.
Magellanstraße 232.
Magdalenenstrom 232.
Magdeburg 133.
Magyarenweg 83.
Mailand 21.
Maimatschin 183.
Main 106. 107.
Mainz 105.
Malabar 168.
Maladetta 13.
Malaga 16.
Malaka 171. 172.
Malaien 7. 173.
Malediven 171.
Mallorca 16.
Malmö 44.
Maloja 76.
Malta 19. 23. 31.
Manaar. Golf 171.
Manchester 53.
Mandschurei 177.
Manila 174.
Mannheim 105.
Mansftld 120.
Mantua 22.
Maori 239.
Marajo 228.
Maranon 228.
Marburg 113.
„ in Steiermark 87.
March 81. 124.
Maremmen 19.
Marianen 241.
Maria Theresiopel 99.
Marienbad 88.
3. Auflage.
Marienburg 137.
Marienwerder 138.
Maritza 25.
Marmara-Meer 29.
Marne 63.
Marne-RheinKanal. 63.
Marokko 193.
Maros 82.
Marschall-Inseln 241.
Marschen 142.
Marseille 67.
Martaban 171.
Maskat 161.
Massaua 206.
Massai 205.
Matapan, Kap 25.
Matterhorn 74.
Mauna-Kea 243.
Mauna Loa 244.
Mauer-See 128.
Mauritius 208.
Mbam 197.
Mecklenb.-Schwerin 140.
151.
Mecklb.-Slrelitz 140. 151.
Medina 161.
Medoc 68.
Meininaen 118. 151.
Mejico >22. 224.
Mejico Plateau von 222.
„ Meerb. von 224.
233.
Meißen 122.
Meißner, hoher 114.
Mekka 161.
Mekong 171.
Melanesier 7.
Melbourne 237.
Memel 34. 129. 137.
Menam 171.
Menschenrassen 7.
Meran 86.
Merseburg 120.
Mersey 50.
Meru 204.
Merw 186.
Meschhed 167.
Mesopotamien 166.
Messina 23.
Metz 105.
Michigan-See 214.
Midi, Kanal du 63.
Mikindani 205.
Mikronesier 240.
Milwaukee 220.
Mincio 17.
Minden 116.
19
290
Namenverzeichnis.
Minneapolis '220.
Misdroy 140.
Mississippi 214.
Missouri 214.
Mittelamerika 224.
Mittelgebirge 81.
Mittelgebirgsland, deut-
sches 99.
Mittelländisches Meer 30.
Mittelländische Rasse 5.
Mocha 161.
Modena 22.
Mön 46.
Moldau LI. 81.
Molde Fjord 41.
Molulken 174.
Mollwitz 131.
Monaca 67.
Mongolei 180. 182.
Mongolen 7. 172. 175.
Möns 60.
Monsune 158.
Montana 222.
Montblanc 61.
Mont Cenis 61.
Mont Dore 62.
Monte Gargano 19.
Mont Genevre 61.
Mont Pelvoux 61.
Monte Rosa 74.
Monte Biso 17. 61.
Montenegro 28.
Montevideo 230.
Montpellier 68.
Montreal 217.
Montreux 78.
Moore 142.
Morawa 25.
Morea 24.
Mosel 63. 102. 110.
Moskau 37.
Mosul 166.
Mount Logan 214.
Mpapua 205.
Mt. Mac Kinley 214.
Mühlhausen, Thür. 119.
Mühlheim 113
Mülhausen, Elsaß. 103.
Mukden 177.
Mulhacem 13..
Mulde 121 129.
Müllroser Kanal 130.
München 99.
München-Gladbach 113.
Munden 115.
Münster 144.
Mar 80. 82.
Muray, Firth os 50.
Murcia 16.
Müntz 128.
Murray 235.
Mursuk 143.
R.
Nab 97.
Nadelkap 188.
Nagasaki 178.
Nahe 110.
Naman 201.
Namur 60.
Nancy 66.
Nanking 177.
Nantes 65.
Natal 202.
Nationalpark 222.
Nauheim 112.
Naumburg 120.
Nauru 242.
Naxos 25.
Neapel 19. 23.
Neckar >06.
Neckar Bergland 101.
Nedschd 162.
Neger 7. 191. 196. 201.
205.
Neiße 126.
„ Glaüer, Lausitz.
124.
Nertschinsk 185.
Nche 129.
Neu-Brandenburg 140.
Neu-Caledonien 239.
Neuchatel 78
Neuenburg 78
Neuenburger See 76.
Neufahrwasser 137.
Neufundland 213.
Neu-Guinea 237.
Neue Hebriden 239.
Neumark 134.
Neu-Mecklenburg 238.
Neuorleans 222.
Neu-Pommern 238.
Neu Ruppin 136.
Neu-Schottland 217.
Neu'Seeland 239.
Neusibirische Inseln 184.
247
Neusiedler See 90.
Neu Stettin 139.
Neu-Strelitz 140.
Neu-Süd-Wales 236.
Neuyork 219. 221.
Nevada 222.
Newa 34.
Newcastle 54.
Niagara 214.
Nicaragua 224.
Nicaragua-See 224.
„ Kanal 224.
Nidda 107.
Nieder-Guinea 199.
Niederlande 56. 58.
Niederländisch - Indien
173.
Niederlausitz 132.
Niederungar. Ebene 82.
Niederwald 112.
Njassa-See 203.
Njemen 34 129.
Rarstem 105.
Niger 189 195.
Nikobaren 172.
Nikolajew 39.
Nck'olajewsk 185.
Nil 206.
„ blauer 206.
,, Seen 203.
Nimes (57.
Ninive 166.
Nipal 171
Nipon 178.
Nisch 28.
Nischni-Nowgorod 37.
Nizza 67.
Nogat 129.
Nordamerika 213.
Norddeutsches Tiefland
126.
Nvrdengl Bergland 50.
Norderney 141.
Nordhausen >19.
Nordkanal 49.
Nordkap 9. 41.
Nordsee 55. 56.
Nordtiroler Alpen 79. 96.
Normandie 65.
Normannische Inseln 65.
Norwegen 44
Nowaja Semlja 37. 247.
Nubien 206.
Nürnberg 108.
Oase 195.
Ob 184.
Oberdeutsche Hochebene
96.
Oberer See 214.
Oberhof 118.
Ober-Italien 17. 20.
Oberländischer Kanal 137.
Oberlausitzer Bergland
124.
Oberpfalz 96.
Oberrheinische Tiefebene
101. 102.
Oberungar. Tiefebene 82.
Ochotsk. Meer 244.
Ochsenkopf 121.
Odenwald 101.
Oder 124. 129.
Odergebirge 124.
Odessa 39.
Odenburg 90.
Ofen-Pest 89.
Offenbach 105.
Ohio 214.
Oise 63.
Oka 34.
Oker 117. 142.
Oland 44.
Oldenburg 146. 151.
Oliva 13?.
Olmütz 88.
Olymp 24.
Oman 161.
Omsk 184.
Onega-See 34.
Ontario-See 214.
Oppeln 131.
Oranjefluß 199. 200.
Oranje-Freistaat 202.
Orenburg 37. 186.
Orinoco 228.
Orizaba, Pic. 214.
Orkney-Inseln 49. 54.
Orleans 68.
„ Kanal von 63.
Ormusstraße 209.
Orontes 162.
Orsowa, eisernes Thor 82.
Ortler Alpen und Spitze
79.
Osaka 178.
Öfel 39.
Osmanische Türken 164.
Osnabrück 116.
Ostasien 175.
Ostende 60.
Osterreich 78.
„ obderEnns85.
„ unter der Enns 84.
Osterreichische Alpen 79.
Ostchinesisches Meer 244.
Namenverzeichnis.
Ostsries. Inseln 142.
Ostghats 168.
Ostpreußen 136.
Ost-Rumelien 28.
Ostsee 4*. 49.
Ost-Turkestan 180. 182.
Otranto 23. 29.
Ottawa 217.
Ötzthaler Alpen 79.
Ovambo 201.
Oxsord 53.
Ozean, atlantischer 233.
„ großer 244.
„ indischer 299.
Ozeanien 239.
P.
Paderborn 116.
Padua 21.
Palästina 162. 163.
Palau-Inseln 241.
Palkftraße 171.
Palma 16.
Palermo 23.
Pamir 157 180.
Pampas 229.
Panama 224.
„ -Kanal 224.
Pandschab 168.
Pangani 204. 205.
Papua 7. 238.
Para 230.
Paraguay, Fluß 228.
Land 230.
Parana 228.
Paris 66.
Parma 22.
Parnaß 25.
Paros 25.
Parthenkirchen 98.
Pasewalk 139.
Passau 99.
Pasterzen-Gletscher 79.
Patagonien 231.
Patras 27.
Pavia 21.
Peene 129. 130.
Peipus-See 34.
Peking 176.
Peloponnes 25.
Pemba 203. 208.
Penninische Alpen 74.
Pera 27.
Pergamon 165.
29^
Perim 161.
Perm 37.
Pernambuco 230.
Persante 130.
Persepolis 167.
Persien 167.
Persischer Meerb. 209.
Peru 231.
Peschawar 170.
Petersburg 39.
Petschora 34.
Psalz, Ober- 99.
„ bayr. 103.
Pfälzer Bergland 102.
Pforzheim 107.
Philadelphia 219.
Philippinen 174.
Philippopel 28.
Phönicier 162.
Piacenza 22.
Pilatus 74.
Pillau 137.
Pilsen 88.
Pindus 24.
Pinzgau 80.
Piräus 27.
Pirna 123.
^ Pisa 22.
Pittsburg 219.
Platten-Rhön 114.
Platten-See 82.
Plauen 122.
Plauescher Kanal 130.
Pleiße 121.
Plöner See 128.
Plymouth 53.
Po 17.
Poebene 17. 20.
Poitiers 68.
Pola 87.
Polarmeere 246.
Polen 35. 39.
Polynesien 239.
Polynesier 7. 240.
Pommern 139.
Pommersche Bucht 48.
128.
i Pompeji 23.
Ponape 241.
Pontinische Sümpfe 19.
Pontifches Geb. 164.
Port Arthur 177.
Port Elisabeth 202.
Porto 15.
Porto Alegre 230.
Port Said 31. 207.
Portsmouth 53.
19*
292
Namenverzeichnis,
Portugal 15.
Posen 134.
Potosi 231.
Potsdam 136.
Prag 88.
Prärien 219.
Pregel 130.
Prenzlau 139.
Preßburg 90.
Pretoria 202.
Preußen 148.
Priegnitz 136.
Pripet 34.
Provence 67.
Pruth 31.
Puerto Rico 225.
Pußta 83.
Puster Tal 80.
Putziger Wiek 128.
Puy de Dome 63.
Pyrenäen 13.
Pyrenäen-Halbinsel 13.
Pyrmont 116. 151.
Q.
Quarnero 90.
Ouebeck 217.
Quedlinburg 133.
Queensland 237.
Quito 227. 232.
Qneiß 124.
R.
Raab 82.
Ralik-Jnseln 242.
Rangoon 172.
Rastatt 103.
Ratak-Jnseln 241.
Ratibor 131.
Rathenow 136.
Ravenna 22.
Rauhe Alb 106.
Rednitz 107.
Regen 97.
Regensburg 99.
Reichenberg 88.
Reichenhall 98.
Reichensteiner Geb. 124.
Reims 66.
Reinerz 126.
Reinhardsbrunn IIS.
Remscheid 113.
Rendsburg 141.
Rennsteig 116.
Reno 17.
Rsunion 208.
Reuß (Fluß) 76.
Reuß (Land) 152.
Reval 39.
Reykjavik 48.
Rezat 107.
Rhätische Alpen 74. 79.
Rathenow 136.
Rhein 57. 75. 110. 141.
Rhein, Hinter- 75.
„ Vorder- 75.
Rheingau 105.
Rhein. Schiefergeb. 109.
Rheinprovinz 112.
Rheydt 113.
Rhodope-Geb. 25.
Rhodos 165.
Rhön 114.
Rhone 63. 75.
Rhone-Rhein-Kanal 63.
103.
Riad 162.
Rienz 79. 80.
Riesa 122.
Ries, Ebene 106.
Riesengebirge 123.
Riga 39.
Rigascher Meerbusen 48.
Rigi 77.
Rilo Dagh 25.
Rimini 22.
Rio de Janeiro 230.
RioGrandedelNorte214.
Rio Grande do Sul 230.
Rio Negro 228.
Rio Para 228.
Riviera 22.
Rixdors 135.
Roca, Kap da 13.
Rokitno-Sümpfe 34.
Rom 22.
Romintcr Heide 137.
Roncevalles 13. 14.
Rostock 140.
Roßtrappe 117.
Rotes Meer 162. 209.
Roteturm-Paß 31. 83.
Rothaargebirge 110.
Rotterdam 59.
Rouen 65.
Rovereto 86.
Rovuma 204.
Ruaha 204.
Rudols-See 203.
Rudolstadt 119. 151.
Rüdeshcim 105.
Rufidschi 204.
Rügen 48. 128.
Ruhla 118.
Ruhr 110.
Ruhrort 113.
Rumänien 31.
Rumelien 27.
Rustschuck 28.
Russen 35.
Ruß 129.
Rußland 33.
Russisch Asien 183.
Saadani 205.
Saale 117. 129.
„ fränkische 107.
Saalseld 118.
Saar 102.
Saarbrücken 105.
Sachalin 183.
Sachsen 94. 150.
Sächsische Schweiz 121.
Sahara 193.
Sajanisches Gebirge 180.
Saigon >72.
Saipan 241.
Salomon-Jnscln 237.
Saloniki 25. 27.
Saluen 171.
Salvador 224.
Salzach 80. 97.
Salzburg 85.
Salzburger Alpen 79.
Salzbrunn 126.
Salzkammergut 79.
Salz-See, großer 216.
Salzwedel 134.
Samara 37.
Samarkand 186.
Sambesi 203.
Sambre 57.
Samland 128.
Samoa-Znseln 243.
Samojeden 35. 184.
Samos 164.
San Francisco 222.
San Marino 22.
San Sebastian 16.
Sansibar 203. 208.
Santander 16.
Santiago 16. 231.
Santorin 25.
Santos 230.
Saöne 63.
Saragossa 16.
Saratow 37.
Sardinien 19. 23.
Sarthe 62.
Saßnitz 140.
Satladsch 168.
Sauerland 110.
Save 80. 82.
Savoyen 67.
Savoyer Alpen 61.
Sawaii 243.
Schaafhausen 77.
Schamo 182.
Schandau 123.
Schanghai 177.
Schantung 175.
Schar Dagh 24.
Schari 135.
Schatt el Arab 166.
Schaumburg'Lippe 152.
Scheide 57.
Schemnitz 90.
Scherenhof 41.
Scheveningen 59.
Schipka-Paß 25. 28.
Schiras 167.
Schire 203.
Schlesien 131.
„ österreich. 88.
Schleswig-Holstein 141.
Schmalkalden 118.
Schneeberg 121.
„ großer 124.
Schneekoppe 123.
Schönebeck 133.
Schöneberg 135.
Schott 193.
Schottland 54.
Schott. Hochlande 50.
Schreiberhau 126.
Schutt 82.
Schwaben 93. 107.
Schwäb.-fränk. Stufen-
land 106.
Schwarzburg 119. 151.
Schwarzes Meer 29. 30.
Schwarzwald 101.
Schweden 43.
Schweidnitz 125.
Schweiz 74.
Schweinsurt 108.
Schwerin 140.
Scilly-Znseln 53.
Sedan 66.
Seealpen 61. 214.
Seeland 46.
Seenplatten, Preußische,
Namenverzeichnis.
Pommersche, Mecklen-
burgische, Holsteinische
128.
Seine 62.
Selters 112.
Selvas 229.
Semlin 90.
Semmering 81.
Senegal 195.
Senegambien 195.
Serajewo 28.
Serbien 28.
Sereth 31.
Seul 177.
Severn 50.
Sevilla 15.
Ssvres 66.
Sewastopol 39.
Seychellen 208.
Shannon 50.
Shesfield 53.
Shetlands-Znseln 49. 54.
Siam 172.
Sibirien 183.
Sichelberge 62.
Sidon 162.
Siebenbürgen 82. 90.
Siebengebirge 110.
Sieg 110.
Siegen 113.
Sierra Morena 13.
„ Nevada 13.
„ (Amerika) 214.
Sigmaringen 107.
Simplon 76. 78.
Sinai 162.
Singapore 172.
Siracusa 23.
Siwah (Oase 195.
Sizilien 19. 23.
Skagens Horn 45.
Skager Rak 56. 233.
Skandinavien 41.
Skutari 27. 165.
Slavonien 90.
Smolensk 37.
Smyrna 164.
Snowdon 50.
Surabaya 174.
Soest 113.
Sofia 28.
Sogne Fjord 41.
Sokotra 208.
Soliman-Gebirge 166.
Solingen 113.
Solling 115.
Solnhofen 108.
293
Somali-Länder 203.
Sondershausen 119. 151.
Sonneberg 118.
Sorau 132.
Southampton 53.
Spandau 136.
Spanien 15.
Sparta 27.
Spartivento 19.
Spessart 101.
Speier 104
Spezia 22.
Spirding-See 128.
Spithead 53.
Spitzbergen 247.
Splügen 76. 78.
Sporaden 164.
Spree 129.
Spreewald 129. 135.
Spremberg 132.
St. Annaberg 128.
,, Bernhard, kleiner 61.
„ „ großer76.78.
„ Etienne 67.
„ Gallen 77.
„ Georgs-Arm 31.
„ „ Kanal 49.
„ Germain 66.
„ Gotthard 74. 76. 78.
„ Helena 209.
„ Johann 105.
„ Lorenzgolf 213.
„ Lorenzstrom 214.
„ Louis (Afrika) 195.
„ (Am.) 220.
„ Moritz 78.
„ Nazaire 65.
.. Paul 220.
„ Petersburg 39.
„ Thomas 225.
„ Vincent, Insel 208.
Stade 145.
Stassa 54.
Stanowoi Geb. 183.
Stargard 139.
Starnberger See 97.
Staßfurt 133.
Steiermark 86.
Steierische Alpen 79.
Steigerwald 106,
Steinhuder Meer 142.
Stendal 134.
Stephansort 239.
Stettin 139.
Stettiner Haff 128.
Steyr 85.
Stockholm 44.
294
Namenverzeichnis.
Stolp 139.
Stolpe 130.
Stolpmünde 139.
Straits Settlements 172.
Stralsund 139.
Straßburg 103.
Straubing 99.
Stromboli 19.
Struma 25.
Stubbenkammer 140.
Stuttgart 107
Subapennin 19.
Südafrika 199.
Südamerika 225.
Süd-Australien 237.
Sudan 195.
Sudenburg 133.
Sudeten 123.
Südersee 57.
Südtiroler Alpen 79.
Suez 31. 189. 207.
Suezkanal 31. 207.
Suhl 118.
Sulina 31.
Sulzer-Belchen 102.
Sumatra 174.
Sund 48.
Sunda-Jnfeln 173. 174.
Sunderland 54.
Süntel 115.
Surabaja 174.
Surinam 232.
Susa 167.
S. Vincent 13.
Swakopmund 201.
Swine 129.
Swinemünde 139.
Sydney 236.
Sylt 141.
Syr 180. 185.
Syra 25. 27.
Syrakus 23.
Syrien 162.
Syrte, große u. kleine 29.
Szegedin 90.
Tabora 205.
Täbris 167.
Tafelberg 202.
Tafelfichte 123.
Tahiti 243.
Tajo 14.
Taimyr, Halbinsel 157.
Tanaro 17.
Tanasee 205.
Tananarivo 208.
Tanga 205.
Tanganikasee 199. 203.
Tanger 193.
Tarai 169.
Taranto 23.
Tarent, Golf von 19.
Tarifa 13.
Tarim 180.
Tarnomitzer Hochfl. 128.
Taschkent 186.
Tasmanien 236. 237.
Tatra 82.
Tauber 107.
Tauern, hohe 79.
„ niedere 79.
Taunus 110.
Taurus 164.
Taus 96.
Taygetos 25.
Teheran 167.
Tehuantepec 213. 224.
Tell 193.
Tenerifa 208.
Tennesfee 214.
Teplitz 88.
Terror 249.
Tefchen 88.
Teffin 17. 76.
Teutoburger Wald 115.
Thaja 81.
Thale 120.
Theiß 82.
Themse 50.
Thessalien 24.
Thorn 134.
Thuner See 76.
Thur-Alpen 74.
Thüringer 94.
Thüringer Wald 116.
„ Flachland 117.
Tiber 19.
Tibefti 193.
Tibet 180. 182.
Ticino 17.
Tianschan 1^0
Tientfin 177.
Tiflis 186.
Tigris 165. 166.
Tilsit 137.
Timbuktu 195.
Timor 174.
Tirol 85.
Tiroler Alpen 79. 80.
Titicaca-See 227.
Titlis 74.
Toblacher Feld 80. 81.
Tobolks 184
Tödi 74.
Togoland 196.
Togosee 196.
Tokai 90.
Tokio 178.
Toledo 15.
Tomsk 184.
Tonga-Inseln 243.
Tongking 172.
Tönning 141.
Torgau 133.
Tornea 40.
Tornea-Elf 42.
Toronto 217.
Torresstraße 235.
ToscanischerAlpennin'17.
Totes Meer 162. 163.
Toul 66.
Toulon 67.
Toulouse 68.
Tours 68.
Trakehnen 137.
Transsilvan. Alpen 82.
Transvaal-Staat 202.
Trapezunt 165.
Traun 85.
Trave 130.
Travemünde 141.
Trebia 17.
Trelleborg 44. 139.
Trent 50.
Trient 86.
Trier 112.
Triest 87.
Trinidad 225.
Tripoli 193
Troja 165.
Trollhätta-Fälle 44. 45.
Tromsö 45.
Trondhjem 45.
Troppau 88.
Tsad-See 195
Tfcheljuskin 157.
Tscherkessen 186.
Tschuktschen 184.
Tsingtau 177.
Tuareg 195
Tübingen 107.
Tuchler Heide 138.
Tula 37.
Tundra 35. 184.
Tunis 193.
Turan. Tiefland 183.
Turin 21.
Türkei 27.
j Türken 26. 165.
Turkestan 180. 182.
Turkmenen 186.
Turmberg 128.
Tutuila 243.
Tyrus 162.
Tyrrhenisches Meer 29.
u.
Überlinger See 75.
Ücker 130.
Uckermark 139.
Uhehe-Gebirge 203.
Uleaborg 40.
Ulm 99.
Umbrischer Apennin 17.
Ungarn 89.
Union 218.
Unstrut 117.
Untersee 75.
Upernivik 216.
Upolu 243.
Upsala 44.
Ural 33
„ Fluß 34
Urmia-See 165.
Uruguay 2:;8. 230.
Usagara-Gebirge 203.
Usambara-Gebirge 20.
Usedom 129.
Utrecht 59.
V.
Vaalsluß 199.
Vaduz 86.
Valencia 16.
Valenciennes 65.
Valentia 55.
Valparaiso 231.
Vancouver 218.
Bares, Kap l3.
Barinas 232.
Vendee 68.
Venedig 21.
Venezuela 228. 232.
Venn, hohes 110.
Veracruz 224.
Verde, Kap 187.
Verdun 66.
Vereinigte Staaten 218.
„ „ von
Brasilien 230.
Verona 21.
Versailles 66.
Namenverzeichnis.
Vesuv 19.
Vevey 78.
Via Mala 76.
Vienne 62.
Vierlande 145.
Vierivaldstätter See 76.
VierivaldstätterAlpen 74.
Bigo 16.
Viktoria 177. 198. 236.
„ -Fälle 203.
„ -Land 249.
„ -Njansa 203.
Vilm-See 128.
Vlllach 86.
Vlissingen 59.
Vogelsberg 114.
Vogtland 121.
Voltafluß 196.
Vorarlberger Alpen 79.
„ Land 85.
Vorderasien 160.
Vorderindien 168.
W.
Waag 82.
Waat 57.
Wadai 195.
Wadi el Araba 162.
Wagrien 128.
Wahehe 205.
Waigatsch 247.
Waitzen 90.
Walachische Tiefebene 31.
Waldaihöhe 34.
Waldeck 115. 151.
Waldenburg 126.
Waldenburger Bergl.123.
Walen-See 76.
Wales 49.
Walfischbai 201.
Wallis 78.
Wansee 165.
Wardar 25.
Warmbrunn 126.
Warna 28.
Warnemünde 140.
Warnow 130.
Warschau 39.
Wartburg 118.
Warthe 129.
Wasgau 62. 102.
Wash 49.
Washington 220.
Wasserkuppe 114.
Wa Suhaeli 205.
295
Watzmann 96.
Weichsel 34. 82. 129.
Weichselmünde 137.
Wei-hai-wei 177.
Weimar 119. 151.
Weißenburg 103. 153.
Weißenfels 120
Weißes Meer 37. 246.
Weistritz 124.
Wellington 239.
Wener-See 41.
Wernigerode 120.
Werra 114.
Wertach 97.
Wesel 144.
Weser 115. 142.
Weser-Bergland 115.
Wesergebirge 115.
Westalpen 61.
Westaustralien 237.
Westerwald 110.
Westfalen 112.
Westfries. Inseln 57.
Westghats 168.
Westindische Inseln 224.
Westpreußen 151.
Wetterau 114.
Wettersee 41.
Wettersteingeb. 96.
Wetzlar 113.
Wiehengebirge 115.
Wieliczka 89.
Wien 81.
Wiener Wald 79.
Wiener Zteustadt 85.
Wiesbaden 105. 112.
Wiqht 53.
Wildbad 107.
Wilhelmshaven 146.
Wilhelmshöhe 115.
Wilna 39.
Windhoek 201.
Windsor 53.
Wipper 130.
Wisby 44.
Wismar 140.
Wittenberg 133.
Wladikawkas 187.
Wladiwostok 185.
Wörth 103.
Wolfenbüttel 133.
Wolga 3t.
Wollin 129.
Wolverhampton 53.
Woolwich 53.
Worms 104.
Würm-See 97.
296
Württemberg 107. 150.
Würzburg 108.
Wupper 113.
Muri 197.
%
Bonne 63.
Aork-Halbmsel 237.
Bosemite-Tal 222.
Nucatan 222. 224.
Namenverzeichnis.
Z.
Zabern 102.
Zante 25.
Zara 87.
Zellerfeld 120.
Zellersee 75.
Z erb st 133.
Zigeuner 83.
Zillerthaler Alpen 79.
Zirknitzer See 87.
Zittau 126.
Zobten 124.
Zoppot 137.
Zorndorf 134.
Zschoppau 121.
Zugspitze 79. 96.
Züllichau 132.
Zürich 77.
Züricher See 76
Zweibrücken 105.
Zwickau 122.
Zwickauer Mulde 121.
Druck von Gebhardt, Jahn & Landt G. m. b. Schöneberg-Berlin.
'
' '
/ ' USL / '■ ' I ( . ' i!. itf.AwS
. ' ( ■>
: V-C:
/
1
r , . ...
v
j
/
■ '
' ' ' ' - 1 -v:H
. ' \
(:
,r ' 1 ! ( . 1 A
' Jjfr
/:
,
X ' '■ v <' I . ■
■
■ ' .V • :
• ... ■ s W MWM .
! . _Y . . _ . . .Li' _____L . _ .. ( ^ ... | , f ' ,V ",V
. ;
!
,
y ' ' ' /
7 '
r '
.