— 192 — auf die Verbreitung ihrer Arten und die Vennehrung der Jndi- viduen. Jede Pflanze bedarf in ihrer Vegetationsperiode eines gewissen Maßes von Feuchtigkeit, und sie kann andauernde Trockenheit nur ertragen, wenn sie vor Eintritt derselben ihre Lebensäußerungen schcm beendet hat, oder wenn sie durch besondere Einrichtungen befähigt ist, diese ohne Nachteil zeitweilig zu unter- brechen. Da gerade die Verteilung der Niederschläge von so vielen Faktoren abhängig ist, so ist sie auch in der Pflanzen- geographie bezüglich der Verbreitung der Vegetation ein sehr wichtiges Moment. — Während die klimatischen Einflüsse die Ausbreitung der Pflanzenarten über große Erdräume bestimmen, ist die Verteilung derselben innerhalb eines Gebietes nebenbei von der Beschaffenheit des Erdbodens abhängig. Sowohl die physikalischen Eigenschaften desselben (Aufnahmefähigkeit für Wärme und Wasser, Durchlässigkeit u. s. w.), als auch seine chemische Zusammensetzung sind bei vielen Gewächsen von Be- deutung für die Verteilung der Arten und die Bildung der Formen. Wenn auch manche Pflanzen so ziemlich auf jedem Boden gedeihen, weil sie fähig sind, sich ihn: anzupassen, so ist das Vorkommen anderer Arten auf bestimmte Bodenarten beschränkt (Salzpflanzen, Kalkpflanzen. Kieselpflanzen). Doch ist zu beachten, daß auch hierbei die klimatischen Verhältnisse und mancherlei andere Umstände (Böschungswinkel des Bodens, Stand des Grundwassers u. a.) niitsprecheu, so daß z. V. Pslauzeu, die in trockenen Gebieten auf jedem Boden fortkommen, sich in feuchten Gegenden auf den verhältnismäßig trockenen und warmen Kalkboden zurückziehen. Obgleich die einzelne Pflanze — abgesehen von den im Wasser schwimmenden — an ihren Standort gebunden ist im Gegensatz zu den frei sich bewegenden Tieren und Menschen, so verbreiten sich doch die Arten der Pflanzen nach und nach über alle Erd- räume, die ihren Lebensbedingungen entsprechen. Die Pflanzen- Wanderung wird von der Natur durch verschiedene Mittel bewirkt. Die natürlichste und allgemeinste Art der Verbreitung ist die, daß ältere Pflanzen neue erzeugeu durch Bildung von Schößlingen oder Wurzelrauken und durch Ausstreuung von Samern Diese Ausbreitung geht nur iu der nächsten Umgebung der Mutterpflanze und schrittweife vor sich. Wenn auch einzelne Ge- wächse durch besondere Einrichtungen imstande sind, ihre Samen- körner etwas weiter zu verstreuen, so müssen doch die meisten der in der Nähe der Mutterpflanze niederfallenden Samen wegen Mangels an Raum zur Entwicklung zu Gruude geheu. Es würde deshalb die Verbreitung der Pflauzen nur sehr langsam erfolgen, wenn nicht der Wind, das strömende Wasser, die Vögel und der Mensch die Pflanzenwanderung begünstigten. Der Wind führt nicht nur die mikroskopisch kleinen und ungemein leichten Sporen der Kryptogamen iueit fort, sondern er kann auch viel schwerere