— 3 — angezweifelt worden. Kein Geringerer als A. von Humboldt bezeichnete Europa kurzweg als „Westhalbinsel Asiens", und Peschel nennt unsern Erdteil „Alpen- Halbinsel Asiens". Dagegen tritt Karl Ritter für die Selbständigkeit Europas als eines Erdteils ein. und A. Kirchhofs spricht sich darüber folgendermaßen aus: „Lassen wir den Blick über den Globus schweifen, so treten uns die 5 Erdteile als sichtlich naturgegebene Einheiten entgegen; Europa fehlt darunter nicht, selbst wenn wir uns zwingen wollen, von gewohnheitsmäßiger Einteilung abzusehen . . . . Die Pyrenäenhalbinsel, Italien, die Balkanhalbinsel sind in dem nämlichen Sinne Länder, d. h. individualisierte Oberflächenteile des Festen wie Arabien und die beiden Indien; die britischen Inseln sind ein ebenso selbständiger Archipel wie Japan; die Stellung der skandinavischen Halbinsel ähnelt der von Korea oder Kamtschatka: Frankreich ist in dem eben erwähnten, strengeren Verstände ein „Land" so gut wie Ehina, Mitteleuropa so gut wie Zentralasien-. Rußland gibt an physischer und kulturgeographischer Geschlossenheit Sibirien nichts nach. Kurz, soviel kleiner zumeist auch die geographischen Individuen niederer Ordnung, welche wir Länder nennen, auf europäischer Seite des Urals sein mögen, sie stehen auf derselben Rangstufe wie diejenigen auf der asiatischen Seite. Der Begriff „Erdteil" möchte sich aber wohl am kürzesten dahin definieren lassen, daß man unter Erdteil ein Landesindividuum oberster Ordnung begreift, als die natürliche Zusammenfassung der Individuen niederer Ordnung, der Länder im gewöhnlichen Sinne des Worts .... Europa ist ein in sich geschlossenes System von Ländern, folglich ein Erdteil". 2. Bodengestaltung und Bewässerung. Wie die Flächen- gliederung, so weist auch der Bodenaufbau große Mannigfaltigkeit auf. Ein orographischer Gegensatz besteht zwischen dem breiten, einförmigen O. des Kontinents und der schmalen, vielgegliederten Westhälfte. Der kontinentale Osten Europas, wo der Erdteil am breitesten und massigsten ist, wird vom osteuropäischen Tief- lande beherrscht, das durch den Ural vom sibirischen Tieflande ab- geschlossen ist. In dieser großen „sarmatischen" Tiefebene ist Raum zur Entwickelung großer Fluß f y st e me. Das Hauptquellgebiet der Ströme ist die Waldaihöhe. Zu den Strömen, welche das aus- gedehnte Flachland durchfurchen, gehört die Wolga, der größte Fluß Europas <3200 km). Sie mündet wie der vom Uralgebirge herabkommende Uralfluß in den Kafpisee. In das schwarze Meer münden Don, Dnjepr und Dnjestr, in die Ostsee Memel oder Njemen, Düna und Newa, in das n. Eismeer Dwina und Petschora. Die Halbinselbrücke zwischen Ostsee und Eismeer ist sehr reich an Seen, unter denen der Ladogasee der größte Süß- wassersee von ganz Europa ist (18000 (Km). Westeuropa zeigt einen viel reicheren Wechsel verschiedenartiger Bodenformen: Den Kern des Gebietes bildet das Hochgebirge der Alpen, welches sich in Gestalt eines riesigen Füllhorns vom west- lichen Mittelmeer bis zur mittleren Donau hinzieht. Der durch ihre enorme Höhe bedingte Niederschlagsreichtum, der sich äußerlich in den gewaltigen Eisströmen und Schneemassen der alpinen Gletscher und Firnmulden offenbart, macht das höchste Faltengebirge Europas zu einem natürlichen Wasserreservoir, das fast für alle bedeutungsvolleren Ströme des westlichen Europas das Ursprungsgebiet bildet. Hier ent- springen Rhein, Rhone, Po; und auch die Donau, die von den Alpen 1*