104 Die Albanesen oder Arnauten, wie sie von den Türken genannt werden, Schkipe- laren (= Felsbewohner), wie sie sich selbst nennen, sind die Nachkommen der alten Illyrier, ein kriegerisches, in roher Ungebundenheit lebendes Volk, das jeder staatlichen Ordnung widerstrebt. Von Volksbildung sind kaum einige Anfänge vorhanden. Unter den Stämmen gibt es beständig Fehden. Raub und Mord sind an der Tagesordnung, und die noch bestehende Blutrache fordert viele Opfer. Die türkische Herrschaft besteht nur dem Namen nach. Die Albanesen bekennen sich zu 2/3 zum mohammedanischen Glauben, die andern sind teils römisch-, teils griechisch-katholische Christen. Die Siedlungen bestehen meist aus kleinen Dörfern oder einzelliegenden Höfen, die bei den Wohlhabenden festungsartig gebaut und mit Türmen versehen sind. Der Hauptort im N. ist Skütari (20000 E.) am gleichnamigen See, das vorwiegend die Beziehungen zu dem übrigen Europa unterhält, im S. Janina (30000 E.). Der kleine Hafen Durazzo, im Altertum Epidamnus, dann Dyrrhachium genannt, war zur Römerzeit ein bedeutender Überfahrtsort nach dem italischen Brundusium. Hier landeten die nach dem Morgenlande bestimmten römischen Truppen, die dann auf der heute verfallenen Egnatischen Straße (via Egnatia), die durch das Tal des Schkumbi, am Ochridasee vorbei durch Makedonien und weiterhin über Thessalonich und Amphipolis nach Byzanz führte, weiter marschierten. c) Ö. von Albanien liegt Makedonien, das aber seinem größeren Teile nach dem Rumelischen Schollenlande angehört. Das Rumelische Schollenland*) besteht vorwiegend aus kristallinischen Gesteinen, Gneisen, Glimmer- und Urtonschiefern, die häufig von Granitstöcken und von Durchbrüchen von Serpentinen und Trachyten durchsetzt sind. Die heutige mannigfaltige Gestaltung ist das Ergebnis zahlreicher Brüche, die Senkungen und Emporpressungen einzelner Teile im Gefolge hatten und an vielen Stellen Mineralquellen zutage treten ließen. Wir zerlegen das Gebiet in drei Teile: das Westserbische (S. 97), das Makedonische und das Thrakische Bergland. a) Das Makedonische Bergland, das bis zum Tal der Struma reicht, gehört im W. noch zum Dinarischen Gebirge. Ö. vom Wardar besteht es aus zahlreichen, meist wö. verlaufenden Bergketten, die Höhen von über 2000 m erreichen und im allgemeinen nach S. hin niedriger werden. Die Berge Makedoniens haben überwiegend sanfte, abgerundete Formen und sind noch reich an Eichen-, Buchen- und Kastanienwäldern. Zwei größere, nach S. zum Ägäischen Meere strömende Flüsse, Wardar und Struma, entwässern das Land. Die tiefe Furche des Wardartals, die jenseits eines nur niedrigen Paßüberganges im Morawatal ihre n. Fortsetzung hat, ist eine der wichtigsten Verkehrsstraßen der Halbinsel, der jetzt die große Eisenbahnlinie von Belgrad nach Saloniki folgt (S. 98). Im Mündungsgebiete des Wardars, im Hinter¬ gründe des Busens von Saloniki, breitet sich eine große Ebene aus, die im *) Rumelien (Rumili -- Römerlandl ist die alte türkische Bezeichnung für das ganze Landgebiet s. vom Balkan bis zum Dinarischen Gebirge, den zuletzt übriggebliebenen Teil des Oströmischen Reiches.