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Erdkunde
für Mittelschulen
Huf Grund der Bestimmungen über das Mittelschulwesen
vom 3. Februar 1910
bearbeitet von
B. Dilcher, ID. Schwarzhaupt, ®. Walther,
Rektoren zu Frankfurt a. IN.
II. Teil
^Europa ohne Deutschland)
Mit 20 Skizzen, 105 Abbildungen und 3 farbigen Tafeln
G"orf-r: -
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Leipzig Frankfurt a. M.
Kesselringsche Hosbuchhandlung (E. v. Marzer)
— Verlag —
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Druö
ituct der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
90—94
95—102
103-105
106
107
108
Europa (ohne Deutschland).
Überblick über Europa.............
Mitteleuropa.
Die Alpen..................
Die Schweiz und Liechtenstein..........
Osterreich..................
Ungarn..................
Holland..................
Luxemburg.................
Belgien..................
West- und Nordwesteuropa.
Frankreich...................36
Die Britischen Inseln.............. 45
Nordenropa.
Norwegen..................I 53
Schweden..................j 56
Dänemark..................j 60
Osteuropa.
Rußland...................| 63
Rumänien..................I 70
Tüdenropa. !
Die Balkanhalbinsel..............................71
Italien......................................77
Die Pyrenäenhalbinsel..............[86
Allgemeine Übersicht über Europa..........'92
Vie fremden Erdteile.
Asien.
Allgemeines..................
A. Westasien: Kleinasien, Armenien, Iran, Mesopotamien,
Arabien, Syrien, Palästina..........
B. Tildasien: Vorder^ und Hinterindien, die Malaiische
Inselwelt................
C. Ostasieu: Jnnerasien, China, Japan......
D. Nordasien: Sibirien, Turan.........
Die Austeilung Asiens..............
Allgemeines....
A. Die Nilländer
Afrika.
100
101
109
115
128
132
133
134
— IV —
Seile
I
109-1101
111-112:
113
114—116
117
118
119
120—121 I
122
128—131
132-133
134—143
144-145
146—147
148—152
153-154
155
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159
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
B. Tic Lstasrikanifche Seenplatte: Das Hochland von
Habesch, Deutsch^stafrika..........
C. Tas Südafrikanische Tafelland: Brinsch-Siidafrika,
Dentsch-Südwestasrika..........
I). Tas ttongobecken mit Niedenzuinca . . . .
E. Ter Tndan mir Lberflniuea, Kamerun, Togo .
F. Tie Sahara.............
Gr. Tie Mailänder...........
H. Tie Inseln um Afrika.........
Allgemeine Übersicht............
138
j 145
I 150
| 151
157
159
160
161
Amerika.
Allgemeines..................164
A. Südamerika: Die Anden, das Tiefland der großen
Stromsysteme, das Bergland von Brasilien, das Berg-
land von Guayana............165
■ Die Bewohner Südamerikas.........172
B. Mittelamerika und Weftindien........173
C. Nordamerika: Die Republik Mexiko, die Vereinigten
Staaten von Nordamerika, Britisch-Nordamerika . .
Grönland................
Allgemeine Übersicht...............
Australien.
A. Das Festland von Australien........191
B. Tie Australische Inselwelt: Der innere Juselgürtel, j
der äußere Jnselgnrtel...........1^
Tic Teutscheu Kolonien.............194
175
175
188
Mathematische Erdkunde.
Das Himmelsgewölbe...........
Kugelgestalt der Erde. Rotation .......
Die Entstehung der Jahreszeiten. Revolution. . .
a) Die scheinbare jährliche Bewegung der Sonne
b) Die Ekliptik............
c) Die wirkliche Bewegung der Sonne ....
Die Zeiteinteilung............
Der Mond...............
a) Größe und Beschaffenheit.......
b) Bewegung des Mondes........
c) Die Lichtgestalten des Mondes . ...
d) Sonnenbedeckungen und Mondverfinsterungen
e) Ebbe und Flnt...........
Das Sonnensystem............
a) Die Sonne............
b) Die Planeten...........
c) Die Kometen . . . .........
Alphabetisches Namenverzeichnis.......
204
205
205
205
207
208
211
213
213
213
214
215
216
216
217
217
218
Europa (ohne Deutschland)
Überblick über Europa. § i.
1. Lage. Europa liegt in der nördlichen gemäßigten Zone und
erstreckt sich vom Kap Tarifa im Süden (36° n. Br.) bis zum Nord-
kap (71° n. Br.). Der westlichste Punkt ist das Kap La Roca.
Im Osten bildet etwa der 60.° ö. L. die Grenze zwischen Europa
und Asien.
2. Begrenzung. Im Norden, Westen und Süden wird Europa
von Meeren umspült. Im Osten hängt es mit dem Erdteil Asien zu-
sammen. Es kann also als eine große Halbinsel des Erdteils Asien
angesehen werden. Im Norden grenzt es an das Nördliche Eismeer,
im Westen an den Atlantischen Ozean. Zu diesem gehört die Nord-
see, die im Westen durch die Straße von Calais und den Kanal mit
dem Atlantischen Ozean in Verbindung steht. Im Osten ist sie durch
mehrere Meeresstraßen (Skagerrak, Kattegat, Kleiner Belt, Großer
Belt und Sund) mit der Ostsee verbunden. Diese hat drei große
Meerbusen: den Bosnischen, den Finnischen und den Rigaischen Meer-
busen. Im Süden führt die Straße vou Gibraltar von dem Atlanti-
schen Ozean in das Mittelländische Meer, das mit Buchten und
Meeresteilen tief in die Südküste Europas eingreift. Den tiefsten Ein-
schnitt bildet das Adriatische Meer. Durch das Agäische Meer, die
Straße der Dardanellen, das Marmarameer und den Bosporus steht
das Mittelländische Meer mit dem Schwarzen Meer in Verbindung.
Im Südosten bilden der Kaukasus und das Kaspische Meer die natür-
liche Grenze Europas. Im Osten wird Europa durch den Uralfluß
und das Uralgebirge von Asien gelrennt.
3. Gliederung und Einteilung. Europa besteht aus der eigent-
lichen Festlandsmasse, den Halbinseln und den Inseln. Der Rumpf
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 1
— 2 —
Europas hat die Form eines rechtwinkligen Dreiecks. Die Spitzen
dieses Dreiecks treffen den Golf von Biscaya, das Kaspische Meer und
das Nordende des Uralgebirges. Über seine Begrenzungslinien ragen
noch große Halbinseln hinaus: im Süden die Balkan-, die Apennin- und
die Pyrenäenhalbinsel, im Norden Jütland uud Skandinavien. Dem
Festland sind im Nordwesten die Britischen Inseln vorgelagert.
Man unterscheidet folgende Hauptgebiete Europas:
1. Mitteleuropa (Deutschland, Holland, Belgien, die Schweiz
und Österreich-Ungarn); 2. West- und Nordwesteuropa (Frank-
reich, Großbritannien und Irland); 3. N ord europa (Dänemark, Nor-
wegen und Schweden); 4. Osteuropa (Rußland und Rumänien);
5. Südeuropa (die drei südlichen Halbinseln).
Mittel-Europa.
Zu Mitteleuropa rechnet man die Länder, die sich von den Alpen
bis zur Nord- und Ostsee uud vom Rhein bis zu den Karpathen aus-
dehnen. Es umfaßt demnach Deutschland, Holland, Belgien,
Luxemburg, die Schweiz und Österreich-Ungarn. An seiner
Südgrenze erhebt sich die gewaltige Gebirgskette der Alpen.
Die Alpen.
A. Lage und Ausdehnung.
§ 2. Die Alpen bilden einen mächtigen Gebirgszug von mehr als 1900 km
Länge. Sie beginnen am Ligunschen Meer und ziehen zuerst in nörd-
licher Richtung bis zum Mont Blanc, dem höchsten Berge des ganzen
Erdteils. Dann wenden sie sich nach Osten. Sie nehmen allmählich
an Höhe ab, aber an Breite zu. Die Hauptkette endet im Nordosten
an der Donau bei Wien. Die südöstlichen Vorketten wenden sich dem
Adriatischen Meere zu und stehen in Verbindung mit den Gebirgen der
Balkanhalbinsel. Diese beiden Gebirgszüge werden durch das Tal der
Drau voneinander getrennt.
An dem Alpengebiet haben Italien, Frankreich und Deutschland
den kleineren, die Schweiz und Österreich den größeren Anteil.
— 3 —
B. Ausbau der Alpen.
1. Entstehung. Die Alpen sind ein mächtiges Faltengebirge, ß 3.
dessen Entstehung man auf folgende Weise erklärt. Als sich die Erde,
die sich früher in feurig-flüssigem Zustande befand, allmählich abkühlte,
zog sie sich naturgemäß immer mehr zusammen. Die Erdrinde war
aber schon so fest, daß sie dieser Zusammenziehung nicht überall gleich-
mäßig folgen konnte. Infolgedessen entstand in ihr ein so starker Seiten-
druck, daß die nachgiebigeren Gesteinsschichten als mächtige Falten (Ketten-
gebirge) emporgehoben wurden, während die festeren Massen der Erd-
rinde näher aneinander rückten. Es vollzog sich ein ähnlicher Vorgang
wie beim Einschrumpfen eines Apfels, dessen Haut auch viele Runzeln
bildet, weil sie der Zusammenziehung des vertrockneten Apfels nicht
zu folgen vermag. Auf diese Weise bildeten sich gewaltige Höhenzüge,
die durch tiefe Täler voneinander gelrennt wurden. — In der Nähe der
Poebene sind die Gebirge am höchsten emporgetrieben worden, während
sie nach Frankreich, Deutschland und Österreich hin immer niedriger
werden.
2. Die Hauptgesteinsmassen. Die Alpen bestehen aus zwei
verschiedenen Hauptgesteinsmassen. In den Höhenzügen der Mitte
finden sich die ältesten Gesteine der Erdrinde: Granit, Gneis,
Glimmerschiefer n. a. Die nach außen hin vorgelagerten Ge-
birgsketten dagegen bestehen vorwiegend aus Kalk und werden deshalb
Kalkalpen genannt. Sie begleiten die Zentralalpen auf ihrer ganzen
West- und Nordseite, im Süden dagegen nur vom Lago maggiore
(madschore) an nach Osten.
C. Die Höhenzüge der Alpen.
Den gesamten Höhenzug der Alpen vom Mittelländischen Meer § 4.
bis zur Donau und Adria teilt man in zwei Hauptteile ein, in die
W e st - und die O st a l p e n. Sie werden durch die Rheintalbruch-
liuie, die vom Comersee durch das Tal des Hinterrheins zum Bodensee
zieht, voneinander getrennt.
I. Die Westalpen.
Die Westalpen gliedern sich wieder in die Französischen und
die Schweizer Alpen.
1. Die Französischen Alpen bilden einen mächtigen Grenzwall
zwischen Frankreich und Italien. Sie reichen vom Ligurischen Meer
l*
— 4 —
bis zum Großen St. Bernhard. Nach Osten fallen sie steil ab. Nach
Westen erfolgt ihre Abdachung allmählich. Von dort aus sind sie des-
halb auch leicht zugänglich. — Am Monte Biso entspringt der Po.
In der Nähe des Mont Cenis führt eine Eisenbahn durch einen
12 km langen Tunnel von Frankreich nach Italien. Kürzeste Verbindung
zwischen Lyon und Turin. In dem mächtigen Eckpfeiler des Mont
Blanc erreichen die Alpen ihre größte Höhe (4810 m).
2. Die Schweizer Alpen. Sie ziehen in mehreren Gebirgs-
ketten, die durch Rhone uud Rhein voneinander getrennt werden, nach
Osten.
a) Die Walliser Alpen mit dem Paß des Großen St. Bernhard
(berühmtes Hospiz) und dem Monte Rosa (46l)0 m), dem zweit-
höchsten Berg der Alpen. Über den Simplon führt eine von
Napoleon I. angelegte Kunststraße aus dem Rhonetal nach Italien,
durch den Simplon ein fast 20 km langer Tunnel. Durch diesen
nimmt die kürzeste Eisenbahnverbindung von Paris nach Genf und
Mailand ihren Weg.
b) Die Berner Alpen. Ihre schneebedeckte Kette erhebt sich nördlich
vom Rhonetal. Die höchsten Gipfel (Finsteraarhorn, Jung-
Abb. 1. Das Alpengebiet.
— 5 —
frau, Mönch, Sch reckhorn) sind über 4000 m hoch und mit ewigem
Eis und Schnee bedeckt. Durch den Lötschbergtunnel führt die
Eisenbahn von Bern nach der Simplonbahn.
c) Die Lepontischen Alpen (vom Simplon bis zum Splügen)
mit dem mächtigen Gebirgsstock des St. Gotthard, von dem die
Abb- 2. Jnlerlaken und die Jungfrau,
die sich im Hintergrund des Lauterbruunentales erhebt.
größten Flüsse der Schweiz: Rhone, Rhein, Reuß und Tessin,
ausgehen. Kunststraße, Tunnel. (Siehe S. 12.)
6) Die Schweizer Kalkalpen. Sie zerfallen in mehrere Gruppen.
Zwischen Aare und Reuß liegeu die Vi er Wald statt er Alpen mit
dem Pilatus, zwischen Reuß und Limmat die Schwyzer Alpen
mit dem durch seine Aussicht berühmten Ri gi, weiterhin die Glarner
Alpen und zwischen Züricher See und Bodensee die Thür er und die
Appenzeller Alpen.
IL Die Ostalpen.
Die Ostalpen bestehen aus drei Hauptgebirgszügen: den kristal-
Untschen Zentralalpen, den nördlichen und den südlichen
Kalkalpen. (Siehe Abb. 1, S. 4.)
1. Die Zentralalpenkette beginnt am Hinterrhein und begleitet
zunächst das tief eingeschnittene Jnntal. l^Ober-Engadin mit St. Moritz
und Pontresina.) Dann zieht sie durch Tirol. Hier hat sie in
dem Brennerpaß eine tiefe Einsattelung, die von der Eisenbahn
Innsbruck—Bozen überschritten wird. Weiter östlich folgen die
Tauern mit dem Großglockner (3800 m), durch deren Gebiet die
Abb. 3. Die 3 Zinnen in den Dolomiten.
Tauerubahn von Salzburg über Gastein und Villach nach Trieft führt,
und die Steirischen Alpen mit dem Semmeringpaß, über den
die Eisenbahn von Wien nach Trieft ihren Weg nimmt.
2. Die nördlichen Kalkalpen. Sie sind von den Zentralalpen
durch tiefe Täler getrennt, durch die Lech, Inn, Salzach und Enns
zur Donau abfließen. Einzelne Gruppen sind: die Algäuer, die
Bayrischen, die Salzburger und die Österreichischen Alpen.
3. Die südlichen Kalkalpen. Zu ihnen gehören die Süd-
tiroler Dolomiten mit ihren turmartigen Gipfeln, die Karnischen
und die Julischen Alpen. Von ihnen fließt die Etsch mit Eisack
zum Adriatischen Meer. Die Drau mit Mur und die Save wenden
sich zur Donau.
D. Die Höhenstufen der Alpen.
(Klima, Pflanzen- und Tierwelt).
Die Alpen sind ein mächtiges Hochgebirge, dessen höchste Spitzen § 5
weit über die Schneegrenze emporragen. Deshalb zeigen sie auch von
ihrem Fuße bis zum Gipfel die größte Verschiedenheit in bezug auf
Klima, Besiedelung, Pflanzen- und Tierwelt. Nach den Höhenstufen
unterscheidet man die Hügelregion und die Regionen der Vor-,
Mittel- und Hochalpen.
1. Die Hiigelregion. An den Vorhöhen der Alpen (bis zu 800 m)
herrscht noch üppiger Pflanzenwuchs, namentlich auf der Südseite.
Ackerfelder und Obsthaine erfreuen den Blick des Wanderers; Laubwälder
gewähren ihm willkommenen Schatten, und die Weinrebe begleitet ihn
noch bis in die geschützten Alpentäler hinein.
2. Die Boralpen. Allmählich verschwinden die bebauten Felder;
wir kommen in die Region der Voralpen, die von 800—1800 m
Höhe reichen. In den Wäldern kommen Nadelholzbäume besonders
zahlreich vor. Sie wechseln mit kräuterreichen Wiesen, auf denen große
Herden weiden; die Alpenwirtschaft beginnt. Die Wohnungen der
Menschen werden seltener, und nur in geschützten Tälern finden wir noch
dauernd bewohnte Ansiedelungen.
— 8 —
3. Die Mittelalpen. Wir steigen höher hinauf in die eigentliche
Alpenregion (1800—2800 m). Kahle Gipfel und steile Felsen ragen
auf; zwischen mächtigem Steingeröll stehen vereinzelte Lärchen und
Arven. Große Weideflächen breiten sich dazwischen ans. Hier kann
sich der Mensch keine dauernde Wohnstätte mehr gründen; nur im Sommer
vermag er hier zu weilen. Dann treibt der Senne seine Herde hinauf
auf die Almeu, „wo, von der Genziane und Anemon' umblüht, auf
feiduem Rafeuplane die Alpenrose glüht". Der Jäger beschleicht die
scharf witternde Gemse; Alpenhasen und Raubvögel werden seine Beute.
Die Touristen steigeu zu diesen Höhen hinauf, um die großartige Alpen-
Welt zu bewundern.
Alpenwirtschaft Die Alpen haben ein rauhes und feuchtes
Klima, das den Getreidebau nicht mehr zuläßt, wohl aber den Gras-
Abb- 5. Alm mit Sennhütte.
wuchs begünstigt. Deshalb sind sie reich an vorzüglichen Weideplätzen.
Ende Mai ziehen die Herden der Talbewohner hinauf, um den ganzen
Sommer über dort im Freien zu weiden. Abends sammeln sie sich
in dem „Gaden" in der Nähe der Sennhütte. Diese ist ein kunstloses
Blockhaus, das auf eiuer kleinen Grundmauer ruht und von einem
breiten, steinbeschwerten Schindeldach gegen Wind und Wetter geschützt
wird. Sie enthält meistens nur die alleruotwendigsten Stubengeräte
und eiuen großen Herd. Hier bereitet der Senne mit seinem Handbuben
ans der Milch seiner Herde den berühmten Schweizerkäse (in den Ost-
alpen vorzugsweise Butter). — Bei günstiger Witterung führen die
Hirten ein sorgenloses Leben; aber bei Sturm und Unwetter haben sie
große Mühe, die aufgeregten Tiere zusammenzuhalten. Im September
— 9 —
treiben sie die Herden wieder zu Tal. Ein Teil derselben wird auf den
großen Herbstviehmärkten verkauft, der andere in den Ställen übei>
wintert.
4. Die Hochalpen. Von ungefähr 2800 m Höhe an (Schnee»
reg ton der Hochalpen) sind die Gipfel jahraus, jahrein mit ge-
waltigen Schneemaffen bedeckt. Die Sonne vermag den Schnee nicht
Abb. 6. Station Eigergletscher an der Jungfraubahn (mit dem Mönch).
mehr vollständig zu schmelzen. Große Schneefelder bedecken diese Höhen;
„da pranget kein Frühling, da grünet kein Reis".
Der Schnee ist in diesen Höhen nicht flockig, sondern feinkörnig.
Durch die Wärme des Tages kommt er zwar etwas znm Tauen, jedoch
erstarrt er wieder unter der Kälte der Nacht; — er wird zum Firn.
Die an steilen Abhängen lagernden Schneemassen werden zu einer Ge-
fahr für den Wanderer und die Talbewohner. Ihre eigene Schwere
— 10 —
zieht sie oft schon im Winter in das Tal hinab lStaublawinen). Am
gefährlichsten aber sind sie im Frühling, wenn der warme Föhn über
die Höhen dahinfährt und den Schnee plötzlich zum Schmelzen bringt.
Dann stürzen die Grund - oder Schlaglawinen donnernd zu Tal
und vernichten auf ihrem Wege die Pflanzungen und Wohnungen der
Menschen.
Gewaltige Schnee- und Eismassen sammeln sich auch in den von
steilen Felsen eingeschlossenen Talmulden der Schneeberge. Sie bilden
Gletscher; das sind große Eisfelder, die von vielen Spalten und
Rissen durchzogen werden, in denen während der Sommerzeit Tau-
und Regenwasser zur Tiefe hinabsickert. Mancher Gletscher gleicht einem
mächtigen Strome, der sich zwischen den steilen Felsen dahinschlängelt,
dessen schäumende Wellen aber plötzlich erstarrt sind. Wo er einen Gebirgs-
riegel überschreitet, stürzt er ab wie ein Wasserfall. An seinem unteren
Ende kommen die gelblich-grauen Gletscherwasser zum Vorschein. Die
Schnee- und Eismassen der Gletscher scheinen in vollständiger Ruhe
zwischen den Bergen eingebettet zu sein. Ju Wirklichkeit aber gleiten
sie durch die eigene Schwere allmählich abwärts. Die sich zu beiden
Seiten anhäufenden Felsstücke nennt man Seitenmoränen, die
Schuttanhäufungen am Fuße des Gletschers Grundmoränen. Dort
lagern auch die Felsstücke, die von den Eismassen wie auf einem
Schlitten langsam zu Tal geführt worden find.
E. Wasserreichtum der Alpen.
§ 6. 1. Flüsse. Die Alpen bilden in klimatischer Hinsicht die wichtigste
Gebirgsmauer Europas. Sie scheiden den warmen Süden von dem
gemäßigten Mitteleuropa. An ihren Gebirgszügen kommt anch der
Wasserdampf der feuchten Westwinde zum Niederschlag. Deshalb haben
namentlich die Westalpen reichliche Regenmengen. Im Winter aber
sammeln sich auf den Höhen gewallige Schneemaffen an, die im
Sommer den Flüssen unerschöpfliche Wassermeugeu zuführen. Infolge
dieser reichlichen Niederschläge sind die Hochalpen die Wiege zahlreicher
Bäche und Flüffe. Bald kommen diese aus Moorwiesen und kleinen
Seen; bald entströmen sie den Gletschern; bald entstehen sie aus starken
Quellen. Ihre schmutziggelben Wasser eilen wildschäumend durch enge
Schluchten, oder sie stürzen steile Abhänge hinab, bis sie das Tal
erreichen und ruhiger dahinfließen.
2. Alpenseen. Viele Alpenflüffe treten am Fuße der Berge
in Seen ein, deren Becken einst durch Senkung des Bodens entstanden
— 11 —
oder durch Gletscherwasser ausgehöhlt worden sind. Ju diesen Läute-
rungsbecken am Nord- und Südrand der Alpen nimmt das Wasser
der Alpenflüsse eine durchsichtig bläulich-grüne Farbe an. Die bedeu-
tendsten Seen sind im Norden: Genfer See, Thuner und
BrienzerSee, Vierwaldstätter See, Züricher See, Boden-
see und die Seen in Oberbayern und im Salz kämm er gu t,
im Süden: Lago Maggiore, Comer- und Gardasee.
F. Verkehrswege.
Die gewaltigen Höhenzüge der Alpen scheiden nicht nur die Ströme § 7.
und die Klimate, sondern auch die Völker voneinander; doch haben sie
tiefe Täler und Pässe, die das Überschreiten des Gebirges erleichtern
und gewissermaßen als Tore in der hohen Gebirgsmauer dienen. Ihnen
Abb. 7. Die Eisenbahnverbindungen Mitteleuropas mit Italien.
folgen die Handelswege. Ju alter Zeit waren es die beschwerlichen
Saumpfade. In neuerer Zeit sind es die bequem angelegten und in
vielen Windungen ansteigenden Kunststraßen, die über die Haupt-
Pässe führen, uud Eisenbahnen, die sich in den Tälern allmählich
hinaufwinden, um dann in langem Tunnel die andere Seite des Ge-
birges zu erreichen. Sie sind für den Weltverkehr von der größten
Bedeutung. Dem Fremdenverkehr dienen viele Zahnradbahnen, die auf
die Gipfel aussichtsreicher Berge führen. (Siehe Abb. 8.)
n.Basel n. ^Zürich,Base/ n.München n. .Salzburg r^ WJen
— 12 —
Die Mont-Cenis-Bahn (Tunnel 12,2 km, eröffnet 1871)
verbindet Frankreich mit Italien.
Die Simplonbahn (Tunnel 19,8 km, eröffnet 1905) verbindet
die Schweiz mit Italien. Durch die Lötschbergbahn wird sie mit
Bern und Basel verbunden.
Die Gotthardbahn (Tunnel 14,9 km, eröffnet 1881) ver-
bindet Deutschland und die Schweiz mit Italien.
Die Arlbergbahn (Tunnel 10,2 km, eröffnet 1884) verbindet
Süddeutschland und die Schweiz mit Nordtirol.
Abb. 8. Zahnradbahn auf den Pilatus.
Sie ist 4,2 km lang. In starker Steigung legt sie den Höhenunterschied zwischen
Alpnachstad und Pilatuskulm (IG28 m) in 1V» Std. zurück.
Die Brennerbahn (Tunnel 0,8 km, eröffnet 1867), verbindet
Süddeutschland und Tirol mit Italien.
Die Tauerubahn (Tunnel 8,5 km, eröffnet 1909) verbindet
Salzburg mit Villach und Trieft.
Die Semmeriugbahn (Tunnel 1,4 km, eröffnet 1854) ver-
bindet Wien mit Trieft und Venedig.
— 13 —
Die Schweiz, eine Bundesrepublik.
(Ungefähr so groß wie die Provinz Brandenburg. 3,7 Millionen
Einwohner.)
A. Landschaftsgebiete.
Die Schweiz erstreckt sich von der Höhe der Alpen bis zum Boden- § 8.
see und Rhein, vom Schweizer Jura bis zum Oberinntal; dazu kommt
noch der Kanton Tessin, der bis zu dem Lago Maggiore und dem
Luganer See reicht. Man unterscheidet das Alpenland, die Schweizer
Hochfläche und das Juragebiet.
Abb, 9. Luzern am Vierwaldstätter See.
1. Das Schweizer Alpenland. Das Alpenland umfaßt die
Gebirgszüge vom Mont Blanc bis zum Oberiuntal. Seine höchsten
Gipfel gehören der Schneeregion an; die grasreichen Mittelalpen dienen
der Viehzucht. Die Siedelungen der Menschen finden wir aber meistens
in den wegsamen, geschützten und anbaufähigen Tälern, die als tiefe
Furchen in das Gebirge eingeschnitten sind.
Flüsse. Die meisten größeren Flüsse entspringen am St. Gotthard
oder in seiner Nähe. Nach Westen fließt die Rhone, nach Osten
der Rhein. Dieser nimmt noch den Hinterrhein auf und wendet
— 14 —
sich dann nach Norden zum Bodensee. Bei Schaffhausen durchbricht er
in großartigem Wasserfall die Jurahöhen; dann bildet er bis Basel
die Nordgrenze der Schweiz. — Vom
Finsteraarhorn empfängt er die Aare,
die den Brienzer und den Thuner See
durchfließt. Ihr größter Nebenfluß ist die
Reuß, Diese kommt vom St. Gotthard
und durchfließt den Vierwaldstätter See.
Von rechts nimmt die Aare noch die aus
dem Züricher See kommende Limmat
auf. Vom St. Gotthard nach Süden
fließt der Tessin,
Da das eigentliche Alpenland rauh
und unfruchtbar ist, liegen dort nur kleinere
Siedelungen. Größere Städte finden wir
erst an den Seen, die durch ihre geschützte
Lage, ihr mildes Klima und die Schön-
heit ihrer Uferlandschaften ausgezeichnet
sind. Jnterlaken (— zwischen den Seen),
Abb.10.DasTelldenkn?alinAlldorf. dem Brienzer und dem Thuner
See, und Luzern, 40000 Einw., am Vierwaldstätter See sind Sammel-
Abb. 11. Die Landschaflsgebiete der Schweiz.
punkte des Touristenverkehrs. Am Vierwaldstätter See das Rütli
(Schwur der Eidgenossen) und die Tellskapelle. (Siehe Abb. 12.)
— 15 —
2. Die Schweizer Hochfläche. Die Schweizer Hochfläche er-
streckt sich vom Genfer See bis zum Rhein und Bodensee. Sie ist
ein welliges Hügelland mit fruchtbaren Feldern und grasreichen Wiesen.
Daher treiben die Bewohner vorzugsweise Viehzucht und Ackerbau.
Die reichlich vorhandenen Wafferkräfte haben außerdem das Aufblühen
einer großartigen GeWerbetätigkeit begünstigt.
Zürich, 196000 Einw., ist der Hauptplatz für die Seiden-, St.
Gallen für die Baumwolleninduftrie. Das günstig gelegene Basel,
Abb. 12. Die Tellskapelle.
134000 Einw., hat ebenfalls Seidenfabriken; auch treibt es bedeutenden
Handel mit Deutschland uud Frankreich. Bern, 90000 Einw., ist die
Bundeshauptstadt der Schweiz. An dem Genfer See Genf mit
132000 Einw., durch seine Uhren und Goldwaren berühmt, und Lau-
sänne, 68000 Einw.
3. Der Schweizer Jura. Der Schweizer Jura bildet die
Grenze gegen Frankreich hin. Er besteht aus langgestreckten Höhen-
zügen, die durch muldenförmige Täler voneinander getrennt werden.
Da der Ackerbau infolge der Wasserarmut des Kalkgebirges nur geringen
— 1(3 —
Ertrag bringt, so hat sich ein großer Teil der Bewohner der Industrie,
namentlich der Uhrenfabrikation und der Weberei, zugewandt. Haupt-
orte derselben sind Neuenbürg an dem Neuenburger See und Low-
thurn.
B. Die Bevölkerung und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
1. Bevölkerung. Verfassung. Die Bevölkerung zeigt große
Verschiedenheit in bezug auf Abstammung und Sprache. Am Genfer
See und auf dem Jura wohnen Franzosen, im Rheingebiet
Deutsche (3A der Bevölkerung), in Graubünden Romane n und am
Tessiu Italiener. Die Bewohner der Ebene sind meistens Prote-
stauten, die Gebirgsbewohner Katholiken. Allen gemeinsam ist die Liebe
zur Heimat und zum Vaterland.
Die Schweiz ist eine Republik, deren 25 Kantone zu einem Bundes-
staat vereinigt sind. Die gesetzgebende Gewalt übt die in Bern tagende
Bundesversammlung aus. Dort hat auch die ausführende Behörde,
der Bundesrat, seinen Sitz. Die Schweiz ist für neutral erklärt und
hat deshalb kein stehendes Heer; die kriegstüchtigen jungen Männer
werden nur auf kurze Zeit zu ihrer militärischen Ausbildung ein-
berufen.
2. Wirtschaftliche Tätigkeit der Bewohner. Da die Schweiz
vorwiegend Gebirgsland ist, kann die Landwirtschaft nur in den
Tälern und auf der Schweizer Hochfläche mit Erfolg betrieben werden.
Daher muß noch von den Nachbarländern Mehl und Getreide bezogen
werden. Die Viehzucht
dagegen ist infolge des
Reichtums an Matten und
Wiesen bedeutend.
Einerganzbesonderen
Pflege erfreut sich die
Industrie. In Zürich
und Basel blüht die
Seidenindustrie, iu und
um St. Gallen die Baum-
wollenweberei, in Genf
und auf dem Jura die
Uhrenfabrikation.
Im Handelsverkehr werden diese Waren an das Ausland ge-
liefert, ebenso Vieh uud Molkereierzeugnisse. Von dort erhält die
Abb. 13. Post in den Alpen.
Schweiz namentlich Getreide, Wolle, Baumwolle, Rohseide,
Kohlen und Eisen. — Ein großer Teil der Bevölkerung lebt von
dem großartigen Fremdenverkehr.
Das Fürstentum Liechtenstein.
Es liegt am Rhein (südlich vom Bodensee) und hat noch nicht § 9.
10 000 Einwohner. Diese treiben Viehzucht, Getreide- und Weinbau.
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie.
(Etwas größer als das Deutsche Reich, die Schweiz, Belgien und
Holland zusammen. 51,4 Mill. Einw.)
Österreich-Ungarn nimmt den südöstlichen Teil Mitteleuropas ein. § 10.
Es ist deshalb ein wichtiges Turchgangslaud für den Verkehr Deutsch-
lands mit dem Morgenland. (Gib die natürlichen und die politischen
Grenzen nach der Karte anl) Nach seinen natürlichen Landschafts«
gebieten umfaßt es: 1. die Alpen- und die Karstländer, 2. die
Sudetenländer, 3. die Karpathenländer. Politisch besteht es
aus zwei Teilen, aus dem Kaiserreich Österreich und dem König-
reich Ungarn.
A. Die Österreichische Reichshälfte.
I. Die österreichischen Alpen- und Karstländer.
1. Tirol mit Vorarlberg. Tirol besteht aus drei Landschafts- § 11.
gebieten, aus Vorarlberg, Nordtirol und Südtirol. Vorarl-
berg mit seiner aufblühenden Baumwollenindustrie gehört zum Rhein-
gebiet. Durch die Arlbergbahn ist es mit dem oberen Jnntal (Nord-
tirol) verbunden, dessen Bewohner hauptsächlich Ackerbau und Viehzucht
treiben. Von der Hauptstadt Innsbruck, 53000 Einw. (Universität,
Andreas Hofer-Denkmal), führt eine Eisenbahn über den Brennerpaß
durch das Tal der Eisack (— Eisache, Eisfluß) und der Etsch nach dem
obst- und weinreichen Südtirol, das in seinem südlichen Teil schon
von Italienern bewohnt wird. Sie berührt die wichtige Handelsstadt
Bozen und Trient (Konzil). An der oberen Etsch liegt der be-
rühmte Kurort Meran (= an der Moräne).
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde, II. Teil. 2
— 18 —
Die Bewohner sind ein tapferes und biederes Volk. In den Ge-
birgsgegenden treiben sie Viehzucht und Ackerbau. Da das Land aber
nicht genug Ertrag bringt, ziehen viele Tiroler in die Fremde, um dort
ihren Unterhalt zu suchen. In dem Etschtale ist es fruchtbarer. Dort
gedeihen Obst, Wein und sogar Zitronen. Der lebhafte Fremden-
verkehr bringt dem Lande große Einnahmen.
Abb. 14. Die Alpen-, Karst- und Donauläilder Österreichs.
2. Salzburg. Auch hier ernähren sich die Bewohner zum größten
Teil von Viehzucht, Forstwirtschaft und Ackerbau. Das Land an der
Salzach hat große Salzlager. Die Hauptstadt Salzburg, 36000 Einw.,
ist durch ihre schöne Lage an der Salzach ausgezeichnet. In dem Wild-
bad Gastein (an der Tauernbahn) weilte Kaiser Wilhelm I. oft zur Kur.
3. Kärnten. Es liegt zu beiden Seiten der oberen Drau und ist
durch seinen Reichtum an Bleierzen berühmt. Hauptstadt Klagenfurt.
4. Steiermark. Die „grüne" Steiermark wird von der Mnr
durchflössen. Die Berge sind reich an Eisenerzen. (Siehe Abb. 16.)
In den Tälern wird Ackerbau getrieben. Die Hauptstadt Graz,
152000 Einw., ist die größte Stadt im Alpengebiet.
5. Krain. Der nördliche Teil gehört zu dem Alpen-, der südliche
Teil zum Karstgebiet. Hauptstadt Laibach. In der Nähe von Jdria
— 19 —
große Quecksilberbergwerke. — Der Karst ist ein ödes Kalkhochland
mit trichterförmigen Vertiefungen uud Höhlen, in denen hier und da
r
Abb. 15. Salzburg,
Abb. 16.
Der Erzberg in Steiermark, dessen stufenmäßiger Abbau zu erkennen ist.
Flüsse verschwinden, um später wieder an tieferen Stellen zutage zu
treten. Zu den Wundern des Karstes gehören die Adelsberger
Tropfsteinhöhle und der Zirknitz er See, dessen Wasser zu
2*
20 —
manchen Zeiten teilweise abfließen, so daß man auf seinem Grund dann
Gras mähen, ja sogar Korn säen und ernten kann.
6. Das Küstenland wird von Italienern und Slowenen bewohnt.
Es ragt mit der Halbinsel Jstrien in das Adriatische Meer hinein. Hier
hat Österreich zwei bedeutende Häfen: für den Handelsverkehr nach dem
Orient Trieft, das „österreichische Hamburg", 230000 Einw., und
für die Kriegsflotte Pola.
7. Dalmatien liegt an der zerklüfteten und wenig fruchtbaren
Westküste der Balkanhalbinsel. Hauptstadt Zara. Die Küstenbewohner
sind vorzügliche Seeleute.
Abb. 17. Herzegowinisches Bauernhaus.
8. Bosnien und die Herzegowina erstrecken sich von den
Dinarischen Alpen bis zur Save und Drina. Es ist ein waldreiches
Land mit Braunkohlenbergwerken und Eisenerzgruben. In den frucht-
baren Tälern werden Weizen, Mais und Tabak angebaut. Hauptstadt
Serajewo.
9. und 10. DieCrzherzogtümerQberöfterreichund Niederöster-
reich sind die Kernländer des österreichischen Staates. Neben Ackerbau
und Viehzucht betreiben sie Obst- und Weinbau. Durch ihre Lage an der
schiffbaren Donau haben sie ihre große Bedeutung für den Staat erlangt.
Die Donau tritt bei Passau in das österreichische Gebiet ein und
fließt dann zwischen den letzten Ausläufern der Alpen uud dem Böhmisch-
Mährischen Stufenlande hin. Steile Höhen begrenzen ihre Ufer, bis
sich ihr Tal bei der Stadt Linz zu einer fruchtbaren Landschaft er-
weitert. Nach einer abermaligen Einengung des Flußbettes durch
schroffe Felsen durchfließt sie das Wiener Becken, nimmt dann die
wasserreiche March auf und tritt bei Preßburg in das Tiefland ein.
Das Wiener Becken ist die einzige größere Ebene Österreichs.
Durch die schiffbare Donau steht sie mit Süddeutschland und Ungarn,
durch das Tal der March mit den Sudetenländern und durch die
Semmeringbahn mit dem Alpengebiet, dem Adriatischen Meer und
Italien in Verbindung.
Sie bildet den Schnitt-
punkt der Hauptverkehrs-
wege zwischen den Alpen-,
Sudeten- und Karpathen-
ländern. Dieser Umstand
hat mit dazu beigetragen,
daß sich Wien zur größten
Stadt des Donauge-
biets entwickeln konnte.
2 065 000 Einw. Es
übertrifft durch die Pracht
seiner Straßen und Bauten
(Ringstraße, Stephans-
kirche), durch seinen Handel
und Verkehr und seine
Fabriktätigkeit alle andern
Städte der Monarchie.
«^Belagerung durch die
Türken 1529 und 1683.)
Auf einer Donauinsel liegt
der Prater, ein vielbe-
besuchter Lustgarten. In der Nähe von Wien liegen Astern und
Wagram, wo 1809 die Österreicher mit Napoleon I. kämpften.
II. Die Sudetenländer.
1. Böhmen, a) Das Land und seine Erzeugnisse. Böhmen §
bildet ein viereckiges Becken, das vom Böhmerwald und Erzgebirge, den
Sudeten und der Mährischen Höhe umrandet wird. Durch seine hüge-
ligen Landschaften eilen wasserreiche Flüsse zur Elbe hinab, rechts
die Jser, links Moldau und Eger. — Böhmen gehört zu den reichsten
Abb. 18. Die Stephanskirche in Wien.
— 22 —
Ländern Österreichs. Der Böhmerwald liefert große Holzmengen, die
von Bndweis aus die Moldau abwärts gehen. Die Erzeugnisse seiner
Glashütten haben Weltruf erlangt. Nach Norden hin bringt das
Land nicht nur reichen Ertrag an Getreide, Zuckerrüben, Hopfen und
Obst, sondern es fördert durch seine Bodenerzeugnisse und seinen Kohlen-
reichtum auch die Entwicklung von Handel und Industrie.
b) Städte. In Mittelböhmen, wo sich große Steinkohlenberg-
werke befinden, hat sich eine lebhafte Fabriktätigkeit entwickelt. Prag,
514 000 Einw., liegt am Krenzungspuukt der wichtigsten Verkehrswege
des Landes und hat deshalb bedeutenden Handel. Universität.
In Pilsen, in dessen Nähe Hopfen angebaut wird, blüht das
Brauereigewerbe, an den flachsreichen Sudeten die Leinenweberei.
Reichenberg ist der Mittelpunkt der Verarbeitung von Wolle und
Baumwolle geworden. Die Täler Nordböhmens liefern vorzügliches
Obst, das auf Kähnen bis nach Berlin verfrachtet wird. Im Nordwesten
des Landes liegen die Badeorte Marienbad, Karlsbad und Töplitz
Geschichtlich denkwürdig sin-d: Eger (1634), Prag (1757), Kolin (1757),
Königgrätz (1866).
c) Bewohner. Tschechen (Slawen, 8/s der Bewohner) bewohnen
die Mitte des Landes, Deutsche die gebirgigen Grenzbezirke im Westen
und Norden. Leider wird das Deutschtum immer mehr zurückgedrängt.
2. Mähren. Auch in Mähren überwiegt das Slawentum. Die
Niederungen an der March liefern vorzügliches Getreide, die Hügel-
landschasten Flachs. Da hier auch bedeutende Schafzucht getrieben
wird, so hat sich in Mähren eine blühende Leinen- und Wollenindustrie
entwickelt. Letztere hat ihren Hauptsitz in der Hauptstadt Brünn,
126000 Einw.
3. Schlesien, das in einen westlichen und einen östlichen Teil
zerfällt, hat infolge seines Flachsbaues und seiner Schafzucht ebenfalls
viele Spinnereien und Webereien. Über Teschen führt die Eisenbahn
nach den Karpathenländern.
III. Die Karpathenländer.
§ 13. Zu der österreichischen Reichshälfte gehören auch zwei Länder, die
am Nord> und Nordostrande der Karpathen liegen: Galizien und die
Bukowina.
1. Galizien. Da der größte Teil des Landes fruchtbaren Boden
hat, bilden Ackerbau und Viehzucht die wichtigsten Erwerbszweige der
Bevölkerung. Getreide und Wolle werden ausgeführt. Außerdem ist
— 23 —
Galizien reich an Salzlagern (bei Wieliczka) und Petroleumquellen.
Krakau, 152000 ©im, treibt lebhaften Handel mit Rußland,
Deutschland und Osterreich, Lemberg, 206 000 Einw., mit Rußland
und den Balkanstaaten. Mehrere Eisenbahnen führen über die Karpathen
nach Ungarn.
2. Die Bukowina ist durch ihren Waldreichtum ausgezeichnet.
Die Hauptstadt Czernowitz (tsch) hat eine deutsche Universität.
B. Die Ungarische Reichshälfte.
Sie umfaßt das Gebiet der mittleren Donau und wird im Westen
von den Ausläufern der Ostalpen, im Norden und Osten von den
Karpathen, im Süden von Donau und Save begrenzt. Zu ihr ge-
hören Ungarn mit Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien
und die Freistadt Fiume.
I. Das Königreich Ungarn. § 14.
1. Die Karpathenländer.
a) Die Nordungarische Gebirgslandschaft. Die Karpathen
bilden die nördliche Umwallung des Donautieflauds, das sie in einem
großen Bogen von 1200 km Länge umspannen. Sie beginnen bei
Preßburg mit den Kleinen Karpathen und erheben sich östlich von
der Weichselquelle zu mächtigen Gebirgszügen. Der höchste derselben,
die Tatra, die einst als Insel aus einem Hochgebirgssee hervorragte,
ist ein wildes Gebirgsland mit schroffen Felsen, tiefen Schluchten und
dunkeln Seen (Meeraugen genannt), aber ohne Gletscherbildung und
Alpeuweideu. Sie trennt Polen von Ungarn und bildet die Klima-
scheide zwischen den eisigen Nordstürmen des russischen Tieflands und
den heißen Südwinden der Pußten. In dem nach Süden vorgelagerten
Ungarischen Erzgebirge liegen die durch ihren Silberbergbau
bekannten Städte Kremnitz und Schemnitz, an den letzten Vor«
höhen das durch feinen Wein berühmte Tokai. Zwischen den Slawen
wohnen hier auch Deutsche.
b) Das Hochland von Siebenbürgen (Land der 7 Burgen).
Die Karpathen nehmen nach Südosten an Höhe ab; sie werden zu
einem weit ausgebreiteten Waldgebirge, das an der Ostgrenze des Hoch-
landes von Siebenbürgen hinzieht. Dieses wird auch im Süden durch
eine hohe Gebirgsmauer begrenzt, die von der Aluta in dem Roten-
— 24 —
turmpaß durchbrochen wird. Im Westen und Norden führen breite
Täler in die Niederungen Ungarns hinab. Die Bewohner Sieben-
bürgens (^/s Rumänen, Vs Magyaren, 200000 Deutsche) treiben
namentlich Ackerbau und Viehzucht, aber auch Bergbau auf Gold,
Silber und Steinsalz. Die Deutscheu, hier Sachsen genannt, haben
ihre angestammte Sprache bewahrt, gehen aber an Zahl zurück.
Kronstadt und Hermannstadt liegen in ihrem Land. Die Magyaren
(madjären) haben in Klausenburg eine Universität gegründet.
2. Die Ungarische Tiefebene.
a) Bodenbeschaffenheit. Flüsse. Die Ungarische Tiefebene er-
streckt sich von der Stadt Preßburg bis zum Eisernen Tor. Früher
Abb. 19. Weidende Pferdeherde auf der Pußta.
war sie der Boden eines großen Binnensees; seine Wasser durchnagten
aber das Gebirge im Südosten uud flössen durch die auf diese Weise
entstandene Pforte allmählich ab. Jetzt ist sie ein weites Tiefland zu
beiden Seiten der Donau und Theiß, in dem der Neusiedler - und der
Plattensee noch an jene längst vergangenen Zeiten erinnern.
Die Donau tritt bei Preßburg in die Oberungarische Tiefebene
ein. Ihre Arme umschließen die fruchtbare Insel Schutt. Die Niede-
ruugen der angrenzenden Landschaften bringen reichen Ertrag an Ge-
treibe, die Abhänge der Berge vorzüglichen Wein. An der Donau liegt
die alte Hauptstadt Preßburg, 78000 Einw.
Oberhalb der jetzigen Hauptstadt Budapest wendet sich die Donau
— 25 —
nach Süden. Sie hat nur noch wenig Gefälle und fließt deshalb
langsam dahin. Nachdem sie von rechts die Drau und die Save,
von links die Theiß aufgenommen hat, ist sie der wasserreichste Strom
Mitteleuropas. Sie verstärkt sich noch durch die aus Serbien kommende
Mörawa. Dann verengen sich ihre Ufer, und wie verjüngt schäumt
sie über Felsenriffe dahin. Sie eilt durch das „Eiserne Tor" und tritt
in die Walachische Tiefebene ein, wo sie Alnta, Sereth und
Pruth aufnimmt. In drei Hauptarmen mündet sie in das Schwarze
Meer. — Die Donau ist die mächtige Lebensader der Österreichisch-
Ungarischen Monarchie. Sie kann von Donauwörth bis zur Mündung
Abb. 20. Ungarisches Bauernhaus.
befahren werden, nachdem durch die Felsen bei Orsowa eine Fahrstraße
gesprengt worden ist.
Die Theiß entspringt auf den Karpathen, von denen sie auch ihre
Nebenflüsse empfängt. Wegen ihres Reichtums an Fischen ist sie ein
Segen, durch die häufigen Überschwemmungen aber auch eine große
Gefahr für die Anwohner.
b) Klima und Bodenerzeugnisse. Die Ungarische Tiefebene
wird rings von Gebirgen eingeschlossen. An ihnen haben die Winde
ihre Feuchtigkeit schon abgesetzt, ehe sie die Tiefebene erreichen. Deshalb
leidet diese unter der Regenarmut des Sommers. Die hohe Umrandung
bedingt auch die schroffen Gegensätze des Klimas. Auf den heißen
— 26 —
Sommer folgt der kalte Winter, auf die Hitze des Tages die empfind,
liche Kühle der Nacht. Die höher gelegenen Landstrecken der Tiefebene
sind zu baumlosen Steppen geworden, die der Ungar „Pußten" nennt.
Im Frühjahr gleichen sie einem üppigen Blumengarten; aber im
Sommer verdorren Gräser und Kräuter unter der sengenden Hitze der
Sonne und dem verzehrenden Hauch der Winde. Das Land wird dann
zur staubigen Einöde. Die Herbstregen rufen zwar wieder einiges Grün
hervor; aber bald kommt der rauhe Winter, der mit seinen Schnee-
stürmen den im Freien bleibenden Pferde- und Rinderherden oft ge-
fährlich wird. In diesen Pußten hat sich Jahrhunderte hindurch ein
eigenartiges Hirtenleben erhalten; mit der zunehmenden Bebauung des
Landes verschwindet es jedoch mehr und mehr.
Die Abhänge der Gebirge und die Niederungen an den Flüssen
haben nicht so sehr unter der Trockenheit und Hitze des Sommers zu
leiden. Sie sind die Kornkammer Ungarns und gehören zu den
getreidereichsten Ländern Europas. Im Banat Zwischen Donau,
Theiß und Maros), dem Paradiese Ungarns, gedeihen sogar Reis'und
Südfrüchte. — Ungarn hat auch viele kalte und warme Mineralquellen.
c) Städte: Die prächtige Hauptstadt Budapest, 880000 Einw.,
ist infolge ihrer günstigen Lage der Mittelpunkt des ungarischen Handels.
Sie besitzt große Kunstmühlen und Maschinenfabriken. Ein dorfähnliches
Aussehen hat das im oberen Theißgebiet gelegene Debreczin (dsbrezin),
93000 Einw. Große Viehmärkte. An der Marosmündung Szegedin
Mgedin), 118000 Einw., das oft unter Überschwemmungen zu leiden hat.
Zwischen Theiß und Donau Maria Theresiopel. 95000 Einw , mit
großen Getreide- und Viehmärkten. Im Banat die Festung Temesvar.
3. Die Bewohner des Tieflandes sind größtenteils Magyaren.
Sie ziehen das freie Landleben dem Aufenthalt in den Städten vor.
Ihr Nationalstolz überhebt sich gern über andere Völker. In den Nord-
karpathen nnd südlich von der Drau wohnen Slawen, in Sieben-
bürgen auch Rumänen und Deutsche. Letztere finden sich auch in
andern Gegenden Ungarns und fast in allen größeren Städten. Sie
waren die Lehrmeister der Ungarn im Ackerbau und in den Gewerben,
werden aber jetzt von ihnen vielfach unterdrückt.
II. Das Königreich Kroatien-Slawonien und die
Freistadt Finme.
Slawonien liegt zwischen Drau und Save. Die fruchtbaren
Niederungen liefern Getreide, die großen Eichenwälder gutes Bauholz.
— 27 —
Kroatien umfaßt das Gebiet zwischen der Save und der Küste.
Die Hauptstadt Agram liegt an der wichtigen Handelsstraße von Budapest
nach der Königlichen Freistadt Fiume am Adriatischen Meer, die als
einzige Hasenstadt Ungarns bedeutenden Handel treibt.
e. Staatliche Verhältnisse. Die Bevölkerung ...
und ihre Tätigkeit. § 15.
1. Staatliche Verhältnisse. Das Kaiserreich Österreich-Ungarn
hat sich aus kleinen Anfängen zu einer europäischen Großmacht ent-
wickelt. Zu den Alpenländern erwarben die Habsburger noch Böhmen,
Mähren, Schlesien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien und
Dalmatien. Bei der Teilung Polens erhielten sie Galizien und vor
kurzem die früher türkischen Länder Bosnien und die Herzegowina.
Politisch zerfallen diese Länder in das Kaiserreich Osterreich und
das Königreich Ungarn. Beide Teile haben getrennte Verwaltung
und Gesetzgebung. Gemeinsam sind dagegen Heer- uud Marinewesen,
Münzwesen und die Vertretung des Landes in auswärtigen Angelegen-
heiten. Der Kaiser von Österreich ist zugleich König von Ungarn.
Bosnien und Herzegowina gelten als Reichsland (ähnlich wie Elsaß-
Lothringen in Deutschland).
2. Bevölkerung. Die Bevölkerung ist ein buntes Gemisch von
Volksstämmen. In den Alpenländern und an der mittleren Donau
wohnen vorwiegend Deutsche, im Nordosten und Südosten vorwiegend
Slawen, in Ungarn Magyaren, in Südtirol Italiener. Dazu
kommen noch Rumänen, Juden uud Zigeuner. In Böhmen,
Galizien und Siebenbürgen haben die dort wohnenden Deutschen schwere
Kämpfe um ihre Sprache und ihre alten Rechte zu bestehen.
3. Wirtschaftliche Tätigkeit. Der größte Teil der Bevölkerung
lebt von Landwirtschaft und Viehzucht. An Mineralien
gewinnt man Steinkohlen, Eisen, Kupfer, Blei, Quecksilber, Zink und
Steinsalz. Die Industrie liefert namentlich Eisenwaren, gewebte
Stoffe und Bier. Da die Erzeugnisse der einzelnen Provinzen sehr ver-
schieden sind, so ist der Binnenhandel bedeutend. Der Handel mit dem
Ausland ist dagegen nicht so stark entwickelt, wie es nach der Größe des
Landes der Fall sein könnte. An Deutschland liefert Österreich
namentlich Braunkohlen, Holz, Rinder, Pferde, Eier, Gerste,
Bier. Von Deutschland erhält es Steinkohlen und Koks,
Maschinen, Wollenwaren, Chemikalien und Bücher.
— 28 —
Das Königreich der Niederlande (Holland).
(So groß wie Baden und Württemberg zusammen. 5,9 Mill. Einw.
und zwar % evangelisch, 2/5 katholisch.)
A. Lage und Landschaften. Städte.
§ 16. Das Königreich der Niederlande liegt zwischen Deutschland, Belgien
und der Nordsee in dem äußersten westlichen Zipfel des Norddeutschen
Tieslandes. Es besteht aus zwei landschaftlich verschiedenen Gebieten,
dem Geest- und dem Marschland.
1. Das Geestland. Das Geestland nimmt den östlichen Teil
des Landes ein, der an Deutschland grenzt. Es besteht aus Sand und
Geröll, das sich hier zur Eiszeit am Fuße der nordischen Gletscher ab-
gelagert hat. Es ist deshalb zum Anbau wenig geeignet und nur dünn
bevölkert. Auf den ausgedehnten Heideflächen weiden Schafherden. In
den feuchten Niederungen gewinnt man Torf, der in diesem Wald- und
kohlenarmen Land ein wichtiges Brennmaterial ist.
2. Das Marschland und die Westfriesischen Inseln. Den
Übergang zum Marschland bilden die sogenannten Grünland-
moore, feuchte Wiesen, auf denen stattliche Rinder weiden. An sie
schließt sich das fruchtbare und dicht bevölkerte Marschland an. Es
senkt sich nach Westen hin zu gleicher Höhe mit dem Meeresspiegel, an
vielen Stellen (25 °/0 des Landes) sogar bis zu 5 in unter den Null-
Punkt des Amsterdamer Pegels. Durch einen schmalen Dünensaum
wird es gegen das Meer geschützt. In früheren Zeiten haben aber
Sturmfluten diese Dünenketten durchbrochen und das Land zum Teil
überschwemmt. Auf diese Weise ist der Zuidersee aus einem Binnensee
zu einem Meerbusen der Nordsee geworden. Als Reste der ehemaligen
Küste sind die Westfriesischen Inseln anzusehen. Die Holländer haben
jedoch dem Vordringen des Meeres durch mächtige Deiche Einhalt ge-
boten und den Fluten sogar einen Teil ihrer Beute wieder entrissen.
Das Haarlemer Meer und das N (Ei), einen kleinen Meerbusen
bei Amsterdam, haben sie schon trocken gelegt und in fruchtbares Acker-
laud verwandelt. Auch der Zuidersee soll dem Anbau gewonnen werden.
Infolge ihrer tiefen Lage und des feuchten Klimas haben die
Marschen einen solchen Überfluß an Wasser, daß man gezwungen ist,
das Land durch Kanäle zu entwässern. Das sich in ihnen ansammelnde
Wasser wird durch Pumpwerke in die Flüsse oder in das Meer ge-
leitet. Der Marschboden ist sehr fruchtbar. Er dient zum Teil als
Weideland, zum größeren Teil aber als Acker- und Gartenland, das
— 29 —
reichen Ertrag an Getreide, Flachs, Hanf, Zuckerrüben, Tabak und
Gemüsen bringt.
Abb. 21. Holländische Marschlandschaft.
Abb. 22. Dorf auf der Insel Marken im Zuidersee.
3. Flüsse und Kanäle. Der Rhein durchzieht mit seinen Armen
den südwestlichen Teil des Landes wie mit einem Netz natürlicher
Kanäle. Beim Eintritt in das holländische Gebiet wendet sich die
— 30 —
wasserreiche Waal nach Westen. Sie vereinigt sich mit der Maas.
Bald darauf fließt die Assel in nördlicher Richtung zum Zuiderfee,
wohin auch später die Vechte ihren Lauf nimmt. Der Rest der
Wasfermasfen wendet sich unter dem Namen Lek der Nordsee zu. Der
sogenannte Alte Rhein ist jetzt durch eine Schleuse abgesperrt.
Da die Flüsse Hollands einen sehr langsamen Lauf haben, so
lagern sich viele Sinkstoffe auf ihrem Boden ab. Dadurch erhöht sich
das Flußbett allmählich, und die Bewohner sind gezwungen, auch von Zeit
zu Zeit die Dämme zu erhöhen, um das tiefer liegende Land vor Über-
schwemmungen.zu schützen. — Holland hat zwei Kanäle, die für die
Seeschiffahrt in Betracht kommen: den Nordseekanal zwischen
Amsterdam und der Nordsee und den Nordhollandkanal zwischen
Amsterdam und dem Kriegshafen de Held er.
4. Städte. Die Hauptstadt des Landes ist das an einer Bucht des Zuider-
sees gelegene Amsterdam (= Damm an der Amstel; daher früher Amstel-
dämm) 574000 Einw. Viele Kanäle (Grachten) durchziehen die Stadt
und zerteilen sie in ca. 109 Inseln. Die Häuser stehen, wie in Venedig,
auf eingerammten Pfählen. Großartiger Hasen. Weltmarkt für Kaffee
und Tabak. Diamantschleifereien. Das nahe gelegene Haarlem ist
durch seine Tulpenzwiebelzucht berühmt. Der bedeutendste Seehandels-
Hasen ist Rotterdam, 427 000 Einw. Hier beginnt die Rheinschiffahrt.
Die Residenzstadt Der Haag, 280000 Einw., liegt inmitten schöner
Buchenwälder. In der Nähe das Seebad Scheveningen. Durch den
Kriegshafen Vlissingen wird der Zugang zu dem Rhein- und Maas-
delta geschützt. Von Vlissingen und Hoek van Holland findet ein
reger Schiffsverkehr nach England statt. Leiden uud Utrecht sind
berühmte Universitätsstädte. Der Nordosten des Landes hat nur wenige
Städte. Groningen treibt bedeutenden Handel mit Vieh und Getreide.
B. Die Bewohner und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
§ 17. 1. Die Bewohner. Die Holländer sind deutscher Abstammung. Die
Ruhe des Niederdeutschen ist auch ihnen eigen. Sie zeichnen sich durch
Fleiß und Unternehmungslust aus. In Haus und Hof halten sie auf
die größte Sauberkeit, die in diesem Lande des weichen Moorbodens
und des feinen Torfstaubes auch nötig ist, um dem Überhandnehmen
des Schmutzes zu steuern. Holländische Reinlichkeit ist sprichwörtlich
geworden. Für lebhafte Farben haben sie eine besondere Vorliebe-
Das erkennt man an der bunten Tracht, den grün und weiß ge-
strichenen Häusern und den farbenprächtigen Blumenbeeten ihrer Gärten.
In der Malerei haben die Holländer Großes geleistet.
— 31 —
2. Wirtschaftliche Tätigkeit. Der Niederländer ist mit dem
Boden, den er bebaut, aufs engste verwachsen; denn er hat ihn zum
Teil erst durch Deiche schützen und durch Kanäle entwässern müssen,
ehe er ihn bearbeiten konnte. Als ausgezeichneter Landwirt weiß er
den Ertrag seiner Felder aufs höchste zu steigern. Ackerbau und Vieh-
zucht liefern ihm wertvolle Handelsgegenstände zum Verkauf an das
Ausland: Butter, Käse, Gemüse und Blumen.
Da es dem Land an Kohlen und Eisen fehlt, ist die Industrie
nicht so bedeutend wie in Belgien. Im Norden gibt es Torfbrennereien,
im Nordwesten Ziegel- und Tonwarenfabriken, im Süden, wo die
belgische Kohle billig zu beziehen ist, Leinen-, Baumwollen- und Tuch-
Abb. 23. Hafenbassin in Rotterdam.
Webereien. In besonderer Blüte stehen Schiffbau, Tauerei und Tabak-
Verarbeitung.
Die Holländer sind aber vor allem ein tüchtiges Handelsvolk.
Die günstige Lage ihres Landes hat sie schon früh hinaus auf das
Weltmeer gelockt. In Südasien, Afrika und Amerika erwarben sie
Kolonien, deren Erzeugnisse sie auf den europäischen Markt brachten.
Später wurden sie jedoch von den Engländern überflügelt, an die sie
auch einen Teil ihrer Kolonien verloren. Um so größeren Anteil
haben sie jetzt an dem Durchgangshandel nach Deutsch-
land, der sich namentlich von Rotterdam aus auf dem
Rhein vollzieht. Wir beziehen aus Holland Butter,
— 32 —
Käse, frisches Fleisch, Pferde, Rinder, Heringe, Blumen-
zwiebeln, Gemüse u. a. Holland erhält von uns Stein-
Abb. 24. Verpackung und Versand holländischer Feingcniüse.
kohlen, Eisenwaren, Holz, Steine, Getreide, Mehl uud
Webwaren n. a.
Aus seinen Kolonien in Asien, Amerika und Australien erhält
Holland wertvolle Waren: Kaffee, Zucker, Reis, Tabak, Gewürze.
Das Großherzogtum Luxemburg.
(2600 qkm, 260000 Eiuw.)
§ 18. Luxemburg gehört in seinem südlichen Teil zum Lothringischen
Stufenlaud, im Norden zum Gebiet der Ardeuueu. Landwirtschaft und
Bergban (Eisenerze) bilden die Haupterwerbsquellen der Bevölkerung.
Diese ist der Abstammung nach deutsch uud mit dem Deutscheu Reich
auch durch Zollunion verbunden; doch herrscht die französische Sprache vor.
Die früheren Festungswerke der Hauptstadt Luxemburg, 21000 Einw.,
sind geschleift worden.
— 33 —
Das Königreich Belgien.
(Doppelte Größe des Königreichs Sachsen. 7,4 Mill. meist katholische
Einw.)
A. Lage und Landschastsgebiete.
Belgien schiebt sich in Form eines Dreiecks zwischen die Nieder- § 19.
lande, Deutschland, Luxemburg. Frankreich und das Meer. Von den
Ardennen dacht es sich nach Norden hin allmählich ab und geht in
die Norddeutsche Tiefebene über. Es hat drei Landschastsgebiete:
Hoch-, Mittel- und Niederbelgien.
Hochbelgien reicht von der Südostgreuze bis zn den Tälern der
Sambre und Maas. Es wird von den Höhenzügen der Ardennen
durchzogen, die rauh und unfruchtbar sind. Nur in den Tälern der
Maas und Sambre findet man fruchtbare Felder und schöne Obsthaine.
Uni so reicher ist dieses Bergland an Kohlen, Eisen, Blei und Zink.
Mittelbelgien ist ein welliges Hügelland, das sich nach Norden
hin allmählich senkt. Es zeichnet sich durch große Fruchtbarkeit aus.
Niederbelgien nimmt den nördlichen und den westlichen Teil
des Landes ein. Es wird von der schiffbaren Schelde durchflössen.
Gegen das Meer ist es durch hohe Dünenwälle geschützt. Die 70 km
lange Küste hat infolgedessen keinen natürlichen Hafen. Der östliche
Teil Niederbelgiens besteht ans unfruchtbaren Sandflächen, der westliche
Teil aus fruchtbarem Marschboden.
B. Wirtschaftliche Tätigkeit der Bewohner. Städte.
1. In Hochbelgien. Auf den rauhen Höheuzügen Hochbelgiens § 20.
bringt die Landwirtschaft geringen Ertrag. Sie sind deshalb nur dünn
bevölkert. Um so dichter ist die Bevölkerung an dem Nordrand der
Ardennen, der sich durch seinen Erzreichtum auszeichnet. Da er auch
zugleich große Kohlenlager birgt, hat sich hier eine so blühende
Industrie entwickelt, wie wir sie nur in wenigen Landschaften
Europas wiedersinden. An den Bergabhängen sieht man Bergwerke,
in den Tälern Fabriken, Mühlen und Pochwerke. Hier sind blühende
Fabrikstädte entstanden. Lüttich, 168000 Einw., das belgische Vir-
mingham, ist durch seine Maschinen- und Waffenfabriken sowie durch
seine Kanonengießereien berühmt. Bergwerksschule und Universität.
Namnr liefert vorzügliche Messerklingen, Berviers Tuche. Außerdem
ist das Maastal reich an Steinbrüchen, Töpfereien und Glasfabriken.
Dilcher-Schwarzhciupt-Wcilther, Erdkunde. II. Tnl. Z
— 34 —
2. Zn Mittel- und Niederbelgien,
a) Landwirtschaft und Industrie. Landwirtschaft und
Industrie sind in Mittel- und Niederbelgien dicht nebeneinander zu
hoher Blüte gelangt.
Das fruchtbare Land ist
so vorzüglich angebaut,
daß man es mit den ge>
segneten Fluren derLom-
bardei vergleichen kann.
Die mit Getreide, Zucker-
rüben, Flachs, Raps und
Hopfen bebauten Felder
bringen reichen Ertrag.
In manchen Gegenden
wird sogar zweimal ge-
erntet. Der reichliche
Graswuchs begünstigt
die Viehzucht. Brabanter
Pferde und Rinder sind
berühmt. Nur der Geest-
boden der „Campin e",
einer von Morästen
durchzogenen Heideland-
schast längs der nieder-
ländischen Grenze, ist
weniger fruchtbar. Dort
wird Viehzucht getrieben.
Die reichen Erzeugnisse
der Industrie be-
Abb. 25. Belgien und Holland.
der Landwirtschast haben das Emporblühen
günstigt. Daher gibt es in Mittel- und Niederbelgien bedeutende Zucker-
sabriken, Brauereien, Leinen- und Spitzenwebereien. Durch die Zufuhr
von Baumwolle auf der schiffbaren Scheide ist auch die Baumwollen-
Weberei zu hoher Blüte gelangt.
b) Städte. Alle größeren Städte Belgiens sind durch Handel
und Industrie ausgezeichnet. Die Hauptstadt Brüssel, 630000 Einw.,
hat schöne Gebäude und Anlagen; „Klein-Paris." Sie ist durch ihre Spitzen,
Damaste und Teppiche berühmt. Eisenbahnknotenpunkt. In der Nähe
die Schlachtfelder von Ligny und Waterloo. Gent, 166000 Einw.,
ist der Mittelpunkt der belgischen Leinen- und Baumwollenindustrie.
Die bedeutendste Handelsstadt Belgiens und der zweite Seehandels-
— 35 —
Hafen des europäischen Festlandes ist Antwerpen, 302000 Einw.
Diamantschleifereien. Festung. Das durch seine altertümlichen Bauten
berühmte Brügge war früher
der Hauptsitz des Handels.
An der Küste liegen viele
Seebäder, von denen Ost-
ende am bedeutendsten ist.
Große Fischerflotte. Über-
fahrt nach England.
3. Handel und Ber-
kehr.
Belgien hat eine für
Handel und Verkehr sehr
günstige Lage. Es liegt
zwischen drei großen Staaten,
die regen Handel treiben,
und hat außerdem noch durch
die schiffbaren Mündungen
vonMaasundSchelde leichten
Zugang zum Meer. Der
Verkehr im Innern des
Landes wird durch schiff-
bare Kanäle nnd ein eng-
maschiges Eisenbahnnetz er-
leichtert. DerHandel mit
Deutschland steht an
erster Stelle. Belgien führt nach Deutschland namentlich
Wolle, Flachsgarn, Pferde, Kohlen und Metalle aus. Es
erhält von dort ebenfalls Kohlen und Roheisen, außerdem
Getreide, Kleiderstoffe, Farbstoffe u. a.
Abb. 26. Rathaus in Brüssel.
C. Belgien als Staat. Bevölkerung.
Belgien bildet seit dem Jahre 1831 einen Staat für sich. (Seit § 21.
dem Jahre 1815 war es mit dem Königreich der Niederlande vereinigt.)
Es ist von den europäischen Großmächten für neutral erklärt worden.
Im Norden wohnen die niederdeutschen Flamen ^/? der Bevölkerung),
im Süden die französisch sprechenden Wallonen. Beide Volksstämme
kämpfen um die Vorherrschaft ihrer Sprache; doch ist Französisch die
Sprache der Gebildeten. Neben diesem Gegensatze tritt auch der Unter-
3*
— 36 —
Abb. 27. Segelboote aus Ostende beim Fischfang.
schied zwischen Reichen und Armen, Gebildeten und Ungebildeten scharf
hervor. Die Volksbildung ist noch sehr vernachlässigt.
West- und Nordwest-Europa.
Die Republik Frankreich.
sEtwas kleiner als das Deutsche Reich. 39,6 Mill. Einw.)
A. Lage und Landschastsgebiete.
§22. 1- Lage. Frankreich grenzt im Norden an die Straße von Calais
und den Kanal, im Westen an das Atlantische Meer mit dem Golf
von Biscaya, im Süden an die Pyrenäen und das Mittelmeer, im Osten
an die Westalpen, den Jura und die Vogesen. Nur die Nord-
ostgrenze gegen Deutschland und Belgien ist ohne natürlichen Schutz.
Sie wird durch Festungen geschützt. Frankreich wird auf drei Seiten
vom Meere bespült; aber die Gliederung der Küste ist gering. Nur
— 37 —
im Nordwesten springen zwei Halbinseln in das Meer vor: die
Bretagne und die Normandie.
2. Landschaftsgebiete. Aufbau des Bodens. Im Süd-
osten hat Frankreich seine höchsten Gebirge, die Westalpen und den
Jura. Eine breite Grabenversenkung, das Rhone-Sa önebecken,
bildet ihre westliche Begrenzung und scheidet sie von dem Mittel-
Abb. 28. Die Gebirge und Landschaftsgebiete Frankreichs.
französischen Hochland. Den Westen und Norden nimmt das
französische Tiefland ein, aus dem sich im Nordwesten die Berg-
länder der Bretagne und der Normandie erheben.
I. Das Rhone-Saclnegebiet.
Es umfaßt den südöstlichen Teil Frankreichs, der sich zwischen den § 23.
Westalpen und dem Schweizer Jura im Osten und dem Mittelfranzösi-
— 38 —
schen Hochland im Westen ausbreitet und von der Rhone und ihren
Nebenflüssen durchflössen wird.
1. Flüsse. Die Rhone entspringt am St. Gotthard. Nachdem
sie im Genfer See ihre trüben Alpengewässer geläutert hat, durchbricht
sie in vielen Windungen und Stromschnellen den Schweizer Jura. Bei
Lyon empfängt sie von rechts die von den Sichelbcrgen kommende
ruhige Saüne. Dann wendet sie sich nach Süden. Verstärkt durch
Jsere und Durance, mündet sie in den Golf du Lion. Ihre
Mündung bildet ein Delta mit ungesundem Sumpfland, das
durch die Anschwemmungen des Flusses entstanden ist.
2. Anbau und Besiedelung. Im Gebiet der Saüne liegt die
Landschaft Burgund, die infolge ihrer geschützten Lage in ihren
Tälern reich an Obst und Wein ist. Dijon am Saöne-Seine-Kanal
ist der Hauptverkaufsplatz für den berühmten Burgunderwein. — Art
der Mündung der Saöne in die Rhone liegt Lhon, 524000 Einw.
Hier kreuzen sich die Verkehrswege von Süddeutschland und Nord-
srankreich nach dem Mittelmeer mit denjenigen von Paris und Orleans
nach Genf und Turin (Mont-Cenis-Bahn). Deshalb hat Lyon einen
lebhaften Verkehr. Er wird durch die großartige Industrie noch ge-
steigert. Lyon hat die größten Sammet- und Seiden-
fabriken der Welt.
Von Lyon an bildet das Rhonetal eine tiefe Mulde zwischen den
Alpen und den Gebirgen Mittelfrankreichs. Im Süden erweitert es
sich zu einer Ebene. Hier herrscht schon vollständig südliches Klima,
das aber bei dem Mangel an Regen nur den Anbau solcher
Pflanzen zuläßt, die, wie Wein und Oliven, nur wenig Feuchtigkeit
nötig haben.
Westlich von der unteren Rhone liegt die Landschaft Languedoc,
östlich die Provence. Diese ist durch ihren reichen Ertrag an Oliven
(Provencer-Ol), Feigen und Mandeln ausgezeichnet. Reich beblätterte
Maulbeerbäume begünstigen die Zucht der Seidenraupe. Der Küstenstrich
in der Nähe von Nizza, Rivisra genannt, hat eine so geschützte Lage
am Südfuße der Alpen, daß im Winter nur eine kurze, frostige Regenzeit
eintritt und schon im Februar wieder Tulpen, Hyazinthen und Veilchen
blühen. Daher werden die klimatischen Kurorte dieser Gegend im Winter
vielfach von Brustkranken und Vergnügungsreisenden aus allen Ländern
Europas aufgesucht.
An der buchtenreichen Küste liegt Marseille, 550000 Einw.,
die erste Seehandelsstadt Frankreichs und bedeutend durch seine
— 39 —
Ausfuhr von Öl, Seife, Parfümerieu und Baumwollenwaren. Toulon,
starker Kriegshafen; Nizza, berühmter klimatischer Kurort, 143 000 Einw.
Abb. 30. Hafen von Marseille.
Zu Frankreich gehört auch die gebirgige Insel Korsika mit der
Hauptstadt Ajaccio (ajatscho), Geburtsort Napoleons I.
— 40 —
II. Das Mittelfranzösische Hochland.
§ 24. Es beginnt im Süden mit den Cevennen, die nach Südosten hin
zur Tiefebene steil abfallen. Nach Nordosten zerteilen sie sich in drei
Höhenzüge, deren westlichster das Hochland der Auvergne bildet.
Aus seinen jetzt erloschenen Kratern ergoß sich einst der flüssige Basalt
in solcher Fülle, daß er die Abhänge der Berge wie mit einem Mantel
überdeckte. Das Innere der Berge birgt zahlreiche mächtige Kohlen-
lager. Das Klima dieser Landschaft ist rauh und kalt, das Land
selbst öde und unfruchtbar. Deshalb suchen viele seiner Bewohner als
Hausierer und Erntearbeiter in fruchtbareren Gegenden ihren Erwerb. —
Der östliche Zug des französischen Mittelgebirges hat reiche Kohlen-
nnd Eisenlager, die namentlich in Tt. Etienne, 150000 Einw., und
Creusot eine blühende Eisen- und Stahlindustrie hervorgerufen haben.
Weiter nach Norden folgen die Cüte d'Or Goldhügel), an denen
der berühmte Burgunderwein wächst, und das Kalkhochland von
Lang res.
III. Das französische Tiesland.
§ 25. 1- Das Tiefland an der Garonne. Es liegt zwischen dem
Hochland der Auvergne und dem Meerbusen von Biscaya und wird
durch die Garoune entwässert. Diese entspringt an den Pyrenäen.
Von rechts empfängt sie die Abflüsse der Auvergne. Die trichter-
förmige Mündung führt den Namen Gironde. Ihre Uferlandschaften
sind sehr fruchtbar und durch ihren Weinreichtum ausgezeichnet.
Bordeaux, 262000 Einw., ist durch seine Weine, Zuckerfabriken und
Schiffswerften berühmt. Seehafen. Toulouse, 150000 Einw., ist der
wichtigste Veikehrsmittelpnnkt an der oberen Garonne. Von hier führt
der Kanal du Midi zum Mittelmeer. — Die Küstenstrecken am Golf
von Biscaya dagegen bestehen fast nur aus ödeu Heideu und kahlen
Dünen. In dieser unfruchtbaren Landschaft, „Landes" genannt, wird
namentlich Schafzucht getrieben. (Siehe Abb. 31.)
2. Das Tiefland an der Loire. Es wird von der Loire durch-
flössen, die an den Cevennen entspringt und von dort auch den Allier
ausnimmt. Das Tiefland zu beiden Seiten ihres Mittel- und Unter-
lanfes ist sehr fruchtbar und sorgfältig bebaut. Daher wird es auch
„die Kornkammer" und „der Garten Frankreichs" genannt. Am nörd-
lichften Punkt der Loire liegt Drl^ans, 72 000 Einw., am Kreuzungs-
puukte wichtiger Straßen und Eisenbahnen. (Jungfrau von Orleans.
— 41 —
Kämpfe 1870.) Tours, 73000 Einw,, und Nantes, 170000 Einw.,
sind bedeutende Handelsstädte.
Nordwestlich von der Loiremündung erstreckt sich eine Halbinsel,
die Bretagne, mit ihrer buchtenreichen Küste weit in das Meer hinein.
An der Westküste liegt der Kriegshafen Brest, 91000 Einw. Auf dem
Abb. 31. Hirten in den „Landes".
rauhen, nebel- und regenreichen Hochland wird Viehzucht, au der Küste
Fischfang getrieben.
3. Das Gebiet der Seine (das Nordsranzösische Becken)
und die Landschaften am Kanal. Von der Normandie bis zu den
Ardeunen und Argounen und von der Hochfläche von Langres bis zum
Kanal erstreckt sich ein weites Hügelland, das von Flußtälern vielfach
— 42 —
durchzogen wird. In frühester Zeit bildete es ein tiefes Becken; später
wurde dieses aber durch angeschwemmtes Land zum Teil ausgefüllt.
a) Die Randgebiete. An dem Südostrande dieses Beckens erheben
sich folgende Gebirge: der durch seinen Burgunderwein berühmte Höhen-
zug der Cote d'Or, das kahle Hochland von Langres und die Wald-
reichen Argonnen. Der nordwestlichen Abdachung des Landes folgt
die Seine mit ihren Nebenflüssen. Der Kreideboden dieser Gegenden
ist unfruchtbar, erzeugt aber in der Champagne, wo er mit Ton
und Sand vermischt ist, den berühmten Champagnerwein, von dem die
Franzosen sagen: „Er ist der Wein der Könige, daher auch der König
der Weine." Reims, 115000 Einw., und Chalons sind die Haupt^
städte dieses Weinbezirks. Geschichtlich denkwürdig sind: Chalons durch
die Hunnenschlacht (451), Reims dnrch Chlodwigs Tause (496), östlich
davon an der Maas Berdnn durch den Teilungsvertrag der Söhne
Ludwigs des Frommen (843) und Sedan durch die Gefangennahme
Napoleons am 2. September 1870. Nancy, 120000 Einw., an der
Eisenbahn Straßburg—Paris.
b) Paris. Im Mittelpunkt des ganzen Beckens liegt die Haupt-
stadt Paris inmitten fruchtbarer Täler und obstreicher Hügelland-
schasten. Hier treffen sich die Straßen und Eisenbahnen von der Loire
und der Rhone, von Deutschland, Belgien und der Nordküste; von hier ab
kann die Seine auch mit kleinen Seeschiffen befahren werden. Infolge
dieser günstigen Lage ist Paris schon frühe ein bevorzugter Handels-
platz gewesen. Die Könige Frankreichs wählten es zu ihrer Hauptstadt,
schmückten es mit großartigen Bauten und sicherten es durch eine Um-
Wallung gegen feindliche Angriffe. Diese Festungswerke wandelte man
aber später in prächtige Straßenzüge um (Boulevards — Bollwerke) uud
machte die Stadt durch einen Ring schützender Forts zu der größteu
Festung der Welt (Belagerung 1870/71). Paris hat 2888000 Einw.
Es ist die Stadt des Luxus und des Glanzes. Seine Industrie
liefert besonders Schmuck-, Putz- und Modewaren, Bronzen uud
Möbel. — In dem nahen Versailles, 60000 Einw., der glänz-
vollen Residenz der französischen Könige, wurde König Wilhelm I. von
Preußen am 18. Jan. 1871 zum Deutjcheu Kaiser ausgerufen.
c) Die Landschaften am Kanal. Die Landschaften am Unter-
lauf der Seine und der Somme und an der Küste sind reich an
Wiesen, fruchtbaren Feldern und ertragreichen Obsthainen. Die Land-
bewohner beschäftigen sich deshalb mit Ackerbau und Viehzucht. In den
größeren Städten hat sich eine blühende Industrie entwickelt. Spinnerei
und Weberei sind bedeutend in Ronen, 125000 Einw., Amiens,
— 43 —
93000 Einw., und Lille, 218000 Einw. Die Küstenstädte Calais
und Boulogne haben bedeutenden Verkehr nach England. Le Havre,
136 000 Einw., ist der Haupthafen für die Einfuhr von Baumwolle,
Cherbourg ein stark befestigter Kriegshafen. In der Norman die
wird bedeutende Viehzucht getrieben.
Abb. 32. Der Eiffelturm auf dem Marsfeld.
Er ist 300 m hoch und soniit das höchste Bauwerk der Welt.
B. Die Bewohner und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
1. Die Bewohner. Aus der Vermischung der Gallier, Römer § 26.
und Franken, die nacheinander das Land eroberten, bildete sich das
Volk der Franzosen. Es zeigt'zwar nach den einzelnen Landschaften
Abb. 34. Einfahrt in den Hafen von Le Havre.
— 45 —
große Verschiedenheiten, hat aber eine gemeinsame Sprache und ist
durchweg römisch-katholisch. Nur die Bretonen im Nordwesten Frank-
reichs, die Basken im Südwesten und die Italiener an der Riviera
haben ihre angestammte Sprache bewahrt. Für die Ehre und den Ruhm
ihres Volkes, das sie gern „die große Nation" nennen, sind die Fran-
zosen begeistert. Mit Stolz erinnern sie sich der Zeiten, als sich vor
Napoleon I. die Völker und Fürsten Europas beugen mußten. Seit
dem Sturze Napoleons III. ist Frankreich eine Republik, deren Prä-
sident auf 7 Jahre gewählt wird.
2. Wirtschaftliche Tätigkeit. Die klimatischen Verhältnisse der
einzelnen Landesteile zeigen große Unterschiede. Die Tief- und Hügel-
länder Mittel- und Nordfrankreichs haben ein mildes Klima; in den
Gebirgsgegenden der Auvergne ist es rauh, an der Südküste oft heiß und
trocken. Daher sind auch die Erzeugnisse des Landes sehr verschieden-
artig. Im Norden baut mau vorzugsweise Getreide und Gespinstpflanzen
sowie Zuckerrüben, in Mittelfrankreich außerdem noch Wein, Obst und
Gemüse, im Süden Wein, Mais und Südfrüchte. Zur Ausfuhr gelangen be-
sonders feine Obstsorten, Olivenöl uud vorzügliche Weine. In früherer
Zeit sind die Wald bestände stark gelichtet worden; doch geschieht
jetzt viel für die Aufforstung der öden Flächen. Die Viehzucht blüht
in der wiesenreichen Normandie, die Schafzucht auf den trockeueu Hügeln
Mittelfrankreichs. Im Süden treten Maultiere an die Stelle der
Pferde. — An Mineralien hat Frankreich besonders Kohle und
Eisen, aber nicht so viel wie England und Deutschland. Seine
Industrie ist bedeutend. Weltberühmt sind die geschmackvollen Luxus-
und Modewaren aus Paris, die Seidenstoffe aus Lyon, die Gewebe
und Spitzen aus Lille und Roueu, die Porzellanfabrikate von Ssvres.
Der Handel mit Deutschland beschäftigt sich nament-
lich mit der Ausfuhr von Faß- und Schaumweinen, von
Arrak, Rum, Kognak, Wolle, Seide, frischen Blumen,
Speiseöl u. a. und mit der Einfuhr von Steinkohlen,
Metall waren, Fellen, Geweben und chemischen Produkten.
Die Britischen Inseln.
(Etwas kleiner als Norwegen. 45,6 Mill. meist evangel. Einw.)
Unter den Britischen Inseln versteht man die beiden großen Inseln
Großbritannien und Irland mit den benachbarten kleineren
Inselgruppen.
— 46 —
Großbritannien.
§ 27. 1. Lage. Großbritannien, aus den Ländern England und
Schottland bestehend, ist der Nordküste Frankreichs vorgelagert. In
vorgeschichtlicher Zeit war es mit Irland und mit Frankreich verbunden.
Als Reste dieser ehemaligen Landbrücke zwischen England und Frankreich
sind die Kanalinseln anzusehen. Bei einem Sinken des Meeresspiegels
um 40 m würde England wieder mit dem Festland verbunden sein.
2. Gliederung. Großbritannien scheidet in einer Länge von fast
900 km die Nordsee von dem Atlantischen Ozean. Es ist stark ge-
gliedert. An der steilen Südküste finden sich Buchten mit vorzüglichen
Abb. 35. Englische Steilküste am Kanal.
Häsen. West- und Ostküste haben mehrere einander gegenüberliegende
Meerbusen, die tief in das Land eindringen und es der Seeschiffahrt
erschließen. Fünfmal wird das Land auf diese Weise eingeschnürt.
Die Nordküste ist stark zerklüftet. Sie hat große Ähnlichkeit mit der
Westküste Norwegens, mit der sie früher verbunden war.
3. Klima. Die Nähe des Meeres mildert die Kälte des Winters
und die Hitze des Sommers. Das Klima wird noch besonders durch
den warmen Golfstrom beeinflußt, der aus der heißen Zone kommt
und an den Küsten Englands nach Norden zieht. Die ganze Insel
hat deshalb Seeklima. Der Sommer ist kühl. Frühjahr und Herbst
— 47 —
bringen reichliche Niederschläge und starke Nebel. Der milde Winter
stellt sich spät ein. Schnee und Eis bleiben nur auf den schottischen
Bergen längere Zeit liegen. An der Südküste können sogar Fuchsien,
Myrten und Lorbeerbäume während des Winters im Freien aushalten.
Wein und Südfrüchte kommen dagegen nicht zur Reife.
I. England. (36,5 rai. Eww,>
A. Landschaftsgebiete.
1. Das englische Flach- und Hügelland.
a) Bodengeftalt und Bebauung. Den Südosten Englands § 28.
nimmt ein Flachland ein, das von mehreren Hügelketten durchzogen
wird. Es erstreckt sich vom Kanal im Süden bis zur trichterförmigen
Mündung des Humber im Norden. Zur Eiszeit war es mit
Gletschern bedeckt, die in den tiefer gelegenen Gegenden eine aus
-Lehm und Sand gemischte fruchtbare Erde zurückgelassen haben. Die
natürliche Fruchtbarkeit des Bodens wird noch durch die reichen Nieder-
schlüge und die feuchte Luft dieser Gegend erhöht. Hier kann deshalb
Landwirtschaft und Viehzucht in mustergültiger Weise getrieben werden.
Da sich zwischen den Feldern und Wiesen hier und da zerstreute Baum-
gruppen befinden, macht die Gegend oft den Eindruck einer Parkland-
schast. Auf deu Hügeln und Hochflächen fehlt dagegen fast jeder Baum-
schmuck. Sie sind wasserarm. Auf ihnen weiden große Schafherden.
An Wald ist England arm. — Der bedeutendste Fluß dieses Flach-
laudes, die Themse, mündet etwa 30 km unterhalb der Stadt London
in einen trichterförmigen Meerbusen. Sie ist so wasserreich, daß die
Seeschiffe zur Flutzeit bis nach London herauffahren können.
b) Städte. Die Hauptstadt London, 7 250000 Einw., hat unter
allen Städten Englands die günstigste Lage. Sie ist nicht nur der
natürliche Mittelpunkt und Marktplatz für die Erzeugnisse des Londoner
Beckens, sondern auch ein äußerst günstig gelegener Hafenort. London
konnte deshalb die größte Handelsstadt der Welt werden. In der Innen-
stadt befinden sich mächtige Lagerhäuser, große Kaufläden und Kontore.
Die Vorstädte haben kleinere Gebäude, da es der Engländer liebt, mit seiner
Familie ein Haus allein zu bewohnen. Deshalb nimmt London einen ver-
hältnismäßig großen Flächenraum ein, etwa 300 qkm. Zur Bewältigung
des großartigen Verkehrs dienen nicht nur Omnibusse, Straßenbahnen und
Themsedampfer, sondern auch Eisenbahnen, die sogar an mehreren Stellen
— 48 —
Abb. 36. Das. Parlamentsgebäude in London.
Abb. 37. Die Towerbrücke.
Der zwischen den beiden Türmen befindliche Teil der Brücke ist gerade für die Durch-
fahrt der Schiffe geöffnet.
— 49 —
unter der Themse hinführen. Das großartigste Bild gewährt der
Hafen mit seinen Docks und Lagerhäusern.
In der Nähe von London liegt Greenwich mit seiner berühmten
Sternwarte. Die Themse aufwärts gelangt man zur Sommerresideuz
Windsor und der Universitätsstadt Oxford... An der Südküste liegen
folgende Hafenstädte: Dover, Überfahrtsort nach dem Festland;
Sonthampton, 120000 (Sinw., Ausgangspunkt vieler Postdampfer-
linien ; Portsmonth, 230000 Einw., der größte Kriegshafen Englands.
2. Die westlichen und nordwestlichen Gebirgslandschaften
Englands.
a) Die Gebirgslandschaften. Das englische Gebirgsland beginnt § 29.
im Südwesten in der Halbinsel Cornwall mit einem Bergland,
das durch tiefe Täler zerschnitten wird. Es ist arm an Wald, aber
reich an Blei, Kupfer und Zinn. An der Südküste liegt die große
Hafenstadt Plymonth, 112000 Einw., ani Bristolkanal Bristol,
357000 Einw., der Ausfuhrhafen des gewerbreichen Severnbeckens.
Die Halbinsel Wales, zwischen der Severnmündnng und der
Irischen See, ist von Gebirgen erfüllt. Sie wird von Kelten be-
wohnt, die meistens Hirten uud Jäger sind. Im Süden sind aber
in der Nähe der großen Kohlen- und Eisenerzgruben bedeutende Fabrik-
städte entstanden.
In Nordengland zeichnet sich das Penninische Gebirge durch
seinen Reichtum an Kohlen und Erzen aus.
b) Die Städte Nordenglands. Der Norden Englands hat un-
erschöpfliche Reichtümer an Kohle und Eisen. Deshalb ist das Land
mit Hämmern, Hochöfen und Fabriken wie übersät. Alles dient hier
der Industrie und dem Handel. Die Metallverarbeitung hat ihren
Hauptsitz in Birmingham, 526000 Einw., und in Sheffield, 455000
Einw., die Verarbeitung der Baumwolle in Manchester, 714000 Einw.,
die Strumpfwarenfabrikation in Nottingham, 260000 Einw., und
Leeds, 446000 Einw. Im Westen liegt Liverpool. 747000 Einw., die
zweitgrößte Handelsstadt Englands und der größte Baum-
wollen markt der Welt. Hnl^m Humber ist als Ausfuhrhafen
nach Nordeuropa bedeutend. Weiter nördlich liegt Newkastle im
reichsten Kohlenbezirk des Landes.
Dilcher-Schwarzhaupt-Wcilther, Erdkunde.
II. Teil.
4
— 50 —
B. Die Bewohner und ihre wirtschaftliche
Tätigkeit.
§ 30. 1. Die Bewohner. England hat seinen Namen von den Angeln,
die 449 n. Chr. mit den Sachsen an der britischen Küste landeten und
die Ureinwohner des Landes, die Kelten, unterwarfen. (England
— Angelland). 6 Jahrhunderte später (1066) wurden sie jedoch von einem
andern germanischen Volksstamm, den Normannen, die bisher in
Nordfrankreich gewohnt hatten, unterworfen. Beide Völker vermischten
sich miteinander, und aus der augelsächsischen Sprache uud der fran-
zösischen Sprache der Normannen bildete sich die jetzige englische
Sprache. Die Macht des Landes wuchs, als England sich um das
Jahr 1700 auch Jrlaud und Schottland angliederte uud später in
allen Erdteilen große Kolonien erwarb. Das konnte den Engländern
gelingen, da sie sich durch großen Unternehmungsgeist uud zähe Aus-
dauer auszeichnen. Der Stolz auf ihr Vaterland äußert sich in einem
starken Selbstbewnßsein. 'Ihren christlichen Sinn betätigen sie durch
strenge Sonntagsheiligung uud Förderung der Mission. Im Geschäfts-
leben sind sie unternehmend und auf ihren Vorteil bedacht. Erholung
suchen sie iu ihrer stilleu Häuslichkeit oder bei Sport und Spiel im
Freien.
An dem politischen Leben nehmen sie regen Anteil. Die Verfassung
ist sehr freiheitlich. Die Rechte des Königs sind durch das Parlament
(Unterhaus und Oberhaus) sehr beschränkt.
2. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Be-
wohner Englands beschäftigten sich früher hauptsächlich mit Ackerbau
uud Viehzucht. Au dem Handel Europas nahmen sie nur geringen
Anteil; denn ihr Land lag fern von den Handelsstraßen „am Rande
der Welt". Dies änderte sich aber nach der Entdeckung Amerikas.
Jetzt hatte ihr Land die günstigste Lage zwischen dem europäischen
Festland und der Neuen Welt. Das Meer lockte sie hinaus; es wurde
ihre zweite Heimat. In allen Erdteilen erwarben sie reiche Kolonien,
mit denen sie einträglichen Handel trieben. England ist die erste
Handels- und Kolonialmacht der Erde geworden.
Seit dem Anfang des 19. Jahrhuuderts haben die Engländer auch
die Führung auf dem Gebiete der Industrie übernommen. James Watt
erfand die Dampfmaschine, durch die Industrie und Bergbau einen mächtigen
Aufschwung nahmen. In Mittel- und Nordengland entstand Grube
an Grube, Fabrik an Fabrik, Großstadt an Großstadt. Englands uner-
— 51 —
schöpfliche Reichtümer an Kohle und Eisen wurden ausgebeutet, und
was ihm an Rohprodukten fehlte, z. B. Baumwolle, das lieferten die
Kolonien. Die englischen Eisen-, Stahl-, Wollen- und Baumwollen-
waren beherrschten lange Zeit den Weltmarkt. England wurde zum
reichsten Land der Erde. Aber neben unermeßlichem Reichtum findet
man gerade in England auch die bitterste Armut und das größte
Elend.
Englands Handel ubertrifft den aller andern Länder.
Deshalb hat es auch die größte Handelsflotte der Welt. Von andern
Ländern führt es ein: Getreide, Fleisch, Butter, Zucker, Baumwolle,
Wolle, Holz. Zur Ausfuhr kommen namentlich Baumwollen-, Wollen-
und Eisenwaren, Kohlen. An Deutschland liefert es Stein-
kohlen, Wollen- und Baumwollenwaren, Metallwaren,
Fische, Kolonialwaren u. a. Von Deutschland erhält es
Zucker, Webwaren, Eisenwaren, Farbstoffe, Kinder-
fpielzeug u.a. England steht für unfern Handel an ersterStelle.
iL Schottland.
(4,7 Mill, Emw.i
1. Süd-Schottland. Das Schottische Grenzgebirge, das sich § 31.
an der Nordgrenze Englands hinzieht, senkt sich allmählich zu der
Niederung zwischen Förth- und Clyde-Busen. Diese „Schottischen
Niederlande" sind ein sehr fruchtbares Ackerland, in dem Weizen,
Flachs, Hanf und Tabak angebaut wird. Ihr größter Reichtum be-
steht aber in den mächtigen Kohlen- und Eisenerzlagern, die sich
von Edinburg bis nach Glasgow erstrecken. In Glasgow, 784000
Einw., der zweitgrößten Stadt Großbritanniens, hat sich deshalb eine
großartige Eisenindustrie entwickelt. Dort befinden sich auch große
Baumwollenspinnereien und Schiffswerften. In der Hauptstadt Edin-
bürg, 320000 Einw., wird Leinen- und Eisenindustrie betrieben.
2. In Mittel-Schottland erhebt sich das Grampiangebirge in
dem Ben Nevis zu 1340 m Höhe. Ein großer Teil dieses Ge-
birges ist mit Mooren und zertrümmertem Gestein bedeckt; deshalb
findet man nirgends größere Ortschaften. An der Ostküste liegen
mehrere Städte, die sich durch rege Industrie und lebhaften Handel
auszeichnen. Dnndee ist der Hauptplatz der Lernen- und Juteindustrie.
Aberdeen und Jnvernetz unterhalten lebhaften Handel mit den Nord-
seeländern.
4*
— 52 —
3. Jenseits des Kaledonischen Kanals erheben sich die rauhen und
unwirtlichen Gebirge Nord-Tchottlands. Das Land ist fast beständig
in Nebel eingehüllt; es bringt nur noch Hafer, Gerste und Kartoffeln
hervor. Die Bewohner haben sich an den fischreichen Binnenseen und
Meerbusen niedergelassen.
Abb. 38. Die Fingalshöhle aus der Insel Staffa.
4. Inselgruppen an der West- und Nordküste. An der West-
friste liegen die Hebriden, zu denen die Insel Staffa mit der Fingals-
höhle gehört, an der Nordküste die Orkney-Inseln und weiter nördlich
die Shetland-Jnseln Ihre Bewohner nähren sich von Fischfang und
Schafzucht.
Irland.
(4,4 Mill. @intu.)
§ 32. l. Bodengestalt. Der Westküste Großbritanniens ist die Insel
Irland vorgelagert. (Gib die trennenden Meeresteile an!) Sie hat
eine rautenförmige Gestalt. An den Küsten finden wir Gebirge. Das
Innere des Landes dagegen ist meist eben und seine Neigung nach dem
Meere hin so gering, daß die abfließenden Gewässer häufig Sümpfe,
Moore und Seen bilden. Der größte Fluß Irlands, der Shannon,
mündet in die Irische See.
— 53 —
2. Bebauung. Bei dem Übermaß an Feuchtigkeit und dem
Mangel an Sonnenwärme hat der Boden für den Anbau von Getreide
und Obst nur geringen Wert. Flachs gedeiht dagegen um so besser.
Auch dem Graswuchs kommt die Feuchtigkeit des Klimas zugute. Die
Viehzucht ist deshalb bedeutend. Den grünen Wiesen verdankt Irland
(@irin = grüne Insel) seinen Namen. An Mineralien ist das Land
arm. Da Steinkohlen fehlen, wird Torf als Brennstoff verwendet.
3. Die Bewohner. Städte. Die Jrländer sind Nachkommen
der Kelten. Sie leben meistens als Pächter und Arbeiter in den ärm>
lichsten Verhältnissen, da sich der größte Teil des Landes in den Händen
englischer Grundbesitzer befindet. Viele Bewohner wandern deshalb
nach Amerika aus. — Nur an der Küste gibt es größere Städte. Die
Hauptstadt Dublin, 309000 Einw., hat große Maschinenbauwerk-
stätten, Belfast große Webereien und Baumwollenfabriken, Cork
bedeutende Ausfuhr an Fleisch, Häuten und Talg.
Nordeuropa.
Skandinavien.
(11/s mal so groß wie das Deutsche Reich. 7,8 Mill. meist lutherische
Einwohner.)
Skandinavien erstreckt sich vom Nordkap (71° n. Br.) durch § 33.
16 Breitengrade nach Süden, ist also doppelt so lang wie Groß-
britannien. Die Breitenausdehnung nimmt nach Süden hin zu, wo
das Land durch den Skagerrak in zwei Zipfel geschieden wird. (Nenne
die begrenzenden Meere!) Den Westen nimmt das Königreich
Norwegen, den Osten das Königreich Schweden ein.
I. Das Königreich Norwegen.
(Etwas größer als Großbritannien mit Jrkmd. 2,3 Mill. Einw.)
A. Landschaftsgebiete.
1. Das Skandinavische Hochgebirge. An der Westküste Skandi- § 34.
naviens zieht sich ein Gebirge entlang, das fast die doppelte Fläche
der Alpen einnimmt. Ungeheuere, öde Hochflächen, die man im Norden
— 54 —
Kjölen s— Kiel), im Süden Fjelde nennt, breiten sich auf ihm aus.
Aus ihnen erheben sich schneebedeckte Gipfel, die oft die bezeichnenden
Beinamen Haube oder Zinne führen. (Snehätta, Skagastöl-Tind, Gald-
höpig, 2560 m.) Von ihnen senken sich Gletscher in die Talmulden
hinab. Die tiefer gelegenen Teile der Hochflächen bestehen aus ein-
förmigen Viehweiden, Morästen und Wäldern. Diese Gebirgsgegenden
haben das kälteste Klima der ganzen Halbinsel und sind deshalb für
den Anbau nicht geeignet. Daher kommt es, daß zwei Drittel des
Bodens unbebaut sind. Im Süden geht das Hochland in ein wald-
Abb. 39. Blick in einen Fjord.
reiches Bergland über, in dem bedeutender Holzhandel getrieben wird.
Dort gibt es auch fruchtbare Landschaften.
2. Die West- und Tüdkiiste. a) Tie Küstenlandschaft. Nach
Westen hin fällt das Gebirge steil zum Meere ab, das mit vielen
Fjorden (Buchten) tief in das Land eindringt („Meerfinger"). Die
Urgebirge setzen sich aber' noch unter dem Meeresspiegel fort und bilden
weiterhin Felseninseln (Schären), die für die Küste gewissermaßen als
„Wellenbrecher" dienen. Dem West-Fjord sind die Lofot-Jnfeln vor-
gelagert. — Die Fjorde ziehen sich oft 100—150 km weit in das
Land hinein. Sie bilden natürliche Wasserstraßen, die Leben und
— 55 —
Verkehr in die unwegsamsten Gegenden tragen. Da sie oft sehr eng
sind und von steil abstürzenden Felswänden eingeschlossen werden, kann
die Sonne an manchen Stellen den Wasserspiegel nicht bescheinen. Die
Fjorde gleichen Riesenkanälen oder vielgewundenen Flüssen. Dann und
wann erblickt man an den Felsen eine einsam gelegene Fischerhütte. Anbau-
fähiges Land ist nur an der Mündung der Gebirgsflüsse vorhanden.
Die berühmtesten Fjorde sind: der Drontheimer-, der Hardanger- und
der Sogne-Fjord. Sie werden von Touristen mit Vorliebe aufgesucht.
Im Süden ist das Land fruchtbarer und dichter bevölkert.
b) Klima. An der Westküste herrschen günstige klimatische
Verhältnisse; denn sie ist durch die hoheu Gebirge vor den rauhen
Nord- und Ostwinden geschützt und steht unter dem mildernden Einfluß
des Golfstroms, der die Küste bis zum Nordkap von Eisbergen freihält.
Deshalb kann sich hier trotz der nördlichen Lage noch ein reiches
Pflanzenleben entwickeln. Im Süden reift an geschützten Stellen noch
die Traube. Am Drontheimer Fjord gedeiht vortreffliches Obst, und
unter dem 70. Grad n. Br. werden noch Gerste und Kartoffel an-
gebaut.
c) Städte. In dem fruchtbarsten und bevölkertsten Teile Nor-
wegens liegt im Hintergründe eines 13t) km langen Fjords die Haupt-
stadt Kristiania, 243000 Eiuw. Sie ist der Mittelpunkt des norwegischen
Binnenhandels. Stavanger, Bergen, 77000 Einw., (das nordische
Hamburg) und Drontheim sind durch Fischfang und Handel berühmt.
Im hohen Norden liegt die kleine Stadt Hammerfest. Dort ist die
Mitternachtssonne von Mitte Mai bis Ende Juli sichtbar. Die Polar-
nacht dauert vom 21. November bis zum 20. Januar.
B. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Bewohner.
Die Armut des Landes hat die Norweger zur Arbeit und zur § 35.
Mäßigkeit erzogen. Der norwegische Bauer lebt einsam auf seinem
abgelegenen Hofe. Er ist deshalb gezwungen, alle vorkommenden Ar-
beiten selbst zu verrichten. Er beschlägt seine Pferde, baut seine Wagen
und Schlitten und zimmert sein Haus. Bald ist er Ackerbauer, bald
Fischer, Senne oder Jäger, in waldreichen Gegenden sogar ein ge-
schickter Bearbeiter des vortrefflichen Holzes.
Die Küstenbewohner treiben vorzugsweise Fischfang und
Handel. Das Meer liefert ihnen seine unerschöpflichen Reichtümer
an Heringen, Stockfischen und Lachsen. Außerdem bringen sie Tran,
Eiderduuen, Papier und Erze auf den Weltmarkt. Deshalb hat Nor-
— 56 —
wegen eine große Fischer- und Handelsflotte. Letztere ist größer als
die Frankreichs. Deutschland erhält von Norwegen nament-
Abb. 40. Ein Kariol. Es ist ein leichtes Gefährt, dessen man sich namentlich
in den Gebirgen bedient. Hinter dem Fahrgast sitzt der Kutscher.
lich Fische, Tran, Felle, Werksteine; es liefert dorthin
Getreide, Metall- und Webwaren und Zucker.
II. Das Königreich Schweden.
(So groß wie das deutsche Reich ohne Bayern und Württemberg.
5,5 Mill. Eiuw.)
A. Landschaften.
§ 36. Die schwedische Felsenplatte bildet die östliche Abdachung des
skandinavischen Hochlands. Sie senkt sich in Terrassen zur Ostsee hinab, der
sich auch ihre Flüsse zuwenden. Diese bilden am Fuße des Hochgebirges
Seen, deren Mulden in der Eiszeit von den hier lagernden Gletschern
ausgearbeitet worden sind. (Vgl. die Alpenflüsse) Da sie in ihrem Unter-
lauf oft starkes Gefälle haben, sind sie für die Schiffahrt wenig ge-
eignet. Dafür dienen sie um so mehr der Flößerei. Ihre Wasserkraft
wird für den Betrieb der zahllosen Sägemühlen ausgenutzt.
1. Nord- und Mittelschweden. Diese Teile Schwedens haben
viel nackten Felsboden uud große Sümpfe. Das Klima ist rauh, da
sich hier der mildernde Einfluß des Meeres nicht geltend machen kann.
Deshalb beschränkt sich der Anbau auf die Täler. Den größten Teil
— 57 —
des Landes nehmen Wälder ein und zwar im Norden Birken-, in der
Mitte Nadelholz- und im Süden Buchenwälder. Sie bilden den
Abb. 41. Nistafall. Er zeigt den Absturz des Flusses zu der uächsttieseren Bodenstufe.
Abb. 42. Treibholz auf der Dalelf.
Reichtum des Landes. Deshalb gibt es dort große Sägewerke, riesige
Holzlager, Papier- und Zündholzfabriken.
— 58 —
Auch an mineralischen Schätzen ist Schweden reich. Die Erzlager
bei Gellivara im hohen Norden sind durch eine Eisenbahn dem
Weltverkehr zugänglich gemacht worden. Auch bei Danemora gewinnt
man Eisen, bei Sala Silber, bei Falnn Kupfer. Haparanda ist
durch seine Wetterwarte bekannt.
2. DasTüdschwedische Tiefland, a) Die Teensenke. Vom Bottui-
schen Meerbusen zum Skagerrak zieht sich eine tiefe Senke, die einst
vom Meere überflutet war. Als Reste dieses Meeresarmes sind Wen er-,
Wetter-, Hjelmar- und Mälar-See geblieben. Der 385 km
lange G öta-Kanal verbindet die Ostsee mit der Nordsee. Er führt
von der Ostsee zunächst nach dem Wetter-See und dem Wener-See.
Dann geht er in einem treppenartigen Schleusenkanal an den be-
rühmten Trollhättafälleu vorbei in den schiffbaren Unterlauf der Göta-
Elf. An seiner höchsten Stelle ist er gegen 110 m. über dem Spiegel
der Ostsee. Im Osten dieser Senke liegt die Hauptstadt Stockholm,
347000 Einw., auf einigen Jnfeln und an den Usern des Mälarsees.
NpsiUa, alte Universität. Im Westen liegt an der Mündung der
Göta-Els Gotenburg, 170000 Einw., durch Holz- und Fischhandel
berühmt.
b) Die Provinz Gotland (südlich von der Seensenke) hat land-
schaftlich große Ähnlichkeit mit den Dänischen Inseln. Das Land ist
sehr fruchtbar, das Klima feucht und mild. Diese „Kornkammer
Schwedens" bringt alle Feldgewächse Deutschlands, sogar Weizen und
Zuckerrüben hervor. Auch die Viehzucht ist bedeutend. Die Küsten-
städte treiben lebhaften Handel mit den Ostseeländern. Malmö treibt
großen Fruchthandel. Trelleborg hat Fährverbindung nach Saßnitz
auf Rügen. Karlskrona dient als Kriegshafen.
3. Zu Schweden gehören auch die Inseln Dland und Gotland
in der Ostsee.
B. Die Bewohner und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
§ 37. 1. Die Bewohner. Den Norden bewohnen die Lappen, die
der finnischen Völkerfamilie angehören, das übrige Land die Schweden.
Sie sind germanischen Ursprungs. Da sie an den alten Sitten und
Gebräuchen mit großer Zähigkeit festhalten, findet man bei ihnen noch
viele Anklänge an die altheidnischen Gewohnheiten ihrer Vorfahren.
Sie sorgen für eine gute Schulbildung der Jugend und zeichnen sich
durch große Gastfreundschaft und Höflichkeit aus.
— 60 —
2. Wirtschaftliche Tätigkeit. Im Süden des Landes steht die
Landwirtschaft in hoher Blüte. Im Norden dagegen ist es rauh und
unfruchtbar. Der Reichtum des Landes besteht dort in den großen
Wäldern, deren Holz zu Bauholz, zur Zündholz- und zur Papier-
sabrikation verwendet wird. Schweden ist reich an Eisenlagern. Da
Abb. 44. Lager wandernder Lappen im Norden Schwedens.
es aber keine eigenen Kohlenlager hat, so ist die Eisenindustrie noch
wenig entwickelt. Deutschland steht mit Schweden in regem
Handelsverkehr. Es liefert ihm Getreide, Kohlen, Web-
und Metallwaren u. a.; es erhält von ihm Eisenerze,
Holz, Werksteine, Fische n. a.
Das Königreich Dänemark.
(Fast so groß wie die Provinz Brandenburg. 2,8 Mill. meist lutherische
Einwohner.)
§ 38. Dänemark besteht aus dem nördlichen Teil der Halbinsel J üt-
land, der Dänischen Inselgruppe und den sogenannten Neben-
ländern (Färöer und Island.)
— 61 —
A. Das Land.
1. Jütland. Jütland bildet die Fortsetzung des Norddeutschen
Tieflandes. Durch die Mitte der Halbinsel zieht sich in nördlicher
Richtung der sandige Baltische Landrücken, dessen höchste Erhebung
172 m beträgt. Nach der Westküste hin ist er mit Mooren und Heide-
flächen bedeckt. Der sandige Boden bringt nur geringen Ertrag. Auch
der Handel ist unbedeutend, da die Küste durch mächtige Sandbänke vom Ver-
kehr abgesperrt wird. An der fruchtbaren Ostküste dagegen blühen Ackerbau
und Viehzucht, uud die tief in das Land eindringenden Meerbusen (Föhrdeu)
begünstigen die Anlage von Häfen und Städten. Der nördlichste Teil
Abb. 45. Die Reede von Kopenhagen.
der Halbinsel mit dem 10 m hohen Skagenshorn (Skaga-Vorgebirge)
ist seit der Sturmflut des Jahres 1825 vom Festland getrennt.
Dieser Küstenstrich leidet unter dem steten Vordringen des Flugsandes
nach dem Innern. Die alte Kirche der kleinen Stadt Skagen ist bis
auf den Turm im Flugsand begraben.
2. Die Inseln (Fünen, Langeland, Seeland, Falster und
La ala nd) liegen zwischen dem Kattegat und der Ostsee. (Östlich davon
Born Holm.) Sie sind Reste eines Tieflands, das in frühester Zeit
Jütland mit Südschweden verband. Durch eine Senkung des Meeres-
— 62 —
spiegels um 30 m würde diese Landbrücke wieder hergestellt werden.
Da der Boden fruchtbar und das Klima mild ist (Seeklima), stehen Ge-
treide und Obstbau in hoher Blüte. Neben dem Ackerbau widmen
die Bewohner der Viehzucht besondere Sorgfalt. Sie liefern dem
Ausland Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Fleischwaren, Eier, Butter
und Lederwaren (dänische Handschuhe). An der Küste wird Fischerei
getrieben. An Mineralien und Brennmaterialien ist das Land arm.
Da die Seeschiffahrt von der Ostsee nach der Nordsee ihren Weg
durch den Sund nimmt, hat sich die Hauptstadt Kopenhagen (— Kauf-
mannshafen) zu einer blühenden Handelsstadt entwickelt; 588000 Einw.
Sie ist auch in bezug auf Kunst und Wissenschaft (Thorwaldsenmuseum,
Universität) die erste Stadt des Landes. Von Kopenhagen kann man
jetzt in 10 Stunden, ohne umsteigen zu müssen, nach Berlin fahren,
da eine Fähre die Eisenbahnwagen von der Insel Falster nach Warne-
münde führt.
B. Die Bewohtter und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
§ 39. Die Bevölkerung. Die Dänen find germanischer Abstammung.
Sie zeichnen sich durch ruhige Ausdauer und großen Fleiß aus. Die
Volksbildung steht auf hoher Stufe; es gibt bei ihnen nur wenige
Leute, die nicht lesen und schreiben können.
Die Bevölkerung Dänemarks treibt namentlich Ackerbau und Vieh-
zucht. Deshalb kommen auch besonders landwirtschaftliche Erzeugnisse
zur Ausfuhr: Pferde, Rinder, Butter, Fleisch, Eier. Von
Deutschland erhältDänemarkGetreideundMehl, Futter-
stoffe, Metall- und Webwaren, Kohlen.
C. Die Nebenländer.
§ 40. 1. Die Färöer (= Schafinseln) unter dem 62° n. Br.; kleine,
felsige Inseln mit bedeutender Schafzucht. 2. Island (= Eisland)
übertrifft Dänemark an Größe fast um das Dreifache, hat aber nur
85 000 Einw., die meistens an der Küste wohnen. Das rauhe nordische
Klima wird durch den Golfstrom gemildert, der aus Amerika auch Holz
herübertreibt und so den Isländern Brennholz zuführt; denn auf Island
wachsen nur zwergähnliche Birken, Weiden und Ebereschen. Getreide
gelangt nicht mehr zur Reife. Die Bewohner nähren sich von Fisch-
fang und Viehzucht. Sie treiben Handel mit Fischen, Tran, Talg,
Wolle, Eiderdnnen, Seehundfellen und isländischem Moos. Fast alle
— 63 —
Isländer können lesen und schreiben. (Wanderlehrer). In Reykjavik,
an der Südwestküste, haben die obersten Landesbehörden ihren Sitz. Die
Insel hat mehrere Vulkane (Hekla und Krabla). Eine eigenartige Er-
scheinung sind die heißen Springquellen, die mau Geiser nennt. Sie
kommen unter dumpfem Sausen und Brausen aus dem vulkanischen
Boden hervor und schleudern in gewissen Zwischenräumen einen hohen
Wasserstrahl hervor. Der größte derselben springt zuzeiten 30 m hoch.
Osteuropa.
Das Kaiserreich Rußland.
(10 mal so groß wie Deutschland. 133,8 Mill. Einw.)
A. Lage, Grenzen, Gliederung, Flüsse.
Rußland bildet das Verbinduugsland zwischen Europa und Asien. § 41
Es nimmt das weite Gebiet ein, das sich von den Karpathen und der
Ostsee bis zum Ural, vom Schwarzen Meer, dem Kaukasus und dem
Kaspischen Meer bis zum Nördlichen Eismeer erstreckt. Seine Küsten
sind nur wenig gegliedert. Im Süden trennt das Asowsche Meer die
Halbinsel Krim vom Festland. Im Nordwesten dringen der Finnische
und der Rigaische Meerbusen in das Land ein. Im Norden scheidet
das Weiße Meer die Halbinseln Kola und Kanin voneinander.
Rußland ist durchweg Tiefland. Nnr an den Grenzen befinden
sich höhere Gebirge: im Osten der Ural, im Südosten der Kaukasus
und auf der Halbinsel Krim das Jailagebirge. Ein Blick auf die
Karte läßt uns erkennen, daß die Mitte des Landes das Quellgebiet
fast aller großen Flüsse ist und also die höchste Erhebung darstellen
muß. Diese Mittelrussische Bodenschwelle zieht sich von der
Waldaihöhe südwärts bis nach Charkow (karkos). Zur Ostsee fließen
Newa, Düna, Memel und Weichsel, zum Schwarzen Meer Don,
Dnjepr und Dnjestr, zum Kaspischen Meer Wolga und Ural,
zum Weißen Meer Dwina und Petschora.
— 64 —
B. Klima.
§ 42. Rußland erstreckt sich durch 25 Breitengrade; deshalb zeigen die
klimatischen Verhältnisse der einzelnen Landschaften vom Eismeer bis
zur Halbinsel Krim die größten Verschiedenheiten. Doch vollzieht sich
der Übergang allmählicher als im übrigen Europa; denn Rußland hat
kein Gebirge, das gleich den Alpen eine Klimascheide sein könnte.
Dazu kommt noch, daß sich der mildernde Einfluß des Meeres nur in
geringem Maße geltend machen kann, da das Schwarze Meer und
die Ostsee Binnenmeere von geringer Ausdehnung sind und das Nörd-
liche Eismeer nur wenige Monate vom Eise befreit ist. Rußland hat
deshalb Landklima, und die Gegensätze von Sommer uud Winter treten
scharf hervor. Daher leidet der Norden unter einer furchtbaren Kälte,
die nur den dürftigsten Pflanzenwuchs aufkommen läßt, der Süden da-
gegen unter der Hitze und Trockenheit des Sommers, die das Land oft
zur Steppe macht. Die Regenarmut ist namentlich im Südosten in
manchen Jahren so groß, daß vollständige Mißernten eintreten und die
Bevölkerung in große Not gerüt.^
C. Landschaften.
1. Die Nordrussische Tiesebene.
§ 4-3. Sie erstreckt sich vom 60.° n. Br. bis zum Eismeer und steht deshalb
unter dem Einfluß des kalten russischen Winters, der hier 8 Monale
dauert. Die Erde taut im Sommer nur an der Oberfläche auf; in-
folgedessen ist der Pslanzenwuchs sehr dürftig. Nach Norden hin ver-
schwinden allmählich die wenigen Baumarten; sie verkrüppeln zu Ge-
sträuch. Weite Sumpfgebiete, die Tundren, begleiten die Küste und
den Unterlauf der Flüsse, von denen Petschora und Dwina die be-
dentendsten sind. Die Bewohner des Landes führen zum größten Teil
ein Nomadenleben. Sie treiben Fischfang und jagen Pelztiere. Im
höchsten Norden sind Hund und Renntier die einzigen Haustiere.
Archangelsk au der Mündung der Dwina ist Ausfuhrhafen für Flachs,
Schiffbauholz und Pelze.
L. Finnland.
§ 44. Das Weiße Meer war früher mit der Ostsee durch einen Meeres-
arm verbunden, als dessen Reste Onega- und Ladogasee anzusehen
sind. Zwischen ihnen und dem Bottnischen Meerbusen liegt Finn-
— 65 —
land s-Sumpsland). Auf einer Granitplatte von geringer Höhe
breiten sich große Seen, Moore, Sümpfe, Wiesen und Wälder aus. Des-
halb treiben die Bewohner vorzugsweise Fischfang, Viehzucht und Forst-
Wirtschaft. Der Reichtum des Landes besteht in Holz, das einen
Abb, 46. Schnrenlandschaft bei Helsingfors.
wichtigen Ausfuhrartikel bildet. Im Innern des Landes wohnen
Finnen (mongolischer Abstammung), an der Küste Schweden. Der
Südküste, an der die Stadt Helsingfors liegt, sind viele Felseninseln
vorgelagert.
3. Die Ostseeprovinzen und das Weichselgebiet.
a) Die russischen Dstseeprovinzen (Jngermanland, Estland, § 45.
Livland und Kurland) erstrecken sich vom Finnischen Meerbusen bis
zur preußischen Grenze. Sie bilden ein wasserreiches Tiesland mit großen
Sümpfen und Wäldern an der Küste und fruchtbaren Feldern im
Innern. Diese liefern so reiche Ernten, daß Flachs und Korn in
großen Massen zur Ausfuhr gelangen. Newa, Düna und Njemen
dienen ihnen als bequeme Handelsstraßen nach den Ostseehäfen. In
diesem Grenzland des Germanen- und des Slawentums wohnen etwa
100000 Deutsche. Sie haben zwar bisher noch ihre angestammte Sprache
und Sitte bewahrt, werden aber neuerdings gezwungen, sich in Kirche
und Schule der russischen Sprache zu bedienen.
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 5
- 66 -
An der Mündung der Newa liegt die Haupt- und Residenzstadt
St. Petersburg mit 1900 000 Einw. Sie wurde 1703 von Peter
dem Großen gegründet und ist jetzt die erste Handelsstadt des
Reiches. Der befestigte Kriegshafen Kronstadt schützt sie gegen
feindliche Angriffe von der Seeseite her. An der Düna liegt Riga,
325000 Einw. Von dort wird viel Getreide nach Deutschland und
England ausgeführt.
b) Das Weichselgebiet (Russisch-Polen) ist in seinem nördlichen
Teile fruchtbar, im Süden aber in weiten Strecken sandig oder sumpfig.
Die Hauptstadt Warschau, 856000 Einw., ist der Mittelpunkt der
Weichselschiffahrt und des Eisenbahnverkehrs zwischen Deutschland und
dem Innern Rußlands. In dem Kohlenbezirk nach der oberschlesischeu
Grenze hin liegt die bedeutende Fabrikstadt Lodz (Baumwollen-,
Wollen- und Maschinenfabriken), 396 000 Einw.
4, Mittel- und Südwestrußland.
§ 46. Die Mittelrussische Gebirgsschwelle und ihre Abdachung nach dem
Schwarzen Meer hin umfaßt Mittel- und Südwestrußland. Don,
Dnjepr, Bug und Dnjestr durchfließen dieses weite Tiefland.
a) An dem Nordrand dieses Gebiets entspringen die größten
Flüsse Rußlands. Ungeheure Sümpfe und mächtige Wälder bedecken
das Land, das reiche Kohlen- und Eisenlager besitzt. Deshalb hat sich
hier — namentlich in Tula und Moskau — eine blühende Industrie
entwickelt.
Moskau, 1480000 Einw., die alte Hauptstadt des Landes, be-
rühmt durch seine zahlreichen Kirchen und Klöster und den Kreml, ist
der Stapelplatz für die Waren Jnnerrußlands, die bedeutendste Fabrik-
stadt in Tuch, Baumwolle, Leinen und Seide und der Mittelpunkt des
russischen Eisenbahnnetzes. Seine Handelsbeziehungen reichen von den
Städten und Ländern Mittelasiens bis nach Wien, Leipzig, Hamburg,
London und Paris. — Tula, 134000 Einw., liefert vorzügliche Eisen-
waren, besonders Waffen.
d) Auf dieses wald- und industriereiche Gebiet folgen weiter nach
Süden mit fruchtbarer Modererde bedeckte Landschaften, die sich
von dem Mittellauf der Wolga bis zu den Vorhöhen der Karpathen
hinziehen. Sie bringen Korn, Weizen, Hafer und Gerste in solcher
Menge hervor, daß sie als die bedeutendste Kornkammer
Europas anzusehen sind. In den höher gelegenen Gegenden
— 67 —
weiden Schaf- und Pferdeherden. Deshalb haben die Städte Kischi-
new (kifchinsf), Kiew Mf), 450 000 Einw. — ein berühmter Wall-
Abb. 47. Der Kreml in Moskau.
Der alte Zarenpalast erhebt sich festungsartig an dem Ufer der Moskwa. Die
mit Kuppeln geschmückten Türme geben ihm sein eigenartiges Aussehen.
Abb. 48. Nischni-Nowgorod.
fahrtsort — und Charkow (farföf), 220000 Einw., große Getreide-,
Wollen- und Pferdemärkte. Der bedeutendste Ausfuhrhafen für Weizen,
5*
— 68 —
Ölsaaten und Wolle ist Odessa am Schwarzen Meer, 480000 Einw.,
die zweitgrößte Handelsstadt des Reiches.
c) Am Unterlauf der Flüsse breitet sich nach dem Schwarzen Meer
und der Wolga hin die Pontische Steppe aus, die von den noma-
disierenden Kirgisen und Kalmücken mit ihren Herden bewohnt wird.
Sie ist zum großen Teil ohne Anbau und leidet im Winter unter
großer Kälte und heftigen Schneestürmen, im Sommer unter der alles
versengenden Hitze. Nur im Frühjahr steht sie in buntem Blumenflor.
d) Auch der Nordrand der Halbinsel Krim ist Steppe. Die im
Schutze des Jailagebirges gelegene Südostküste dagegen hat ein mildes
Klima und üppigen Pflanzenwuchs. In dieser paradiesischen Landschaft
befinden sich prächtige Landhäuser und Lustschlösser der russischen
Großen (Russische. Rivisra.) X
5. Ostrußland.
§ 47. Ostrußland umfaßt die Stromgebiete der mittleren und unteren Wolga
und des Ural. Die Wolga, der größte Fluß Europas, entspringt
auf der Waldai-Höhe. Sie durchfließt zuerst in östlicher Richtung eine
obst- und getreidereiche Gegend, bis sie durch die Vorhöhen des Ural
gezwungen wird, sich nach Süden zu wenden. Sie mündet in einem
Delta von mehr als 60 Armen in das Kaspische Meer.
Das obere Wolgagebiet hat besondere Bedeutung als natürliche
Handelsstraße für den Verkehr zwischen Osteuropa und Mittelasien,
der in Nischni-Nowgorod (= Nieder-Neustadt) 104000 Einw,,
seinen Mittelpunkt hat. Dort findet alljährlich eine große Messe statt,
auf der namentlich die Waren Rußlands und der Völker Mittelasiens
zum Verkauf ausgestellt werden. Von hier aus geht der Verkehr nach
Sibirien über Kasan, 167000 Einw,, nach den wichtigen Bergwerks-
städten Perm und Jekaterinburg im Ural, wo Eisen, Kupfer,
Gold, Silber und Platina gegraben werden. Von Sanmra, in dessen
Nähe eingewanderte deutsche Bauern wohnen, führt die Eisenbahn über
Ufa nach Sibirien und der Mandschurei, über Orenbnrg nach Tasch-
kent in Turan. Astrachan im Wolgadelta, 150000 Einw., ist eine
wichtige Handelsstadt, die namentlich Kaviar ausführt.
6. Kaukasien.
§ 48. Kaukasien ist das Übergangsland zwischen Asien und Europa.
Es wird von dem schwer zugänglichen Kaukasus ausgefüllt, der im
Elbrus eine Höhe von 5700 m erreicht. Das südliche Vorland des
— 69 —
Kaukasus, Transkaukasien, zeichnet sich durch ein mildes Klima aus,
in dem Obst und Baumwolle gut gedeihen. Sein größter Reichtum
besteht in den ergiebigen Petroleumquellen bei Baku. Die Bewohner
gehören der kaukasischen Rasse an (Georgier, Tscherkessen usw.). Sie
gelten als die schönsten aller Menschen. Die Hauptstadt von Trans-
kaukasien ist Tiflis mit bedeutendem Verkehr zwischen Asien und
Europa.
D. Die Bevölkerung und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
1. Die Bevölkerung. Drei Viertel der Bewohner sind Russen. § 49
Sie gehören, wie die Polen im Weichselgebiet, zu dem Volksstamm
der Slawen. An den Grenzen finden wir Vertreter anderer Völker-
schasten: Deutsche an der Ostsee, in den großen Städten des Landes
und auf den Ackerbaukolonien Südrußlands und des Wolgagebiets,
Mongolen im Osten und Norden, türkische Stämme im Süd-
osten. — Die Russen sind griechisch-katholisch, die Polen römisch-
katholisch, die Deutschen lutherisch. Die Bildung des Volkes steht noch
auf einer sehr niedrigen Stufe.
2. Land- und Forstwirtschaft. Bergbau. Rußland ist der
erste Ackerbaustaat Europas. Seine fruchtbaren Tiefebenen bringen
Korn, Weizen, Hanf und Flachs in solcher Menge hervor, daß sie
noch einen großen Teil des europäischen Marktes versorgen können. Auch
die Viehzucht ist bedeutend. Auf den Ebenen und Steppen Süd-
rußlands weiden große Herden von Schafen, Rindern und Pferden.
Die Wälder liefern Holz im Überfluß, die Flüsse Fische zur Nahrung
für die Bevölkerung und zur Ausfuhr (Stör, Kaviar). — Auch an
Mineralschätzen fehlt es dem Lande nicht. Der Ural ist reich an
Eisen, Kupfer, Silber/ Gold und Platina. Große Kohlenlager be>
günstigen die Entwicklung der Fabriktätigkeit. Diese ist bisher noch
gering und beschränkt sich namentlich auf die Verarbeitung von
Wolle, Baumwolle und Leder. Sie wird aber von der Regierung
sehr gefördert. Das russische Petroleum dient besonders zu Heizzwecken.
3. Handel und Berkehr. Der Handel Rußlands wird durch die
große Zahl schiffbarer Flüsse und Kanäle, die sogar den Schiffsverkehr
von einem Meer zum andern ermöglichen, begünstigt. Er wird ge-
hemmt: 1. durch die allzu großen Entfernungen und die weiten Um-
wege, 2. durch die Einmündung der Flüsse in entlegene Binnenmeere
und 3. durch die im Winter eintretende Vereisung der nördlichen
Meere. Ebenso bereiten Sümpfe, Wälder und Steppen in einzelnen
— 70 —
Landesteilen dem Verkehr große Hindernisse. In den letzten Jahr-
zehnten hat man jedoch durch Straßen und Eisenbahnbauten viel für
die Erschließung des Landes getan. Rußland ist durch die Sibirische Bahn
sogar mit der fernen Ostküste Asiens verbunden.
Abb. 49. Abb. 50.
Rumänischer Bauer. Rumänisches Ehepaar in Nationaltracht.
Rußland erhält von Asien hauptsächlich Baumwolle, Rohseide und
Tee; es liefert an Westeuropa seine eigenen Rohprodukte uud bezieht von
diesem Maschinen, Fabrikate und Kolouialwareu. — Deutschland
bezieht von ihm Getreide, Hanf, Flachs, Erbsen. Vieh,
Butter, Eier, Holz, Felle zu Pelz und zu Leder, Erze,
Kaviar u. a. Es liefert an Rußland Web- und Metall-
waren, Steinkohlen, Lederwaren, Farbstoffe u. a.
Das Königreich Rumänien.
(So groß wie Süddeutschland und die Provinz Hessen-Nassau.
Fast 7 Mill. Einw.)
50. Rumänien nimmt den südwestlichsten Zipfel des russischen Ties-
landes ein. Es reicht von den Karpathen bis zum Schwarzen Meer und
— 71 -
von der Donau bis zum Pruth. Das Klima ist festländisch. Das
fruchtbare Land bringt infolge der reichlichen Sommerregen gute Ernten
an Mais, Weizen, Wein und Obst. In den höher gelegenen Gegenden
weiden große Viehherden. An Mineralien ist Rumänien arm; daher
fehlt es ihm auch an einer regen Industrie. Das Königreich zerfällt
in zwei Provinzen: die Moldau mit der Hauptstadt Jassy (j^schi)
und die Walachei mit der Hauptstadt Bukarest, 300000 Einw.
Der Hauptausfuhrhafeu für Getreide ist Galatz an der Donau.
Die Rumänen sind den Romanen verwandt und bilden eine
romanische Sprachinsel zwischen den Slawen und den Magyaren. Der
größte Teil der Bevölkerung treibt Ackerbau und Viehzucht. Handel
und Gewerbe sind meistens in den Händen der Fremden, unter denen
sich auch viele Deutsche befinden. Deutschland bezieht aus
Rumänien Getreide, Eier, Holz, Erdöl; es liefertdorthin
Maschinen, Metall- und Webwaren.
5übeuropa.
Die Balkanhalbinsel.
(Richt ganz so groß wie Deutschland. Ungefähr 18 Mill. Einw.)
A. Lage, Gliederung, Klima.
Die Balkanhalbinsel wird durch Donau und Save vom Rumpfe § 51.
Europas getrennt. Sie reicht im Norden von dem Golf von Fiume
bis zum Schwarzen Meer und erstreckt sich weit in das Mittelländische
Meer hinein. In früheren Zeiten hing sie mit dem asiatischen Festland
zusammen. Die Inseln des Ägäischen Meeres sind als Reste der
versunkenen Landgebiete anzusehen. Im Osten grenzt die Halbinsel
an das Schwarze Meer, den Bosporus, das Marmara-Meer, die Straße
der Dardanellen und das inselreiche Agäische Meer, in das die drei-
zipflige Halbinsel Chalkidike vorspringt. Den südlichsten Teil der Halb-
insel trennen die Meerbusen von Ägina und Korinth fast ganz vom
Festland. Die Westgrenze bilden das Jonische und das Adriatische
Meer.
In dem nördlichen Teil der Halbinsel und in den Gebirgsgegenden
herrscht Landklima. Im Sommer ist es dort mäßig warm, im Winter
— 72 —
kalt. Der Süden und die Küsten des Ägäischen und des Jonischen
Meeres haben Mittelmeerklima mit regenreichem Winter und heißem,
trocknem Sommer.
B. Die natürlichen Landschaftsgebiete.
§ 52. Die Halbinsel ist fast vollständig von Gebirgen ausgefüllt. Im
Westen zieht sich das D in arische Gebirge hin, im Nordosten der
Balkan. Zwischen ihnen und dem Meere liegt ein Schollenland.
§ 53. i. Das Dinarische Gebirge. Die an der Westküste in südöst-
licher Richtung hinziehenden Dinarischen Alpen sind als Fortsetzung
der Kalkalpen und des Karstes anzusehen. Durch das schwammartig
durchlöcherte Kalkgestein läuft das Regenwasser rasch ab. Deshalb sind
diese Landschaften wasserarm und unfruchtbar. Die Bergbewohner
nähren sich vorzugsweise von Viehzucht und Jagd, die Küstenbewohner
von Fischfang und Handel. — An den Schar-Dagh (östlich vom
Drintal) setzt sich der Pindus an, der nach Süden zieht und mit
seinen Ausläufern das Land bis zu den Küsten ausfüllt. Nur im Osten
findet sich eine fruchtbare Landschaft, die Ebene von Thessalien.
Auf der Halbinsel Morea breitet sich dieArkadischeHochebene aus.
§ 54. 2. Der Balkün. Der Balkan beginnt östlich der Morawa am
„Eisernen Tor" und bildet die Fortsetzung des Karpathenbogens. Er
zieht zuerst nach Süden und dann nach Osten bis zum Schwarzen Meer.
Da der Kamm dieses Gebirges keine tiefen Einschnitte hat, bildet es
(gleich den Pyrenäen und den Alpen) ein großes Verkehrshindernis
und eine scharfe Klimascheide. Die allmählich zur Donau abfallende
nördliche Hochfläche steht den kalten Winden der russischen Ebene offen,
während die Gegenden am Südfuße des Balkans ein sehr mildes Klima
haben.
§ 55. 3. Das Rumelische Echollenland. Zwischen dem Balkan, dem
Dinarischen Gebirge und dem Meer befinden sich Gebirge, die durch
Einbrüche voneinander getrennt sind. Daher gibt es hier viele durch
Gebirgsrücken voneinander geschiedene Einzellandschaften. Aus dem
Makedonischen Bergland ragen Rilo Dagh und Rhödope-Ge>
birge bis zu 2900 in empor. Sie werden von der Martha im
Norden und Osten umflossen. Der Wardar fließt nach Süden in
den Golf von Saloniki, die M6rawa nach Norden in die Donau.
C. Die Staaten der Balkanhalbinsel.
§ 58. Da die Balkanhalbinsel durch hohe Gebirgszüge in viele einzelne
Landschaften geteilt ist, konnten sich ihre Bewohner nicht zu einem
— 73 —
einzigen großen Volke zusammenschließen. Sie waren daher auch nicht
imstande, den von Südrußland und von Asien her in ihr Land ein-
dringenden Völkern erfolgreichen Widerstand zu leisten. Wir finden
deshalb hier ein so großes Völkergemisch wie in keinem andern Lande
Europas. Im Süden wohnen Griechen, die sich mit Albanesen ver-
mischt haben, in der Mitte Türken und Albanesen, im Norden
Slawen. Die Türken und die meisten Albanesen bekennen sich zum
Islam, die Griechen und die Slawen zur griechisch-katholischen Kirche.
Während früher die Türkei die ganze Halbinsel umfaßte, bestehen
jetzt neben ihr noch die Königreiche Griechenland, Bulgarien,
Serbien und Montenegro. Die Insel Kreta steht unter eigener
Verwaltung. Bosnien, die Herzegowina und Dalmatien ge-
hören zu Österreich.
I. Die europäische Türkei.
(Etwa halb so groß wie Preußen. 6,1 Mill. Einw.)
Die Provinzen der Türkei erstrecken sich vom Schwarzen Meer § 57.
und dem Bosporus bis zum Adriatischen Meer. Die Hauptstadt
Konstantinopel liegt da, wo der Bosporus in das Marmarameer
übergeht. Durch ihre Lage an der Grenze Europas und Asiens und
an der Verbindungsstraße zwischen dem Schwarzen und dem Mittelländi-
schen Meere wurde sie zur Hauptstadt des Orients und ihr Hafen, das
Goldene Horn, zum Marktplatz dreier Erdteile. Vom Meere aus
gesehen, gewährt Konstantinopel einen unvergleichlich schönen Anblick.
Das Auge ruht mit Bewunderung auf den zahllosen Kuppeln und
Minarets der Moscheen, den Türmen und Zinnen der alten Befesti-
gungen und dem von Baumgruppen unterbrochenen Häusermeer. Den
größten Gegensatz dazu bietet aber das Innere der Stadt. Die Straßen
sind eng und schmutzig, die Häuser oft aus Holz und Lehm erbaut. —
Jenseits des Goldenen Horns mit seinem lebhaften Schiffsverkehr liegen
Gälata und Pöra, wo viele Europäer wohnen, auf dem asiatischen
Ufer die Vorstadt Skütari. Konstantinopel hat mit den kleinasiati-
schen Vororten 1100000 Einw. (Mit dem Orient-Expreßzug
fährt man von Konstantinopel nach Berlin in 56 Stunden, nach Paris
in 66 Stunden und nach London in 75 Stunden. Die Anatolische
Bahn vermittelt den Verkehr mit Kleinasien.) Das Marmara-
Meer verengert sich weiterhin zu der 60 km langen Meerenge der
Dardanellen, deren Befestigungen den Zugang zur Hauptstadt be-
herrschen. Gallipoli ist Hauptstation der türkischen Flotte. Im frucht-
— 74 —
^Abb. 52. Die Akropolis in Athen.
— 75 —
baren Tal der Maritza liegt Adrianopel, 123000 Einw., das regen
Handel treibt. An der Küste führt eine Eisenbahn nach der Handels-
stadt Saloniki, 144000 Einw., wo auch die von Belgrad ausgehende
Mittelmeerbahn endet. — Die an das Adriatische Meer grenzende
gebirgige Provinz Albanien ist der unwirtlichste Teil der Türkei.
Die Bewohner leben größtenteils in den ärmlichsten Verhältnissen.
Die Insel Kreta gehört dem Namen nach zur Türkei, wird aber
von einem Statthalter verwaltet, den die europäischen Großmächte
ernennen.
II. Das Königreich Griechenland.
(Etwas größer als Belgien und Holland. 2,6 Mill. Einw.)
Das Königreich Griechenland nimmt den südlichen Teil der Balkan- § 58.
Halbinsel ein.
l Landschaften. Durch die Mitte Nordgriechenlands zieht
der Pindus, dessen Ausläufer das Land bis zu den Küsten ausfüllen.
Nur im Osten findet sich eine fruchtbare Landschaft, die Ebene von
Thessalien.
In Mittelgriechenland wendet sich das Gebirge in südöstlicher
Richtung nach der Halbinsel Attika. Dort liegt Athen, die Hauptstadt
Griechenlands, 167000 Einw. Im Altertum übertraf es alle andern
griechischen Städte durch die Schönheit seiner Bauten und Kunstwerke.
Im Mittelalter sank es jedoch von seiner einstigen Höhe herab. Jetzt
ist es durch Handel bedeutend. Mit dem Hafen Piräns (pirä-ns)
ist es durch eine Eisenbahn verbunden.
Über die schmale Landenge von Korinth gelangt man nach dem
Peloponnes (= Pelops-Jnsel) oder der Halbinsel Morea (= Meer-
land). Ihre Mitte bildet eine Hochfläche, die durch kahle Randgebirge
von den kleinen Ebenen der Küste geschieden ist. Nach Süden läuft der
Peloponnes in vier Halbinseln aus, so daß er einer Hand mit vier
Fingern gleicht. Die Städte Korinth, Nanplia und Patras
treiben lebhaften Handel mit den Erzeugnissen des Landes. — Sparta
war im Altertum durch die heldenmütige Tapferkeit seiner Bewohner
berühmt.
2. Die wirtschaftlichen Verhältnisse Griechenlands sind im
allgemeinen ungünstig. Die Küstenlandschasten sind hetne zum
Teil versumpft, zum Teil ohne die notwendige künstliche Berieselung;
deshalb kann der Anbau von Weizen, Gerste und Mais den Bedarf
des Volkes an Nahrungsmitteln nicht decken. Dagegen liefernder Öl-
— 70 —
bäum Olivenöl und der Weinstock Wein, Rosinen und Korinthen für
die Ausfuhr. Die Gebirge sind durch eine sinnlose Waldverwüstung
ihres Schmuckes beraubt worden. Der Regen hat infolgedessen den
Humusboden fortgeschwemmt, so daß die Aufforstung sehr erschwert
ist. — Die großen Ziegenherden nähren sich von dem dürftigen Gras
der Weiden und dem Blattwerk der Sträucher.
3. Die griechischen Inseln sind als Fortsetzung der Gebirge des
Festlandes anzusehen. An der Westküste liegen die an Wein, Öl und
Südfrüchten reichen Jonischen Inseln, deren bekannteste Korsu ist.
Dort hat unser Kaiser eine Besitzung, das Achilleion. Von den Inseln
des Agäischen Meeres ist Eubäa die größte.
III. Das Königreich Bulgarien.
(So groß wie Bayern und Württemberg. 4,3 Mill. Einw.)
§ 59. Bulgarien breitet sich zu beiden Seiten des Balkans aus. Der
nach Norden zur Donau hin abfallende Teil ist fruchtbar und reich an
Getreide. Nach Süden hin fällt das Gebirge steil ab. Herrliche Rosen-
Haine schmücken hier die Täler, und in der weiten Ebene von Ost-
rumelien, die von der Maritza durchflössen wird, gedeihen Mais
und Wein. Bei Kasanlik wird Rosenöl bereitet. Die Hauptstadt
Sofia, 103000 Einw., und Philippopel in Ostrumelieu treiben leb-
hasten Handel. Am Schwarzen Meer liegt die Hafenstadt Warna.
IV. Das Königreich Serbien.
(So groß wie Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen. 2,9 Mill.
Einwohner.)
§ 60 Serbien umfaßt das Flußgebiet der Morawa. Es ist ein von
Natur sehr reiches Land, dessen Bebauung aber noch auf einer sehr
niedrigen Stufe steht. Den besten Getreideboden findet man in
den Tälern der Morawa und der Save. An Obst und Wein hat
Serbien Überfluß. Von größter Bedeutung ist die Viehzucht. Die
Eicheln der großen Wälder dienen den Schweineherden als vorzügliches
Futter. — Der Reichtum der Berge an Kohle, Eisen und Blei wird
noch wenig ausgebeutet.
Die Hauptstadt Belgrad, 90000 Einw., eine in den Türkenkriegen
viel umstrittene Festung, liegt an der Mündung der Save in die
Donau. Sie beherrscht den südlichen Zugang zur Ungarischen Tief-
ebene. Von hier führt die Orientbahn im Morawatal hinauf nach
- 77 —
Nisch, wo sich die Mittelmeerbahn nach Saloniki abzweigt. — Seit
dem Jahre 1878 ist Serbien von der Türkei unabhängig. Innere
Parteikämpfe hindern jedoch die Entwicklung des Landes.
V. Das Königreich Montenegro.
(Etwas größer als das Großherzogtum Hessen. 250000 Einw.) § 61.
Montenegro (= Land der schwarzen Berge) ist ein schwer zugäng-
liches Gebirgsland, dessen Bewohner Viehzucht treiben. Die Hauptstadt
Cetinje hat nur 4000 Einwohner.
Das Königreich Italien.
(Halb so groß wie das Deutsche Reich. 34,7 Mill. Einw.)
Italien wird im Norden durch die Alpen von dem Rumpfe Europas § 62:
getrennt. Im Osten grenzt es an das Adriatische Meer, im Süden an
das Mittelländische und im Westen an das Tyrrhenische Meer. — Es
erstreckt sich in der Form eines Stiefels weit in das Mittelmeer hinein
und hat eine für Handel und Verkehr sehr günstige Lage zwischen Mittel-
europa, Nordafrika und Westasien.
A. Landschaften.
In Italien können wir folgende Landschaften unterscheiden: 1. die
Poebene mit ihren Randgebirgen, 2. das Gebirgssystem der Apen-
ninen, 3. das westliche Vorland der Apenninen, 4. das östliche
Vorland der Apenninen, 5. die zu Italien gehörigen Inseln.
I. Die Lombardische Tiesebene. (Norditalien.)
1. Die Lombardische Tiefebene bildet eine große Mulde zwischen § 63.
den Alpen und den Apenninen. Sie war früher eine Bucht des Adriatischen
Meeres, die allmählich durch die Geröllmassen der Alpen- und der
Apenninenflüsse ausgefüllt wurde. Jetzt ist sie eine fruchtbare Landschaft,
die von denl wasserreichen Po durchströmt wird. Dieser hat geringes
Gefälle und setzt deshalb viele Sinkstoffe ab, die das Flußbett nach
und nach erhöhen. Aus diesem Grunde müssen seine Ufer durch hohe
Dämme gegen Überschwemmungen geschützt werden (Rheindelta!). Die
Apenninenflüsse führen ihm wenig Wasser zu. Um so wasserreicher sind
seine Nebenflüsse aus den Alpen, die am Fuße des Gebirges langgestreckte
— 78 —
Seen durchfließen: der Ticino ititschino) den Lago ma'ggiore
(madschore) ^ Langensee, die Adda den Comersee, der Mincio
(mintscho) den Gardasee. Gleich natürlichen Kanälen durchziehen sie
dann die Ebene, für deren Bewässerung sie von großer Bedeutung sind.
Abb. 53. Das Königreich Italien.
— In das Podelta mündet auch die Etsch. Sie kommt aus Tirol.
Durch ihr breites Tal sind im Mittelalter deutsche Kaiser oft nach
dem sonnigen Italien gezogen.
2. Klima und Erzeugnisse. Die Poebene ist durch die Alpen
vor den rauhen Nordwiuden geschützt. Durch ihre hohen Randgebirge
— 79 —
wird sie aber dem mildernden Einfluß des Meeres entzogen. Deshalb hat
sie heiße Sommer, aber auch kalte Winter, so daß der Anbau der Süd-
früchte nur in geschützten Tälern möglich ist. Dagegen gedeihen hier alle
Pflanzen, die hohe Sonnenwärme und gute Bewässerung verlangen:
Weizen, Mais und selbst Reis. Ans den Ackern stehen Öl- und Maul-
beerbäume zwischen den Feldfrüchten. Sie sind von Ulmen- und
Ahornbäumen umgeben, an denen Weinreben emporranken. Die weite
Ebene gleicht infolgedesfen einem wohlgepflegten Garten. — Die Seiden-
industrie steht in hoher Blüte.
Abb. 54. Rialtobrücke in Venedig.
Die am Fuße der Alpen liegenden Seen haben eine besonders
geschützte Lage. An ihren sonnigen Ufern gedeihen Feigen, Mandeln,
Orangen, Zitronen, ja sogar Palmen.
3. Städte. Oberitalien ist reich an großen Städten. Die be-
dentendsten liegen am Ausgangspunkt großer Verkehrswege. Von Turin,
428000 Einw., führen Straßen und Eisenbahnen nach Frankreich, von
Mailand nach der Schweiz und nach Deutschland. Mailand, 600000
Einw., ist der Mittelpunkt der Seidenindustrie Oberitaliens. Sein
Marmordom zeugt noch von alter Pracht und Größe (Zerstörung der
Stadt durch Friedrich Barbarossa 1162). Pavla war die Hauptstadt
des Lombardenreiches. Cremona ist durch seine Geigenfabrikation
berühmt. In Como und Brescia blüht die Seidenindustrie.
Verona und Mantua sind starke Festungen. Padua besitzt eine alte
— 80 —
Universität. Als alte Handelsstadt ist Venedig berühmt. Es liegt
auf kleinen Inseln in den Lagunen. Statt der Straßen hat es Kanäle,
auf denen Gondeln den Verkehr vermitteln. Durch seine günstige Lage
am Meer wurde es im Mittelalter zur ersten und mächtigsten Handels-
stadt Italiens und zum Stapelplatz der Schätze des Orients. Als aber
nach der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien der
Handel andere Wege einschlug, sank es rasch von seiner alten Größe
herab, an die noch die Markuskirche und der Dogenpalast er-
innern. In neuerer Zeit leidet seine Entwicklung unter der all-
mählichen Versandung der Lagunen und dem aufblühenden Handel Triests.
Südlich vom Po liegen Parma, 160000 Einw., Modena und
Bologna; letzteres ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt.
II. Die Halbinsel Italien.
1. Der Apennin. Der Apennin bildet gewissermaßen das Rück-
grat der ganzen Halbinsel. Er umsäumt den Meerbusen von Genua,
trennt dann die Poebene von der Halbinsel und zieht so dicht an der
Ostküste hin, daß dort nur ein schmales Tiefland als Küstensaum übrig
bleibt. In Mittelitalien verbreitert er sich zu dem wilden Gebirgsland
der Abrnzzen, das immergrünen Buschwald hat. Im Gran Sasso
(= großer Fels) 2900 m, erreicht er seine größte Höhe. Nach der
Westküste ziehen sich noch niedrigere Bergzüge hin, die zum Teil
vulkanischer Natnr sind. Zu ihnen gehört der Vesuv am Golf von
Neapel, 1240 m hoch. In Süditalien nähert sich der Apennin wieder
der Westküste. Jenseits der Meerenge von Messina setzt er sich in
den Gebirgen Siziliens sort. Als Kalkgebirge ist er wasserarm.
2. Das westliche Vorland des Apennins. Von den kahlen
Höhen des Apennins steigt man zu ausgedehnten Weideflächen herab.
Dann folgen Landschaften mit terrassenartig angelegten Weinbergen und
Olivenhainen. Ebenen finden wir nur an dem Unterlauf der größeren
Flüsse, am Arno, Tiber und Voltnrno. Große Strecken der
Westküste sind sehr sumpfig. Sie leiden infolgedessen unter dem Sumpf-
fieber, der Malaria.
a) Am Lignrischen Meer liegt Genua, die bedeutendste Handels-
stadt Italiens. Als Industriestadt liefert es Sammet- und Seidenwaren.
Von dem Meere aus bietet Genua einen prächtigen Anblick, da seine
Häuserreihen amphitheatralisch an den Vorhöhen des Apennins aufsteigen.
d) Mittelitalien. Am oberen Arno liegt Florenz, 230000 Einw.
Es gehört zu den schönsten Städten der Erde. Seine großartigen
— 81 —
Paläste und herrlichen Kunstschätze sind berühmt. Es hat Seidenfabriken und
Strohhutflechtereien. An der Küste liegt die wichtige Hafenstadt Livorno,
am Arno das einst seemächtige Pisa,
dessen schiefer Turm an die Blütezeit
dieser Stadt erinnert.
In der Landschaft Latinm liegt
Rom, die Hauptstadt Italiens,
540000 Einw. Von hier aus be-
herrschten die Römer sämtliche Länder
an den Gestaden des Mittelmeeres. Hier
hat später die Weltherrschaft des Papstes
ihren Sitz aufgeschlagen; hier haben
Baumeister des Altertums und des
Mittelalters Kunstwerke geschaffen, die
wir noch heute bewundern (Forum,
Engelsburg, Amphitheater, Vatikan,
Peterskirche). Der Vatikan birgt in
der Sixtinischen Kapelle die schönsten
Gemälde von Michel Angelo. Dicht
daneben steht die prächtige Peterskirche,
das größte Gotteshaus der Christenheit.
Herrliche Grabdenkmäler zieren den Dom.
Abb. 55. Der schiefe Turm zu Pisa.
Abb. 56. Die Engelsburg in Rom mit der Tiberbrücke.
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 6
— 82 —
c) Süditalien. Süditalien hat infolge seiner südlichen Lage ein
äußerst mildes Klima. Im Frühling und im Sommer entfaltet sich an den
Küsten die südliche Pflanzenwelt in ihrer vollen Schönheit und Pracht.
Zitronen, Apfelsinen und Feigen gedeihen in üppiger Fülle; Oliven-
Haine liefern reichen Ertrag an Öl. Deshalb preist Goethe Italien als
„das Land, wo die Zitronen blüh'n, im dunkeln Laub die Goldorangen
glüh'n, ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und
hoch der Lorbeer steht." Im Sommer fehlt es jedoch an Regen, und
der dann von Afrika herüberwehende heiße Staubwind (Sirocco) hindert
die Pflanzungen in ihrer weiteren Entwicklung. Deshalb werden die
Felder in manchen Gegenden künstlich bewässert. Im Innern des Landes
finden sich kahle, wasserarme Hochflächen.
In dem fruchtbaren Kompanien liegt die Stadt Neapel,
720000 Einw. Sie hat eine unvergleichlich schöne Lage an einem
tief in das Land eindringenden Golf. Von den blauen Fluten des Meeres
steigen die Häuserreihen allmählich zu den Höhen hinauf; rundum
üppige Pflanzenwelt, darüber der klare südliche Himmel und in der
Ferne das weite Meer. Die Stadt selbst mit ihren engen, heißen
Straßen, ihren hohen Häusern und dem Gewühl der Großstadt bietet
wenig Anziehendes; dafür reizt das Leben in den engen Seitengassen
unsere Neugier um so mehr. Sie sind der gemeinsame Aufenthaltsort
für ihre Bewohner, die nur durch die Glut der Sonne, die Kälte des
Nordwestwindes oder einen heftigen Regen vertrieben werden können.
Hier sitzen die Besucher der Kaffeehäuser weit in die Gaffe hinein; dort
werden Kastanien geröstet und Maccaroni bereitet. Schneider, Schuh-
macher und Friseure sehen wir bei ihrer Arbeit. Trödler benutzen die.
Gasse als Laden, und dazu kommt noch die Zahl der Großen und
Kleinen, die sich im Schatten der Häuser dem „süßen Nichtstun" hin-
geben.
7 km von Neapel erhebt sich der feuerspeiende Besuv. Seinen
Fuß bekränzen fruchtbare Pflanzungen und lieblich gelegene Ortschaften;
aber sein Gipfel ist ein starrer, unfruchtbarer Lava- und Aschenkegel,
aus dessen Krater beständig Dämpse aufsteigen. Einst hat er mit seinem
furchtbaren Aschenregen die Städte Pompeji und Herkulanum ver-
schüttet; aber auch jetzt noch bedroht er die Umgegend mit seinen Aus-
brüchen. So brachen im Jahre 1872 fünf Lavaströme aus dem Berge
hervor und wälzten sich den Abhang hinab. Mit Entsetzen gewahrte
man, wie die Feigen-, Pinien-, Öl- und Nußbäume bei der Annäherung
des Glutstromes unter lautem Knall plötzlich von der Wurzel bis zum
Wipfel in Brand gerieten. — Der letzte vulkanische Ausbruch war im
— 83 —
6*
— 84 —
April 1906. An der Südspitze der Halbinsel Kalabrien liegt Reggio
(redscho).
§ 66. 3. Das östliche Borland des Apennins. Es bildet einen
schmalen Küstenstreifen, der sich am Adriatischen Meere hinzieht, und
ist ohne bedeutende Städte. Nur in Apnlien gibt es größere Städte.
Brindisi vermittelt den Verkehr nach dem Orient. Tarent war schon
im Altertum eine blühende Handelsstadt.
III. Die Inseln Italiens.
§ 67. Die zu Italien gehörigen Inseln sind Reste eines versunkenen
Landgebietes, an dessen Stelle sich jetzt das Tyrrhenische Meer befindet.
1. Sizilien ist von Italien durch die Meerenge von Messina ge-
trennt. Die im Norden hinziehende Gebirgskette senkt sich allmählich zu
fruchtbaren Landschaften hinab. An der Ostküste erhebt sich der 3300 m
Abb. 58. Händler it Südfrüchten auf dem Wcge zum Markt.
hohe vulkanische Ätna. Das hoch gelegene Binnenland ist arm an
Niederschlägen und deshalb unfruchtbar. In den Küstenebenen dagegen
gedeihen Wein, Orangen, Zitronen, Feigen, Mandeln und Granaten,
ja sogar Zuckerrohr, Baumwolle, Palmen und Bananen. Für die Er-
nährung des Volkes ist der Fischfang (Sardellen und Thunfische)
von großer Bedeutung. Sizilien hat große Schwefelgruben. Die be-
denkendsten Städte liegen an der Küste: Palermo, 340000 Em-
wohner, Messina, 126000 Einwohner, Ausfuhr von Zitronen und
Orangen, Marsüla, durch seinen Wein berühmt. Messina wurde 1908
durch ein Erdbeben fast völlig zerstört.
2. Sardinien ist ein Gebirgsland mit reichen Blei- und Zinkgruben.
3. Elba, wo Napoleon I. von 1814—15 in der Verbannung lebte,
hat bedeutende Eisengruben.
— 85 —
4. Die kleine Felseninsel Malta (südlich von Sizilien) ist im Be-
sitz der Engländer und eine wichtige Station für den Schiffsverkehr im
Mittelmeer und nach Ostasien.
B. Die Bewohner und ihre wirtschaftliche
Tätigkeit.
1. Die Bewohner Italiens gehören dem romanischen Stamme an. § 68.
Infolge der abgeschlossenen Lage des Landes haben sie sich zu einem
Volk von einheitlichem Gepräge entwickelt. Die Schönheit des Landes
und der fast stets klare, blaue Himmel haben einen heitern, frohen Sinn
sowie Neigung und Anlage für Malerei, Bildhauerei und Musik in
ihnen geweckt. Im Mittelalter sind von ihnen herrliche Kunstwerke
geschaffen worden, an denen sich unsere Künstler heute noch bilden.
2. Wirtschaftliche Tätigkeit. Die wichtigste Erwerbsquelle
ist die Landwirtschaft, die in den breiten Flußebenen gartenmäßig,
an den steilen Bergabhängen terraffenartig betrieben wird. Außer Weizen,
Mais und Reis liefert das Land besonders Wein, Oliven und Süd-
fruchte, die in Menge ausgeführt werden. Wichtig ist auch die Ge-
winnnng von Rohseide, worin Italien nur hinter China und Japan
zurücksteht.
An Mineralschätzen ist das Land arm. Vor allem fehlt es an Stein-
kohlen. Deshalb ist die Industrie wenig entwickelt. Nur die Seiden-
Weberei, die Strohflechterei und die Verfertigung von Tonwaren Majolika)
und Glas (in Venedig) sind bedeutend.
Die Lage Italiens ist für den Handel günstig. Infolgedessen konnten
sich Venedig, Genua u. a. Städte im Mittelalter zu mächtigen Handels-
Plätzen entwickeln. Als sich jedoch nach der Entdeckung Amerikas der
Welthandel dem Atlantischen Ozean zuwandte, verloren sie rasch ihre Be-
dentung. Erst in neuerer Zeit blühen sie wieder empor, da durch den
Ausbau der Alpenbahnen und die Anlage des Sueskanals der Verkehr
West- und Mitteleuropas nach dem Morgenland wieder über die italie-
nischen Häfen gelenkt wird. Italien führt nach Deutschland
Seide, Südfrüchte, Hanf, Eier, Marmor und Schwefel
aus. Es erhält von Deutschland Maschinen und Metall-
waren, Kohlen, Wollen- und Baumwollenwaren, Leder,
Farbstoffe.
— 86 —
Die Pyrenäen-Halbinsel.
(So groß wie das Deutsche Reich mit Belgien und Holland. 24,9 Mill. Ew.)
Lage. Gliederung. Bodengestalt.
69. Die Pyrenäenhalbinsel bildet die Südwestspitze des europäischen
Festlandes, mit dem sie nur auf einer Strecke von 400 km zusammen-
hängt. In Gestalt eines unregelmäßigen Vierecks schiebt sie sich zwi-
Abb. 59. Die Pyrenäenhalbinsel.
schen das Mittelländische Meer und den Atlantischen Ozean. Seine
Südspitze ist von der Küste Afrikas, mit dem es früher verbunden war,
nur 13 l<m entfernt.
Die Küste ist wenig gegliedert; nur im Norden finden sich größere
Buchten. Die Bodengestalt der Halbinsel zeigt eine auffallende Regel-
Mäßigkeit. Im Norden und im Süden erheben sich mächtige Hochgebirge,
die Pyrenäen und die Sierra Nevada. Die Mitte des Landes
— 87 -
wird von der Kastilischen Hochfläche ausgefüllt, die nach Westen
hin in das Portugiesische Hügelland übergeht. Im Osten ist ihr
die Aragonische und im Süden die Andalusische Tiefebene
vorgelagert. Den größten Teil der Halbinsel nimmt das Königreich
Spanien ein. An der Westküste liegt die Republik Portugal.
I. Das Königreich Spanien.
(5/ß der Halbinsel. 19,5 Mill. Einw.)
A. Landschaften.
1. Die nördlichen Randgebirge und das Ebrobecken. Den § 70.
Nordrand der Halbinsel bilden die Pyrenäen und das Kantabrische
Gebirge. Die Pyrenäen beginnen am Mittelländischen Meer. Sie
ziehen als mächtiges Kettengebirge nach Westen und erheben sich in
der Maladetta-Gruppe zu einer Höhe von 3400 m. Sie haben
steile Berge, zerklüftete Täler und hochgelegene, schwer zu überschreitende
Pässe. Deshalb sind die Pyrenäen zur Länder- und Völkerscheide geworden.
Nur im Osten und Westen führen an der Küste Eisenbahnen und Land-
straßen nach Frankreich hinüber.
Südlich von den Pyrenäen breitet sich das Tiefland von
Aragonien aus, das wegen seiner Trockenheit wenig bebaut ist. Es
wird von dem reißenden Ebro durchströmt. Dieser durchbricht das
Katatonische Randgebirge in Stromschnellen und ist deshalb für die
Schiffahrt nicht geeignet. Die einzige größere Stadt ist Zaragoza,
100000 Einw. Als westliche Fortsetzung der Pyrenäen zieht sich das
bewaldete Kantabrische Gebirge bis zur buchtenreichen Küste von
Galicien hin. Hier hat Spanien seine besten Häfen (San Sebastian,
Santander, Cornnna [formt}«]), seine waldreichsten Berge und seine
ergiebigsten Eisengruben. Nach Norden fällt das Gebirge steil zur
Küste ab; nach Süden geht es sanfter in die Hochebene über.
2. Die Hochebene von Kastilien (—Land der Kastelle, der § 71.
Burgen) wird im Osten von dem Iberischen Gebirge, im Süden
von der Sierra Morsna (— schwarze Berge) begrenzt und durch
das Kästilische Scheideg ebirge in Altkastilien und Neu-
kastilien geteilt.
Die durchschnittliche Höhe der Hochebene beträgt 700 m (Ober-
deutsche Hochebene 5—600 m). Bald zeigt sie wagrechte Flächen,
bald gleicht sie mit ihren niedrigen Hügelreihen einem sturmbewegten
— 88 —
Meer. In tief eingeschnittenen Tälern fließen Duero, Tajo und
Guadiana nach Westen. Diese Flüsse sind im Sommer arm an
Wasser; die westlichen Randgebirge durchbrechen sie in Stromschnellen.
Für die Schiffahrt haben sie deshalb nur geringe Bedeutung.
Die hohen Randgebirge entziehen die Hochebene dem mildernden
Einfluß des Meeres. Daher zeigt das Klima die schroffsten Gegen-
sätze in bezug auf die Temperatur. Heiße Tage wechseln mit kühlen
Nächten ab; ans die sengende Hitze des Sommers (bis 42° C.) folgt
die trockene Kälte des Winters. Madrid hat „neun Monate Hölle
und drei Monate Winter". Im Frühjahr und im Herbst gießt der
Regen „in Krügen" herab, wie der Spanier sagt; aber der Sommer
ist trocken, da die vom Meere kommenden Winde ihre Feuchtigkeit
schon an den Randgebirgen niedergeschlagen haben. Deshalb ist der
Pflanzenwuchs meist sehr dürftig. Das Gras wächst nicht in geschlossenem
Rasen, sondern in einzelnen Büscheln. Es reicht nur hin für die fein-
wolligen Schafherden (Merinos), die auf den Steppen ihre Nahrung
suchen. An den Flüssen und in den künstlich bewässerten Niederungen
gibt es dagegen fruchtbare Felder.
In der Mitte des Landes liegt die Hauptstadt Madrid,
600000 Einw., Universität, Kreuzungspunkt der bedeutendsten Eisen-
bahnen des Landes. Am Tajo die Sommerresidenz Aranjuez und
das früher mächtige Tolödo (Degenklingen).
§ 72. 3. Die Andalusische Tiefebene bildet eine tiefe Mulde zwischen
der Sierra Morena und der Sierra Nevada. Sie wird von dem
wasserreichsten Strome Spaniens, dem Gnadalqnivir, durchflössen
iguadi al kiwir^ Fluß, der große). Sie ist die Kornkammer Spaniens.
Unter der südlichen Sonne gedeihen hier Weizen, Mais, Reis, Wein,
Zuckerrohr, Baumwolle, Feigen und Orangen. Der Andalnsier ist
heiter, äußerst gefällig und gastfrei. Er hat seine Freude an Tanz
und Gesang.
(Äranüda, 77 000 Einw., ist durch seinen alten Maurenpalast,
die Alhambra, bekannt. Cördoba, ehemals die Hauptstadt des Mauren,
reiches, ist jetzt eine stille Gartenstadt. Sie liegt inmitten einer frucht-
baren, gut angebauten Landschaft. Sevilla, 155 000 Einw., hat große
Zigarrenfabriken. Cadiz ist Ausfuhrplatz der Erzeugnisse Andalusiens
und Haupthandelsplatz Spaniens am Atlantischen Ozean, zugleich Kriegs-
Hasen.
§ 73. 4. Die Sierra Nevada und die Landschaften an der Mittel-
meerküste. Die Sierra Nevada (= Schneegebirge) ist als Fort-
setzung des Atlasgebirges (in Nordafrika) anzusehen. Sie erreicht eine
— 89 —
Höhe von 3480 m. Während an ihrem Südfuße afrikanische Hitze
herrscht, trägt ihr Gipfel einen Gletscher.
Die Landschaften an der Mittelmeerküste sind in ihren höher
gelegenen Teilen unfruchtbar; die Küstenstriche dagegen gehören zu den
gesegnetsten Gegenden Spaniens. Die Umgebung von Valencia ist
ganz besonders durch ihre Fruchtbarkeit berühmt. Die Wasser des Guada-
laviar sind nämlich durch ein künstliches Netz von Kanälen über das
ganze Land verteilt. Deshalb entwickelt sich hier der üppigste Pflanzen-
wuchs. Bald sieht man Gemüsebeete mit Artischokeu, Erbsen und
Abb. 60. Der Löwenhof in der Alhambra (Granada),
Bohnen, bald Gärten mit Orangen-, Mandel-, Granat- und Maul-
beerbäumen, mit Zypressen und Dattelpalmen, bald wieder gesegnete
Fluren, auf denen Weizen und Reis sogar in einem Jahre nachein-
ander zur Reife kommen. Deshalb sagt auch das Sprichwort:
„Valencia — Gottes Preis; denn gestern Weizen, heute Reis."
Die Städte am Mittelmeer treiben einträglichen Handel mit
den Erzeugnissen des Landes: Malaga, 130 000 Einw., mit Wein,
Murcia, 125 000 Einw., mit Seidenstoffen, Valencia, 230000
Einw., mit Apfelsinen und Zitronen. In Katalonien (= Gothalonia,
Land der Goten) mit seinen Steinkohlen- und Eisenbergwerken liegt
— 90 —
Barcelona, 590 000 Einw. Es ist durch seine Eisenwerke, Webereien
und Glasfabriken die erste Industriestadt Spaniens.
An der Straße von Gibraltar besitzen die Engländer in der Felsen-
sestnng Gibraltar den Schlüssel zum Mittelmeer.
5. Inseln. Östlich von Valencia liegen die Inselgruppen der
Balearen und Pitynsen, die sich durch ihr angenehmes Klima
auszeichnen.
B. Das Volk und seine wirtschaftliche Tätigkeit.
74. 1. Die Bevölkerung. Die Spanier sind ein Mischvolk aus Iberern,
Römern, Goten und Mauren. Nachkommen der alten Iberer
wohnen am Meerbuseu von Biscaya, Nachkommen der Goten, die sich
noch heute stolz „Godos" nennen, in Asturien, Mauren (Morlseos) im
Süden. Die große Masse des Volkes ist jedoch einer Nationalität
uud eines Glaubens (römisch-katholisch). Allen Spaniern gemeinsam
ist die angeborene Tapferkeit, die Mäßigkeit in Speise und Trank und
der Stolz auf die Zeiten, als Spaniens Schiffe die Meere beherrschten
und kühne Entdecker große Kolonien eroberten. Doch fehlt es ihnen
an der emsigen Rührigkeit in Handel und Verkehr und an dem ernsten
Streben nach Bildung und Hebung des Volkswohlstandes. Der größte
Teil der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben. An den Stier-
kämpfen, die in allen größeren Städten stattfinden, nimmt der Spanier
leidenschaftlichen Anteil.
2. Erzeugnisse. Die Spanier sind in erster Linie auf die Land-
Wirtschaft angewiesen; doch liefert ihnen diese nur da reichen Ertrag,
wo man das Land künstlich bewässern kann. Deshalb ist auch nur
1/3 der Bodenfläche bebaut. Der größte Teil derselben besteht aus
Heiden und Steppen, auf denen große Ziegen- und Schafherden weidend
umherziehen. Da es an saftigen Wiesen und Weiden fehlt, ist die Rindvieh-
und Pferdezucht nur in den wasserreicheren Gegenden von Bedeutung.
Dort hat man schöne Stiere und Rosse (Andalusier). Die Wälder
sind — mit Ausnahme des Kantabrischen Gebirges — meistens licht
und ohne Unterholz und Moospolster. Sie bestehen zum großen Teil
aus Korkeichen, deren Rinde einen bedeutenden Ausfuhrgegenstand
bildet.
3. Bodenschätze. Der Armut Spaniens an fruchtbaren Gegenden
steht ein großer Reichtum an Bodenschätzen gegenüber. Quecksilber
und Kohlen findet man in der Sierra Morena, Kohlen und
Eisen im Katatonischen und im Kantabrischen Gebirge; aber es fehlt
— 91 —
den Spaniern an Unternehmungsgeist zur Ausbeutung der Erzlager.
Die Bergwerke befinden sich meistens in den Händen englischer und
Abb. 61. Landleute aus Murcia.
Abb. 62. Gibraltar.
deutscher Kapitalisten; die Eisenbahnen sind im Besitz französischer
Gesellschaften.
— 92 —
4. Handel und Berkehr. Spanien ist zwur durch die fast un-
wegsamen Pyrenäen von dem Rumpfe Europas getrennt, kann sich
aber andrerseits an dem Handel zweier Meere beteiligen. Der Atlantische
Ozean ermöglicht ihm eine schnelle Verbindung mit den Ländern West-
und Nordeuropas, mit Amerika und der Westküste Afrikas, und das
Mittelmeer zeigt ihm die Wege zu den Küsten Südeuropas, Nordafrikas
und Asiens. Trotz dieser günstigen Lage ist der Handel Spaniens nicht
bedeutend; denn seine Küsten sind wenig gegliedert, seine Ströme wegen
ihrer Stromschnellen zur Schiffahrt kaum geeignet und seine Binnen-
landschaften durch steile Randgebirge von dem Verkehr mit der Küste
abgeschlossen. Deshalb beschränkt sich der Handel namentlich auf die
Küstenlandschaften. Diese bringen Weine und Südfrüchte, Baumwollen^,
Seiden- uud Eisenwaren sowie Zigarren zur Ausfuhr.
Spanien führt nach Deutschland aus: Erze, Südfrüchte,
Wein, Kork, Wolle. Es führt von Deutschland ein:
Maschinen, Eisenwaren, Webwaren, Farbstoffe u. a.
II. Die Republik Portugal.
(V« der Halbiusel. 5,4 Mill. Einw.)
75. Die Republik Portugal zieht sich in einer Breite von 200 km von
dem Minho aus nach Süden. Sie umfaßt Hügelländer und Küsten-
ebenen, die zwar reichliche Niederschläge haben, aber meist schlecht
bestellt sind. Zur Ausfuhr kommen Frühkartoffeln, Gemüse und
Wein, der namentlich von Porto? 170000 Einw., ausgeführt wird
(Portwein). —■ Handel und Industrie sind vernachlässigt. Der Außen-
Handel liegt zum größten Teil in der Hand der Engländer. Der be-
deuteudste Hafen des Landes ist die Hauptstadt Lissabon an der Tajo-
mündnng, 356000 Einw.
Nach Deutschland werden ausgeführt: Kork, Erze,
Wein. Portugal erhält von uns (ebenso wie Spanien)
Maschinen, Metall- und Webwaren, Farbstoffe.
Allgemeine Übersicht über Europa.
Europa als Erdteil.
76. 1. Lage, Grenzen und Größe. Enropa bildet den nordwestlichen
Teil der großen Landmasse, die auf der östlichen Halbkugel zusammen-
gedrängt ist. Streng genommen ist es nur eine Halbinsel Asiens;
— 93 —
doch wird es mit Rücksicht auf seine Größe und seine reiche Gliederung
als besonderer Erdteil angesehen. In geschichtlicher Hinsicht nimmt
Europa sogar die erste Stelle unter allen Erdteilen ein. Es erstreckt
sich durch 741/v Längen- (5500 km) und durch 35 Breitengrade
(fast 4000 km). Im Norden grenzt es an das Nördliche Eismeer, im
Westen an den Atlantischen Ozean, im Süden an das Mittelländische
Meer, im Südosten an das Schwarze Meer, den Kaukasus und das
Kaspische Meer, im Osten an das Uralgebirge. Sein Flächeninhalt
beträgt fast 10 Mill. qkm (181/2 X Deutsches Reich), die Einwohner-
zahl 447 Mill. (7 X Deutsches Reich).
2. Gliederung. Europa zerfällt in die eigentliche Festlandsmasse
und die Halbinseln und Inseln. Der Rumpf hat die Grundform eines
rechtwinkligen Dreiecks, dessen Spitzen in den Golf von Biscaya, das
Nordende des Kaspischen Meeres und den Manschen Meerbusen fallen.
Über seine Begrenzungslinien ragen noch große Halbinseln und Inseln
(1/3 des ganzen Erdteils) hinaus: im Süden die Balkan-, die Apenninen-
und die Pyrenäenhalbinsel und im Norden Jütland und Skandinavien«
im Nordwesten sind die Britischen Inseln vorgelagert. Diese reiche
Gliederung begünstigte in alter Zeit die Besiedelung Europas von Asien
aus und ist jetzt eine der Hauptursachen für seine rege Beteiligung am
Weltverkehr.
3. Bodengestalt. Der Osten Europas ist vorwiegend Tiefland.
Dieses reicht bis zu der Linie, die man sich vom Teutoburger Wald
nach dem Ostrand der Karpathen gezogen denkt. In Westeuropa breitet
sich ein großes Gebirgsdreieck aus, als dessen Grundlinie die Alpen
anzusehen sind und dessen Spitze der Teutoburger Wald bildet. Im
Westen wird es vom französischen Mittelgebirge, im Osten von den
Karpathen begrenzt. Beide Gebirge sind durch Tiefebenen von den
Alpen geschieden, während das deutsche Mittelgebirge durch Hoch-
ebenen mit ihnen zusammenhängt. Letzteres füllt die Mitte des Dreiecks
aus und reicht mit seinen Gebirgszügen bis zum Teutoburger Wald.
Nach Süden und Südosten setzen sich die Alpen noch im Apennin und
in den Gebirgen der Balkanhalbinsel fort. Außerdem treten noch selb-
ständige Gebirgsmassen auf der Pyrenäenhalbinsel, in Skandinavien und
auf einzelnen Inseln auf.
4. Einfluß der Bodengestalt auf Besiedelung und Verkehr.
Europa hat eine Bodengestalt, durch die die Besiedelung des Landes
und der Verkehr der Völker untereinander erleichtert werden.
a) Fast alle Länder Europas haben Tiefebenen, die durch ihre
— 94 —
Fruchtbarkeit die Menschen zur Besiedelung anlocken und den Verkehr
begünstigen.
b) Die weitausgedehnten Mittelgebirge setzen dem Verkehr keine
bedeutenden Hindernisse entgegen. Sie bieten Gelegenheit zu Ackerbau
und Viehzucht.
c) Die Hochgebirge treten zwar völkertrennend auf; doch siud
sie durch Stromtäler zugänglich und durch Pässe überschreitbar.
d) Auch die Hochflächen sind leicht zugänglich. Nur in Spanien
werden sie durch hohe Randgebirge eingeschlossen, die den Verkehr er-
schweren.
e) Enropa hat eine ziemlich gleichmäßig verteilte Bewässerung.
Schiffbare Flüsse vermitteln den Verkehr des Binnenlandes mit der
Küste und zwar bei den meisten Ländern nach zwei Meeren hin.
Häufig sind sie noch durch Kanüle miteinander verbunden.
Der Bodenausbau Europas.
Nach der verschiedenartigen Gestaltung seiner Oberfläche teilt
man Europa in folgende drei Gebiete ein:
§77. 1- Das Tüdenropäische Faltengebirgsland. Die südlichen
Länder Europas werden von mächtigen Kettengebirgen durchzogen. Da
sie durch Faltuug der Erdrinde entstanden sind, werden sie auch Falten-
gebirge genannt. Die Alpen sind das gewaltigste dieser Gebirge. Sie
nehmen in der Faltengebirgszone durch Höhe und Ausdehnung eine
beherrschende Stellung ein. Im Süden uud Osten stehen sie mit
andern Faltengebirgen in Verbindung.
An das Südende der Westalpen schließen sich am Lignrischen Meer
die durch Italien nach Südosten verlausenden A penn inen an. Diese
finden in den Gebirgen Siziliens, dem Atlasgebirge Nord-
asrikas, der Sierra Nevada in Südspanien und den Pitynsen
und Balearen ihre Fortsetzung. Auch an der Nordostgrenze Spaniens
erhebt sich ein mächtiges Faltengebirge, der Gebirgszug der Pyreuäen.
(Die Mitte Spaniens wird dagegen von einem großen Tafelland ein-
genommen.) Den großen Raum zwischen diesen Gebirgen Spaniens,
Italiens und Nordafrikas nimmt das westliche Becken des Mittel-
ländischen Meeres ein.
Nach Osten setzen sich die Alpen in zwei Gebirgszügen fort,
zwischen denen die Ungarische Tiefebene eingelagert ist. Der nord-
östliche Gebirgszug erreicht in den Karpathen seine bedeutendste
Höhe. Er wendet sich dann in einem großen Bogen nach Süden und
— 95 —
findet schließlich im Balkan seine nach Osten gerichtete Fortsetzung.
Die Verbindung nach dem Jailagebirge auf der Insel Krim ist in
das Schwarze Meer eingesunken. Im Osten findet die Zone der euro-
Peuschen Faltengebirge im Kaukasus ihren Abschluß.
Zu den von den Alpen aus nach Südosten ziehenden Falten-
gebirgen gehören der Karst, die Dinarischen Alpen und die Ge-
birge Griechenlands, die früher mit den Gebirgen Kleinasiens in
Verbindung standen.
In der Zone der Faltengebirge finden sich aber auch noch Reste
älterer Gebirge, so z. B. in Spanien, Sardinien, Korsika, Ungarn und
auf der Balkanhalbinsel.
— 96 —
2. Das Nordwesteuropäische Schollenland. Im Norden und
Westen der Alpen breiten sich ältere Gebirge aus. Sie werden durch
Senkungen und Einbrüche voneinander geschieden, so daß uns die
einzelnen Gebirgszüge wie „Schollen" des alten zerborstenen Gebirgs-
zuges erscheinen. In den Gräben und Senkungen zwischen den Höhen-
zügen sind nach und uach die Schuttmassen angeschwemmt worden, die
durch Wind und Wasser von den Bergen herabgeführt wurden. Diese
Einschnitte und Becken sind für die Bildung der verschiedenen Fluß-
gebiete von großer Bedeutung geworden (Rhoue-Saüne-Graben, Ober-
rheinische Tiefebene, Seinebecken, Werratal, Egertal).
Zu den Schollengebirgen Mittel- und Westeuropas gehören
Bayrischer Wald, Böhmerwald und die Gebirge, die sich von
Mittelfrankreich durch Mitteldeutschland bis zu den Sudeten
hinziehen.
Ein zweiter Gebirgszug, der zum Teil in das Meer eingesunken
ist, zieht sich von der Normandie und der Bretagne nach Südengland
hinüber.
Mit dem Namen „Kaledonisches Gebirge" bezeichnet man einen
dritten Gebirgszug, der sich von der Halbinsel Wales in England
dnrch Schottland nach Skandinavien hinzog, jetzt aber zum Teil ins
Meer eingesunken ist.
3. Die Russische Tafel. Den Nordosten Europas nimmt eine
große Tiefebene, die Russische Tafel, ein. Ihre Schichten sind nicht
durch Faltungen oder Einstürze verändert worden. Sie breitet sich
zwischen den Karpathen und dem Ural aus. In ihrem nordwestlichen
Teil, in der Finnischen Seenplatte und der Schwedischen Felsenplatte,
treten die Urgebirge an vielen Stellen zutage.
Klima und Pflanzenwelt.
1. Klima. Europa liegt fast ganz in der nördlichen gemäßigten
Zone; nur der äußerste Nordrand gehört der kalten Zone an. Im
Westen wird das Klima durch die vom Atlantischen Ozean wehenden
Winde und den Golfstrom gemildert. Da die Seewinde auch reichliche
Niederschläge herbeiführen, so ist das Klima Westeuropas mild und
feucht (Seeklima). Je weiter nach Osten, desto mehr nimmt die Regen-
menge ab — von 200 cm an der Westküste bis zu 12 ein am Ural ,
und desto mehr macht sich der Einfluß der großen Landmasse geltend.
Osteuropa hat deshalb ein ausgeprägtes Landklima, große Trockenheit,
heiße Sommer und kalte Winter.
— 97 —
2. Das Klima Europas ist dem Pflanzenwuchs günstig. Da
Niederschläge überall und zu allen Jahreszeiten fallen, so finden sich
in Europa gar keine Wüsten, und die Steppe tritt nur in Südrußland
in größerer Ausdehnung auf. Im Mittelmeergebiet findet man
vorwiegend immergrüne Gewächse, Südfrüchte und feurige Weine, in
Mitteleuropa vorzugsweise blattwechselnde Laubbäume, Getreide und
Obst und im Norden, wo der Getreidebau allmählich verschwindet,
Wälder, Moose und Flechten.
Die Bewohner Europas.
1. Die Bevölkerung Europas gehört fast ganz der kaukasischen § 79.
Rasse an. Diese gliedert sich in drei Hauptstämme: Germanen,
Romanen und Slawen. Die Germanen, etwa 140 Millionen,
bewohnen die Mitte und den Norden des Erdteils. Zu ihnen gehören
die Deutschen, Skandinavier, Niederländer und Engländer. Die
Romanen, etwa 110 Millionen, nehmen den südwestlichen Teil
Europas ein. Zu ihnen gehören die Italiener, Franzosen, Spanier,
Portugiesen und Rumänen. Den Slawen, etwa 130 Millionen,
gehört der weite Osten Europas. Ihre Hauptvertreter sind die Russen,
Polen und Südslawen. Dazu kommen noch Mongolen, denen die
Türken, die Magyaren und die Finnen und Lappen zugerechnet werden.
Juden wohnen über ganz Europa zerstreut.
Die Europäer sind meist Christen. Die Germanen bekennen sich
vorzugsweise zur evangelischen, die Romanen zur römisch-katholischen
und die Slawen zur griechisch-katholischen Kirche.
2. Beschäftigung der Bewohner. Bodenbeschaffenheit und
Klima lassen in allen Ländern Ackerbau und Viehzucht zu. In
Rußland, Ungarn und Rumäuieu bilden sie fast die einzige Erwerbs-
quelle der Bewohner. Europa besitzt auch reiche Mineralschätze,
besonders Kohlen und Eisen. Diese haben eine großartige Fabrik-
tätigkeit hervorgerufen. Die wichtigsten Industrieländer sind England,
Deutschland, Frankreich, Belgien, Osterreich und die Schweiz. In
diesen Staaten hat sich durch die Einfuhr von Rohprodukten aus
fremden Ländern und die Ausfuhr der Jndustrieerzeugnisse ein leb-
haster Handel entwickelt.
Die Hauptverkehrslinien Europas. § 80.
Europa ist der gegliedertste Erdteil. Deshalb bietet sich den
meisten Völkern Europas Gelegenheit zur Seeschiffahrt.
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther. Erdkunde. II. Tcil. 7
— 98 —
1. Schiffahrt. Im Süden dringt das Mittelmeer mit seinen
Meeren und Buchten weit in das Festland ein. Diese günstige Lage
der Mittelmeerländer war die Ursache, daß sich schon zur Zeit des
alten Römerreiches an den Mittelmeerküsten ein lebhafter Handel ent-
wickelte. Eine zweite Blüte erlebte dieser Handel, als die Seestädte
Genua und Venedig den Verkehr zwischen Mitteleuropa und dem
Orient vermittelten. Nach der Erbauung des Sueskanals ist das
Mittelmeer die große und belebte Handelsstraße für den Verkehr
Europas mit Süd- und Ostasien, mit der Ostküste Afrikas und mit
Australien geworden.
Für den Handel und Verkehr von Mittel-, West- und Nord-
europa haben Nord- und Ostsee eine große Bedeutung. Im Mittel-
alter blühte dort die Hansa. Der Handel dieser Länder nahm aber
erst dann einen großartigen Aufschwung, als Amerika entdeckt worden
war und die Völker an der Nordseeküste sich immer lebhafter am Welt-
Handel beteiligten. Von Hamburg, Bremen, Rotterdam, Antwerpen,
Le Havre und London führen jetzt Schiffahrtslinien nach allen Teilen
der Welt.
Im Anschluß an die Seeschiffahrt hat sich auch die Flußschiff-
fahrt in den einzelnen Ländern gehoben. Sie wird in Deutschland
noch durch weitere Kanalisierung der Flüsse und durch die Anlegung
von Kanälen erweitert.
2. Eisenbahnverkehr. Europa wird von einem weitverzweigten
Eisenbahnnetz durchzogen. Während jedes Land bemüht ist, seine
einzelnen Landesteile durch Eisenbahnlinien dem Verkehr zugänglich zu
machen, vermitteln Hauptverkehrslinien den Verkehr von Land zu Land,
von Küste zu Küste. In zwei Richtungen bewegt sich der Hauptverkehr,
von der Nord- und Ostseeküste nach dem Mittelmeer und von Südwest-
Europa nach Ost-Europa.
Paris, Berlin und Moskau sind Hauptschnittpunkte dieser Ver-
kehrslinien.
Zu den wichtigsten Verkehrslinien Europas gehören:
1. Der Süd-Expreß: Lissabon—Madrid—Paris.
2. Der Nord-Expreß: Paris—Berlin—Königsberg—Petersburg.
3. Der Peninsnlar-Expreß: London—Calais—Paris—
Simplontunnel—Mailand—Bologna—Brindisi (Rom, Neapel).
4. Der Orient-Expreß: Paris—Straßburg—München—Wien
—Konstantinopel und: Ostende—Eöln —Frankfurt—Nürnberg—Wien
—Konstantinopel.
— 99 —
5. Der Nord-Süd-Expreß: Stockholm—Berlin—München-
Bozen—Rom—Neapel.
Von Moskau aus führen wichtige Bahnliniennach Süd-, Ost-
und Nordrußland. Die Sibirische Bahn vermittelt den Verkehr
nach Sibirien und der Ostküste Asiens.
Von allen Staaten Europas hat Belgien das dichteste Eisenbahn-
netz; ihm folgen Großbritannien und Deutschland.
Übersichtstafel zu Europa.
§ 81.
Länder.
Staaten
Größe in
qkm
(abgerundet)
Einwohner
(abgerundet)
in Mill. auf 1 qkm
Europa...........fast
Rußland.............
Österreich-Ungarn.........
Deutsches Reich (mit Küstengewäsfern) . .
Frankreich............
Spanien.............
Schweden............
Norwegen............
Großbritannien und Irland......
Italien.............
Türkei.............
Rumänien............
Bulgarien u. Ostrumelien.......
Portugal............
Griechenland...........
Serbien.............
Schweiz.............
Dänemark............
Niederlande...........
Belgien.............
Montenegro...........
Luxemburg............
9 900 000
5 377 000
676 000
548 000
536000
504000
447 000
322000
314 000
286 000
169 000
131000
96 000
92 000
64000
48 000
41OQO
39 000
34 000
29000
9000
2600
447
133,8
51.4
65
39,6
19.5
5.5
2,3
45.6
34.7
6,1
7
4.3
5.4
2.6
2,9
3.7
2.8
5.9
7,4
0,25
0,26
48
25
76
120
73,8
38,8
12,3
7,6
146
121
36.2
53
42
58,5
40,7
60.3
91,1
70,7
173,9
252
27,5
95
7*
Die fremden Erdteile.
Asien.
Allgemeines.
§ 82. Grenzen und Lage. Asien grenzt im Norden an das Nördliche
Eismeer, im Osten an den Großen, im Süden an den Indischen Ozean.
Abb. 64. Die Landschaftsgebiete Asiens.
Die Westgrenze wird gebildet durch die Landenge von Sues, das
Mittelländische Meer, den Kaukasus, den Kaspischen See, den Uralfluß
- 101 —
und das Uralgebirge. Asien erstreckt sich durch alle Zonen
der nördlichen Erdhalbkugel.
Grötze und Einwohnerzahl. Asien ist der größte Erdteil.
Es ist 4Vsmal so groß wie Europa (44 Mill. qkm) und wird von
900 Mill., also von mehr als der Hälfte aller Menschen, bewohnt.
Bodengestalt und Einteilung. Asien wird vom Ägäischen Meer
bis zum Großen Ozean von einem gewaltigen Hochland durchzogen,
das der Hindukusch in einen westlichen und einen östlichen Teil zerlegt.
Das westliche Hochland, das Tiefland von Mesopotamien und die Tafel-
länder von Syrien und Arabien bilden Westasien. Das östliche Hoch-
land mit seiner Umwallung, das Chinesische Tiefland, Korea und die
japanischen Inseln nennen wir Ostasien. Den Norden des Erdteils
füllt das große Tiefland von Nordasien aus. Die Halbinseln Vorder-
und Hinterindien und die Malaiische Inselwelt fassen wir unter dem
Namen Südasien zusammen.
A. Westasien.
Westasien zerfällt in Kleinasien, Armenien, Iran, Meso-
potamien, Arabien und Syrien.
I. Kleinasien.
(So groß wie Deutschland, 9 Mill. Einw., türkischer Besitz.) § 83.
1. Die Westküste. Kleinasien ist die natürliche Brücke zwischen
Asien und Europa. Die buchten- und hafenreiche Westküste ist in-
folge reichlicher Niederschläge sehr fruchtbar; Getreide, Wein, Süd-
früchte, Öl- und Maulbeerbaum gedeihen vortrefflich. Deshalb grün-
deten die Griechen im Altertum hier viele Handelsstädte (Ephesus,
Smyrna, Milet), die zu hoher Blüte gelangten; heute liegen sie aber fast
alle in Trümmern. Nur Smyrna, 200000 Einw., ist auch jetzt
noch ein bedeutender Handels- und Hafenplatz; seine kostbaren Teppiche
sind weithin berühmt. Nicht weit von der Küste liegt Brnssa, in dessen
Nähe sich ergiebige Meerschaumgruben befinden.
2. Die Randgebirge und das Innere. Den Norden und den
Süden Kleinasiens begleiten zwei Randgebirge, das Pontische Gebirge
und der Taurus. Sie fallen mit fruchtbaren Abhängen steil zur Küste
ab. Dem Innern des Landes entziehen sie den Regen, so daß sich
dort viele steppen-, ja wüstenartige Gegenden finden („viel' Steine
gab's und wenig Brot"). Als wichtigstes Nutztier wird die Angora-
— 102 —
Ziege gehalten. Der größte Fluß ist der Halys (Salzfluß) oder Kisil
Jrmak (Roter Fluß), der seine Namen dem roten Salztonboden der-
dankt, den er durchfließt. Da er das nördliche Randgebirge in Strom-
schnellen durchbricht, ist er für die Schiffahrt nicht geeignet. Der
wichtigste Hafenplatz am Nordrand ist Trapezunt. Nahe der Südküste
liegt Tarsus, die Geburtsstadt des Apostels Paulus. Einen Wirt-
schaftlichen Aufschwung des Landes erhofft man von der Anatolischen
Eisenbahn, die von Skütari über Angöra nach Syrien und Meso-
potamien führt.
3. Die Inseln. Der Süd- und der Westküste sind zahlreiche
Inseln vorgelagert. Unter ihnen sind die wichtigsten das kupferreiche
Cypern (britisch), und Chios und Samos (türkisch), die von alters
her durch ihre Weine berühmt sind.
II. Armenien.
§84. 1. Das Land. Armenien, das Quellgebiet der großen Zwillings-
ströme Euphrat und Tigris, liegt zwischen Kleinasien und Iran. Es ist
das Land der Gegensätze: auf kalte Winter folgen heiße Sommer;
in den milden Tälern und an den Abhängen der Berge gedeihen Apri-
kosen und Granaten, während auf den rauhen Hochflächen sich nur
spärlicher Pflanzenwuchs findet; aus tiefeingeschnittenen Schluchten er-
heben sich gewaltige Bergmassen, unter ihnen der vulkanische Ararat
(5200 m). Sein schneebedeckter, weißglänzender Gipfel hebt sich scharf ab
von den schwarzen Lavamassen seiner Umgebung.
2. Die Bewohner. Die Bewohner des Hochlands sind die räu-
berischen, mohammedanischen Kurden und die Armenier. Letztere sind
ein fleißiges, arbeitsames Volk, das inmitten der mohammedanischen Um-
gebung trotz aller Verfolgungen an seinem christlichen Glauben festgehalten
hat. Sie sind zumeist Hirten und Ackerbauer. Aber viele von ihnen
werden durch die geringe Fruchtbarkeit des Bodens und mancherlei
Bedrückungen durch die Türken zur Auswanderung veranlaßt. Man
findet sie als Handelsleute in allen türkischen Provinzen, in Persien,
ja in Indien; ihrer Geldgier und ihres Wuchers wegen sind sie oft sehr
gehaßt. — Der Südwesten von Armenien ist in türkischem Besitz.
Hauptstadt: Erzerum. Der Norden ist russisch, der Osten persisch.
III. Iran.
(41/2 mal so groß wie Deutschland, kaum V* seiner Einw.)
§ 85. 1. Die Umrandung. Das Hochland von Iran erhebt sich steil
zwischen dem Tiefland von Mesopotamien und dem des Indus. Seinen
— 103 —
Nordrand bilden das Elbursgebirge und der Hindukusch, den
Ostrand das Solimangebirg e. Nach Süden fällt es so jäh zu der
hafenarmen Küste des Persischen Meerbusens ab, daß nur wenige Pfade
die Verbindung hinauf und hinab herstellen. — Diese scharfe Begrenzung
hat das Hochland von den umliegenden Ländern abgeschlossen. Nur
nach Indien hin bot das Kabultal einen Verbindungsweg. Auf ihm
drangen eroberungslustige Völker nach Osten vor, auf ihm brachten
auch die Karawanen die indischen Erzeugnisse nach Westen.
Die Grenzgebirge halten auch den Einfluß des Meeres ab und
bewirken, daß weite Teile von Iran ein ausgeprägtes Landklima haben.
Ferner entziehen sie den feuchten Winden den Regen, so daß das Innere
des Landes unter großer Dürre leidet. Die Luft ist hier so trocken, daß
Eisen nicht rostet und Fleisch wohl verdorrt, aber nicht fault. — Die
große Trockenheit macht weite Teile der Landschaft zur Steppe und zur
Salzwüste, in der meilenweit kein Grashalm zu erblicken ist. Größere
Flüsse können sich nicht entwickeln; kleinere versanden in der Wüste
oder münden in die zahlreichen Salzseen.
2. Die fruchtbaren Teile Irans. Während das Innere größten-
teils unfruchtbar ist, bieten uns die Abhänge der Randgebirge und die
Gegenden, wo künstliche Bewässerung den Boden befeuchtet, ein ganz
anderes Bild. Da erblickt der Reisende grüne Täler mit freundlichen
Dörfern und wohlangebauten Feldern. Oliven, Mandeln und Pfirsiche
gedeihen vortrefflich; an den Abhängen prangen Weinberge und Rosen-
gärten. In solchen Rosen- und Cypressenhainen liegt das von persischen
Dichtern vielbesungene Schiras; nicht weit davon JsfahÄn, das einst
die Hauptstadt Persiens war.
3. Die Bewohner des Hochlands sind im unfruchtbaren Innern
Nomaden, in den fruchtbaren Gegenden Ackerbauer. Die Städtebewohner
verfertigen vielfach die bekannten persischen Schals und Teppiche. Ihrer
Religion nach sind sie zum größten Teil mohammedanisch.
Staatliche Einteilung.
Iran zerfällt in Persien, Belutschistan und Afghanistan.
1. Persien steht unter der Herrschaft des Schahs. Die Hauptstadt
ist Teheran, 250000 Einw. Eine wichtige Handelsstadt ist das an
den Püffen des Kaukasus gelegene Täbris, 180000 Einw., wo die
Waren Asiens und Europas ausgetauscht werden.
2. Belntschistan mit der Hauptstadt Kelüt steht unter englischem
Einfluß.
— 104 —
3. Afghanistan: Hauptstadt ist Kabul, 60000 Einw. Im wich-
tigen Kabultal liegt HerZt, der „Schlüssel Indiens".
Bedeutung Irans. Iran hat eine sehr wichtige Lage; denn
hier stoßen zwei Riesenreiche aufeinander, das russische und das eng-
lische. Diese Mächte suchen gerade hier ihren Einfluß immer weiter
auszubreiten. Während Belutschistan schon fast englisch ist, wird Persien
im Norden von Rußland, im Süden von England beeinflußt. Afghani-
stan ist ein „Pufferstaat" zwischen diesen beiden Großmächten.
IV. Mesopotamien.
§86. 1. Das Land. Mesopotamien, das Land „zwischen den Strömen"
Euphrat uud Tigris, senkt sich vom armenischen Hochland nach
Südosten hin. Hierdurch wird der Lauf der beiden Ströme bestimmt.
Sie schließen die Figur einer Sanduhr ein und fließen vereint als
Schat el-Arkb dem Persischen Meerbusen zu. Ihre Anschwemmungen
haben den südöstlichen Teil Mesopotamiens gebildet. Auf diesem frucht-
baren Boden entstanden wohl die ältesten Staaten der Erde. Zur Zeit
Abrahams blühte hier das mächtige Reich der Babylonier; die
Ruinen von Babhlon am Euphrat reden noch in ihren Keilinschriften
von den Taten mächtiger Könige und von dem Reichtum des Landes.
Die fleißigen Bewohner leiteten in kunstvoll angelegten Kanälen das
Wasser der Flüsse über die Felder, auf denen der Weizen dreihundert-
fältige Ernten gab und Oliven-, Feigen- und Dattelbäume reiche Früchte
brachten. Den nördlichen Teil Mesopotamiens nahm Assyrien ein,
dessen alte Hauptstadt Ninive ebenfalls in Trümmern liegt. Noch im
Mittelalter gehörte das untere Mesopotamien zu den blühendsten Staaten
Asiens, und die Kalifenstadt Bagdad zählte ungefähr 2 Mill. Einw.
Aber seit der Eroberung des Landes durch die Türken ist seine Blüte
dahin. Sie ließen die Kanäle und die Dämme, die die Gewalt der Tigris-
fluten brachen, verfallen. Dadurch wurde das Land teils in Sumpf,
teils infolge der Versandung in Wüste verwandelt. Erst in jüngster
Zeit erwacht neues Leben in diesem alten Lande. Deutscher Uuter-
nehmuugsgeist versucht durch Mesopotamien eine Eisenbahn ^Bagdad-
bahn) zu führen, die einen neuen Handelsweg nach Indien eröffnen soll.
2. Die Bewohner sind zum großen Teil Beduinen, die noch heute
wie zur Zeit der Erzväter als Nomaden leben. In den Städten, z. B.
in Mosul, werden feine Gewebe angefertigt (Musselin). Die günstige
Lage Mesopotamiens auf dem Wege von Kleinasien und Syrien nach
Südpersien, Arabien uud Indien hat mehrere Handelsstädte entstehen
lassen; unter ihnen sind Bagdad und Basra die wichtigsten.
Mesopotamien ist türkischer Besitz.
— 105 —
V. Arabien.
(5 mal so groß wie Deutschland.)
1. Begrenzung. Arabien ist ein Hochland, das sich aus der § 87.
Tiefebene des Euphrat und Tigris erhebt. Es bildet den Übergang
von Asien nach Afrika. Mit letzterem hing es einst zusammen,
bis es durch einen Einbruch von ihm getrennt wurde. Die dabei ent-
standenen Gräben bilden im Westen das Rote Meer, im Osten den
Persischen Meerbusen. Wo der Bruch am wenigsten breit und
tief war, sind die Straßen von Bab el-Mandeb und von Ormuz
(ormüs) entstanden.
2. Klima und Bewässerung. Da die Halbinsel zum größten
Teil in der heißen Zone liegt, herrscht hier tropische Hitze. Infolge
der hohen Randgebirge leidet das Innere unter großer Wasserarmut.
Das Land wird von keinem einzigen immerfließenden
Strom bewässert. Oft trifft man auf tiefe Risse, die Wadis,
die aber nur zur Regenzeit Wasser führen. Die Abhänge der Rand-
gebirge empfangen reichlichen Regen.
3. Pflanzen- und Tierwelt. In der Sandwüste des Innern
kann von Pflanzenwuchs nur wenig die Rede sein. Hier züchten die
Beduinen, „die Kinder der Wüste", ihre edlen Pferde und wandern
mit ihren Kamelen und Schafen von einem Weideplatz zum andern.
Strauße und Gazellen durcheilen in raschem Lauf die Wüste: Löwe,
Schakal und Hyäne stellen gierig ihrer Beute nach. — Im Gegensatz
zum Innern sind die Abhänge der Randgebirge sehr fruchtbar. (Jemen,
das „glückliche Arabien".) Hier hat der Kaffee seine zweite Heimat
gefunden: besonders berühmt ist der nach dem Ausfuhrhafen Mocha
benannte Mokkakaffee. Hier gedeihen auch die köstlichsten Gewürze des
Morgenlandes: Balsam, Weihrauch und Myrrhen. Ans einer Akazien-
art wird das Gummi arabicum gewonnen.
4. Bewohner und Städte. Die Araber gehören dem Islam
an, der in Arabien seine Heimat und in Mekka und Medma seine
heiligen Städte hat. Der Hafenort für Mekka ist Dschidda, von wo
die Pilger zur Geburtsstätte Mohammeds wallfahren.
Mekka und die Kaaba. In der Mitte von Mekka erhebt sich
die Moschee, die mit ihren vielen Höfen und Säulengängen das Haupt-
Heiligtum der Mohammedaner, die Kaaba, umschließt. Sie ist ein
würfelförmiges Gebäude, in dessen Nordostecke ein schwarzer Meteor-
stein eingemauert ist. Ein Engel soll ihn dem Abraham vom Himmel
gebracht haben. Er ist in Silber eingefaßt und von den Küffen der
— 106 —
Gläubigen ganz glatt geworden. Die Kaaba ist bei festlichen Gelegen-
heiten mit kostbaren Stoffen bekleidet. Auf einem Teppich ist mit
Goldschrift die Hauptglaubenslehre des Islam gestickt: Es ist kein
Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet. — Zur Zeit der
Pilgerzüge ist Mekka ein belebter Ort; oft sind 100 000 Fremde hier
versammelt, die in besonderen Lagern vor der Stadt wohnen. In feier-
lichen Umzügen umgehen sie die Kaaba, berühren mit den Lippen den
schwarzen Stein und trinken aus dem bittern Brunnen Zemzem, den
einst der Engel der Hagar gezeigt haben soll.
Staatliche Einteilung.
Im Innern Arabiens und an der Ostküste wohnen freie Araber-
stamme unter ihren Fürsten. Die Westküste ist türkisch. Den Eng-
ländern gehört das stark befestigte Aden, das von heißen Lavawänden
umgeben ist. Es beherrscht den Eingang ins Rote Meer. Durch
den Besitz von Gibraltar, Malta, Ägypten (Suezkanal)
und Aden sind die Engländer die Herren des Mittel-
meeres und haben dadurch einen gesicherten Seeweg zu
ihrer wichtigsten Kolonie Vorderindien. — Im Persischen
Meerbusen liegen die wegen der Perlenfischern wichtigen Bahrein-
Inseln, die ebenfalls englisch sind.
Die Sinaihalbinsel liegt zwischen dem Meerbusen von Sues,
und dem Busen von Akaba. Sie wird größtenteils von gewaltigen
Bergen ausgefüllt; unter ihnen der 3600 m hohe Sinai.
VI. Syrien.
Syrien liegt zwischen dem Mittelmeer und Arabien; es wird im
Süden von der Sinaihalbinsel, im Norden von Kleinasien begrenzt.
1. Nordsyrien.
Den Norden der Landschaft füllen der Libanon und der Anti-
libanon aus; letzterer findet im Hermongebirge seinen Abschluß.
Da das Land wenig fruchtbar ist, so wies die Natur selbst die Küsten-
bewohner, die Phönizier, auf das Meer hin. Sie waren die kühn-
sten Seefahrer und das geschickteste Handelsvolk des Altertums. Ihr
Handel wurde begünstigt durch die Lage ihres Landes in der Nähe
dreier Erdteile und durch wichtige Straßen, die die Verbindung
zwischen dem Mittelmeer und dem reichen Mesopotamien herstellen. An
— 107 —
— 108 —
einem solchen Handelsweg liegt Haleb oder AlePPo, an einer zweiten
Karawanenstraße Damaskus, 160000 Einw., nach Smyrna die größte
Stadt der asiatischen Türkei. Es ist mit dem Hafenort Beirut durch
eine Eisenbahn verbunden.
2. Palästina.
♦ § 89. a) Begrenzung, Palästina wird im Westen von einer Hasen-
armen Küste, im Süden und im Osten von weiten Wüsten begrenzt.
Dadurch wurde das Volk Israel von seiner heidnischen Umgebung ab-
gesondert. Die Nähe von 3 Erdteilen aber förderte später die rasche
Ausbreitung des Christentums.
d) Bewässerung. Eine Grabenversenkung, die Libanon und
Antilibanon trennt, setzt sich im Jordantal, in dem Toten Meer und
Abb. 66. Omarmoschee in Jerusalem.
weiter nach Süden bis zum Busen von Akaba fort. Durch dieselbe
strömt der Jordan. Er entspringt am Hermon und durchfließt den
Meromsee und den fischreichen See Genezareth. Die Ufer des
letzteren waren einst aufs sorgfältigste angebaut und mit freundlichen
Städten und Dörfern übersät (Kapernaum, Tiberias, Bethsaida). Heute
ist hier alles öde und verfallen. Im Jordantal, der Kornkammer
Palästinas, liegt Jericho. Der Jordan mündet in das Tote Meer.
Das Tote Meer liegt 394 m unter dem Spiegel des Mittel-
meeres und bildet die tiefste Senkung des Festlandes. Sein Wasser ist
so salzhaltig, daß jeder Stein, jedes Stück Treibholz mit weißer Salz-
kruste wie mit einem Leichentuch überzogen ist. Die kahlen Felsen der
Umgebung werfen die glühenden Sonnenstrahlen doppelt heiß zurück;
— 109 —
die öden, einförmigen Ufer bergen Schwefel und Asphalt. Kein Wasser-
tier regt sich in den Fluten des Toten Meeres. Sterbend kommen die
vom Jordan hergetriebenen Fische zur Oberfläche empor. Kein Vogel
durchfliegt das Schilf des Sees; selbst die Pflanzenwelt ist öde und
traurig. Es ist alles tot — am Toten Meer.
c) Bodenbeschaffenheit und Besiedelung. Das oben erwähnte
Einbruchstal teilt Palästina in dos Ost- und Westjordanland. Ersteres
geht nach Osten hin in die Syrische Wüste über; letzteres wird
von einem Hügelland durchzogen, das in seinem südlichen Teil aus
Kalkstein besteht, deshalb quellenarm und wenig fruchtbar ist. Im
Karmelgebirge erreicht es das Meer. Auf einer steilen Höhe des
Hügellandes liegt Jerusalem; nicht weit davon liegen Bethlehem
und viele andere aus der heiligen Geschichte bekannte Orte. — Das
Hügelland senkt sich nach dem Meere hin zu einer fruchtbaren Ebene.
An der Küste liegt der Hasenmt Jaffa oder Joppe. Nördlich vom
Karmelgebirge ist Akkon oder Atta gelegen, das in den Kreuzzügen
oft belagert wurde und lange Zeit der letzte Zufluchtsort der Deutsch-
Herren blieb.
Jerusalem hat heute ungefähr 115000 Einw., darunter 10000
Juden und 6000 Christen. Die Stadt zerfällt nach den verschiedenen
Religionen in ein mohammedanisches, jüdisches, christliches und arme-
nisches Viertel. Das Innere ist eng und winkelig, düster und un-
reinlich. Im Türkenviertel steht die Omar-Moschee an der Stelle, wo
sich einst der Salomonische Tempel erhob. Sie ist ein achteckiges Ge-
bäude, das als Heiligtum angeblich den Opferstein Isaaks be-
wahrt. Die Christenstadt birgt die Grabeskirche mit der Kapelle des
heiligen Grabes. Unter den vielen Neubauten Jerusalems ragen be-
sonders die Wohltätigkeitsanstalten hervor. So hat hier der deutsche
Johanniterorden ein Hospiz errichtet. Deutschen Stiftungen verdanken
auch ein Diakonissenhaus, ein Waisenhaus, eine Erziehungsanstalt und
ein Krankenhaus für Aussätzige ihre Entstehung. Auch eine deutsche
Schule besteht in Jerusalem.
B. Südasien.
Südasien zerfällt in Vorderindien, Hinterindien und die
Malaiische Inselwelt.
— 110 —
I. Vorderindien.
(7 mal so groß wie Deutschland, ungefähr 300 Mill. Einw.)
A. Lage, Gestalt und Einteilung.
§ 90. Vorderindien wird durch das Himalajagebirge (Wohnung des
Schnees) vom Rumpfe Asiens getrennt. Es hat die Gestalt eines
Dreiecks, dessen Spitze nach Süden liegt und dessen Schenkel die Küsten
des Persisch. Arabischen Meeres und des Meerbusens von Bengalen
bilden. — Wir teilen Vorderindien ein in das Himalajagebirge,
Hin dost an und das Tafelland von Vorderindien. Dazu
kommt noch die Insel Ceylon.
B. Die Landschaften.
§91. 1. Der Himülaja. Der gewaltige Gebirgswall des Himalaja
steigt steil aus einem sumpfigen Waldsaum empor. In dem Bambus-
dickicht (den Dschungeln) dieses Sumpfgebiets, das durch die herab-
strömenden Gebirgswasser entstanden ist, hausen Krokodile und Schlangen,
Elefanten und Tiger. Für den Menschen ist es infolge der herrschen-
den Fieberluft unbewohnbar. Von hier aus steigt man durch tropischen
Urwald mit prachtvollen Palmen, riesigen Farnen und dichtem Bambus-
gestrüpp in das Waldgebiet der gemäßigten Zone. Zedern und Walnuß-
bäume, Eichen und Tannen bilden, die Wälder. Ewiger Frühling herrscht
in diesem Teile des Gebirges. Über grüne Matten klimmt der
Wanderer weiter empor in die Gegend des ewigen Schnees. Mächtige
Gipfel, die höchsten der Erde, steigen vor feinen Augen auf: der
Mount Everest oder Gaurisänkar, mit 8840 m der höchste
Berg der Erde, der Kantschindschinga und der Dhawalagiri. Auch
diese sind mehr als 8000 m hoch.
2. Hindostan. a) Bewässer ung. Aus dem Eis- und Schnee-
gebiet des Himalaja ergießen sich gewaltige Wassermassen in das Tief-
land von Hindostan. In den Meerbusen von Bengalen mündet der
Ganges, der 12 Nebenflüsse von der Größe des Rheins aufnimmt.
Er vereinigt sich mit dem Brahmaputra und bildet mit diesem ein
Delta, das Bayern an Größe übertrifft. Es ist ein Dschungelgebiet,
die Heimat unzähliger giftiger Schlangen, der Schlupfwinkel der Tiger
und der Ausgangspunkt der Cholera. — Zur Zeit der Schneeschmelze
im Himalaja überschwemmen der Ganges und seine Nebenflüsse die
Uferebenen und lassen einen fruchtbaren Schlamm zurück. Auch führen
die im Sommer herrschenden Südwestmonsune dem östlichen Teile
Hindostans reichliche Niederschläge zu.
— 111 —
b) Entstehung der Monsune. Im Sommer erhitzt sich Inner-
ästen stark. Dadurch wird die Luft verdünnt, so daß die kühlere,
feuchte Luft vom Indischen Ozean nachströmt. Im Winter kühlt sich
Jnnerasien schneller ab als der Ozean; deshalb entsteht die umgekehrte
Luftströmung. Diese regelmäßigen Winde heißen Monsune. Die
Sommermonsune bringen Wärme und Regen, die Wintermonsune kühlere
Temperatur und Trockenheit. — Auch China und Japan stehen unter
dem Einfluß der Monsune.
c) Erzeugnisse. Diese günstigen Bedingungen rufen unter dem
heißen Klima eine üppige Pflanzenwelt hervor. In den feuchten
Gegenden gibt der Reis jährlich 2 bis 4 Ernten, die höher gelegenen
Strecken erzeugen große Mengen von Weizen. Baumwolle, Mohn
(Opium), Indigo, Tee, Kaffee und Zuckerrohr liefern reiche Erträge.
An den Stämmen der Palmen klettert der Pfeffer empor, auf den Ge-
wässern schwimmt die liebliche Lotosblume. In den Wäldern leben die
gewaltigsten Tiere: Elefant, Nashorn und Tiger, dazu unzählige
Affenarten. Buntfarbige Vögel, vor allem der Pfau, haben hier ihre
Heimat. — Ganz anders sieht es im Gebiet des Indus aus. Da
sich die von Südwesten kommenden Seewinde erst an den Wänden des
Himalaja abkühlen und verdichten, so fehlen dieser Gegend die Nieder-
schlüge. Die Folge davon ist ein spärlicher Pflanzenwuchs. Stellen-
weise breitet sich sogar wirkliche Wüste aus.
6) Die Bewohner Hindostans. Die große Fruchtbarkeit
Hiudostans ist der Grund, daß sich hier eine ungeheuer dichte Be-
völkerung zusammendrängt. Die Bewohner, die Hindu, gehören der
kaukasischen Rasse an. Sie drangen durch das Kabultal nach Indien
vor und verdrängten die früheren Bewohner, die Dravidas, in das
Hochland von Vorderindien. Sie bekennen sich zum Brahmaismus
(Brahma ist der höchste Gott der Hindu). Nach ihrem Glauben muß
die menschliche Seele nach dem Tode durch die Leiber verschiedener Tiere
wandern, um für ihre irdischen Sünden zu büßen. Deshalb hüten sich
die Juder, gewisse Tiere zu töten. Von der Qual der Seelenwanderung
kann man sich durch selbstauferlegte Schmerzen befreien. Bußübungen
nehmen daher im Brahmaismus eine hervorragende Stellung ein (Fakire).
Wie die Ägypter, so sind auch die Hindu in streng voneinander ge-
trennte Kasten geschieden; die oberste ist die Kaste der Brahmanen
(Priester), die niedrigste die der rechtlosen Paria. — Die heilige Stadt
der Hindu ist Benares am Ganges, 200000 Einw. Über 1000 Tempel
(Pagoden) zählt das „indische Mekka". Breite Marmortreppen führen
zum heiligen Strom; zu ihm wallfahren die Pilger in Scharen, um in
— 112 —
seinen Fluten zu baden oder einen Krug seines Wassers als kostbares
Kleinod in ihre Heimat mitzunehmen. — Die größte Stadt Indiens ist
Kalkutta, 1 Mill. Einw., durch seine Lage zwischen den beiden Indien
der wichtigste Hafen- und Handelsplatz Vorderindiens. Lahöre,
200000 Einw., bedeutende Handelsstadt an der Straße aus dem Kabul-
tal ins Gangesgebiet.
3. Das Tafelland von Vorderindien wird in seinem südlichen
Teil auch Hochland von Dekhan genannt. Seine Küsten Malabar und
Koromändel) werden von Randgebirgen, den West- und Ostghats, be-
Abb. 67. Am heiligen Ganges in Benares.
Eine Reihe von breiten Treppen, „Ghats", führen in den Fluß. An einzelnen
dieser GhatS gilt das Wasser für besonders heilig. Zwischen den zerfallenen,
bizarren Tempeln, die mit der Zeit ins Wasser gerutscht sind, befinden sich die Bade-
platze der Hindu. In kleinen Bretterhäuschen oder unter großen Schirmen suchen
sie Schutz vor der brennenden Sonne.
gleitet. Erstere fallen steil zum Meere ab und haben zahlreiche Buchten,
die den von Europa kommenden Schiffen günstige Landungsgelegen-
heit bieten. Hafenorte sind Bombah 775000 Einw., ein Haupt-
ausfuhrplatz für Baumwolle, Calicnt und das portugiesische Goa. Da-
gegen ist die Ostküste flach uud voll Sanddünen. Madras, V» Mill.
Einw., ist hier der einzige größere Hafen. — Das Innere Dekhans
neigt sich nach Osten hin, weshalb die meisten Flüsse dem Meerbusen
von Bengalen zuströmen. Das Land entbehrt unter dem Einfluß der
— 113 —
Randgebirge hinreichender Feuchtigkeit und ist deshalb vielfach Gras-
steppe. Im Südosten sind weite Strecken mit Löß bedeckt, die bei
künstlicher Bewässerung sehr viel Baumwolle liefern. Indien ist das
zweite Baumwollenland der Erde und wird in dieser Beziehung
nur von den Vereinigten Staaten von Amerika übertroffen. Nach
Deutschland allein wurde 1910 für mehr als 84 Mill. A Baumwolle
aus Vorderindien verkauft.
Einen großen Reichtum hat Dekhan auch in seinen kostbaren Dia-
manten. Die größte Stadt im Innern ist Haidarabad, 450000 Einw.
Vorderindien ist durch seine Erzeugnisse eines der
reichsten Länder der Erde.
4. Ceylon. Den Engländern gehört auch die Insel Ceylon, die
durch die Palkstraße von Vorderindien getrennt ist. Von dem Adamspik,
von dem aus Adam nach dem Glauben der Mohammedaner gen Himmel
fuhr, überblickt man ein irdisches Paradies: Herrliche Kokoswälder
bedecken die Insel, auf Plantagen wird Kaffee und Tee gezogen, der
Zimt hat hier seine Heimat, der Chinarindenbaum gedeiht hier ebenso
gut wie in seinem Vaterlande Amerika. In den Gebirgen werden
Edelsteine gefunden, das Meer birgt die köstlichsten Perlen. Die Haupt-
stadt der Insel ist Colombo, 160000 Einw.
C. Die Bedeutung Vorderindiens. § 92
Vorderindien und Ceylon bilden zusammen eine englische Kolonie,
das Kaiserreich Indien. Es wird durch den Vizekönig regiert, der in
Delhi seinen Sitz hat. Die Engländer haben für Vorderindien sehr
viel getan durch den Bau von Landstraßen, Eisenbahnen und Bewässe-
rnngsanlagen. Vorderindien ist aber auch die wertvollste
Kolonie Englands; ja, auf dem Reichtum Indiens beruht sogar
zum großen Teil die Weltmachtstellung Englands. Die Erzeugnisse
Indiens begünstigen den englischen Handel und liefern der englischen
Industrie billige Rohstoffe (Baumwolle, Jute). Die dichte Bevölkerung
Indiens bildet ein vorzügliches Absatzgebiet für die englischen Fabrikate.
II. Hinterindien.
(4 mal so groß wie Deutschland, 40 Mill. Einw.)
Hinterindien mit der Halbinsel Malakka gleicht einer Faust mit § 93.
ausgestrecktem Zeigefinger. Vom Himalaja und dem Chinesischen Hoch,
land ziehen Kettengebirge in die Halbinsel, die sich im Süden fächerartig
verzweigen. In den tiefen Schluchten zwischen den Gebirgszügen fließen
Dilcher-Schwarzh aupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 8
— 114 —
die wasserreichen Ströme Mekong, Mönam, Salwen, Jrawadi.
Sie überschwemmen jährlich ihr Tal und bedecken es mit einem fruchtbaren
Schlamm. Hier gedeiht der Reis in ungeheuren Mengen; auch Mohn,
Tabak und Baumwolle werden mit Erfolg angebaut. Die Gebirgszüge
tragen üppige Waldungen mit dem für den Schiffsbau trefflich geeigneten
Tikholz. —'Die Tierwelt ist dieselbe wie in Vorderindien. An
Mineralien finden sich Gold, Silber, Zinn, Kohlen, Rubine und
Saphire. — Die Bewohner sind ein Gemisch von Indern und
Mongolen. Auf Malakka machen die Malaien den größten Teil der
Bevölkerung ans. Sie bekennen sich meist zum Buddhismus. (Vergl. § 94).
Staatliche Einteilung.
1. Den Westen von Hinterindien, Birma, besitzen die Engländer.
Hauptstadt Mändale, 200 CHX) Einw., Haupthafen Rangün (Reis und
Tikholz). Englisch ist auch die Südspitze von Malakka mit Singapur,
180 000 Einw. Singapur liegt an der wichtigen Straße von Malakka
und ist^Kreuzungspunkt .für alle europäischen Schiffe, die von oder nach
den Malaiischen Inseln, Ostasien und Australien fahren.
2. Siam (doppelte Größe Preußens, Einwohnerzahl Bayerns)
ist ein Königreich. Es bildet einen „Pufferstaat" zwischem dem englischen
und dem französischen Kolonialreich in Asien. Der Hauptaussuhrgegen-
stand ist Reis (1910: für 131 Millionen M). Die Hauptstadt Bangkok
hat 630000 Einw.
3. Jndochina ist französisch. Es besteht aus Cochinchina,
Kambodscha, Annam und Tonking. Der Haupthafen ist Saigon.
III. Die Malaiische Inselwelt.
§ 94, 1. Lage und Einteilung. Die Malaiische Inselwelt breitet sich
zu beiden Seiten des Äquators aus. Sie besteht aus deu Überresten eines
Festlands, das einst Asien mit Australien verband. Man teilt sie ein
in die Großen Snndainseln (Sumatra = Deutschland, Börneo
— Skandinavien, drittgrößte Insel der Erde, Java, Celebes), die
Kleinen Tnndainseln, die Gewürzinseln oder Molnkken, die
Philippinen.
2. Erzeugnisse. Die Inseln sind fast alle vulkanisch. Auf der
verwitterten Lava ruft das heißfeuchte Klima einen üppigen Pflanzen-
wuchs hervor. Edle Holzarten (Sandel-, Eben- und Tikholz), Kokos-
und Sagopalmen steigen in dichten Wäldern bis zum Gipfel der
Gebirge empor. An den Bergabhängen dehnen sich Kaffee-, Tee- und
Tabakplantagen aus; in den sumpfigen Gegenden gedeiht der Reis
— 115 —
vorzüglich. Auf den von Bambusrohr umgrenzten Feldern pflanzt man
Zuckerrohr und Indigo. Die Molukken liefern besonders Muskatnuß
und Gewürznelken. Aus der Tierwelt sind neben Elefant, Nashorn
und Tiger der Orang-Utang und der Gibbon zu erwähnen. Unter
den Vögeln fällt die Salangane auf, eine Schwalbenart, die an un-
zugänglichen Klippen und Felsenküsten nistet. Ihre Nester werden von
den Bewohnern der Sundainseln oft mit Lebensgefahr gesammelt und
bilden einen wichtigen Handelsgegenstand nach China und Europa.
Auch an Mineralien ist kein Mangel. Borneo ist reich an Gold,
Silber, Quecksilber und Edelsteinen. Die kleine Insel Bangka hat
die ergiebigsten Zinngruben der Welt. Deutschland bezieht von dort
jährlich für 25 Mill. Jl Zinn.
c) Die Bewohner der Malaiischen Inselwelt sind Malaien
(Kennzeichen: hellbraune Hautfarbe, langes, straffes Haar, aufgeworfene
Lippen). Die Küstenbewohner haben sich zu' höherer Kultur erhoben;
die Bewohner im Innern der Insel verharren noch in rohem Natur-
zustand. Bei allen aber herrschen Grausamkeit und Rachgier vor. Die
Schiffahrt ist den Malaien die liebste Beschäftigung. Auf ihren leichten
Schiffen verbreiteten sie sich von Hinterindien, ihrer Urheimat, bis zu
den australischen Inseln; auch das ferne Madagaskar wurde von ihnen
besiedelt. Lange Zeit waren sie gefürchtete Seeräuber.
Staatliche Einteilung.
Den Niederländern gehören die Großen und die Kleinen Snnda-
inseln und die Molukken. Sie liefern die Kolonialwaren nach
Amsterdam und Rotterdam, von wo sie dann auch nach Teutschland
befördert werden. Die Hauptstadt dieser Besitzung ist Bat^via auf
Java, der reichsten und bevölkertsten holländischen Kolonie.
Die Philippinen sind in den Händen der Vereinigten Staaten von
Amerika. Sie liefern Reis, Zucker, Manilahanf, Kaffee und Tabak.
Die größte dieser Inseln ist Lnzon mit Manila.
('. Ostasieu.
Wir teilen Ostasien in Jnnerasien, China und Japan.
I. Jnnerasien.
1. Bodengestalt. Jnnerasien ist ein Hochland, das im Süden § 95.
von dem Himalaja, im Osten von den Ausläufern des Kuen-lun
8*
— 116 —
und dem Chingangebirge, im Norden von dem Jablonoi- und
Sajanischen Gebirge, dem Altai und dem Tien-schan begrenzt
wird. Die Westgrenze bildet die Pamir, „das Dach der Welt".
Das Hochland wird durch den Kuen-lun wieder geteilt. Im südlichen
Teil erhebt sich der Karakorüm mit dein Da,})fang, dem zweit-
höchsten Berg der Erde (8620 m). Das nördliche Hochland zerfällt in
das Tarimbecken und in die Wüste Gobi oder Schamo.
2. Klima und Erzeugnisse. Infolge der hohen Randgebirge
kann das Meer seinen Einfluß auf das Klima nicht geltend machen.
Deshalb herrscht in Jnnerasien Landklima. Während im Winter eisige
Schneestürme das Land durchwehen, erhitzt sich im Sommer der Wüsten-
boden bis zu 50 und 60, ja sogar 70°. — Durch dieselbe Ursache ist
die große Trockenheit des Hochlands bedingt. Große Flüsse, die die
Gebirge durchbrechen könnten, fehlen; kleinere enden in Salzsümpfen.
Diesem Mangel an Feuchtigkeit entspricht der Pflanzenwuchs.
Grassteppen oder Wüsten füllen Jnnerasien aus. Dagegen ist die
Tierwelt zahlreich vertreten. Hier ist die Urheimat unserer Hans-
tiere, von wo aus sie dem Menschen fast über die ganze Erde ge-
folgt sind. -
3. Bewohner. Da die Boden- und Klimaverhältnisse keinen
Ackerbau gestatten, so sind die Bewohner Nomaden, die mit ihren
Pferden, Schafen und Kamelen von einem Weideplatz zum andern
ziehen. Sie gehören zur m ong o lisch en Rasse, die den größten Teil
Asiens bewohnt. (Kennzeichen: gelbliche bis braune Haut, schlichtes,
schwarzes Haar, spärlicher Bartwuchs, hervortretende Backenknochen,
kleine, schwarze, schiefgeschnittene Augen, breite, platte Nase.) Die Herr-
scheude Religion ist der Buddhismus. Ihr Stifter ist Buddha,
ein indischer Fürstensohn. Er verwarf die Bußübungen und die
Kasteneinteilung des Brahmaismus. Dagegen forderte er von seinen
Anhängern Liebe zu allen Geschöpfen.
Staatliche Einteilung.
Ganz Jnnerasien gehört zum Kaiserreich China. Es besteht aus
folgenden Staaten:
1. Tibet. Die Hauptstadt Lhüsa ist die heilige Stadt der Bud^
dhisteu und der Sitz des Dalai Lama, in dem Buddha selbst nach dem
Glauben seiner Anhänger stets wieder Menschengestalt annimmt.
2. Oft-Turkeftan. Hauptstädte: Kiischgar und Jarknnd.
3. Dsungarei.
- 117 —
4. Mongolei. Eine wichtige Handelsstadt ist Maimatschin; es
liegt an der Karawanenstraße von China durch Sibirien nach Rußland.
II. China.
China liegt östlich von Jnnerasien und wird durch die Ausläufer
des Kuen-lnn in Nord- und Südchina geteilt.
A. Die Landschaften.
1. Nordchina.
Nordchina mit der großen chinesischen Tiefebene ist fast ganz § 96.
von einer lehmartigen, lockeren, fruchtbaren Bodenart, dem Löß, be-
Abb. 68. Straße in Peking.
Der Fahrdamm liegt höher als die Fußsteige. Die einstöckigen Geschäftshäuser
werden von schlanken Pfeilern überragt, die über und über mit vergoldeten In-
schristen bedeckt sind.
deckt. In ihn haben die Flüffe ihr tiefes Bett eingegraben; die mit-
geführten Lößbestandteile färben ihr Waffer gelb. Diesem Um-
stand verdankt der größte Strom Nordchinas, der Hoang-hö oder
„gelbe Fluß^', seinen Namen. Die Chinesen nennen ihn „das Unglück
Chinas", da er öfters seinen Lauf verändert und dadurch große Über-
schwemmungen verursacht. — Das Klima Nordchinas steht unter dem
— 118 —
Einfluß Jnnerasiens. Die Winter sind sehr kalt, die Sommer heiß,
aber infolge des Südmonsuns regenreich. Weizen, Baumwolle und
Hülsenfrüchte bringt deshalb der Lößboden reichlich hervor. — In Nord-
china liegt die Hauptstadt des chinesischen Reiches, Peking (= Hoflager
des Nordens), l1/2 Mill. Einwohner, mit seinem Hafenort Tientsin,
750000 Einw., durch eine Eisenbahn verbunden. Auf der Südseite
der Halbinsel Schantung, die sich durch ihre reichen Steinkohlenlager
auszeichnet, ist das deutsche Pachtgebiet Kiautschou (tschu) gelegen.
Deutsch-Kiautschou.
97. a) Das Land. Deutschland besitzt die Bucht von Kiautschou, die
uugefähr die Größe des Bodensees hat, und ein Landgebiet von
Abb. 69. Das Pachtgebiet Kiautschou.
501 qkm. In einem Umkreise vou 50 km darf Chiua ohne Deutsch-
lauds Genehmigung keinerlei Anordnungen treffen; fremde Nieder-
lassungen dürfen hier nicht gegründet werden. — Die Bucht wird von zwei
Landzungen eingeschlossen; diese sind von kahlen Gebirgen durchzogen,
zwischen denen sich fruchtbare, vorzüglich angebaute Täler und Ebenen
ausdehnen. Da Kiautschou zwischen dem 35. und 36. Grad in. Br.
liegt (Südspitze Spaniens), ist sein Klima dem Südeuropas ähnlich.
— 119 —
(Die Durchschnittstemperatur von Tsingtau ist die gleiche wie die von
Bordeaux, 12,9°.) Nur die Winter sind etwas kälter, etwa wie bei
uns in Deutschland. Die Bucht bleibt aber stets eisfrei.
b) Die Bewohner. Die fleißigen Bewohner bauen Weizen,
Bohnen, Tabak, Baumwolle. Für die Seidenraupenzucht ist der Maul-
beerbaum von großer Bedeutung. Eigentliche Viehzucht (Rinder) wird
nicht getrieben, da der Chinese Milch und Käse nicht genießt. Nur
das Schwein wird zu Mastzwecken gezüchtet. Hühner, Gänse, Enten
und Tauben werden in großer Zahl gehalten.
Abb. 70. Geschäftsstraße in Tsingtau.
Deutsche Matrosen und chinesische Arbeiter. An den Häusern Ausschriften in
lateinischer und chinesischer Schrift. Auf den plumpen einrädrigen Holzkarren be-
fördern die Kuli schwere Lasten.
c) Tsingtau. „Die Hauptstadt und zugleich der einzige europäische
Wohnort iu Deutsch-China ist Tsingtau, das sich in regelmäßiger Anlage auf
einer Halbinsel ausbreitet. An die Stelle der strohgedeckten Lehmhütten
früherer Tage ist jetzt eine Reihe stattlicher Gebäude getreten. Da
sehen wir die beiden Leuchttürme, deren Licht bei dunkler Nacht die
Schiffe zum sicheren Hafen geleitet. Da strecken sich Landungsbrücken
— 120 —
hinaus, da liegen die Werften, die Markthalle, der Bahnhof. Weiter
stadtein finden wir Kirchen und Schulen, Bankgebäude, Hotels, das
Kaiserliche Gericht, das Seemannshaus, das Lazarett, mehrere Kasernen,
auf deren Exerzierplätzen die deutschen Soldaten fleißig üben, gerade
wie daheim. — Von Tsingtau fährt die Schantungbahu nach der alten
chinesischen Stadt Kiautschou (40000 Einw.). Von da läuft sie westwärts
auf das durch seine Steinkohlenlager berühmte Bergland von Schantung
Abb. 71.
Jltisdenkmal in Shanghai, errichtet aus dem Maststumpf des vor Kap Schantung
am 23. 6. 1896 untergegangenen Kanonenbootes „Iltis" zum Andenken an den
Heldenmut seiner Offiziere und Matrosen.
zu, dessen unterirdische Schätze in langen Wagenzügen nach dem deutscheu
Hafen verfrachtet werden, um dort die Öfen, Maschinen und Schiffs-
keffel zu heizen oder weithin an fremde Abnehmer verkauft zu werden.
Ihren Endpunkt findet die Bahn in der 400 km entfernten Hauptstadt
— 121 —
Tsinanfu, die mit ihren 350 000 Seelen zugleich der größte und ge-
schäftsreichste Wohnplatz der chinesischen Provinz Schantnng ist."
(Bilder aus den deutschen Kolonien.)
d) Die Bedeutung des Pachtgebietes. Tsingtau ist zunächst
Handelshafen und Eingangspforte für den deutschen Handel in
China. Von hier aus sind die reichen Kohlenschätze Schantungs erschlossen
worden, indem deutsche Gesellschaften Bergwerke und Eisenbahnen an-
gelegt haben. — Tsingtau ist mit seinen staatlichen Werftanlagen und
Abb. 72. Pagode bei Schanghai.
seinen Docks auch für unsere Flotte ein wichtiger Stützpunkt. Endlich
soll es immer mehr ein Mittelpunkt deutschen geistigen Lebens
werden. Neben den deutschen Missionsschulen sorgt ein Realprogymnasium
für die Verbreitung deutscher Bildung. Vor allem aber bietet die deutsch-
chinesische Hochschule den jungen Chinesen, die später die höheren
Ämter in China verwalten sollen, Gelegenheit, sich mit der deutschen
Wissenschaft und mit dem deutschen Geistesleben bekannt zu machen.
— 122 —
2. Südchina.
§ 98. Südchina wird von dem Jangtsekiang bewässert. In seinem
Tal gibt der Reis, das wichtigste Nahrungsmittel der Chinesen, jährlich
zwei Ernten. Von großer Bedeutung ist der Anbau des Tees und
des Maulbeerbaumes. Die Blätter des letzteren dienen der Seidenraupe
als Nahrung. In China wird Vs der gesamten Rohseide erzeugt; es ist
das erste Seidenland der Erde. — Auch Baumwolle und Mohn
(Opium!) werden in großem Umfang angepflanzt. In den Gebirgen
Südchinas finden sich große Lager an Kohlen, Eisen und Kupfer. —
Nicht weit von der Müudung des Jangtse liegt Nanking (= Hoflager
des Südens), 225000 Einw., die Gelehrten- uud Industriestadt Chinas
(Baumwollenstoff-Nanking). Als Handelsplatz ist wichtiger Shanghai,
620000 Einw., der erste und größte Vertragshafen Chinas. An der
Südküste Kanton, 1 Mill. Einw. Ihm gegenüber, auf einer Felseninsel,
liegt Hongkong (englisch), der größte Hafenplatz Asiens.
B. Die Bewohner.
§ 99. 1.. Dichtigkeit der Bevölkerung. Das chinesische Reich ist
größer als Europa und steht an Umfang nur dem englischen und dem
russischen Kolonialreich nach. Die Einwohnerzahl umfaßt mit 375 Mill.
fast der Menschheit. Davon wohnen 365 Mill. im eigentlichen
China. In der chinesischen Tiefebene und im Jangtfetal drängen sich
die Menschen so dicht zusammen, daß viele auf dem Lande gar nicht
Platz finden, sondern als „Wassernomaden" auf Kanälen und Flüffen
in Booten leben. Eine solche Volksmenge kann ein Land nur dann
ernähren, wenn der Boden aufs sorgfältigste angebaut und ausgenutzt
wird. Im Ackerbau aber, namentlich in der gartenmäßigen Benutzung des
Bodens (vgl. Sachsenhausen!), sind die Chinesen Meister. Der Ackerbau ist
die Hauptbeschäftigung der Bewohner und steht in hohem Ansehen. — Trotz
der Ergiebigkeit des Bodens und trotz des Fleißes der Chinesen herrscht in
den unteren Volkskreisen entsetzliches Elend. Tritt gar anhaltende Dürre
ein, so sind viele Tausende dem Huugertode ausgesetzt. Eine weitere
Folge der Übervölkerung ist die starke Auswanderung der Chinesen
nach Hinterindien, den Malaiischen Inseln und besonders nach Amerika.
2. Abstammung und Eigenschaften. Die Chinesen gehören
zur mongolischen Rasse. Als gute Eigenschaften werden ihnen Arbeit-
famkeit, Geschicklichkeit, Genügsamkeit und große Höflichkeit nachgerühmt.
Die Anhänglichkeit der Kinder an ihre Eltern ist geradezu rührend. Sie
findet ihren Ausdruck in der Ahnenverehrung und ist die Ursache der
— 123 —
Abb. 73. Bootshäuser auf einem Kanal in Kanton.
Abb. 74. Die chinesische Mauer am Nankonpaß.
Es ist eine Doppelmauer aus mächtigen Steinquadern. Sie ist über 16 m hoch,
am Fundament 8 m, auf ihrer Höhe noch 5 m breit, so daß sich oben auf der
Mauer eine bequeme Fahrstraße bietet. Die gesamte Länge der Mauer beträgt
2450 Km (Cöln—Königsberg — 1000 km).
— 124 -
großen, prächtigen Begräbnisstätten. Andererseits ist der Chinese sehr
geldgierig und deshalb stets geneigt, im Handel zu übervorteilen. Die
Geldgier treibt ihn auch dem Glücksspiel in die Arme. Große Ver-
heerungen richtet das Opiumrauchen unter den Chinesen an. Die Europäer
haßt der Chinese als „weiße Teufel"; er verachtet sie als Barbaren,
die ties unter ihm stehen. In den Fremden» und Christenverfolgungen
ist dieser Haß oft zum Ausdruck gekommen.
3. Kultur. Diese Verachtung der Europäer gründet sich auf
die uralte Kultur der Chinesen. Zu der Zeit, als Deutschland noch mit
Urwald bedeckt war, hatten die Chinesen schon den Kompaß, den sie aber
nur auf Landreisen gebrauchten. Sie kannten das Schießpulver, das ihnen
aber nur bei Feuerwerken diente, und die Brillengläser, die sie jedoch
nicht zu Fernrohren zusammenstellten. Um die Nordgrenze ihres Landes
gegen die räuberischen Tataren zu schützen, führten sie die gewaltige
chinesische Mauer auf. Sie bauten den Kaiserkanal, auf dem die Staaten
des Südens dem Kaiser ihren Tribut an Reis brachten, da Stürme
und Seeräuber das Meer unsicher machten. Heute noch sind die
Chinesen Meister in der Porzellanfabrikation, in der Anfertigung feiner
Lackmaren und kostbarer Seidenstoffe. Da sie sich aber von den andern
Völkern völlig abschlössen, sind sie aus der einmal erreichten Kulturstufe
stehen geblieben. Erst in neuerer Zeit öffneten sie, von den europäischen
Mächten gezwungen, ihr Land den Fremden. Wenn erst einmal euro-
päische Kultur und europäischer Unternehmungsgeist tiefer eingedrungen
sind, dann wird China mit seinen reichen Bodenschätzen und seiner
dichten Bevölkerung der Industrie und dem Handel Europas ein
günstiges Feld zur Betätigung bieten.
4. Religion. Die Chinesen bekennen sich zum Teil zum Buddhis-
mus, zum Teil hängen sie der Lehre des Konfutse an. Das Christentum
macht unter ihnen nur sehr langsame Fortschritte.
5. Verfassung. China ist seit dem Jahre 1912 eine Republik.
§100. Die Mandschurei liegt zwischen dem Chingangebirge und dem
Japanischen Meer uud wird im Norden vom Amur, im Süden vom
Gelben Meer begrenzt. Sie gehört zu China.
§ 101. An die Mandschurei setzt sich die Halbinsel Korea an mit der
Hauptstadt Söul, 200000 Einw. Korea ist völlig von Japan abhängig.
III. Japan.
(V/i mal so groß wie Deutschland, 64 Mill. Einw.)
§ 102. 1. Das Land. Japan ist ein Jnselreich. Es besteht aus vier großen
Inseln, unter denen Hondo die wichtigste ist, und mehreren kleinen
— 125 —
Abb. 75.
Die Rikscha, von einem Kuli gezogen, vertritt in China und Japan die Stelle
unserer Droschken.
Abb. 76. Priesterhäuser und Tempeltore in Nikko.
Nikko ist ein Wallfahrtsort bei Tokio, inmitten herrlicher Wälder mit vielen
1000jährigen Bäumen gelegen. Durch die hohen Tempeltore nähert man sich den
Tempeln, von denen die Mehrzahl aus rotem Lack hergestellt sind, der Farbe
und Glanz jahrhundertelang gewahrt hat.
— 126 —
Inselgruppen. Japan liegt dem Produktenreichen China gegenüber, mit
dem es lebhasten Handel treibt. — Das Innere ist reich an tätigen
Vulkanen. Der fruchtbare Lavaboden und das feuchte, durch einen
warmen Meeresstrom gemilderte Klima fördern die Landwirtschaft.
Sie bildet in Japan die wichtigste Beschäftigung der Bewohner.
Reis, Tee und Maulbeerbaum werden neben den europäischen Getreide-
arten angepflanzt. In den Wäldern findet sich der Kampferbaum, dessen
Holz und Wurzeln wichtige Ausfuhrgegenstände sind. Der Bergbau
fördert Kohlen, Kupfer und Porzellanerde in großer Menge.
2. Das Volk. Die Japaner sind ein kluges, begabtes Volk. In
Lackarbeiten leisten sie Vorzügliches; ihre Porzellan- und Majolika-
waren sind ausgezeichnet. Beim Bemalen derselben verwenden sie
Abb. 77. Japanerinnen in einer Teegesellschaft.
glänzende Farben, deren Zusammensetzung den Europäern ein Ge-
heimnis ist. Ebenso geschickt sind die Japaner in der Papierfabrikation,
in Holz-, Elfenbein- und Perlmutterarbeiten. Im Gegensatz zu den
Chinesen verschlossen sie ihr Land den Fortschritten der europäischen
Kultur nicht. Sie öffneten den fremden Schiffen ihre Häfen und
schickten auf die europäischen Hochschulen junge Leute, die dort studierten
und die erworbenen Kenntnisse in ihrer Heimat verwerteten. Die ja-
panische Industrie hat sich mächtig entwickelt und macht den europäischen
Fabrikaten in Ostasien und auf den Inseln des Stillen Ozeans eine
scharfe Konkurrenz. Der Hauptausfuhrartikel ist auch in Japan Seide.
Schulen, Heer- und Verkehrswesen sind nach europäischem Muster ein-
gerichtet. Welche Klugheit, Energie und hingebende Vaterlandsliebe
in diesem begabten Volke leben, hat der Krieg mit Rußland
— 127 —
(1904) überraschend bewiesen, in dem es trotz der viel geringeren
Volkszahl den russischen Riesen niederwarf. Die Japaner sind unter
allen asiatischen Völkern am meisten befähigt, den Europäern
auf wirtschaftlichem wie auf politischem Gebiet Trotz zu bieten; Japan
ist die Vormacht Ostasiens.
3. Besiedelung. An der Spitze des Reiches steht der Kaiser/ der
Mikado. Hauptstadt ist Tokio, 2 Mill. Einw., durch eine Eisenbahn
mit dem Hafenplatz Yokohama, 400000 Einw., verbunden. Noch
wichtiger für den Handel ist Nagasaki, 150000 Einw. Sitz einer
Abb. 78. Port Arthur.
blühenden Seiden- und Porzellanindustrie ist Kiöto, 400000 Einw. —
Zu Japan gehören auch die fruchtbare Insel Formosa, die südliche
Hälfte von Sachalin, die Halbinsel Korea und die Festung Port
Arthur. Letztere liegt der Halbinsel Schantung gegenüber.
4. Handel. Japan treibt mit Amerika und Europa einen leb-
haften Güteraustausch. Im Europahandel nimmt Deutsch-
land die 3. Stelle ein (hinter England und Frankreich).
Die Ausfuhr nach Deutschland betrug"l910 37 Mill. Jl.
(Seide, Kampfer, Kupfer). Japan erhielt von uns für
89 Mill. ^ Waren (Farbstoffe, Eisenwaren, Kleiderstoffe).
— 128 —
D. Nordasien.
Nordasien besteht aus Sibirien und Tu ran.
I. Sibirien.
(11/s mal so groß wie Europa, 7,8 Mill. Einw., russischer Besitz).
§ 103. 1. Lage und Begrenzung. Sibirien dehnt sich von den nörd-
lichen Randgebirgen Jnnerasiens bis zum Eismeer aus. Da die beiden
angrenzenden Meere einen großen Teil des Jahres mit Eis bedeckt
sind und im Süden sich wüste Ländergebiete ausbreiten, so ist Sibirien
ein sehr abgeschlossenes Land. Nur nach Westen hin steht es mit
Rußland in Verbindung.
2. Klima. Die Begrenzung beeinflußt auch das Klima des Landes.
Die Randgebirge halten die Südwinde auf, während die kalten Nord-
winde ungehindert über das offene Land dahinbrausen können. Daher
ist der sibirische Winter sehr kalt (Jakutsk hat bis zu 60° Kälte). Da-
gegen ist der kurze Sommer sehr warm ^Landklima).
3. Bodengestalt und Bewässerung. Der Süden und der Osten
Sibiriens sind gebirgig. Im Norden und Westen ist Sibirien Ties-
land. — Dieser Bodengestalt entsprechend fließen die meisten Ströme
Sibiriens — Ob, Ienissei, Lena — dem Eismeere zu. Nur der
Amur mündet in das Ochotskische Meer. Trotz ihrer Länge und
ihres Wasserreichtums sind die sibirischen Flüsse für den Verkehr von
geringem Wert, da sie, besonders an ihrer Mündung, den größten Teil
des Jahres über zugefroren sind. Sie führen aber viel Gold mit sich
und sind sehr fischreich.
4. Landschaften, a) Die Tundra. An der Küste des Eis-
meeres ziehen sich die Tundren hin (vergl. Rußland). In ihren Eismassen
haben sich bis auf unsere Tage Reste von längst ausgestorbenen Tieren
Mammut, haariges Rhinozeros) erhalten. Skelette, zuweilen sogar
völlig unversehrte Tiere werden noch jetzt in dem tiefen Bodeneis ge-
fuuden. Die Zähne dieser Tiere liefern sogar einen Teil des Elfenbeins
für den Welthandel. — Städte fehlen hier. Nur Jägervölker (Jakuten
und Samojeden) ziehen mit ihren Renntierherden durch die öde Tundra.
b) Das Waldgebiet. Südlich von der Tundra breitet sich das
Waldgebiet aus, in dem Zobel und Hermelin, Polarfuchs und Eich-
Hörnchen wegen ihres kostbaren Pelzwerks gejagt werden. Einen viel
größeren Reichtum hat das Land noch in den ungeheuren Nadel- und
Laubholzwäldern. Ihr Holz wird auf der Sibirischen Eisenbahn nach
Europa gebracht und bildet einen wertvollen Handelsartikel.
— 129 —
c) Steppe. Ein Teil der Steppe ist mit fruchtbarer Modererde
bedeckt, so daß hier viel Ackerbau und besonders viel Viehzucht getrieben
wird. Die Butter bildet sogar einen bedeutenden Ausfuhrartikel. — Andere
Teile sind eintönig und öde; sie bedecken sich nnr im Frühling mit
einem Teppich von Lilien und Tulpen, die hier ihre Heimat haben.
6) Gebirge. Die südlichen Randgebiete sind reich an Gold,
Silber, Blei, Kohlen, besonders aber an Graphit.
5. Bevölkerung. Die Ureinwohner sind mongolischer Av-
stammung und treiben fast ausschließlich Jagd und Fischfang. Die
Eingewanderten sind meist Russen. Rußland schickt seine Ver-
brecher hierher. Sind diese n ur wcgeu leichter Vergehen verbannt, so werden
Abb. 79. Sibirisches Ansiedlerdorf.
sie als Bauern oder Handwerker angesiedelt. Sie dürfen aber den ihnen
angewiesenen Ort nicht verlassen; sonst haben sie ein erträgliches Leben.
Die schweren Verbrecher aber müssen in den Bergwerken harte Zwangs-
arbeit verrichten. Unter den Eingewanderten sind aber anch sehr viele
freiwillige Ansiedler, denen die rnssische Regierung Land angewiesen
hat, um Sibirien zu besiedeln.
Die wichtigsten Städte Sibiriens sind: Tomsk, die reichste
Stadt des Landes, Universität; Jrkutsk, der Mittelpunkt des russisch-
chinesischen Handels, und Tobolsk. Von größter Bedeutung für die
Entwicklung Sibiriens ist die Sibirische Bahn, die von Moskau aus
über Tomsk und Jrkutsk bis nach Wladiwostok führt. Eine Abzweigung
Dilcher-Schwarzhnupt-Waltber. Erdkunde. II. Teil. 9
— 130 —
dieser Bahn geht durch die Mandschurei nach Port Arthur; von da
aus fährt man mit dem Schiff uach Tsingtau (Eisenbahnfahrt Berlin
— Wladiwostock 14 Tage; Seefahrt Bremen —Schanghai 45 Tage).
6. Kamtschatka. Auch die vulkanreiche Halbinsel Kamtschatka mit
dem Hafen Petropaulowsk ist in russischem Besitz.
II. Turan.
§ 104. Turan ist ein Tiefland, das einst ganz vom Meere bedeckt war.
Überreste desselben sind der Kaspische und der Aralsee. Ersterer,
so groß wie Schweden, ist der größte Binnensee der Erde; er liegt 26 m
unter dem Spiegel des Schwarzen Meeres. In den Aralsee münden Syr
und A m n; die meisten andern Flüsse Tnrans versiegen in ihrem Lauf.
Wo natürliche oder künstliche Bewässerung vorhanden ist, gedeihen
Reis, Tabak, Aprikosen und Melonen, besonders aber Baumwolle.
Den Anstrengungen der russischen Regierung ist es gelungen, hier so-
viel Baumwolle zu erzeugen, daß 3U der in der russischen Industrie
verarbeiteten Rohbaumwolle aus Turan bezogen wird. Das bedeutet
einen großen Vorteil für die russische Baumwollenindustrie, die dadurch
vom Auslände unabhängig ist. — Der größte Teil des Landes ist
Salzsteppe oder gar Wüste. Den Norden der Steppe bewohnen die
nomadisierenden Kirgisen mit ihren Pferden, Fettschwanzschafen und
Kamelen. Westlich vom Aralsee haben die Turkmenen ihre Sitze.
Turan gehört den Russen. Es hat als Durchgangsland nach Indien
und Persien große Bedeutuug und wird von 2 großen Eisenbahnen
durchzogen. Die eine führt von Moskau) Orenburg nach Taschkent;
die andere, die Transkaspische Bahn, geht vom Kaspisee aus, be-
rührt Buchara und Samarkand und trifft dann die erstere.
Allgemeine Übersicht.
§ 105. 1. Lage. Asien hängt mit Europa und mit Afrika zusammen. Von
Amerika wird es durch die nur 100 km breite Beringstraße getrennt;
uach Australien führt eine Jnselbrücke. Infolge dieser günstigen Lage
war Asien geeignet, der Ausgangsort für die Menschheit zu werden,
von dem aus sie sich über die ganze Erde verbreiten konnte.
2. Gliederung. Auch die reiche Gliederung war dieser Bestimmung
Asiens günstig. Denn sie rief einerseits seine Bewohner hinaus aufs
Meer; andererseits erleichterte sie auch das Eindringen in den Erdteil.
Nur die Nordküste bot keinen Zugang in das Innere, da das an-
grenzende Meer den größten Teil des Jahres mit Eis bedeckt ist.
3. Bodenbeschaffenheit und Bewässerung. Asien hat zwei ge-
waltige Hochländer (Vorder- und Jnnerasien), die von hohen Rand-
— 131 —
gebirgen eingeschlossen sind und deshalb vielfach Steppen- und Wüsten-
charakter haben. Die schneebedeckten Bergriesen senden ihre Gewässer
in die ihnen vorgelagerten Tiefländer (das mesopotamische, hindo-
stanische und chinesische). Sie begünstigten infolge ihrer Fruchtbarkeit
den Ackerbau und wurden die Sitze alter Kulturvölker (Babylonier,
Inder, Chinesen). Die großen Wüsten und die hohen Gebirge hinderten
aber diese Völker, miteinander in Verbindung zu treten.
4. Klima. Asien gehört zum weitaus größten Teil zur gemäßigten
Zone. Nur der äußerste Norden reicht in die kalte Zone; die südlichen
Halbinseln und die Malaiische Inselwelt liegen in der heißen Zone.
Infolge der Verschiedenheit der Breitenlage weist das Klima Asiens
große Gegensätze auf. Im Nordeu kommen Kältegrade bis zu 70°
vor; in Arabien ebenso hohe Hitzegrade. Auch bezüglich der Nieder-
schlüge finden sich große Gegensätze. Manche Gebiete von Iran sind
fast regenlos; dagegen ist am unteren Brahmaputra die größte Regen-
menge der Erde, 1200 cm, gemessen worden (Frankfurt 59,8 cm).
5. Erzeugnisse. Wie hinsichtlich des Klimas, so ist Asien anch in
bezug auf die Pflauzeuwelt der Erdteil der Gegensätze: im Norden
die öden Tundren, im Süden tropischer Urwald, in Jnnerasien un-
wirtliche Wüsten, in den Tiefländern fruchtbare Reisfelder. Asien ist
die Heimat unserer wichtigsten Kulturpflanzen. Aus Asien
stammen unsere Getreidearten und die edlen Obstsorten. Es liefert uns
viele Erzeugnisse des Pflanzenreichs, die wir täglich gebrauchen: Reis,
Sago, Pfeffer, Zimt, Tee, Kaffee, Gewürznelken, Baumwolle.
Auch die Tierwelt Asiens ist für den Menschen von höchster
Bedeutung, Die Haustiere haben hier ihre Heimat und haben von
hier aus mit dem Menschen die Wanderung über die Erde angetreten.
In den tropischen Gegenden des Erdteils leben die gewaltigsten Ver-
treter des Tierreichs: Elefant, Nashorn, Tiger. Der menschenähnlichste
Affe, der Orang-Utan, kommt nur in Asien vor.
Auch an wichtigen Mineralien fehlt es Asien nicht. Neben
Gold und Edelsteinen liefert es besonders Graphit und Zinn. Die
großen Kohleulager sind noch nicht erschlossen.
6. Bewohner, a) Rassen. In Asien wohnt mehr als die
Hälfte aller Menschen. Der Westen und der Südwesten des Erdteils
sind von der kaukasischen Rasse besiedelt; zu ihr gehören n. a. die
Hindu iu Vorderindien und die Semiten in Arabien und Syrien.
Den Norden und Osten hat die mongolische Rasse inne. Im
Südosten Asiens herrscht die malaiische Rasse vor. \
b) Kultu r. Ihrem Kulturzustaud nach stehen die Fischer- und
9*
— 132 —
Jägervölker des Nordens infolge der Abgeschlossenheit ihrer Wohnsitze
auf der niedrigsten Stufe. Die Bewohner der Steppen Jnnerasiens
wurden zu nomadisierenden Hirtenvölkern. In den fruchtbaren Tief-
ländern aber wohnten die ackerbautreibenden Völker, bei denen sich
frühzeitig eine hohe Kultur entwickelte. (Poesie der Perser und der
Juden, Rechenkunst und Astronomie der Inder, Industrie der Chinesen.)
Die drei Religionen, die nur einen Gott verehren (Judentum,
Christentum, Islam), habeu in Asien ihren Ursprung. Doch gehören
noch 700 Mill. zum Heidentum (Brahmaismus und Buddhismus).
7. Beziehungen zu Europa. Der Reichtum Asiens zog die Blicke
der Europäer ans diesen Erdteil, und heute ist mehr als die Hälfte
seines Flächeninhalts im Besitz fremder Mächte. Ein reger Güteraus-
tausch findet zwischen Asien und Europa statt. Deutschland bezieht
aus Asien die sogen. Kolonialwaren (Reis, Sago, Tee und
Gewürze), ferner Tabak, Baumwolle, Seide, Jute,
Mohu, Tierfelle, Zinn; es liefert dorthin Metallwaren,
Farbstoffe und Wcb'ereieit. Gefördert wurde der Verkehr durch
neue Handelswege. Der Sueskaual hat den Seeweg bedeutend ver-
kürzt; Eisenbahnen durchqueren den Erdteil (Sibirische, Transkaspische).
Einzelne Teile (Ostindien und Japau) haben schon ein entwickeltes Eisen-
bahnnetz. Auf diesen Verkehrswegen empfängt Asien, der Ausgaugs-
Punkt der alten Knltnr, von Europa die höher entwickelte Kultur zurück;
das Christentum aber, das iu Palästina seine Wiege hat, wird heute
von europäischen Missionaren den Völkern Asiens zurückgebracht.
Die Aufteilung Asiens.
A. Selbständige Staaten.
§ 106. Person, Afghanistan, Siam, China, Japan.
B. Besitzungen fremder Staaten.
Deutschland: Kiautschou.
Portugal: Eiuige kleinere Besitzungen
Vereinigte Staaten von Amerika: Philippinen.
Frankreich: Judochina und einige Hafenorte in Vorderindien.
Niederlande: Der größte Teil der Malaiischen Inselwelt.
Türkei: Kleinasien, Mesopotamien, Syrien, Teile von Armenien
und Arabien.
England: Vorderindien mit Ceylon, Birma, Südspitze von Ma-
lakka (Singapur); Cypern, Aden, Hongkong, Nordküste von Borneo.
Rußland: Sibirien, Tnran, der nördliche Teil von Sachalin.
Hfrifta.
Allgemeines.
1. Grenzen und Lage. Afrika grenzt im Norden an das Mittel- §107.
ländische Meer und die Straße von Gibraltar, im Westen an den
Abb. 80. Die Landschastsgebiete Afrikas.
Atlantischen Ozean; im Süden treffen Atlantischer und Indischer Ozean
zusammen. Die Ostgrenze bilden der Indische Ozean mit der Straße
von Pab el-Mandeb und dem Roten Meer und die Landenge von
— 134 —
Sues. — Der Äquator durchschneidet Afrika ungefähr in der Mitte;
es gehört also zum größten Teil der heißen Zone an. Nur kleinere
Gebiete im Norden und im Süden liegen in den gemäßigten Zonen.
2. Gestalt und Gliederung. Die Nordhälfte Afrikas bildet ein un-
regelmäßiges Viereck, die Sndhälfte ein Dreieck. — Obwohl Afrika
fast völlig voni Meere umgeben ist, macht dieses doch wenig Ein-
schnitte in das Land. Außer der Kleinen und der Großen Syrte an der
Nordküste und dem Busen von Guinea im Westen hat Afrika keine
größeren Meereseinschnitte. Afrika ist der am wenigsten ge-
gliederte Erdteil,
3. Größe und Einwohnerzahl. Der Größe nach steht Afrika
uuter den Erdteilen an 3. Stelle. Es ist dreimal so groß wie Europa
(30 Mill, qkm), hat aber nur ein Drittel seiner Einwohnerzahl
(133 Mill.).
4. Bodengestalt und Einteilung. Afrika ist im ganzen ein Tafel-
land von ungefähr 700 m Höhe, das zumeist mit steilen Rändern
zum Meer abfällt. Wir teilen es in folgende Landschaften ein:
die Nilländer, die Ost afrikanische Seenplatte, das Süd-
afrikanische Tafelland, das Kongobecken mit Niederguinea,
deu Sudau mit Oberg uiuea, die Sähara und die Atlasländer.
A. Die Nilländer.
§108. Die Nilläuder sind der östliche Teil der gewaltigen Wüste, die
ganz Nordafrika durchzieht. Der Nil hat durch ihre Sandstein- und
Granitgebirge seine Furchen gezogen und sie in die westlich gelegene
Libysche uud die auf dem rechten Ufer sich ausdehnende Nu bische
und Arabische Wüste geteilt.
1. Der Nil eutströmt dem Ukerewesee uud nimmt bei Chartüm
den Blauen Nil, den Abfluß des Tanafees, später den Ätbara
auf. Auf dem Wege von Chartum nach Assuau begleiten ihn steil ab-
fallende Wüstenränder, die auf der Ostseite 600 m hoch sind. Ihr Kalkstein
lieferte das Material zu den Pyramiden, aus ihrem Saudstein wurden
die Tempel, aus dem rosenroten Granit die Obelisken und Sphinxe
errichtet. — Allmählich erweitert sich das Tal, bis der Nil endlich in-
folge seines geringen Gefälles ein Delta bildet und in zwei Haupt-
armen ins Mittelmeer mündet. Der von ihm zurückgelegte Weg ist
gleich der halben Entfernung zwischen Äquator und Nordpol. Der
Nil ist der längste Strom der Alten Welt (6000 km).
- 135 —
2. Das Nildelta war früher eine Meeresbucht; diese hat der
Strom durch seine Sinkstoffe ausgefüllt. Man kann den Nil also mit
Recht den Vater Unterägyptens nennen. Durch seine jährlichen Über-
schwemmungen ist er auch zugleich der Erhalter des Niltals. Im Juni
steigt nämlich das Wasser des Flusses infolge der Regengüsse in seinem
Quellgebiet und im Hochland von Habesch so hoch, daß es die Ufer über-
flutet. Kanäle und Schöpfräder leiten das Wasser auch in die weiter und
Abb. 81.
Das Stauwerk bei Assuan ist eine der größten Talsperren der Welt, über 2 km
lang. Es staut das Wasser des Nils auf 20 m Höhe und dient zur regelmäßigen
Bewässerung von 2000 qkm Land.
höher gelegenen Felder. Bei Assnan hat man ein großes Stauwerk
angelegt, durch das weite Gebiete bewässert und kulturfähig gemacht
werden. Ende September ist das Land ganz mit Wasser bedeckt, nur
Städte und Dörfer ragen im Schmucke der Palmen aus dem wogenden
See. Verläuft die Flut, so bleibt ein äußerst fruchtbarer Schlamm
zurück, in dem Weizen und Mais, Reis, Zuckerrohr und besonders
Baumwolle vortrefflich gedeihen. Ägypten ist das 3. Baumwollen-
land der Erde und liefert allein an Deutschland jährlich für mehr
als 70 Mill. M Rohbaumwolle.
— 136 —
3. Das alte Ägypten. Während die angrenzende Wüste die
Menschen zum Nomadenleben zwang, veranlaßt? sie das enge Niltal,
feste Wohnsitze zu gründen nnd Ackerbau zu treiben. Schon im frühen
Altertum entstand hier das Reich der hochgebildeten Ägypter. Noch
jetzt erregen die Rninen volkreicher Städte unsere Bewuuderung,
Obelisken nnd Pyramiden geben Zeugnis von ihrer Baukunst,
und die Hieroglypheninschriften reden von den großen Taten ihrer
Könige.
Abb. 82. Pyramide und Sphinx.
4. Bewohner. Da Ägypten infolge seiner Fruchtbarkeit das Ziel
vieler Völker war, so findet sich hier ein buntes Völkergemisch. Die
Nachkommen der alten Ägypter sind die mohammedanischen Fellachen,
die Ackerbau treiben, und die christlichen Kopten, die als Hand-
werker in den Städten wohnen. Arabischen Ursprungs sind die
Beduinen. Türken, Armenier, Juden und die meisten Nationen
Europas sind ebenfalls vertreten.
5. Das heutige Ägypten. Ägypten wird von dem Chedive
regiert, der zwar unter türkischer Oberhoheit steht, in Wirklichkeit aber
völlig von den Engländern abhängig ist.
— 137 —
Abb. 84. Einfahrt in den Sueskanal bei Port Said.
— 138 —
Die Hauptstadt des Landes ist Kairo, 650000 Einw., mit sehr
gesundem Klima, umgeben von zahlreichen Palmenhainen. Jenseit der
Nilbrücke liegt Gizeh, in dessen Nähe sich gewaltige Pyramiden
erheben. Alexandria, 370000 Einw., mit sehr gutem Hasen, ist seit
Eröffnung des Sueskanals wieder aus seinem Versall emporgeblüht.
Es ist mit Kairo und Suös durch Eisenbahnen verbunden. Port 6äid
liegt am Eingang des Sueskanals.
6. Der Sueskanal beginnt am Mittelmeer bei Port Said und
endet am Roten Meer bei Sues. Er ist so lang wie die Strecke von
Bingen bis Cöln. Da die Breite nur für ein Schiff genügt, so sind
in bestimmten Zwischenräumen Ausweichstellen eingerichtet. Für die
Durchfahrt zahlte jedes Schiff je nach seiner Größe und der Anzahl
seiner Passagiere 16 000^-30000 Mark, eine Summe, die aber schon
durch die geringere Versicherungsgebühr der Schiffe wieder aufgewogen
wird. Die Fahrt von Hamburg bis Bombay wird durch den Sues-
kaual um 24 Tage, die von Brindisi nach Bombay sogar um 37 Tage
verkürzt. Der Sueskanal ist also eine der wichtigsten Welt-
Verkehrs st raßen. Der Kanal wird am meisten von englischen Schiffen
benutzt; an zweiter Stelle stehen die deutschen. Der Erbauer des Kanals
ist der Franzose Lesseps.
7. Nubien, südlich von Ägypten, steht unter dem Chedive. Haupt-
stadt ist Omditrman. Auch die Hochebenen von Dar Für und
Kordofan gehören zu Ägypten.
B. Die Ostafrikanische Seenplatte.
Die Ostafrikanische Seenplatte erstreckt sich vom Hochland von
Habesch und dem Golf von Aden bis zum Sambesi, von der Küste
des Indischen Ozeans bis zn den großen Seen.
I. Das Hochland von Habesch.
§ 109. 1. Bodengestalt und Erzeugnisse. Das Hochland von Habesch,
„die Afrikanische Schweiz", ist ein Sandsteinplateau, das vielfach von
vulkanischem Gestein durchbrochen ist. Wie in der Sächsischen Schweiz,
so haben auch hier reißende Gewässer den Sandstein zerklüftet, so daß
das Gebirge reich ist an tiefen Tälern, engen Schluchten und natür-
lichen Felsenburgen. — Der Wanderer, der das Hochland erklimmen
will, durchmißt zuerst einen Urwaldgürtel. In den mittleren Teilen
des Gebirges finden sich Südfrüchte und Getreidearten. Die obersten
— 139 —
Hochebenen gleichen den mattenreichen Abhängen unserer Alpen; ihre
kräftigen Kräuter bieten zahlreichen Herden Nahrung.
2. Die Bewohner, die Abessinier, bekennen sich zum Christen-
tum, das sich infolge der abgeschlossenen Lage des Landes mitten in der
heidnischen und mohammedanischen Umgebung erhalten konnte. — Das
Hochland von Habesch bildet das Kaiserreich Abessimen, dessen
Herrscher sich Negus Negesti (König der Könige) nennt. Ein Teil der Küste
ist an Italien abgetreten, das hier eine Kolonie mit der wichtigen
Hafenstadt Massaua gegründet hat.
3. Südöstlich vom Hochland von Habesch streckt sich die einzige größere
Halbinsel Afrikas weit in den Indischen Ozean hinaus. Sie bildet ein
Tafelland, das von den räuberischen Galla und Somal bewohnt wird. —
Der südliche Teil dieses Gebiets bildet Britisch-Ostafrika.
II. Deutsch-Ostafrika.
(Zweimal so groß wie das Deutsche Reich, 10 Mill. Einw.)
1. Bodengestalt. Die Kolonie gliedert sich nach ihrer Boden- § 110.
gestalt in die Küstenebene, das Randgebirge und das Hochland. Die
Küsten ebene ist sumpfig und infolge des heißen Klimas sehr un-
gesund. Sie wird von kleinen Koralleninseln begleitet, von denen
Sansibar, unter englischer Schutzherrschaft, die wichtigste ist. Hinter
der Küste steigt ein Randgebirge empor, das den Übergang zu einem
Hochland bildet. Dieses Hochland ist ein Teil der einförmigen Hoch-
ebene, die Afrika von Abessinien bis zum Kap der guten Hoffnung
durchzieht. Sie wird von zahlreichen Grabenbrüchen mit jäh aussteigen-
den Seitenwänden unterbrochen. Auf dem tiefliegenden Boden der
Gräben sammeln sich die Gewässer der Umgebung zu Seen. So sind
der Tanganjika-, der Ukerewe- und der Njassa-See entstanden.
— Aus den Brüchen sind vulkanische Massen hervorgequollen und zu
vulkanischen Bergen emporgewachsen, die nun als höchste Erhebungen
der Hochebene aufsitzen. Auf diese Weise bildeten sich auch die beiden
höchsten Berge des Erdteils, der Kenia auf englischem und der Kili-
mandscharo auf deutschem Gebiet. Letzterer ist der höchste Berg
Afrikas (6000 m) und bedeckt ein größeres Gebiet als der Harz.
2. Bewässerung. Deutsch-Östafrika ist sehr wasserreich. Im
Westen liegen die oben genannten großen ostafrikanischen Seen; auch
in der Mitte der Kolonie sind einige kleinere Seen. Zum Indischen
Ozean fließen der Pangani, der Rufidji und der Rovuma. Der
Pangani, im Norden, entspringt auf dem Kilimandscharo; er ist nur
im untersten Teil seines Laufes schiffbar. Der Rufidji ist der größte
— 140 —
Fluß Deutsch-Ostafrikas, größer als der Rhein; er durchbricht die Mitte
des Randgebirges. Der Rovuina bildet die Südgrenze.
3. Klima. Da Deutsch-Ostafrika ganz der heißen Zone angehört,
so ist das Klima im allgemeinen natürlich sehr heiß. An der Küste be-
trägt die mittlere Jahrestemperatur 25—26° C (Frankfurt a. M. 9,7°).
Die heißeste Jahreszeit fällt in die Monate Januar bis April, die
kühlste in die Monate Juni bis Oktober. — Die Niederschlags-
mengen nehmen von der Küste nach dem Innern erheblich ab. An
Abb. 85. Deutsch-Ostafrika.
Entfernung Kawele^-Tanga — Cöln—Königsberg — 1000 km.
Sirecke Kawele-Tabora ist im Bau; Tabora-Muansa und Kilwa-Wiedhafen
geplant.
der Küste sind schon jährliche Regenmengen von 200 cm gemessen
worden, während im Innern des Landes der Durchschnitt 30—40 cm
beträgt (München 100 cm, Frankfurt ct. M. 59,8 cm). — Trotz des
heißen Klimas ist Deutsch-Ostafrika gesundheitlich nicht ungünstig. Das
Küstengebiet ist allerdings wegen der häufig auftretenden Fieber für
einen dauernden Aufenthalt der Europäer nicht geeignet, wohl aber das
hochgelegene Innere der Kolonie, namentlich die höher gelegenen Ab-
hänge des Kilimandscharo. Hier kommen die gefürchteten Tropenkrank,
heiten, Malaria, Schwarzwasserfieber und Dysenterie, fast nie vor.
Seitens der deutschen Regierung wird alles getan, damit etwaige
Krankheiten nicht verschleppt werden.
— 141 —
4. Erzeugnisse. Die Randgebirge weisen infolge der reichlichen
Niederschläge eine üppige Pflanzenwelt auf. Kokospalmen, Bananen,
Gummiakazie und eine Fülle von Schlinggewächsen und Farnen kr-
iechen dem Gehölz oft dm Anschein des Urwaldes. Die Plantagen
liefern Kaffee, Tabak, Baumwolle, Sisal, Zuckerrohr, Vauille und
Kokospalmen. — Auf der Hochebene des Innern dehnen sich endlose
Grassteppen aus, die von Büffel- und Anlilopenherden, von Gazellen
und Giraffen belebt sind. Der Strauß durcheilt sie in raschem Lauf,
Elefantenherden brechen mit Getöfe aus den Wäldern an den Ufern
Abb. 86. Sisalagave.
Ihre Fasern werden in der Gewebeindustrie verarbeitet.
der Flüsse hervor, im Schilf der Laguueu lauern Löwe und Hyäne
auf ihre Beute. In den fischreichen Flüssen leben Krokodil, Fluß-
Pferd und die mächtige Riesenschildkröte. Aus dem Grase ragen
die Bauten der Termiten. — An Mineralien hat man bis jetzt Kohlen,
Gold und Granaten gefnnden. In großen Mengen kommt Kopal vor,
ein bernsteinähnliches Harz, das zu Schmucksachen und znr Herstellung
von Lack und Firnis verwandt wird.
5. Bewohner. Die Eingeborenen sind Bantuneger. (Die Neger
haben dunkelbraune bis schwarze Hautfarbe, krauses, wolliges Haar,
wulstige Lippen, schmale Schädel, nach hinten zurückweichende Stirn.
— 142 —
Man teilt sie ein in Bantuneger und Sudanneger. Erstere be-
wohnen Mittel- und einen Teil von Südafrika; letztere den Norden
des Kongobeckens und den Sudan.) Ihre Wohnungen sind runde
Hutten mit kegelförmigem Dach. Wie bei den meisten Negern herrscht
auch hier Vielweiberei. Der Mann kauft die Frau für Rinder oder
dergleichen, darf sie aber auch wieder verkaufen. Ihr fällt die Arbeits-
last für die Familie zu, während der Mann sich dem Müßiggang er-
gibt. Viehzucht und Ackerbau (Anbau der Negerhirse, die unsere Ge-
treidearten dort vertritt) bilden die Hauptbeschäftigung der Neger. Die
Abb. 87. Eingeborenen-Wohnstätte am Kilimandscharo.
Küstenbewohner bekennen sich zum Islam; im Innern herrscht noch
das Heidentum. Doch verbreiten auch hier Missionare das Christentum.
Unter den Eingewanderten befinden sich ungefähr 4000 Weiße,
darunter 3000 Deutsche. Sie sind vorzugsweise als Beamte, Plan-
tagenbesitzer oder Kaufleute tätig. In den Küstenstädten wohnen viele
Inder, die Geldgeschäfte treiben und durch ihren Wucher für die
Eingeborenen oft zur Plage werden. Der Karawanenhandel liegt in
den Händen der Araber, die vor der Zeit der deutschen Herrschaft
gefürchtete Sklavenjäger und -Händler waren.
143 —
— 144 —
6. Handel und Verkehr. In der Ausfuhr Deutsch-Ostafrikas
steht der Kautschuk an erster Stelle (1910: 6,3 Mill. jK,); ihm
folgt mit ungefähr 3 Mill. M der Sifalhanf, dessen Fasern in der
Webeindustrie sehr gesucht sind. Von großer Bedeutung für Deutsch-
land wird auch der Anbau der Baumwolle werden, der sowohl von
Europäern als von Eingeborenen betrieben wird. In 10 Jahren hat
sich ihr Ausfuhrwert von 5 Jb (1900) auf 750000 M gehoben.
Die Einfuhr erstreckt sich besonders auf Eisen- und Baumwollenwaren,
Maschinen, Waffen u. dergl.
Von größter Bedeutung für die Entwicklung der Kolonie ist der
Bau von Eisenbahnen. Heute ist der Handel im Innern noch sehr
beschwerlich, da er die schmalen Negerpfade als Verkehrswege be-
nutzen muß. Auch sind die Neger, die die Waren auf dem Kopfe
tragen, sehr unzuverlässig, und die 40 — 50000 Träger könnten viel
besser auf den Plautageu verwandt werden. Bis jetzt sind zwei Bahnen
gebaut. Im Norden führt die Ufambarabahn von Tanga zu den
Plantagen am Abhang des Kilimandscharo; ihre Weiterführung bis zum
Viktoriasee ist in Aussicht genommen. Die Mittelbahn verbindet
den Hauplhafen der Kolonie Daressaläm mit Tabora; sie wird bis
zum Tanganjikasee durchgeführt werden und von Tabora aus eine Ab-
zweigung nach Muanfa am Viktoriasee erhalten. Endlich ist die
Südbahn geplant, die Kilwa-Kissiwani an der Ostküste mit Wied-
Hafen am Njafsa verbinden soll.
7. Städte. Die meisten größeren Städte Dentsch-Ostasrikas liegen
an der Küste. Im Norden liegt Tanga; der Insel Sansibar gegen-
über Bagamoyo, das aber wegen seines ungünstigen Hafens immer
mehr zurückgeht. Der Regierungssitz und Haupthafen der Kolonie ist
Daressalüm, 25000 Einw. Im Süden liegt an der Küste Lindl.
Der größte Ort im Innern ist Tabora, 37 000 Einw.
8. Bedeutung der Kolonie. Deutsch-Ostasrika ist die größte
deutsche Kolonie. Sie hat sehr fruchtbare Gebiete, aus denen wir viele
Kolonialwaren beziehen können. Auch die reiche Tierwelt liefert wert-
volle Handelsgegenstände. Da das Land verhältnismäßig dicht be-
völkert ist, so bietet die Besitzung der deutschen Industrie ein günstiges
Absatzgebiet. Die höher gelegenen Abhänge des Kilimandscharo eignen
sich zur Ansiedelung von Deutschen. Wie überaus gut sich unsere
Kolonie entwickelt hat, geht aus folgenden Zahlen hervor:
1904 1910
Ausfuhr: 8 951000 Jk 20805000 M
Einfuhr: 14339000 „ 38 659000 „
ßänölerftrafce in Daresfalam
— 145 —
An der Einfuhr war Deutschland im Jahre 1910 mit 19,7 Mill. .Ms
beteiligt.
C. Das Südafrikanische Tafelland.
I. Britisch-Südasrika.
1. Bodenbeschaffenheit und Erzeugnisse. Das ganze Süd-Zill,
afrikanische Tafelland bildet ein Dreieck, das in drei Stufen zu einer
Hochebene aufsteigt. An dem schmalen Küstens au m dehnen sich
Abb. 89. Kapstadt mit dem Tafelberg.
fruchtbare Getreidefelder aus; neben allen Arten von Südfrüchten
gedeiht hier der feurige Kapwein. Die Häfen von Kapstadt und
Port Elisabeth bieten den Schiffen, die Afrika umfahren, gute Gelegen-
heit zum Ankern und Verproviantieren. — Auf der mittleren
Terrasse dehnt sich die Karoo (*ru) aus. Ihr roter Tonboden ist
in der trockenen Jahreszeit so hart, daß er Risse und Sprünge bekommt.
Aber in der Regenzeit überzieht sich die Karoo mit einem Teppich
frischen Grases und gleicht einem Meere von Lilien und Orchideen. —
Am Ostrand der dritten Terrasse erheben sich die wasserreichen,
fruchtbaren Drachen berge. An sie grenzt dieKalahari, eine weite,
baumlose Hochfläche, die nach Westen hin in eine Sand- und Stein-
Dilcher-Schwarzhanpt-Walther, Erdkunde. Ii. Teil lg
— 146 —
wüste übergeht. Auf den Steppen der Karoo und der Kalahari tummeln
sich zahllose Antilopen und Springböcke; Giraffe und Strauß durcheilen
die öden Strecken. In den Wiesengründen weiden große Schaf- und
Rinderherden. In der Nähe von Johannisburg sind reiche Goldfelder
entdeckt worden, bei Kimberleh finden sich Diamanten. Südafrika
ist das erste Gold - und Diamantenland der Erde. Außer-
dem liefert es uns Wolle, Straußenfedern, Wein und Südfrüchte.
2. Bewässerung. Die wichtigsten Flüsse sind der Sambvsi im
Osten, der O r a n j e mit dem Baal im Westen. Sie haben ihr Bett tief in
den Sandstein des Tafellandes eingegraben und sind wegen ihrer Strom-
schnellen und Wasserfälle am Rande der Terrassen für die Schiffahrt
größtenteils unbrauchbar.
3. Das Ultima Südafrikas gleicht ungefähr demjenigen Italiens;
doch sind die Jahreszeiten den unfern entgegengesetzt: der Februar ist
der wärmste, der Juli der kühlste Monat. Die Sonne steht hier mittags
im Norden. Die Südostwinde bringen vom Meere her Feuchtigkeit,
die sich an den Drachenbergen niederschlägt. Nach Westen hin nimmt
die Regenmenge immer mehr ab; die Westküste ist vielfach sogar regenlos.
Das hat seinen Grund in einer kalten Meeresströmung und in dem
kalten Austriebwasser an der Küste. Die aufsteigenden Wasserdämpfe
sind kühler als die Luftschichten über dem Lande und bringen deshalb
keinen Regen.
4. Bewohner und staatliche Zugehörigkeit. Die Eingeborenen
sind Buschmänner uud Hottentotten; ihre Hauptbeschäftigung ist die
Viehzucht. Europäische Kultur brachten die Holländer hierher, die als
„Buren" Ackerbau und Viehzucht trieben. Sie gründeten Kapstadt,
die Hauptstadt der jetzigen Äapkolouie. Von den Engländern ver-
drängt, zogen sie auf ihren schwerfälligen, mit 10—20 Ochsen bespannten
Wagen nach Norden und gründeten den Trauje-Freistaat mit der
Hauptstadt Bloemsontein und die Südafrikanische Republik mit
der Hauptstadt Pretoria. Aber die reichen Funde an Gold und
Diamanten veranlaßten die Engländer, nach hartnäckigem Kampfe auch
diese Staaten ihrem Riesenreiche einzuverleiben.
II. Deutsch-Südwestafrika.
(2a/2 mal so groß wie Preußen, 250 000 Einw.)
112. 1. Lage. Deutsch - Südwestafrika, die älteste deutsche Kolonie,
liegt zwischen dem Oranjesluß und dem Knnene. Im Westen bildet
der Atlantische Ozean ihre Grenze; nach Osten hin reicht sie mit dem
sogen. Caprivizipfel bis zum Sambesi.
— 147 —
2. Bodengestalt. An der Küste zieht sich ein ungefähr 60 km
breiter Dünensaum hin. Dahinter erstreckt sich ein bis zu 90 km
breiter Wüstenstreifen. Dieser steigt zn einer Hochebene empor, die von
tafel oder kegelförmigen Bergen, z. B. dem Waterberg, überragt
und von einzelnen Gebirgszügen durchschnitten ist. Zwischen diesen Er-
Hebungen dehnen sich weite Grasflächen mit vorzüglichem Weideland
Abb. 90.
aus, die sich trefflich zur Viehzucht eignen. Nach Osten geht die Steppe
in die fast wasserlose Kalahariwüste über.
3. Klima und Erzeugnisse. Das Klima ist der Gesundheit der
Europäer durchaus zuträglich. Leider fehlt es an genügenden Nieder-
schlügen. Das Küstengebiet ist im Süden fast ganz regenlos. (Vgl.
§ III, 3). Im Innern treten oft Gewitterregen auf; dann stürzen
die reißenden Wassermassen von den kahlen Bergkuppen zu Tal und
füllen die sogenannten Riviere. Das sind tiefe Gräben, die nach
2-3 Tagen wieder völlig trocken sind. Weiter nördlich, wo die
10*
— 148 —
Abb. 91. Berg (Slangkop) hinter Keetuianshoop.
Auch Südafrika war einst vergletschert. Die Spuren des Gletschers treten in dein
Moränenschutt zutage. Der Gipfel ist völlig kahl, ohne ein Grashälmchen.
Abb. 92. Omarurufluß zur Trockenzeit.
— 149 —
Sommerregen auftreten, führen die Flüsse znr Regenzelt Wasser; in
der Trockenzeit haben sie höchstens einige Lachen. Durch Stauwerke
und artesische Brunnen sucht man größere Gebiete anbaufähig zu
machen und Wasser für die Viehzucht zu beschaffen. — Der Ackerbau
liefert Getreide, Obst, Gemüse, Tabak und Wein. Die Viehzucht er-
streckt sich auf Rinder, Schafe, Ziegen und Strauße. Wild leben
zahlreiche Antilopen, Hyänen uud Schakale. An Mineralien finden
sich Diamanten, Marmor und Kupfer.
4. Bevölkerung. Die Eingeborenen sind im Norden der
Kolonie die Ambos, in der Mitte die Herero und im Süden die
Abb. 93. Lüderitzbucht.
Hottentotten. Herero uud Hottentotten empörten sich in den Jahren
1903—1906 gegen die deutsche Herrschaft und mußteu in hartnäckigen,
schweren Kämpfen unterworfen werden. In diesen Kämpfen ist ihre Zahl
sehr zusammengeschmolzen. Die Übriggebliebenen (ungefähr 7000) werden
in den Diensten der Weißen als Viehzüchter oder bei Wege- und Bahn-
bauten beschäftigt. — In der Kolonie leben ungefähr 13 000 Weiße,
darunter 10200 Deutsche.
5. Besiedelung und Berkehr. Die Hauptstadt des Landes ist
Windhuk; die wichtigsten Hafenorte sind Swakopmund und Lüderitz-
bucht. Vou beiden Orten gehen Bahnen ins Innere. Die südliche
Bahn verbindet Lüderitzbucht mit Keetnmnshooh. Die eine von Swa>
kopmnnd ausgehende Bahn führt zu deu Kupferlagern von Otawi, die
— 150 —
andere nach Windhuk. Von dort ist eine Verbindungsbahn nach Keet-
manshoop im Bau begriffen.
f) Bedeutung der Kolonie. Deutsch-Südwestafrika ist eine
Siedlungskolonie. Die meisten dort ansässigen Deutschen sind
Farmer, die vor allem Viehzucht treiben. Hierfür eignen sich große
Teile der Kolonie vorzüglich. Gab es doch vor beni Krieg Ein-
geborene, die über 10000 Stück Vieh besaßen. Aus den Farmen
züchtet man auch Strauße. — Mit dem Anbau von Wein sind be-
friedigende Erfolge erzielt worden. Die weitere Entwicklung der Kolonie
hängt zumeist von der Möglichkeit künstlicher Bewässerung ab. —
Auch der Bergbau verspricht reiche Erträge. Die Ausfuhr au nicht
geschliffenen Diamanten erreichte im Jahre 1910 einen Wert von
27 Mill. Jk\ an Kupfer wurde für 5,6 Mill. Jk ausgeführt. Deutsch-
land erhielt von der Kolonie für mehr als 28 Mill. M
Waren und verkaufte dorthin für über 34V2 Mill. Jh.
D. Das Kongobecken mit Niedergninva.
§113. 1. Lage und Bewässerung. Das Kongobecken liegt zwischen
den Wasserscheiden des Sambesi und des Tsadsees; im Westen wird es
vom Atlantischen Ozean, im Osten vom Ostafrikanischen Hochland be-
grenzt. — Es wird vom Kongo und desseu Nebenflüssen bewässert,
unter denen der Ubangi und der Sanga d'e wichtigsten sind. Da der
Kongo vor seiner Mündung ein Randgebirge durchbrechen muß, so ent-
stehen viele Wasserfälle und Stromschnellen, die die Schiffahrt stellen-
weise unmöglich machen.
2. Pflanzen- und Tierwelt. An den Seen und Flüssen ziehen
sich große Urwälder hin; weite Strecken aber sind endlose Grassteppen,
deren ödes Einerlei nur der Affenbrotbaum zuweilen unterbricht. Die
Tierwelt gleicht derjenigen Ostafrikas.
3. Die Bewohner sind Neger, die als Ackerbauer Mais, Neger-
Hirse, Zuckerrohr und Tabak bauen. Eine große Plage bildeten für
sie früher die von arabischen Händlern veranstalteten Sklavenjagden
und der Sklavenhandel. Durch das Eingreifen der europäischen Staaten
ist diesem Unwesen ein Ende bereitet worden.
Staatliche Einteilung.
Der größte Teil des Kongobeckens gehört zu der Kolonie Belgisch-
Kongo. Sie ist 4V2inal so groß wie Deutschland und zählt 19 Mill.
Einwohner. Die Hauptausfuhrgegenstände sind Kautschuk und Elfen-
beiu, der wichtigste Handelsplatz ist Leopoldville. — Die Küste
von Niederguinea ist wegen der Sumpfniederungen und der großen
Hitze ein Herd verderblicher Fieber. Sie ist aufgeteilt unter Portu-
giesen, Franzosen und Deutsche (vergl. § 115 u. 116).
E. Der Sudan mit Oberguinea.
1. Lage. Nördlich vom Kongobecken bis zu der großen Wüste, §
im Westen vom Atlantischen Ozean, im Osten vom Hochland von
Habesch begrenzt, liegt der Sudan, d. h. Land der Schwarzen. In
einer Niederung liegt der Tsadsee, der den Sudan in eine westliche und
eine östliche Hälfte teilt. Erstere fällt steil zu dem flachen, sandigen Küsten-
saum von Oberguinea ab, der nach den ausgeführten Haupthandels-
gegenständen verschiedene Namen führt. An dem Randgebirge ent-
springen Senegal, Gambia und Niger.
2. Pflanzen- und Tierwelt. Das heiße Klima ruft an der
regenreichen Westküste eine urwaldähnliche Pflanzenwelt hervor.
Als Nutzpflanzen sind besonders die Ölpalme, die Gummiakazie- und
die Baumwollstaude wichtig. Im Innern dehnen sich Grassteppen
aus. Überaus reich ist die Tierwelt des Sudan. Im Schilfdickicht
des Tsadsees tummeln sich Schwärme von Pelikanen, Flamingos und
Reihern. Elefant und Nashorn, Giraffe und Antilope, die meisten
Raubtiere Afrikas und die verschiedenen Affenarten leben in den Wäldern
und Grassteppen.
3. Die Bewohner sind Sudanneger, die durch arabischen Einstuß
zum Islam bekehrt sind und eine höhere Kultur zeigen als die übrigen
Schwarzen. Sie treiben Ackerbau, sind geschickte Handwerker ^Schmiede-
und Lederarbeiten) und tauschen in regem Handel die Erzeugnisse ihres
Landes, z. B. Palmöl, Palmkerne, Baumwolle, Häute, Elfenbein u. a. m.,
gegen europäische Waren aus. Deshalb finden sich dort auch größere
Städte, z. B. Timbüktu am Niger und Knka am Tsadsee.
England und Frankreich haben den Sudan unter sich geteilt, so
daß ersteres im Osten, letzteres im Westen die Vorherrschaft besitzt.
Auch Deutschland hat mit zwei Kolonien, Kamerun und Togo,
Anteil an dieser Landschaft. Ein felbständiger Staat ist die von srei-
gelassenen amerikanischen Negersklaven gegründete Republik Liberia.
Kamerun.
(11/2tnal so groß wie das deutsche Reich, schätzungsweise 4 Mill. Einw.)
115. 1. Lage. Kamerun dehut sich vom Busen von Guinea im Westen
bis über den Longone und den Sanga im Osten aus und erreicht
mit 2 spitzen Ausläufern den Kongo und dessen Nebenfluß, den
Abb. 94. Kamerun.
Ubangi. Diese schmalen „Fühlhörner" sollen den Deutsche« den An-
schluß zur Schiffahrt auf dem Kongo sichern.
2. Bodengestalt. Ahnlich wie Deutsch-Ostfrika ist Kamerun von
einer Küsteuebeue begrenzt, die im Norden durch den 4000 m hohen,
vulkanischen Kamerunberg abgeschlossen wird. Über ein Randgebirge
hin steigt man dann zu einer Hochebene empor. Diese senkt sich nach
Süden zu dem Kongobecken; nach Norden fällt sie zu dem Beuue-
fluß steil ab.
— 153 —
3. Alima. Das Klima Kameruns ist bedingt durch die Lage in
der Nähe des Äquators und durch die Nähe des Meeres. Im Küsten-
land beträgt die mittlere Jahrestemperatur 25° C, im Gebirgsland
geht sie auf 18° C herunter; im Innern sind große Temperaturschwan.
fungen (von 35° mittags auf 6° nachts.) — Die Niederschläge
sind sehr beträchtlich, namentlich am nördlichen Abhang des Kamerun-
gebirges, wo eins der regenreichsten Gebiete der Erde ist (1050 ein —
vergl. Vorderindien!). Nach dem Innern hin nehmen die Niederschläge
ab; immerhin fällt auch hier noch 3 bis 4 mal soviel Regen als bei
uns. — Die feuchtheiße Treibhausluft der Küste und die starken Tem-
peraturschwaukungen sind der Gesundheit der Europäer sehr schädlich;
besonders gefährlich ist die Küste wegen der häufig auftretenden Malaria
und wegen des Schwarzwasserfiebers. Zum Glück sind die höher gelegenen
Gegenden, wie z. B. die Hauptstadt Buea, malariasrei.
4. Erzeugnisse. Das feuchtheiße Klima ruft am Kamerungebirge
und am Randgebirge eine üppige Pflanzenwelt hervor. Dichte Urwälder,
zu denen nur die Flußläufe und die schmalen Negerpfade einen Zu-
gang eröffnen, bedecken die Abhänge. Ölpalmen, Akazien und Kant-
schuklianen bilden die Bestände. Hinter dem Rand des Hochlandes
beginnen die Savannen; das sind weite Steppen mit übermannshohem
Gras. — Auf den Plantagen werden Tabak, Kaffee und Kakao ange-
pflanzt. Letzterer gedeiht besonders gut und lieferte im Jahre 1910
3 7a Mill. kg im Werte von 3 Mill. Ji. Die Ausfuhr an Kautschuk
betrug 11 Mill. Ji.
Über den Urwald des südöstlichen, neu von Frankreich erworbenen
Kamerun schreibt ein Reisender:
„Wir waren nun mitten in jenem großen Urwaldgebiet, das sich
ununterbrochen von der Batangaküste bis zu den großen Seen erstreckt
und in dem die Pflanzenwelt Afrikas ihre höchste Entwicklung, ihre
gewaltigsten Formen zeigt. Palmen, deren Wedel hier 20 Meter Länge
erreichen, bilden ganze Dickungen in den Sümpfen und kennzeichnen
die Üppigkeit des Pflanzenwuchses, der übrigens in den südöstlichen
Bezirken Kameruns — entgegen der üblichen Annahme — vollkommen
die Ölpalme vermissen läßt. Die Tierwelt in all diesen Gebieten
stimmt durchaus überein mit der des Kongobeckens. Unter den höheren
Tieren sind neben dem Elefanten die afrikanischen Menschenaffen Gorilla
und Schimpanse nicht selten. Büffel und viele sehr scheue Antilopen-
arten bewohnen das Unterholz. Aber alle höheren Tiere, Haarwild
und Vögel, leben sehr versteckt, und die einigermaßen erfolgreiche Jagd
auf sie schließt jede andere Beschäftigung aus. Nur die niedere Tier-
— 154 —
Welt macht sich aus Schritt und Tritt bemerkbar. Überall in den ge-
waltigen Säulenhallen des Urwaldes vernimmt das Ohr das schrille
Zirpen der Zikaden, und an Bachläufen und Flußübergängen erheben
sich beim Nahen der Karawanen ganze Wolken von Schmetterlingen in
schimmernden, weithin leuchtenden Farben. In diesen weiten Urwald-
strecken, die oft auf Tagereisen hin jeder Siedlung durch Eingeborene
entbehren, stießen wir immer wieder auf kleinere Trupps der Zwerge,
die, unruhig nomadisierend, ständig dem Elefanten folgen, dessen Jagd
ihre einzige Beschäftigung ist."
Abb 95. Ein Baumtor, Urwaldbild vom Kamerunberg.
5. Bewohner und Siedlungen. Die Bevölkerung Kameruns
wird schätzungsweise auf 4 Mill. Eingeborene angegeben. Diese sind
teils Bantu-, teils Sudanneger. Sie treiben neben etwas Ackerbau
viel Handel, namentlich vermitteln sie den Küstenhandel mit den Be-
wohnern des Hinterlandes. In den Urwäldern von Neu-Kamerun
leben sogen. Zwergvölker, die noch auf sehr tiefer Kulturstufe stehen,
sich von Fischfang und Jagd ernähren und teilweise sogar noch Menschen-
sresser sein sollen. — Die Zahl der Weißen beträgt ungefähr 1300.
Der wichtigste Ort der Kolonie ist Dnala, wo sich das Grab des be-
— 155 —
rühmten Asrikaforfchers Dr. Nachtigall befindet, der hier dem Fieber
erlag. Regierungssitz ist Buea, in gesunder Lage von 1000 m Höhe.
Handelsplätze sind Batanga und Viktoria. Hier befindet sich ein
großartiger Versuchsgarten, in dem durch Versuche festgestellt wird,
welche Nutzpflanzen sich am besten zum Anbau in der Kolonie eignen.
6. Bedeutung. Kamerun steht noch im Anfang der Entwicklung.
Große Teile sind erst wenig erforscht; besonders der Bahnbau ist noch
in den ersten Anfängen. Doch verspricht Kamerun eine gute
Handels- und Plantagenkolonie zu werden, wie aus folgen-
den Zahlen hervorgeht:
Abb. 96. Viktoria mit dem großen und dem kleinen Kamerunberg.
Gesamthandel Einfuhr Ausfuhr
1904 17 Va Mill. Mk. 9Vs Mill. Mk. 8 Mill. Mk.
1910 45 V« „ „ 25 V» , „ 20 „ „
Togo.
^Etwas größer als Bayern, 1 Mill. Einwohner.)
1. Lage. Togo, die kleinste nnsrer afrikanischen Kolonien, liegt § 116.
eingezwängt zwischen französischem und englischem Gebiet. An das
Meer reicht es nur mit einer 52 km breiten Küste; die Landung wird
noch erschwert durch eine sehr heftige Brandung und durch den Mangel
an guten Häfen. Togo hat also eine ungünstige Lage.
2. Bodengestalt und Erzeugnisse. Togo besteht, ähnlich wie
Deutsch'Ostafrika und Kamerun, aus einer Küstenebene, einem Rand-
— 156 —
gebirge und einer Hochebene, Die K ü stenebene hat einen frucht-
baren Lehmboden, der gut angebaut ist und Mais, Erdnüsse und
Abb. 97. Buschsteppe in Togo.
Abb. 93. Dorf in Togo.
Baumwolle hervorbringt. Auch Öl- und Kokospalmen gedeihen hier
vorzüglich. Die Urwälder des Randgebirges liesern große Mengen
Kautschuk. Die Hochebene endlich ist mit mannshohem Gras be-
— 157 —
wachsen und bildet eine endlose Steppe, in die nur die Wälder an den
Flußläufen und der Affenbrotbaum Abwechslung bringen.
3. Bewohner. Die Bewohner sind Sudanneger, die vorzugsweise
Ackerbau treiben, sich aber auch auf Eisen- und Lederverarbeitung ver-
stehen und in der Töpferei, Weberei und Flechterei einen wohlverdienten
Ruf genießen. Die weiße Bevölkerung bestand im Jahre 1910 aus
372 Köpfen, darunter 337 Deutsche. Sie sind Beamte, Kaufleute oder
Leiter, Aufseher und dgl. auf den Plantagen.
4. Entwicklung der Kolonie. Togo ist zwar die kleinste,
aber die am dichtesten bevölkern deutsche Kolonie in Afrika.
Sie ist auch die einzige, die schon seit mehreren Jahren keinen Reichs-
znschuß mehr braucht. Für die Ansiedelung von Deutschen kommt sie
nicht in Betracht; nur als Handels- und Plantagenkolonie hat sie Be-
Abb. 99. Lome, die schönste Stadt der Guineaküste.
deutung. Togo liefert uns Palmkerne (1910 für über 2 Mill. Ji),
Palmöl (1 Mill. Jt\ Kautschuk (1 Mill. Jt). Auch die Baumwoll-
kultur macht erfreuliche Fortschritte (456000 -Ji). An der Einfuhr
ist Deutschland mit ungefähr 7 Mill. Jt beteiligt. Die wich-
tigsten Handelsplätze sind Lome und Anecho. Der Erschließung der
Kolonie dienen zwei Eisenbahnen, die von Lome nach Palime, bezw.
nach Atakpame führen. Den Verkehr mit dem Mutterlande vermitteln die
Woermann- und dieHamburg-Amerika Linie (Hamburg-Lome 18-21 Tage).
F. Die Sahara.
(Die größte Wüste der Erde.)
1. Bodengestalt. Die Sahara durchzieht Afrika vom Atlantischen § 117.
Ozean bis zum Roten Meer. Sie ist ein Teil der ungeheure« Wüsten-
tasel, zu der auch Arabien und Syrien gehören, und bedeckt eine Fläche,
— 158 —
die Europa an Größe gleichkommt. Ein Gebirge teilt sie in der
Richtung von Nordwesten nach Südosten in eine westliche und eine
östliche Hülste. Ihr Sandstein- und Kalkboden ist infolge der großen
Temperaturunterschiede so zerklüftet, daß die sonderbarsten türm- und
pfeilerartigen Felsbildungen entstanden sind. Die losgetrennten Sand-
teilchen häuft der Wind zn gewaltigen Dünen auf, die oft mehr als 100 m
hoch sind und der Wüste das Aussehen eines gepflügten Ackers verleihen.
2. Klima. Das Klima zeigt die schroffsten Gegensätze. Der
Boden erhitzt sich infolge der Bestrahlung durch die Sonne bis zu 70° C;
nachts aber gibt er soviel Wärme ab, daß Eisbildung nicht selten ist.
Da der Nordostpassat (vergl. Abs. 6), der über die Sahara weht, trocken
ist, so leidet sie unter großer Regenarmnt; diese ist die Hauptursache ihres
Wüstencharakters. Nur die Gebirge bekommen zuweilen Negen. Eine
große Gefahr für deu Wüstenwanderer ist der Samum. Dieser heiße
Wind trocknet die Wafferschlänche aus, jagt Massen glühenden Sandes
vor sich her uud begräbt unter ihnen bisweilen ganze Karawanen.
3. Bewässerung und Erzeugnisse. Die Gewässer fließen rasch
von den Höhen herab und graben tiefe Furchen, Wadis genannt. Sie
trocknen schnell wieder aus, da der sandige Boden das Wasser leicht
durchläßt. Trifft das Wasser aber auf tiefer gelegene Ton- uud Lehm-
schichten, so sammelt es sich und tritt als Quelle wieder zutage. —
In ihrer Umgebung bedeckc sich der Bodeu bald mit frischem Grün.
Dattelpalmen, „der Trost der Wüsteukinder", und Granatbäume grüßeu
deu Wüstenwanderer in diesen Oasen (Oase ^ Ruheplatz); Weizen und
Mais, selbst Wem werden augebaut. Der größte Teil der Sahara
aber weist sehr wenig Pflanzenleben auf; oft fehlt es überhaupt. —
Unter den Tieren sind die schnellfüßigen, wie Strauß uud Antilope,
Schakal, Hyäne und Löwe zn nennen. Von großer Bedeutung für
die Durchquerung der Wüste ist das Kamel. — Das wichtigste Mineral
der Sahara ist das Salz.
4. Die Bewohner, die Beduinen, sind mit Ausnahme der
seßhaften Oasenbewohner Nomaden, die den Karawanen als Führer
dienen; oft aber überfallen sie dieselben auch und plündern sie aus.
5. Verkehr. Die Sahara wird vou mehreren Karawanen-
straßen durchquert. Eine derselben führt von Marokko nach Timbuktu,
eiue andere von Tripolis nach Knka Die Karawanen führen
meist Lebensmittel in die Wüste und holen ans den Oasen Datteln,
Öl und dergl,, ans der Wüste selbst Salz. Wichtiger als dieser Aus-
tausch ist der Durchgangshandel. Er befördert die Erzengnisse des
— 159 —
Sudan nach den Häfen der Nordküste, von wo sie nach Europa ver-
schifft werden.
6. Die Passate. Am Äquator, wo die Luft am meisten erwärmt
wird, steigt sie in die Höhe und fließt oben nach beiden Polen hin ab.
Dabei kühlt sie sich ab und sinkt bei ungefähr 30° nördlicher und
südlicher Breite zur Erde nieder. Von hier strebt sie wieder dem lust-
verdünnten Raum am Äquator zu. Diese regelmäßigen Luftströmungen
heißen Passate. Der Erdäquator eilt nun den aus höheren Breiten
mit geringerer Geschwindigkeit kommenden Winden gleichsam voraus,
so daß sie uns entgegenkommen, also aus Osten zu wehen scheinen. Sie
treten auf der nördlichen Halbkugel als Nordostpassate, auf der süd-
lichen als Südostpassate auf.
Die am Äquator aufsteigenden Luftströmungen führen Wasserdampf
in die Höhe, der sich abkühlt, zu Wolken verdichtet und sich in den
täglichen Gewittern der Äquatorialgegenden niederschlägt.
Staatliche Zugehörigkeit.
Den westlichen Teil der Sahara beanspruchen die Franzosen. An
der Küste des Atlantischen Ozeans haben die Spanier eine Besitzung.
Das Hochland von Barka, das im Norden bis an das Mittelmeer
stößt, ist türkischer Besitz (Tripolis). Der Osten der Wüste gehört zu
Ägypten.
G. Die Atlasländer.
1. Bodengestalt. Der Atlas ist ein Kettengebirge wie die Gebirge §118.
Spaniens und Italiens. Von diesen ist er nur durch die uicht allzu-
tiefen Meeresstraßen von Gibraltar und Sizilien getrennt. Sein nörd-
licher Zug ist der Kleine Atlas, der von der Straße von Gibraltar
bis zum Kap Blauco zieht und sehr steil zum Meer abfällt. Der Süd-
rand des Atlasgebirges, der Große Atlas, erhebt sich bis zu 4000 m
und fällt als steile Mauer zur Sahara ab. Zwischen diesen beiden
Ketten dehnt sich eine Hochebene aus. Sie entbehrt wegen ihrer Lage
hinter dem hohen Küstenrande hinreichender Feuchtigkeit uud ist deshalb
Steppe. Die weuigeu Gewässer können die Gebirge nicht durch-
brechen und enden in Salzseen, den Schotts.
2. Ktima und Erzeugnisse. Die Atlasländer zeigen auch in
bezug auf Klima, Pflanzen- und Tierwelt große Ähnlichkeit mit Süd-
enropa. In den Ebenen zwischen Mittelmeer und Atlas sowie an den
Nordabhängen des Gebirges, dem Tell, ist ein sehr fruchtbarer Boden
vorhanden. Hier zeitigt das Mittelmeerklima mit feinen ausgiebigen
— 160 —
Winter- und Frühjahrsregen Weizen und Mais in reicher Fülle; aber
auch Apfelsinen und alle andern Südfrüchte, Wein und feine Gemüse
gedeihen vortrefflich. In den Wäldern findet sich die Korkeiche. Der
Hochebene fehlt es an hinreichendem Regen; sie ist deshalb zum großen
Teil Steppe. Hier wächst das Halfagras, das zur Papierfabrikation
gebraucht wird. Auf den ausgedehnten Weiden werden die feurigen
Berberroffe gezüchtet. Auch Ziegen- und Schafzucht stehen in hoher
Blüte. Von Raubtieren kommen der dunkelmähnige Löwe und die ge-
fleckte Hyäne vor, die früher auch in Südeuropa heimisch waren. Viele
unsrer Zugvögel verbringen den Winter in den Atlasländern. Die
Gebirge sind sehr reich an Eisen und Kupfer.
Staatliche Einteilung.
Staatlich zerfällt das Gebiet in Marokko, Algerien und
Tunis, die alle unter französischem Einfluß stehen.
Abb. 100. Im algerischen Atlas.
1. Das Sultanat Marokko ist französifcher Schutzstaat. Die
wichtigsten Städte sind Fes, 150000 Einw., und Marokko oder
Marrükesch, 50000 Einw. Der Hauptausfuhrhafen und Sitz der
europäischen Konsuln ist TÄnger.
2. Algerien ist französische Kolonie. Sie ist durch das Anlegen
artesischer Brunnen und durch audere Bewässerungsanlagen ein blühendes
Land (der Gemüsegarten Frankreichs) geworden. Hauptstadt: Algier,
100000 Einw.
3. Tunis mit der gleichnamigen Hauptstadt ist französischer Schutz-
staat. An der Küste liegen die Ruinen des einst seebeherrschenden
Karthago.
H. Die Juseln um Afrika.
1. Die Inseln des Atlantischen Ozeans. Portugiesisch sind die
Azoren, Madeira uud die Kapverdischen Inseln. Madeira zeichnet
— 161 —
sich durch ein sehr mildes Klima aus. Deshalb wird die Insel von'
Brust- und Halsleidenden aufgesucht. — Die Kanarischen Inseln
(spanisch), die Heimat des Kanarienvogels, waren der Ausgangspunkt
der spanischen Entdeckungsfahrten. — Englisch ist St. Helena, einst
der Verbannungsort Napoleons I. Als Kohlenstation ist es für die
englischen Schiffe sehr wichtig. —
Von den Guineainseln ist Fernando Po die wichtigste; sie ist
in spanischem Besitz.
2. Die Inseln des Indischen Ozeans sind englisch oder fran-
zösisch. Die größte derselben ist Madagaskar, das Teutschland an
Flächeninhalt gleichkommt. Es wird durch die Straße von Mozambiqne
vom Festland getrennt, unterscheidet sich aber von diesem wesentlich in
bezug auf Pflanzen- und Tierwelt. So fällt die Armnt an Palmen
auf; aus der Tierwelt fehlen die großen Pflanzen- und Fleischfresser
und die echten Affen. Die Bewohner der Westküste sind den Negern
verwandt; die Ostküste wird von den malaiischen Howas bewohnt, die
von Asien aus eingewandert sind. Die Insel ist französische Kolonie;
die Hauptstadt ist Tananarivo.
Allgemeine Übersicht,
1. Lage. Ter Nordrand Afrikas wird mit den alten Kultur-ß 120.
ländern Südeuropas und Vorderasiens durch das leicht befahrbare
Mittelmeer verbunden. Seine Bewohner traten deshalb schon frühe
mit diesen Ländern in regen Verkehr. Dagegen blieben die südlicher
gelegenen Teile Afrikas, die durch weite Meere von den andern Erd-
teilen getrennt sind, lange Zeit abgeschlossen.
2. Gliederung. Die Abgeschlossenheit des Erdteils erklärt sich
auch aus seiner geringen Gliederung. Nicht eine einzige tiefe Meeres-
bucht erleichterte wie bei Europa und Asien das Eindringen in das
Innere; feine küstennahe Insel lockte die Bewohner des Festlandes
aufs Meer; die starke Braudung aber, die die Westküste begleitet,
erschwerte es den Schiffern, sich dem Lande zu nähern. Nur an der
Nordküste, wo sich der Einfluß von Südeuropa geltend machte, entstand
das seegewaltige Volk der Karthager.
3. Bodengestalt. Auch die Einförmigkeit der Bodengestalt ist für
die Erschließung des Erdteils von Nachteil. Denn Afrika ist als
Ganzes betrachtet ein Hochland, auf dem die Hochebene vorherrscht und
das an der Küste rasch aus einem schmalen Tieflandsstreifen zu be-
deutender Höhe emporsteigt. Dazu stellen die ungeheure Wüste und
Dilchei'-Schwcirzhaupt-Walther, Erdkunde, II. Teil. II
— 162 —
die weiten Grassteppen dem Eindringen ins Innere große Hindernisse
entgegen.
4. Bewässerung. Selbst die wasserreichen Ströme Afrikas bieten
keine Eingangspforten, da sie teils durch Versandung ihrer Mündungen,
teils durch viele Stromschnellen in ihrem Mittellauf für die Schiffahrt
ungeeignet sind.
5. Klima. Ferner trägt das Klima dazu bei, den Erdteil unzu-
gänglich zu machen. Es erzeugt an den sumpfigen Küsten verderbliche
Fieber; diesen ist schon mancher kühne Forscher (Dr. Nachtigall) zum
Opfer gefallen. Das Innere Afrikas wird durch die geringe Gliederung
des Erdteils und die hohen Randgebirge dem mildernden Einfluß des
Meeres'entzogen. Dieselben Ursachen bedingen für viele Teile des Fest-
landes auch Regenarmut, die wieder Wüsten- und Steppenbildung zur
Folge hat.
6. Erzeugnisse. Die afrikanische Pflanzenwelt bietet manches
Eigenartige. Der Affenbrotbaum hat zuweilen einen Stamm von 20—25 m
Umfang, und seine Krone mißt wohl 40 in im Durchmesser. In den
Sümpfen der Küste wuchern die Luftwurzeln des Mangrovebaumes.
Verschiedene Arten der Palmen liefern Öl, Kopra und Datteln. Kaffee,
Kakao, Baumwolle, Kautschuk und Halsa sind wertvolle Ausfuhrgegen-
stände. — In der Tierwelt ragen Elefant, Flußpferd, Nashorn und
Krokodil mit ihren gewaltigen Körperformen hervor. Einen scharfen
Gegensatz zu ihnen bilden die zierlichen Gazellen- und Antilopenarten
und die langhalsige Giraffe. Die Wüsten und Steppen beherrscht der
König der Tiere, der Löwe. Unter den Vögeln fällt der schnellfüßige
Strauß durch seine Größe auf. Termiten und Moskitos werden dem
Menschen oft lästig. Die Haustiere sind zumeist in Afrika nicht heimisch,
sondern eingeführt. Wichtige Handelsartikel'aus dem Tierreich sind
Elfenbein, Felle, Wolle und Straußenfedern. — Von Mineralien
liefert Afrika hauptsächlich Gold, Diamanten und Salz; auch Kohlen,
Kupfer und Marmor kommen vor.
7. Bewohner. Die Rassen: Ganz Nordafrika wird von Kau-
kasiern bewohnt. Zu ihnen gehören die Ägypter, Berber, Abeffinier,
die Bewohner der Sahara und die Galla und Somal. Malaiischen
Ursprungs sind die Howas. In Südafrika haben die Buschmänner
und Hottentotten ihren Sitz. 3/4 der Bewohner Afrikas aber
machen die Neger aus. Sie stehen noch jetzt auf einer sehr niedrigen
Kulturstufe. Die Ursachen hiervon sind 1. die Abgeschlossenheit des Erd-
teils, die die Neger hinderte, mit andern Völkern in Verkehr zu treten
und sich deren Kultur anzueignen, 2. das tropische Klima, das sie schlaff
— 163 —
und zu jeder Arbeit träge machte, 3. der natürliche Reichtum Afrikas
an Erzeugnissen aller Art, der sie der Notwendigkeit überhob, durch
körperliche und geistige Arbeit für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.
Hinsichtlich der Religion gehören die meisten Bewohner Afrikas
dem Heidentum an. Den Norden des Erdteils hat der Islam in Besitz
genommen. Das Christentum ist noch wenig verbreitet.
8. Einfluß der europäischen Kultur. Der Unternehmungsgeist
und die Tatkraft der Europäer überwanden auch die Abgeschlossenheit
Afrikas. Viele Dampferlinien und zahlreiche Telegraphen und Kabel
erleichtern jetzt die Verbindung mit dem Erdteil. Eisenbahnen umgehen
die Stromschnellen, dringen in die Wüste vor und werden bald Kap-
stadt mit Kairo verbinden. Artesische Brunnen rufen in einst unfruchtbaren
Gebieten reiches Pflanzenleben hervor. (Algier.) Die europäischen Staaten,
die hier Kolonien anlegten, gründeten zugleich Schulen; die Kaufleute,
die kamen, um die Erzeugnisse Afrikas zu holen, brachten europäische
Gesittung, und die Missionare sind schon lange am Werk, auch im
„dunklen Erdteil" die heidnischen Greuel durch die Ausbreitung des
Christentums zu verdrängen.
Die Austeilung Afrikas.
A. Selbständige Staaten.
Abessinien, Negerrepublik Nigeria.
B. Besitzungen fremder Staaten.
Frankreich: Marokko, Algier, Tunis, die westliche Sahara,
Französisch-Sudan, Französisch-Kongo, Madagaskar.
England: Südafrika, Britisch-Zentralafrika, Britisch-Ostasrika,
Britisch-Ägyptischer Sudan. Dazu Besitzungen in Oberguinea und
einige Inseln.
Deutschland: Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun,
Togo.
Portugal: Mozambique, Angola (nördlich von Deutsch-Südwest-
afrika), Azoreu, Madeira, Kapverdische Inseln, Portugiesisch-Ostafrika.
Belgien: Belgisch-Kongo.
Türkei: Ägypten (unter englischer Verwaltung), Tripolis (von
Italien beansprucht).
Kleinere Besitzungen haben Spanien und Italien.
Ii*
kmerika.
Allgemeines.
§122. 1. Grenzen und Lage: Amerika wird im Osten vom Atlantischen,
im Westen vom Stillen Ozean begrenzt. An der Südspitze gehen
diese beiden Weltmeere ineinander über. Die Nordgrenze bildet das
Nördliche Eismeer. — Amerika liegt auf der westlichen Erdhälfte. Im
Nordosten nähert es sich Europa (Island); im Nordwesten wird es durch
die nur 100 km breite Beringstraße vou Asien getrennt. Der südliche
Abb. 101. Querschnitt durch Nordamerika (nach Pütz.) 40°~u. Br.
Brasilianisches B.'rgland
m
Abb. 102. Querschnitt durch Südamerika (nach Pütz.) 25° s. Br.
Teil des Erdteils hat keine uahen Gegeuküsten. — Im Gegensatz zu
der Alten Welt, die ihre größte Ausdehuuug von Osten nach Westen
hat, erstreckt sich Amerika vorwiegend von Norden nach Süden uud
zwar durch 4 Zonen der Erde (72° n. Br. bis 56° s. Br.).
2. Größe und Einwohnerzahl. Amerika ist 4mal so groß wie
Europa uud hat 176 Mill. Einwohner.
3. Gestalt und Gliederung. Amerika ist ein Doppelkontinent.
Seine beiden Teile, Süd- uud Nordamerika, sind durch die schmale
— 165 —
Landbrücke von Mittelamerika und die Jnselbrücke der Antillen
miteinander verbunden. Sie sind fast gleich groß; auch hat jeder die
Gestalt eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Spitze nach Süden gerichtet
ist, während der Scheitel des rechten Winkels nach Osten zeigt. Nord-
amerika ist aber auf der Ostseite viel mehr gegliedert als Südamerika. —
Auch bezüglich der Bodengestalt zeigen beide Teile große Ähnlichkeit.
Im Westen zieht ein Meridionalgebirge; im Osten liegen gesonderte
Bergländer; in der Mitte ist ein Tiesland eingebettet. (Vergl. die
Qnerschnitte.)
A. Südamerika.
Bodengestalt und Einteilung. Die Westküste Südamerikas wird §123.
von einem Kettengebirge begleitet. Im Osten weist der Erdteil zwei
Hochländer auf Zwischen diesen Gebirgen breitet sich ein gewaltiges
Tiefland aus. Den Bodenformen entsprechend teilen wir Südamerika
in folgende Landschaftsgebiete ein: Die Anden, das Tiefland der
großen Stromfysteme (Orinoko, Amazonenstrom, Rio de la Plata),
das Bergland vonBrasilien, dasBerglandvonGnayana.
I. Die Anden.
1. Bodengestalt. Während die Hauptgebirge Europas und § 124.
Amerikas ihre größte Ausdehnung von Westen nach Osten haben,
ziehen die Anden oder Cordilleren (Kettengebirge) in südnördlicher
Richtung vom Kap Hoorn bis zur Landenge von Panama. Sie fallen
im Westen steil zum Meere ab und bilden deshalb einen schwer über-
schreitbaren Wall zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean. Doch
auch durch ihre unwegsame Wildnis führt hente die Eisenbahn den
Reisenden in der Höhe des Mont Blane. Ihre höchsten Erhebuugen sind
der Aconcagna (7000 m), der Illima.ni uud der Sorata. Die
beiden letztgenannten Berge schauen auf den hochgelegenen Titic^casee
herab. Fast unter dem Äquator liegt der Chimborazzo (-asso), in
seiner Nähe der Cotopaxi, der höchste tätige Vulkan der Erde.
2. Klima und Erzeugnisse. Ein großer Teil der Anden leidet
trotz der Nähe des Meeres an Regenmangel, weil ein kalter Meeresstrom
die Regenbildung hindert (vergl. die Küste von Dentsch-Südwestasrika).
Das Land hat infolgedessen zuweilen wüstenähnlichen Charakter, z. B.
in der Wüste von Atacama. Ihr Boden ist mit Salpeter bedeckt,
— 166 —
der in großen Mengen nach Deutschland gebracht und dort als Dünge-
mittel gebraucht wird. Die regenreichen Gebiete im Süden und
Norden sowie der Ostabhang der Anden mit seinen vielen Niederschlägen
sind stark bewaldet Die Anden sind auch die Heimat der Kartoffel
und des Chinarindenbaumes. — Unter den Tieren ist das Lama
am wichtigsten für den Andenbewohner. Es liefert ihm nicht nur Milch,
Fleisch, Wolle und Leder, sondern es trägt ihm auch schwere Lasten
über die steilen Gebirgspfade (Kamel, Renntier). Mit dem Lama ver-
wandt sind A lpako und Vi cunna, aus deren Wolle allerlei Gewebe
gefertigt werden. Über den Gipfeln der Schneeberge zieht derKondor,
Abb. 103. Chimborazzo.
der größte aller Vögel, seine Kreise. — Der Reichtum der Anden an
Mineralien, besonders an Gold, Silber, Knpfer und Salpeter,
bildete von jeher einen Hauptanziehungspunkt für die Europäer.
Staatliche Einteilung.
In den Besitz der Anden teilen sich folgende Republiken:
1. Chile (tfchile). Hauptstadt Santmgo, 340000 Einw. In der
Hafenstadt Valparaiso leben sehr viele Deutsche. Von hier aus führt
eine kühne Gebirgsbahn durch die Anden nach Buenos Ayres; sie er-
spart die gefährliche Seefahrt um das Kap Hoorn. In Valdivia ist sogar
\'3 der Einwohner deutsch. Hauptausfuhrgegenstände siud Chilisalpeter
(jährlich für mehr als 300 Mill. Jt) und Kupfer.
— 167 —
2. Bolivia. Die größte Stadt ist La Paz (Pas), 80000 Einw.
Wegen seiner Silbergruben war einst Potosi weit berühmt.
3. Peru, das Goldland Südamerikas (Vergl. § 131). Die
Hauptstadt ist Lima, 140000 Einw., ihr Hafen Callao (kalj-w). Wir
beziehen aus Peru Gold und Guano, der sich in großen Lagern auf
den kleinen Inseln an der Westküste findet; außerdem Chinarinde
(Chinin).
4. Ecuador. Die Hauptstadt ist Quito (fito), 80000 Einw., gerade
unter dem Äquator.
5. Colombia ist nach dem Entdecker des Erdteils benannt. Haupt-
stadt Bogota, 120000 Einw.
6. Venezuela. Die Hauptstadt heißt Caracas, 60000 Einw.;
der Hanpthafen ist La Guayra.
II. Das Tiefland der großen Stromsysteme.
Einteilung. Wir teilen das große Tiefland, das zwischen die § 125.
Gebirge des Westens und des Ostens eingebettet ist, ein in das Tiesland
des Orinoko oder die Llanos (Lj^nos-Ebenen), das Tiefland des
Amazonenstromes oder die Selvas (Wälder) und das Tiefland
des Rio de la Plata oder die Pampas (Ebenen).
1. Die Llanos.
a) Bewässerung. Die Llanos werden von dem Orinoko durch- § 126.
flössen, der das Hochland von Guayana in einem großen Bogen
umströmt und in einem Delta in den Atlantischen Ozean mündet. Er
entsendet den Cassiquiare nach Süden in den Rio Negro, einen
Nebenfluß des Amazonenstromes, so daß dieser mit dem Orinoko in
natürlicher Verbindung steht (Gabelung oder Bisnrkation). Die Ursache
dieser Erscheinung ist das Fehlen einer Wasserscheide zwischen den beiden
Stromsystemen.
b) Erzeugnisse. Die bewaldeten Flußufer haben einen fruchtbaren
Boden und eignen sich vortrefflich zum Anbau von Kaffee, Kakao und
Tabak. An dem linken Orinokoufer ziehen sich unendliche Grassteppen
hin. In der trockenen Jahreszeit (Oktober bis April) wird das Land
zur Wüste, in der Regenzeit aber gleicht es einem See. Wenn sich
dann die Wasser verlaufen haben, überzieht sich der Boden rasch mit
einem Grasmeere, in dem Rinder und Pferde reichliche Nahrung finden.
Politisch gehören die Llanos zu Venezuela.
— 168 —
2. Die Selvas.
§127. a) Der Strom. Die Ostabhänge der Cordilleren sind im mitt-
leren und nördlichen Teil sehr regenreich. Anch das ganze Gebiet der
Selvas gehört zu den regenreichsten Gebieten der Erde (über 200 ein
jährlich). Die Regeumassen sammeln sich in dem gewaltigen Amazonen-
strom oder Maranon. Er ist zwar nnr der dritt längste Strom
der Erde (5000 km), aber der bei weitem wasserreichste. 18 seiner
Nebenflüsse sind größer als der Rhein; an der Mündung kommt seine
Breite der Entfernung von Hambnrg bis Berlin gleich. Da er beim
Austritt aus dem Gebirge nur 180 m Höhe über dem Meere hat,
sein Lauf aber vou da ab uoch 3000 1cm beträgt, so hat er ein sehr
geringes Gefälle, und die Dampfer können bis an den Fuß der Anden
fahren.
b) Das Tiefland. Der größte Teil des Tieflandes war wohl
früher ein Meerbusen, den die Ablagerungen der großen Ströme
füllten. Aus der Bucht.wurde einsteinarmer bis steinloser Flachboden.
Auf diesem fruchtbaren Schwemmland rufen das tropische Klima und
der große Wasserreichtum eine üppige Pflanzenwelt hervor. Ungeheure
Urwälder bedeckeu eiueu Flächenraum, der siebenmal so groß ist wie
das Deutsche Reich.
c) Der Urwald. In feierlicher Ruhe liegt der Urwald da. Hoch-
ragende Palmen, gewaltige Farnbäume, rieseugroße Kakteen streben
zum Lichte empor uud bildeu ein grünes Blätterdach. Wie Efen rankt
sich der Pfeffer an ihnen empor. Meterlange Flechten hängen in
Strähnen zur Erde nieder. Hier hat eine Liane den Lorbeerbaum
umschlungen und droht ihn zu erstickeu. Dort ist dies einer andern
Schlingpflanze schon gelungen. Der Stamm ist in sich zusammen-
gestürzt, uud wie eine riesige, gewundene Schlange steht nun die Schling-
pflanze im Dunkel der Waldung. Mit deu Blüteu wetteifern bnnt-
schillernde Schmetterlinge und glänzende Käfer an Pracht. Vielfarbige
Kolibris uud bunte Papageien durchschwirreu die Luft. Eidechsen von
ungeheurer Größe und düster gefärbte Schlangen winden sich im Grase,
Krokodile und Schildkröten sonnen sich im heißen Sand. Nachts
weiden das schlanke Reh und der plumpe Tapir auf saftiger Wiese.
Jaguar und Puma gehen jetzt auf Raub aus, winselnd und kreischend
flüchten langgeschwänzte Affen von Ast zu Ast. Milliarden phosphores-
zierender Insekten bilden eine feenhafte Illumination, und gefpenfter-
artig flatteru blutsaugende Fledermäuse durch das tiefe Dunkel der
Nacht.
— 169 —
3. Die Pampas.
Das dritte Stronisystem Südamerikas ist das des Rio de la Plata. § 128.
Er ist der Mündungstrichter für Uruguay (gwa!) und Parana;
letzterer nimmt den Paraguay lgwai) auf. — Zu beiden Seiten des
Parana dehnen sich unendliche, baumlose Grassteppen aus, die Pampas.
Aus ihnen weiden Millionen von halbwilden Pferden, Rindern und
Schafen unter der Aufsicht der Gauchos (tschos), der besten Reiter der
Welt. Viele Tausende von Rindern werden jährlich geschlachtet. Ihr
Abb. 104. Montevideo.
Fleisch wird eingefroren, gesalzen oder getrocknet nach Europa gebracht
oder aber zur Bereitung von Fleisch-Extrakt verwandt. Auch Wolle,
Häute und Talg werden in großen Mengen ausgeführt.
Neben die Viehzucht tritt immer mehr der Ackerbau, da weite
Gebiete der Pampas mit fruchtbarem Löß bedeckt siud. Ungeheure
Weizenfelder breiten sich hier aus; die Pampas gehören zu den
wichtigsten Weizenländern der Erde.
Staatliche Einteilung.
An den Pampas haben folgende Staaten Anteil:
1. Paraguay mit der Hauptstadt Asuuciou (aßunßion).
2. Uruguay. Die Hauptstadt ist Montevideo, 300000 Eiuw.
Fray-Beutos (sr^-i-wentos), Hauptplatz für Bereitung von Liebigs
Fleischextrakt.
— 170 —
3. Argentinien. Außer den Pampas gehören zu Argentinien
das regenarme Hochland von Patagonien und die östliche Spitze der
Feuerlandsinseln. Es steht heute noch int Anfang seiner Entwicklung.
Leben doch in diesem Lande, das 5 mal so groß ist wie Deutschland,
nur 7 Mill. Einwohner. Aber Argentinien ist als Ackerbaustaat eines
der zukunftsreichsten Länder der Erde. Seine Hauptansfuhrgegenstäude
sind Weizen,WolleHäute. Deutschland bezog im Jahre 1910
ans Argentinien für 100 Mill. Jb Wolle, für 53 Mill. Jl
Häute und für 53 Mill. Jl Weizen. Es lieferte dorthin
Abb, 105. Blick auf die Bai von Rio de Janeiro.
vor allem Metallwaren (63 Mill. Jl) und Webwaren
(25MiIi. Jl). — Die Hauptstadt des Landes ist Buönos-Ayres mit
1,3 Mill. Einw.
III. Das Bergland von Brasilien.
§ 129. 1. Lage und Erzeugnisse. Das Hochland von Brasilien erhebt
sich an der Ostküste von Südamerika und dacht sich zu den Pampas
und den Selvas ab. Der schmale Küstensaum ist infolge reichlicher
Regen fehr fruchtbar und eignet sich vorzüglich zum Kaffeeanbau.
Ferner werden auf Plantagen Zuckerrohr, Baumwolle, Tabak, Kakao
und Farbhölzer angepflanzt. Das Innere ist regenarm und größten-
teils Grassteppe. Das ganze Hochland ist reich an Gold und Edelsteinen.
— 171 —
2. Staatliche Zugehörigkeit. Das Hochland von Brasilien und
die Selvas bilden zusammen die Bereinigten Staaten von Brasilien.
Sie sind so groß wie Europa ohne die 3 südlichen Halbinseln und
haben 21 Mill. Einw. Die Hauptstadt Brasiliens ist Rio de Janeiro
sschaneiro), 850000 Einw., das an Schönheit der Lage mit Neapel
und Lissabon wetteifert; es ist die wichtigste Handelsstadt Südamerikas.
An der Küste liegen Bahia und Pernambüco, bekannt durch die
Ausfuhr von Farbhölzern, und Santos, der Hauptausfuhrhafen für Kaffee.
Abb. -06. Kaffee - Ernte in Brasilien.
Ähnlich wie Argentinien hat auch Brasilien eine reiche Zukunft.
Heute hat es vor allem als das erste Kaffeeland der Erde eine
große Bedeutung. V» der gesamten Kaffeeernte entfallen auf Brasilien.
Im Jahre 1910 erreichte die Kaffeeausfuhr einen Wert von fast 400
Mill. 1h davon kam nach Deutschland. Wir beziehen
außerdem von Brasilien Kautschuk, Häute, Tabak und
Kakao. Unsere Ausfuhr nach Brasilien beträgt über
120 Mill. Jl. — In Brasilien leben fast V2 Mill. Deutsche. Die
Stadt Blumenau ist fast ganz deutsch. In 200 Schulen Brasiliens
wird nur deutsch gesprochen, in vielen Kirchen deutsch gepredigt.
Auch viele Zeitungen erscheinen in deutscher Sprache.
— 172 —
IV. Das Bergland von Guayana.
§ 130. Das Bergland von Guayana liegt zwischen Orinoko und Ama-
zonenstrom. Der Küstensaum, der es vom Meer trennt, ist sehr frucht-
bar, so daß Kaffee, Zucker, Baumwolle und Kakao üppig gedeihen.
Trotzdem finden sich hier wenig Ansiedler, da das heißseuchte Klima
verderbliche Fieber erzeugt. („Das Land, wo der Pfeffer weichst",
Teufelsinsel.) Der östliche Teil des Hochlandes mit der Stadt Cahenne
ist französisch; die Mitte mit Paramaribo niederländisch. Den Westen
mit Georgetown besitzen die Briten.
V. Die Bewohner Südamerikas.
§131. 1. Die Ureinwohner von ganz Amerika sind die Indianer.
Ihre Kennzeichen sind: kupferrote bis hellbraune Hautfarbe, schiefliegende
Augen, straffes, tiefschwarzes Haar, kräftiger Körperbau. In den von
der Natur überreich ausgestatteten Tiefländern und in den wildreichen
Grassteppen haben sie sich nicht über die Stufe der Jägervölker erhoben.
Aber auf den Hochebenen der Anden, wo ein gemäßigtes Klima herrscht
und der Boden nur dann dem Menschen den Lebensunterhalt liefert,
wenn er ihn bebaut, wurden sie gezwungen, Ackerbau zu treiben. Auf
dieser Grundlage entwickelte sich der Knlturstaat der Jnkas im heutigen
Peru.
Das Reich der Jnkas wurde der Sage nach von dem Sonnen-
gott gegründet. Auf einer Insel des Titicacasees baute er die heilige
Stadt. Vielgötterei und Menschenopfer wnrden aufgehoben, weise Ge-
setze eingeführt und das Reich ausgebreitet, in dem die Jnkas als Könige
und Hohepriester herrschten, ähnlich wie die Richter in Israel. Die
Mumien der Jnkas waren in dem großen Sonnentempel zu beiden
Seiten des riesigen Sonnenbildes aufgestellt und genossen göttliche Ver-
ehrung. Der Ackerbau, die Hauptbeschäftigung der Bewohner, wurde
durch großartige Bewässerungsanlagen gefördert, dem Handel und Ver-
kehr dienten große Heeresstraßen. In der Baukunst leisteten sie Groß-
artiges, wie man an den Überresten ihrer Tempel erkennen kann. —
Leider ging diese schöne Kultur unter der Herrschast der goldgierigen,
grausamen Spanier zu gründe.
2. Unter den Eingewanderten nehmen in Süd- und Mittel-
amerika die Romanen (Spanier und Portugiesen) die erste Stelle
ein. Ihre dort geborenen Nachkommen sind die Kreolen. Zur Be-
bauung der Plantagen wurden Neger als Sklaven eingeführt. Ihre
— 173 —
Abkömmlinge leben jetzt als Freie und sind in manchen Staaten das
herrschende Element.
3. Mischlinge sind die Mulatten (Nachkommen von Weißen
und Negern) und die Mestizen (Nachkommen von Weißen und
Indianern). Die Hauptsprachen sind das Spanische und das Portu-
giesische, die vorherrschende Religion ist die römisch-katholische.
Abb. .107. Allperuanisches Gefäß mit Kampfszenen.
r>. Mittelamerika und Westindieu.
I. Mittelamerika.
1. Lage. Mittelamerika reicht von der Landenge von Panama §132.
bis zum Busen von Tehuantepek. Es hat eine günstige Lage zwischen
zwei Ozeanen und zwei Festländern. An einer Stelle sind der Atlantische
und der Stille Ozean nur wenig über 50 km von einander entfernt
(Frankfurt-Bensheim). Die Gebirge sind vulkanisch. Durch eine tiefe
Querspalte in denselben baut die Union den Panama kanal, der einen
— 174 —
neuen und kürzeren Seeweg von Europa nach Australien und Oftasien
eröffnen wird.
2. Pflanzenwelt. Der hafenarme Westrand ist wegen des
mangelnden Regens unfruchtbar; dagegen hat sich an den Ostabhängen
infolge der reichen Bewässerung und des tropischen Klimas eine üppige
Pflanzenwelt entfaltet. Sie liefert Kaffee, Kakao, Vanille, Tabak,
Mahagoni- und Kampecheholz; auf den Kakteen lebt die Cochenille.
3. Bevölkerung. Die Bevölkerung besteht zum größten Teil aus
Indianern uud Mischlingen. Sie verteilt sich auf die 6 Republiken:
Panama, Eostarica (reiche Küste), Nicaragua, Honduras, San
Salvador und Guatemala. Leider sind diese Staaten in stetem
Streit begriffen, so daß sich das Land trotz der günstigen Lage und
des natürlichen Reichtums wirtschaftlich nicht entwickeln kann. Die
wichtigsten Städte sind GnatelmUa, Colon und Panama. Die Haupt-
ausfuhrgegenstände sind Kaffee und Kakao. Der Außenhandel ist zum
großen Teil in deutschen Händen.
II. Westindien.
§133. 1. Lage und Name. Unter Westindien versteht man die kleineren
und größeren Inseln, die von der Mündung des Oriuoko bis zur
Halbinsel Florida ziehen. Ihren Namen haben sie von dem Irrtum
der Entdecker, die glaubten, in diesen Inseln Indien erreicht zu haben.
Westindien besteht aus folgenden Inselgruppen: den Großen Antillen
(Euba, Haiti, Jamkica und Puerto-Rico), den Kleinen
Antillen und den Bah anwinseln.
2. Bodenbeschaffenheit und Erzeugnisse. Die Antillen sind
die Überreste eines Faltengebirges, das die Fortsetzung der Cordillcren
von Venezuela bildete und teilweise im Meer versunken ist. Wie die
Anden sind sie vulkanisch und haben noch jetzt häufig unter Aus-
brächen und Erdbeben zu leiden. — Ter Lavaboden und das feucht-
heiße Klima rufen hier eine große Fruchtbarkeit hervor (vgl. die Sunda-
inseln), Der Tabak Eubas und die Zigarren von Habü.na, das
Zuckerrohr und der daraus bereitete Rum Jamaicas sind weltberühmt.
3. Bevölkerung und staatliche Einteilung. Die Bewohner der
Großen Antillen sind zu 3n Neger und Mulatten. Der Rest be-
steht aus Kreolen. Euba und Puerto Rico sind selbständige Repu-
bliken, stehen aber unter dem Einfluß der Vereinigten Staaten von
Amerika. Die Hauptstadt Eubas Habana (hawana), 300 000 Einw.,
ist der bedeutendste Hafen- und Handelsplatz Westindiens. Jamaica
— 175 —
ist britisch. Auf Haiti bestehen zwei Negerrepubliken mit den Haupt-
städten Port au Prince und San Domingo.
In den Besitz der Kleinen Antillen teilen sich Engländer,
Franzosen, Niederländer und Dänen.
Die Bahamainseln sind Koralleninseln (vgl. § 151, 1). Sie
liefern viel Badeschwämme, Ananas und Bananen. Auf einer derselben,
Guauahani, landete am 12. Oktober 1492 Columbus. Sie sind in
englischem Besitz.
C. Nordamerika.
Wir teilen Nordamerika ein in Mexiko, die Vereinigten
Staaten von Amerika, Britisch-Nordamerika und Grönland.
I. Die Republik Mexiko.
Den größten Teil der Republik macht das Hochland von Mexiko §134.
aus, das sich zwischen Mittelamerika und dem Rio Grande del Norte
ausdehnt. Es fällt gegen den Stillen Ozean steil ab; dagegen dacht
es sich nach dem Golf von Mexiko hin zu einer snmpsigen Küsten-
ebene ab, in der Fieber und Moskitos große Plagen für die Menschen
bilden. Viele Sanddünen erschweren den Zugang; den einzigen guten
Hafen hat Vera Cruz (krüs).
Zur Hochebene führen tiefe Schluchten empor, in denen sich eine
tropische Pflanzenwelt entfaltet. Farbhölzer, Mahagoniholz, Vanille,
Zuckerrohr, Tabak und Kaffee gedeihen vorzüglich. Weiter hinauf
prangen die Abhänge im Schmucke immergrüner Wälder. Die Hoch-
ebene selbst ist aus Mangel an Bewässerung fast kahl. — Den Haupt"
reichtum des Landes bilden seine Schätze an Gold und Silber; die
Ausbeute der Bergwerke liegt meist in den Händen von Ausländern
(Vgl. Spanien!).
Zu der Republik Mexiko gehören noch die Halbinsel Kalifornien
und ein großer Teil der Halbinsel Jukatan. Sie ist im ganzen fast
viermal so groß wie Deutschland, hat aber noch nicht lU seiner Ein-
wohner. 113 derselben sind Indianer, die übrigen Kreolen und Misch-
linge. Da Mexiko früher eine spanische Kolonie war, so sind die
spanische Sprache und die katholische Religion vorherrschend. — Die
Hauptstadt des Landes ist Mexiko, 470 000 Einw., in herrlicher Lage.
— 176 —
II. Die Vereinigten Staaten von Amerika.
§135. Lage und Gliederung. Die Vereinigten Staaten von Amerika
(Union) werden im Osten vom Atlantischen, im Westen vom Stillen
Ozean bespült. Von diesen verbindet sieder eine mit Europa, der andere mit
den Kulturländern Asiens (China und Japan). Sie sind das eigent-
liche „Reich der Mitte". Die buchtenreiche Ostküste bietet den euro-
Peuschen Schiffen gute Ankerplätze und begünstigt dadurch den Verkehr
mit Europa.
Bodengestalt und Einteilung. Die Vereinigten Staaten von
Amerika werden im Westen von den Cordilleren durchbogen. An
diese lehnt sich ein vom Mississippi und seinen Nebenflüssen durch-
flossenes Tiefland an, das im Osten von den Alleghanies begrenzt
wird. Zwischen den Alleghanies und dem Atlantischen Ozean breitet
sich ein breiter Küstenstreifen aus. Hiernach teilen wir die Union in
folgende Landschaftsgebiete: 1. Die Cordilleren, 2. das Mississippi-
becken, 3. die Alleghanies, 4. die Küstenlandschaft.
(Größe Europas, 102 Mill. Einw.)
Abb. 108. Die Laiidschaftsgebiete Nordamerikas.
— 177 —
1. Die Cordilleren.
a) Bodengestalt. Den Ostrand der Cordilleren bilden die Rocky-§ 136.
Mountains, d.h. Felsengebirge, den Westrand die Sierra
Nevada und das Kaskaden gebirg e. Zwischen diesen Ge-
birgsketten dehnt sich eine Hochebene aus, die infolge der Umrandung
sehr regenarm ist. Sie ist deshalb auch unfruchtbar, ja teilweise Wüste
und nur spärlich bevölkert. Die Westkette wird von mehreren Flüssen,
dem Colorado, dem Sakramento und dem Columbia, durch-
brochen. In tief eingeschnittenen Schluchten, den Caüons, stürzen sie
dem Meere zu, sind aber wegen ihrer häufigen Stromschnellen nicht
schiffbar. — Die Cordilleren sind reich an eigenartigen Naturschönheiten.
Abb. 109. Blick ins Aosemite-Tal.
In der Sierra Nevada zeichnet sich besonders das Josemite-Tal durch
seine steilen Abhänge, seine riesigen Wasserfälle (400 m hoch), seine
farbenprächtigen Gesteine und seine tausendjährigen Waldbestände aus.
Im Felsengebirge wird der Iellowstone-Park in seiner ganzen
ursprünglichen Schönheit erhalten. Er umfaßt ein Gebiet halb so groß
wie das Königreich Württemberg. Zahlreiche Krater und heiße Quellen
erinnern an den vulkanischen Untergrund. Die Kalkablagerungen des
Wassers bilden weißglänzende Terrassen; zahlreiche Geiser schlendern
ihre dampfenden Wassersäulen bis zur Höhe des Frankfurter Domes
(96 m), und hoch über das Urwalddickicht ragen die 100 m hohen Stämme
der Riesenfichte und Riesenzeder.
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 12
— 178 —
b) Erzeugnisse. An der regenreichen Westküste der Sierra Nevada,
in Kalifornien, gedeihen vortrefflich Weizen, Wein und Orangen. Den
Hauptreichtum des Gebirges bilden aber seine Schätze an Gold, Silber,
Kupfer, Blei und besonders an Quecksilber. Der Ausfuhrhafen für diese
Erzeugnisse ist San Franzisko, 420000 Einw., am „Goldenen Tor".
Es ist Endpunkt mehrerer Pacific-Bahnen und vermittelt den Verkehr
mit Australien und Ostasien; daher wohnen hier viele Chinesen.
3. Das Mississippibecken.
§ 137. a) Bewässerung. Der Ostrand des Felsengebirges senkt sich zu
dem Mississippibecken, das sich im Osten an die Alleghanies anlehnt.
Es wird von dem Stromsystem des Mississippi bewässert. Der
Mississippi, als dessen Oberlauf man den Missouri betrachtet, ist mit
6700 km der längste Strom der Erde. Seine wichtigsten Nebenflüsse
sind der Arkansas und der Red River von rechts, der Ohio von
links. Er bildet die gewaltige Verkehrsstraße zwischen dem Innern
der Union nach dem Busen von Mexiko; seine Nebenflüsse verbinden als
natürliche Kanäle den Osten und den Westen der Vereinigten Staaten.
b) Klima. Das Mississippibecken hat kein westöstliches Gebirge.
Es steht deshalb sowohl den kalten Nordwinden des Winters wie den
heißen Südwinden des Sommers offen und hat dadurch heißere
Sommer und kältere Winter als Europa. Natürlich ist der Süden
viel wärmer als der Norden. Doch gehen die klimatischen Übergänge
ganz allmählich vor sich. — Da die Hauptregenquelle des Mississippi,
beckens der Atlantische Ozean ist, und da die vom Golf her wehenden,
feuchten Winde nordöstliche Richtung haben, so nimmt die Niederschlags-
menge von Osten nach Westen hin ab. Während das Gebiet östlich
des Mississippi reichlichen Regen erhält, leidet das Land westlich des
Stromes unter Regenmangel.
c) Erzeugnisse. Den klimatischen Verhältnissen entsprechend ist
die Pflanzenwelt der Landschaft sehr verschiedenartig. — Das Land
westlich vom Mississippi nimmt die Prärie ein. Große Herden ameri-
kanischer Büffel durchzogen einst ihre weiten Grasflächen; heute sind
diese Tiere fast ausgerottet. Hier ist den Indianern ein Gebiet ange-
wiesen worden, wo sie entweder seßhaft geworden sind und Ackerbau
treiben oder, treu ihrer alten Gewohnheit, auf schnellen Rossen der
Jagd obliegen. Aber auch in die Prärie dringt der Europäer vor;
denn ihr östlicher Teil ist schwarzer, fruchtbarer Ackerboden. Bei künst-
— 179 —
licher Bewässerung bringt er auch reichlich Mais und Weizen hervor.
Das Gebiet östlich des Stromes kann man in die Baumwollenzone
und in die Getreidezone einteilen. Erstere reicht vom Golf von
Mexiko bis etwa zum 32. Breitenkreis. Hier dehnen sich jene großen,
von Negern bearbeiteten Plantagen aus, die 2h der Baumwollenernte
der ganzen Erde erzeugen und die aus der Union das erste Baum-
wollenland der Welt machen. (Die amerikanische Ausfuhr an
Baumwolle betrug 1911 2172 Mill. Jl.) Neben Baumwolle wird auch
viel Reis und Zuckerrohr angepflanzt. — Weiter nach Norden, bis zu
den Kanadischen Seen, erstreckt sich die Getreidezone. Sie erzeugt in
ihrem südlichen Teil ungeheure Mengen Mais, 3A der gesamten Mais-
ernte der Erde. — An seine Stellen treten weiter Weizen und dann
Hafer. Durch diese reichen Ernten an Mais, Weizen und Hafer ist
die Union das erste Getreideland der Erde. — Auch Tabak
und Hopfen werden in großen Mengen angebaut.
Aber nicht nur der Ackerbau, sondern auch die Viehzucht blüht
im Mississippibecken in außerordentlichem Maße. Der Grasreichtum der
Prärie und der Überfluß an Mais und Hafer geben großen Herden
von Pferden, Rindern, Schweinen und Schafen reichliche Nahrung. Die
Union besaß 1910 70 Mill. (20 Vs) Rinder'), 48 Mill. (22) Schweine,
37 Mill. (73/4) Schafe. Infolgedessen führen die Vereinigten Staaten
große Mengen von Fleisch, Schmalz und Wolle aus.
Wegen all dieser reichen Erzeugnisse ist das Mississippibecken
eines der wichtigsten Ackerbaugebiete der Erde.
d) Besiedelung. In diesem von der Natur so sehr begünstigten
Gebiet sind in wenig Jahrzehnten große Städte aufgeblüht. Im
Mündungsgebiet des Mississippi liegt New Orleans, 340 L00 Einw.,
der erste Baumwollenausfuhrhafen der Erde. — In sehr
günstiger Lage, am Zusammenfluß von Mississippi und Missouri,
St. Louis, 700000 Einw., der Stapelplatz für Mais, Weizen, Tabak,
Holz, mit großen Müllereien, Brauereien und Tabakfabriken. Am
Michigansee liegt Chicago. „An der Ausmündung des Jllinoiskanals
gelegen, besitzt Chicago direkte Wasserverbindung durch den Lorenzstrom
mit dem Atlantischen Ozean, durch den Mississippi mit dem Golf
von Mexiko". In 80 Jahren hat sich die ehemalige Trapperstation
zu einer Stadt von 2,2 Mill. Einw. aufgeschwungen. Chicago
ist heute der größte Markt derErde für Getreide, Vieh
und Holz. Es besitzt großartige Viehhöfe und Schlächtereien,
in denen jährlich etwa 8 Mill. Schweine und 500000 Rinder ge-
*) Die eingeklammerten Zahlen gebenden entsprechend. Bestand Deutschlands an.
12*
— 180 —
schlachtet werden, — Ebenfalls am Michi-
gansee liegt Milwankee, 375000 Einw.,
eine fast ganz deutsche Stadt; auch
in Cincinnati, 370000 Einw., leben
viele Deutsche.
e) Die Kanadischen Seen und der
Niagarafall. Die Nordostgrenze des
Mississippibeckens wird von den Kanadi-
schen Seen, dem Oberen-, Hnron-, Michi-
gan-, Erie- und Ontario-See, gebildet.
Diese Seen bedecken ein Gebiet, das un-
gefähr so groß ist wie Preußen westlich der
Oder, und liegen auf einem Tafelland in
Stufen übereinander. Nur Michigan- und
Hnronsee haben die gleiche Höhenlage. Alle
stehen miteinander in natürlicher Verbin-
dnng. Der Verbindungsstrom zwischen
Erie- und Ontariosee bildet den berühmten
Niägarasall. In einer Breite von 1150 m
stürzt der Fluß 49 m in die Tiefe. Un-
mittelbar vor dem Sturz teilt ihn eine
Insel in den amerikanischen und den kana-
dischen Fall, der seiner Form halber auch
der Hufeisenfall genannt wird. Die mäch-
tigen Wassermassen bieten in ihrem Sturz
ein prächtiges Schauspiel. Sie verursachen
ein Getöse, das die Erde erzittern läßt und
bei günstigem Wind 50 km weit gehört
wird. Mit Recht nennen die Indianer den
Wasserfall Niägara, d. h. Donnerwasser.
Unterhalb des Falles tosen die Wasser in
einem engen, tief eingeschnittenen Canon
weiter. 77 m über dem Wasserspiegel
führt eine 260 in lange Brücke über den
Fluß. Die Kraft des Wasserfalles wird
in elektrische Energie umgesetzt, die zahl-
reiche Maschinen treibt. Der Niägarasall
wird durch einen Kanal umgangen, der die
Verbindung für die Schiffahrt zwischen
Erie- und Ontariosee herstellt.
— 181 —
3. Die Alleghanies.
Die Alleghanies ziehen im Osten der Union von Südwestens38.
nach Nordosten. Einst höher als das Felsengebirge, erreichen sie heute
nur noch eine Höhe von 2000 m; denn die abrinnenden Gewässer, der
jähe Wechsel von Frost und Hitze und heftige Winde haben an dem
Granit-, Kalk- und Sandstein des Gebirges genagt. Der losgelöste
Schutt bildet jetzt teilweise den fruchtbaren Boden des Mississippibeckens.
Da das Gebirge infolge der Meeresnähe reiche Niederschläge hat, so sind
seine Höhen mit Eichen, Buchen und Ahorn bewaldet. An den Abhängen
werden Weizen, Wein und Tabak, weiter südlich Baumwolle und Reis
angebaut. — Den Hauptreichtum der Alleghanies bilden die Mineralien.
Hier sind die ergiebigsten Kohlenfelder der Erde. Nicht weit davon
. liegen reiche Eisenerzgruben. Nirgends sonst entquillt das Petroleum in
solcher Menge der Erde. Hier seien auch die reichen Kupfervorkommen
in dem Gebiet der Kanadischen Seen erwähnt, die auch in der Kupfer-
gewinnung die Union an die erste Stelle gesetzt haben. Die Alle-
ghanies sind also das Hauptbergbaugebiet der Union. —
Diese Bodenschätze finden Verwendung in einer lebhaften Industrie.
Obenan steht die Eisenindustrie, die mit ihren Gießereien und groß-
artigen Maschinenfabriken ihren Hauptsitz in Pittsburg hat.
4. Die Küstenlandschast.
a) Lage und Bewässerung. Die Küstenlandschaft zwischen den § 139.
Alleghanies und dem Atlantischen Ozean nimmt von Norden nach Süden
an Breite zu und geht in die Halbinsel Florida und die Golf-
niedernng über. Sie ist durch die Gesteins- und Schlammanhäufungen
entstanden, die die Flüsse aus den Alleghanies in das Meer führten.
Während die Küste im Süden sandig und hafenarm ist, weist sie im
Norden zahlreiche Buchten auf. In diese münden viele Küstenflüsse,
darunter der Hudson. Sie stellen die weitere Verbindung mit dem
Innern des Landes her.
b) Besiedelung. Die günstigen Verkehrsverhältnisse, die ausgezeich-
nete Lage zu Europa und das reiche Vorkommen von Kohlen und
Eisen, von Baumwolle und Wolle in unmittelbarer Nähe haben den
Küstenstreifen zu dem wichtigsten Handels- und Industrie-
gebiet der Union gemacht. Hier ist deshalb eine große Anzahl
blühender Städte entstanden.
New York hat mit seinen Vorstädten 43/4 Mill. Einw. und ist
somit die größte Stadt Amerikas. Zu seiner schnellen Entwickelnng hat
182 —
seine günstige Lage wesentlich beige-
tragen. Es liegt auf einer Insel in
der Mündung des Hudson. Dieser ist
durch einen Kanal mit dem Eriesee
verbunden und stellt die Verbindung
zwischen New Jork und den Kanadischen
Seen her. Zahlreiche bequeme Über-
gänge über die Alleghanies führen in
das fruchtbare Ohiotal. Die Hudson-
mündung bietet einen großen, tiefen
und bequem zugänglichen Hafen, in
dem ein Gewirr von Masten und
Segeln sich dem Ankommenden dar-
bietet. Dahinter dehnt sich das un-
geheure Häusermeer aus. Die Haupt-
geschäftsstraßen sind der 25 m breite
Broadway (breiter Weg) und die Wall-
Street, wo die großen Bankhäuser, die
Börsen, die Zeitungen usw. sich be-
finden. Da der Raum auf der Insel
beschränkt und der Boden deshalb sehr
teuer ist, baut man 30 und mehr
Stockwerke hohe Häuser, die sogen.
Wolkenkratzer, in denen elektrische Fahr-
stühle die Bewohner schnell hinauf
und hinunter befördern. — New-
Jork ist die erste Fabrikstadt
der Union, die zweite Handels-
stadt der Welt. Es ist der
Hauptlandungsplatz sürdieEin-
Wanderer und bildet den Mittel-
pnnkt des Verkehrs zwischen
Amerika und Europa. Mehr als
70 Dampferlinien münden hier ein.
Mehrere Pacificbahnen verbinden die
Stadt in 41/2 Tagen mit dem Stillen
Ozean. Eine Vorstadt von New-Iork
ist Brooklyn, das ans einer Insel vor
der Hudsonmündung liegt. Drei in
schwindelnder Höhe erbaute Brücken
183 —
verbinden die beiden Städte. Boston,
1ß Mill. Einw., ist die bedeutendste Uni-
versität Amerikas. Philadelphia,
1300000 Einw., treibt großen Buch-
Handel (das amerikanische Leipzig) und
ist Hauptausfuhrplatz für Petroleum.
Baltimore, */2 Mill. Einw., hat großen
Tabaks- und Mehlmarkt. Washing-
ton. 330000 Einw., ist die Bundes-
Hauptstadt der Union.
5. Verfassung und Bevölkerung.
Die „Vereinigten Staaten von
Amerika" bilden eine Republik, die sich
aus 48 Staaten, 2 Territorien
und dem Bundesdistrikt Colum-
bia zusammensetzt. Die Gesamtregie-
rnng hat ihren Sitz in Washington;
an ihrer Spitze steht ein auf 4 Jahre
gewählter Präsident. — Die Bevöl-
kerung ist größtenteils englischen Ur-
sprnngs. Deshalb sind die englische
Sprache und der Protestantismus vor-
herrschend. An zweiter Stelle steht das
deutsche Element mit etwa 11 Mill.
Ihm verdankt die Union sehr viel.
Die Deutschen haben vor allem die
amerikanische Landwirtschaft entwickelt.
Wichtige Industrien, z. B. die Papier-
und Lederfabrikation, die Bierbrauerei,
sind von Deutschen eingeführt worden;
in Wissenschaft und Kunst, besonders
in der Musik, haben die Deutschen stets
eine hervorragende Rolle gespielt.
Durch Schulen, Vereine und Zeitungen
ist man bestrebt, das Deutschtum zu
stärken und das Bewußtsein der deut-
schen Herkunft auch in den Nach-
kommen der deutschen Einwanderer
wachzuhalten. — Die Bewohner der
W,
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"illMÖilllJ
iUill&li!
II« IM I
-tili III;
TOIIR!
§ 140.
Abb. 112. Ein Wolkenkratzer.
— 184 —
Südstaaten zeigen noch vielfach in Sprache und Religion ihre fran-
zösische oder spanische Abstammung; hier finden sich auch viele Neger
und Mulatteu. Die Indianer sind auf Mill. zusammengeschmolzen.
6. Die Union als Wirtschaftsgebiet.
§ 141. Die Union gehört zu den reichsten Staaten der Erde. Die Haupt-
beschäftiguug der Bewohner bildet die Landwirtschaft. Sie erzeugt
im Norden große Meugeu von Weizen, Roggen, Mais, so daß nicht
nur der eigene Bedarf gedeckt, sondern auch noch große Mengen an
Getreide ausgeführt werden können. (1911: Weizen f. 127 Mill. M,
Mais 152 Mill. Jt, Weizenmehl 227 Mill. Jt.) Der Süden liefert
vor allem Baumwolle. Obgleich die Union in der eigenen Industrie
große Mengen von Baumwolle verbraucht, betrug doch die Ausfuhr
noch 2172 Mill. Jt. Die Rinder- und Schweinezucht ist ebenfalls
fehr bedeutend; Schinken, Schmalz, Speck sind wichtige Ausfuhrartikel.
Im Bergbau steht die Union in der Förderung von Steinkohle,
Eisen, Kupfer, Quecksilber und Petroleum an erster Stelle; in der Gold-
gewinnuug an zweiter.
Dieser ungeheure Reichtum an Rohstoffen, die sowohl für die
Erhaltung des Lebens als für die Beschaffung von Arbeitsgelegenheit
am allerwichtigsten sind, gewährt den Vereinigten Staaten eine Unab-
hängigkeit, wie sie sonst kein Staat der Erde besitzt. Die Stärke
der Union ruht in ihr selbst, während die wirtschaftliche und z. T. auch
die politische Macht Englands in seinen Nebenländern, den Kolonien,
begründet ist. Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit macht
im Verein mit der günstigen Lage die Union zu einer
wirtschaftlichen und politischen Weltmacht ersten Ranges.
— Die Naturschätze werden verarbeitet in einer großartig entwickelten
Industrie, die gefördert wird durch den Unternehmungsgeist und den
praktischen Sinn des Amerikaners. Obenan steht die Verarbeitung von
Baumwolle; auch Wollen- und Seidenindustrie sind bedeutend. Die
Maschinenindustrie wetteifert mit der englischen und der deutschen.
Wichtige Erfindungen oder deren Vervollkommnung verdanken wir den
Amerikanern (Dampfer, Telegraph, Telephon, Nähmaschine, Mäh- und
Dreschmaschine). Den Erzeugnissen der Natur und der Industrie eut-
spricht der großartige Handel. Abgesehen von England und Deutsch-
land hat die Union den größten Außenhandel. (Im Jahre 1910:
13,9 Milliarden Mk. gegen 24,7 und 17,6 Milliarden von Groß-
britannien und Deutschland.) Er wird begünstigt durch die ausgezeichuete
— 185 —
Abb. 114. Die Zentral-Pacificbahn.
Uber die tiefen Schluchten der Kordilleren führen kühne, schlanke Brücken, die
zuweilen Meisterstücke der Jngenienrkunst vorstellen.
— 186 —
Lage, die vielen schiffbaren Ströme, durch zahlreiche Kanäle und ein
weitverzweigtes Bahnnetz. 4 Pacificbahnen durchqueren den Staat
vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean in 5—6 Tagen. Auch die
schwer zugänglichen Kordilleren sind durch kühne Brücken- und Tunnel-
bauten überwunden worden. Mit Deutschland steht die Union
in regem Handelsverkehr. Sie lieferte uns im Jahre 1910
für 1,187 Milliarden ^ Waren, Rohbaumwolle (397 Mill. M),
Kupfer, Schmalz, Pelztierfelle, Petroleum; unsere Einfuhr
dorthin betrug 633 Mill. Jb und erstreckte sich vorzüglich
auf Spielwaren, Teerfarbstoffe und andere Chemikalien,
Strümpfe, Kautschuk, Abraumsalze (wichtig für die ameri-
kanische Landwirtschaft).
III. Britisch Nordamerika.
(Fast so groß wie Europa, 7Va Mill. Einw.)
A. Landschaften.
§142. 1- Die Kordilleren. Der Westen von Britisch-Nordamerika
wird von dem Felsengebirge und den Nordamerikonischen
Seealpen durchzogen. Letztere erreichen in dem Mac Kinley-
berg (6200 m) ihre höchste Erhebung und fallen in einer fjorden-
reichen Küste steil zum Meere ab. Das ganze Gebirge ist reich an
Steinkohlen, Silber, Kupfer und Eisen; große Goldfunde sind bei
Klondike gemacht worden.
2. Das Tafelland, a) Bodenbefchaffenheit. Nach Osten hin
dacht sich das Felsergebirge zu einem Tafelland ab. Eine mächtige
Eisdecke bedeckte es einst, deren Spuren wir noch in den zahlreichen
Seen und vielen Sümpfen finden (vergl. die finnische, die schwedische und
die preußische Seenplatte.) Von den Seen entsenden der Große
Sklaven- und der Große Bärensee ihre Gewässer im Mäckenzie
in das Nördliche Eismeer, während der Abfluß des Winnipegsees der
Hudsonbai zuströmt.
d) Erzeugnisse. An der Küste des Nördlichen Eismeeres ziehen
sich öde Tundren hin. Weiter nach Süden bedecken das Gebiet große
Wälder, in denen weiße und rote Jäger dem Grislibär, dem Wolf,
dem Luchs, dem Marder, dem Hermelin und dem Biber nachstellen.
Der Südosten des Tieflands mit zum Teil sehr fruchtbarem Boden
hat einen großen Reichtum au Laubwäldern; auch bringt er alle
Getreidearten, besonders Weizen, in reicher Fülle hervor.
— 187 —
B. Bevölkerung und Besiedeluug.
Die Bevölkerung ist zum weitaus größten Teil englischen Ur-
sprungs. Ungefähr 30°/o sind Nachkommen von Franzosen, die bis
zum Jahre 1763 Kanada in Besitz hatten. Die Indianer wohnen
vorzugsweise im Westen.
Die großen Städte liegen meist an der wichtigsten Verkehrsstraße
des Landes, dem Lorenz ström: Ottawa, 90000 ©im, Sitz der
Regierung; Montreal, 1h Mill. Einw,, die erste Handelsstadt des
Landes; Quebek, 80000 Einw. Handel und Verkehr dieser Städte
werden auch begünstigt durch die kanadische Pacistc-Bahn, die in
Halifax (eisfreier Hafen) beginnt und in Bancouver am Stillen
Ozean endet. Hier schließen sich die Dampferlinien nach China, Japan
und Australien an. Diese Bahn stellt die kürzeste Verbindung
zwischen England und Ostasien her.
C. Wirtschaftliche Verhältnisse.
Britisch-Nordamerika ist ein rasch aufblühendes Land, desfen wirt-
schaftliche Erschließung teilweise erst jetzt in Angriff genommen wird.
Aus der Union sowohl als aus Europa strömen ihm zahlreiche Ein-
Wanderer zu (1910/11 über 300000). Die Ausfuhr erstreckt sich be-
sonders auf Weizen, der größtenteils nach England geht, und auf Holz.
D. Staatliche Einteilung.
Britisch-Nordamerika ist, wie der Name sagt, englischer Besitz.
(Die nordwestliche Halbinsel Alaska gehört den Vereinigten Staaten
von Amerika). Die Engländer besitzen auch Neufundland, das für
die Seefischerei von großer Bedeutung ist, da sich auf den vorgelagerten
Sandbänken ungeheure Mengen von Fischen sammeln. Englisch sind
auch die Bermudainseln, der Obst- und Gemüsegarten der Union und
der Wiuteraufenthalt der amerikanischen Reichen.
IV. Grönland.
(4 mal so groß wie Deutschland.)
Das Innere Grönlands ist von einer gewölbten, schildförmigen § 143.
Eisdecke, dem sogen. Inlandeise, überzogen. An vielen Punkten der
Küsten reichen die Gletscherzungen ins Meer; sie brechen ab und
schwimmen als Eisberge davon. Die Ostküste erhebt sich bis zu Alpen-
höhe. Die fjordenreiche Westküste wird von einem Arm des Golf-
stroms bespült, der das rauhe Klima mildert. Kleine Flüsse durchziehen
das „Grüne Land"; Rüben und Kartoffeln können angebaut werden.
— 188 —
(Vergl. Westküste Skandinaviens.) — Die Bewohner Grönlands, die
Eskimos, beweisen, „daß der Mensch sich noch behaupten kann, wo
ein neunmonatlicher Winter das Land versteinert." Im Sommer
wohnen sie in Zelten, im Winter bauen sie sich ihre Hütten aus Eis
und Schnee. Auf Booten aus Fellen fahren sie aufs Meer zur Seehund-
jagd. Hunde ziehen ihren Schlitten, wenn sie den Polarhasen, den
Eisfuchs oder den Eisbär jagen. — Politisch gehört Grönland zu
Dänemark.
Allgemeine Übersicht.
144. 1. Lage. Amerika nähert sich im Norden der Alten Welt. Nach
Asien führt eine Jnselbrücke, über die einst die Ureinwohner in Amerika
eindrangen. Von Skandinavien ist es ungefähr 1500 km entfernt,
Island liegt wie eine Station zwischen Amerika und Europa. Von
Island aus wurde der Erdteil auch zum erstenmal entdeckt (ums Jahr 1000
durch die Normannen). Doch geriet die Entdeckung in Vergessenheit,
und Christoph Columbus mußte aufs neue die Kenntnis von der Neuen
Welt nach Europa bringen.
2. Gliederung. Amerika ist in seinem nördlichen Teil mehr ge-
gliedert als im Süden; doch wird Südamerika dnrch die trichterförmigen
Flußmündungen für den Mangel an Meereseinschnirten entschädigt.
Daher ist Amerika, wenigstens auf der Ostseite, leicht zugänglich.
Dieser Umstand war der Einwanderung der Europäer sehr günstig.
Die Westküste ist fast ohne jede Gliederung und bietet nur wenig
gute Häfen.
3. Bodengestalt. Den Westen von ganz Amerika durchziehen die
Kordilleren, „das Rückgrat des Erdteils", als Meridionalgebirge. Im
Osten liegen, sowohl in Nord- als auch in Südamerika, abgesonderte
Gebirgslandschaften. In der Mitte breiten sich weit ausgedehnte Tief-
ebenen aus.
4. Die Einfachheit der Bodengestalt war von günstigem Einfluß
auf die Bewässerung. Die Ströme haben dadurch einen kurzen Ober-
lauf und einen sehr langen Unterlauf und begünstigen deshalb die Schiff-
fahrt. Ihre Bedeutung wird noch erhöht durch ihren Wasserreichtum,
ihre Länge und die weite Verzweigung ihres Systems. Auch der
Seenreichtum Amerikas ist für den Verkehr von hohem Wert.
5. Klima. Da sich Amerika durch vier Zonen erstreckt, so hat
es an der Glut des Äquators wie an der eisigen Kälte der Pole Anteil.
— 189 —
Doch folgen die Gegensätze in allmählichem Übergang aufeinander, da kein
westöstliches Gebirge eine Klimascheide bildet, wie die Alpen in Europa
und der Himalaja in Asien. „Im allgemeinen ist Nordamerika kühler
als Europa, das mit ihm großenteils unter denselben Breiten liegt.
New Jork ist im Jahresmittel um 6° kühler als das in gleicher Breite
liegende Neapel; Washington, in gleicher Breite mit Lissabon, hat die
mittlere Temperatur Mittelfrankreichs, das unwirtliche Labrador liegt
unter dem gleichen Breitengrade wie Großbritannien." Südamerika
ist der regenreichste Erdteil.
6. Erzeugnisse. Amerika hat eine sehr üppige Pflanzenwelt.
Riesige Urwaldgebiete bedecken die Tiefländer; nirgends sind die Palmen
so hoch, so schön und so mannigfaltig wie in Amerika. Riesenfichte
und Riesenzeder erreichen eine Höhe von 120—150 m. An Kultur-
pflanzen lieferte es der Alten Welt den Mais, die Kartoffel, den Tabak,
den Chinarindenbaum; es empfing dagegen die Getreidearten, die Baum-
wolle, das Zuckerrohr und den Kaffee. Diese eingeführten Nutzpflanzen
fanden hier ihre zweite Heimat und gediehen besser als sonst irgendwo, so
daß Amerika uns heute zum großen Teil mit den letztgenannten Roherzeug-
nissen versorgt. — Die Amerika eigentümliche Tierwelt erreicht nicht
die gewaltigen Formen der asiatischen und der afrikanischen. Puma,
Jaguar und Tapir erscheinen nur als verkleinerte Vertreter von Löwe,
Tiger und Flußpferd; Lama und Vicunna erinnern nur von ferne an
das Kamel. Dagegen ist die Vogelwelt vom winzigen Kolibri bis zum
riesigen Kondor in zahlreichen buntfarbigen Arten vertreten. Die durch
die Einwanderer hierher gebrachten Haustiere entwickelten sich vorzüg-
lief). — An Mineralreichtum übertrifft Amerika alle übrigen Erd-
teile. Gold, Silber, Quecksilber, Kupfer, Eisen, Steinkohlen, Petroleum
kommen in unerschöpflichen Mengen vor und bilden die Grundlage
einer hoch entwickelten Industrie.
7. Verkehr mit Europa. Die ungeheuren Reichtümer Amerikas
waren von jeher der Hauptanziehungspunkt für die Europäer. Bald
nach der Entdeckung des Erdteils wanderten Tausende hierher aus, und
auch heute noch verlassen jährlich viele Europäer ihr Vaterland, um
sich jenseits des Weltmeeres eine neue Heimat zu suchen. Diese persön-
lichen Beziehungen haben einen regen Verkehr zwischen Amerika und
Europa zur Folge. Er wird noch verstärkt durch die lebhaften Handels-
Verbindungen. Amerika liefert uns vor allem landwirtfchaft-
liche Erzeugnisse: Rohbaumwolle, Getreide, Kaffee, Holz,
Fleisch, dazu die Rohstoffe des Bergbaus. Es erhält von
uns vorzugsweise Fabrikate. Diesem Verkehr dienen zahl-
— 190 —
reiche Dampfschiffahrts- und Kabellinien. Deutschland
steht in dem Berkehr mit Nord- und Südamerika an 2. Stelle
(hinter England).
Politische Aufteilung des Erdteils.
A. Selbständige Staaten.
§145. 1. In Südamerika: Brasilien, Argentinien, Bolivia, Columbia,
Peru, Venezuela, Chile, Ecuador, Paraguay, Uruguay.
2. In Mittelamerika: Nicaragua, Guatemala, Panama, Hon-
duras, Costarica, San Salvador. — Euba, Dominikanische Repu-
blik, Haiti.
3. Nordamerika: Mexiko, die Vereinigten Staaten von
Amerika.
B. Besitzungen europäischer Staaten.
England: Britisch Nordamerika, Bermuda-Inseln, Jamaika,
einige der kleinen Antillen, Britisch Honduras, Britisch Guayana.
Frankreich: Französisch Guayana (Cayenne), einige der kleinen
Antillen.
Niederlande: Niederländisch Guayana, einige der kleinen
Antillen.
Dänemark: Einige der kleinen Antillen, Westküste von Grönland.
Australien
Lage, Größe und Einteilung. Australien liegt auf der Süd- § 146.
Hälfte der östlichen Halbkugel, mitten in der großen Wasserwüste des
Indischen und des Großen Ozeans. Um es von Hamburg aus zu erreichen,
braucht ein Dampfer trotz der großen Abkürzung durch den Sueskanal
über 50 Tage. Seine große Entfernung von Europa war die Ursache,
daß der Erdteil erst spät bekannt wurde. Der Holländer Tasm an
und der Engländer Cook haben sich um die Entdeckung und Er-
sorschung des Erdteils besondere Verdienste erworben. — Der Größe
nach steht Australien unter allen Kontinenten an letzter Stelle. Es
hat 9 Mill. qkm mit 7V8 Mill. Einw. Wir teilen Australien ein in
das Festland von Australien und die Australische Inselwelt.
A. Das Festland von Australien.
1. Gliederung. Das Festland von Australien ist wenig gegliedert, § 147.
wodurch die Erforschung des Innern sehr erschwert wurde. (Afrika!)
Im Norden finden wir als größeren Meereseinschnitt nur den Car«
pentaria-Golf, dessen Ostseite von der Halbinsel Jork begrenzt
wird, im Süden die halbkreisförmige Australbai.
2. Bodengestalt und Bewässerung. Den Osten und den Süd-
osten des Festlandes durchziehen die Australalpen und die Blauen
Berge (2000 m hoch). An ihnen verdichten sich die feuchten See-
winde zu reichlichen Niederschlägen Die Küstenabhänge haben des-
halb einen üppigen Pflanzenwuchs, und die Tiefländer zu ihren Füßen
bieten treffliches Weideland. Auf den Australalpen entspringt auch
der größte Fluß des Erdteils, der Murray mit dem Darling. Das
Innere Australiens leidet unter großem Regenmangel. Immer-
— 192 —
Abb. 115. Im australischen Urwald.
(Vergl. Pferd mit Reiter und die hochstämmigen Bäume.)
— 193 —
fließende Gewässer fehlen völlig; mehrere Seen, unter ihnen der
Eyre-See, haben salziges Wasser und bilden den größten Teil des
Jahres nur Sümpfe. Der Boden ist infolge dieser Wasserarmut teils
Wüste, teils Steppe. Große Flächen sind mit stachligem, undurchdring-
lichem Gestrüpp oder mit harten, scharfen Gräsern bewachsen. Durch
Anlage artesischer Brunnen sucht man seither unfruchtbare Gebiete für
die Bebauung zu gewinnen.
3. Pflanzen- und Tierwelt. Die Pflanzen- und Tierwelt Austra-
liens weicht von derjenigen der übrigen Erdteile erheblich ab. Im
Innern herrschen die Eukalyptuswälder vor. Die Stämme dieser
Bäume erheben sich bis zu 60 m, ehe sie sich verzweigen, und er-
reichen oft eine Höhe von über 100 m. Da ihre blaugrünen, schmalen
Blätter fast senkrecht herunterhängen, so bieten die Wälder keinen
Schatten. Seltsam berührt uns in dem australischen Wald der
Mangel an Singvögeln; dagegen leuchtet das Gefieder vieler Vögel in
den glänzendsten Farben. Besonders der Leierschwanz und die mancherlei
Papageienarten erfreuen durch ihre Farbenpracht das Auge des Reisen-
den. — Eigenartig sind auch die Säugetiere des Erdteils. Ursprüng-
lich fehlten ihm die dem Menschen so nützlichen Huftiere. Von Raub-
tieren kommt der Dingo vor, ein Mittelding zwischen Wolf und Hund.
Eigentümlich sind Australien die Beuteltiere und das Schnabeltier.
Letzteres ist zwar ein Säugetier, aber es hat statt des Maules einen zahn-
losen Schnabel, und es legt Eier, aus denen nach einigen Tagen wenig
entwickelte Junge auskriechen. Es ist also halb Säugetier und halb
Vogel. — In ähnlicher Weise gehört der Lungenfisch sowohl zu den
lust- als zu den wasseratmenden Wirbeltieren. Er kann wohl durch
Kiemen im Wasser atmen, zugleich aber benutzt er auch die zu einer
Lunge ausgebildete Schwimmblase zur Luftatmung.
4. Bewohner. Die Ureinwohner des Festlandes sind die Austrat-
neger. Sie sind den Negern ähnlich, stehen aber auf einer noch
niedrigeren Kulturstufe als diese. Das Fehlen der Anstiere ließ sie
nicht zu Ackerbauern, nicht einmal zu Hirten werden; sie blieben Jäger-
und Fischervölker. Sie weichen vor der vordringenden Kultur immer
mehr zurück und nehmen an Zahl schnell ab (ungefähr noch 250000).
— Den weitaus größten Teil der Bevölkerung machen die Einge-
wanderten aus, unter denen die Engländer obenanstehen; ihnen
folgen an Zahl die Deutschen (ungefähr 100 000). Um Australien,
das im 18. Jahrhundert zu einer englischen Kolonie erklärt worden
war, zu bevölkern, schickten die Engländer ihre Verbrecher dorthin. Da
wurden um das Jahr 1850 im Südosten Australiens große Goldfunde
D ilcher-Schwarzhaupt-Walth er, Erdkunde. II. Teil. 13
— 194 —
gemacht, und nun strömten aus allen Weltteilen goldgierige Abenteurer
hierher. In wenig Jahren entstanden große Städte: Sidney, 1',2 Mill.
Einw., Melbourne, V2 Mill. Einw., Adelaide, 180000 Einw.,
Brisbane, 120000 Einw.
5. Erzeugnisse. Die ersten Goldgruben erschöpften sich nach und
nach; aber im Westen des Landes wurden neue entdeckt, so daß
Australien noch immer in der Goldgewinnung neben Süd-
asrika und Nordamerika steht. Auch au Silber und Kupfer ist
es reich, und die Kohlenfelder scheinen bedeutende Schätze zu bergen. Die
Eingewanderten führten auch europäische Haustiere und Nutzpflanzen ein.
Am besten gedieh das genügsame Schaf; manche Züchter besitzen Herden
von mehr als 200000 Stück. Wolle ist deshalb der wichtigste
Ausfuhrartikel Australiens. Auch Fleisch, Talg, Fett und
Häute werden in großen Mengen ausgeführt. In den fruchtbaren
Gegenden werden Weizen, Mais, Tabak, Baumwolle, Obst und Wein
mit gutem Erfolg angebaut. Deutschland bezieht von Australien
vorallem Schafwolle (1910: für 170 Mill. Jl)\ außerdem
Weizen und Erze.
Staatliche Einteilung.
Das Festland von Australien ist in 5 selbständige Kolonien ein-
geteilt. An der Spitze einer jeden steht ein von dem englischen König
ernannter Statthalter; sonst hat jeder Staat völlig selbständige Ver-
waltnng. Die Kolonien bilden zusammen mit der Jusel Tasmauia
den Australischen Bund.
B. Die Australische Inselwelt
wird in den inneren und den äußeren Jnselgürtel eingeteilt. Zu
ersterem gehören die Inseln von Neu-Guinea bis Neu-Seeland. Die
übrigen Inselgruppen bilden den äußeren Gürtel.
I. Der innere Jnselgürtel.
§ 148. 1. Reu-Guinea. a) Das Land. Neu-Guiuea ist so groß wie
Skandinavien und die zweitgrößte Insel der Erde (lVamal so groß
wie Deutschland). In seinen Besitz teilen sich Niederländer, Briten
und Deutsche. Das deutsche Gebiet, halb so groß wie Preußen,
heißt Kaiser Wilhelmsland. Es wird von dem Bismarck gebirg e
— 195 —
durchzogen, dessen höchste Gipfel über 4000 m emporsteigen. Die Küste
ist an vielen Stellen sumpfig und wegen des heißen Klimas sehr ungesund.
b) Bewässerung, Pflanzen- und Tierwelt. Die hohen Gebirge
sind sehr reich an Niederschlägen. Sie entsenden als größten Fluß
den Kaiserin Augustasluß, der bis tief in das Land hinein sogar
kleinen Seedampfern eine ausgezeichnete Wasserstraße bietet. — Da der
Boden mit verwitterter Lava bedeckt und deshalb sehr fruchtbar ist, so
hat sich die Pflanzenwelt üppig entwickelt. Die wichtigsten Nutz-
pflanzen sind die Kokos- nnd die Sagopalme, deren Früchte wertvolle
Handelsartikel bilden. Ferner werden Sisalhanf, Kaffee und Kakao an-
Abb. 116. Pfahlbauten auf den Admiralitätsinselu.
gebaut; auch mit dem Anbau von Baumwolle und der Gewinnung
von Kautschuk hat man günstige Versuche gemacht. — Die Tierwelt
ist fast dieselbe wie in Australien. Unter den Vögeln sind noch der
prachtvolle Paradiesvogel und der straußähnliche Kusar zu nennen.
Die Schmetterlinge schillern in nie gesehener Farbenpracht.
c) Bewohner. Die Eingeborenen sind die Papuas, Menschen
von dunkelbrauner Hautfarbe, aber geistig höher steheud als die Austra-
lier. Ihre Wohnungen sind am Ufer des Meeres und der Flüsse
Pfahlbauten; im Innern sindet man auch auf hohen Bäumen errichtete
Hütten, die nur mittelst Leitern zu erreichen sind. Werkzeuge aus
Eisen kannten die Papuas früher nicht; sie gebrauchten nur solche aus
13*
— 196 —
Stein (Steinzeit). Sie lassen sich als Arbeiter auf den Plantagen
nicht verwenden; man hat zu diesem Zweck Eingeborene des Bismarck-
archipels oder Chinesen und Malaien angeworben. — Die wichtigste
Ausiedlung im Kaiser Wilhelmsland ist Friedrich-Wilhelmshafen.
2. Andere deutsche Besitzungen. Nordöstlich von Kaiser
Wilhelmsland liegt der Bismarck-Archipel, der aus den Admirali-
tätsinfeln, Neupommern und Nenmecklenbürg besteht. Von
den Salomonsinseln ist Bougainville deutsch. Alle diese Inseln
haben, wie Neuguinea, einen fruchtbaren Boden nnd ein feuchtheißes
Klima und bringen deshalb eine
üppige Pflanzenwelt hervor.
Auf den Plantagen werden
Baumwolle, Tabak, Kakao au-
gepflauzt; den Hauptausfuhr-
gegenständ bildet die Kopra.
3. Neu-Seeland. Neu-
Seelaud wird durch die Cook-
Straße in zwei Juselu geteilt.
Hohe vulkanische Berge mit den
größten Geisern der Welt füllen
sie aus. Zahlreiche Gipfel rageu
in die Region des ewigen Schnees
auf, und großartige Gletscher
reichen bis tief in die Täler
herab. Herrliche Gebirgsseen,
prachtvolle Wasserfälle, düstere
Felsenschluchten, von tosenden
Gebirgsströmen durchrauscht,
bilden die Zierden einer wilden
unbewohnten Gebirgslandschaft,
die an Großartigkeit kaum ihresgleichen hat. — Unter den Pflanzen
der Insel ist die Kanrisichte wegen ihres wertvollen Holzes und Harzes
wichtig. Von großer Bedeutung ist auch der neuseeländische Flachs.
Aus den Fasern seiner meterlangen Blätter werden Matten, Netze und
Taue hergestellt. Der Hauptaussuhrgegeustand ist aber Schafwolle,
da die Schafzucht Neu-Seelauds diejenige des Festlands von Australien
noch bei weitem übertrifft. — Die Juselu sind in englischem Besitz;
die Hauptstadt ist Wellington, ein wichtiger Hafenort Anckland.
Abb. 117. Baumhaus auf Neu - Guinea.
- 197 —
Abb. 118. Gebirgslandschaft auf Neuseeland.
— 198 —
II. Der äußere Juselgürtel.
§151. Zu dem äußeren Gürtel zählt man alle Inseln, die nördlich oder
östlich vom inneren Jnselgürtel zwischen den beiden Wendekreisen liegen.
Die hierher gehörigen Inseln sind entweder vulkanischen Ursprungs
oder durch die Tätigkeit der Korallen entstanden.
1. Entstehung der Äoralleninseln. Die Risskorallen sind kleine
Tierchen, die aus ihrem Körper Kalkröhrchen ausscheiden. Die Tiere
setzen sich am Meeresgrunde fest, und das Riff wächst infolge der fort-
gesetzten Vermehrung der Tiere im Lauf der Jahrtausende zur Oberfläche
des Meeres empor. „Die Wogen des Meeres wälzen Blöcke aus dem
Riff selbst herzu und bilden einen Boden, der immer höher emporsteigt.
Die Meeresströmungen führen Samenkörner und Früchte herbei, deuen
es möglich wird, in dem entstandenen Boden zu sprießen und den
glitzernden Korallenkies mit frischem Grün zu überziehen. Die Flut
wälzt Stämme daher und lagert sie an den Wänden ab; sie geben
ebenfalls neueu Boden und bringen zugleich in ihrer Rinde kleine Tiere
herbei. Seevögel lassen sich nieder, verschlagene Landvögel finden hier
einen Zufluchtsort. Ein Kranz von Kokospalmen grünt fröhlich in der
Meeresluft und ladet den Menschen ein, der zuletzt auf dem allmählich
bereiteten Wohnplatz erscheint." (Nach Buchholtz, Charakterbilder.)
2. Pftanzen- nnd Tierwelt. Der Ackerboden der Koralleninseln
hat stets nur eine geringe Tiefe, und das Regenwaffer wird schnell von
dem Kalkboden aufgesogen; deshalb sind diese Inseln wenig fruchtbar.
Nur die genügsame Kokospalme gedeiht hier in großer Menge. Ja,
sie macht die Inseln eigentlich erst bewohnbar; denn sie gibt dem
Menschen alles, was er braucht. Aus ihrem Stamm baut er seine
Hütte, mit ihreu Blättern deckt er sie. Der Bast liefert ihm Kleidung
und Matten; die erquickende Kokosmilch stillt seinen Durst, die junge
Frucht dient ihm als Speise. Außerdem bildet die Kopra den
wichtigsten Handelsgegenstand der Südsee. — Die durch
vulkanische Tätigkeit entstandenen Inseln sind viel fruchtbarer als die
Koralleninseln. Ihr Lavaboden bringt in dem feuchten, gleichmäßig
warmen Klima eine üppige Pflanzenwelt hervor. — Die Tierwelt ist
auf allen Inseln sehr spärlich vertreten. Schwein, Hund und Haus-
huhn sind erst von den malaiischen Inseln hierher gekommen.
3. Bewohner. Die Bewohner sind die Polynesier (Polynesien-
Vielinselland). Sie sind den Malaien verwandt, haben eine helle
Hautfarbe, einen kräftigen, schön gewachsenen Körper und stehen geistig
viel höher als die Australier und Papuas. Sie sind fröhlich und
— 199 —
gutmütig, aber auch leichtsinnig und diebisch. Große Geschicklichkeit
zeigen sie im Seewesen. Den Europäern kamen sie freundlich entgegen.
Sie nahmen leicht ihre Sitten und Gebräuche an und bekehrten sich
auch schnell zum Christentum.
Staatliche Zugehörigkeit.
In den Besitz der Inseln des äußeren Gürtels teilen sich die ber-
einigten Staaten von Amerika, England, Frankreich und Deutschland.
Den Vereinigten Staaten gehören die Sandwich-Inseln
mit der Hauptstadt Honolulu. Sie bilden eine wichtige Station auf
dem Wege von Nordamerika nach Australien und Ostasien.
Französisch sind die Gesellschastsinseln; englisch die
Fidschi-Inseln.
Die deutschen Besitzungen im äußeren Jnselgürtel.
Zu dieser Gruppe gehören a) die M arianen, Karolinen, H152.
Palan- und Marschallinseln, b) Upolu und Sawai von den
S amoainseln.
1. Die unter a) genannten Inseln sind kleine Eilande, deren Haupt-
wert in ihren Kokospflanzungen besteht. Ihre Kopraausfuhr belief sich
1910 auf mehr als l1^ Mill. M. Auf den Marschall-Inseln sind
auch große Lager von Phosphat (Düngemittel) vorhanden. (Ausfuhr
1910: 872 Mill. Jb.)
2. Samoa, „die Perle der Südsee", ist so groß wie das Groß-
Herzogtum Luxemburg. Es ist vulkanisch; die verwitterte Lava hat
einen ungemein fruchtbaren Boden abgegeben. Deshalb ist die ganze Küste
von einem Kranz hochragender Kokospalmen umsäumt; aber auch die
Berge, die zum Teil über 1000 m hoch sind, prangen im Schmucke
herrlicher Kokoswälder. Auf den Plantagen werden Kakao, Kautschuk
und Tabak gezogen. Die Hauptausfuhr bildet die Kopra (jährlich <21/2
Mill. Jb)\ daneben beginnt die Kakaoausfuhr zuzunehmen (etwa
*/2 Mill. Jis jährlich).
Das Klima ist zwar heiß, doch rein und für die Gesundheit der
Europäer nicht gefährlich.
Die Bewohner sind ein schöner Menschenschlag, dabei höflich,
liebenswürdig und gastfrei. Ihre größte Freude ist Musik und Tanz.
Jede Festlichkeit wie jede Tätigkeit begleiten sie mit Gesang. An ernste
Arbeit sind sie nicht zu gewöhnen. Man hat deshalb für den Plantagen-
— 200 —
bau Arbeitskräfte von den benachbarten Inseln und aus China herbei-
holen müssen.
Die Hauptstadt der Inselgruppe ist Apia auf der Insel Upolu.
Es besitzt einen wichtigen Hafen, in dem stets reges Leben herrscht.
Europäische Matrosen arbeiten emsig auf den Schiffen. In ihren Ge-
sang mischen sich die dreistimmigen Weisen der Samoaner, die in
leichten Kähnen den ankommenden Dampfern entgegenfahren und den
Passagieren Muscheln, Korallen, selbstgeflochtene Körbchen oder Fächer,
Bananen, Orangen u. dergl. anbieten. — Eine evangelische und eine
katholische Kirche zeugen von der Wirksamkeit der Missionare. In der
deutschen Schule werden auch die Kinder der Eingeborenen unter-
richtet.
3. Bedeutung der deutschen Besitzungen in der Südsee. Ein
großer Teil der Inseln ist fruchtbar und liefert besonders in der Kopra
einen wertvollen Handelsartikel (9 7* Mill. M). Wichtiger sind die Inseln
für unsere Schiffahrt. Sie haben gute Häfen, in denen die Schiffe Unter-
kunfl finden und Wasser und Kohlen einnehmen können. Auch als Kabel-
stationen haben sie große Bedeutung. Die Samoagruppe im besonderen
ist der Mittelpunkt des Schiffsverkehrs zwischen Nordamerika und
Australien, zwischen Südamerika und Südasien. Sie wird nach Voll-
endung des Panamakanals eine noch größere Wichtigkeit erlangen.
Die deutschen Kolonien.
1. Geschichtliches.
§153. Die Bestrebungen der Deutschen, auch jenseits des Weltmeeres
Landbesitz zu erwerben, reichen fast 4 Jahrhunderte zurück. Um 1530
erwarb die reiche Kaufmannsfamilie der Welser aus Augsburg große
Länderstrecken in Venezuela, um dort Handel zu treiben und Gold
und Edelsteine zu graben. Aber hinter diesen wagemutigen Kaufleuten
stand kein starkes Vaterland. Deutschland war von Religionsstreitig-
leiten zerrissen, es konnte sich seiner Landeskinder in der Fremde nicht
annehmen, und so kam es, daß schon um 1555 die deutschen Kaufleute
ihre Erwerbungen an Spanien abtreten mußten.
100 Jahre später gründete der Große Kurfürst, der den Wert und
die Bedeutung der Kolonien in Holland kennen gelernt hatte, an der
afrikanischen Westküste, nicht weit vom heutigen Togo, eine Kolonie.
Es wurde eine Feste erbaut, Groß-Friedrichsburg, die der Stützpunkt
— 201 —
der Besitzung werden sollte. Allein mit dem Tode des Großen Kur-
surften erlosch in Brandenburg das Interesse an dieser Erwerbung.
Friedrich Wilhelm I. überließ die Kolonie den Holländern für 6000
Dukaten. Deutschland schied aus der Reihe der Kolonial-
mächte aus.
Das Jahr 1870/71 brachte uns die Einheit und damit die Macht
nnsres Vaterlandes. Nationalbewußtsein, der Stolz, ein Deutscher zu
sein, erfüllte unser Volk, und der Wunsch erwachte, auch im Aus-
land deutsch zu bleiben. Das war bisher kaum möglich gewesen.
Millionen deutscher Volksgenossen waren in andere Länder gewandert,
hatten sich dort niedergelassen und waren dann im fremden Volkstum
untergegangen: dem Deutschtum aber waren sie verloren. Das mußte
anders werden. Auch in überseeischen Ländern brauchten wir Be-
sitzungen, wo sich Deutsche niederlassen und ihr Volkstum bewahren
konnten.
Dazu kam noch ein anderes. Die deutsche Industrie hatte nach
1871 einen mächtigen Aufschwung genommen; sie brauchte für ihre
Fabrikate neue Absatzgebiete. Die deutschen Kaufleute mußten aber
oft die Erfahrung machen, daß es sehr schwer ist, in den Besitzungen
fremder Staaten Waren zu verkaufen oder große Unternehmungen zu
wagen. Da werden die eigenen Landeskinder von den Behörden immer
unterstützt und bevorzugt, die fremden Unternehmer und Kaufleute
aber zurückgedrängt. Auch diese Erfahrungen ließen den Wunsch nach
Kolonien immer lauter werden.
Um diese Gedanken in das Volk zu tragen und Interesse für die
kolonialen Bestrebungen zu wecken, wurde im Jahre 1882 in Frank-
furt a. M. die Deutsche Kolonialgesellschast gegründet.
Das Jahr 1884 brachte die Erfüllung des Wunsches nach deutschen
Kolonien. In diesem Jahre stellte der Bremer Kaufmann Lüderitz
das Landgebiet um die Bucht von Angra-Pequena, heute Lüderitzbucht
genannt, unter den Schutz des Deutschen Reiches. Aus diesem Gebiet
entwickelte sich die Kolonie Südwestafrika.
In demselben Jahre schloffen einige Hamburger Kaufleute mit
Häuptlingen an der Guineaküste Verträge ab, um Handel treiben zu
körnten. Als die Engländer Schwierigkeiten machen wollten, eilte der
deutsche Naturforscher Dr. Nachtigall als Vertreter des Reichs zuerst
nach Togo und hißte hier (Juli 1884) die deutsche Flagge; im August
nahm er dann ein Gebiet an der Kamerunbai für das Deutsche Reich
in Besitz.
— 202 —
Auch die Erwerbung Deutsch-Ostafrikas, der wichtigsten deutschen
Kolonie, fällt ins Jahr 1884. Dr. Peters erwarb an der Ostküste
Afrikas ein 140000 qkm großes Gebiet, für das ein kaiserlicher Schutz-
brief ausgestellt wurde.
Endlich faßte Deutschland im Jahre 1884 iu der Südsee festen
Fuß. Kaiser Wilhelmsland und die benachbarten Inselgruppen wurden
erworben. Weitere Inseln, darunter die Karolinen und die Samoa-
inseln, kamen später durch Kauf oder durch Verträge iu deutschen Besitz.
In Asien wurde im Jahre 1898 Kiautschou auf Schantung besetzt.
Die letzte Erwerbung war die von Neu-Kamerun durch das deutsch-
französische Abkommen vom November 1911.
Die Sicherung und Erweiterung unsrer Kolonien ging nicht ohne
harte Kämpfe vor sich, die uns viel Geld und manches Menschenleben
kosteten. In Deutsch - Ostafrika mußten verschiedene Aufstände
niedergeschlagen werden; auch in Kamerun mußte verschiedene Male ein-
gegriffen werden. Der heftigste und schwerste Kampf wurde in Deutsch-
Südwestafrika geführt, wo 1903/06 in einem außerordentlich schwierigen
Kolonialkrieg die Ruhe nur durch fast völlige Vernichtung der Herero
hergestellt werden konnte. Doch sind die Opfer an Gut und Blut
nicht umsonst gebracht: denn unfre Kolonien stellen einen wert-
vollen Besitz dar.
II. Die Bedeutung unsrer Kolonien.
154. 1. Unser Volk nimmt jährlich um ungefähr 900000 Menschen zu.
Diese neuen Volksgenosfen brauchen Arbeitsgelegenheit, um sich er-
nähren zu können. Sie können sie nur in der Industrie finden. Da-
mit aber die Industrie neue Arbeiter aufnehmen kann, muß sie für
ihre Fabrikate lohnenden Absatz finden. Das wird aber immer
schwieriger. Manche Länder, die früher gute Kunden waren, ziehen selbst
eine Industrie groß (Italien, Rußland); in andern Ländern (China)
machen uns Völker, die billiger arbeiten können als wir (Japan), heftige
Konkurrenz. Deshalb sind Absatzgebiete in eigenem Besitz sehr wertvoll.
Unsere Kolonien sind 5 mal so groß wie Deutschland. Wenn sie heute
auch nur von 16 Mill. Menschen bewohnt sind, so ist die deutsche Aus-
fuhr dorthin doch schon recht ansehnlich. Sie hat im Jahre 1910 mehr
als 84 Mill. M betragen und bietet durchaus berechtigte Hoffnungen
auf weitere Steigerung. — Die Kolonien find also ein wert-
volles Absatzgebiet für unsere Industrie.
— 203 —
2. Seit dem Jahre 1871 sind mehr als 3 Mill. Deutsche aus-
gewandert. Wenn auch die Zahl der Auswanderer abgenommen hat,
so verlassen doch auch jetzt noch jährlich ungefähr 20000 Deutsche ihre
Heimat. Sie ziehen in fremde Länder, gehen dem deutschen Volke
vielfach verloren, ja, sie gebrauchen ihre in Deutschland erworbenen
Kenntnisse und Fertigkeiten, um der deutschen Landwirtschaft und In-
dustrie und dem deutschen Handel Konkurrenz zu machen. Solchen
Volksgenossen, die ihr altes Vaterland verlassen wollen, bieten jetzt
die Kolonien eine neue Heimat, wo sie unserem Volke erhalten bleiben
und mitarbeiten können für Deutschlands Macht. Hierfür kommen be-
sonders Deutsch-Südwestafrika und einige höher gelegene Teile von
Deutfch-Ostafrika in Betracht. Ein Teil der deutschenKolonien
kann also deutsche Auswanderer aufnehmen und sie dem
deutscheu Volkstum erhalten.
3. Unsere Industrie braucht eine große Menge von Rohstoffen
(Baumwolle, Kautschuk, Kopra, Kupfer), die nicht oder nur wenig bei uns
vorkommen. Auch viele Nahrungs- und Genußmittel, wie Kaffee, Kakao,
Tabak, müssen wir aus überseeischen Ländern beziehen. Für diese Roh-
stoffe gehen jährlich ungeheure Summen (mehrere Milliarden) ins Aus-
land. Noch schlimmer ist es, daß wir mit manchen dieser Rohstoffe,
die wir in unsrer Industrie unbedingt brauchen, jetzt ganz vom Aus-
land abhängig sind (z. B. mit Rohbaumwolle von Nordamerika). Die
Kolonien können uns wenigstens einen Teil solcher Rohstoffe liefern.
So betrug die Erzeugung von Rohbaumwolle jetzt schon 11/i Mill. M,
obgleich wir damit noch im Anfang stehen. Kautschuk lieferten die
Kolonien für 181ß Mill. M, Kopra für 10 Mill. M, Kakao für
33/<i Mill. Jb. Die Kupferförderung Südwestafrikas stieg in 2 Jahren
von 47 000 Jb auf 6,3 Mill. ^5. Wir sehen daraus: Die Kolonien
liefern uns wichtige Rohstoffe, die wir seither aus dem
Ausland beziehen müssen. Sie erhalten der deutschen
Volkswirtschaft große Geldsummen und machen uns etwas
unabhängiger vom Ausland.
4. Die Erschließung unserer Kolonien durch Hafenanlagen und
Eisenbahnen schafft unsrer Industrie neue Arbeitsgelegenheit.
5. Einige unserer Kolonien (namentlich in der Südsee) sind wert-
volle Stützpunkte für unsere Handels- und Kriegsflotte.
Die Schiffe können hier Kohlen und Wasser einnehmen und notwendige
Ausbesserungen ausführen.
Hl. Mathematische Erdkunde.
1. Das Himmelsgewölbe.
§ 155. Wenn wir auf einer weiten Ebene stehen, scheint es uns, als ob wir
im Mittelpunkt einer kreisrunden Fläche ständen, auf deren Rande das
Himmelsgewölbe ruhe. Diese scheinbare Berührnngslinie zwischen Himmel
und Erde nennt man Horizont, den Punkt senkrecht über unserem
Standort Scheitelpunkt oder Zenit, den entgegengesetzten Punkt
am Himmelsgewölbe Nadir oder Fußpunkt.
bis zum Horizont verlängert, so erhalten wir links den Westpunkt und
rechts den Ostpunkt. (Siehe Abb. 120.)
Das Himmelsgewölbe scheint sich täglich einmal um seine Achse,
die Himmelsachse, zudrehen; denn wir sehen, daß alle Sterne Kreise
am Himmelsgewölbe beschreiben, die um so kleiner werden, je näher
Abb. 119. Das Sternbild des Großen Bären
und der Polarstern.
* *
* a
Polarstem
Am Horizont denkt man
sich verschiedene Punkte fest-
gelegt. Der Nordpunkt
liegt von unserem Standort
aus in der Richtung des
kürzesten Schattens. Die ge-
rade Linie, die man sich von
dort dnrch unseren Standort
nach Süden gezogen denkt,
heißt Mittagslinie. Sie
trifft den Südpunkt des
Horizontes. Denkt man sich
dnrch unseren Standpunkt eine
Senkrechte zur Mittagslinie
gezogen und auf beiden Seiten
— 205 —
sie einem Punkte kommen, der in der Nähe des nördlichen Polarsterns liegt.
Diesen Punkt nennt man den Nordpol. Von ihm denkt man sich
dnrch den Mittelpunkt der Erde eine gerade Linie nach dem gegenüber-
liegenden Punkte des Himmelsgewölbes, dem Südpol, gezogen. (Auf
den Polarstern trifft man, wenn man die Sterne a und b im Stern-
bild des Großen Bären durch eine Gerade verbindet und diese etwa
6^/2mal verlängert, siehe Abb. 119.) Unter dem Himmelsäquator
versteht man einen Kreis am Himmelsgewölbe, der überall gleichweit
von den beiden Polen entfernt ist.
2. Kugelgestalt der Erde. Bewegung der Erde um sich selbst.
(Rotatiou.)
Wir haben (in Teil I) gesehen, daß uns der Augenschein über die §156.
Gestalt der Erde und ihre Bewegung täuscht. Wir erkannten:
Die Erde hat uicht die Gestalt einer Scheibe, sondern
einer Kugel;
2) die Erde steht nicht fest inmitten des Sternenhimmels,
sondern sie dreht sich täglich einmal um ihre Achse;
3) durch diese Bewegung der Erde um sich selbst (Rotation)
entstehen die Tageszeiten.
3. Die Entstehung der Jahreszeiten. Die Bewegung der
Erde um die Sonne. (Revolution).
Die Tageszeiten bleiben sich nicht immer gleich. Während am §157.
21. März und am 23. September Tag und Nacht gleiche Dauer haben,
sind im Sommer die Tage länger als die Nächte und im Winter die
Nächte länger als die Tage. Worin hat diese Veränderung ihren
Grund? — Da die Erde ihr Licht von der Sonne erhält, muß das
Zu- uud Abnehmen der Tageszeiten von der veränderten Stellung der
Sonne zu der Erde abhängen. Unsere Beobachtungen am Himmel
scheinen uns auch zu zeigen, daß die Sonne im Laufe des Jahres
verschieden große Bogen am Himmelsgewölbe beschreibt.
a) Die scheinbare jährliche Bewegung der Sonne.
Den Punkt des Horizontes, an dem die Sonne am 21. März im § 158.
Osten aufgeht, nennt man Ost Punkt, den Punkt, an dem sie an
diesem Tage im Westen untergeht, Westpunkt. — Am 21. März
— 206 —
geht die Sonne um 6 Uhr morgens im Ostpunkt auf. Sie steigt all-
mählich höher bis zu dem Kulminationspunkt (M) und senkt sich dann
zum Westrand des Horizontes hinab. Dort geht sie um 6 Uhr abends
unter. 12 Stunden hat sie gebraucht, um den T a g b o g e u zu beschreiben.
Sie verschwindet hinter dem Horizont. Die Dämmerung beginnt; all-
mählich wird es Nacht. — Am nächsten Morgen um 6 Uhr geht die
Sonne wieder im Osten auf. Sie hat 12 Stunden gebraucht, um den
Nachtbogen zu beschreiben. Tag und Nacht sind also am 21. März
Abb. 120. Die scheinbaren Sonnenbahnen zu Anfang der vier Jahreszeiten.
gleich; esistFrühliugs-Tag-undNachtgleiche oder Frühlings-
Äquinoktium.
Die Tage und Nächte bleiben sich aber nicht immer gleich. Bald
merken wir, daß die Tage länger und die Nächte kürzer werden. Die
Sonne geht nämlich schon früher aus; sie steigt am Himmel höherund
geht später unter. Dabei rückt der Ausgangspunkt der Sonne vom
Ostpnnkt von Tag zu Tag weiter nach Norden in der Richtung
nach 0*, ebenso der Untergangspunkt der Sonne vom Westpunkt nach
v\\v(\rnels: 6ewölbe
— 207 —
W1 hin. Dadurch wird der Tagbogen größer und der Nachtbogen
kleiner. Am 21. Juni steht die Sonne mittags am höchsten; ihr Tagbogen
ist der längste, ihr Nachtbogen der kürzeste des ganzen Jahres. Die
Sonne befindet sich 23 x/20 nördlich vom Äquator. Da sie sich von
nun an wieder dem Äquator zuwendet, nennt man diesen Breitenkreis
den nördlichen Wendekreis und die Zeit um den 21. Juni die
Sommer — Sonnenwende. Sommer-Solstitium(— Sonnen-
stillstand) wird diese Zeit genannt, da es eine Reihe von Tagen so
scheint, als ob die Sonne ihre bisherigen Tagbogen beibehielte.
Vom 21. Juni ab geht die Sonne wieder später ans und früher
unter. Der Ausgangspunkt der Sonne rückt wieder allmählich nach dem
Ostpunkt und der Untergangspunkt nach dem Westpunkt. Am 23. Sep-
tember geht die Sonne wieder genau im Ostpunkt aus und im West-
punkt unter- Der Tagbogen beträgt 12 Stunden, ebenso der Nacht-
bogen. Tag und Nacht sind also wieder gleich wie am 21. März;
wir haben Herb st-Tag- und Nachtgleiche oder das Herbst-
Äquinoktium.
Von nun an entfernt sich die Sonne vom Äquator aus nach
Süden hin. Die Tagbogen werden kleiner nnd die Tage kürzer, die
Nachtbogen größer und die Nächte länger. Am 21. Dezember haben
wir den kürzesten Tag und die längste Nacht. Es ist der Tag der
Winter-Sonnenwend e oder des Winter-Solstitiums. An
diesem Tage steht die Sonne 23 72° südlich vom Äquator. Diesen Breiten-
kreis nennt man den südlichen Wendekreis; denn die Sonne wendet
sich von ihm wieder dem Äquator zu. Die Tagbogen werden allmählich
länger, bis am 21. März Tag und Nacht wieder gleich sind. An diesem
Tage steht die Sonne wieder im Äquator des Himmelsgewölbes.
Die Zeit, in der die Sonne vom Äquator zum nördlichen
Wendekreis, von diesem über den Äquator zurück zum südlichen Wende-
kreis und wieder zurück zum Äquator zu wandern scheint, nennt man
ein Jahr.
b) Die Ekliptik. (Siehe Abb. 121.)
Zur Zeit des Sommer-Solstitinms (am 21. Juni) steht die Sonne§159.
am Himmelsäquator bei S1, zur Zeit des Winter-Solstitiums (am
21. Dezember) bei 8. Den jährlichen Weg der Sonne können wir
uns dann durch den Kreis vorstellen, der S*S zum Durchmesser hat.
Er heißt Ekliptik (= Verfinsterung), weil Finsternisse nur dann vor-
kommen, wenn der Mond in der Sonnenbahn oder in ihrer Nähe steht.
— 208 —
Die Ekliptik schneidet den Äquator unter einem Winkel von 23^°
und liegt deshalb zu gleichen Teilen nördlich und südlich vom Äquator.
Auf ihrer scheinbaren Wanderung durch die Ekliptik geht die Sonne
an 12 Sternbildern vorüber. Sie heißen: Widder, Stier, Zwillinge,
Krebs, Löwe, Jungfrau, Wage, Skorpion, Schütze, Stein-
bock, Wassermann, Fische. Da diese Namen meistens aus dem
Tierreich genommen sind, hat man diesen Gürtel am Himmelsgewölbe
Tierkreis oder Zodiakus genannt. Auf der Sternkarte sehen wir,
daß diese Sternbilder nicht gleiche Räume am Himmel einnehmen.
Man hat sie aber in 12 gleiche Bogenstücke von je 30° eingeteilt.
c) Die wirkliche Bewegung der Erde um die Sonne.
§ 160. Die Bewegung der Sonne am Himmelsgewölbe ist nur scheinbar.
In Wirklichkeit bewegt sich nicht die Sonne um die Erde, sondern die
Erde um die Sonne. Wir suchen uns diesen Vorgang mit Hilfe des
Globus und eines Lichtes, das die Sonne vorstellt, klar zu machen.
Wir nehmen an, durch die Ellipse, die die Erde bei ihrem Lauf
um die Sonne beschreibt, sei eine Ebene gelegt. Es fragt sich nun,
welche Stellung die Erdachse zu dieser Ebene einnimmt. Drei Mög-
lichkeiten ergeben sich. Die Erdachse könnte a) senkrecht, b) parallel
oder c) schräg zur Erdbahu stehen.
Wir nehmen zunächst an, die Erdachse stehe bei ihrem Lauf um
die Sonne stets senkrecht zur Erdbahn. Die Sonne würde dann
— 209 —
die Erde im Frühling so bescheinen, daß die eine Hälfte erleuchtet und
die andere dunkel wäre. Die Beleuchtungsgrenze ginge gerade durch
den Nordpol und den Südpol. Dieselbe Erscheinung können wir auch in
der Sommer-, der Herbst- und der Winterstellung der Erde beobachten.
Daraus ergeben sich zwei Tatsachen: 1. Tag und Nacht müßten auf
der Erde überall von gleicher Dauer sein; 2. es könnte keinen Wechsel
der Jahreszeiten geben, da ein jeder Punkt der Erde immer unter
demselben Winkel von der Sonne beschienen würde. Die Gegenden in
der Nähe des Äquators würden stets heißen Sommer, die Länder in
Abb. 122. Die Stellung der Erde zur Sonne am Anfang der 4 Jahreszeiten.
der Mitte zwischen dem Äquator und den Polen stets milden Frühling
und die Polarländer ewigen Winter haben.
Auch bei einer parallelen Lage der Erdachse zur Erdbahn
würden sich Beleuchtungs- und Klimaverhältnisse ergeben, die mit der
Wirklichkeit nicht übereinstimmen.
Es ergibt sich demnach, daß die Erdachse nicht senkrecht und auch
nicht parallel zur Erdbahn stehen kann. Es bleibt nur die eine
Möglichkeit, daß sie schief steht. Dies ist auch tatsächlich der
Fall. Sie bildet mit der Erdbahn einen Winkel von 66 1/20-
Stellen wir nun fest (nach Fig. 122), wie sich die Beleuchtung
der Erde in den verschiedenen Jahreszeiten gestaltet. Zunächst beobachten
Dilcher-Schwarzhaupt-Walther, Erdkunde. II. Teil. 14
Frühling
Sommer
Winter
— 210 —
wir, wie die Erde im Frühling (am 21. März) beleuchtet wird. Wir
sehen, daß die Beleuchtungsgrenze gerade durch die beiden Pole geht
und daß sie alle Breitenkreise halbiert. Jeder Punkt der Erdoberfläche
beschreibt die Hälfte seiner täglichen Umdrehung in der Tagseite und
die andere Hälfte in der Nachtseite. Tag und Nacht müssen also gleich
sein. (Frühlings-Tag. und Nachtgleiche, Frühlings-Äqui-
noktium.) Die Sonne bescheint den Äquator senkrecht; auch die um°
liegenden Gegenden werden von den Sonnenstrahlen fast senkrecht
getroffen. In diesen Ländern herrscht tropische Hitze. Nach den
Polen hin fallen die Sonnenstrahlen immer schräger auf die gewölbte
Erde; die Wärme nimmt dorthin ab. Die nördliche Halbkugel hat
Frühling, die südliche Herbst.
Bewegen wir den Globus einen Viertelkreis weiter, so nimmt er
die Stellung ein, die die Erde zu Beginn des Sommers (am 21. Juni)
hat. Die beiden Pole sind nun nicht mehr gleichweit von der Sonne
entfernt, sondern der Nordpol ist ihr zugeneigt, der Südpol dagegen
etwas von ihr abgewandt. Die Sonne steht auch nicht mehr senkrecht
über dem Äquator, sondern über dem Wendekreis des Krebses (23%°
nördlich vom Äquator). Über den Nordpol geht ihr Licht noch 23%"
hinaus, so daß sie an diesem Tage innerhalb der nördlichen kalten
Zone gar nicht unter dem Horizont verschwindet. In unserer Gegend
ist der Tagbogen der Sonne viel größer als der Nachtbogen. Wir
haben den längsten Tag (16% Std.) und die kürzeste Nacht (7% Std.).
Auf der südlichen Halbkugel sind dagegen die Tage kürzer als die Nächte,
und das Licht reicht nur bis an den südlichen Polarkreis. Die nörd-
liehe Halbkugel hat Sommer, die südliche Winter.
Wir führen den Globus weiter bis zu der Stellung, die die Erde
im Herbst (am 23. September) zur Sonne einnimmt. Es ergeben sich
die gleichen Erscheinungen wie am 21. März. Tag und Nacht sind
gleich. (Herbst-Tag-und Nachtgleiche, Herbst-Äquinoktium.)
Auf der nördlichen Halbkugel beginnt der Herbst, auf der südlichen der
Frühling.
Bei einer weiteren Fortbewegung der Erde kommen wir zu der
Stellung, die sie im Winter zur Sonne einnimmt. Der Südpol ist
der Sonne etwas zugewandt, der Nordpol etwas abgewandt. Infolge-
dessen geht die Beleuchtungsgrenze auf der nördlichen Halbkugel nur
bis zum Polarkreis, auf der südlichen Halbkugel aber noch über
den Südpol um 23 %° weiter, so daß an diesem Tage alle Länder
der südlichen kalten Zone die Sonne gar nicht untergehen sehen. Die
Sonne steht senkrecht über dem Wendekreis des Steinbocks (23%°
— 211 —
südlich vom Äquator). Dann fällt unsere Gegend nur kurze Zeit in
den Beleuchtungskreis. Wir haben am 21. Dezember den kürzesten
Tag (7 72 Std.) und die längste Nacht (16 V2 Std.). Von diesem Tag
an bewegt sich die Erde wieder der Stellung zu, die sie im Frühling
hatte. Die Tage werden wieder länger und die Nächte kürzer. Wenn
dann am 21. März der Äquator wieder senkrecht beschienen wird, geht
die Belenchtungsgrenze wieder gerade durch die beiden Pole. Wir haben
dann wieder Frühlings-Tag- und Nachtgleiche.
In ähnlicher Weise, wie wir es am Globus gezeigt haben, wechseln
auch die Beleuchtung und die Erwärmung der Erde in den verschiedenen
Jahreszeiten miteinander ab. Die Verschiedenheit in der Länge
von Tag und Nacht und der Wechsel der Jahreszeiten
werden also dadurch hervorgerufen, daß sich die Erde im
Verlaufe eines Jahres einmal um die Sonne bewegt.
Die Erde vollendet diesen Kreislauf in 365 Tagen, 5 Stunden,
48 Minuten und 48 Sekunden. Auf ihrer Bahn beschreibt sie eine
Ellipse, in deren einem Brennpunkte die Sonne steht. Ihr mittlerer
Abstand von der Sonne beträgt etwa 150 Millionen km, die Länge
ihres jährlichen Laufes 934 Millionen km.
4. Die Zeiteinteilung.
a) Das Kalenderjahr. Die Lichterscheinungen, die durch die §161.
regelmäßigen Bewegungen der Gestirne aus der Erde hervorgerufen
werden, sind für uns ein sicheres Mittel, die Zeit in größere und kleinere
Abschnitte einzuteilen. Die Zeit, in der sich die Erde einmal um
sich selbst bewegt, so daß Tag und Nacht miteinander wechseln, nennt
man einen Tag, die Zeit, in der sich die Erde einmal um die Sonne
bewegt, ein Jahr.
Die Einteilung des Jahres in Monate und Wochen hängt von den
Lichtgestalten des Mondes ab. Die Zeit von Neumond zu Neumond
beträgt 291/2 Tage. Nach zwölfmaligem Umlauf des Mondes um die
Erde sind 12 X 29 V2 = 354 Tage verflossen; es fehlen also noch
über 11 Tage an einem Jahr. Würde man diese Zeit gleichmäßig
auf die 12 Monate verteilen, so kämen auf jeden Monat fast 30^2
Tage. Da man aber nur mit vollen Tagen rechnen kann, hat man
7 Monate (Januar, März, Mai, Juli, August, Oktober, Dezember) zu
31 Tagen, 4 Monate (April, Juni, September, November) zu 30 Tagen
und den Monat Februar zu 28 Tagen gerechnet. Nach dieser Fest-
setznng des Jahres hätte jedes Jahr 365 Tage, also 1/i Tag zu wenig.
14*
— 212 —
Um diesen Ausfall wieder auszugleichen, schaltet mau in jedem 4. Jahre
einen Tag eiu (deu 29. Februar), so daß dieses Jahr 366 Tage hat.
Ein solches Jahr heißt Schaltjahr.
Diese Einteilung des Jahres wurde im Jahre 45 v. Chr. Geb.
von Julius Cäsar durch den sogenannten „ Iuliauischeu Kalen der "
eingeführt. Spätere astronomische Berechnungen ergaben jedoch, daß
1 Jahr nicht 305 Tage und 6 Stunden, sondern 365 Tage, 5 Stunden,
48 Miuuteu und 48 Sekunden hat. Man hatte also jährlich 11 Minnteu
und 12 Sekunden zu diel gerechnet. Nach 128 Jahren ergab dies schon
einen Unterschied von 1 Tag. Im Jahre 1582 fiel die Frühjahrs-Tag-
und Nachtgleiche schon auf den 11. März, also 10 Tage zu früh. Papst
Gregor XIII. führte deshalb eiue Verbesserung des „Julianischen Kaken-
ders" durch. Um den Zeitunterschied zwischen dem „Julianischen Kalender"
und der wirklichen Zeit zu beseitigen, verkürzte man das Jahr 1582
um 10 Tage, indem man nach dem 4. Oktober sofort den 15. Oktober
zählte. Zugleich wurde bestimmt, daß künstig in jedem Hundertjahr,
bei dem Tauseuder und Hunderter nicht durch 4 ohne Rest teilbar sind,
der Schalttag ausfällt. So waren die Jahre 1700, 1800 und 1900 keine
Schaltjahre. Dagegen wird das Jahr 2000 wieder 366 Tage zählen.
Dieser verbesserte Kalender heißt „Gregorianischer Kalender".
b) Zeitzonen. Nur die Orte, die unter ein und demselben
Meridian liegen, haben gleiche Tageszeiten und somit gleiche Uhrzeiten.
Je weiter ein Ort nach Westen liegt, desto später beginnt für ihn der
Tag. Da die 360 Meridiane im Verlauf von 24 Stunden nach-
einander in die Lichtseite der Erde eintreten, so muß jedesmal nach
24/36o Stunden — 4 Minuten ein neuer Grad in die beleuchtete Erd-
Hälfte vorrücken. Demnach hat ein Ort, der 1° westlich von uns liegt,
4 Minuten später Mittag als wir. Für die Städte Stargard sin
Pommern) uud Hamburg, die 5 Läugengrade voneinander entfernt sind,
beträgt der Unterschied in der Ortszeit schon 5X4 Minuten —
20 Minuten. Wenn es also in Stargard gerade 12 Uhr mittags ist,
hat Hamburg erst 11 Uhr 40 Minuten. Dieser Unterschied in der
Ortszeit machte sich namentlich im Eisenbahnverkehr unangenehm be-
merkbar. Man suchte deshalb für größere Ländergebiete gleiche Uhr-
Zeiten einzuführen und kam schließlich dazu, daß man die ganze Erd-
oberfläche in 24 Stundenzonen von je 15 Grad Länge einteilte.
Die erste Zone, Westeuropa, umfaßt das Gebiet zu beiden Seiten
des Nullmeridians, das bis zu 71/*0 w. und 7 1/2° ö. Länge reicht.
Für die Länder dieser Zone (Belgien, Holland, Frankreich, Groß-
britannien, Spanien und Portugal) gilt die Greenwicher Zeit als
— 213 —
Normalzeit. In Mitteleuropa (Deutschland, Luxemburg, der Schweiz,
Italien, Serbien, der westlichen Türkei, Österreich.Ungarn, Dänemark,
Norwegen und Schweden) richtet man sich nach der Ortszeit des
15. Längenkreises, der Stargard und Görlitz berührt. Für Ost-
europa ist die Ortszeit des 30. Meridians, der bei Petersburg vor-
überzieht, maßgebend. Der Zeitunterschied zwischen zwei benachbarten
Zonen beträgt 1 Stunde. Ist es also nach der Mitteleuropäischen Zeit
gerade 12 Uhr, so zeigen die Bahnuhren in Westeuropa erst 11 Uhr,
die in Osteuropa aber bereits 1 Uhr.
5. Der Mond.
a) Größe und Beschaffenheit.
Wie sich die Erde um die Sonne bewegt, so umkreist der Mond §162.
wieder die Erde. Er ist bedeutend kleiner als diese. Man würde
50 Mondkugeln brauchen, um die Erdkugel, falls sie hohl wäre,
auszufüllen. Der Durchmesser des Mondes beträgt 3500 km. Aus
der uns zugekehrten Seite sieht man auch ohne Fernrohr dunkle und
helle Stellen. Die dunkeln Stellen sind ausgedehnte Ebenen, die hellen
Gebirge. Diese haben die mannigfachsten Formen und erreichen eine
Höhe bis zu 8000 m. Der Mond ist ohne Licht uud ohne Wärme.
Auf ihm gibt es kein Waffer, und die Luft ist viel dünner als ans der
Erde. Deshalb können Menschen, Tiere und Pflanzen, die denen auf
der Erde gleich sind, dort nicht leben. Ob überhaupt lebende Wesen
auf dem Mond vorkommen, wisfen wir nicht.
1)) Bewegung des Mondes.
Von allen Himmelskörpern ist uns der Mond am nächsten. Des> § 163.
halb erscheint er uns auch so groß. Seine Entfernung von der Erde
beträgt 381000 km. Er hat eine dreifache Bewegung: 1. um sich
selbst, 2. um die Erde, 3. mit der Erde um die Sonne. Während er
sich um sich selbst dreht, bewegt er sich zugleich um die Erde. Zu
einem solchen Umlauf braucht er 21 Tage. Da aber die Erde auf
ihrer Bahn nie still steht, so muß der Mond noch 2 Tage 5 Stunden
wandern, bis er wieder dieselbe Stellung zur Erde hat wie vorher.
Diese Umlaufszeit von ungefähr 29 V2 Tagen nennt man einen Monat.
Da sich der Mond um die Erde dreht, muß er sich mit ihr auch
zugleich um die Sonne drehen. Während der Zeit dieses Umlaufs
windet er sich in 365 Tagen 13 mal (365:29 V2) um die Erde. Die
von ihm beschriebene Bahn gleicht einer stachen Schlangenlinie.
— 214 —
c) Die Lichtgestalten des Mondes. Mondphasen.)
§ 164. Der Mond zeigt sich uns in stets wechselnder Gestalt; nur selten er-
scheint er als ein Kreis. Seine wichtigsten Lichtgestalten sind: N e u m o n d,
erstes Viertel, Vollmond, letztes Viertel. Als Neumond ist
der Mond gar nicht erleuchtet, zur Zeit des ersten Viertels ist die rechte
Hälfte, zur Zeit des Vollmonds die ganze Scheibe und zur Zeit des
letzten Viertels die linke Hälfte der Mondscheibe erleuchtet.
letzte Viertel
o
(J (Erde) O
Wir sehen die x. Wir sehen die
dunkle Hälfte erleuchtete Hälfte
ts ist Neumond [6 ist Vollmond
O
1 Viertel
Abb. 123. Die Lichtgestalten des Mondes.
Die wechselnden Lichtgestalten des Mondes sind eine Folge seiner
sich stets ändernden Stellung zur Erde und zur Sonne. Da er sein
Licht von der Sonne erhält, erscheint uns nur der Teil hell, der von
den Sonnenstrahlen beschienen wird; der übrige Teil der Mondscheibe
bleibt dunkel. (Siehe Fig. 123.)
Es ist Neumond, wenn der Mond zwischen Sonne und Erde
steht, so daß er uns seine dunkle Seite zukehrt. Es ist erstes Viertel,
wenn der Mond unter einem rechten Winkel zur Erde und Sonne steht
und uns die rechte Hälfte seiner erleuchteten Seite zeigt. Es ist
Vollmond, wenn die Erde so zwischen Mond und Sonne steht, daß
wir die ganze erleuchtete Hälfte des Mondes sehen können. Beim letzten
Viertel steht der Mond wieder unter einem rechten Winkel zur Erde und
zur Sonne, aber anf der entgegengesetzten Seite wie beini 1. Viertel.
Er kehrt uns die linke Hälfte seiner erleuchteten Seite zu.
(I) Sonnenbedeckungen und Mondverfinsterungen.
§ 165. Zur Zeit des Neumonds kann der Fall eintreten, daß der Mond
genau zwischen Sonne und Erde steht und uns die Sonne ganz oder zum
— 215 —
Teil verdeckt; es entsteht für uns eine sogenannte Sonnenfinsternis.
sJn Wirklichkeit ist die Sonne, die ihr eigenes Licht hat, nicht finster.
Siehe Fig. 124). Man nennt die Sonnenfinsternis total, wenn uns die
Sonne verdeckt ist, und ringförmig, wenn die Sonnenscheibe in der
Mitte verfinstert ist und an ihrem Rande ein leuchtender Ring übrig bleibt.
Steht die Erde zwischen Sonne und Mond, so kann das Licht der
Sonne den Mond nicht treffen. Dieser befindet sich dann im Schatten
der Erde und erscheint entweder ganz oder teilweise verfinstert. In
ersterem Falle haben wir eine totale, in letzterem Falle eine p a r t i a l e
Mondsinstern is. Die Verfinsterung des Mondes kann nur bei Voll-
mond eintreten.
e) Ebbe und Flut.
An den Küsten des Meeres beobachtet man ein regelmäßiges Steigen § 166.
uud Fallen des Wassers. Das Steigen heißt Flut, das Fallen Ebbe.
Jede dieser Erscheinungen dauert etwa 6 Stunden. Die Ursache davon
ist die Anziehung, die Sonne und Mond auf die Erde ausüben.
— 216 —
Der Mond zieht das bewegte Wasser auf der ihm zugekehrten
Seite der Erde stärker an als die feste Erdmasse. Infolgedessen strömt
das Waffer nach dieser Seite hin, es ist hier Flut (Zenitflut). Auch auf
der entgegengesetzten Seite muß zu gleicher Zeit eine Flut entstehen, weil
dort die Anziehungskraft eine geringere ist (Nadirflut). Die dazwischen
liegenden Punkte, von denen die Wassermassen nach den Flutseiten
fließen, haben Ebbe.
Auch die Sonne wirkt bei der Entstehung von Flut uud Ebbe
mit. Man erkennt dies daran, daß die Flut am höchsten steigt
(Springflut), wenn die Sonne mit der Erde und dem Mond
in einer geraden Linie steht. Bei Neumond stehen Sonne und Mond
auf derselben Seite der Erde. Durch das Zusammenwirken ihrer An-
ziehungskraft wird die Zenitflut verstärkt. Bei Vollmond steht die
Erde zwischen Sonne und Mond. Dann wird die Nadirflut durch die
Anziehungskraft der Sonne verstärkt. Dagegen ist die Flut am
niedrigsten (Nippflut), wenn Sonne und Mond rechtwinklig zur Erde
stehen (beim ersten und letzten Viertel), weil alsdann die Anziehungs-
kraft der Sonne diejenige des Mondes kreuzt und teilweise aufhebt.
Auf der hohen See ist die Flut nicht wahrzunehmen; um so stärker
tritt sie an flachen Küsten auf. Sie erreicht eine Höhe bis zu 20 m.
6. Das Sonnensystem,
a) Die Sonne.
167. Die Sonne ist eine Kugel von ungeheurer Größe, deren Kern sich
im Zustand höchster Glut befindet und von einer Hülle glühender Gase
umgeben ist. Ihr Durchmesser ist 108 mal so groß wie der Erddurch-
messer. Wollte man die Erde durch eine Kugel von 10 ein Durchmesser
darstellen, so müßte der Sonnendurchmesser 10,80 m betragen. Der In-
halt der Sonne ist VU millioiieitinal so groß wie der Erdinhalt. Die
Entfernung der Sonne von der Erde beträgt ca. 150 Millionen km.
Eine Kanonenkugel würde 24 Jahre brauchen, um von der Sonne auf
die Erde zu gelangen.
Die Sonne dreht sich um sich selbst. Diese Umdrehung kann man
aus folgender Beobachtung feststellen. Auf der Oberfläche der Sonne
beobachtet man dunkle Stellen, die Sonnenflecken. Diese ziehen am
Sonnenäquator in 13 Tagen vorüber. Daraus schließt man, daß sich
die Sonne in 25 bis 26 Tagen um sich selbst dreht.
Von der Sonne strömt eine ungeheure Hitze aus. Da diese
Wärmeabgabe fortwährend vor sich geht, so wird sie endlich einmal
aufhören zu leuchten und zu erwärmen.
— 217 —
Man nimmt an, daß die Sonne einst eine ungeheure Gasmasse
war. Aus dieser Masse löste sich ein Nebelball ab; er verdichtete sich
und fing an, sich um sich selbst zu drehen. Von dieser „Ursonne"
wurden nun infolge der Zentrifugalkraft wieder Kugeln losgerissen, die
sich um die eigene Achse drehten, zugleich aber auch die Sonne umkreisten.
Das waren die Planeten, uuter ihnen unsere Erde. Von manchen Pla-
neten trennten sich wieder glühende Massen, die nun als Monde oder
Trabanten die Planeten begleiten.
d) Die Planeten.
Wie sich einst unsere Erde von der Sonne loslöste und sie jetzt §168.
noch umkreist, so wurden noch andere Weltkörper von ihr losgerissen,
die nun ebenfalls um die Sonne weite Bahnen beschreiben. Diese Sterne
nennt man Wandelsterne oder Planeten. Sie empfangen ihr Licht
von der Sonne. Ihre Größe, ihre Entfernung von der Sonne und ihre
Umlaufszeit um dieselbe sind sehr verschieden. Je näher sie der Sonne
stehen, desto weniger Zeit brauchen sie zu ihrem Weg um die Sonne.
So braucht der Merkur 88 Tage, die Erde 3v5 Tage, der Neptun aber
16-1 Jahre und 280 Tage zur Reise um die Sonne. Merkur und Ve-
nus stehen der Sonne näher als die Erde. Man nennt sie deshalb die
unteren Planeten. Die andern Planeten (Mars, Jupiter, Saturn,
Uranus und Neptun) sind weiter von der Sonne entfernt als die Erde.
Die Venus erscheint kurz vor Sonnenaufgang als Morgenstern und
kurz vor Sonnenuntergang als Abendstern am Himmel.
In dem Raum zwischen den Bahnen des Mars und des Jupiter
bewegen sich auch noch viele kleine Planeten, die man Asteroiden oder
P lanetoiden nennt.
Mehrere Planeten werden wieder von andern Sternen, den
Monden oder Trabanten, begleitet.
c) Die Kometen oder Haarsterne.
Sie bestehen meist aus dem Kern, der Nebelhülle und dem § 169.
Schweif. Sie ziehen in ungeheuren weiten Bahnen um die Sonne
und sind deshalb nur in großen Zwischenräumen für die Erdbewohner
sichtbar. Früher glaubte man, das Erscheinen eines Kometen künde
eine Strafe Gottes an (Hungersnot, Krankheit oder Krieg).
Alphabetisches Namenverzeichnis.
Aare 14.
Aberdeen 51.
Abesiinien 139.
Abruzzen 80.
Achilleion 76.
Aconcagua 165.
Adda 78.
Adelaide 194.
Adelsberger Höhle 19.
Aden 106.
Admiralitätsinseln 196.
Adrianopel 75.
Afghanistan 104.
Afrika 133.
Ägäisches Meer 71.
>Äiaccio 39.
Akaba, Bnsen von 106.
Akkon 109.
Alaska 187.
Albanien 75.
Aleppo 108.
Alexandrien 138.
Algerien 160.
Algier 160.
Alleghanies 181.
Allier 40.
Almaden 90.
Alpen, 2.
„ , Appenzeller 5.
„ , Algäuer 6.
„ , Aufbau 3.
„ , Bayrische 6.
„ , Berner 4.
„ , Französische 3.
„ , Gesteinsmassen 3.
„ . Glarner 5.
„ , Höhenstufen 7.
„ , Hügelregion 7.
„ , Iulische 6.
„ , Kalkalpen 6.
„ , Karmsche 6.
„ , Lepontische 5.
Alpen, Osterreichische 6.
„ , Salzburger 6.
„ , Schweizer 4.
„ , Schwyzer 5.
„ , Steirische 6.
„ , Thurer 5.
, Verkehrswege 11.
„ , Vierwaldstätter 5.
„ , Wasserreichtum 10.
Alpenseen 11.
Alpenwirtschaft 8.
Altai 116.
Altkastilien 87.
Alnta 23, 25.
Amazonenftrom 168.
Ambos 149.
Amerika 164.
Amiens 42.
Amfterdani 30.
Amn 130.
Amur 128.
Andalusien 88.
Anden 165. •
Anecho 157.
Angeln 50.
Angora 102.
Angra-Pegueua 201.
Annam 114.
Antilibanon 106.
Antillen 174.
Antwerpen 35.
Apennin 80.
Apia 20.
Arabien 105.
Arabische Wüste 134.
Aragonien 87.
Aralsee 130.
Ararat 102.
Archangelsk 64.
Ardennen 33.
Argentinien 170.
Argonnen 42.
Arkadische Hochebene 72.
Arkansas 178.
Arlbergbahn 12.
Armenien 102.
Arno 80.
Asien 100.
Aspern 21.
Assnan 134.
Assyrien 104.
Asteroiden 216.
Astrachan 68.
Asnncion 169.
Atacama 165.
Atbara 134.
Atlas 159.
Ätna 84.
Anckland 196.
Australbai 191.
Australien 191.
Anstralneger 193.
Auvergne 40.
Azoren 160.
Bab el-Mandeb 105.
Babylon 104.
Bagdad 104.
Bahamainseln 175.
Bahia 171.
Bagamoyo 144.
Baku 69.
Balearen 89.
Balkan 72.
Balkanhalbinsel 71.
Baltimore 183.
Bangka 115.
Bangkok 114.
Barcelona 90.
Bärensee 186.
Barka 159.
Basel 15.
Basken 45.
Basra 104.
Batanga 155.
Batavia 115.
Beduinen 136.
Beirnt 108.
Belfast 53.
Belgien 33.
Belgrad 76.
Belutschistan 103.
Benares III.
Ben Nevis 51.
Benuefluß 152.
Bergen 55.
Bermudainseln 187.
Ben: 15.
Bethlehem 199.
Bifurkatiou 167.
Birma 114.
Birmingham 49.
Bismarck-Archipel 196.
Bismarckgebirge 194.
Blaue Berge 197.
Bloemfontein 146.
Blumenau 171.
Bogota 167.
Böhmen 21.
Bolivia 167.
Bologna 80.
Bombay 112.
Bordeaux 40.
Borneo 114.
Bornholm 61.
Bosnien 20.
Bosporus 71.
Boston 183.
Bongainville 196.
Bonlogne 43.
Bozen 17.
Brasilien 170.
Brennerbahn 12.
Brennerpaß 6.
Brescia 97.
Brest 41.
Bretonen 45.
Brindisi 81.
Brisbane 194.
Britisch Nordamerika 186.
Bristol 49.
Brooklyn 184.
Brügge 35.
Brünn 22.
Brussa 101.
Brüssel 34.
Buchara 130.
Budapest 26.
Buddhismus 116.
Budweis 22.
Buenos-Ayres 170.
Bug 66.
Bukarest 71.
Bukowina 23.
— 219 —
Bulgarien 76.
Burgund 38.
t5adiz 88.
Calicut 112.
Callao 167.
Caüou 177.
Caracas 167.
Carpentariagolf 191.
Cassiquiare 167.
Cayenne 172.
Celebes 114.
Cetinje 77.
Cevennen 40.
Ceylon 113.
Chalkidike 71.
Chalons 42.
Champagne 42.
Charkow 67.
Chartum 134.
Cherbourg 43.
Chicago 179.
Chile 166.
Chimborazzo 165.
China 117.
Chinarinde 166.
Chingangebirge 116.
Chios 102.
Cincinnati 180.
Cochinchina 114.
Colombia 167.
Colombo 113.
Colon 174.
Columbia 177.
Comersee 78.
Cook 19t.
Cookstraße 196.
Kordilleren 165, 177.
Cork 52.
Cornwall 49.
Costarica 174.
Cote d'Or 40.
Cotopaxi 165.
Cremona 79.
Creusot 40.
Euba 174.
Cypern 102.
Czernowitz 23.
Dalai-Lama 116.
Dalinatien 20. »
Damaskus 108.
Dänemark 58.
Danemora 58.
Dapsang 116.
Dardanellen 71.
Daressalam 144.
Dar Für 138.
Darling 191.
Debreczin 26.
De Helder 30.
Der Haag 30.
Dhawalagiri 110.
Dijon 38.
Dinarisches Gebirge 72.
Dnjepr 66.
Dnjestr 66.
Donau 20, 24.
Dover 49.
Drachenberge 145.
Drau 6.
Droutheim 55.
Drontheimer Fjord 55.
Dschidda 105.
Djlingarei 116.
Duala 154.
Dublin 53.
Duero 88.
Düna 65.
Duudee 51.
Durance 38.
Dwina 64.
Ebbe 215.
Ecuador 167.
Edinburg 51.
Eger 21.
,, (Stadt) 22.
Eiffelturm 43.
Eisack 6.
Ekliptik 207.
Elba 84.
Elbrus 68.
Elbursgebirge 103.
England 47.
Enns 6.
Erzerum 102.
Eskimo 18S.
Etsch 6, 78.
Euböa 76.
Euphrat 104.
Europa, Bewohner 97.
„ , Bodenausbau 94.
„ , Klima 96.
„ , Übersicht 99.
„ , Verkehrslinien 98.
Everest 110.
Eyresee 193.
Falun 58.
Färöer 62.
Fellachen 136.
Fernando Po 161.
Feuerlandsinseln 170.
Florenz 80.
Florida 181.
Fidschiinseln 199.
Finnen 65.
Finnland 64.
Finsteraarhorn 4.
— 220 —
jjorbe 54.
Flamen 35.
Flut 215.
Formosa 127.
Frankreich 36.
Fray-Bentos 169.
Friedrich Wilhelmshafen
196.
Frühlings-Äquinoktium 206.
Furten 61.
Fußpunkt 204.
Galata 73.
Galla 139.
Galatz 71.
Gallipoli 73.
Galizien 22.
Gambia 151.
Ganges 110.
Gardasee 78.
Garonne 40.
Gastein 18.
Gaurisankar 110.
Geestland 28.
Genezareth 108.
Genf 15.
Gent 34.
Genua 80.
Georgetown 172.
Gesellschaftsinseln 199.
Gibraltar 90.
Gironde 40.
Grzeh 138.
Glasgow 51.
Gletscher 10.
Goa 112.
Gobi 116.
Goldenes Horn 73.
Götaelf 58.
Götakanal 58.
Gotenburg 58.
Gotland 58.
Gotthardbahn 12.
Gran ad a 88.
Gran Sasso 80.
Graz 18.
Greenwich 49.
Griechenland 75.
Groningen 30.
Grönland 187.
Großbritannien 46.
Großer St. Bernhard 4.
Großglockner 6.
Grünlandmoore 28.
Guadalquivir 88.
Guadiana 88.
Guanahani 175.
Guatemala 174.
Guayana 167, 172.
Haarlem 30.
Habana 174.
Habesch 138.
Haiderabad 113.
Haiti 175.
Haleb 108.
Halisax 187.
Halys 102.
Hammerfest 55.
Haparanda 58.
Hardanger Fjord 55.
Hebriden 52.
Helsingfors 65.
Herat 104.
Herbst-Äquinoktium 207.
Herero 149.
Herkulanum 82.
Hermannstadt 24.
Hermongebirge 106.
Himmelsgewölbe 201.
Hindostan 110.
Hindu III.
Hinterindien 113.
Himalaja 110.
Hjelmarsee 58.
Hoang-hö 117.
Hochalpen 9.
Hoek van Holland 30.
Holland 28.
Hondo 124.
i Honduras 174.
Hongkong 122.
Honolulu 199.
Horizont 204.
Hottentotten 149.
Howas 161.
Hudson 181.
Hull 49.
Humber 47.
Iberisches Gebirge 87.
Jdria 18.
I IllimZni 165.
| Indianer 172.
Indochina 114.
i Indus 111.
i Inka 172.
Inn 6. •
Innsbruck 17.
Jnterlaken 14.
Inverneß 51.
Iran 102.
Irawadi 114.
Irkutsk 129.
Irland 52.
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Mre^.,
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Isfahan 103
Island 62.
Jstrien 20.
Italien 77.
Jablonoigebirge 116.
Jaffa 109.
Jailagebirge 68.
Jamaica 174.
Iangtsekiang 122.
Japan 124.
Iarkand 116.
Iaffy 71.
Java 114.
Iekaterinburg 68.
Jenissei 128.
Jericho 108.
Jerusalem 109.
Johannesburg 146.
Jonische Inseln 76.
Joppe 109.
Jordan 108.
Jungfrau 4. _
Jura, Schweizer 15.
Jütland 61.
öiaaba 105.
Kabul 104.
Kabultal 103.
Kairo 138.
Kaiser Wilhelmslaud 194.
Kalahari 145.
Kalenderjahr 211.
Kalifornien 175.
Kalkutta 112.
Kambodscha 114.
Kamerun 152.
Kamernnberg 152.
Kompanien 82.
Kamtschatka 130.
Kanadische Seen 180.
Kanal du Midi 40.
Kanalinseln 46.
Kanarische Inseln 161.
Kanton 122.
Kantabrisches Gebirge 87.
Kantschindschinga 110.
Kapkolonie 146.
Kapstadt 145.
Kapverdische Inseln 160.
Karakorum 116.
Kariol 56.
Karlsbad 22.
Karlskrona 58.
Karniel 109.
Kärnten 18.
Karolinen 199.
Karoo 145.
Karpathen 23.
Karst 18.
Karthago 160.
Kasan 68.
Kasanlik 76.
Kaschgar 116.
Kaskadengebirge 177.
Kaspischer See 130.
Kastilien 87.
Katalonien 89.
Kankasien 68.
Keetmanshoop 149.
Kelat 103.
Kenia 139.
Kiautschou 118, 120.
Kiew 67.
Kilimandscharo 139.
Kimberley 146.
Kioto 127.
Kirgisen 130.
Kischinew 67.
Kisil Jrmak 102.
Kjölen 54.
Klagenfurt 18.
Klausenburg 24.
Kleinasien 101.
Klondike 186.
Kolin 22.
Kolonien, GeschichtlichesLOO.
„ , Bedeutung 202.
Koineten 216.
Kongo 150.
Königgrätz 22.
Konstantinopel 73.
Kopenhagen 62.
Kopra 198.
Kopten 136.
Kordosan 138.
Korea 124.
Korfu 76.
Korinth 75.
Koromandel 112.
Korsika 39.
Krain 18.
Krakau 23.
Kreml 67.
Kremnitz 23.
Kreolen 172.
Kreta 75.
Krim 68.
Kristiania 55.
Kroatien 27.
Kronstadt 24.
„ 66.
Kuen-lun 115.
Knka 151, 158.
Kunene 146.
Kurden 102.
Küstenland 20.
Laaland 61.
Ladogasee 64.
Lago maggiore 78.
— 221 —
Lahore 112.
Laibach 18.
Landes 40.
Langeland 61.
Langres 40.
Languedoc 38.
La Guayra 167.
La Paz 167.
Lappen 58.
La Roca 1.
Lausanne 15.
Lawinen 10.
Lech 6.
Leeds 49.
Le Havre 43.
Leiden 30.
Lek 30.
Lemberg 23.
Lena 128.
Leopoldville 151.
Lhasa 116.
Libanon 106.
Liberia 151.
Liechtenstein 17.
Lille 43.
Lima 167.
Limmat 14.
Lindi 144.
Linz 21.
Lissabon 92.
Liverpool 49.
Livorno 81.
Lodz 66.
Lofotinseln 54.
Llanos 167.
Lombardei 77.
Lome 157.
London 47.
Longone 152.
Lötschberg 5.
Lüderitz 201.
Lüderitzbucht 149.
Lüttich 33.
Luxemburg 32.
Luzern 14.
Luzon 115.
Lybische Wüste 134.
Lyon 38.
Maas 33.
Mackenzie 186.
Mac Kinleyberg 186.
Madagaskar 161.
Madeira 160.
Madras 112.
Madrid 88.
Magyaren 26.
Mähren 22.
Maim atschin 117.
Malabar 112.
Maladetra 87.
Malaga 89.
Malaien 115.
Malakka 113.
Mälarsee 58.
Malmö 58.
Malta 85.
Manchester 49.
Mandate 114.
Mandschurei 124.
Manila 115.
Mantua 79.
Maraüon 168.
Marianen 199.
Maria Theresiopel 26.
Marienbad 22.
Maritza 72.
Marmarameer 71.
Marokko 160.
Marrakesch 160.
Marsala 84.
Marschallinseln 199.
Marschland 28.
Marseille 38.
Massaua 139.
Medina 105.
Mekka 105.
Mekong 114.
Melbourne 194.
Menam 114.
Meran 17.
Meromsee 108.
Mesopotamien 104.
Messina 84.
Mestizen 173.
Mexiko 175.
Milwaukee 180.
Mincio 78.
Mittel alpen 8.
Mittelamerika 173.
Mitteleuropa 2.
Mississippi 178.
Missouri 178.
Mocha 105.
Modena 80.
Moldau 21, 71.
Molukken 114.
Mönch 5.
Mond 212.
„ , Lichtgestalten 214.
Mondverfinsterungen 214.
Mongolei 117.
Mongolen 69.
Monsune 111.
Mont Blanc 4.
„ Cenis 4.
Mont Cenisbahn 12.
Montenegro 77.
Monte Rosa 4.
Montevideo 169.
Monte Biso 4.
Montreal 187.
Moräne 10.
Morawa 72.
Morea 75.
Moskau 66.
Mosul 104.
Mulatten 173.
Mur 6.
Murcia 89.
Murray 191.
Nachtigall, Dr. 201.
Nagasaki 127.
Namur 33.
Nancy 42.
Nanking 122.
Nantes 41.
Nauplia 75.
Neapel 82.
Neger 141.
Neuenburg 16.
Neufundland 187.
Neu-Guinea 194.
Neukastilien 87.
Neu-Mecklenburg 196.
Neu-Pommern 196.
Neu-Seeland 196.
Neusiedlersee 24.
Newa 65.
Newkastle 49.
New-Orleans 179.
New-3)ork 181.
Niagarafall 180.
Niederlande 28.
Niederösterreich 20.
Niger 151.
Nikaragua 174.
Nil 134.
Ninive 104.
Nisch 76.
Nischni-Nowgorod 68.
Nizza 38, 39.
Niassasee 139.
Njemen 65.
Nordamerika 175.
Nordkap 1, 53.
Nordpol 204.
Nordseekanal 30.
Normandie 43.
Normannen 50.
Norwegen 53.
Nottingham 49.
Nubien 138.
Nubische Wüste 134.
Lasen J 58.
Ob 128.
Oberengadin 6.
Oberguinea 151.
— 222 —
Oberösterreich 20.
Ochotskisches Meer 128.
Odessa 68.
Ohio 178.
Oland 58.
Omdurman 138.
Onegasee 64.
Oranjefluß 146.
Oranjefreiftaat 146.
Orenburg 68.
Orkneyinseln 52.
Orleans 40.
Ormuz 105.
Ostafrika 139.
Ostende 35.
Österreich-Ungarn 17.
Ostrumelien 76.
Ostseeprovinzen 65.
Otawi 149.
Ottawa 187.
Oxford 49.
Padua 79.
Palästina 108.
Palauinseln 199.
Palermo 84.
Palime 157.
Pamir 116.
Pampas 169.
Panamakanal 173.
Pangani 139.
Papua 195.
Paraguay 169.
Parana 169.
Paris 42.
Parma 80.
Passate 159.
Patagonien 170.
Patras 75.
Pavia 79.
Peking 118.
Peloponues 75.
Penninisches Gebirge 49.
Pera 73.
Perm 68.
Pernambuco 171.
Peru 167.
Persien 103.
Persischer Meerbusen 105.
Peters, Dr. 202.
Petropaulowsk 130.
Petschora 64.
Philippinen 114.
Philippopel 76.
Pilatus 5.
Pindus 72.
Piräus 75.
Pisa 81.
Pittsburg 181.
Pityusen 90.
Planeten 217.
Plattensee 24.
Plymouth 49.
Pola 20.
Polen 69.
Polynesier 198.
Pompeji 82.
Pontische Steppe 68.
Politisches Gebirge 101.
Pontresina 6.
Port Arthur 127.
Port au Prince 175.
Port Elisabeth 145.
Porto 92.
Port Said 138.
Portsmouth 49.
Portugal 92.
Prag 22.
Prärie 178.
Preßburg 24.
Pretoria 146.
Provence 38.
Pruth 25.
Puerto-Rico 174.
Pußten 26.
Pyrenäen 87.
Pyrenäenhalbinsel 86.
Quebec 187.
Quito 167.
Rangun 114.
Rassen 97.
Red River 177.
Reggio 84.
Reichenberg 22.
Reims 42.
Reuß 14.
Revolution 205.
Reykjavik 63.
Rhein 13.
Rhodopegebirge 72.
Rhone 13, 38.
Rhone-SaSnegebiet 37.
Riga 66.
Rilo Dagh 72.
Rio de Janeiro 171.
Rio de la Plata 169.
Rio Negro 167.
Ristasall 57.
Riviera 38.
Rocky Mountains 177.
Rom 81.
Rotation 205.
Rotes Meer 105.
Rotterdam 30.
Ronen 42.
Rovuma 139.
Rufidji 139.
Rumänien 70.
Russen 69.
Rußland 63.
Rütli 14.
Sachalin 122.
Sachsen 50.
Sahara 1o7.
Saigon 114.
Sajanisches Gebirge 116.
Sakraments 177.
Sala 58.
Salomonsinseln 196.
Saloniki 75.
Salwen 114.
Salzach 6.
Salzburg 18.
Samara 68.
Samarkand 130.
Sambesi 146.
Sambre 33.
Samoainseln 199.
Samos 102.
Samum 158.
San Domingo 175.
Sandwichinseln 199.
San Franzisko 178.
Sanga 150, 152.
San Salvador 174.
Sansibar 139.
Santiago 166.
Santos 171.
Saöne 38.
Sardinien 84.
Save 6.
Sawai 199.
Schamo 116.
Schantung 118.
Schar Dagh 72.
Schatel-Arab 104.
Scheitelpunkt 204.
Schelde 33.
Schemnitz 23.
Scheveningen 30.
Schiras 103.
Schlesien 22.
Schottland 51.
Schotts 159.
Schreckhorn 5.
Schweden 56.
Schweiz 13.
Sedan 42.
Seeland 61.
Selvas 168.
Semmeringbahn 12.
-paß 6.
Senegal 151.
Senne 8.
Serajewo 20.
Serbien 76.
Sereth 25.
I Sevilla 88.
Shanghai 122.
Shannon 52.
Sheffield 49.
Shetlandinseln 52.
Siam 114.
: Sibirien 128.
j Siebenbürgen 23.
I Sierra Morena 87.
Sierra Nevada 88, 1/7.
Simplon 4.
Simplonbahn 12.
Sinai 106.
! Singapur 114.
Sizilien 84.
Skagen 61.
Skandinavien 53.
Sklavenfee 186.
! ©kutan 73, 102.
I Slawen 69.
! Slawonien 26.
Smyrna 101.
Sofia 76.
Sognefjord 55.
J Solimangebirge 103.
I Solothurn 16.
Somal 139.
i Sommer-Sonnenwende 206.
Sonne 2l5.
Sonnenbedeckungen 214.
Sorata 165.
! Söul 124.
Southampton 49.
Spanien 87.
Sparta 75.
St. Etienne 40.
St. Gallen 15.
St. Gotthard 5.
St. Helena 161.
St. Louis 179.
St. Moritz 6.
St. Petersburg 66.
Staffa 52.
Stavanger 55.
Steiermark 18.
Sternbilder 207.
Stockholm 58.
Südafrika 145.
Südafrikanische Republik
146.
Südamerika 165.
Sudan 151.
Südpol 205.
Südwestafrika 46.
Sueskanal 138.
Sumatra 114.
Sundainseln 114.
Swakopmund 149.
Sydney 194.
Syr 130.
Syrien 106.
Szegedin 26.
Tabora 144.
Täbris 103.
Tajo 88.
Tanasee 134.
Tananarivo 161.
Tanga 141.
Tanganjikasce 139.
Tanger 160.
Tarent 84.
Tarifa 1.
Tarimbecken 116.
Tarsus 102.
Taschkent 130.
Tasman 191.
Tatra 23.
Tauern, Hohe 6.
Tauernbahn 12.
Taurus 101.
Tell 159.
Tellskapelle 14.
Temesvar 26.
Töplitz 22.
Teschen 22.
Tessin 14.
Theiß 25.
Themse 47.
Thessalien 72.
Tiber 80.
Tibet 116.
Ticino 78.
Tien-schan 116.
Tierkreis 208.
Tiflis 69.
Tigris 104.
Timbuktu 151.
Tirol 17.
Titicacasee 165.
Tobolsk 129.
Togo 155.
Tokai 23.
Tokio 127.
Toledo 88.
Tomsk 129.
Tonking 114.
Totes Meer 108.
>Toulon 39.
Toulouse 40.
xTours 41.
Trapezunt 102.
Trelleborg 58.
Trient 17.
Trieft 20.
Tsadsee 151.
Tschechen 22.
Tsinanfu 121.
Tfingtau 119.
Tula 66.
Tundra 128.
Tundren 64.
Tunis 160.
Turan 130.
Turin 79.
Turkestan 116.
Turkmenen 130.
Nbangi 150.
Ukerewesee 134, 139.
Ungarn 23.
Union 176.
Upolu 199.
Upsala 58.
Ural 63.
„ (Fluß) 68.
Utrecht 30.
Uruguay 169.
Urwald 168.
Baal 146
Valdivia 166.
Valencia 89.
Valparaiso 166.
Vancouver 187.
Venedig 80.
— 224 —
Venezuela 167.
Vera Cruz 175.
Verduu 42.
Vereinigte Staaten 176.
Verkehrslinien 98.
Verona 79.
Versailles 42.
Verviers 33.
Vesuv 82.
Vierwaldstätter See 5.
Viktoria 155.
Vlissingen 30.
Volturno 80.
Voralpen 7.
Vorarlberg 17.
Vorderindien 110.
Waal 30.
Wagram 21.
Walachei 71.
Waldaihöhe 63.
Wales 49.
Wallonen 35.
Wardar 72.
Warna 76.
Warschau 66.
Washington 183.
Waterberg 147.
Weichselgebiet 66.
Wellington 196.
Wenersee 58.
Westalpen 3.
Westfriesische Inseln 28.
Westindien 174.
Wettersee 58.
Wien 21.
Windsor 49.
Winnipegsee 186.
Winter-Sonnenwende 207.
Wladiwostok 129.
Wolga 68.
Uellowstonepark 177.
Yokohama 127.
I 2)ork, Halbinsel 191.
Hosemitetal 177.
Assel 30.
, Aukatau 175.
j Zara 20.
! Zaragoza 87.
Zirknitzer See 19.
i Zuidersee 28.