^Lehrbuch
bri* Er!» Knud c
für
höhere Schulen.
» Von
Prof. Dr. Willi Ulc.
Ausgabe A tu juut Teilen.
Erster Teil.
Für die unteren klaffen.
Vierte Auflage.
Mit 2 farbigen und 58 Schwarzdruckabbilduugen,
Preis gebunden 1 M. 8v Pf.
Leipzig.
Verlag vo» G. Frey tag.
1903.
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten.
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Druck von giudvlf M. Rvhver in Brünn.
Äus dem Vorwort zur ersten Auflage.
Das vorliegende Lehrbuch ist ganz im Sinne der gegenwärtigen
Anffassnng von dem Wesen und der Aufgabe der Erdkuude geschrieben,
welche nicht mehr als eine bloße Sammlung von Namen, sondern als
eine auf naturwissenschaftlicher Methode begründete, logisches Denken
erfordernde Wissenschaft betrachtet wird. Es ist demnach die Natur der
Länder geschildert worden, wie sie sich aus dem Zusammentreten einer
Reihe von Einzelerscheinungen ergibt, die in steter Wechselbeziehung zu-
einander stehen und ursächlich anss innigste miteinander verknüpft sind.
Der Verfasser war im besonderen bestrebt, den Gegenstand in ein-
sacher, verständlicher, nach Ausdruck und Satzbau richtiger Sprache dar-
zustellen. Er hoffte dadurch ein anregendes Lesebuch zu schaffen, das
dem Schüler die häusliche Arbeit erleichtern und das lebendige Wort
des Lehrers wirksam unterstützen könnte. Diesem Zwecke sollen auch die
beigegebeueu Bilder und Figuren dienen.
In dem Texte sind Namen und Zahlen auf das Nötigste be-
schränkt. Zur Übersicht und zur bequemeren EinPrägung wurden Ta-
bellen eingefügt, deren Inhalt vom Lehrer gegebenen Falls gekürzt
oder auch uach der Karte leicht ergänzt werden kann. Fleißige Benutzung
des Atlas und der Wandkarte ist überhaupt immer vorausgesetzt.
Das Lehrbuch erscheint in zwei Teilen; der erste ist für die
unteren, der zweite für die mittleren und oberen Klassen be-
stimmt. Jeder enthält die ganze Länderkunde, damit der Schüler stets
etwas Vollständiges in den Händen habe und die Verwendbarkeit des
Buches bei jeglicheu Lehrpläuen gesichert sei.
In dem ersten Teile schreitet die Entwicklung möglichst induktiv vor-
wärts; es muß in den unteren Klassen die Vorstellung von den geographi-
schen Gegenständen aus der Betrachtung des einzelnen heraus gewonnen
werden. Allgemeine Übersichten, zusammenfassende Urteile über Land-
schasten, Länder und Erdteile wie über die ganze Erdoberfläche finden
daher ihren Platz am Ende der betreffenden Abschnitte.
Die Einführung in die Erdkunde beginnt mit den Grund-
zügeu der Heimatskunde, welche der Lehrer durch Beziehuug auf die
besonderen Verhältnisse des Schulortes leicht beleben kann. Nachdem die
allgemeinsten geographischen Begriffe erläutert und das Verständnis für
VI
Karte und Globus erschlossen ist, erhält der Anfänger einen Überblick
über die Erdoberfläche, in dem die Erdteile die geographischen Ein-
heiten bilden.
Giebichenstein bei Halle a. d. <3., im April 1897.
Willi Ule.
Vorwort zur vierten Auflage.
In der neuen Auslage hat der Verfasser nicht unerhebliche Ände-
ruugen vorgenommen. In dem ersten Abschnitte hat er die Einführung
iu die Grundbegriffe an der Hand eines Ausfluges aufgegeben, da diese
zu der irrtümlichen Auffassung geführt hat, daß ein solcher Ausflug in
jeder Schule genau uach dem Texte ausgeführt werden solle, während
der Verfasser dadurch mir die Darstellung beleben uud zu derartigen
Ausflügen anregen wollte.
In den Grundzügen der Länderkunde ist der Text etwas gekürzt
und der Abschnitt über die Erdoberfläche der Behandlung der einzelnen
Erdteile vorausgesetzt wordeu.
Die größte Umarbeitung hat die Länderkunde erfahren. Hier ist
der Stoff auf mehrfachen Wunsch vermehrt, die politische Geographie
etwas mehr betont und der Text stilistisch und sachlich verbessert worden.
Außerdem ist statt des letzten Abschnittes über die Erdoberfläche und
ihre Bewohner ein neuer eingefügt worden, der das Wichtigste ans der
allgemeinen Erdkunde bringt, was zum besseren Verständnis der voraus-
gegangenen Länderkunde notwendig erschien.
Halle a. d. S., im April 1903.
Willi Ule.
Inhaltsverzeichnis.
Einführung in
Das Land und seine Erscheinungen 1
Die Formen des Landes ... 1
Die Gewässer................3
Der Ausbau, des Landes ... 6
Wetter und Klima............7
Die Pflanzen- und Tierwelt . . 10
Die Menschen................13
Der Himmel und seine Erschei-
nungen....................15
Der Horizont und die Himmels-
richtnngen................15
Die Bewegung der Sonne ... 17
Die Erde....................18
Der Sternenhimmel . . , . . 23
Die Darstellung des Landes ans
der Karte....................24
Grundzüge der Länderkunde ..... 27
Die Erdoberfläche..............27
die Erdkunde.
Seite
Europa......................31
Laudesnatur................31
Staaten....................33
Asien........................34
Läudesuatur................34
Staaten und Besitzungen ... 36
Afrika......................37
Laudesuatur................37
(Staaten und Besitzungen ... 38
Australien uud Polynesien. 39
Amerika....................40
Nordamerika................40
Landesnatnr..............40
Staaten und Besitzungen. . 41
Mittelamerika................41
Südamerika................41
Laudesuatur..............41
Staaten und Besitzuugeu . . 42
Länderkunde.
Seite
Europa..........................43
Die Alpeu..................43
Einteilung..................43
Landesnatur................45
Das Deutsche Reich..............45
Die Alpen uud dasAlpeuvorland 46
Dassüdwestd utfcheGebirgsland 48
Das mitteldeutsche Gebirgslaud 50
Das rheinische Schiefergebirge. 50
Das hessische Berg- und Hügel-
land und das Weserbergland . 51
Thüringen und der Harz... 52
Das Erzgebirge und das säch-
fische Berglaud............54
Die Sudeten................54
Das uorddeutsche Tiefland . . 56
Überblick über das gesamte Reich 60
Seite
Österreich-Ungaru..............65
Die Alpenländer..............65
Das böhmisch-mährische Laud . 67
Die Karpatenländer..........68
Die ungarischen Tiefebene» . . 68
Das südliche Gebirgsland. . . 69
Die Schweiz..................70
Belgien und Luxemburg .... 73
Die Niederlande................74
Dänemark....................75
Skandinavien. — Schweden uud
Norwegen..................76
Rußlaud......................78
Rumänien....................80
Großbritannien uud Irland ... 81
Fraukreich....................83
VIII
Inhaltsverzeichnis.
Die Pyrenäische Halbinsel. — Spa-
nien und Portugal..........85
Italien ......................88
Die Balkanhalbinsel. — Türkei,
Bulgarien, Serbien, Monte-
negro, Griechenland..........91
Überblick über Europa..........93
Alien............................95
Vorderasien. — Kleinasien, Syrien
und Palästina, Arabien, Meso-
potamien, Armenien, Kankasien,
Iran......................96
Zentralasien. — Tibet, Osttnrki-
stan, Mongolei..............98
Nordasien. — Westturkistan, Si-
birien ......................99
Südasien...........101
Vorderindien........101
Hinterindien........102
Die malaiischen Inseln . . . . 103
Ostasien. — China, Mandschurei,
Korea, Japan........103
Überblick über Asien......106
Afrika.............108
Nordafrika..........109
Die Sahara.........109
Die Atlasländer und die Inseln
im Atlantischen Ozean . . . 109
Das Nilland........110
Mittelasrtf a .........111
Der Sudan.........111
Die deutschen Kolonieen Togo
und Kamerun.......112
Seite
Das mittelafrikanische Hochland 112
Deutsch-Ostafrika......114
Südafrika..........115
Deutsch-Südwestafrika .... 116
Überblick über Afrika......116
Australien und Polynesien......118
Das Festland Australien und
Tasmanien.........118
Die australischen Inseln .... 120
Das deutsche Schutzgebiet. . . . 121
Polynesien..........121
Die deutschen Besitzungen in der
Südsee...........121
Amerika............123
Nordamerika.........123
Die Staaten Nordamerikas . . 1^5
Britisch-Nordamerika.....125
Die Vereinigten Staaten . . . 126
Mexiko ..........128
Mittelamerika ........129
Südamerika . •.......130
Die Staaten Südamerikas . . 133
Überblick über Amerika.....135
Die Polarländer.........136
Allgemeine Erdkunde.......138
Das Land..........138
Die Gewässer des Festlandes . 139
Das Meer..........140
Die Lufthülle.........141
Pflauzeu und Tiere......143
Der Mensch.........143
Einführung in die Erdkunde.
Vas Land und seine Erscheinungen.
Die Formen des Landes.
Wandern wir hinaus aus unserem Heimatsort! Wir betreten ein § 1.
Gelände mit auf- und absteigendem uud zuweilen ebenem Boden. und^Ge
Das ist das Bild der Landfläche überall. Aber die Höhe der Er- birge.
Hebungen ist oerschieden. Hier steigt der Boden nur zu einem Hügel an,
Fig. 1. Mittelgebirge. — Aus dem Fichtelgebirge.
dort ragt er steiler und höher zu einem Berge auf; hier findet sich eine ein-
zelne Erhebung, dort reiht sich Berg an Berg, erhebt sich ein Gebirge.
Die Gebirge wechseln sehr in Gestalt und Höhe. Zeigen sie wie ^cl.
im Fichtelgebirge sanftere Formen und geringere Erhebungen, so bezeichnet Hoch-
man sie als Mittelgebirge. Steigen sie höher auf, setzen sie sich aus 0e£"rfle-
steilen, schroffen und wildzerrissenen Formen zusammen, fo daß nur der
geübte Bergsteiger ihre Gipfel erklimmen kann, fo heißen sie Hoch-
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. 1
2 Einführung in die Erdkunde.
gebirge; ein solches sind die Alpen, deren höchsten
Gipfel unser Titelbild veranschaulicht.
K^ten- Ost besteht ein Gebirge aus einer Reihe von
Massen- einzelnen Bergen oder Berggruppen, die sich wie
geb'rge. einer Kette aneinander schließen; es bildet
dann ein Kettengebirge. Das Bild eines solchen
bieten uns die Alpen von München aus dar. Ander-
seits finden wir Erhebungen, die gleichsam nur wie
ein einziger, gewaltiger Berg aufragen; es sind
Massengebirge.
Wie in der Umgebung unseres Heimatsortes
Hoch- finden wir auf der Erde neben den Gebirgen Ebenen
ebfne- oder Flachländer. Diese sind selten völlig eben,
sondern man begreift als Ebene auch Länder, welche
von niedrigen Erhebungen durchzogen werden. So or
gilt der Boden Norddeutschlands als Ebene, obwohl ^
dort Berge bis auf 200 und 300 m aufragen. Die ^
Flachländer liegen in sehr verschiedener Höhe, g
Man unterscheidet darum Tiefebenen und Hoch- «
ebenen. ®
§ 2. Dort, wo der Anstieg des Bodens beginnt, jr
TAle liegt der Fuß des Berges. Wir steigen dann das ?
Berges. Gehänge oder den Abhang hinauf, der eine |
schwache Neigung, eine saufte Böschung zeigt, und $
gelangen zu der Spitze oder dem Gipfel des ™
Berges. Diefe ist eine flachgewölbte Kuppe oder H
ragt als schroffe Zacke oder Pyramide auf. Die 2
Höhe des Höhe eiues Berges ergibt sich aus dem seukrechteu «
®erßes' Abstände zwischen dem Gipfel und der Höhe des -
Fußes. Wollen wir wissen, ob andere Berge höher W
sind, müssen wir für sie ebenfalls diesen Abstand -
ausmessen. Wir können aber die Höhen der Berge 2
nur miteinander vergleichen, wenn wir sie auf ein P
und dieselbe Ebene, auf dasselbe Niveau (ititvö)
beziehen. Für die ganze Erdoberflüche gilt als ge-
meinfames Niveau der Meeresspiegel. Ein Berg
von 1000 m Höhe kann daher innerhalb seiner Um-
gebung nur ein niedriger Hügel sein, sobald diese
selbst schon beträchtlich über den Meeresspiegel
sich erhebt.
Teile Auch bei den Gebirgen spricht man vom Fuße,
hbiw?' von Gehängen und von Gipfeln. Dort ragen
zugleich viele Gipfel empor. Gehören sie einem
Kettengebirge an, reiht sich also Gipfel an Gipfel,
so erscheint die Erhebung wie der Kamm eines
Hahnes; man nennt sie darum auch Kammgebirge.
Die Linie, welche von Gipfel zu Gipfel über alle
Eiufattelungeu hiuwegläuft, heißt die Kamm-
linie.
Die Formen des Landes. — Die Gewässer.
3
Berg
Gipfeb
Fig. 3. Formen des Landes.
Zwischen den Bergen senkt sich der Boden ein, liegt ein Tal. Tai.
Durchschneidet dieses einen Höhenzug quer, so ist es ein Quertal, zieht
es zwischen den Bergzügen in gleicher Richtung hin, ein Lüngstal.
Die Gewässer.
Aus dem Grunde des Tales erblicken wir eine schimmernde Wasser- 8 o
fläche. Das Wasser fließt; es ist ein Fluß. Verfolgen wir in der Muß.
Richtnug des Fließeus, flußabwärts, das Wasser, so treffen wir zu-
Fig- 4. Tal mit Fluß und Nebenfluß. — Der Rhein und die Nahe bei Bingen.
weilen auf eine zweite Wasserfläche, breiter und mächtiger. Es ist ein
größerer Fluß, ein Strom, in den sich der erste Fluß als ein Neben-
flnß ergießt. Bei Bingen mündet so die Nahe in den Rhein.
Auch die Form des Tales sehen wir flußabwärts sich ändern. Das
1-«- rung.
4
Tal erweitert sich, die Gehänge treten von der Wasserrinne, vom
Flußbette, zurück, niedriges Flachland, Niederungen begleiten es.
Innerhalb dieser verzweigt sich der Fluß, er bildet mehrere Arme, von
denen Teile der Niederung als Inseln oder Werder umflossen werden.
OuÄ'k. Flußaufwärts verengt sich hingegen das Tal. Bald teilt es sich;
ein Seitental mündet iu das Haupttal. Wieder fließt auf dem Grunde
ein Gewässer, kleiner als das des Haupttales, es ist eilt Bach. Auch
dieser verkleinert sich talaufwärts. Wir kommen schließlich an seinen
Ursprung, an die Qnelle, die aus dem Boden im obersten Ende des
Tales hervortritt.
§ 4. Gehen wir den Flnß entlang aufwärts, so bemerken wir, wie das
Fig. 5. Wasserfall. — Der Rheinfall bei Schaffhausen,
Wasser bald schneller, bald langsamer fließt, während wir umgekehrt
Wassers langsamer, bald schneller das Tal hinauf schreiten. Je steiler der
" Gruud des Tales ansteigt, um so größer ist der Höhenunterschied von
Schritt zu Schritt, um so rascher fließt das Wasser; denu um so größer
ist das Gefälle. Zuweilen fällt der Talboden auch jäh ab, dann stürzt
der Fluß iu einem Wasserfalle zur Tiefe, wie unser deutscher Rheni
bei Schaffhausen.
Geröll- Am Gruude des Flufses seheu wir auch Steiue hinrollen, ebenfalls
wegiing. bald langsamer, bald schneller, bald in kleineren, bald in größeren
Beengen. Hier bewegt sich nur feiner Sand, dort wälzen sich mächtige
Gesteinsstücke fort. Das fließende Wasser trägt also ununterbrochen
Gesteine talabwärts, es vertieft demnach stetig die Talfurche. Oft hat
es überhaupt erst das ganze Tal ausgehöhlt oder ausgefurcht.
Abla-- Au Stelleu, wo das Gefälle geringer ist, lagern große Wälle von
Die Gewässer, 5
ringsum abgerundeten Steinen, von Geröllen. Der Fluß besaß hier
nicht mehr Kraft genug, sie weiter zu schieben. Die Gerolle sind ver-
schieden groß, zuweilen nur kleine Sandkörner und feine Schlammteilchen.
In dem ganzen Verlaufe eiues Flusses von der Quelle bis zur
Mündung wechseln solche Strecken der Abtragung nnd der Ablagerung, und
Im Gebirge aber wiegt die abtragende, die anssnrchende Tätigkeit vor. l°,,w-
Man teilt darnm auch den Fluß, sobald er Gebirge uud Flachland zn-
gleich angehört, in einen Gebirgslanf und einen Flachlandslauf.
Ju letzterem strömt das Wasser nur träge dahiu, es vermag kaum noch
die feinsten Schlammteilchen zu tragen, seine Tätigkeit besteht fast nur
iu der Ablagerung.
Der Strom mit seinen Nebenflüssen und Bächen bildet ein Fluß- fAmI
oder Stromsystem. Zu diesem gehört ein bestimmtes Landgebiet, in
Fig. 6. See. —Der Bodensee. Vorn Lindan, im Hintergrunde die Alpen.
dem der Wasserspiegel des Stromes im allgemeinen die tiefste Einsenkuug
ist. Schreiten wir an dem Strome immer talaufwärts, so erreichen wir
schließlich einen Ort, wo der Boden nach der entgegengesetzten Richtung
abfällt und die Gewässer nicht mehr unserem Strome zufließen, mithin
ein neues Stromgebiet beginnt. Dort liegt die Wasserscheide, die
Grenze zwischen zwei Stromsystemen.
Wo ein Tal sich tiefer einsenkt und eiu ringsum abgeschlossenes § 5.
Becken bildet, staut sich das Wasser zu einem stehenden Gewässer, See.
einem See ans. Ein solcher gehört oft zu den schönsten Landschafts-
zierden, wie der Bodenfee am Fuße der Alpen. Künstlich gestaute,
stehende Gewässer bezeichnet man als Teiche. Seeen und Teiche haben
meist einen Abfluß. Wo ein folcher oberflächlich nicht vorhanden ist,
Einführung in die Erdkunde.
Mün-
dung.
Meer.
Ufer.
Halb-
iuseln.
Inseln.
Fest-
land.
$ 6-
Be-
schaffen-
heit des
Bodens.
muß das Wasser auf unterirdischem Wege abfließen oder es muß au
der Oberfläche in demselben Maße verdampfen, als die Wassermasse
durch den Zufluß gespeist wird. Derartige- abflußlose Seeeu haben
salziges Wasser.
Bei dem Eintritte des Flusses iu einen See hört das Fließen auf,
es fallen darum die mitgeführten Gerolle und Schlammteilchen zu Boden.
Der Fluß bildet au feiner Mündung einen Schutthaufen. Dieser
wächst oft in dem Grade an, daß er schließlich über den Wasserspiegel
hinausragt, zumal, wenn der Spiegel des Sees sich senkt. Eine solche
Niederung im See bezeichnet man als Delta. Wir finden sie an den
Mündungen der Flüsse in Seeen wie auch an denen der Ströme in
dem großen, erdnmfafsenden Gewässer, das wir das Meer nennen. Die
Meere sind die Sammelbecken nahezu aller fließenden Gewässer der
Erde. Ihr Wasser ist salzig.
Wo das Land aufhört und das Waffer beginnt, liegt das Ufer
des Flnffes, der Seeen und der Meere. Bei dem Flnffe unterscheidet man
ein rechtes und linkes Ufer, indem man stromabwärts blickt. Die
Ufer der Meere heißen auch Gestade oder Küsten. Diese verlaufen sehr
vielgestaltig. Zuweilen treten
Landteile weit hinaus in die
Meeresfläche und bleiben nur in
einem schmalen Streifen, in einer
Landenge, mit dem übrigen
Uferlande verbunden; sie bilden
dann Halbinseln. Die ein-
schneidenden Meeresteile heißen
Meerbusen. Oft sind von dem
Lande Teile ganz losgelöst und
werden riugs umspült von
Wasser, dann sind sie Inseln.
Auf der gesamten Erd-
obersläche bilden die Meere eine
zusammenhängende Wasserfläche.
Alles Laud aus der Erde ist
also Jusel. Wo dieses Land
größere Flächen einnimmt, be-
zeichnen wir es als Festland
oder Kontinent.
Der Äuflmu des Landes.
In dem Tale bedecken
meist Sand-, Kies- und Ge-
röllablagernngen deu Bodeu.
Auch das untere Gehänge der
Berge wird oft von Schutt Fig. 7. Felsen. - Höllental im Schwarzwald.
gebildet, der am Abhänge herab-
gerollt ist. Aus diesem ragt hie und da festes Gestein, Fels, hervor. An
seiner Oberfläche ist der Felsen zerbröckelt, locker, er ist verwittert. Solche
Felsen treffen wir vornehmlich in den Gebirgen^z. B. im Schwarzwalde.
7
Die Gebirge sind gleichsam Felsmauern. Die Flachländer
sind dagegen vorwiegend Ablagerungen lockerer Gesteinsmassen,
die den festen Felsen, das Grundgestein, verhüllen.
Die Felsen der Erde sind aus sehr verschiedenen Gesteinen f®^=
gebildet. Hier bestehen sie aus geschichteten, wie durch Menschenhand arten,
aufgebauten Bänken, dort sind es massige Bildungen, die einem
erstarrten Teige gleichen. Die ersteren sind meist in Wasser abgesetzt;
die anderen traten als feuerflüssige Massen aus dem Schöße der Erde^
hervor; es sind Auswurfs- oder vulkanische Gesteine.
Noch heute gibt es an vielen Stellen der Erde feuerspeiende^»»«.,.
Fig. 8. Vulkan. — Der Gipfel des Vesuv bei Neapel in Italien.
Im Hintergrunde der Gipfel mit dem Feuerschlund, im Vordergrunde ein erstarrter Lavastrom. Die dunkle
Linie am Kegel ist eine Drahtseilbahn-
Berge oder Vulkane, die Asche und flüssige Gesteinsmasse, Lava,
auswerfen. Zn ihnen gehört der Vesuv in Italien.
Wetter und Klima.
Alltäglich sprechen wir vom Wetter. Darunter verstehen wir den § 7.
jeweiligen Zustand der Luft. 'Das
Bei schönem Sommerwetter strahlt die Sonne von fast wolkenlosem 28cUer'
Himmel zu uns herab; nur einzelne leichte Wölkchen, sogenannte Feder-
wölken, verschleiern etwas das herrliche H im me ls b l a n. Aber in der Ferne,
nahe dem Ende unseres Gesichtskreises, unseres Horizontes, erblicken
8 Einführung in die Erdkunde,
wir große Ballen weißer Wolken, Haufenwolken, die auf einer wag-
rechten Wolkenschicht aufsitzen. Die Luft ist ruhig, sie zeigt keine
Bewegung, es ist windstill. Schreiten
wir an einem solchen Tage auf der
Landstraße der Sonne ausgesetzt dahin,
wärme!" f° wird es uns heiß, die Sonne sticht;
wir weichen ihren Strahlen aus und
suchen Schutz im Schatten der Bäume.
Wir fühlen, wie es dort kühler ist.
Diese Wahrnehmung lehrt uns, daß die
Sonne uns nicht nur Licht, sondern auch
Wärme spendet.
Am Abend aber, wo die Sonne am
Himmel zum Horizonte herabgestiegen
ist, sticht sie nicht mehr; die Sonne gibt
uns also größere Wärme, wenn sie höher
am Himmel steht, ihre Strahlen mithin
senkrechter zu Boden fallen. Die Erde ist nämlich allseitig umhüllt von
der Luft, der Atmosphäre. Diese bietet deu eindringenden Sonnenstrahlen
Widerstand. Die Sonnenstrahlen durchschneiden aber am Mittag weit
weniger Luft als am Abend, wo die Sonne viel tiefer steht; mithin ist
in ersterem Falle auch ein geringerer Widerstand zu überwinden; die
Sonnenstrahlen erreichen weniger geschwächt den Erdboden, erwärmen
also ihn und damit die überlagernde Lust stärker.
§ 8. Diese Wahrnehmungen können wir auch durch Messungen prüfen;
^meter.°' wir besitzen im Thermometer einen Wärmemesser. Seine Konstruktion
beruht auf der Tatsache, daß sich die Körper durch Wärme ausdehnen.
Bestimmte Flüssigkeiten, Quecksilber oder Weingeist, werden in kleine
Gefäße eingeschlossen, welche in eine gläserne Röhre auslausen, iu der
dann die Flüssigkeiten je nach der Wärme auf- und absteigen. Für die
Messung dieser Bewegungen teilt man die Röhre ein. Als Ausgangs-
Punkt der Teilung wählt man die Wärme, bei welcher das Wasser
gefriert. Es ist das der Nullpunkt der Teilung oder Skala.
Einen zweiten dauernd gleichen Wärmegrad gibt uns das siedende
Wasser. Die Strecke der Röhre zwischen dem Standpunkte der Flüssigkeit
bei dem Gefrieren und bei dem Sieden des Waffers teilen wir
nach der Angabe des Schweden Celsius in 100, nach der des Franzosen
Reanmur (reomür) in 80 Teile oder Grade.
L"tt" Mit Hilfe eines solchen Thermometers bestimmt man die Wärme
ttorme* der Luft. Unter dieser versteht man stets die Schattenwärme. Durch
Messung der Luftwärme von Tag zu Tag erhält man einen Überblick
über ihre Veränderung. Bildet nian aus allen Messungsergebnissen das
Mittel, so bekommt man die mittlere Wärme für den Ort. Diese ist ein
wichtiges Merkmal für die Beurteilung des mittleren Witternngsznstandes,
Klima, den man auch als Klima bezeichnet. Weitere Merkmale für das Wetter
und das Klima sind die Schwere der Luft, die Winde, die Nieder-
fchlagsverhältnisse und der Grad der Bewölkung.
§ 9. Das Wetter au einem heiteren Sommertage ändert sich im Laufe der
wmer Z^t oft rasch. Die kleinen Wolken am Horizonte wachsen gewaltig an, eine
. am Mittag
S oiuxen_s t and
Fig. 9. Weg der Sonnenstrahlen
durch die Atmosphäre.
Wetter und Klima, 9
schwarze Wolkenschicht, begrenzt durch mächtige Haufenwolken, ist am
Himmel emporgestiegen. Es naht ein Gewitter! Plötzlich durchleuchtet
das dunkle Gewölk ein greller Lichtschein, es blitzt, und kurz darauf
vernehmen wir ein die Luft erschütterndes Geräusch, es rollt der
Donner. Zu gleicher Zeit gerät die ruhige, schwüle Luft in Bewegung,
ein Wind erhebt sich und schwillt zum kräftigen Sturme an. Bald
fallen Wassertropfen, es regnet. Jetzt vernehmen wir ein prasselndes
Geräusch, es schlägt wie mit Steinchen an die Fenster. Eiskörner fallen
aus den Wolken herab, es hagelt.
In den höheren Schichten der Luft muß es hieuach kalt sein, so Warme-
daß die Wassertropfen zu Eis erstarren konnten. Tatsächlich ver- »ahme
mindert sich die Wärme der Luft init der fenkrechten Ent-
Fig. 10. Gletscher. — Am Piz Bernina in den Alpen.
fernnng vom Boden, von dem aus sie vorwiegend ihre Erwärmung
erfährt. In den hohen Gebirgen gibt es Gebiete, in denen der Niederschlag
aus den Wolken fast nur als Schnee fällt. Diefer Schnee schmilzt
dort nie weg, sondern sammelt sich in den Mulden der Berge an,
verdichtet sich uuter dem eigenen Drucke, wie in unserer Hand der
Schneeball, allmählich zu Eis, das eiue gewisse Beweglichkeit behält
und als Eisstrom, als Gletscher, talabwärts stießt. Der Gletscher Glet-
reicht weit über die Grenze des ewigen Schnees, über die Schnee-
linie, in wärmere Striche des Gebirges hinab. In den Alpen stehen
oft neben dem Eisstrome blühende Blumen und mächtige Bäume.
10 Einführung in die Erdkunde.
§ 10. Ist das Gewitter vorüber, so rieselt überall in Rinnen das Wasser
aus dem Boden. Aber seltsamerweise sammelt es sich nur vereinzelt in
Regens, kleinen Lachen an, obwohl es sehr stark geregnet hat. Hätten wir den
Regen aufgefangen in einen Behälter, dessen Querschnitt uns genau
bekannt ist, so hätten wir die Höhe des Niederschlages unmittelbar
Messer! uiessen können, wie das mit Regenmessern
auch geschieht. Es mag eine Wassermasse gefallen
sein, welche den Boden, wäre sie nicht abge-
flössen, mehrere Zentimeter hoch bedeckt hätte.
Dieses Wasser ist in kurzer Zeit verschwunden,
es ist wirklich verschwunden vor unseren Augen
fast, in unzählige Spalten des Bodens ist es ein-
gedrungen und nur ein kleiner Teil fließt noch auf Fig. 11. Quelle. (Q.)
der Oberfläche ab. Das in den Boden eingedrungene a durchlässig^^undurchlässtge
oder eingesickerte Wasser sammelt sich dort auf
Wasser' undurchlässigen Schichten als Grundwasser an, das langsam unterirdisch
der Neigung des Grundes nach sich bewegt und in den Bodensenken, den
Tälern, dann als Quelle hervortritt. Das Quellwasser trägt auch
Gesteinsmaterial fort, löst ferner viele Teile des Bodens auf. Dadurch
Höhle, schafft es Hohlräume, Höhlen, die ganz gewaltige Größen erreichen
können und sich oft stnudeuweit unter der Erdoberfläche hinziehen.
Der Regen hat uns gezeigt, daß in der Luft Wasser als Dampf
Nieder- vorhanden ist. Dieser Wasserdampf verdichtete sich zu Wassertröpscheu
schlag, in der Wolke, aus der dann der Regen niederfiel. Oft bilden sich
Wolken, ohne daß es reguet. Wenn diese Wolken auf dem Boden
lagern, bezeichnen wir sie als Nebel. Auf dem Boden selbst schlägt
sich zuweilen auch der Wasserdampf als Tau oder, wenn es friert, als
Reif nieder. Die Ursache des Ausscheidens von Wasser aus der Lust
ist hier immer eine Abkühlung. Auch der Regen entsteht durch die
Erkaltung der Luft, meist bei dem Aufstiege aus wärmeren in höhere,
kältere Schichten. Wenn wir im Winter im Freien atmen, fehen wir
deutlich den Hauch vor unserem Munde als Nebel. So verwandelt sich
der warme aufsteigende Lufthauch in der Höhe in sichtbare Wolken,
wenn nur die Luft genügend Wasserdampf enthält. Dieser wird ihr
aber ans der Erde überall vom Boden, von den Flüssen und Seeen und
von den Pflanzen zugeführt. Sie kann um so mehr Wasserdampf auf-
nehmen, je wärmer sie ist.
Die Manzen- und Tierwelt.
§ 11. Unseren Heimatsort umgeben wohlgepflegte Felder. Unten im
Wiese Flußtale aber breiten sich üppiggrüne Wiesen aus. Aus ihnen erheben
Wald! sich dunkle Baumgruppeu, die in der Ferne immer dichter werden und
schließlich einen ausgedehnten Wald bilden. Dieser besieht aus Laub-
holz oder dunkeln: Nadelholz. Die felsigen Gehänge der Berge
Pflan- f^d dagegen fast ganz ohne Pflanzenwuchs. Hier fehlt der geeignete
wuchs. Boden, in dem die Pflanzen wurzeln können. Ihr Gedeihen hängt
außerdem uoch davon ab, daß genügendes Wasser und auch eine
bestimmte Wärme vorhanden ist. Doch die Pflanzen erfordern keineswegs
alle bie gleichen Lebensbedingungen. Darum wechselt das Pslauzeukleid
Die Pflanzen- und Tierwelt. 11
oder die Flora von Ort zu Ort. Wir können die Pflanzen in ver-
schiedene Gruppen scheiden: Wasserpflanzen und Landpflanzen,
wärmebedürftige und kälteanshaltende Pflanzen. Wo es an
Wasser nahezu völlig gebricht und die Luft zu heiß oder kalt ist, fehlt
das Pflanzenkleid oft ganz, da liegen die Wüsten, öde uud kahle
Flächen, wie die Sahara in Nordafrika. Wo die Benetzung nur zeit-
weise erfolgt, so daß zwar Gräser und Kräuter, nicht aber dichte Wald-
bestände gedeihen, breiten sich die Steppen aus. Das üppigste Pflanzen-
kleid tragen die Länder der Erde, in denen dauernd hohe Wärme und
reiche Feuchtigkeit herrscht, die Tropen, zu denen der größte TeMBra-
siliens in Südamerika gehört.
Fig, 12. Wüste. — Aus der Sahara in Nordafrika
Die Umgebung unseres Heimatsortes ist ein Kulturland. Feld Kultur
und Wiese sind gepflegt und gehegt von den Menschen, die hier wohnen; '
auch der Wald ist fast nirgends mehr Urwald. Auf den Feldern und
in den Gärten wachsen die Kultur- oder Nutzpflauzeu.
Währeud unsere Blicke durch die Landschaft schweifen, bemerken
wir wohl gelegentlich einen großen Bogel hoch in der Luft. Langsam § 12
fliegt er in großen Kreisen über uns hin. Wir erkennen in ihm einen £ierf*
Raubvogel, einen Bussard. Er senkt sich allmählich tiefer; da plötzlich
ändert er feinen Flug und schießt pfeilschnell zum Boden herab. Kurz
darauf erhebt er sich auch schon wieder mit einem Gegenstande in den
12 Einführung in die Erdkunde,
Fängen. Dieser bewegt sich; es ist eine Maus, die der Vogel im Felde
erspäht hat, wo sie behaglich an einer Kornähre nagte.
Ein Bild aus dem Tierleben haben wir vor uns. Wie die Maus
Treffer, leben zahlreiche Tiere von pflanzlicher Kost. Ihr Leben ist somit
abhängig von dem Vorhandensein dieser,
ftesse?/ Andere Tiere nähren sich aber gleich dem Bussard vorwiegend oder
ausschließlich von Tieren. Es sind Raubtiere. Ihr Lebeu ist gebuudeu
au das Vorkommen von anderen, pflanzenfressenden Tieren. Doch bestimmt
die Nahrung nicht allein die Tierwelt oder Fauna eines Landes, sondern
auch die Tiere siud in ihrem Fortkommen abhängig von Wärme und
Feuchtigkeit, von dem Klima. Einzelne Tiere leben nur im Wasser,
Fig. 13. Tropischer lU'ttmli). — Brasilien in Südamerika.
audere nur auf dem Lande, einzelne in heißen, wieder andere nur in
kalten Gegenden. Es ändert sich ja auch bei uns die Tierwelt von der
warmen zur kalten Jahreszeit. Alljährlich verlassen uns im Herbst in
Scharen die Zugvögel, um bei dem Beginne der warmen Jahreszeit, im
Frühling, wieder zu uus zurückzukehren.
Ha»ö-- Einzelne Tiere hat der Mensch für feine Zwecke gezähmt und ge-
urc' züchtet. Diese Haustiere begleiten den Meuscheu fast über die ganze
Erde. Doch siud uicht alle einer solchen Verbreitung fähig. Sie sind in
den einzelnen Gegenden sehr verschieden, je nach der Natur der Länder.
Das Haustier der Bewohuer heißer Wüsten ist vorwiegend das Kamel,
während in den kalten Gegenden der Erde das Renntier gezüchtet wird.
Die Menschen. 13
In der Umgebung unseres Heimatsortes treffen wir Pferde, Rinder,
Schafe, Schweine, Hunde, Hühner, Enten und Gänse als Haustiere.
Die Menschen.
Vom Nachbardorfe unseres Heimatsortes tönt Glockengeläute her- § 13.
über. Es sind die Abendglocken, welche die Bewohner von der Arbeit w°h-
auf dem Felde heimrnsen. Malerisch erhebt sich mitten zwischen Feldern
der kleine Ort. Die Landstraße führt zu ihm hin. Zuerst erscheinen
einige Häuser zur Rechten des Weges, ein Einzelhof; dann treten
mehrere Hänser zusammen und bilden eine Ortschaft, das Dorf. Größere
Orte bezeichnen wir als Stadt.
Nicht überall auf der Erde wohnen die Menschen in der gleichen
Art. Bei vielen Stämmen in Afrika bilden kleine Hütten die Wohnungen.
Fig. 14. Wohnhütten in Afrika. — Tropisches Westafrika.
Es gibt auch zahlreiche Menschen, welche gar keinen festen Wohnsitz haben;
sie wandern unstet von Ort zu Ort, Nahrung suchend, und hausen unter
freiem Himmel oder unter einem leicht tragbaren Zelte. Ihre Nahrung Jand-
finden sie durch Sammeln der Pflanzenfrüchte und kleinerer Tiere oder
durch Jageu und Fischen. Zuweilen halten sie sich auch Vieh, das ("»{;
sie dann auf ihren Wanderungen mitnehmen. Solche wandernde Hirten pm.
nennt man Nomaden.
Damit sich Menschen dauernd an einem Orte niederlassen können, Acker-
mnß genügend Nahrung für sie vorhanden sein. In einzelnen besonders 6flU'
gesegneten Ländern der Erde bietet ihnen diese die Natur in über-
schwenglicher Fülle dar. Meisi aber reicht die natürliche Nahrung nicht
aus; dann muß der Mensch der Natur nachhelfen, er muß den Boden
14
Einführungen die Erdkunde.
bearbeiten und ihm größeren Ertrag abgewinnen, er muß Ackerbau
treiben. Doch auch der kultivierte Boden kann nicht alles liefern, was
der Mensch zur Erhaltung seines Lebens bedarf. Da muß er sich wieder
auf das Wandern begeben und muß in anderen Ländern das Fehlende
zu erwerben suchen. Er tut das, indem er die Erträge seines Heimats-
Rodens dagegen eintauscht. So entsteht der Handel. Dieser erstreckt sich
Perkehr, nicht nur auf die Erzeugnisse des Bodens, sondern umfaßt auch andere
Gegenstände, die der erfinderische Mensch erst gefertigt hat. Zur Bestellung
des Bodens braucht er Geräte; diese müsseu hergestellt werden, dazu
bedarf es wieder anderer Geräte, die ebenfalls gemacht werdeu müssen,
"werbe.k kommt der Menfch zur Gewerbtätigkeit, zur Industrie. Wir
Fig. 15. Hafen von Hamburg mit Seeschiffen vor Anker.
fiudeu in der Umgebung unseres Heimatsortes genügend Zeugen dieser.
Unten im Tale liegt am Flusse eine Mühle, in welcher Baumstämme zu
Bretten: zerschnitten werden, dort auf dem Felde steht eine Windmühle,
der eben ein Bauer eiueu korubeladeueu Wagen zuführt, und dicht
oor den Toren der Stadt ragen rauchende Schornsteine empor, die
einer großen Fabrik angehören.
£ 14. Die industrielle Tätigkeit erfordert Kräfte, Maschiueu. Dort
Boden- war es das Wasser und der Wind, hier ist es die Heizkraft der Kohle,
schätze. sie liefert. Das Vorhandensein von Kohle ist für die Industrie eines
Landes von ganz besonderer Bedeutung; deuu diese arbeitet vielfach mit
Maschinen, die durch Dampfkraft betrieben werden. Der Dampf wird
durch Kohlenfeuer erzeugt.
Der Horizont und die Himmelsrichtungen. 15
Handel und Industrie rufen Verkehr hervor. Zu seiner Förderung
hat der Mensch Straßen angelegt. Ans der Landstraße fahren Wagen, Land?,
die den Bewohnern der Stadt die Erzeugnisse des Landes zuführen.
Daneben aber eilt ein ganzer Wagenzug auf eisernen Schienen, eine Eisen-
bahn, durch das Land. Diese ist das schnellste Verkehrsmittel. Für den
Gedanken uud das gesprochene Wort gibt es freilich ein noch schnelleres,
den Telegraphen und das Telephon.
Auch das fließende und stehende Wasser bieten Verkehrsstraßen Verkehr
dar, die mit Flößen, Kähnen und Schiffen befahren werden. Letztere Wasser,
werden zum Teil mit Dampf vorwärts bewegt. Die Schiffbarkeit eines
Flusses hängt von der Tiefe des Wassers und von der Geschwindigkeit
des Stromes ab. Zu flaches und infolge starken Gefälles zu rasch
fließendes Wasser machen die Schiffahrt unmöglich. Solche Verkehrs-
Hindernisse hat der Meufch oft künstlich beseitigt. Auch hat er das Netz
der Wasserstraßen durch Anlage von Kanülen ergänzt. Die wichtigsten
Wasserstraßen sind die offenen Meere, auf denen sich von Festland zu
Festland der Verkehr bewegt. Diese Seeschiffahrt begründet den Welt-
verkehr, dessen Ausgangspunkte die großen Häfen des Landes, wie
Hamburg, sind.
Von der Fruchtbarkeit des Bodens, von dem Reichwme des Landes § 15.
an Stoffen, die in der Industrie verwertbar sind, und von den günstigen Bevöi-^
Verkehrsverhältnissen hängt die Art der Befiedlnng ab. Die Menschen
wohnen nicht überall gleich dicht beieinander. Dort reiht sich
Ortschaft an Ortschaft, hier breiten sich weite Flächen aus, die kaum
eine menschliche Wohnung zeigen. Die Orte drängen sich namentlich
längs der Hauptstraßen. Auch am Flusse im Tale liegen oft zahlreiche
Siedlungen.
Die Menschen sind auch in ihrem Aussehen, besonders in der Farbe Volker
der Haut und des Haares, sehr verschieden. Wir teilen sie in Völker Rassen,
und Rassen. Wir selbst gehören der weißen Rasse an. Sodann weichen
sie hinsichtlich ihrer geistigen Fähigkeiten, ihrer Gesittung und Religion
erheblich voneinander ab. Auf höherer Stufe der Gesittung vereinigen
sie sich zum Schutze ihrer Unternehmungen wie ihrer Person und ihres
Eigentums zu geordneten Gemeinwesen, zu Staaten, an deren Spitze Staate»,
entweder ein erblicher Fürst oder ein erwählter Führer, ein Präsident,
steht. Erstere Verfassung des Staates bezeichnen wir als Monarchie,
letztere als Freistaat oder Republik.
Wir haben eine Reihe von Erscheinungen kennen gelernt, welche in § 16.
ihrer Gesamtheit die Natur eines Landes ausmachen. Sie zu schildern Begriff
und ihre wechselseitigen Beziehungen festzustellen, ist die Aufgabe der btuS>!S
Geographie oder Erdkunde.
Ver Himmel und seine Erscheinungen.
Der Horizont und die Himmelsrichtungen.
Von dem Gipfel eines Berges aus überschauen wir eine angen- L 17.
scheinlich kreisrunde Landfläche. Über ihr wölbt sich der Himmel Wo Der Ho-
Himmel und Erde sich zu berühren scheinen, liegt der Horizont die
Grenzlinie unseres Gesichtskreises.
6
Einführung in die Erdkunde.
w.<
Fig.
16. Die Himmels-
richtungen.
Am Horizonte erkennen wir den Kirchturm eines fernen Ortes. Wo
liegt der Ort? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir den Gesichts-
kreis einteilen, wie der Kreis, welchen der Zeiger
der Uhr beschreibt, geteilt ist. Aber die Teilung
muß unabhängig sein von Gegenständen, die
der Erde selbst angehören, da die Richtungen
nach diesen sich je nach unserer Stelluug ändern.
me?s- Wir richten darnm unseren Blick zum Him-
nchtim- mel. Dort steht das Tagesgestirn, die Sonne.
flf"' Sie geht alltäglich auf derselben Seite des Ge-
sichtskreises ans und auf derselben unter und
beschreibt am Himmel einen Bogen, dessen hoch-
sten Puukt sie um Mittag erreicht. Die Richtung,
in welcher wir die Sonne um diese Stuude er-
blicken, ist stets die gleiche, wo wir uns auch befiu-
deu. Wir wähleu sie als eiue der Hauptrichtungen
aus uud bezeichnen sie mit Südeu (3). Unser Schatten weist dann nach
der entgegengesetzten Seite, der zweiten Hanptrichtnng, nach Norden (N)
hin. Zur Rechten aber liegt die Abendseite, welche wir Westen (W),
zur Linken die Morgen-
seite, welche wir Osten
(0) nennen. Das sind
die vier Weltgegen-
den oder Himmels-
richtungen, mit deren
Hilfe wir uns am Ho-
rizonte zurecht finden.
Zwischen ihnen liegen
dieNebenhimmelsgegen-
den, die wir durch wei-
tere Teilung des Hori-
zontes erhalten: Süd-
osten (SO), Südwesten
(SW), Nordosten (NO)
und Nordwesten (NW).
Nach Untergang
der Sonne leuchten am
Himmel die Sterne auf.
Auch sie bewegen sich
über den Himmel und
beschreiben Bogen wie
die Soune.
Daher können auch
die Gestirne uns dazu
dienen, uns am Horizonte
zurechtzuweisen, uns zu
orientieren. Eiu Stern scheint aber an der Bewegung nicht teilzn-
nehmen. Wenn wir das Sternbild des großen Bären, das auch der
Wageu genannt wird, aufsuchen und in diesem die Verbindungslinie der
Fig. 17. Sternbild des Bären.
Polar-
stern.
Die Bewegung der Sonne.
17
beiden Sterne, welche gleichsam die Hinterräder des Wagens bilden, nach
der Seite, an welche die Deichsel angesetzt ist, um das Fünffache etwa
verlängern, dann treffen wir auf jenen Stern, der Polarstern heißt.
Die kürzeste Linie, die von ihm am Himmel nach dem Horizonte gezogen
wird, führt zum Nordpuukte.
Zur Orientierung auf der Erde dient uns auch der Kompaß. «A-
Dieser besteht aus einer Kapsel, in deren Mitte eine Nadel so angebracht
ist, daß sie sich frei drehen kann. Die Nadel ist magnetisch. Sie hat die
Eigenschaft, sich immer so zu stellen, daß das eine besonders gekenn-
zeichnete Ende nach einem Orte in der Nähe des Nordpunktes zeigt.
Der Bogen, den die Sonne am Tage beschreibt, steht geneigt zu § 18.
dem Horizonte. Er ist Tag für Tag nicht gleich groß; doch sind die
Bögen untereinander stets gleichlaufend. Die Sonne muß somit um Mittag Sonne.,-
verschiedene Höhen erreichen. Wir können das auch an der Länge unseres '°sen''
Schattens beobachten.
Merken wir uns jeden Morgen am Horizonte den Ort des Sonnen-
anfganges und jeden Abend den des Sonnenunterganges, so sehen wir,
daß diese meist nicht mit dem Ost- und Westpunkte zusammenfallen.
Im Frühjahr nimmt der Sonnenbogen täglich zu und der Auf- s°™beK=
gangs- und Untergangsort wandert am Horizonte nach Norden zu. Um
die Mitte des Sommers, am 21. Juni, erreichen sie ihre nördlichsten
Stellungen und zugleich die Sonne um Mittag ihren höchsten Stand.
Dann wandern die Orte des Auf- und Unterganges wieder zurück zum
Ost- und Westpunkte, mit denen sie am 23. September zusammenfallen.
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. 2
Z/Dez
Süd-
punkt
Oslpunkl
Fig. 18. Verschiedener Stand der Sonne.
18
Einführung in die Erdkunde,
Wir sehen aber nun die Sonne südlich davon aufgehen, Tag für Tag
mehr, bis zum 2t. Dezember. An diesem Tage beschreibt die Sonne den
kleinsten Bogen am Himmel; sie erreicht zugleich um Mittag deu
niedrigsten Stand. In der folgenden Zeit nähern sich der Aufgangs-
und Untergangsort wieder dem Ost- und Westpunkte. Am 21. März fallen
sie mit ihnen abermals zusammen. Dann schreiten sie von neuem dem
Nordpunkte zu. Man nennt den Abstand dieser Orte vom Ost- und
Westpunkte die Morgen- und Abendweite der Sonne. Sie ist am
größten am 21. Juni und 21. Dezember, am kleinsten, d. h. gleich null,
am 21. März und 23. September.
§ 19. Haben die Orte des Sonnenauf- uud -Unterganges bei der Rück-
Ätetu Stellung wieder erreicht, so ist ein Zeitraum vergangen,
den wir ein Jahr nennen. Nach dem wechselnden Stande der Sonne
gliedern wir dieses in vier Jahreszeiten. Die Zeit, in welcher der
Ort des Sonnenaufganges vom Ostpunkte nordwärts wandert, heißen
wir Frühling. Die Länge der Tage nimmt währenddessen beständig
zn, es wird gleichzeitig wärmer. Am 21. Juni ist der längste Tag, der
Tag der Sonnenwende. Von da ab nimmt der Tagbogen ab. Es
beginnt der Sommer, in dem es zunächst uoch wärmer, dann allmählich
kühler wird. Er dauert so lange, bis die Sonne am 23. September
abermals im Osten aufgeht. Dann ist wie am 21. März Tag und Nacht
gleich lang; es ist die Zeit der Tag- und Nachtgleiche. Nun werden
die Tage auch weiter immer kürzer, der Herbst ist da. Er erreicht sein
Ende am 21. Dezember, dem kürzesten Tage, dem Tage der Winter-
sonnenwende, an welchem die Sonne den kleinsten Bogen beschreibt;
der Winter beginnt. Jetzt wendet sich der Ort des Sonnenaufganges
wieder dem Ostpunkte zu; er erreicht ihn am 21. März, dem Frühlings-
anfang.
Dam- Mit dem Untergange der Sonne beginnt die Nacht; doch nicht
merung. |0y0r^ jon5ern das Licht der Sonne erhellt auch uach ihrem Untergange
noch deu Himmel, es dämmert. Dem Sonnenaufgange geht eiue
Morgendämmerung voraus.
Hw- Am Tage beschreibt die Sonne uns sichtbar einen Bogen am
oefflW. Himmelsgewölbe. Sie setzt ihn, uns unsichtbar, bei Nacht fort. Denn das
Himmelsgewölbe denken wir uns als eiue Hohlkugel, in deren Mitte
wir uns befinden. Wir überblicken stets nur eine Hälfte des Himmels. In
dieser heißt der Punkt gerade über uns der Scheitelpunkt oder der
Zenith. Die uns sichtbare Bahn der Sonne ist ihr Tagbogen, die
unsichtbare ihr Nachtbogen.
Die Erde.
§ 20. Von dem Gipfel eines Berges ans erblicken wir im Vordergrunde
Gestalt Gegenstände in ihrer vollen Gestalt. In der Ferne sehen wir da-
Erde, gegen nur die Gipfel der Berge. Auch von der Spitze eines Lencht-
tnrmes aus nehmen wir von einem herankommenden Schiffe zunächst nur
die Masten und dann erst den Rumpf am Horizonte wahr. Diese Er-
scheinung kann nur durch die Annahme erklärt werden, daß die Ober-
fläche der Erde gekrümmt ist. Tatsächlich hat die Erde die Gestalt
einer Kugel.
Die Erde. 19
Auch der Himmel über uns erscheint uns wie eine Kugel; er ist §21.
aber in Wahrheit keine Hohlkugel, sondern der unendliche Weltenraum, räum,
in dem in schwer meßbaren Fernen die Gestirne schweben.
Das uns nächste Gestirn ist der Mond, dann kommt die Sonne,
die schon rund 150 Millionen Kilometer entfernt ist. Es ist das aber
noch nah im Verhältnisse zu dem Abstände des uns nächsten Fixsternes.
Dieser ist so weit, daß sein Licht 372 Jahre braucht, um die Erde zu
erreichen. Von der Sonne gelangt das Licht in 874 Minuten zu uns.
Alle diese Sterne beschreiben in den gleichen Zeiten, während eines Drehung
Tages, einen vollen Umlauf um den Himmel. Es ist diese Bewegung Erde,
aber nur scheinbar. Eopernicus hat uns gelehrt, daß nicht der Himmel,
sondern die Erde sich bewegt. Sie dreht sich innerhalb eines Tages
einmal nm ihre eigene Achse.
Die Endpunkte der Achse sind die Pole der Erdkugel. Verlängern Pole,
wir die Achse, so treffen wir ans die Himmelspole, die Endpunkte der
Himmelsachse, um welche sich scheinbar alle Sterne bewegen. An unserem
nördlichen Himmel ist der Pol leicht zu studen. Er befindet sich nahe
dem Polarsterne.
Denken wir uns den Südpunkt des Horizontes über den Zenith § 22.
mit dem Nordpunkte verbunden, so erhalten wir einen Kreis am Himmels- Mit-
gewölbe,welcher der Mittags- tKx.
kreis heißt. Wir körnten uns
diese Linie auch über die
Erde gelegt vorstellen. Sie
verläuft dann in der Nord-
Südrichtung und führt uns
um die Erde herum zu den
Polen. Diefe nordsüdlichver
laufenden Halbkreise heißen
Mittagslinien oder
Meridiane. Alle Orte der
Erde, welche auf der uäm-
lichen Mittagslinie liegen,
haben zu gleicherZeitMittag.
Legen wir nun um die Erde
in gleichen Abständen eine
bestimmte Anzahl von Meri-
dianen, fo werden diese im
Westen oder Osten von uns
andere Orte treffen. Aus der Zahl der Meridiane können wir dann ihre
westliche oder östliche Entfernung bestimmen. Man nennt diese Ent-
Förch? ol
Fig. 20. Mittagslinien oder Längenkreise.
20 Einführung in die Erdkunde.
fön?: sernung die geographische Länge, die Mittagslinien darum auch
Längenkreise.
Man teilt die Erde nach 360 solchen von Pol zu Pol gehenden
Linien ein. Innerhalb 24 Stunden überschreitet scheinbar die Sonne diese
360 Linien: von einer zur andern braucht sie also 24 : 360 Stunden
oder 4 Minuten. Orte, die um 4 Minuten später oder früher Mittag
haben als wir, liegen demnach auf dem nächsten Meridiane.
Die Entfernung von Meridian zu Meridian heißt ein Längen-
grad. Wir messen sie auf Linien, welche wir uns seukrecht zu den
Meridianen um die Erde gelegt denken. Da wir 360 Mittagslinien
haben, gibt es auch 360 Längengrade. Als Ausgangspunkt für die
Zählung wählt man gewöhnlich den dnrch die Sternwarte von
Greenwich (grinitsch) bei London gehenden Meridian. Von diesem
aus zählt man nach Westen und Osten je 180 Grade. Man schreibt
auch 180°.
©reite* aber die Lage der Orte vollkommen zu bestimmen, müssen wir
auch in nordsüdlicher Richtung
Zwecke benutzen wir die senk-
recht zu den Meridianen um die
Erde gelegten Kreise. Alle Punkte
eines solchen Kreises haben von
den Polen gleiche Abstände. Ein
Kreis hat von beiden Polen
die gleiche Entfernung; er hal-
biert die Erde. Man bezeichnet
btefeit Kreis als den Gleicher
Äquator, oder Äquator. Die Entfernung
vom Nord- zum Südpole be-
trägt 180°, die vom Äquator bis
zu einem der Pole, auf einem
Meridiane gemessen, mithin 90°.
Diese Strecke ist ein Viertel des
Erdumfanges. Alle Kreise, die
seukrecht zu den Meridianen ge-
zogen sind, laufen in der gleichen
Richtung wie der Äquator um
die Erde, sie sind alle parallel zu diesem uud heißeu Parallelkreise.
Mau zählt vom Äquator zum Pole 90 Parallelkreise, die je um einen
Breiten- @ra£) voneinander abstehen. Man bezeichnet sie auch als Breitenkreise;
denn man nennt den Abstand eines Punktes vom Äquator feilte geo-
graphische Breite.
§ 23. Aus der Größe der Erde ergeben sich die Maße für die Größe
der Breiten- und Längengrade. Als Einheit dieser Maßangaben hat
Er"e. man einen Bruchteil des Erdumfanges gewählt. Es ist das Meter,
der 40millionste Teil des Erdumfanges. 1000 m bilden einen Kilo-
meter. Für den Abstand der Erdoberfläche von ihrem Mittelpunkte
hat man eine Länge von 6370 km berechnet; das ist der Erdhalb-
messer oder Radius. Für die Länge eines Breitengrades bekommen
wir 10000:90 oder III km Die Größe eines Längengrades kann
ihren Abstand feststellen. Zu diesem
Die Erde,
21
aber nicht so ohne weiteres berechnet werden; denn diese verändert
sich. Wir sehen die Meridiane sich in den Polen vereinigen; in ihnen
wird also ihr Abstand gleich null. Vom Pole aus entfernen sie sich und
erreichen ihren größten Abstand am Äquator. Dort beträgt er 40000:360
oder wieder III km.
Fig. 22. Stand der Sonne am 21. Juni. (1^—Wohnort.)
Die Erde steht im Welteuraume nicht still. Sie umkreist die § 24.
Sonne. Der Zeitraum, innerhalb dessen sie diesen Umlauf vollendet, ' Bc-
ist ein Jahr.
Zu der Bahnebene der Erde ist ihre Achse geneigt. Die Folge
davon ist der Wechsel im Stande der Sonne während eines Jahres.
wegung
um die
Sonne.
Fig, 23. Stand der Sonne am 21. Dezember. (W = Wohnort.)
Die Erdkugel empfängt von der Sonne das Licht. Es wird aber »ei«*-
stets nur eine Hälfte beschienen. Über der Mitte der erleuchteten Halb- tnm'
kugel steht die Sonne im Zenith.
Infolge der Neigung der Erdachse zur Erdbcihn wandert diese
Mitte abwechselnd dem Pole der Erde zu, welcher der Sonne zugeneigt
ist. Während des Umlaufes steht die Soune nur zweimal senkrecht oder
22
Einführung in die Erdkunde.
25.
zeiße
,one.
Kalte
Hone.
Fig, 24. Die Zonen der Erde.
im Zenith über dem Äquator; das ist an den Tag- und Nachtgleichen
der Fall, wo die Neigung der Achse in die Bahnrichtung der Erde fällt,
die beiden Pole also gleich weit von der Sonne abstehen. Dann geht
die Grenze der beleuchteten Erdhälfte durch die Pole. In der übrigen
Zeit des Jahres ist einmal
der Nordpol, dann der Süd- _
niger 66V2° = 23'/2» dem
Nordpole näher gerückt sein.
Am 21. Dezember ist die um-
gekehrte Stellung eingetreten,
die Sonne ist dem Südpole
um den gleichen Betrag ent-
gegengewandert. Zwischen
diesen Punkten wandert sie
dann im Laufe des Jahres
hin und her. Zweimal überschreitet sie dabei den Äquator. Die Kreise,
über denen die Wendung der Sonne zum Äquator ersolgt, werden der
nördliche und südliche
Wendekreis genannt. -sorapoi /zemtn
Sie umschließen eine
Zone der Erde, in
der die Sonne wegen
ihres hohenStandes eine
größere Erwärmung
hervorruft; man hat sie
deshalb als die heiße
bezeichnet. Nach einem
griechischen Worte heißen
die Wendekreise auch
die Tropen, der Gürtel
zwischen ihnen der tro-
pische oder die Tro-
penzone.
Zur Zeit der Sou-
ueuweudeu liegt der
Mittelpunkt der er-
leuchteten Erdhälste auf
den Wendekreisen. Ihre Grenze bleibt dann um 2378° von den Polen
der Erde entfernt; sie geht um so viel über den einen Pol hinaus uud
weicht um so viel von dem andern zurück. Die Umgebung des einen Poles
Äquator
2.
Baum.
Antipode od
Gegenfüßler
Fig. '25. Standrichtungen der Erde.
Der Sternenhimmel. 23
ist also bis zu dieser Grenze den ganzen Tag erleuchtet, die des andern
in Nacht gehüllt. Die Grenze ist die Breite von 66^".
Die davon umschlossene Kugelfläche heißt die kalte Zone oder
Polarzone, ihr Begrenzungskreis Polarkreis. Für ihn geht die Sonne
einmal im Jahre während eines Tages nicht unter und einmal nicht auf.
Die Lauge der Tage ist also im Winter und Sommer sehr verschieden,
außerdem steht die Sonne stets ziemlich niedrig über dem Horizonte.
Das bedingt kalte Winter und kühle Sommer.
Zwischen den Wendekreisen und Polarkreisen liegen die gemüßigten
Zonen der Erde. Innerhalb dieser erreicht die Sonne niemals den Zone.
Zenith, bleibt aber auch niemals während eines Tages dauernd über
oder unter dem Horizonte. Sommer und Winter ist darum weniger
scharf geschieden, in beiden ist die Wärme im allgemeinen gemäßigt. In
einer dieser Zonen wohnen wir selbst.
Die Erdkugel schwebt frei im Welträume. Wir stehen auf ihr § 26.
ebenfalls frei beweglich. Aber wir fallen gleichwohl nicht von ihr ab. ^hum.
Auch die losen Steine auf dem Boden bleiben liegen. Ja, werfen wir
einen davon hinaus in die Luft, dann kehrt er von selbst zur Erde
zurück. Diese zieht ihn an, wie sie auch uns fest an sich hält. Sie besitzt
eine Anziehungskraft, welche bewirkt, daß die Körper schwer sind. Diese
Kraft ist überall nach dem Mittelpunkte der Erde gerichtet. Hängen wir
ein Gewicht an einen Faden auf, so weist seine Richtung nach dem
Mittelpunkte der Erde. Der Faden hängt senkrecht oder lotrecht.
Nach der andern Seite weist er zum Zenith am Himmelsgewölbe über
unserem Haupte.
Die Anziehungskraft der Erde macht es erklärlich, warum sie auch
aus allen Seiteu bewohnt werden kann. Gerade auf der entgegen-
gesetzten Seite von uns wohnen auch Menschen, die nicht auf dem
Kopfe, sondern wie wir auf den Füßen stehen. Wir nennen sie Gegen-
füßler oder Antipoden.
Eine solche Anziehungskraft üben auch die einzelnen Weltkörper
aufeinander aus. So wird der Mond von der Erde und die Erde vou
der Sonne angezogen. Sie bewirkt, daß die Gestirne in bestimmten
Bahnen sich bewegen und nicht willkürlich durch den Weltraum dahin-
fliegen.
Oer Sternenhimmel.
Von dem Himmel strahlt eine fast unzählbare Menge von Sternen § 27.
zu uns herab. Wir erkennen einzelne Gruppen, die wir als Stern-
bilder bezeichnen. Zu ihnen gehört das Sternbild des großen Bären.
Die Sterne verändern ihre gegenseitige Lage nicht, sie erscheinen fest
angeheftet an dem Himmelsgewölbe und heißen darum Fixsterne. Bei
genauerer Durchsuchung des Himmels würden wir aber doch einzelne '
Sterne finden, die ihre Stellung selbständig verändern, die hin und
her wandeln. Diese Wandelsterne oder Planeten sind Weltkörper ^
wie unsere Erde, die ihr Licht von der Sonne empfangen und diese
umkreisen. In ihrer Nähe entdecken wir oft kleinere Sterne, die wieder
um sie herumlaufen; es sind Monde. Monde.
Unsere Erde besitzt nur einen solchen Begleiter oder Trabanten.
Er umkreist uns in etwa einem Monat. Während des Umlaufes wendet
24
Einführung in die Erdkunde.
er uns immer dieselbe Seite zu, dreht sich also in der gleichen Zeit
einmal um sich selbst. Auch er empfängt erst von der Sonne sein Licht,
mono Steht der Mond in der Richtung nach der Sonne hin, so wendet
er uns die Schattenseite zu; er erscheint dunkel, es ist Neumond.
Befindet er sich gerade aus der entgegengesetzten Seite, so erglänzt er
moüd m Hellem Lichte als volle Scheibe; es ist Vollmond. In der Zeit vom
Neumonde zum Vollmonde wächst täglich die beleuchtete Fläche; vom
Vollmonde zum Neumonde nimmt sie ab. Wenn zum erstenmal die
Hälfte der Scheibe erleuchtet ist, ist erstes Viertel, wenn die Lichtfläche
wieder bis zur halben Scheibe abgenommen hat, ist letztes Viertel,
wnster- Bei feinem Umlaufe um die Erde stellt sich zuweilen der Mond
vor die Sonne. Diefe wird verdunkelt, es tritt eine Sonnenfinsternis
ein. Zuweilen aber kommt auch die Erde zwischen Sonne und Mond,
dieser wird dann von dem Schatten der Erde getroffen und statt des
Vollmondes erblicken wir eine dunkle Mondscheibe. Es entsteht eine
Mondfinsternis, die entweder den ganzen Mond umfaßt, eine totale,
oder nur einen Teil betrifft, mithin eine partielle Finsternis ist.
Da bei diefen Verfinsterungen des Mondes das Schattenbild der Erde
stets kreisrund erscheint, so müssen wir folgern, daß die Erde tatsächlich
eine Kugel ist.
§ 28. An dem dunkeln Nachthimmel taucht zuweilen plötzlich ein greller
Seemen- Lichtstreifen auf, als ob ein Stern vom Himmel gefallen sei; es war
Stern- eine Sternschnuppe, ein Meteor. Die Erscheinung entsteht dadurch,
mnuppe. ^ fj;e]ne Weltkörper in die Lufthülle oder Atmosphäre der Erde ein-
dringen und sich dort infolge der Reibung bis zum Glühen erhitzen.
Als vorübergehende Erscheinungen treten am Himmel auch sogenannte
Schweifsterne oder Kometen auf. Sie bestehen aus einem hellen Kern
mit einem leuchtenden Schweife.
Die Darstellung des Landes auf der karte.
§ 29. Die Landschaft, die wir draußen vor unserem Heimatsorte sehen,
können wir auch auf dem Papier aufzeichnen. Man legt allgemein die
Zeichnung nach den Himmelsrichtungen fo an, daß oben Norden, unten
Südeu, rechts Osten, links Westen liegt.
M°h- Um neben der Richtung auch die Länge der Wegstrecken eintragen
fta ' zu können, ist eine erhebliche Verkleinerung dieser erforderlich. Die längste
ostwestliche Strecke beträgt rund 10 hm. Unser Blatt ist aber nur etwa
10 cm breit. Diesem Verhältnisse entsprechend müssen wir die Weglänge
verkleinern. Es muß 1 cm mithin gleich 1 Um oder — 100000 cm gesetzt
werden. Man nennt das den Maßstab der Zeichnung, den man in der
Form 1: 100000 ausdrückt.
Wollen wir zunächst nur die unmittelbare Umgebung der Schule,
das Schulhaus mit dem Hofe und den umliegenden Straßen, darstellen,
so köuueu wir einen größeren Maßstab anwenden; denn die Breite
des Schulhofes mit der Straße erreicht uoch nicht 100 m, ist also nur
1000 mal breiter als unser Blatt. Derartige Abbildungen im Maßstabe
Plan. 1: 1000 oder größer bezeichnet man als Plan, Abbildungen im Maß-
Karte, stabe etwa von 1:5000 und kleiner dagegen als Karte.
Die Darstellung des Landes ans der Karte.
Es wird in allen diesen Zeichnungen stets nur der Grundriß § 30.
wiedergegeben. So zeichnen wir den Umfang des Schulhauses, die
Breite der Straßen n. s. w. ein. Das ist aber nur bei Darstellungen im
größeren Maßstabe möglich. Bei dem Verhältnis 1:100 000 würde die
10 m breite Straße in der Zeichnung 1lXQmm breit sein, sie kann also
kaum noch in ihrer wirklichen Ausdehnung dargestellt werden. In diesem
Falle bedient man sich gewisser Zeichen, die allgemein gültig sind und
gleichsam wie die Buchstaben eine bestimmte Bedeutung haben. Mit
Hilfe der Zeichen vermögen wir auch noch auf Karten weit kleineren
Maßstabes das Land abzubilden. Kleine Orte oder Dörfer werden z. B.
durch Punkte, größere
durch Kreise mit einem
Stil!
des Ortes bezeichnet.
^uch die Formen Berg-
MIV des Geländes, Berg und ££
ffciliM ^al, werden durch be-
» UWj!W stimmte Zeichen veran-
schaulicht Berge und
ebirge werden durch
°°° eine Art Schal-
*o°° tierung darge-
stellt, indem
man viele kleine
» Striche, soge-
nannte Sch raf-
fen, aneinander
reiht. Auch bil-
det man sie ab
durch Einzeich-
nen von Hö-
henlinien;
das sind Linien,
welche in glei-
chen senkrechten
Abständen alle
Punkte im Ge-
lande verbin-
den, denen die
nämliche
Meereshöhezn-
kommt. Diese
laufe» auf dem
Fig. 26. Schraffen- (1) und Höhenlinienzeichnung (II) eines Bilde um so
Berges. III, IV und V sind Querschnitte. dichter neben-
einander her, je
steiler der Abhang der Berge ist.
26
Einführung in die Erdkunde.
oder Arcllnpel
landen,/
'Üuc.lli- \\
Geogr.Anst.v."Wa^rier &Debes; Leipzig
Fig. 27. Darstellung eines Landes dnrch die Karte.
Westdeutschlands
Die Erdoberfläche.
27
Um die Klarheit des Kartenbildes zu heben, verwendet man bunte Jaarrge
Farben. Wasserflächen, Meere und Seeeu erhalten einen blauen Farben-
ton. Für die Landflächen wählt man dagegen im allgemeinen eine braune
Färbung. Die höheren Landstriche werden dann zuweilen durch dunklere
Töne, das Tiefland auch durch grüne Töne hervorgehoben. Oft zeichnet
man die Gebirge allein braun ein. Auch die Grenzen der Staaten und
deren Verwaltungsbezirke werden in die Karten eingetragen. Man wählt
für die Wiedergabe dieser politischen Grenzen punktierte oder farbige
Linien. Die eingeschlossenen Flächen werden wohl auch durch Farbentöne
noch besonders kenntlich gemacht.
Man kann das Gelände auch erhaben als Relief abbilden. Da 8 31.
jedoch die Erhebungen des Landes im Verhältnisse zur Flächenausdehnung HelIef'
im allgemeinen sehr gering sind, so können Reliefkarten nur in großen
Maßstäben angefertigt werden. Bei einem Maßstabe von 1 : 100 000
erscheint ein Berg von 100 m Höhe nur als eine Erhebung vou 1 mm.
Alle Karten geben die gekrümmte Erdoberfläche auf der ebenen
Flüche des Papiers wieder; die Erdoberfläche wird also in der Karte
verebnet. Diese Verebnnng ist nicht ausführbar, ohne daß das Bild des
Landes verzerrt wird. Wollen wir ein vollkommen getreues Bild der
Erde entwerfen, müssen wir es ans eine gleichgekrümmte Fläche, also
wieder auf eine Kugel zeichneu. Eine solche Nachbildung nennen wir
einen Globus. . Globus.
Der Globus liefert uns nur ein sehr verkleinertes Bild. Bei einer
Größe von 127 cm im Durchmesser haben wir eine Verkleinerung um
10 Millionen, d. h. I mm auf dem Globus ist gleich 10 000 000 mm
oder gleich 10 km auf der Erde.
Aus Globus und Karten dienen zur Orientierung die Meridiane
und Parallelkreise, d. i. das Gradnetz. Die Meridiane verlaufen net^
von Süden nach Norden, die Parallelkreise von Westen nach Osten.
An der Hand solcher bildlicher Darstellungen kann man die ganze
Erde bereisen; denn wir vermögen bei richtigem Verständnisse aus den
Zeichen auf dem Kartenblatte gleichsam die Natur der Landschaften, die
wir im Geiste durchwandern, herauszulesen. Die Karten sind geradezu
in eigenartiger Schrift gegebene Schilderungen der Länder.
GrundMge der Länderkunde.
Die Erdoberfläche.
Wasser und Land ist aus der Erde ungleich verteilt. Das Wasser § 32.
überwiegt; es nimmt fast 3/4 der Oberfläche ein, während nur 1L dem
Lande zufällt.
Das Wasser wird durch die Landmassen in mehrere Teile, Welt- Ozeane,
meere oder Ozeane, gegliedert. Wir unterscheiden 5 Weltmeere: den
Atlantischen, den Indischen, den Pazifischen oder Stillen Ozean
und das nördliche und südliche Eismeer.
Die Landmasse gliedern wir in 5 Erdteile oder Kontinente. Erdteile.
Sie heißen: Europa, Asien, Afrika, Australien und Amerika. Die
28
Grundzüge der Länderkunde.
drei ersten bezeichnet man auch als die alte Welt, während Amerika
die neue Welt ist. Nach der Lage zu dem Nullmeridiane nennt man
Amerika die Westfeste, die übrigen Erdteile zusammen die Ostfeste.
Die Inselgruppen, welche in dem nördlichen und südlichen Eismeere in
der Umgebung der beiden Pole liegen, bilden die Polarländer.
§ 33. Der Boden der Kontinente erhebt sich nicht so hoch über den
llandes^ Meeresspiegel, als die Meeresbecken sich unter ihn einsenken. Die größte
Tiefe der Ozeane beträgt über 9400 m, die höchste Erhebung des Landes
im Gaurisaukar in Asien 8800 m. Amerika erreicht im Aconeagna
noch 7000, Afrika im Kilimandscharo 6000, Europa im Montblanc
4800 und Australien in den australischen Alpen 2200 m. Die Gebirge
sind aber nur vereinzelte Erhebungen; der größte Teil der Kontinente
ist Tiefland.
§ 34. Das Land wird von den Flüssen durchströmt. Das ausgedehnteste
Flüsse. Stromgebiet der Welt ist das des Amazonenstromes in Südamerika.
Um mehr als die Hälfte kleiner ist das Stromsystem des Kongo in
Afrika und das des Ob in Asien. Weit weniger aber ist Europas größter
Strom, die Wolga, entwickelt, und der Hauptstrom Australiens, der
Murray, bleibt wieder hinter diesem erheblich zurück.
Meer. Die Flüsse strömen fast sämtlich dem Meere zu. Nur eiue geringe
Anzahl erreicht im Binnenlande ein Ende.
Das Meer hat salziges, für uns ungenießbares Wasser von tief-
blauer oder grünlicher Farbe. An der Oberfläche wird es vom Winde
zu Wellen bewegt, die zuweilen haushoch sich auftürmen. Wo der Wind
dauernd in gleicher Richtung weht, treibt er die ganze Wafsermasse an
derOberfläche vorwärts.Dadurch entstehenMeeres-
/^?H.'oi,uanlrjr strömnngen. Diese bringen aus polaren Gebieten
Fig. 28. Die höchsten Berge der Erdteile.
kaltes, aus den äquatorialen warmes Wasser. Eiu besonders warmer
Strom ist der Golfstrom im Atlantischen Ozeane.
L 35 Die gesamte Erde ist von Lebewesen, von Pflanzen und Tieren
Pflanzen bewohnt. Diese zeigen nach Art und Aussehen große Verschiedenheit in
Tiere, den einzelnen Zonen der Erde. Die Ursache davou ist die eigenartige
Verteilung von Wasser und Land, welche die Verbreitung der
Pflanzen und Tiere nach allen Seiten behinderte, sowie der Wechsel der
Lebensbedingungen.
Die Erdoberfläche.
29
Letztere werden in hohem Maße durch das Klima bestimmt. Flora
und Fauna ändern sich gleichzeitig mit diesem.
Die Klimate der Erde stehen in enger Beziehung zn dem Stande Klima,
der Sonne. Wir teilen danach die Erde in einzelne Zonen ein. Die
heißesten Länder liegen aber keineswegs nur in der heißen, die kältesten in
der kalten Zone. Denn das Klima hängt nicht von der Stellung der Sonne
allein, sondern nicht minder auch von der Beschaffenheit der Erd-
oberfläche ab. Wasserflächen besitzen ein gemäßigteres Klima als Land-
flächen. Die heißesten und kältesten Punkte liegen daher auf dem Lande.
Wir finden während unseres Sommers in Nordafrika noch nördlich des
Wendekreises das höchsterhitzte Gebiet mit über 35° C. im Mittel des
Monats Juli und in Nordasien fast unter dem Polarkreise das kälteste
Gebiet mit —45° C. im Mittel des Januar.
Den Klimaten entsprechend unterscheiden wir auch in der Tier- und § 36.
Fig.29. Mongole. — Tunguse aus Nordasieu. Fig.30. Neger.— Suaheli aus Ostafrika.
Pflanzenwelt bestimmte Zonen. Am reichsten ist die Lebewelt in der
heißen Zone., entwickelt. Namentlich erreicht dort die Vegetation eine
wunderbare Üppigkeit. Zu beiden Seiten der heißfeuchten Tropenzone
betreten wir Länder, die durch spärliche Vegetation und einförmige
Fauna gekennzeichnet sind. Es find das Gebiete großer Erwärmung,
aber zugleich auch großer Trockenheit. Die Regenarmnt behindert oft
fast jeglichen Pflanzenwuchs; wir befinden uns im Bereiche der Wüsten,
welche weite Flächen dieser Zone einnehmen.
Polwärts folgen die gemäßigten Zonen, die stärker benetzt werden
und darum auch wieder eine reichere Lebewelt tragen. Aber näher den
Polen vermindert sich die Wärme erheblich, es wird für viele Pflanzen
und Tiere zu kalt, wir kommen schließlich in die Polarzone, wo die
Vegetation ganz spärlich geworden ist, und nur Tiere, die hauptsächlich
Tier-
UNd
Pflan-
zen-
zonen.
30
Grundzüge der Länderkunde.
von den pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen des Meeres leben, in
größerer Menge vorkommen.
§ 37. Über alle Zonen der Erde verbreitet ist der Mensch. Es leben
Men- auf der gesamten Landfläche rund 1600 Millionen Seelen. Sie sind sehr
scheu, ungleich verteilt, je nach dem Reichtums der Länder an Nahrungsmitteln
und an Produkten, welche durch Bearbeitung und im Handel den Menschen
den Unterhalt gewähren. Unter den Erdteilen ist Europa am dichtesten
bevölkert. Es folgen der Reihe nach Asien, Afrika, Amerika und Australien.
Europa besitzt auch die höchste Kultur. Höhere Gesittuug gestattet ein
dichteres Zusammenwohnen, weil sie eine stärkere Ausnutzung der Boden-
schätze ermöglicht.
tz 38. Die menschlichen Bewohner können wir nach körperlichen Merk-
sSJen-- malen in drei große Gruppen teilen: die Menschen mit weißer Haut-
raffen, färbe, welche vorwiegend den Nordwesten der alten Welt bewohnen,
diejenigen mit gelber bis brauner Hautfarbe und durchweg schwarzem,
straffem Haare, die wir über deu Osteu der alteu Welt und die West-
feste verbreitet finden, und die dnnkelhäutigeu uegerartigeu Menschen
mit krausem, schwarzem Haare, die hauptsächlich Bewohner der heißeu
Zone und der südlichen Länder der alten Welt sind.
Unter Berücksichtigung feinerer Merk-
>; - male vermögen wir in diesen Gruppen noch
weitere Scheidungen vorzunehmen, die uns
zu den Rassen und Völkern führen. Die
Gruppe der weißen Menschen bildet die
mittelländische Rasse. In der zweiten
Gruppe unterscheiden wir die Mongolen
Fig. 31. Australier. — Vom Festlaud. Fig. 32. Indianer. — Nordamerika.
in Nord- und Astasien, die Malaien auf den anftralasiatischen Inseln
und die Indianer in Amerika. Zur Gruppe der uegerartigeu Menschen
gehören die eigentlichen Neger in Afrika, die Hottentotten und Busch-
männer Südafrikas, die Australier und die Papuas oder Melanesier
auf den australischen Inseln.
Europa.
31
Erdteile Größe in Mill> qkm Einw, in Mill, Höchste Erhebung in m
Europa....... Asien........ Afrika....... Australien (u. Ozeanien) Amerika....... Nordamerika. . . Südamerika . . . 10 44 30 9 42 24 18 396 820 180 7 145 105 40 Montblanc..... Ganrisankar..... Kilimandscharo .... Austrat. Alpen .... (Hawai)..... Aeoncagna..... Alaska ..... Aeoucagua . . . 4800 8800 6000 2200 (4200) 7000 6200 7000
Europa.
Landesnatur.
Europa liegt im Nordwesten der Ostfeste.. Es wird im Westen von § 39.
dem Atlantischen Ozeane, im Norden von dem nördlichen Eis- Grenzen,
meere und im Süden von dem Mittelländischen Meere bespült.
Das Mittelländische Meer scheidet es von Afrika; es greift als ein
Teil des Atlantischen Ozeans tief in die Landmasse ein. Solche von
Land umschlossene Meeresteile bezeichnet man als Mittelmeere.
Im Osten lehnt sich Europa unmittelbar an den Nachbarerdteil Asien
an. Die Grenze läuft über das Uralgebirge und den Uralfluß zum
salzigen Kafpischeu See, dem größten Binnensee der Erde, und von
dort hinüber zum Schwarzen Meere, das durch Wasserstraßen mit
dem Mittelländischen Meere in Verbindung steht.
In seinem Umriß zeigt der Erdteil eine sehr starke Gliederung, &®gj[*
Überall streckt er in die umgebenden Meere Halbinseln und Inseln aus.
Diese werden durch tiefeinschneidende Buchten, welche man als Busen
oder Golfe bezeichnet, voneinander getrennt. Im Süden liegen die
Balkanhalbinsel, die Apenninische und die Pyrenäische Halb-
insel, die durch das Ägäische, das Adriatische und das Tyrrhenische
Meer geschieden werden. Zum Atlantischen Meere gehören der Golf
von Biseaja, der Kanal, der die Britischen Inseln, und die Nord-
und Ostsee, die die Skandinavifche Halbinsel vom Festlande ab-
lösen. Von dem nördlichen Eismeere zweigt sich das Weiße Meer ab.
Auch in der Gestalt der Oberfläche bietet Europa große Mannig- 40.
faltigkeit dar. Der überwiegende Teil ist Tiefland, das namentlich in Boden-
dem breiten Osten vorherrscht. Aus ihm erheben sich im Süden gewaltige fle "
Kettengebirge, unter denen die Alpen nach Ausdehnung und Erhebung
das bedeutendste sind. Sie erreichen im Montblanc, dem höchsten Berge
Europas, 4800 m Höhe. Daran reihen sich östlich die Karpaten und
der Balkan sowie die illyrisch-griechischen Gebirge. An das Süd-
westende der Alpen setzt sich die Kette der Apenninen an. Selbständig
erheben sich im Südwesten Europas die Pyrenäen. Im Westen und
Norden der Alpen liegen das französische und das deutsche Mittel-
gebirge. Weiter finden sich auf den britischen Inseln und auf der
Skandinavischen Halbinsel größere Gebirge.
Auf den Gebirgen liegen die Quellen zahlreicher Flüffe. Von den § 41.
Alpen und den ihnen im Westen uud Norden vorgelagerten Mittel- ^sse.
32
Grnndzüge der Länderkunde.
gebirgen kommen Rhein, Elbe, Oder und Weichsel, die der Nord-
und Ostsee zuströmen, und die Donau, die sich mitten durch die Gebirgs-
ketten hindurch zu dem im Osteu gelegenen Schwarzen Meere den Weg
bahnt. Der längste und wasserreichste Fluß des Erdteils ist die Wolga,
die das osteuropäische Tiefland durchfließt und in den Kaspischen See
mündet.
Seeen. Unter den Binnenseeen Europas sind der Ladoga- (tabogn)
See im Osten und der Wenersee im Westen der Ostsee die größten.
Am Rande der Alpen liegen in malerischer Umgebung der Genfer- und
der Bodensee.
§ 42. Europa liegt fast ganz in der gemäßigten Zone, nur wenig greift
Man- e§ iui Norden in die Polarzone hinüber. Der Süden, der sich im Kap
tu™ -^ar^fQ bis zum 36. Parallelkreise erstreckt, ragt uoch in einen Gürtel
unserer Erde hinein, welcher durch Regeuarmut gekennzeichnet ist. Dort
haben wir heiße trockene Sommer und milde regnerische Winter.
In Südeuropa wachsen vorwiegend immergrüne Pflanzen, wie
Lorbeer, Myrte, Ölbaum und die Pinie, eine Nadelholzart. Als
Kulturpflanzen werden dort Zitronen nnd Apfelsinen sowie Wein,
ferner Weizen, Mais und Reis gebaut. Die häusigsten Haustiere
sind Esel, Maultier, Ziege und Schaf.
Nördlich der Alpen treffen wir Regen zu allen Jahreszeiten.
Nahe der atlantischen Küste wiegen die Winterregen, weiter im Osten
die Sommerregen vor. In der gleichen Richtung verändern sich auch die
Wärmeverhältnisse. Im Westen ist die Temperatur unter dem Einflüsse
des warmen Meeres das ganze Jahr über gemäßigt, während mit der
Annäherung au Asien infolge der gewaltigen Ausdehnung des Landes
heiße Sommer und kalte Winter auftreten. Das gemüßigte Klima
erstreckt sich bis weit zum äußersten Norden unseres Erdteils; denn die
Westküste wird von einer warmen Meeresströmung, dem Golfstrome,
berührt.
Die Vegetation bildet hier ihrer Form nach vorwiegend Wald,
Moor und Wiese. Der Wald besteht aus Laub- und Nadelholz. Die
Laubbäume werfen in der kalten Jahreszeit ihr Laub ab. Unter den
Tieren treffen wir Hirsch, Reh, Bär und Wolf. Im hohen Norden
lebt das Renntier, auf den südlichen Gebirgen die Gemse. Die wich-
tigsten Haustiere sind Rind und Pferd.
Im äußersten Südosten nördlich des Schwarzen Meeres breiten
sich weite Steppen aus, die sich nur nach der kurzen Regenzeit im
Frühsommer mit einem üppigen Teppich buntblühender Kräuter bekleiden.
§ 43. Hier im Osten treffen wir in Türken, Finnen und Lappen Völker
wohner mongolischer Rasse, deren Hauptwohnsitz in Asien liegt. Das übrige
Volks-' Europa wird dagegen fast ganz von Menschen der mitelländischen
Rasse bewohnt. Unter ihnen unterscheiden wir nach der Sprache drei
Hauptstämme: die Germanen — Deutsche, Engländer, Skandinavier —
im mittleren, nördlichen und nordwestlichen Europa, die Romanen —
Italiener, Franzosen, Spanier — im Westen und Südwesten und die
Slaven — Russen, Polen — hauptsächlich im Osten.
Die Gesamtzahl der Bewohner beträgt 396 Millionen. Da der
Erdteil 10 Millionen qkm umfaßt, so würden bei gleichmäßiger
Europa. 33
Verteilung rund 40 Menschen auf die Fläche von einem Quadrat-
kilometer kommen. Diese Zahl gibt die mittlere Volksdichte.
Die Europäer stehen auf hoher geistiger und sittlicher Bildnngs- Kultur,
stufe. Sie gehören meist dem Christentums an; daneben gibt es auch
Mohammedaner und Juden. Gewerbe und Handel, Ackerbau und Vieh-
zu cht, Kunst und Wissenschaft haben in Europa eiue große Blüte entfaltet.
Ztaatcn.
Europa zerfällt in zahlreiche Länder, deren Bewohner sich in Staaten § 44.
vereint haben. Den Hauptteil Mitteleuropas nördlich von den Alpen bis
znr Nord- und Ostsee nimmt unser Deutsches Reich eiu. Der Boden Reich,
zeigt hier eine allmähliche Abdachung nach Norden, die nur durch einen
Zug von Mittelgebirgen, den mitteldeutschen Gebirgen, unterbrochen
wird. Letztere scheiden das von Hochflächen und Gebirgen erfüllte Süd-
dentfchland vou dem norddeutschen Tieflande. Die Bewohner leben vom
Ackerbaue, von der Industrie und vom Handel, der sich jetzt über die
ganze Erde erstreckt. Das Deutsche Reich ist ein Bundesstaat, an dessen
Spitze eiu Kaiser steht. Die Hauptstadl ist Berlin, mitten im nord-
deutschen Tieflande gelegen, mit 2 Millionen Einwohnern.
Im Südosten schließt sich die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn
an. In ihr sind hauptsächlich die Länder an der Donau vereinigt. Das Ungarn.
Reich setzt sich zusammen aus dem Kaiserreiche Österreich mit Wien
und dem Königreiche Ungarn mit Ofen-Pest als Hauptstadt. Wien
hat jetzt l3/4 Millionen Eiuwohuer.
Im Nordwesten der Alpen liegt die Schweiz, eine Bundesrepublik !§?£!'
mit dem Sitze der Regierung in Bern. Die Königreiche Belgien und Nieder-'
die Niederlande bilden das niedrige Küstenland an der Nordsee. Die Ianbe*
Bevölkerung lebt vorwiegend von Industrie und Handel. Unter den
großen Handelsstädten ist Amsterdam in den Niederlanden die beden-
tendste. Brüssel ist die Hauptstadt Belgiens.
An das Deutsche Reich grenzt im Norden das Königreich Däne- § 45.
mark an. Es umfaßt die Halbinsel Jütland und die Inseln östlich 'Däne-
davon. Seine Hauptstadt Kopenhagen ist eine wichtige Handelsstadt.
Zu Dänemark gehört auch die fern im nordatlantischen Ozeane gelegene
Insel Island.
Im Norden Dänemarks liegt die Skandinavische Halbinsel. Den
Westen, ein rauhes Gebirgslaud mit tief einschneidenden Meerbusen, hier
Fjorde genannt, nimmt das Königreich Norwegen mit der Hauptstadt Nor-
Kristiania, den etwas dichter bevölkerten, niedrigen Ostteil das König- tte°nu
reich Schweden mit der Hauptstadt Stockholm ein. Beide Reiche S£toe-*
haben denselben König. en*
Von den Küsten des Eismeeres bis zu denen des Schwarzen § 46.
Meeres dehnt sich das osteuropäische Tiefland aus. Es ist der Boden, Rust-
anf dem sich das größte Reich des Erdteils, das Kaiserreich Rußland,
entfaltet hat. Dieses Gebiet ist nur im Süden und in den mittleren
Strichen, wo der fruchtbare Bodeu reiche Getreideernten liefert, dichter
bevölkert. Die Hauptstädte sind St. Petersburg an der Newa mit
iy2 Millionen und Moskau im Innern des Landes mit rund 1 Million
Einwohnern.
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. o
34
Grundzüge der Länderkunde.
§ An der atlantischen Küste liegen das britische Reich und Frank-
Reich, reich. Das britische Reich oder das Vereinigte Königreich Groß-
britannien und Irland besitzt einen außerordentlich fruchtbaren
Bodeu und ist durch seineu Reichtum an Kohlen und Metallen das erste
Industrieland, durch seine günstige Lage zur See der erste Haudelsstaat
der Welt geworden. London, die Hauptstadt, ist der eigentliche Mittel-
Punkt des Welthandels. Es ist mit fast 5 Millionen Einwohnern die
«ich!" größte Stadt der Erde. Auch Frankreich ist ein fruchtbares, reiches und
darum gut besiedeltes Land. Es ist eine Republik. Die Hauptstadt Paris
zählt 2®/4 Millionen Einwohner.
§ 48. Auf der Pyrenäischen Halbinsel im Südwesten Europas finden
wir das Königreich Spanien mit Madrid und das Königreich Por-
Por- tngal mit Lissabon als Hauptstadt. Die mittlere südeuropäische Halb-
Italien, insel bildet das Königreich Italien; sie ist der Boden, auf dem sich
das weltbeherrschende Römerreich entwickelte. Rom ist noch heute die
Hauptstadt des Landes. Sie ist auch der Wohusitz des Papstes. Auf der
Türkei, südosteuropäischen Halbinsel eudlich bestehen mehrere Staaten. Das türkische
Kaisertum mit der malerisch am Bosporus gelegenen Hauptstadt
Konstantinopel, die über 1 Milliou Einwohner zählt, ist jetzt auf
einen kleinen Teil der Balkanhalbinsel beschränkt. Es haben sich von
Serbien. ^ Königreiche Rumänien, Serbien und Griechenland und
che»- die Fürstentümer Bulgarien und Montenegro losgetrennt. Die türki-
B»l- schen Provinzen Bosnien und Herzegowina werden als Reichslande
Monte- öon Österreich-Ungarn verwaltet. Die Hauptstadt Griechenlands ist
negro. Athen, das neben den Ruinen des alten Athen zu neuer Blüte sich
erhoben hat.
Asien.
Laiidesnatur.
§ 49. Asien ist der größte aller Erdteile. Er reicht vom Äquator bis
weit über den Polarkreis hinaus.
^Glie- Diese mächtige Festlandmasse ist stark gegliedert. Sowohl in das
?en1"8' nördliche Eismeer wie in den Pazifischen Ozean und in den
Indischen Ozean sendet Asien Halbinseln und Inselketten hinaus.
Kamtschatka und die Kurilen, Sachalin und die japanischen
Inseln sowie Korea sind die Glieder im Osten des Festlandes; sie
schneiden große Teile als Randmeere vom Ozeane ab. Im Süden
folgen Hinterindien mit dem Malaiischen Archipel, ferner Vorder-
indien und Arabien. Das Mittelländische Meer und das Schwarze
Meer umschließen die Halbinsel Kleinasien.
§ 50. Das Innere des Kontinents ist von Hochländern uud Gebirgen
Boden- erfüllt. Von den Mittelmeergestaden Kleinasiens bis zum Pazifischen
Ozeane zieht sich eine gewaltige Bodenerhebung. Hohe Gebirgsketten um-
schließen dort ausgedehnte Hochländer. In der Mitte des Landes erhebt
sich das Hochland von Tibet fast auf Montblanchöhe. Es wird im
Süden begrenzt von dem höchsten Gebirge der Erde, dem Himalaja
^Himalaja), der im Gaurisaukar mit 8800 m gipfelt.
Im Süden setzen sich an diesen Hochlandgürtel mehrere Halbinseln
an, die entweder wie Hinterindien von den Ausläufern der inneren
Asien.
35
Gebirgsketten ober wie Vorderindien und Arabien wieder von Hoch-
läuderu erfüllt sind.
Den ganzen Norden Asiens nimmt die sibirische Tiefebene ein, die
im Osten von einem niedrigen Gebirgslande begrenzt wird. Im Südwesten
östlich des Kaspischen Sees schließt sich ihr die tnranische Tiefebene an.
In dem innern Hochlandgürtel wurzeln die Hauptgewässer. Sie § 51.
haben sich vielfach in tiefen Talfurchen mitten durch die Gebirge hin- Nüsse,
durch den Weg zum Meere bahnen müssen. So entspringen die großen,
zum Indischen Ozeane fließenden Ströme Indus und Brahmaputra
nördlich des Himalaja, während der Ganges seinen Ursprung auf der
Südabdachuug dieses Gebirges hat. Zum Stillen Ozeane und seinen
Randmeeren eilen Mekong, Jangtsekiang, Hoangho und Amur, zum
nördlichen Eismeere, das weite sibirische Tiefland durchquerend, Lena,
Jenissei (jenifet) und Ob. Im westlichen Teile des Hochlandgürtels,
auf dem Hochlande Armenien mit dem heiligen Berge Ararat,
haben die Zwillingsströme Enphrat und Tigris ihre Quelle, welche
vereint sich iu den Persischen Meerbusen ergießeu.
Einige Gewässer erreichen das Meer nicht; sie sammeln sich in
abflußlosen, salzigen Seeen oder versiegen auch in dem Innern der Hoch- biete.'
länder. Zu diesen abflußlosen Seeen gehört der Kaspische See, der
Aral-See östlich davon und das Tote Meer im westlichen Asien.
Die Abslußlosigkeit großer Flächen Asiens ist in dem Klima be-> § 52.
gründet. Nur der Süden und Südosten bis zn dem innern Hochland-
gürtet sind reich benetzt. Hier befinden wir uns in dem regenreichsten m.'
Gebiete der Erde. Der Niederschlag erlangt innerhalb eines Jahres eine
Höhe von 10 bis 12 m. Von den Meeren wehen im Sommer regelmäßig
warme feuchte Winde, die im Winter von kühlen, trockenen Landwinden
abgelöst werden. Man nennt solche Jahreszeitenwinde mit einem arabi-
schen Worte Monsune. Die Hochländer entbehren fast ganz des Nieder-
schlages, sie sind auch nur spärlich mit Pflanzen bekleidet und bilden
vielfach Steppen und Wüsten. Auf ihnen vermitteln das ein- und
zweihöckrige Kamel den Verkehr. Erst im sibirischen Tieflande
begegnen wir wieder dichten Wäldern, in denen zahlreiche Pelztiere,
vor allen Bären und Marder, leben. Im Norden wird es aber für die
Bäume zu kalt, wir treten in die polaren Eiswüsten, in die Tundren,
ein, wo im Sommer das Renntier an Moosen und Flechten seine
Nahrung findet.
Das üppigste Pslauzenkleid trägt der warme, feuchte Süden Asiens.
Hier gedeihen Tropenwälder mit dem dichten Gewirre von Bäumen,
unter denen auch viele Palmen aufragen. In tiefen Wäldern hausen
der Elefant und der gefürchtete Tiger. Der waldfreie Boden ist meist
fruchtbar; es wird hauptsächlich Reis angebaut. Außerdem wird noch
eine große Menge von Kulturpflanzen gepflegt, von denen viele, wie
Tee und Baumwolle, hier heimisch sind.
In diesen gesegneten Landstrichen wohnen anch die Menschen § 53.
dicht gedrängt. Auf dem gesamten Erdteile zählen wir 820 Millionen
Einwohner. Sie gehören im Westen vornehmlich der mittelländischen,
im Norden und Osten der mongolischen und im äußersten Süden,
hauptsächlich auf dem südöstlichen Archipel, der malaiischen Rasse an.
36 Grnndzüge der Länderkunde.
Staaten und ÜcsitMlgc»,
§ 54. Das mächtigste selbständige Staatswesen Asiens ist China, das fast
China, Ostasien und weite Gebiete Jnnerasiens umfaßt. Es wird bewohnt
von deu Chinesen, einem eigenartigen mongolischen Volke mit einer
uralten, uns völlig fremden Kultur, das bis ins 19. Jahrhundert hinein
sich dem Weltverkehre ganz abschloß. Die Chinesen leben genügsam und
sind sehr fleißig; sie wissen dem Boden ihres Landes reichlichen Ertrag
abzugewinnen. Angebaut werden namentlich Tee und Reis sowie der
Maulbeerbaum zur Zucht der Seidenraupe. In dem Reiche wohnen
gegen 400 Millionen Menschen, d. i. über ein Viertel der ganzen Menschheit.
Sie drängen sich meist in großen Städten zusammen; wir finden mehrere
Millionenstädte, nuter ihnen Peking die Residenz des Kaisers von China.
Japan. Den Chinesen stehen die Japaner, die Bewohner der östlichen
asiatischen Inseln, sehr nahe. Auch sie sind Mongolen. Japan ist aber
seit einigen Jahrzehnten in den Weltverkehr eingetreten und hat zum
Teil die abendländische Kultur angenommen. Es bildet jetzt ein mäch-
tiges Kaiserreich mit der Hauptstadt Tokio, die über 1 Million Ein-
wohner zählt.
§ 55. Selbständige Staaten bestehen auch in Hinter- und Vorder-
Hinter-' indien. Ans ersterem liegt das Königreich Siam mit der Hauptstadt
m ' Bangkok. Der übrige Teil dieser Halbinsel gehört im Osten als Fran-
zösisch-Jndochina den Franzosen, im Westen als Britisch-Birma
wdwi ^eu Engländern. Die Engländer haben auch fast ganz Vorderindien im
Besitze. Der König von England ist zugleich Kaiser von Indien. Das
reiche, dichtbevölkerte Land hat mehrere wichtige Handelsplätze, so
Bombay (bombä) an der Westküste und Kalkutta, den Sitz der eng-
lischen Regierung, im Gangesdelta an der Ostküste,
laiische südostasiatischen Inseln, auch als Malaiischer Archipel be-
Inseln, zeichnet, sind überwiegend niederländischer Besitz, so die großen Snnda-
inseln Sumatra (fumätra), Java, ein Teil von Borneo (bürneo) und
Celebes (celebes). Die wichtigste darunter ist Java, namentlich durch
ihren reichen Ertrag an Kasfee und Reis. Diese Inseln werden zuweilen
von furchtbaren Ausbrüchen feuerspeiender Berge heimgesucht. Es ist die
erdbeben- und vulkanreichste Gegend der Erde.
§ 56. Über Kleinasien, Armenien, Syrien und Mesopotamien, die
Türkei. Tiefebene am Euphrat und Tigris, breitet sich die asiatische Türkei
aus. Zu ihr gehört auch Palästina mit dem heiligen Orte Jerusalem.
In Kleinasien ist heute Smyrna an der inselreichen Küste des Ägäischen
Meeres die wichtigste Stadt. Am Euphrat lag das alte Babel; uicht
weit davon am Tigris liegt Bagdad, einst Hauptstadt eines großen
mohammedanischen Araberreiches. Auch ein Teil des Küstenlandes von
Arabien, namentlich am Roten Meere, ist türkisch. Dort befindet sich
Mekka, der Geburtsort des Religionsstifters Mohammed.
Iran. Den Westen des Hochlandes von Iran im Innern Asiens
nimmt das Königreich Persien ein, dessen Herrscher, der Schah (schkch),
in Teheran seine Residenz hat. Im wüstenreichen Osten treffen wir die
unbedeutenden Staaten Afghanistan und Belntschistan. Letzterer
steht ganz unter englischer Macht.
§ 57. Das übrige Asien ist russisch. Schon das nördliche Armenien
Afrika. 37
bildet mit Kaukasien zu beiden Seiten der gewaltigen Gebirgskette Ruß-
des Kaukasus eine russische Provinz. Östlich des Kaspischen Sees liegt
die vorwiegend von türkischen Stämmen bewohnte Provinz Russisch-
Zentralasien. Nördlich davon beginnt Sibirien, das von Hirten-,
Jäger- und Fischervölkern bewohnt ist. Städte finden wir dort nur im
Süden, innerhalb der Waldregion und am Fuße der metallreicheu Ge-
birge, unter ihnen Jrkntsk. Das russische Reich erstreckt sich bis zur
pazifischen Küste.
Afrika.
Landes natur.
Der dritte Erdteil der alten Welt, Afrika, ist wenig gegliedert. § 58.
Ziemlich einförmig verläuft die Küste im Osten längs des Indischen wie ^c-
im Westen längs des Atlantischen Ozeans. Nur die Küste am Mittel-
ländischen Meere zeigt in der Großen und Kleinen Syrte tiefere Ein-
bnchtnngen. Die Ufer des Roteu Meeres und des Golfes von Aden,
der Grenze gegen Asien, ziehen ohne erhebliche Gliederung hin. Auch
an Inseln ist der Erdteil arm; im Atlantischen Ozeane liegen einige
kleine vulkanische Inseln und aus dem Judischen Ozeane ragt die große
Insel Madagaskar hervor.
Mit Asien ist Afrika durch die schmale, jetzt von Menschenhand
durchstochene Laudenge von Suez im Norden des Roten Meeres
verbunden.
Aus dem Meere erhebt sich der Kontinent als eine mächtige Hoch- § 59.
landmaffe, dem nach der Küste zu höhere Raudgebirge aufgesetzt sind. Boden-
Diesen gehört auch der höchste Berg des ganzen Erdteils, der 6000 m
hohe Kilimandscharo an. Nördlich davon steigt das Hochland von
Abessinien ebenfalls zu alpinen Höhen auf. Au der nordwestlichen
Küste ragt die Gebirgskette des Atlas empor.
Auf dem östlichen Rnndgebirge des mittelafrikanischen Hochlandes
haben die größeren Gewässer des Erdteils ihren Ursprung: der Nil,
der zum Mittelmeere, der Kongo, der im großen Bogen zum Atlauti-
scheu Ozeane, und endlich der Sambesi, der zum Judischen Welt-
meere eilt. Diese Flüsse stürzen in großartigen Wasserfällen oder Strom-
schnellen von der Hochfläche nach der Küste herab. Im Innern liegen
auch mehrere große Seeen, so der Viktoria-, Tanganika- und Niassa-
See. Im westlichen Nordafrika breitet sich das Stromsystem des Niger
aus. Östlich davon liegt ein weites abflußloses Gebiet, das an der
tiefsten Stelle von dem Tsadsee ausgefüllt wird.
Der Kontinent liegt zum größten Teile in der heißen Zone. Dort § 60.
finden wir reichlichen Niederschlag. Die Hitze wird aber gemindert durch Klima,
die Höhe des Laudes, welche im Mittel 1000 ra erreichen mag. Im
Norden und Süden erstreckt es sich über die Wendekreise hinaus in jene
Regionen der Erde, welche sich durch Regenarmut auszeichnen.
Während daher im mittleren Afrika an den Flüssen dichte Tropen- Pflan-
Wälder und auf den eigentlichen Hochflächen Grasfluren, Savauueu,
mit einzelnen Baumgruppen sich zeigen, treffen wir nördlich und südlich
davon vegetationsarme Steppen und Wüsten. Ganz Nordafrika wird
von dem mächtigen Wüstenhochlande der Sahara ssähara) eingenommen,
38
Grundzüge der Länderkunde.
die nur an den Oasen, den Quellorten, einige Pflanzenkulturen, namentlich
von Dattelpalmen, trägt.
Tiere. Die mittelafrikanischen Savannen und Wälder sind besonders die
Heimstätten der afrikanischen Tierwelt. Löwe, Elefant, Nashorn,
Zebra, Giraffe und Antilopen hausen hier. In den Wäldern klettern
unzählige Affen, unter ihnen Schimpanse und Gorilla. Nilpferd
und Krokodil beleben die Flüsse.
§ 61. ' Afrika war bis vor kurzem der dunkle Erdteil; denn erst im Laufe
wobner öer ätzten Jahrzehnte ist das Innere dieses Festlandes uns durch die
Ivo kühnen Unternehmungen einzelner verwegener Männer bekannt geworden.
In Mittelafrika wohnen meist seßhafte, vom Ackerbaue lebende Neger.
Sie stehen vielfach auf niedriger Kulturstufe und einzelne Stämme
huldigen noch der Menschenfresserei. Über Nordafrika haben sich Völker
der mittelländischen Rasse, Ägypter, Berbern, ausgebreitet, während
in Südafrika Hottentotten und Buschmänner als Hirten und Jäger
leben. Die Zahl der Einwohner aus der 39 Millionen qkm großen
Fläche des Kontinents wird auf 180 Millionen geschätzt.
Staaten und üchtzungen.
§ 62. Die Europäer haben große Teile Afrikas in Besitz genommen.
Englische Kolonieen sind das Kapland im Süden mit dem Hafenort,
gen""'der Kapstadt, nahe dem Kap der guten Hoffnung, dann die von den
Buren, den Nachkommen eingewanderter Holländer, gegründeten Staaten,
ferner weite Gebiete an der Oberguinea(ginea)-Küste Westafrikas, endlich
Britisch-Ostafrika im Norden des Viktoria-Sees und des Kilimandscharos,
und als Schutzstaat die Insel Sansibar, ein wichtiger Handelsplatz.
Fran- Den Franzosen gehören die Länder nördlich vom Kongo, Teile Sene-
zoilsche. gflmj,jertg im Norden der Oberguineaküste und Algerien an der Mittel-
meerküste. T u u is und Madagaskar sind französis che Schutzstaaten. Die Land-
striche südlich der Kougomüuduug und die Mozambiqneküste (Mosambik)
Porw- in Ostafrika bilden portugiesische Kolonieen. An der Küste des Roten
^'Meeres haben die Italiener sich Land erworben. Im ausgedehnten Strom-
Kongo- gebiete des Kongo liegt der Kongostaat, der unter der Oberhoheit des
taat' belgischen Königs steht.
§ 63. Große Länderstriche an der Mittelmeerküste werden von den Türken
Ägypten.beherrscht. Ägypten mit dem fruchtbaren unteren Niltale steht unter
einem Khediv, einem türkischen Vizekönige. Die sommerlichen Uber-
schwemmungen des Nils hinterlassen auf dem Uferlande einen fruchtbaren
Schlamm, der unter künstlicher Bewässerung außerordentlich reiche Ernten
liefert. Hier sammelte sich daher zu allen Zeiten eine dichte Bevölkerung
an, unter welcher sich einst auch hohe Kultur entfaltete. In der Gegen-
wart entstanden große Handelsstädte, so Kairo an dein Eintritte des
Nils in sein Mündungsschwemmland, sein Delta, und Alexandria,
die Hafenstadt am Mittelmeere.
Deutsche Die Deutschen besitzen in Afrika zunächst au der Oberguineaküste
^Cgra" Togo und im innersten Winkel des Meerbusens von Guinea Kamerun,
beide Gebiete sind für uns in erster Linie Handelskolonieen, welche
namentlich Palmöl und Elfenbein liefern. Weit im Süden dehnt fich
längs der atlantischen Küste Deutsch-Süd w est afrika aus,. Ostlich der
Australien und Polynesien.
39
großen Seeen bis zum Kilimandscharo im Norden liegt Deutsch-Ost-
afrifa, das sich wie Kamerun auch für Plantagenban eignet.
Von den ursprünglichen Staaten haben sich nur das Sultanat
Marokko mit der Hauptstadt Fes, dauu das christliche Königreich Abes-
Abessiuieu und mehrere der großen Negerreiche im Innern des Erd-
teils bis jetzt uuabhäugig erhalten.
Australienlund Polynesien.
Im Südosten der alten Welt liegt Australien, der kleinste aller § 64.'
Erdteile. Es wird umspült im Westen und Süden vom Indischen und
im Osten vom Pazifischen Ozeane.
Der Erdteil besteht aus einem größeren Festlande und zahlreichen
Inseln, welche ihm im Norden und Osten vorgelagert sind.
Das Festland hat eine ziemlich einförmige Gestalt. Im Norden fafl*
greift der Karpentaria-, im Süden der Auftralgolf tiefer in das Land
ein. Das Innere ist vorwiegend Flachland, nur läugs der Ostküste erheben
sich größere Gebirgsketten, die aber kaum über 2000 m aufsteigen. Der ß(jlun_
ganze Westen und das Innere sind regenarm und meist völlig trocken;
denn Australien, das vom südlichen Wendekreise mitten durchschnitten
wird, liegt im Bereiche vorherrschender Ostwinde, welche die Ostküste
reich benetzen, über die Gebirge hinaus aber keinen Regen bringen. Nur
im gebirgigen Osten konnten sich daher größere Flüsse, wie der Murray
(mörreh), entwickeln.
Das übrige Festland hat nur vorübergehend wasserführende
Flüsse und eimgeslache Salzseeen. Es ist von Wüsten und Steppen
eingenommen. Der Osten trügt dagegen eine üppigere Vegetation, die sich
aus Pflanzen fremdartigen Aussehens zusammensetzt. In den meist Pflan.-
lichten, parkartigen Wäldern leben auch Tiere, die, wie Kängnrn und S,
Schnabeltier, den nnsrigen wenig ahnlich sind.
Die eingeborenen Australier oder Australueger stehen auf eiuer § 65.
sehr niedrigen Kulturstufe, fristen kärglich ihr Leben durch Jagen und ' Be-
durch Sammeln von Früchten und Insekten und wandern dabei unstet
von Ort zu Ort ohue jegliche Wohnstätte. Sie waren bis vor etwa
100 Jahren von der europäischen Kultur unberührt geblieben. Damals
aber siedelten sich die Engländer im Süden und Osten an, brachten Engl,
europäische Haustiere uud Kulturpflanzen mit und wandelten das Land A°io-
zum Teil in dichtbevölkerte Kolonieen um. Mittelpunkte dieser Ansiedlungen
wurden Sidney ssidne) und Melbourne (melbörn).
Den Engländern gehört auch das im Süden des Festlands gelegene § 66.
Tasmanien, wie die fern im Südosten aus dem Meere auftauchende Inseln,
gebirgs- und ^vulkanreiche Doppelinfel Neuseeland. Auf den übrigen
australischen Inseln haben neben den Engländern auch die Nieder-
läuder, Franzosen und Deutscheu Kolonialbesitz erworben. Uns Deutsche
Deutschen gehören der ganze Nordosten der Insel Neuguinea sowie Sege?n""
der Bismarckarchipel und die uördliche Salomousiufel,
Die letzteren Inseln werden sämtlich von den Papuas (papüas) Poly-
bewohnt. Auf Neuseeland und den vielen Inselgruppen der Südsee, die neften*
man als Polynesien, d. i. Vielinselwelt, zusammenfaßt, leben dagegen
■40 Grundzüge der Länderkunde.
fiim. Polynesien die zur malaiischen Rasse gehören. Diese Inseln liegen
beinahe alle in der heißen Zone, haben darum Tropenvegetation, die
durch die Kokospalme auch wichtige Handelsprodukte liefert. Von ihnen
sind die Karolinen und Marianen, die Marschallinseln und die westlichen
Samoainseln jetzt deutsche Besitzungen.
Auf dem 9 Millionen qkm großen Erdteile Australien und Ozeanien
wohnen uoch nicht 7 Millionen Menschen.
Amerika.
§ 67. Das im Jahre 1492 von Colnmbns entdeckte Amerika, die neue
Welt, besteht aus zwei Teilen, welche nur durch eine schmale Landenge
miteinander verbunden sind. Ihre Fläche umfaßt 42 Millionen qkm, auf
der 145 Millionen Einwohner leben.
Nordamerik a.
Landesnatur.
benutg. Der nördliche Teil, Nordamerika, zeigt wie Europa und Asien
in seinem Umriß starke Gliederung. Im Norden löst er sich in einen
großen Archipel auf und im Westen an der pazifischen Küste wie im
Osten an der atlantischen Küste liegen ebenfalls zahlreiche Inseln und
Halbinseln. Nach Süden verschmälert sich das Festland zur mittel-
amerikanischen Landenge und sendet in gleicher Richtung zwei große
Halbinseln, Niederkalifornien und Florida, ins Meer.
§ 68. Die pazifische Küste begleitet eine mächtige Gebirgsmaner, die auf
VftnT uiehr als 6000 m aufsteigt und mehrere ausgedehnte Hochländer ein-
°c " ' schließt. Die östlichsten Ketten bilden das Felsengebirge. Von dort senkt
sich nach Osten der Boden zu einem weiten, von großen Strömen durch-
flosseneu, vielfach seeenreichen Tieflande, aus dem sich nahe der atlanti-
schen Küste das Alleghany(elegeui)-Gebirge erhebt.
Msse. Unter den Strömen ist der Mississippi mit dem Missouri der
gewaltigste. Nahe seiner Quelle finden wir die großen kanadischen
Seeen, aus denen der St. Lorenzstrom hervorkommt. Hier liegt der
mächtige Wasserfall Niagara (ningara).
§ 69. Nordamerika gehört überwiegend der gemäßigten Zone an. Im
Klimn. Norden reicht es noch über den Polarkreis hinaus. Durch Nordwinde
wird von dort über das Tiefland hinweg oft grimmige Kälte nach
Süden getragen. In der Nähe des nördlichen Wendekreises waltet da-
gegen ein warmes Klima, das bei Südwinden sich umgekehrt über die
Tiefebene weit nordwärts verbreitet. Dadurch entstehen starke Wechsel
in der Wärme. Nur an der pazifischen Küste ist das Klima gleichmäßiger.
Das Land ist dort auch reichlicher benetzt, während im Tieflande östlich
des Felsengebirges es oft an Niederschlag mangelt.
Pflan- Dort breiten sich weite Grasfluren, die Prärieen, ans. Nach dem
Atlantischen Ozeane hin treffen wir auf ungeheure Nadelholz- uud
Laubholzwälder. Im äußersten Süden gedeiht nahe dem Meere
tropische Vegetation. Auf deu trockeuheißeu Hochländern, namentlich
Mexikos imechikos), entwickelt sich jedoch auch hier mir spärlicher Pflanzen-
wuchs. Der äußerste Norden ist wie in Asien waldlose Tundra.
Amerika.
41
In den nördlichen Gebieten zeigt die Pflanzenwelt wie die Tier- Tiere,
welt viel Ähnlichkeit mit derjenigen des Nordens der alten Welt. Wir
finden dort Renntier, Hirsche, Bären und viele Pelztiere. Auf
den unermeßlichen Prärieen weideten früher Riesenherden von Bisons,
einer Rinderart. In Mittelamerika begegueu wir schon Affen.
Pflanzen- und Tierwelt sind durch die Ausiedluug der Europäer § 70.
erheblich verändert worden. Zugleich aber wurden auch die Urbewohuer,
die wilden, kriegerischen Indianer, verdrängt. Spanier, Franzosen,
Deutsche und namentlich Engländer haben an ihrer Stelle von Grnnd
und Boden Besitz genommen; Neger sind als Sklaven eingeführt worden.
Von den Indianern leben nur noch wenige Millionen. Im Norden wohnen
noch heute die Eskimos, die hauptsächlich durch die Jagd auf See-
Hund und Walroß den Lebensunterhalt sich verschaffen.
Staaten und Lejitzungcn.
Aus den Erwerbungen der Europäer gingen im Laufe der Zeit § 71.
mehrere Staaten hervor. Die Vereinigten Staaten, auch als Union efn\^te
bezeichnet, nehmen das mittlere Nordamerika ein. Durch den Reichtum Staate»,
an Bodenschätzen, namentlich an Kohle und Eisen, sowie die Fruchtbar-
keit des Landes entfaltete sich hier ein blühender, volkreicher Staat. Wir
finden mehrere Städte mit über 1 Million Einwohnern, so New Jork
(njn jork) an der atlantischen Küste und Chicago (t)chifägo) an einem
der kanadischen Seeen. Bundeshauptstadt ist Washington (noschingtn).
An der pazifischen Küste bildet San Francisco den wichtigsten Hasen-
platz und zugleich den Mittelpunkt für den Verkehr im goldreicheu
Kalifornien.
Die Union ist aus englischen Besitzungen hervorgegangen. Eine § 72.
selbständige englische Kolonie ist heute uoch Britisch-Nordamerika.
Im Osten, in Kanada, besitzt es fruchtbaren Boden und darum dichtere amenka.
Bevölkerung. Die größte Stadt ist hier Montreal (montriol) am
Lorenzstrom. Die polaren Inseln sind noch unabhängig mit Ausnahme
Grönlands, dessen Westküste dänisch ist.
Die Republik Mexiko südlich der Union hat sich aus ursprünglich
spanischen Kolonieen entwickelt; ihre Bewohner sprechen noch vor-
wiegend spanisch. Die Hauptstadt Mexiko liegt in der Mitte des Landes, Mexiko,
umgeben von Vulkanen.
Mittelamerika.
Die mittelamerikanische Landenge, die uns nach Südamerika § 73.
hinüberführt, zeigt bereits tropische Natur. Hier entstanden aus spanischen
Kolonieen 5 Republiken, von denen aber keine größere Bedeutung erlangt hat.
Auch die Inselkette der Großen und Kleinen Antillen (antiljen),
gemeinsam als Westindien bezeichnet, gehört ganz den Tropen an.
Hier wird namentlich Zuckerrohr uud Tabak gebaut. Auf der größten
der Inseln, Kuba, liegt Habaua (hawana), von welcher die besten
Zigarren nach Europa herüberkommen.
Südamerika.
Landcsnatur.
Südamerika liegt hauptsächlich in der heißeu Zoue. Es ist eiu § 74.
42
Grundzüge der Länderkunde.
Malt.' tvenig gegliedertes Festland, das wie Nordamerika im Westen längs der
pazifischen Küste ein gewaltiges Gebirge mit vielen eingeschlossenen Hoch-
ländern trägt, im breiten Osten dagegen von einem ausgedehnten, von
mächtigen Flüssen durchströmten Tieslande eingenommen wird. Nur nahe
der Ostküste erhebt sich der Bodeu wieder zu Hochslächeu und Berg-
ländern. Die westliche Gebirgskette, die Anden oder Kordilleren
(kordiljvren) erreichen im Aeoncagna (akonkagua) 7000 m. Sie sind
reich an Vulkanen und im Süden mit Gletschern bedeckt.
§75. In dem östlichen Tieflande fließt der Amazonenstrom, der
wLsser. größte Strom der Erde, mit zahlreichen Nebenflüssen, von denen viele
weit größer als die Wolga in Europa sind. Er führt gewaltige Wasser-
Pflan- masseu zum Meere; denn das Land wird reichlich von tropischen Regen
?en. benetzt. In den Stromniederungen entwickelte sich in üppigster Fülle
tropisches Pflanzenleben. Undurchdringliche Urwälder bedecken sie.
Die pazifische Küste ist kühl- und niederschlagsarm. Auch im Osten
der Audeu liegen nördlich und südlich des heißfeuchten Tropeulaudes
regenarme Gebiete, die unr Steppenvegetation tragen. Es find das die
Llanos (ljanos) im Norden und die ausgedehnten Pampas im Süden.
Tiere. In den südamerikanischen Wäldern leben Wickelschwanzaffen,
buntfarbige Papageien, die prächtigen, fchillernden Kolibris und große
Schmetterlinge, auf den Anden das kamelartige Lama und der größte
aller Raubvögel, der Kondor.
§76. Noch weite Flächen des Festlandes sind von Europäern fast un-
wobner. berührt gebliebeu. Dort wohnen noch die Ureinwohner, die Indianer.
Die europäische Besiedlung ging in erster Linie von Spanien und
Portugal aus.
Staaten und Löschungen.
§ 77. Aus deu portugiesischen Kolonieen entstand die Republik der Ver-
Men. einigten Staaten von Brasilien. Ihre Hauptstadt ist Rio de
Janeiro (schanero) mit einem wegen der landschaftlichen Schönheit
weltberühmten Hafen, aus dem namentlich Kaffee ausgeführt wird.
Staaten. Die übrigen Staaten Veneznela (wenesnela), Colombia, Eenador,
' Peru (Peru), Bolivia, Chile (tschile), Paraguay, Uruguay uud
Argentinien siud einst spanische Besitzungen gewesen. Sie sind heute
sämtlich Republiken. Am kräftigsten entwickelt sich unter ihnen Chile
mit der Hauptstadt Santiago und in der jüngsten Zeit anch Argentinien,
deren Regieruug in Buenos Aires (bnenos k'ires), der größten Stadt
Südamerikas, ihren Sitz hat.
bSn- Europäische Besitzungen finden wir nur noch im Norden. An der
gen. atlantischen Küste liegen dort die Kolonieen Französisch-, Nieder-
ländisch- und Britisch-Guayana (gnajÄna).
43
£ ä u d e r Ii il ll !> f.
Europa.
Europa erscheint nur wie eine Halbinsel der Ostfeste. Es ist im § 78.
Osten eng mit Asien verbunden. Uralgebirge und Uralfluß bilden hier ®ren-
eine mehr willkürlich gezogene Grenze. Erst der Kafpische See scheidet
die beiden Erdteile schärfer; auf dem Isthmus zwischen diesem und dem
Schwarzen Meere bleibt die Trennung wieder unbestimmt. Von dem
Schwarzen Meere ab gelangen wir dann durch Wasserstraßen zum
Mittelländischen Meere im Süden und von diesem über den Atlantischen
Ozean im Wefteu zum nördlichen Eismeere im Norden.
Der Erdteil zerfüllt in eine Reihe einzelner Staaten. In der Mitte Staaten,
liegen das Deutsche Reich, Österreich-Uugaru, die Schweiz,
Belgien und die Niederlande. Nördlich schließen sich Dänemark,
Schweden nnd Norwegen, östlich Rußland und Rumänien, westlich
das britische Reich und Frankreich an. Im Süden finden wir die
Mittelmeerländer Spanien und Portugal, Italien und auf der
Balkanhalbinsel die Türkei, Griechenland, Serbien, Montenegro
und Bulgarien.
Der Erdteil ist im Norden und Osten vorwiegend Tiefland, im
Süden reich an Gebirgen. Dort erhebt sich die gewaltige Kette der Alpen. Alpen.
Die Älpr».
Das Hochgebirge der Alpen steigt schroff und steil im Süden aus § 79.
der norditalienischen Tiefebene auf, allmählicher senkt es sich nach Norden
zu der Schweizer und der oberdeutschen Hochebene. Im Südwesten
reicht es bis au das Mittelländische Meer. Nach Osten verliert es sich
teilweise in den ungarischen Tiefebenen oder schließt unmittelbar an
die lauge Kette der Karpaten und der Dinarischen Alpen an. In der
Gestalt gleicht das Gebirge einem nach Osten geöffneten Füllhorn.
Einteilung.
Die Alpen gliedert man auf Grund ihres Baues in die West-
und Ostalpen. Die Grenze zieht vom Bodensee durch das Rheintal
und über den Splügenpaß zum Comersee.
Die Westalpen beginnen unmittelbar am Gestade des Mittelmeeres § 80.
mit den Meeralpen, die in enger Verbindung mit den italienischen West-
Apeninnen stehen. Der Verlauf der Ketteu ist zunächst ein vorwiegend arpeu'
südnördlicher. Dann biegen sie nach Osten um. An dem Wendepunkte
liegt der Montblane mit einer Höhe von 4800 m. Hier geht durch
das Tal der Dora Baltea über den großen St. Bernhard hinweg
zur Rhone eine Einsenknng des Gebirges, welche die Westalpen in die
franzöfifch-italienischen und in die Schweizer Alpen zerlegt.
Über sie führt ein Paß. Die wichtigste Straße von Frankreich nach
Italien ist aber die Mont Eenis-Eisenbahn.
Die Schweizer Alpen zeichnen sich durch die Großartigkeit ihrer Schwei-
Natur aus. Tiefe Täler fchueideu in sie ein, teilweise ausgefüllt mit Alpen.
u
Europa,
herrlichen Seeen. Ihre Berge erheben sich weit über die Schneegrenze
hinaus und tragen ausgedehnte Schneefelder, aus denen riesige Eis-
ströme hervorquellen. Die Zierde dieses Gebirges ist das Berner Ober-
land mit dem längsten Gletscher der Alpen, dem Aletschgletscher,
und den schneebedeckten Gipfeln Jungfrau und Finsteraarhorn. Der
höchste Gipfel der Schweizer Alpen ist der Monte Rosa, der nur 200 m
niedriger als der Montblanc ist.
Die zahlreichen Täler führen fast sämtlich zu einem großen Gebirgs-
stocke, dem St. Gotthard. Auf ihm oder in seiner Nähe entspringen
Rhone, Aar, Reuß, Rhein und Tessin. Dnrch die Täler dieser
Flüsse bewegt sich auch der Verkehr, der den St. Gotthard selbst ans
fahrbarer Straße in einem 2100 m hohen Paß überschreitet, zugleich
aber anch in einem 15 km langen Eisenbahntunnel 1000 m tiefer ihn
durchschneidet.
Seeen. Die Flüsse durchströmen bei ihrem Austritte aus dem Gebirge viel-
fach große Seeen, fo die Rhone den Genfer See, die Aar den Brienzer
und Thuner See. die Reuß den vielverzweigten Vierwaldftätter
See, der Rhein im Borlande den Bodensee und im Süden endlich der
Tessin den Langensee oder Lago maggiore lmadschore).
§ 81. Die Ostalpen erstrecken sich'von der Linie Rheintal—Splügen—
afvln. Comersee in ihrer ganzen Ausdehnung westöstlich. Sie erweitern sich
zugleich in nordsüdlicher Richtung, nehmen aber an Höhe nach Osten
hin beträchtlich ab. Nur im Piz Bernina nahe der westlichen Grenz-
linie erreichen sie 4000 m; dann steigt östlich davon der Ortler noch
zu 3900 m und in der Kette der Tonern der Groß gl Offner zu
3800 m auf.
Zonen. Große Längstäler zerschneiden die Ostalpen in drei Zonen, von
denen die mittlere die höchste ist. Die nördliche Zone wird dnrch die
Täler des Inn, der Salzach und der Enns, die südliche vorwiegend
durch das Tal der Dran von der Mittelzone getrennt. Mehrere Quer-
täler gliedern wieder diese nördliche und südliche Zone. So bricht sich
der Inn quer durch die nördlichen Ketten einen Weg zum Borlande
und die Salz ach scheidet iu einem ähnlichen Durchbruche die bay-
rischeu und österreichischen Alpen. In die südlichen greift namentlich
die Etsch mit ihrem Quertale tief ein.
Verkelir. Durch diese Quertäler bewegt sich der Berkehr. Wo sie sich von
Norden und Süden nahe berühren, senken sich Passe in die Kammlinie
ein, über welche wichtige Straßen ziehen, so der Brenner, der vom
Jnntale zum Etschtale führt, und der Semmering, über den eine Straße
Wien mit der Küste des Adriatischen Meeres verbindet.
Auch die Ostalpeu besitzen schneebedeckte Gipfel, gewaltige Gletscher
und in den Tälern oft herrliche Seeen. Besonders großartig entfaltet sich
die alpine Natur in den Ötztaler Alpen wie in den hohen Tauern.
In der nördlichen Zone zeichnen sich die Salzburger Alpen mit dem
Königssee und das an schimmernden Wasserflächen reiche Salzkam-
mergnt durch landschaftliche Schönheit aus. Jenseits des Brenner
bieten dagegen die zerrissenen Dolomiten, das Etschtal und die Um-
gebung des tiefblauen Gardasees die prächtigsten Bilder.
Das Deutsche Reich. 45
Landesnatnr.
Wenn wir von Norden in die Alpen eintreten, erblicken wir zu- 8 82.
nächst dichtbewaldete Berge, aus denen nackte, kahle Felsgipfel hervor-
ragen. Der Wald zeigt meist Bestände unserer Baumarten, tiefer vor-
wiegend Laubbäume, höher hinauf Nadelholz. An den Talgehängen
treffen wir noch Ackerbau. Aber weiter hinauf verschwinden die Felder,
an ihre Stelle treten Wiesen und Matteu. In den größeren Höhen ver-
kümmern die Nadelwälder und schließlich schwindet von etwa 2700 m
ein jeglicher Pflanzenwuchs. Wir kommen in den Bereich des ewigen
Schnees, wo die Wärme der Luft im Sommer nicht mehr ausreicht,
den Schnee zu schmelzen. Dieser gleitet von dort als lockere Lawine
oder, unter dem eigenen Drucke zu Eis verdichtet, als Eisstrom, als
Gletscher, zu deu unteren Tälern hinab.
Bei dem Abstiege nach Süden durchschneiden wir in umgekehrter
Reihenfolge die gleichen Pflanzengürtel; sie reichen nur auf der wärmeren
Sonnenseite höher hinauf. Schließlich treffen wir tiefer in deu Tälern
und am Fuße des Gebirges ein ganz anderes Pflanzenkleid. Dort
wachsen Pinien, eine Kiefernart, und Zypressen und immergrüne Sträucher
und Laubbäume, wie Orangen und Zitronen. Wir befinden uns in einer Klima.
Landschaft südeuropäischen Aussehens; die Alpen bilden also eine Scheide
für das Klima unseres Erdteils.
Auf dieser Wanderung hat uus die Tierwelt nie verlassen. Auf den Tiere.
Felswänden klettern die Gemfen und hie und da auch noch der Steinbock
umher, über die Gefilde des ewigen Schnees wechselt der Schneehase. Zu-
weilen hören wir den leisen Pfiff des scheuen Murmeltieres und sehen
das flüchtige Schneehuhn. Hoch über uns aber ziehen Steinadler und
Lämmergeier ihre Kreise, die auf den unzugänglichsten Felsen horsten.
In den Tälern hat sich auch eine verhältnismäßig zahlreiche Bevöl- § 83.
kernng angesiedelt. Hier leben kräftige, widerstandsfähige Menschen. Ihren
Lebensunterhalt finden sie in der Viehzucht und in der Ausnutzung ihrer
Wälder. Aber auch der Handel sowie ein lebhafter Fremdenverkehr bietet
ihnen reichen Erwerb.
Von allen Seiten sind die Bewohner in das Gebirge eingedrungen.
Von Norden und Nordosten kamen die Deutschen, von Westen die Fran-
zosen, von Süden die Italiener und von Südosten die Slaven. Es ge-
hört politisch mehreren Staaten an. Der nördliche Teil der Ostalpen Staaten,
fällt in das Deutsche Reich, südlich davon beginnt Österreich-Ungarn,
das bis zur Südabdachung sich erstreckt. Dort kommen wir nach Italien,
in dessen Bereich auch der südliche und östliche Teil der Westalpen liegt.
Die westlichen Ketten dieses Gebirges sind dagegen französisch, während
die nördlichen jenseits des Genfersees der Schweiz zufallen.
Das Deutsche Reich.
Das Deutsche Reich umfaßt das Gebiet von den Alpen bis zur § 84.
Nord- und Ostsee. Nnr ein Teil im Osten, das böhmisch-mährische
Land, gehört dem Nachbarstaate Österreich-Ungarn an.
_ Es ist ein Bundesstaat. Ihm gehören folgende 26 Staaten an: Staaten,
die Königreiche Preußen, Bayern, Württemberg und Sachsen, die
46 Europa.
Großherzogtümer Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Mecklen-
burg-Strelitz, Oldenburg und Sachsen-Weimar-Eisenach, die
Herzogtümer Anhalt, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Koburg und
-Gotha, Sachsen-Altenbnrg und Braunschweig, die Fürstentümer
Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Reuß jüngere Linie, Renß
ältere Linie, Schwarzbnrg-Rnd olstadt und Schwarburg-Sou-
dershauseu, die freien Städte Bremen, Hamburg und Lübeck und
das Reichsland Elsaß-Lothringen.
GeogT.AiiJ^alLvDTL Variier A-.T/e.bes, Leipzig.
Fig. 33. Die Landschaften des Deutschen Reiches.
Glie-
deruni?.
Seiner Bodeugestalt nach gliedert sich das Deutsche Reich in das
Alpen- und Alpenvorland, in das südwestdeutsche Gebirgslaud
westlich und nordwestlich davon, in das mitteldeutsche Gebirgslaud,
das es in seiner ganzen westöstlichen Ausdehnung durchzieht, uud das
norddeutsche Tiefland, das den breiten Norden einnimmt.
Vie Alpen und das Alpenvorland.
§ 85. Die nördlichen Ketten der Alpen und ihr Vorland nehmen den
Deutsche südlichen Teil der Königreiche Bayern und Württemberg und des Groß-
Herzogtums Baden ein.
Ij2
Qst."LL.v. Ij3r Gieeaw. 1{6
M a,_'3 s t 1:10.000.00O
Das Deutsche Reich. 47
Die deutschen oder bayrischen Alpen sind ein steil aufragendes,
wildzerrissenes Kalkgebirge. Ihr höchster Gipfel, die Zugspitze, ist
mit fast 3000 m der höchste Berg unseres ganzen Vaterlandes. Die tief
einschneidenden breiten Täler sind mit Feldern und Wiesen und mit zahl-
reichen Ortschaften und Bauernhöfen bedeckt. Die Gehänge der Täler
tragen noch dichte Wälder, die höher hinauf immer lichter und von
blumenreichen Matten unterbrochen werden. Hier liegt die Alm, von der
melodisches Glockengeläute weidender Rinder uns entgegentönt und auf
der die kleinen Sennhütten stehen, in denen während des Sommers die
Hirten, Sennen oder Sennerinnen, wohnen. Weiter hinauf verschwindet
der Pflanzenwuchs und erheben sich nackt und kahl schroffe Felsen.
Zugspitze
Fig. 34. Die Zugspitze in deu deutschen Alpen.
Von den Gipfeln der Alpen herab schauen wir auf ein weites
Flachland, das deutsche Alpenvorland, die schwäbisch-bayrische oder IW*
oberdeutsche Hochebene. Niedrige Bergrücken sind zunächst dem Hoch- ebtne'
gebirge vorgelagert; dann kommt ein vorwiegend ebenes Land, das nur
von kleinen Hügelketten überragt und hier und dort durch tief eiuge-
schnittene Täler unterbrochen wird. Anch einzelne große Seeen, wie der
Chiemsee, sind in die sonst eintönige Ebene eingebettet.
Das Vorland erstreckt sich bis zu dem breiten Tale der Donau, § 86.
der Sammelader der alpinen Gewässer. Sie selbst entspringt im Schwarz- ®e=
Walde. Auf ihrem Wege am Rande der oberdeutschen Hochebene fließen m c"
ihr von den Alpen Jller, Lech, Isar uud Inn zu. Im Norden be-
gleiten die Donau der schwäbisch-fränkische Jura und der böhmisch-
bayrische Wald, die nördlichen Grenzwälle des Alpenvorlandes.
48
Europa.
Zwischen diese Gebirge senkt sich die weite oberpfälzische Hochebene
ein, die im Norden vom Fichtelgebirge begrenzt wird. ^Sie wird
durchflössen von der Raab.
§ 87. Die wildströmenden Alpengewässer führen der Donau genügend
Berkehr. Wasser zu, um aus ihr einen breiten schiffbaren Strom zu machen. Auf
_ ^ ihr bewegt sich ein reger Verkehr, welchem mehrere Städte, wie Ulm in
itttine«. Württemberg, Ingolstadt, Regensburg und Passau in Bayern, ihr
Ausblühen Verdauken.
^Der Vehrkehr bildet auch außerhalb der Donau die Hauptursache
der ^tadteutwickluug. Die voralpiue Hochfläche ist von jeher ein Durch-
zugslaud zwischen Nord- und Süd-, zwischen West- und Osteuropa.
Durch lebhaften Handel, namentlich im Mittelalter, blühte neben Ulm
und Regensburg auch Augsburg am Lech auf. München, die Haupt-
stadt des Königreichs Bayern, ist erst in der jüngsten Zeit emporge-
wachsen. Es besitzt bedeutende Kunstsammlungen, eine Kunstakademie und
eine Universität, außerdem hat es viele Bierbrauereien.
§ 88. Auf dem Lande treiben die Bewohner, die Bayern östlich und die
mobiler Schwaben westlich des Lechs, namentlich Viehzucht. Für Getreidebau
ist das Klima der im Mittel 500 m hohen Ebene schon zu kalt.
Auch fällt der Niederschlag so reichlich, daß der Boden vielfach mit
Mooren sich bedeckt. Nur in den nördlichen Landstrichen, namentlich an
der Donau und in der Oberpfalz, wird in größerem Umfange Land-
Wirtschaft betrieben.
Die große Bedeutung der Hochfläche für kriegerische Unterueh-
mungen hat zur Anlage mehrerer Festungen, wie Ingolstadt und Ulm,
geführt.
Das fiidwestdentsche Gebirgsland.
§ 89. Das durch Gebirge in mehrere Landschaften gegliederte Südwest-
3 b"!6"' dentfchland zeigt politisch ein ziemlich bnntes Bild. Im Süden, wo die
wotiner. Schwaben wohnen, liegt das Königreich Württemberg mit dem pren-
ßischen Hohenzollern, das Grnßherzogtum Baden und links des Rheins
Elsaß. Im Maingebiete und am unteren Rhein leben die Franken.
Dieses Land gehört im Osten ganz dem Königreiche Bayern. Am Rheine
breiten sich das Großherzogtum Hessen und die bayrische Pfalz aus
und westlich davon liegt Lothringen, der nördliche Teil der Reichslande.
§ 90. Mitten durch das Gebirgsland strömt der Rhein. Mit seinem Aus-
Boden- tritte aus dem Bodensee erreicht er das deutsche Gebiet und bildet
netnt* dann in ostwestlicher Richtuug zum Teil die Reichsgrenze. Auf dieser
Strecke durchbricht er bei Schaffhauseu die Ketten des Jura in einem
prächtigen Wafferfalle. Später biegt er bei der Schweizer Stadt Basel
nach Norden um und durchfließt dann ein breites Flachland, die ober-
rheinische Tiefebene. Diese wird zu beiden Seiten von^Gebirgen
begrenzt. Im Osten erhebt sich zunächst der dichtbewaldete Schwarz-
wald, der im Feldberge 1500 m erreicht, und weiter nördlich der
Odenwald. Im Westen steigen Wasgan uud Hart auf. An den west-
liehen Gebirgswall lehnt sich die Lothringer Ebene an, während man
vom Schwarzwalde und Odenwalds östlich in das von niedrigen Berg-
rücken durchzogene fchwäbisch-sränkische Becken hinabsteigt. Dieses
Das Deutsche Reich. 49
wird gegen das deutsche Alpenvorland durch den Wasser- und waldarmen
schwäbisch-fränkischen Jura abgeschieden.
Von den Gewässern fließen der Neckar, der vom Schwarzwalde
kommt, und der Main, dessen Quellbäche in dem mitteldeutschen Fichtel-
gebirge und im fränkischen Jura entspringen, dem Rheine zu. Das süd-
östliche Gebiet wird zur Donau entwässert. Im Nordwesten, in der
Lothringer Ebene, liegt das Flußgebiet der Mosel, die dem Wasgaue
entstammt und ebenfalls dem Rheine zugehört.
Die Flüsse und ihre Täler erleichtern den Verkehr. Zahlreiche § 91.
Straßen durchziehen das Land, selbst über den Schwarzwald hinweg Berkehr.
führen heute Eisenbahnen. Auch nach außen ist Südwestdeutschland
nirgends durch unüberschreitbare Schranken abgeschlossen. Die wichtigste
Straße zieht den Rhein entlang. Sie hat eine erhöhte Bedeutung er-
langt seit der Erbauung der St. Gotthardbahn, durch welche das Deutsche
Reich mit Italien in enge Handelsbeziehungen getreten ist.
Verkehr und Handel fanden im Lande selbst einen guten Boden.
In vielen Gegenden, so in der oberrheinischen Tiefebene, wie im Norden
der Lothringer Ebene, besteht eine lebhafte Industrie. In den tiefer
gelegenen Teilen blüht reger und ertragreicher Ackerbau. In erster Linie
ist die oberrheinische Tiefebene ein Kulturland. Der Ertrag des Bodens
wird hier durch ein günstiges Klima sehr gefördert. Es ist das wärmste Klima.
Gebiet des Reiches. Hier gedeihen vortrefflich Tabak, Hopfen, Obst und
Weinrebe. Letztere verschwindet erst in den östlicheren Strichen, wo aber
noch Hopfen gebaut wird, das Bier also den Wein verdrängt. In den
höheren Gebirgen tritt Wiese oder Wald an die Stelle des Feldes. Auf
den Wiesen weiden große Viehherden. Der Wald liefert Holz, das auf
den Flüssen talabwärts verflößt oder an Ort und Stelle verarbeitet wird.
Derartige Naturverhältuifse ermöglichten eine dichte Besiedlung. § 92,
Eine große Zahl bedeutender Ortschaften besteht hier. Dort, wo in die
oberrheinische Tiefebene das Tal des Mains sich öffnet und zugleich der Ober-'
Verkehr auf dem Rheine einen Weg nach dem Meere findet, entwickelten Tie?
sich Mainz und Frankfurt a. M. Jenes, in Hessen gelegen, ist zugleich °bene.
Festung, während dieses zweifellos die erste Handelsstadt des ganzen
Gebietes ist. Frankfurt war früher freie Reichsstadt, wurde aber 1866
der Provinz Hefsen-Nassan einverleibt. Am Rheine aufwärts sind Mann-
heim in Baden und Ludwigshafen in der bayrischen Pfalz wichtige
Handels- und Fabrikorte. In der Rheinebene liegt die Hauptstadt des
Großherzogtums Hessen, Darmstadt, und die des Großherzogtums
Baden, Karlsruhe. Weiter befinden sich hier die badischen Universitäts-
städte Heidelberg in herrlicher Lage am Neckar und Freiburg am
Fuße des südlichen Schwarzwaldes. Westlich des Rheins ist das stark-
befestigte Straßburg seit 1871 als Sitz der Regierung der Reichs-
lande und als Universität neu aufgeblüht. Auf diesem linksrheinischen
Gebiete bildet unfern des Rheinknies Mülhausen den Mittelpunkt einer
lebhaften Baumwollweberei. In der Hart gedeiht vortrefflicher Weiu.
Die Lothringer Ebene ist weniger fruchtbar und darum nur dünn Lothnn-
bevölkert. Der bedeutendste Ort ist Metz an der Mosel, das zum Schutze Ebene,
der deutschen Grenze stark befestigt ist.
Dichter besiedelt ist wieder der Osten Südwestdentschlands. Namentlich § 93.
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. a
50 Europa.
bischt im schwäbische!! Becken, wo die fleißigen und rührigen Schwaben wohnen,
Becken, finden wir viele große Gemeinwesen. Voran steht Stuttgart, die Haupt-
stadt des Königreichs Württemberg, bedeutend durch Handel und Ge-
Werbtätigkeit. Die Wissenschaft hat in der württembergischen Universität
Tübingen eine Pflegestätte erhalten. Im unteren Neckargebiete wird
viel Obst uud Wein gebaut. Jenseits des Jura bildet im badischen User-
lande des Bodensees Konstanz einen wichtigen Verkehrsort.
Mches Der Ackerbau ist auch in dem fränkischen Becken, das fast ganz
Becken, zum Königreiche Bayern gehört, die Hauptnahrungsquelle der Bewohner.
Nürnberg au der Pegnitz blüht seit dem Mittelalter durch Gewerbe-
fleiß. Auch das uahe dabei gelegene Fürth ist hauptsächlich Fabrik-
stadt. Bamberg am Main ist Mittelpunkt eiues Gemüse- und Hopfeu-
baugebietes.
Wichtige Ackerbaustädte sind auch Ansbach an der Rezat, die
Universität Erlangen an der Rednitz und Bayreuth am Roten Main.
Im fränkischen Weingebiete liegt Würz bürg mit einer Universität. Am
Main abwärts treffen wir Afchaffenbnrg, das eine Forstakademie
besitzt.
Das mitteldeutsche Gebirgsland.
§ 94. Das mitteldeutsche Gebirgsland setzt sich im Westen aus dein
dermig. rheinischen Schiefergebirge, dem hessischen Berg- und Hügel-
lande, das mit dem Weserberglande weit in das norddeutsche Tieflaud
hinausragt, und aus Thüriugeu mit dem Harze zusammen. Es folgen
dann im Osten das Erzgebirge mit dem sächsischen Berglande und
die Sudeten.
vas rheinische Schiefergtbirge.
8 95. Das Gebiet des rheinischen Schiefergebirges ist vorwiegend preußisch.
Staate-^ Die Rheinprovinz und die Provinzen Westfalen und Hessen-Nassan
haben daran Anteil. Der äußerste Südeu fällt iu das Großherzogtum
Hessen und auf dem Huusrück liegt das zu Oldenburg gehörige Fürsten-
Be- tum Birkenfeld. Die Bewohner sind fast sämtlich Franken; nur im
wohnn. ^or£,en begegnen wir Niedersachsen.
§ 96. Das rheinische Schiefergebirge bildet eine Hochfläche, die durch
Bode»- deu Rhein in zwei Flügel zerlegt und durch mehrere Flüsse noch weiter
9af' gegliedert wird. In dem westlichen Flügel trennt das Tal der Mosel
Wässer, ^e, unfruchtbare Eiset im Norden von dem waldreichen Hnns-
rück im Süden. An feinem Fuße fließt die Nahe, deren rechtes Ufer
schon dem Pfälzer Berglande angehört. Rechts des Rheins erhebt sich
im Süden der dichtbewaldete Taunus, der im Feldberge, dem höchsten
Punkte des ganzen Schiefergebirges, nahezu 900 m erreicht. Nördlich
davon, jenseits des Tales der Lahn, liegt der Westerwald und das
vorwiegend aus vulkanischen Gesteinen ausgebaute Siebengebirge.
Von seinen Gipfeln blicken wir nach Westen hinab in das Rheintal,
nach Norden in das Tal der Sieg und darüber hinaus auf das wald-
reiche hügelige Sauerland, das bis zur Ruhr sich erstreckt, uud auf
die niedrige Haar jenseits davon. Lahn, Sieg und Ruhr haben ge-
meinsam ihren Ursprung in dem östlich gelegenen Rothaargebirge, der
Das Deutsche Reich. 51
nach dem Taunus höchsten rechtsrheiuischeu Erhebung. Hier entspringt
auch die zur Fulda eilende Ed er.
Die Hochflächen sind nur dünn bevölkert. Sie besitzen ein rauhes § 97.
Klima, das selbst den Ackerbau vielfach verbietet. In den Tälern ßama.
aber finden wir blühende Dörfer und Städte. Dort ist das Klima
meist mild, Obst- und Weinbau gedeihen. Zugleich bewegt sich ein leb- nu*un9
haster Verkehr in den Tälern. Am dichtesten bevölkert sind die Land-
schaften am Nordrande des Schiefergebirges, wo Kohlen und Erz in
reicher Fülle vorhanden sind. Auch im Südwesten, an der Saar, einem
rechten Nebenflusse der Mosel, hat man ergiebige Kohlenlager erschlossen.
Durch diese Bodenschätze sind zahlreiche Eisengießereien, Waffen- und
Maschinenfabriken sowie Baumwollwebereien und Tuchfabriken hier
entstanden.
Infolgedessen blühen im Norden des rechtsrheinischen Schiefer- § 98.
gebirges in der Rheinprovinz als Jndustrieorte Elberfeld und Barmen, ®icb=
Remscheid, Solingen und Essen, im Norden des linksrheinischen "" l*
Aachen und Krefeld. Am Rhein entwickelte sich als erste Handelsstadt
Köln; weiter stromabwärts liegt Düsseldorf. Hier befinden wir uns
bereits im Flachlande, das in einer Bucht längs des Rheins tief in das
Schiefergebirge eingreift, gerade darum aber für Handel und Verkehr
eine besondere Bedeutung erhielt
Den Rhein aufwärts treffen wir zunächst auf die Universität
Bonn, in schöner Lage dem Siebengebirge gegenüber, dann auf das
durch Befestigungen geschützte Koblenz an der Mündung der Mosel.
Dort beginnt das seiner landschaftlichen Reize wegen viel gepriesene
Rheintal. Eng schließen es von beiden Seiten steile Gehänge ein, ge-
schmückt mit stolzen Burgen und Schlössern, mit prächtigen Villen und
malerischen Ortschaften. Der Strom felbst wird belebt von zahlreichen
Schiffen, Kähnen und Flößen und auf dem schmalen Uferstreifen eilen
zu beiden Seiten Eisenbahnzüge dahin. Erst bei dem Orte Bingen,
das bereits zum Großherzogtum Hessen gehört, erweitert sich das Tal
wieder zu dem weinreichen Rheingaue, auf den von den Höhen des
Niederwaldes die Germania unseres Nationaldenkmals stolz herniederschaut.
Am Südabhange des Taunus liegt in der Provinz Hessen-Nassau
der Badeort Wiesbaden mit heilkräftigen warmen Quellen. In dem
an vulkanischen Gesteinen reichen Lande treten mehrfach heiße Quellen
zu Tage. Anch Aachen besitzt solche und ist darum Badeort geworden.
In den Seitentälern des Rheins bewegt sich ebenfalls ein leb-
hafter Verkehr. An der Lahn liegen die hessische Universität Gießen,
die preußische Universität Marburg und das alte Wetzlar. Im Mosel-
tale finden wir die uralte Stadt Trier, in der noch zahlreiche Ruinen
daran erinnern, daß hier einst römische Kaiser Hos hielten.
Vas hessische öcrg- und Hügelland und das tveserlierglnud.
Östlich vom rheinischen Schiefergebirge breitet sich ein niedriges § 99.
Berg- und Hügelland aus. Es wird im Süden von Hessen, im Norden Staaten,
von Niedersachsen bewohut. Politisch gehört es fast ganz Preußen an. »Är.
Im Süden liegt die Provinz Hessen-Nassan, im Norden die Provinzen
Westfalen und Hannover. Außerdem fallen noch die beiden Lipp eschen
4*
52 Europa.
Fürstentümer und das Fürstentum Waldeck in dieses Gebiet. Auch
das Großherzogtum Hessen im Südwesten und das Herzogtum Braun-
schweig im Nordosten haben Anteil daran.
§ 100. Dieses weite Berg- und Hügelland wird nur von einzelnen größeren
gestalt Erhebungen überragt, die meist vulkanischen Ursprungs sind. Im Südeu
steigt der basaltische Vogelsberg bis zu 800 m und die ebenfalls vor-
wiegend vulkanische Rhön in der Wasserkuppe sogar bis 950 m auf.
Sie schließen sich beide unmittelbar an den Spessart an. Weiter
nördlich beginnt ein waldreiches Hügelland, in dem nur die Basaltkuppe
des Meißner sich höher erhebt. Mit dem Solling erreichen wir dann
das Weserbergland, das schließlich in zwei nach Nordwesten ziehenden
Bergketten, dem Teutoburger Walde und der Weserkette, ausläuft.
Zwischen beiden liegt eine niedrige Hochfläche, die von der Weser durch-
flössen wird. Dieser Strom durchbricht die Weserkette iu einer engen
Pforte, der Porta Westfalica,
lülffer. Die Weser ist die Entwässerungsader fast des ganzen hessischen
Berg- und Hügellandes. Sie entsteht aus dem Zusammenflusse von Werra
und Fulda; diese entspringt auf der Rhön, während die Quellen der
Werra auf dem Südabhange des Thüringer Waldes liegen.
§ 101. Das niedrige Hügelland gestattet fast überall einen ergiebigen Acker-
wu.' öan. Der Boden ist meist fruchtbar und das Klima hinreichend warm
und feucht. Am wärmsten und darum für Obstbau geeignet ist die
Wetterau, jene Bodensenke, welche sich unmittelbar an die oberrheinische
Tiefebene anschließt und den Taunus vom Vogelsberge trennt. Gewerbe
wird nur wenig betrieben; es fehlen dazu die nötigen Mineralschätze.
Verkehr. Aber der Handel ist auch hier rege, er bewegt sich auf Straßen, die
vom Osten und Norden unseres Reiches nach dem Südwesten führen.
§102. Als Mittelpunkt des Verkehrs erwuchs Kaffel an der Fulda zur
Sied- ersten Stadt Hessens. Im übrigen ist das Land nur dünn bevölkert und
arm an größeren Orten. An der Fulda liegt die kleine Stadt Fulda,
heute Bischofssitz, mit der Begräbnisstätte des heiligen Bonifatius, des
Apostels der Deutscheu. Im westfälischen Weserberglande blüht Viele-
fetb durch seine Spinnereien und Webereien. Hameln in Hannover
und Minden in Westfalen, beide an der Weser, verdanken dem Ver-
kehre ihre Bedeutung. Das hannoverische Osnabrück an der zur Ems
fließenden Hase ist vorwiegend Ackerbaustadt. Östlich des Weserberg-
landes liegen in der Provinz Hannover das an altertümlichen Bauten
reiche Hildesheim an der Innerste und die Universität Göttingen
an der Leine.
Thüringen und der Harz.
§ 103. Thüringen ist politisch wenig geeint. Neun Staaten haben daran
Staaten. Anteil: Preußen mit seinen Provinzen Sachsen und Hannover, das
Großherzogtnm Sachsen-Weimar-Eisenach, die Herzogtümer Sachsen-
Koburg und -Gotha, Sachsen-Meiningen-Hildbnrghansen und
Sachsen-Altenburg, ferner die Fürstentümer Schwarzbnrg-Rndol-
stadt und Schwarzburg-Soudershauseu, und im Harze die Herzog-
Be- tümer Braunschweig und Anhalt. Die Bewohner sind hauptsächlich
Thüringer.
Das Deutsche Reich. 53
Das thüringische Land bildet ein weites Becken zwischen zwei §104.
hohen Gebirgszügen, dem Thüringer- und Frankenwalde im Süden Boden-
und dem Harze im Norden. Der Harz, eine breite massige Erhebung,
erreicht im Brocken über IIOOn?, das Kammgebirge des Thüringer Waldes
im Beerberge fast 1000m. Über den breiten Rücken des Frankenwaldes
gelangen wir zu dem massigen Fichtelgebirge, das im Schneeberge
noch 1000 m überragt.
Das Hügelland, das von zahlreichen Bergrücken durchzogen wird, Lser.
dacht sich im allgemeinen nach Osten ab. Dorthin sind auch die meisten
Flüsse gerichtet, so die Unstrnt, welche auf der größten Erhebung, dem
Eichsfelde, entspringt und auf ihrem Wege die Gera und Helme auf-
nimmt. Letztere sammelt die Gewässer des Südharzes und durchfließt
eine weite Talmulde, die goldene Aue, auf deren Südfeite sich der
Kyffhänfer erhebt. Die Unstrnt trägt ihr Wasser der thüringischen
Saale zu, deren Quelle auf dem Fichtelgebirge liegt. Die Saale fließt
am Räude Thüringens entlang zur Elbe. Außer der Uustrut empfängt
sie noch von rechts die weiße Elster und nahe ihrer Mündung von
links die vom Harze kommende Bode.
Thüringen ist vorwiegend Ackerbauland. Der Boden ist vielfach § 105.
recht fruchtbar und das Klima wie in Mitteldeutschland überhaupt mild.
Doch tritt im innern Becken während des Sommers oft große Hitze, Klima,
während des Winters starke Kälte auf. Auf den hohen Randgebirgen
verschwindet natürlich der Ackerbau des rauheren Klimas wegen; sie sind
meist von dichten Laub- und Fichtenwaldungen bedeckt.
Das Land ist auch reich an Mineralschätzen, besonders der Harz, an
bessert Ostrand in der Grafschaft Mansfeld schon seit dem 12. Jahr- schätze,
hundert Bergbau auf Kupfer und Silber betrieben wird. Im östlichen
Gebiete des Thüringer Beckens sind große Braunkohlenlager erschlossen,
die eine lebhafte Gewerbtätigkeit hervorgerufen haben.
Ihr verdankt Halle zum Teil ihr jüngstes Aufblühen. Diese §106
Stadt ist aber auch als Brückenort an der Saale, als Knotenpunkt
mehrerer Eisenbahnlinien und als Universitätsstadt von Bedentuug. Im
Thüringer Becken ist Erfurt durch Gewerbfleiß der Bewohner, durch
ergiebigen Gartenbau fowie auch durch günstige Verkehrslage die größte
Stadt geworden.
Thüringen wird von mehreren Straßen durchzogen, die den Nord-
osten mit dem Süden unseres Reiches verbinden. An einer dieser ent-
standen die thüringischen Hauptstädte Weimar, Gotha und Eisenach.
Auch längs der Saale oberhalb Halle bewegte sich der Verkehr und
führte hier zur Entwicklung von Merseburg und Naumburg sowie
der Universität Jena und der Residenz Rudolstadt. Am Südfuße des
Thüringer Waldes liegen die Residenzen Kobnrg und Meiningen
ebenfalls an einer alten Straße. Mittelpunkt des fruchtbareu, getreide-
reichen Helmetales südlich vom Harze ist Nord hausen, das viele
Schnapsbrennereien besitzt. Der Harz selbst ist wie der Thüriuger
Wald nur wenig bevölkert. Aber in dem Hügellande nördlich davon
treffen wir wieder zahlreiche Orte, unter ihnen Halber st adt und
Quedlinburg.
54 Europa,
Las Erzgebirge und das sächsische ßcrglnnti.
§107. Erzgebirge und sächsisches Bergland gehören politisch hauptsächlich
Staaten. £,em Königreiche Sachsen an. Im Westen am Rande von Thüringen
sinden wir die Reußischeu Fürstentümer und das Herzogtum
Sachseu-Alteuburg.
8 108. An das Fichtelgebirge und den Frankenwald schließt sich nordöstlich
Malt' ^ue breite Hochfläche, das hügelige Vogtland und das Elstergebirge,
an. Auf diesem entspringt die weiße Elster, welche der Saale zufließt.
Es führt hinüber zu dem nordöstlich streichenden Erzgebirge, das in
seinen höchsten Gipfeln Keilberg und Fichtelberg über 1200m erreicht.
Nach Süden zum böhmischen Egertale fällt es steil und schroff, nach
Norden aber ganz allmählich ab. Hier ist ihm das niedrige sächsische
Mittelgebirge vorgelagert, in das vom norddeutschen Tieflande ans
die Leipziger Tieflandsbucht eingreift.
Wässer. Der nördlichen Abdachung des Erzgebirges folgen auch die Gewässer,
die Zwickauer uud die Freiberger Mulde, die später vereint in die
Elbe sich ergießen. Die Elbe ist die Sammelader des ganzen Gebietes.
Sie durchbricht östlich des Erzgebirges in einem breiten Tale das von
tiefen Schluchten durchschnittene Elbsandsteingebirge, das seiner land-
schaftlichen Schöuheit wegen auch als sächsische Schweiz bezeichnet wird.
§ 109. Das Gebiet ist reich an Mineralschätzen. Die Erzlager, welche dem
naau südlichen Gebirge den Namen gegeben haben, sind allerdings heute fast
schätze, erschöpft. Dafür sind aber am Fuße des Gebirges mächtige Steinkohlen-
lager gefunden worden, die eine rege Gewerbtätigkeit ermöglichten.
Zwickau und Chemnitz, mitten im Kohlengebiete gelegen, verdanken
diesem Umstände ihre gegenwärtige Größe, desgleichen Plauen im Vogt-
lande und Gera, die Hauptstadt des Fürstentums Reuß jüng. Linie, wo
namentlich Webereien entstanden. Auf dem Gebirge ist heute an die
Stelle des Bergbaues vielfach Hausindustrie getreten, so die Spitzen-
klöppelei. Im sächsischen Berglande uud der Leipziger Bucht blüht
die Landwirtschaft infolge der Fruchtbarkeit des Bodens und der Gunst
des Klimas.
Handel. Außerdem fand auch der Handel in dem dicht bevölkerten Lande
einen guten Boden. Die bedeutsamste Verkehrsstraße ist die, welche über
die Leipziger Bucht hinwegführt und Leipzig zur ersten Handelsstadt
Mitteldeutschlands erhob. Sodann bildet die Elbe eine vielbenutzte
Straße. An ihr erblühte nahe dem Austritte aus dem Elbsandsteingebirge
in herrlicher Umgebung die schöne sächsische Hauptstadt Dresden. Weiter
stromabwärts liegt der alte Markgrafensitz Meißen.
Die Sudeten.
8 110. Die Sudeteu, das östliche Glied des mitteldeutschen Gebirgslaudes,
Staaten. ffljjen iM ihrer deutschen Seite fast ganz in die preußische Provinz
Schlesien. Der Westen gehört dem Königreiche Sachsen. In der
Bevölkerung begegueu uns neben den Deutschen auch Slaven.
Zill. Die lange Gebirgskette beginnt mit dem Lausitzer Gebirge, das
(festalt sich unmittelbar dem Elbsandsteingebirge anschließt. Ihm ist nördlich eine
Ge- Hochfläche, die Oberlausitz, vorgelagert. Weiter nach Südosten steigen
n'nl,CI' dann zwei hohe Kammgebirge, das Jser- und das Riesengebirge ans,
Das Deutsche Reich, 55
von denen das letztere in der 1600 m hohen Schneekoppe den höchsten
Gipfel Mitteldeutschlands trägt. Es ragt noch 300 m über die Baum-
grenze hinaus. In den obersten Regionen begegnen uns fast alpiue
Landschaftsbilder, Bergwiesen mit weidendem Vieh, gehütet von Hirten,
welche in sennhüttenartigen Banden wohnen. Zahlreiche Gewässer haben
auf den gut benetzten, wald- und moorreichen Gebirgen ihren Ursprung.
Nach Süden fließt die Elbe, nach Norden die Görlitzer Neiße nnd
der Bober.
Jenseits der tiefen Senke des Bobertales erhebt sich das Glatzer
Bergland, das in mehreren Gebirgskämmen den von der Neiße ent-
wässerten Glatzer Gebirgskessel einschließt. Im Glatzer Schnee-
berge erreicht es noch eine Höhe von 1400 m. Es folgt schließlich das
Fig. 35. Hirschberg am Fuße des Rieseugebirges.
'Gesenke, eine breite Hochfläche mit aufgesetzten Bergen, unter denen der
Altvater bis 1500 m aufragt. Im Südosten des Gesenkes entspringt
die Oder.
Den Zug der Sudeten begleiten im Norden niedrige Berg- uud §112.
Hügelländer. In diesem Vorlande und in den Talmulden des Gebirges
wird viel Landwirtschaft getrieben. Das Klima trägt schon etwas oft- Acker-
europäischen Charakter, hat heiße Sommer und kalte Winter. Die Haupt- Klima,
nahrungsquelle für die dichte Bevölkerung liefert jedoch die Gewerb- Hungen,
tätigfeit. Reiche Kohlenlager haben sie erheblich gefördert. Wal den-
bürg in der Mitte eines Kohlengebietes, Hirschberg am Fuße des
Riesengebirges und Görlitz am Rande des Tieflandes sind heute
blühende Judustrieorte. Aber zugleich verdanken viele Siedlungen auch
dem lebhaften Verkehre, der über die Gebirgspässe hinweg nach Osterreich
führt, ihre Bedeutung, so Landeshut am Bober und Glatz.
Europa.
Das norddeutsche Tiefland.
§ 113. Das norddeutsche Tiefland ist überwiegend preußisch. Die Provinzen
St°°tkn. Brandenburg, Posen, West- und Ostpreußeu,Pommern, Schleswig-
Holstein fallen in ihrem ganzen Umfange hinein, die Provinzen Sch lesien,
Sachsen, Hannover und Westfalen wenigstens zum größeren Teile.
Außerdem finden wir noch im Bereiche des Tieflands die Großherzog-
tümer Meckleuburg-Strelitz, Mecklenburg-Schwerin und Olden-
burg, die Herzogtümer Braunschweig und Anhalt, das Fürstentum
Schaumburg-Lippe und die freien Städte Bremen, Hambnra und
Lübeck.
wovmr. Bewohnt wird das Gebiet vorwiegend von Niederdeutscheu, die
' meist der evangelischen Kirche angehören. Im Osten nahe der russischen
Grenze leben viele Slaven, namentlich Polen. Die Deutschen westlich
der Elbe sind Niedersachsen und Friesen.
§114. Das Tiefland wird im Osten von zwei niedrigen Höhenrücken
gesta£ durchzogen. Der südliche beginnt an der preußischen Grenze nördlich
von den Sudeten, wird vou der Oder durchschnitten, erstreckt sich als
Fläming fast bis zur Elbe und endet jenseits dieser als Lüneburger
Heide. Der nördliche oder baltische Höhenrücken umsäumt die
Seeen. Ostsee; er ist reich an Seeen, unter deueu der Spirdiugsee und die
Müritz die größten sind, und wird darum auch als baltische Seeen-
platte bezeichnet. Zwischen beiden breitet sich eine weite, vielfach
sumpfige Niedernng aus. Der äußerste Westen des norddeutschen Tief-
landes ist fast völlig eben und wird von ausgedehnten Mooreu bedeckt.
Flüsse. Der allgemeinen Abdachung nach Nordwesten folgen auch die meisten
Ströme. Weichsel und Oder biegen nach Norden erst am Fuße des
baltischen Höhenrückens um, den sie dann in breiten Tälern durch-
schneiden.
Im Bereiche der großen Niederungen nehmen Oder und Elbe vou
rechts ihre größten Nebenflüsse auf, die Oder die Warthe und die Elbe
die Havel. Dadurch wird das Gebiet vou einem dichten Flußnetze
überspannt, auf dem sich ein reger Verkehr entwickelt hat.
Kanäle. Vielfach sind die natürlichen Wasserstraßen noch durch künstliche
ergänzt; so verbindet der Bromberger Kanal über Brahe und Netze
die Weichsel mit der Oder, der Friedrich Wilhelms-Kaual über die
Spree und der Fiuow-Kaual über die Havel Oder mit Elbe.
Die Wasserstraßen führen sämtlich zum Meere. Dadurch ist dem
deutschen Haudel der Weg zum Weltverkehre eröffnet. Der hauptsächlichste
Seeverkehr fällt der Nordfee zu; aber auch die Häfen der Ostsee erfreuen
sich einer regen Schiffahrt, die durch die Erbauung des Kaiser Wilhelm-
Kanals wesentlich gefördert ist.
§115. Die deutsche Küste ist meist flach. An die Ostsee tritt zuweilen die
Düste. Seeenplatte in steilem Abfalle heran. Im übrigen wird sie von sandigen
Flachufern mit Dünenwällen begrenzt. Die Sanddünen bilden mehrmals
schmale Landzungen oder Nehrungen, welche Teile des Meeres als Hasse
abschneiden, so das Kurische und Frische Hass. Das Stettiner Haff
wird dagegen von den Inseln Usedom und Wollin abgeschlossen.
Weiter westlich sind der Küste zahlreiche Inseln vorgelagert, unter denen
Das Deutsche Reich. 57
das waldreiche Rügen die größte ist. Hier greift das Meer in zwei
Buchten, der Lübecker und Kieler Bucht, tief in das Land ein.
Der Strand der Nordsee wird fast überall von einem jungen Nordsee.
Schwemmland, der Marsch, gebildet, aus dem in einiger Entfernung
niedrige Sandhügel, die Geest, hervorragen. Künstliche Deiche schützen
das Marschland vor den Fluten des Meeres. Die Küste wird von einer
langen Kette von Inseln, den oft- und uordfriesischeu, begleitet. Diese
Jnselreihe, reich an Dünen, stellt die ursprüngliche Küste dar, die durch
das Meer zerrissen ist. Auch der Jadebusen und der Dollart sowie
die Mündungen der Weser und Elbe sind Einbrüche des Meeres.
In dem weiten norddeutschen Flachlande blüht Ackerbau nud Vieh- §116.
gucht. Nur wo der Boden aus mächtigen^Sandablagernngen besteht, ist
Nutzung.
Fig. 36. Düne auf der Insel Sylt.
er unfruchtbar und trägt öde Heide. Vielfach bedeckt auch Moor das
Land, namentlich im Nordwesten; dort ist natürlich Ackerbau nur unter
erschwerenden Verhältnissen möglich, dagegen gedeiht noch die Viehzucht.
Auf dem norddeutschen Höhenrücken besteht das Pflanzenkleid meist
ans Heide, lichten Kieferwäldern, doch auf der baltischen Seeenplatte
anch auf weite Strecken hin aus dichten Buchenwaldungen. Jni Westen
sind die moorsreien Landstächen nicht selten von Eichenwäldern bedeckt.
Das Klima ändert sich von Westen nach Osten beträchtlich. Im Klima.
Westen haben wir feuchte, kühle Sommer und regenreiche, milde Winter,
im Osten regenreiche Sommer und trockene, kalte Winter. Hier frieren
auch fast in jedem Winter die Ströme sowie die Häsen an der Ostsee zu.
An Bodenschätzen ist das Tiefland arm. Nur Salz wird an mehreren
schütze.
58 Europa
Stellen gewonnen und im äußersten Südosten an der schlesischen Grenze
ans der Tarnowitzer Hochfläche befinden sich ergiebige Erz- und
Kohlenlager. Dort erwuchsen infolgedessen einige blühende Orte, so
Königshütte, Kattowitz und Gleiwitz.
§ 117. Im übrigen ist die Ursache der Städteeutwicklnng in dem Flachlande
lungen. Verkehr und Handel sowie der Ackerbau. In Schlesien, wo zu beiden
Östl.' Seiten der Oder das Tiefland eine weite Bucht bildet, sind Oppeln,
Liegnitz und Breslau echte Handelsstädte. Breslau liegt inmitten
einer sehr fruchtbaren Gegend, es besitzt auch eine Universität. Neiße
am Rande des Gebirges ist der Mittelpunkt eines großen Webereibezirkes.
An der Elbe und Saale greift das Tiefland südlich des Höhen-
rückens weit in das mitteldeutsche Gebirgslaud ein. An der Elbe in der
Fig. 37. Die Havelseeen bei Potsdam.
Provinz Sachsen befinden sich die Brückenorte Wittenberg und Magde-
bürg; letzteres besitzt neben lebhaftem Handel auch eine rege Gewerb-
tätigkeit. Nahe der Elbe an der Mulde erhebt sich Dessau, die Haupt-
stadt des Herzogtums Anhalt.
Berlin. Den Mittelpunkt des Tieflandes bildet heute Berlin an der Spree,
die Hauptstadt des Deutschen Reiches, mit fast 2 Millionen Einwohnern
die drittgrößte Stadt Europas. Vou allen Seiten führen zu ihr Laud-
und Wasserstraßen, es ist der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt des Reiches.
In der Stadt selbst treffen wir neben dem Handel viel Gewerbe. Sodann
hat auch Kunst und Wissenschaft hier eine besondere Pflege gefuudeu.
Als Residenz des deutschen Kaisers und als Sitz zahlreicher Reichs- und
Staatsbehörden hat sie zahlreiche Prachtbauten und Deukmnler. Mit
Berlin ist Charlottenburg eug verbunden. Potsdam, die zweite
Das Deutsche Reich. 59
Residenz Preußens, wird von einer herrlichen, an Wald und Seeen
reichen Landschaft umgeben. Wie dieses liegt das befestigte Spandau
an der Havel.
In dem Bereiche der großen Niederungen siud weite Flächen Sumpf Aen-
oder Bruch. Innerhalb dieser finden wir nur kleine Ackerbaustädte. An
den großen Verkehrsstraßen aber treffen wir im Osten von Berlin die
Festung Küstrin und den Handelsplatz Frankfurt an der Oder, ferner
in der Provinz Posen die Festung Posen an der Warthe und Brom-
berg an der Brahe, weiter in Westpreußen die Festung Thorn an der
Weichsel. Im Westen Berlins liegt an der Havel Brandenburg, die
einstige Hauptstadt der Mark.
Auf der baltischen Seeenplatte liegen die mecklenburgischen Haupt-
städte Schwerin und Nen-Strelitz. Größere Städte finden wir dort
am Ausgange der großen Flußtäler, welche den Höhenrücken durch-
schneiden. In Ostpreußen sind Memel am Knrischen Haff und die
Universität Königsberg am Pregel, in Westpreußen Danzig an der
Weichsel und in Pommern Stettin an der Oder blühende Handels-
Plätze. Sie bilden neben der freien Reichsstadt Lübeck und Kiel in
Holstein die ersten Ostseehäfen. Weitere Küstenstädte sind in West-
Preußen das gewerbreiche Elbing am Frischen Haff, in Pommern die
Universität Greifswald und das alte Stralsund, Rügen gegenüber,
ferner die mecklenburgische Universität Rostock und endlich in Schleswig-
Holstein Schleswig und Flensburg. Kiel ist Hauptkriegshasen unseres
Reiches. Es besitzt auch eine Universität. Die Bewohner der Ostseeküste
leben vielfach vom Fischsange sowie von dem Fremdenverkehre, der sich
alljährlich in den zahlreichen Badeorten einfindet.
Bedeutungsvoller als die Ostsee sür den Handelsverkehr ist die §118.
Nordsee. An den Mündungen der Ströme Elbe und Weser siud die
größten See- und Handelsstädte des Reiches, Hamburg und Bremen, Küste.'
entstanden. Sie sind die Ausgangshäfen für Deutschlands überseeische
Beziehungen. Beide liegen bereits weit landeinwärts, können aber noch
von Seeschiffen erreicht werden. Trotzdem besitzen sie je einen Vorhafen;
an der Mündung der Elbe liegt Knxhaven, an der der Weser Bremer-
Häven. An Hamburgs Entwicklung nehmen die preußischen Nachbarstädte
Altona und Harburg Anteil. Der deutsche Kriegshafen an der Nordsee
ist Wilhelmshaven am Jadebusen. Wie an der Ostseeküste wird auch
hier von den Bewohnern lebhafte Fischerei betrieben. Die vorgelagerten
friesischen Jnfeln werden als Badeorte viel besucht, namentlich Sylt,
Norderney und das kleine Helgoland, dessen rote Felsen malerisch
aus der grünen Meeresflut aufsteigen.
Auf dem fruchtbaren Marschboden der Küste sind Oldenburg,
die Hauptstadt des gleichnamigen Großherzogtums, sowie in Hannover
Aurich und Stade als Landstädte emporgewachsen.
Im Binnenlande nahe dem mitteldeutschen Gebirgslande bilden Bwnen-
Hannover und Braunschweig wichtige Verkehrsmittelpunkte. Braun-
schweig, die Hauptstadt des Herzogtums, wird auch von einer sehr srncht-
baren Landschaft umgeben, die bis nach Magdeburg hin den Nordrand
des Harzes begleitet. Weiter westlich in der vom Teutoburger Walde
umgrenzten Tieflaudsbucht, im Münsterlande, liegt Münster, eine alter-
60 Europa.
tümliche Stadt mit einer Universität, Hanptmarkt für westfälischen Schinken
und Pumpernickel. Das Land wird von einer vorwiegend katholischen
Bevölkerung bewohnt, namentlich in der Umgebung von Paderborn.
Überblick über das gesamte Heid).
H 119. Der Boden des Deutschen Reiches dacht sich allmählich uach Norden
qestal!° "kl. Dieser Richtung folgen die meisten Ströme. Nur die Donau eut-
Ge-' wässert das südliche Gebiet nach dem Osten zum Schwarzen Meere. Die
wasw. rieften der großen Flüsse liegen, abgesehen von dem Rheine, im Bereiche
der deutschen Mittelgebirge. Auch au Seeeu ist das Land nicht arm; sie
finden sich am Fuße der Alpen und im norddeutschen Tieflande, dort
namentlich auf dem baltischen Höhenrücken.
§ 120. Die Flüsse führen das ganze Jahr hindurch reichlich Wasser; denn
Klima. Deutschland hat zu allen Jahreszeiten Regen, andauernde Dürren sind
selten. Zugleich erfreut es sich gemäßigter Wärme. Das Jahresmittel
schwankt zwischen 10° in der oberrheinischen Tiefebene und 6° im
äußersten Nordosten. Der Nordwesten ist unter der Wirkung des nahen
Meeres mild. Überhaupt wird das Klima durch die vorherrschenden
westlichen Winde, welche Regen und Wärme bringen, in hohem Grade
beeinflußt.
Unter dem günstigen Klima hat sich das Pflanzenkleid überall
kräftig entwickelt. Der größte Teil des Bodens ist heute Kulturland.
Über die Hälfte ist Acker, ein Viertel etwa Wald und eiu Siebentel
Weide und Wiese; nur eine kleine Fläche fällt demnach dem söge-
nannten Ödlande zu. Die Wälder wechseln in ihren Beständen. Unter
den Nadelhölzern walten in Norddeutschland die Kiefer, in Mittel- und
Süddeutschland die Fichte vor. Buche und Eiche sind die verbreiterten
Laubhölzer.
Unter den Kulturpflanzen begegnen wir Weizen, Roggen, Gerste
und Hafer am häufigsten. Daneben wird überall die Kartoffel gebaut.
In besonders fruchtbaren Landstrichen finden wir die Zuckerrübe. Tabak
und Hopfeu gedeihen vortrefflich in Süddeutschland, Wein noch in Mittel-
dentfchland, Birne, Apfel, Pflaume und Kirsche aber überall.
Tiere. Die deutscheu Wälder und Felder werden von Wildkatze, Fuchs,
einigen Marderarten, Hirsch, Reh und Hase bewohnt. Auf deu Alpeu
findet sich noch in großen Rudeln die Gemse. Vögel der verschiedensten
Art, namentlich Singvögel, an den Ufern der Flüsse, der Seeen und des
Meeres auch viele Wasservögel, belebeu die Luft. Gezüchtet werden in
erster Linie Rind, Pferd, Schaf und Schwein.
121. Die Erträge des Bodens ernähren jedoch nur einen Teil der Be-
Jn- völkeruug. Dauebeu sind Gewerbe und Handel wichtige Nahrungsquelleu.
Srnftrie. c^|e Industrie dem Reichtume des Bodens an mineralischen
Handel. Schätzen, an Kohlen und Erzen, eine wichtige Stütze. Der Handel ist
durch die Wegsamkeit des Landes außerordentlich begünstigt. Er erstreckt
sich über die Reichsgrenzen hinaus; denn Deutschland hat einen lebhaften
Anteil am Weltverkehre.
Auch die Wissenschaft und die Kuust haben in Deutschland eine
gute Pflege gefuudeu.
Vevöl- Das Reich ist bewohnt von einer aufstrebenden, rührigen und tat-
Das Deutsche Reich. 61
kräftigen Bevölkerung. Ihre Zahl ist im Verhältnis zur Fläche sehr groß.
Auf dem 540 000 qkm umfassenden Lande wohnen 56 Millionen
Menschen. Diese sind vorwiegend deutscher Herkunft. Unter den Deutschen
unterscheiden wir einzelne Stämme. In Süddeutschland wohnen die
Schwaben, Bayern und Franken, in Mitteldeutschland Franken, Hessen
und Thüringer, Obersachsen und Schlesier, in Norddeutschland Haupt-
sächlich die Niedersachsen und Friesen. Hier treffen wir, namentlich im
Osten, auch viele Slaveu. An der westlichen Grenze leben Franzosen,
an der nördlichen Dänen. Die Bevölkerung gehört fast durchwegs der Reu-
christlichen Kirche an; etwa zwei drittel sind evangelisch, ein drittel katholisch.
Infolge der Stammesverschiedenheit und wohl auch der Mauuig- § 122.
faltigkeit der Bodengestalt machte sich im Laufe der Geschichte eiue fdJf^te>
Neigung zur politischen Zersplitterung geltend, aus der die Vielheit der
deutschen Staaten hervorgegangen ist. In die Geschichte tritt Deutschland
erst zu Beginn unserer Zeitrechnung durch die Kämpfe mit den Römern
ein. Das erste Deutsche Reich entstand nach dem Tode Karls des Großen
im 9. Jahrhundert. Aber schon im 10. Jahrhundert zerfiel es wieder
in einzelne Stammesherzogtümer, aus deueu schließlich mehrere der
jetzigen Staaten, wie Bayern, und einige der preußischen Provinzen sich
entwickelten. Im 16. Jahrhundert wurde durch die Reformation die
Zersplitterung von neuem gefördert. Die Niederlande und die Schweiz
lösten sich im Gefolge davon ab. Am Anfange des 19. Jahrhunderts
endete das alte Deutsche Reich. Nach der Knechtung durch Napoleon I.
erwachte aber das Nationalgefühl wieder. Allein ein einiges Deutsches
Reich entstand erst nach dem ruhmreichen Kriege 1870—71. Am 18. Januar
1871 riefen die deutschen Fürsten König Wilhelm I. von Preußen zum
deutschen Kaiser aus.
Das Deutsche Reich wurde nun eine der ersten Großmächte des 8
Erdteils. Sein Heer gilt für das tüchtigste. Zum Schutze seiner Küsten s^ng.
und des überseeischen Handels wurde eine starke Kriegsflotte geschaffen.
Der oberste Kriegsherr ist der Kaiser. Die einzelnen Staaten, welche sich
mit dem Deutschen Reiche verbündeten, zerfallen in kleinere Verwaltnngs-
bezirke, Preußen in Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise.
Auch nach außen gewann Deutschland bedeutend an Macht und «°-
Auseheu. Im Jahre 1884 trat es unter die Kolonialmächte ein. Es Iomec,t'
gehören ihm heute in Afrika Deutsch-Ostafrika, Deutsch-SüdWest-
afrika, Kamerun und Togo und in der Südsee Dentsch-Neuguinea
oder Kaiser Wilhelmsland, der Bismarckarchipel, die nördliche
Salomonsinsel, die Karolinen und Marianen, die Marschall-
inseln und die westlichen Samoainseln.
Flächeninhalt, Bevölkerung und Hauptstädte der deutschen Staaten.
Die Staaten des Deutschen Reiches |il Bevölkerung Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Königreich Preußeu...... „ Bayern....... „ Württemberg .... „ Sachsen ...... 350 000 76 000 19 500 15 000 35 000 000 6 200 000 2 200 000 4 200 000 Berlin 1890 München 500 Stuttgart 180 Dresdeu 480
62
Europa.
Die Staaten des Deutschen Reiches Flächen- inhalt in Bevölkerung Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Großherzogtum Baden..... 15 000 1 900 000 Karlsruhe 97
Hessen..... 7 700 1 100 000 Darmstadt 72
„ Sachsen-Weimar. 3 600 360 000 Weimar 28
„ Oldenburg . . . 6 400 400 000 Oldenburg 27
„ Mecklenburg-
Schwerin . . 13 000 600 000 Schwerin 39
„ Mecklenburg-
Strelitz . . . 2 900 100 000 Neu-Strelitz 11
Herzogtum Sachseu-Meiuingen . 2 500 250 000 Meiningen 15
„ Sachsen-Altenburg. . 1 300 190 000 Altenburg 37
„ Sachseu-Koburg und fcvi rt Ii 1. v ,-v OA
-Gotha..... 2 000 230 000 Koourg 6Ö Gotha 35
„ Anhalt ...... 2 300 320 000 Dessau 51
„ Braunschweig .... 3 700 460 000 Braunschweig 130
Fürstentum Schwarzburg-
Soudershauseu. . 860 81 000 Sondershausen 7
„ Schwarzburg-
Rudolstadt . . . 940 93 000 Rudolstadt 12
„ Reuß ältere Linie 320 68 000 Greiz 22
Reuß jüngere Linie. 830 139 000 Gera 46
„ Schanmbnrg-Lippe . 340 43 000 Bückeburg 6
„ Lippe....... 1 200 139 000 Detmold 12
Waldeck...... 1 100 58 000 Arolsen 3
Freie Stadt Lübeck...... 300 97 000 Lübeck 82
„ „ Bremen...... 260 220 000 Bremen 160
„ Hamburg..... 410 770 000 Hamburg 710
Reichsland Elsaß-Lothringen . . 14 500 1 700 000 Straßburg 150
Das Deutsche Reich...... 540 000 56 000 000 Berlin 1890
Übersicht über einzelne Staaten.
Königreich Preußen.
Provinzen Regierungsbezirke Orte Einwohner in Tausenden
Ostpreußen . . . Westpreußen . . . Posen...... Pommern .... Berlin Brandenburg , . Schlesien .... 1. Gnmbinnen . 2. Königsberg . 1. Danzig . . . 2. Marienwerder 1. Posen . . . 2. Bromberg. . 1. Stettin . . . 2. Stralsund. . 3. Kösliu . . . 1. Potsdam . . 2. Frankfurt. . 1. Oppeln . . . 2. Breslau . . 3. Liegnitz . . . Gumbiuueu 14, Tilsit 35 Königsberg 190, Memel 20 Danzig 140, Elbing 53 Marienwerder 10, Thorn 30 Posen 120 Bromberg 52 Stettin 210 Stralsund 31, Greifswald 23 Kösliu 20, Kolberg 20 Potsdam 60, Charlottenburg 190, Spaudau 65, Brandenburg 49 Frankfurt a. d. O. 62, Küstrin 16 Oppeln 30, Königshütte 58, Neiße 24, Kattowitz 32, Gleiwitz 52 Breslau 420, Glatz 15, Waldenburg 15 Liegnitz 55, Görlitz 81
Das Deutsche Reich.
63
Provinzen
Regierungsbezirke
Orte
Einwohner in Tausenden
Sachsen . .
Westfalen .
Rheinland .
Hohenzollern . .
Hesseu-Nassau .
Hannover . . .
Schleswig-Holstcin
1. Magdeburg
2. Merseburg
3. Erfurt .
1. Münster
2. Minden
3. Arnsberg
1. Koblenz
2. Köln , .
3. Düsseldorf
4. Aachen . .
5. Trier . .
Sigmaringen
1. Kassel . .
2. Wiesbaden
1. Hannover.
2. Hildesheim
3. Lüneburg .
4. Stade . .
5. Aurich . .
6. Osnabrück
Schleswig .
Magdeburg 230, Halberstadt 43, Quedlin-
burg 23
Merseburg 19, Halle 160, Eislebeu 24,
Wittenberg 18, Naumburg 23
Erfurt 85, Nordhausen 29
Münster 64
Minden 24, Bielefeld 63, Paderborn 24
Arnsberg 8, Dortmund 140
Koblenz 48, Wetzlar 9
Köln 370, Bonn 51
Düsseldorf 210, Elberfeld 160, Barmen 140,
Essen 180, Krefeld 110, Solingen 45,
Remscheid 58
Aachen 140, Burtscheid 16
Trier 43
Sigmaringen 5
Kassel 110, Fulda 17, Marburg 18
Wiesbaden 86, Frankfurt a. M. 290, Ems 6
Hannover 240
Hildesheim 43, Göttingen 30
Lüneburg 25, Harburg 49
Stade 10
Aurich 6, Wilhelmshaveu 23
Osnabrück 52
Schleswig 18, Flensburg 49, Altona 160,
Kiel 120
Einteilung
Regierungsbezirke
J. Oberbayern ,
2. Niederbayern
3. Oberpfalz. .
4. Oberfranken,
5. Unterfranken
6. Mittelfranken
7. Schwaben.
8. Rheinpfalz
Orte
Einwohner in Tausenden
Königreich Uaijmi.
München 500
Landshnt 22
Regensburg 45
Bayreuth 29
Würzburg 75
Ansbach 18
Augsburg 89
Speyer 21
Ingolstadt 22
Passau 18
Amberg 22
Bamberg 42
Aschaffenburg 18
Nürnberg 260, Fürth 54, Er-
langen 23
Lindan 6
Kaiserslauterns, Lndwigshasen62
Kreise:
1. Neckarkreis . . .
2. Schwarzwaldkreis
3. Donaukreis . . .
4. Jagftkreis. . . .
Kreishauptmannschafte»
1. Dresden . . . .
2. Bautzen ....
3- Leipzig •.....
4. Zwickau ....
Königreich Württemberg.
Stuttgart 180
Reutlingen 22
Ulm 43
E l l w a n g e n
Königreich Sachse».
Dresden 480
Bantzen 26
Leipzig 460
Zwickau 63
Heilbronn 38
Tübingen 15
Friedrichshafen 5
Freiberg 30, Meißen 31
Zittau 31
Ehemuitz 210, Plaue» 74
64
Europa.
Einteilung Orte Einwohner in Tausenden
4 Landesbezirke mit 11 Kreisen: Karlsruhe Mannheim Freiburg Konstanz Grvßhrrzoglum Laden. Karlsruhe 97 Badeubadeu l6 Mannheim 140 Heidelberg 40 Freiburg 6^ Konstanz 21
Provinzen: 1. Starkenburg .... 2. Rheinhessen..... 3. Oberhessen..... Großhcrzogtum Hesse». Darmstadt 72 Mainz 84 Worms 41 Gießen 25
Erzherzogtum Sachsen-Wniiiar-Eisenach. Weimar 28 Eisenach 32, Jena 21
1. Herzogtum Oldenburg 2. Fürstentum Lübeck . . 3. „ Birkenfeld Großhcrzogtum Mdcnl'urg. Oldenburg 27 Eutin
Mecklenbnr g-S ch w e r i n Mecklenbnrg-Strelitz Erzherzogtümer Mecklenburg. Schwerin 39 Rostock 55, Wismar 20 Neustrelitz 11
Bezirke: 1. Oberelsaß...... 2. Unterelsaß..... 3. Lothringen..... Ueichsland Eljaß-Lothringen. Kolmar 37 Mülhausen 89 Straßbnrg 150 Wörth Metz 58
Deutsche Schutzgebiete.
Flächen- inhalt Bevölkerung Orte
I n A f r i k a ....... Togo.......... Kamerun........ Dentsch-Südwestafrika . . . Deutsch-Ostafrika..... In Ozeanien...... Kaiser Wilhelmsland . . . 2 350 000 85 000 495 000 830 000 940 000 245 000 180 000 11 900 000 2 000 000 3 500 000 200 000 6 200 000 450 000 110 000 Klein-Popo 5 Windhoek Dar-es-Salam,18Ba- gamoyo 18 Friedrich Wilhelms- Hafen Herbertshöhe Apia Jalnit
Bismarckarchipel..... Salomonsinseln..... Karolinen und Marianen . Samoa......... Marschallinseln...... 47 000 10 000 2 100 2 600 400 190 000 60 000 40 000 33 000 15 000
In Asien: Kiantschon........ 500 84 000 Tsintau
Deutsches Schutzgebiet. . 2 600 000 12 000 000
Österreich-Ungarn,
65
Osterreich-Lngarn.
Österreich-Ungarn umfaßt den größten Teil der Ostalpen, das §124.
böhmisch-mährische Land, die ungarischen Tiefebenen, die Kar- b®J»^
patenländer und das kroatisch-slavouische und dalmatisch-
bosnische Gebirgslaud, das bereits von den Fluten des Adriatischen
Meeres bespült wird.
Es ist ein vielgestaltiges Land, das auch in der Zusammensetzung
seiner Bewohner ein sehr buntes Bild zeigt. Neben den Deutschen
treffen wir namentlich Slaven, die etwa die Hälfte der 45 Millionen
Bewohner ausmachen, außerdem Magyaren, Romanen und Juden. _ Die
Mehrzahl der christlichen Bewohner gehört der römisch-katholischen
Kirche an.
Durch die Verschiedenartigkeit der Bewohner ist die Begründung
eines einheitlichen Staates sehr erschwert worden. Die heutige öfter-
reichisch-uugarische Monarchie besteht seit dem Jahre 1867. Diese ist
zusammengefaßt aus zwei uach Verfassuug und Verwaltung gesonderten
Staaten: Österreich oder Zisleithauieu und Ungarn oder Trans-
leithanien. Die Reiche sind geeint durch die Persou ihres Herrschers, der
daher die Titel Kaiser von Österreich und König von Ungarn führt,
sowie durch das Reichsheer, die Kriegsflotte und die gemeinsame Ver-
tretung nach anßeu. Der jetzige Kaiser stammt aus dem Hause Habs-
burg-Lothringen.
Dem österreichischen Staatsgebiete gehören zunächst die vorwiegend § 125.
von Deutschen bewohnten Alpenländer an. Es sind das die Erzherzog- Staate»,
tümer Österreich uuter der Euus und ob der Enns oder Nieder-
und Oberösterreich, dann die Herzogtümer Salzburg, Steiermark,
Kärnten und Krain, ferner die gefürstete Grafschaft Tirol mit
Vorarlberg und ganz im Süden das Küstenland. Weiter kommt
dazu das schon auf der Balkanhalbinsel gelegene Königreich Dalmatien,
dauu die Länder der böhmifchen Krone, nämlich das Königreich
Böhmen, die Markgrafschaft Mähren und das Herzogtum
Schlesien sowie das Königreich Galizien und das Herzogtum
Bukowina im Norden und Osten der Karpaten.
Die Läuder der uugarischeu Krone siud das Königreich Ungarn
selbst, zu dem auch das ehemalige Großfürstentum Siebenbürgen
gehört, und ferner das vereinigte Königreich Kroatien und Sla-
vonien.
Seit 1878 stehen auch die türkischen Provinzen Bosnien und die
Herzegowina als Reichsland unter österreichisch-uugarischer Verwaltung.
Mit diesen umfaßt das Reich 675 000 qkm.
Die ^lpenländcr.
Die österreichischen Ostalpen steigen in ihrem höchsten Gipfel, § 126.
dem Ortler, noch auf 3900??? an. Sie werden in der Richtung nach i8o.i,e"=
Osten immer niedriger und gehen schließlich in ein waldreiches'Berg- 8
und Hügelland über. Mehrere Längstäler gliedern das Gebirge deutlich
in drei Zonen. Das Tal des Inn, der Salzach uud der Enns
scheiden eine Kalkalpenzone im Norden, das Tal des Ei sack und der
U le, Lehrbuch der Erdkunde, I. 4. Aufl. 5
66
Europa.
Fig. 38. Der Ortler von der Straße über das Stilfser Joch aus.
Drau eine solche im Süden von den Zentralalpen. Diese tragen die
höchsten Gipfel und breiten sich unter steter Abnahme der Höhe östlich
immer mehr aus. Der von Gletschern umgebene Groß glockner in den
Hohen Tauern erreicht noch 3800 m. Dieser Kette schließen sich östlich
die Niederen Tauern und die Steirischen Alpen an. Die nörd-
lichen Kalkalpen werden von den Salzburger Alpen mit dem
3000 ?/? hohen Dachstein und deu Österreichischen Kalkalpen ge-
bildet; sie enden in dem niedrigen Wiener Walde an der Donau.
Tie südlichen Kalkalpen beginnen in den Dolomiten, die noch aus
3400 m ansteigen. Dann folgen nach Osten die Karnischen und
Jnlischen Alpeu, die weiter zu dem kroatisch-slavonischen Ge-
birge und zu dem Karst führen. Der Karst leitet uns hinüber zu dem
nach Südosten abzweigenden i llyrisch-griechischeu Gebirgssystem.
Er zeigt eine uns fremdartige Landschaft, eine öde waldarme Hochfläche
mit zahlreichen trichterförmigen Einsetzungen, tiefen Talstrecken, die
plötzlich enden und deren Gewässer in den Kalksteinfelsen verschwinden.
Das Wasser fließt dann auf unterirdischen Wegen in vielgewnndeuen
Höhlen weiter.
Verkehr. Die österreichischen Ostalpen sind durch Ihre zahlreichen Täler und
Pässe dem Verkehre sehr zugänglich. Zwei wichtige Schienenwege durch-
queren das Gebirge, die Brennerbahn, die vom Inn zur Etsch führt,
und die Semmeringbahn, welche Wien, die Hauptstadt Österreichs,
mit der adriatischeu Küste verbindet. Fahrstraßen gehen auch über den
Reschen-Scheideck, über das Stilfser Joch und über den Predilpaß hinüber.
Österreich-Ungarn, 67
Der Verkehr ist daher auch in erster Linie die Ursache der Eni- § 127.
Wicklung der Städte. An der Brennerbahn finden wir in Tirol Inns-
brück, Bozen und Trient. An der Semmeringbahn liegt die Haupt-
stadt (Steiermark, Graz und die Krains, Laibach, an ihrem Endpunkte
Trieft, der österreichische Handelshafen. Der Kriegshafen der Monarchie
ist Pola auf der Südspitze der Halbinsel Jstrien.
Vielfach ist auch die Industrie eine ergiebige Nahrungsquelle ge- ^
worden. Das Gebirge ist reich an Mineralschätzen, Obersteiermark und schätze.
Oberösterreich besonders an Eisen. Die eigentlichen Gebirgsbewohner
leben von der Viehzucht und den Erzeugnissen der Forstwirtschaft.
Doch auch die landschaftlichen Reize der oberösterreichischen Alpen sowie
heilbringende Quellen schaffen einzelnen Orten guten Erwerb, wie dem
malerisch am Ausgange des Salzachtales gelegenen Salzburg und dem
Bade Gastein am Fuße der Hohen Tauern.
An der westlichen Grenze im Tale des Rheins liegt das selb-
ständige Fürstentum Liechtenstein.
Den Alpen ist im Norden eine fruchtbare Hügellaudschaft vor-
gelagert, die von der Donau durchströmt wird. An dieser wichtigen
Verkehrsader erblühten Linz, die Hauptstadt Oberösterreichs, und in
Niederösterreich Wien, die Hauptstadt der Monarchie, am Fuße des
Wiener Waldes. Hier in dem Wiener Becken treffen sich die Donau-
straße uud die nordsüdliche Ostalpenstraße, welche nördlich nach der
Elbe- und March-Oderstraße führt. Wien ist mit feiner Universität,
seiner technischen Hochschule und seinen Museen auch der geistige Mittel-
Punkt des Reiches. Es wird vorwiegend von Deutschen bewohnt.
Deutsche treffen wir hauptsächlich in den nördlichen Alpen. Im
Süden des Gebirges wohnen Italiener, im Südosten die slavischen
Slovenen.
das böhmisch-mährische Land.
Das böhmisch-mährische Land wird im Westen, Norden und § 128.
Osten von Gebirgen umschlossen. Von der Donau führt uns zunächst Roden-
der böhmisch-bayerische Wald zum Fichtelgebirge, an das sich 0e " '
dann das Erzgebirge und die Sudeten anschließen. Im Osten erstreckt
es sich bis zu den Karpaten. Das Innere nehmen zwei durch ein
niedriges Hügellaud, die mährische Land höhe, getrennte Becken ein.
Das westliche gehört dem Stromgebiete der Elbe, das östliche dem der
March, also der Donau an. Die Hauptentwässerungsader Böhmens ist
die Moldau. Der Elbe fließt außerdem von links noch die Eger zu.
Der Bodeu ist meist fruchtbar. Auch ist das Klima dem Ackerbaue § 129.
günstig. Neben Getreide wird vielfach Zuckerrübe, Hopfen und in den Klima,
südlichen Hügelländern auch Wein gebaut. Die Niederungen an der
mittleren March sind besonders ertragreich.
Neben dem Ackerbau entfaltet sich die Industrie, die ihre Grund- I":
läge in dem Reichtume an Kohlen findet. In den fruchtbaren Landschaften
sind zahlreiche Zuckerfabriken und Bierbrauereien, in den Gebirgen da-
gegen Spinnereien und Webereien entstanden. Dem Gewerbe folgte der
Handel, der durch die vielen natürlichen Straßen, die das Land nach
allen Richtungen durchziehen, in hohem Maße gefördert wnrde. Als
5*
68 Europa.
lunSin. Verkehrsmittelpunkt wuchs Prag an der Moldau auf, die alte Haupt-
stadt des Königreichs Böhmen. Gegenwärtig blüht die Stadt auch durch
den Gewerbfleiß ihrer Bewohner. Diese setzen sich aus Deutscheu und
slavischeu Tschechen zusammen. Letztere sind in den böhmisch-mährischen
Landen in der Überzahl.
Zu den bedeutendsten Fabrikstädten zählen in Böhmen Pilsen
mit vielen Bierbrauereien und Reichenberg mit Woll- und Leinen-
Webereien, ferner Brünn, die Hauptstadt der Markgrafschaft Mähreu
und in Österreichifch-Schlefien Troppan mit Tuchfabrikation. Am Süd-
fuße des Erzgebirges hat das Hervortreten heißer Quellen Karlsbad
und Teplitz zu besuchten Badeorten gemacht.
Die Karpattnländcr.
§130. Die Karpaten beginnen an der Donau jenseits der letzten Aus-
Man ^ufer der Alpen. Sie erweitern sich zunächst zu einem breiten Ge-
birgslande, dem oberungarischen Berglande, dem die 2700 m hohe
Tatra angehört. Östlich schließt sich die Kette der Waldkarpaten
und weiter die der Ostkarpaten an. Unter scharfem Winkel biegt dann
der Gebirgszug als Transilvanische Alpen nach Westen um und
erreicht zum zweiten Male die Donau, die iu einer langen, schmalen Tal-
rinne das Gebirge durchbricht. In dem Winkel zwischen den beiden
letzten Ketten breitet sich das Bergland von Siebenbürgen aus.
Wässer. Aus dem waldreichen Gebirge haben zahlreiche Flüsse ihren Ur-
sprnng. Die meisten strömen der Donau zu, so Theiß, Alt und Pruth.
In den nördlichen Ketten liegen die Quellen der Weichsel und des
Dnjestr. Durch die Täler dieser Flüsse bewegt sich auch der Verkehr,
der die Karpaten an mehreren Stellen in bequemen Pässen überschreitet.
§ 131. Auf den Höhen der Gebirge herrscht im allgemeinen ein rauhes
bau' Klima. Der Ackerbau ist darum auf die tiefereu Täler beschränkt; auf
Klima, den kahlen, steinigen Höhen fehlt es selbst für die Viehzucht an Weide-
Plätzen. Nur die Südabdachung ist warm. Dort gedeiht vortrefflich
die Weinrebe. Die Nord- und Ostabdachung zeigen dagegen schon
osteuropäisches Klima mit heißen Sommern..und eisigkalten Wintern.
Im galizilcheu Hügellaude. das noch zu Österreich gehört, finden wir
die Weinrebe nicht mehr, wohl aber ausgedehnte Getreidefelder.
it®j Die Karpaten sind an einzelnen Punkten auch reich an Mineral-
schätze, schätzen. Im oberungarischen und im siebenbürgischen Berglande wird
viel Silber und Gold gewonnen. Der Bergban wurde hier meist von
Sied-- den Deutschen betrieben. Der Mittelpunkt der Deutscheu oder Sachsen
lungen. |n Siebenbürgen ist Hermannstadt, die Hauptstadt des Großfürsten-
tnms Klanfenbnrg. In dem fruchtbaren nordöstlichen Vorlande liegt
an der Weichsel die Festung und Universität Krakau, weiter im Tief-
lande Lemberg, die Hauptstadt Galizieus, ein wichtiger Handelsplatz,
und am Pruth Czernowitz, die Hauptstadt der Bukowina.
Die ungarischen Tiefebenen.
§ 132. Die Karpaten umziehen in einem mächtigen Bogen die weiten
Boden- ungarischen Tiefebenen, die bis zu den Alpen sich erstrecken. Ein
Rf ° ' niedriger Höhenrücken scheidet die kleine obernngarische Tiefebene
Österreich-Ungarn. 69
im Nordwesten von der großen niederungarischen Tiefebene. Beide
werden durchströmt von der Donau, die iu scharfem Kuie uach Süden
sich wendet und im Bereiche der niederungarischen Tiefebene von den
Alpen her Drau und Save, von den Karpaten her die wasserreiche
Theiß aufnimmt. Vor den Ausläufern des kroatifch-flavouifcheu Berg-
laudes biegt sie wieder nach Osten um und tritt dann in das enge Tal
zwischen den Karpaten und dem serbischen Gebirge ein, das sie in zahl-
reichen Stromschnellen durchfließt.
Die weiten Tiefebenen sind Steppen. Die Sommer sind heiß und § 133.
trocken, die Winter kalt. Wo fruchtbarer Boden ist, da dehnen sich endlose ®*J=en=
Weizenfelder aus. Die unfruchtbaren Flächen dienen als Viehweide; sie nuyung.
bilden die Pußten, auf denen sich Herden der vortrefflichen ungarischen
Pferde tummeln und Rinder und Schafe weideu. Sie sind der eigentliche
Wohnplatz der Magyaren (madjaren). Diefe zeichnen sich durch Vorliebe
für das Hirtenleben und eine große Geschicklichkeit im Reiten aus.
An der Donau finden wir die Hauptstadt des ungarischen Reiches, ^ed-
Ofen-Pest oder Budapest, eine lebhafte Handelsstadt, zugleich auch
als Universität geistiger Mittelpunkt des Landes. In der fruchtbaren
Landschaft an der unteren Theiß erblühte Maria-Theresiopel und
Szegedin. Mitten in der Pußta liegt Debrecziu (d6bretziu), au
der Donau unterhalb der Marchmündung die einstige Krönungsstadt
Preßburg.
Nas südliche Geliirgsland.
Das kroatisch-slavonische und das bosnisch-serbische Ge- § 134.
birgsland im Süden der Tiefebenen sind dicht bedeckt mit Wäldern;
neben Nadelholz treffen wir namentlich Eichenwälder, die eine blühende
Schweinezucht ermöglichen. Nach der adriatifchen Küste zu schwinden
die Wälder. Das dalmatische Küstengebirge fällt steil zum Meere
ab und löst sich förmlich in Halbinseln und Inseln auf. Hier begegueu Klima,
wir schon einem sehr milden Klima und infolgedessen auch einer ganz
südeuropäischen Pflanzenwelt, in der immergrüne Gewächse, wie Lorbeer,
Ölbaum und Myrte, vorherrschen.
Diese vielgegliederte Küste ist reich an guten Hasenplätzen. Zu
ihnen gehört Spalato im südlichen Dalmatien, dessen Hauptstadt
Zara ist. Am nördlichen Ende des tiefeinschneidenden Qnarnerogolses
liegt der ungarische Handelshafen Fiume. Das Hinterland wird von
dem vereinigten Königreiche Kroatien uud Slavouieu mit der Haupt-
stadt Agram und vou dem österreichisch-uugarischeu Reichslande Bos-
nien und Herzegowina (Herzegowina) eingenommen. Hier wohnen die w^n
slavischen Kroaten und Serbeu.
Flächeninhalt Einwohner Millionen Hauptstadt
1. Kaiserreich Österreich...... 300 000 26 Wien
2. Königreich Ungarn....... 325 000 19'/4. Ofenpest
3. Bosnien und Herzegowina unter
österr.-ung. Verwaltung .... 50 000 172 Sarajewo
70
Europa.
Die österreichischen Länder.
Orte
Einwohner in Tausenden
1. Erzherzogtum Österreich uut.d.Euus
2. „ „ ob. d. Enns
3. Herzogtum Salzburg......
4. „ Steiermark.....
5. „ Kärnten ......
6. „ Krain .......
7. Küstenland (Gesürstete Grafschaft
Görz und Gradiska, Markgraf-
schaft Istrien und die reichs-
unmittelbare Stadt Trieft) . . .
8. Gefürstete Grafschaft Tirol . . .
und Vorarlberg.......
9. Königreich Böhmen.......
10. Markgrafschaft Mähren
11. Herzogtum Schlesien .
12. Königreich Galizien. .
13. Herzogtum Bukowina .
14. Königreich Dalmatien .
Wien 17ü0
Linz 60
Salzburg 33
Graz 140
Klagenfurt 21
Laibach 37
Wiener-Neustadt 29
Steyr 21
Gastein
Adelsberg
Trieft 180
Innsbruck 27
Prag 230
Brünn 110
Troppan 27
Lemberg 160
Czernowitz 68
Zara 33
Pvla 45
Trient 21, Bozen
Bregenz
Pilsen 68, Reichen-
berg 34, Königgrätz,
Karlsbad, Teplitz
Olmütz
Jägerndorf
Krakau 91, Wieliczka
Spalato
Die Länder der ungarischen Krone.
1. Königreich Ungarn
Großsürstentnm Siebenbürgen
2. Königreich Kroatien-Slavonien
3. Freistadt Finme......
Ofenpest 730 Maria-Theresiopel
82, Szegedin 100,
Debreezin 72, Preß-
bürg 66, Kremnitz,
Schemnitz, Tokay
Klausenburg 49 Kronstadt 37,
Hermannstadt 30
Agram 61
Finme 39
Vir Schwei;.
135. Die Schweiz umfaßt den östlichen Teil der Westalpen, das hügelige
Vorland dieser und das Gebiet des Schweizer Jura.
Alpen. Die Schweizer Alpen zeichnen sich dnrch die Großartigkeit ihrer
Natur aus. Anmutige weide- und wiesenreiche Täler schneiden tief in
sie ein. Zu beiden Seiten erheben sich die Gehänge, zunächst noch mit
Feldern und Wäldern bedeckt; dann schwinden die Felder und die Wälder
werden lichter, grüne Matten, Alpen hier genannt, treten an ihre Stelle,
auf denen der Schweizer eine ergiebige Viehzucht treibt. Schließlich
hören auch diese Bergweiden auf und es beginnt das Reich des ewigen
Schnees. Den riesigen Firnseldern der hohen Gebirgsstöcke entquellen
große Gletscher, die sich weit talabwärts senken. Aus dem ewigen Schnee-
mautel ragen hie und da aber noch schroffe Felsnadeln und Felswände
hervor, die bis zu gewaltigen Höhen aufsteigen. In der großartigsten
Kette der Schweiz, den Berner Alpen, erreichen Jungfrau und
Finsteraarhoru noch über 4000 m.
Die Schweiz. 71
Durch die Täler, welche das Gebirge zerschneiden, fließen nach Flüss-.
allen Seiten die Gewässer, nach Westen die Rhone, nach Norden der
Rhein mit der Aar und Reuß, nach Süden der Tessin oder Tieino
(titschino). Wandern wir diese Flüsse entlang talaufwärts, so kommen
wir zu dem Stocke des St. Gotthard, dem natürlichen Mittelpunkte
der Schweizer Alpen, auf dem sich gleichsam der Verkehr sammelt. Von
allen Seiten führen Straßen zu ihm, eine Straße schreitet über ihn
hinweg und die Eisenbahn durchfährt ihn in einem 15 Im langen Tunnel.
Die Schönheit der Schweizer Alpen beruht zum Teil auch auf Seem.
dem Reichtume au steheudeu Gewässern. Besonders malerisch erscheinen
der vielgestaltige Vierwaldstätter See, an dessen Ufern sich der Rigi
Fig, 39. Appenzell im Alpenvorland.
erhebt, ferner der Züricher See und im Südwesten der große Genfer
See. Dieser herrlichen Natur wegen strömt alljährlich eine Menge
Fremder in die Schweiz, die den Bewohnern des Gebirges einen guten
Erwerb briugeu.
Das Alpenvorland, auch als Schweizer Hochfläche bezeichnet, § 136.
ist ein fruchtbares Hügelland. Zahlreiche Flüsse^ deren Ursprung in
den Alpen liegt, durchströmen es. Einzelne durchfließen große Seeeu, fo "°r '
der Rhein den mächtigen Bodensee, ein Nebenfluß der Aar den Neuen-
burger und Bieler See. Das Klima ist hier verhältnismäßig mild.
Neben Getreide gedeiht vortrefflich Obst und Wein. Außerdem hat sich
72 Europa.
auf der Hochfläche überall eine lebhafte Industrie eingebürgert. Haupt-
sächlich wird Baumwollenweberei, Maschinenbau und Uhrenfabrikation
betrieben. Endlich besteht auch ein reger Handel. Das Alpenvorland wird
von mehreren wichtigen Verkehrsadern durchschnitten.
uFngen. Der größte Teil der Schweizer lebt aus der Hochfläche. Dort
liegen auch die bedeutendsten Städte: Bern, die Hauptstadt des Landes,
ferner Zürich, der größte Ort, mit viel Gewerbtätigkeit. Wo der
Rhein die Schweiz verläßt, erblühte Basel, am Kreuzungspunkte mehrerer
Straßen. In diesen Städten befinden sich deutsche Universitäten, in
Zürich auch eine hervorragende technische Hochschule. Im Nordwesten
der Hochfläche liegt das gewerbtätige St. Gallen, am Eingange der
Gotthardstraße in die Alpen Lnzern.
^137. Die Hochfläche wird im Nordwesten von dem nur 1700 m hohen
Jura. Schweizer Jura begrenzt. Es ist ein meist unfruchtbares Gebirgslaud,
in dem die Uhrenfabrikation lebhaft betrieben wird, namentlich in der
lungen. Umgebung von Neuenburg. Auch Genf am Austritte der Rhone aus
dem See hat großen Uhrenhandel. Durch eine Universität ist diese malerisch
gelegene Stadt der geistige Mittelpunkt der französischen Schweiz geworden.
Am Nordufer des Sees liegt Lausanne, das ebenfalls eine Uni-
verfität besitzt.
wohner. Hier im Südwesten wohnen vorwiegend Franzosen, während
der ganze Norden deutsch ist. Jenseits des Gotthards treffen wir
Italiener. Unter den Bewohnern herrscht das evangelifch-reformierte
Bekenntnis neben dem römisch-katholifchen.
kerung". Die guten wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichten eine ziemlich
dichte Bevölkerung. Ju dem nur 40 000 qkm großen Lande wohnen
31/3 Millionen Menschen. Doch reicht der Ertrag des eigenen Bodens
nicht vollkommen zum Unterhalte der Bewohner aus; darum wandern
alljährlich viele Tausende aus.
fassung Die Schweiz ist heute eine Bundesrepublik von 22 Einzelstaaten
oder Kantonen. An ihrer Spitze steht ein Präsident. Sie verdankt ihre
selbständige Entwicklung uud ihre politische Unabhängigkeit der zentralen
Lage inmitten mehrerer Großmächte, welche das für den Verkehr so
wichtige Land für nentral erklärten.
Flächen- inhalt qkm Einwohner Hauptstadt
Die Schweiz........ 40 000 Zi/z Millionen Bern 65
Kantone Orte Einwohner in Tausenden
Deutsch: Bern, Lnzern, Unterwalden, Uri, Schwyz,Zng, Glarus, St. Gallen, Appenzell, Thnrgau, Schaffhausen, Zürich, Aargau, Basel,Solothurn Französisch: Neuenbürg, Waadt, Genf Bern 65, Luzern 30, Göschenen, Schwyz, St. Gallen 33, Pfäffers, Appenzell, Schaffhausen 13, Zürich 150, Basel 110 Neuenburg 21 Lausanne 47, Genf 105
Belgien und Luxemburg.
73
K a n t o n e
Orte
Einwohner in Tausenden
Gemischt:
. Wallis und Freiburg, frauzösisch-deutsch
Graubünden, deutsch-romanisch
Freiburg 17
Italienisch:
Tessiu
Lugano, Airolo
Äelgien und Luxemburg.
An das mitteldeutsche Gebirgsland schließen sich im Westen die Z138.
Ardennen an. Diese gehören in ihrem nördlichen Teile zu dem Königreiche
Belgien, das außerdem noch im Norden in das Tiefland hinüber greift.
Auf der rauhen, unfruchtbaren Hochfläche der Ardennen hat sich
eine leb haste Industrie entwickelt; denn der Boden ist reich an Mineral-
schätzen, an Kohlen und Eisen, die besonders am Nordrande gewonnen
werden. Hier in Hochbelgien liegen daher die blühenden Bergbau- und
Fabrikstädte Lüttich und Namur (namür) an der Maas. In dem nörd- ^er--
lichen tief gelegenen Belgien ist der Boden in hohem Maße fruchtbar,
so daß auch Äcker- uud Gartenbau blüht. Namentlich liefert die Marsch
nahe der Küste reiche Erträge. Ein ozeanisch-mildes, niederschlagreiches
Klima begünstigt die Kultur des Bodens. Der Anbau von Zuckerrüben
rief zahlreiche Zuckerfabriken, der von Hopfen viele Bierbrauereien ins
Leben. Der bedeutendste Jndnftrieort Niederbelgiens ist Gent mit
Spinnereien uud Webereien.
Durch die große Gewerbtätigkeit wurde Belgien ein bedeutendes § 139.
Handelsland. Es ist stark am Welthandel beteiligt. Gute Häfen fehlen Handel,
freilich, da die Küste von einem breiten Dünenstreifen eingenommen wird
und ein seichtes Meer sie begleitet. Dafür sind aber die Verkehrs-
Verhältnisse im Innern außerordentlich günstig. Zwei große schiffbare
Ströme, Maas uud Schelde, durchfließen das Land. Mehrere Kanäle
ergänzen diese natürlichen Wasserstraßen. Außerdem ist Belgien mit einem
so dichten Netze von Eisenbahnen überspannt, wie wir es kanm irgendwo
auf der Erde wieder antreffen.
Der wichtigste Handelsplatz ist Antwerpen an der dort noch für
Seeschiffe fahrbaren Schelde. Früher blühte auch iu Brügge der Handel.
Die Hauptstadt des Reiches ist Brüssel, bedeutend durch Handel und
Gewerbe, namentlich Teppichwirkerei und Spitzenfabrikation, wie durch
Kunst und Wissenschaft.
Die reichlich fließenden Erwerbsquellen führten zu einer starken
Ansammlung der Bevölkerung; das rund 30 000 qkm große Land zählt
mehr als 63/4 Millionen Einwohner. Im Süden leben hauptsächlich die
romanischen Wallonen, im Norden die germanischen Vlamen. Die
Staatssprache ist aber meist französisch.
Das vorwiegend katholische Belgien trennte sich 1830 von den .
reformierten Niederlanden und wurde ein selbständiges Königreich, das ' °
74
Europa.
von den Mächten gleich der Schweiz für neutral erklärt worden ist.
Der jetzige König Leopold II. ist zugleich Souverän des afrikanischen
Kongostaates.
§140. Im Südosten Belgiens, im Gebiete des rheinischen Schiefergebirges,
ebenfalls neutrale Großherzogtum Luxemburg mit gleich-
uamiger Hauptstadt. Die Bewohner sind Deutsche römisch-katholifchen
Bekenntnisses.
Flächen- inhaltin qkm Einwohner Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Königreich Belgien . . . Großherzogtum Luxemburg 30 000 2 500 63/4 Millionen 240 000 Brüssel 600 Luxemburg 20
Wichtige Orte
Einw. in Tausenden
Brügge 53
Ostende 41
Gent 160
Brüssel 600
Löwen 42
Antwerpen 280
Nainnr 32
Lüttich 160
in der Provinz:
Westflandern
Oststandern
Südbrabant
Antwerpen
Namur
Lüttich
Kolonieen:
Kongostaat
In Personalunion
mit Belgien
Flächeninhalt
2 250 000
Einwohner
14 Mill.
Oie Niederlande.
§ 141. Die Niederlande gehören ganz dem Tieflande cm. Sie werden
durchströmt von Scheide, Maas und Rhein. Diese Flüsse bilden durch
mehrfache Verzweigungen ein ausgedehntes Stromnetz, ein mächtiges
Deltaland. Läugs der breiten Ströme und der Nordseeküste breiten sich
Marsch weite Marschen ans, die vielfach tiefer als der Spiegel der See liegen
und vor der Überflutung durch künstliche Deiche geschützt werden. Im
Meere begleitet eine Reihe von Inseln die Küste. Diese westfriesischen
Inseln waren einst ein zusammenhängender Dünenzug, der von den
Fluten zerrissen wurde. Dem Andringen des Meeres erlagen auch weite
Flächen des Laudes, die der unermüdlich tätige Niederländer aber in
Jahrhunderte langer Arbeit zum Teil wieder trocken legte. Die Pumpeu,
welche die Wasser in die Abflußkanäle heben, werden jetzt von Dampf-
Maschinen bewegt, welche die einst charakteristischen Windmühleu ver-
drängen. Auf dem fruchtbaren Marschboden wird ein ergiebiger Garteu-
und Ackerbau und viel Viehzucht betrieben.
Weiter landeinwärts ragt aus der Marsch die Geest hervor, die
meist aus unfruchtbarem Saude besteht. Der Boden wird hier auch von
ausgedehnten Mooren bedeckt.
L 142. Die Haupterwerbsquelle für die Niederländer ist der Handel, der
Handel, in dem an guten Häfen reichen Lande sich schon in frühereu Jahrhuu-
Geest.
Moor.
Die Niederlande. — Dänemark. 75
Herten mächtig entwickelt f)cit. Heute wird er von dem englischen weit
übertroffen, aber noch immer blüht die holländische Seeschiffahrt. Der
Seehandel wird gefördert durch den Besitz wertvoller Kolonieen,
namentlich im Malaiischen Archipel, wo das fruchtbare Java durch seine
Erträge an Kaffee, Tee, Tabak, Reis und Zucker große Reichtümer liefert.
Die bedeutendsten Hafen- und Handelsstädte sind Amsterdam an ^iev-
der Südersee und Rotterdam am Lek. Die Residenz ist Haag. In der
fruchtbaren Landschaft nördlich davon liegt Haarlem. Utrecht nnd
Leyden besitzen berühmte Universitäten. In dem wohlhabenden Lande
von 33 000 qkm Fläche wohnen zur Zeit über 5 Millionen Menschen.
Sie sind Germanen vorwiegend fränkischer und friesischer Abkunft, die
eine dem Plattdeutschen verwandte Mundart reden. Der fleißige, bedächtige
und ausdauernde Volksstamm hat in langem, heldenmütigem Kampfe
seinen evangelisch-resormierten Glauben verteidigt und sich seine Freiheit
und- Selbständigkeit erworben.
Das jetzige Königreich der Niederlande erstand im Anfange des
19. Jahrhunderts uach dem Zusammenbruche des srauzösischeu Kaiser-
reichs Napoleons I.
Flüchen- inhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Königreich der Niederlande 33 000 5 Millionen Amsterdam 520
Orte
Einw. in Tausenden
Amsterdam 520
Haarlem 65
Haag 210, Rotter-
dam 330,Leyden 54
Utrecht 105
Groningen 68
Maastricht 34
in der Provinz:
Nordholland
Sndholland
Utrecht
Groningen
Limburg
Kolonieen:
Flächeninhalt qkm Einwohner
Gesamter Besitz 2 000 000 38 Millionen
Niederländisch-
Indien
Malaiischer Archipel
und westl, Neuguinea
Surinam nnd
Cura?ao
Dänemark.
Das morddeutsche Tiefland sendet nach Norden die schmale Halb- § 143.
insel Jütland aus, welche Nord- uud Ostsee scheidet, östlich davon '
taucht aus dem Meere eiue Gruppe von Inseln auf. Sie bilden mit
Jütland das Königreich Dänemark.
Der Boden ist gleich dem Norddeutschlands von Lehm, Sand und Natur,
Kies bedeckt. Au Jütlauds Ostküste erhebt er sich noch auf 170 m, soust
ist das Land überall flach. Die Inseln sind vortrefflich für Ackerbau
uud Viehzucht geeiguet, darum aber waldarm. Größere unfruchtbare
Flächen finden sich nur im westlichen Jütland. Das Klima ist ozeanisch
mild nnd feucht.
Durch seine Lage inmitten zweier viel befahrener Meere erhielt H-mvel.
76 Europa.
Dänemark eine bedeutsame Stellung im Welthandel. Es wurde eine
Juäl hervorragende Seemacht, durch die es auch eine Reihe wichtiger Kolonieen
erwarb. Von diesen Besitzungen sind dem Reiche noch die Färöer, das
vulkanreiche Island, die Westküste Grönlands und einige westindische
Inseln bis heute geblieben. Das Mutterland selbst, zu dem auch das
Felseneiland Bornholm gehört, umfaßt gegenwärtig eine Fläche von
wohner. ^ ^ (^im< auf ker 2^2 Millionen Menschen wohnen. Diese sind Ger-
manen, meist lutherischen Bekenntnisses, von hoher Bildung. Die Haupt-
stadt ist Kopenhagen, auf der Insel Seeland am Sunde, blühend
durch Handel und Gewerbe. Auf Jütland ist Aarhns der bedeutendste
Handelsplatz.
Flächen- inhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Königreich Dänemark . . 38 000 2V2 Millionen Kopenhagen 4d>0
Halbinsel Jütland Inseln: Seeland Falster Laaland Langeland Fnnen Bornholm Orte Einw. in Tausenden Aarhns 52 Kopenhagen 480 Kolonieen:
Färöer Island Grönland Westindien Orte: Reikjavik St. Thomas
Skandinavien.
Schweden und Norwegen.
§ 144. Den Norden Europas uimmt zum Teil die Halbinsel Skandinavien
Bode»- Sie ist im Westen ein mächtiges Hochland, das im Galdhöpig noch
2600m erreicht. Die steile Westküste ist reich an Buchten und Inseln.
Wässer. c-m Norden ragen aus dem Meere die Losot-Jnseln auf. Die tiefen
Einschnitte des Meeres in das Hochland, welche untergetauchten Tälern
gleichen, heißen Fjorde. Unter ihnen kommt der größte, der Sogue-
Fjord, der Entfernung Berlin—Stettin an Länge gleich. Nach Osten dacht
sich das Land allmählich ab. Dorthiu strömen auch die meisten Gewässer,
von denen viele langgestreckte Seeen durchfließen wie Glomm, Klar-Elf
und Dal-Elf. Im Südosten liegen die großen Seeen Wener-, INälar-
uud Wetter-See.
Klima. Ein mildes Klima herrscht hier; denn die Küste wird von einem
warmen Meere bespült. Bis über den Polarkreis hinaus gedeiht daher
noch Getreide. Auf der Hochfläche selbst ist das Klima rauh; hier eut-
wickeln sich große Firnselder, die gewaltige Gletscher talabwärts senden.
Boden- Rauh ist auch das Klima im flacheren Osten. Nur im Süden treffen
nutzung. wir milderes Klima und zugleich ertragreichen Ackerbau. Weiter nach
Norden gedeiht nur noch die Viehzucht. Doch liefern hier die dichten
Wälder reichlich Holz, dessen Versand den Bewohnern großen Gewinn
bringt. In dem östlichen Gebiete sind auch ergiebige Eisenerzlager er-
schlössen worden.
Tiere. In den waldreichen Gegenden leben Bär, Wolf, Luchs und Hirsch
Skandinavien,
77
im hohen Norden bereits Eisbär und Polarfuchs. Dort ist das Renntier
das wichtigste Haustier.
Infolge der Armut des Landes an natürlichen Bodenschätzen ist § 145.
es nur dünn bevölkert. Auf der 775 000 qJcm umfassenden Halbinsel
wohnen nur 7 Millionen Menschen. Diese sind überwiegend Germanen.
Nur im unwirtlichen Norden leben die finnischen Lappen als Renntier-
nomaden. Beide Völkerstämme siud lutherisch.
Auf der Halbinsel bestehen jetzt zwei Königreiche, Norwegen im Staaten.
Westen und Schweden im Osten. Beiden Reichen ist der König in einer
Person gemeinsam.
In Schweden finden wir neben dem Ackerbaue und einiger In-
dustrie auch einen lebhaften Handel. Die Hanptstadt des Landes ist ©W
r
Fig. 40. Hammerfest.
Stockholm. Hier wie in der Universität Upsala nordwestlich davon
hat auch die Wissenschaft eine Pflegestätte gefunden. Der Verkehr wird
durch die vielen Wasserstraßen begünstigt. Über die Seeen führt eine
Binnenschiffahrtsstraße, der Götakanal, von Stockholm nach Göteborg
(jöteborg), deutsch Gotenburg. Sie umgeht die Trollhättafälle, die der
Göta-Elf uach dem Austritt aus dem Wener-See bildet. Auch Malmö
ist ein wichtiger Verkehrspunkt. Zu Schweden gehören die Ostseeinseln
Oland und Gotland.
Norwegen hat nur im Süden eine dichtere Bevölkerung. Dort <Ji0l'=
liegt Kristiania, die Hanptstadt des Landes. An der Westküste finden
wir mehrere kleine Handelsplätze, wie Bergen und Trondhjem, deutsch
Droutheim. Auf den Markt kommen hier namentlich die Ertrüge der
Fifcherei von Hering und Kabeljau. Hammerfest unter 70" nördlicher
Breite ist die nördlichste Stadt der Erde.
78 Europa,
Flächen- inhalt qkm Einwohner Orte Einwohner in Tausenden
Königreich Schweden. Königreich Norwegen . 450 000 320 000 5 Millionen 2 V4 Mill. Stockholm 300 Göteborg 130 Malmö 63 Upsala 23 Kristiania 230 Bergen 72 Trondhjem 38 Hammerfest
Nußland.
§ 146. Das große russische Reich im Osten Europas erstreckt sich von deu
Malt Karpaten und der Ostsee bis zum Uralgebirge und Uralflusse uud vom
Schwarzen Meere bis zum nördlichen Eismeere. Im Innern ist es Flach-
land. Die höchste Erhebung, die Waldaihöhe, erreicht nur 350m. Von
dort erstreckt sich nach Osten die nordrussische, nach Süden die mittel-
russische Landhöhe. Auch der Ural an der Ostgrenze ist kein schroff auf-
steigendes Gebirge. Es gipfelt in einer Höhe von 1700 m. Steiler ragt
dagegen im Süden an der Küste des Schwarzen Meeres auf der Halb-
iusel Krim das Jaila-Gebirge bis zu 1500m auf.
Nüsse. In dem weiten Tieflande entwickelten sich große Stromsysteme.
Voran steht die Wolga, der längste Strom Europas. Sie kommt vou
der Waldaihöhe und ergießt sich nach vielgewundenem Laufe iu deu
Kaspischeu See. Nahe ihrer Quelle entspringen die Düna, die zur Ostsee,
und der Dnjepr, der zum Schwarzen Meere stießt. In dieses münden
weiter der Don und der Dnjestr. Dem nördlichen Eismeere tragen
dagegen Dwiua und Petfchora ihre Wasser zu.
Seeen. Vielfach sammelt sich das Wasser auch zu Sümpfen uud Seeen an.
Reich an Seeen ist namentlich der Nordwesten. Dort liegen der Ladoga-
(ladoga) und Onega(onega)-See, die durch die Newa zur Ostsee eut-
wässert werden. Finnland heißt geradezu das Laud der 1000 Seeeu.
§ 147. Infolge der großen nordsüdlichen Erstreckuug herrscht iu deu ein-
Klima, ^lueu Gebieten des russischen Reiches eiu verschiedenes Klima. Im Norden
treffen wir polare Verhältnisse, der Wald fehlt, Moose und Flechten
bedecken den Boden. Wir sind im Bereiche der Tundra, auf der nur
Remitiere im Sommer noch genügende Nahrung finden. Das mittlere
Rußland ist reich an Wäldern, die von Wiesen und Feldern uuterbrocheu
werden, in denen der gefürchtete Wolf und viele Pelztiere leben. Weiter
im Süden beginnt die waldarme Steppe. Der Boden ist vielfach von
nutznng. einer fruchtbaren schwarzen Erde bedeckt, die einen ergiebigen Getreidebau
gestattet. Große Weizenfelder dehnen sich hier aus. Das Klima trügt
durchaus kontinentalen Charakter mit eisigkalten Wintern und heißen
Sommern. Der Niederschlag fällt hauptsächlich im Frühsommer. Nach
der asiatischen Grenze vermindert sich der Regen uud das Land wird
zur ödeu Salz- und Sandsteppe. Erst am Gestade des Schwarzen Meeres
ändert sich wieder das Landschaftsbild. Dort gedeihen uuter dem mildeu
Klima südeuropäische Gewächse wie Lorbeer und Olive.
Handel. Neben Ackerbau und Viehzucht bildet der Handel eine wichtige
Rußland. 79
Erwerbsquelle. Namentlich hat Rußland mit dem benachbarten Asien
einen bedeutenden Warenumtausch. Die Industrie ist noch nicht recht zur
Eutwickluug gekommen, obwohl der Boden an Mineralschätzen nicht arm
ist. Im Süden sind mächtige Kohlenlager gefunden worden und der
Ural ist reich au Erzen und Edelmetalleu.
Der Mittelpunkt Rußlands ist die alte Hauptstadt Moskau, be- § 148.
deutend durch Handel und Industrie, mit der Krönungsstätte der t®}^
russischen Herrscher, dem an Kirchen und Palästeu überaus reicheu Kreml.
Südlich davon liegt das gewerbtätige Tnla mit Metall- und Waffenfabriken.
Wichtige Handelsstädte sind im Innern weiter Nischni-Nowgorod,
Kasan und Samara an der Wolga. Der Hauptmarkt für Getreide in
Südrußland ist Kischinew (kischinjos). Auch Kiew (kijef) am Dujepr
und Charkow siud bedeutende Handelsplätze.
Am Schwarzen Meere liegen Odessa und die Kriegshäfen Niko-
lajew und Sewastopol auf der Krim, am Kaspischen See im Wolga-
delta Astrachan.
Im westlichen Rußland ist Warschau, die Hauptstadt vou Russisch-
Polen, ein wichtiger Brückenort an der Weichsel; südwestlich davon liegt
Lodz mit Webereien, nordöstlich Wilna, die alte Hauptstadt von Litauen.
Hier im Westen des Reiches erblühte an der Newa die hentige Haupt-
stadt St. Petersburg, die volkreichste Stadt Rußlands, deren Größe
in dem Verkehre mit dem westlichen Europa begründet ist.
An der Ostsee liegen ferner die Häfen Riga und Reval fowie
auf Finnland die Hauptstadt des Großfürstentums Helfiugfors. Der
Hafeu für die Schiffahrt auf dem Eismeere ist Archangelsk an der Dwina.
Weite Flächen des Reiches können der Unfruchtbarkeit des Bodens § 149.
wie der Unwirtlichkeit des Klimas wegen kaum bewohnt werden. Darum
zählt das riesige Land von über 5 Millionen qkm Größe nur 100 Millionen
Eiuwohner. Sie setzen sich aus Völkern der mittelländischen und der
mongolischen Rasse zusammen. Zur ersteren gehören die flavifchen Russeu
und Polen, zur letzteren unter anderen die Finnen, Lappen und die
türkischen Tataren. Diese sind Mohammedaner; in Polen herrscht da-
gegen die römisch-katholische, in den Ländern an der Ostsee die lutherische,
im größten Teile des Reiches aber die griechische Kirche.
Das Reich erhielt bereits am Ende des 18. Jahrhunderts seine
heutige Ausdehnung. Es bildet eine unumschränkte Monarchie. Der
Herrscher führt den Titel „Zar".
Seit dem 16. Jahrhundert dehnte das rassische Reich sich auch
über die Grenzen Europas nach Osten aus und erwarb in kurzer Zeit Besitz,
das ganze nördliche Asien. Heute ist es mit dem asiatischen Besitze der
größte zusammenhängende Staat der Erde. Es begreift 22^ Millionen qkm,
auf denen 129 Millionen Menschen leben.
Flächeninhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Einwohner in Tausenden
Kaiserreich Rußland..... 22 500 000 129 Will.
Europäisches Rußland St. Petersburg 1440
mit Großfürstentnm Finnland 5 500 000 106 „ Helsingfors 93
Asiatisches Rußland..... 17 000 000 23 „
80
Europa,
Orte
Landschaften des europ, Rußland: Einwohner in Tausenden
Großrußland........ Moskau 1000, Nischui-Nowgorod 95, Tula 110
Kleiurußland........ Kiew 250, Charkow 170
Westrußland ........ Wilna 150
Ostseeprovinzen ....... Riga 280
Südrußland mit Bessarabieu . Odessa 410, Kischinew 110, Nikolajew 92
Polen........... Warschau 640, Lodz 320
Kasan........... Kasan 130
Astrachan .... ...... Astrachau 110
Rumänien.
§ 150. Im Süden der Transsilvanischen Alpen breitet sich längs der
Natur. Donau die Walachische Tiefebene aus. Sie bildet mit der Moldau
im Osten der Karpaten und der Dobrndscha zwischen Donau und
Schwarzem Meere das Königreich Rumänien. In dem nach Osten ge-
öffneten Tieflaude herrscht ein durchaus koutiueutales Klima. Der Nieder-
schlag im Sommer sällt reichlich genug, um auf dem meist fruchtbaren
Boden einen ergiebigen Ackerbau zu gestatteu. Die zahlreichen Flüsse,
welche von den Karpaten her der Donau zueilen, ermöglichen zugleich
künstliche Bewässerung. Sie bieten außerdem vortreffliche Straßen fin-
den Verkehr dar. Namentlich eröffnet die Donau, die in drei Armeu
unter Bildung eines ausgedehnten Deltas mündet, dem Handel den
Weg. Auf ihr werden die Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht
schnell dem Weltmarkte zugeführt.
Die Entwicklung des Landes ist während der letzten Jahrhunderte
' ' e' unter der Mißwirtschaft der Türken sehr behindert worden. Erst seit
der Befreiung 1878 erhob sich das rumänische Volk und es erblühte hier
ein gesundes Staatswesen, das seit 1881 ein selbständiges Königreich
Bk- ist. In dem 130 000 qhn großen Lande wohnen jetzt 6 Millionen
wohner. Menschen. Die Bewohner gelten als die Nachkommen der alten Daeier
und reden eine romanische Sprache. Sie gehören der griechischen
Kirche an.
Sied- Die Hauptstadt des Reiches ist Bukarest, inmitten der fruchtbaren
walachischcn Tiefebene gelegen. In der Moldau ist Jassy (jaschi) ein
wichtiger Handelsplatz. Der Ausgangspunkt des Seeverkehrs ist Galatz
an der Douau, die hier noch für Seeschiffe befahrbar ist.
Flächeninhalt in qhn Einwohner Orte Einwohner in Tausenden
Königreich Rumänien 130 000 6 Millionen
Walachei .... Bukarest 280
Moldau .... Jassy 73
Dobrudscha . . . Galatz 63
Großbritannien und Irland. 81
Großbritannien und Irland.
Das Königreich Großbritannien und Irland ist hervorgegangen § 151.
aus der Vereinigung der drei Königreiche England, Schottland und Irland.
Diese entstanden auf den britischen Inseln, zu denen zwei große, Groß-
britannien und Irland, und oiele kleine, die Hebriden, die Orkney-
und Shetlandsinseln, gehören.
England nimmt den südlichen Teil von Großbritannien ein. Es ist Boden-
vorwiegend ein niedriges, flachwelliges Hügelland. Nur im Westeu steigt
es zu höheren Gebirgen auf. Auf der Halbinsel Wales (uels) erreicht
der Snowdon (snodn) mit 1100 m fast Brockenhöhe. Im Norden von
Großbritannien liegt Schottland. Dieses ist von Bergen und Hochländern
erfüllt. Das südliche schottische Hochland trägt in den Grampians (gräm-
piäus) den höchsten Berg des ganzen Jnselreiches, den 1300 m hohen
Ben Nevis lmvis). Irland endlich ist vorwiegend Flachland, ans dem
nur einzelne Bergrücken hervorragen. Die Küste der britischen Inseln
ist sehr reich gegliedert. Es fchneiden tiefe Buchten iu sie eiu. Diesen
strömen oft von den Bergen wasserreiche Flüsse zu. Dadnrch erlangen Flüsse,
die Buchten eine hohe Bedeutung für den Verkehr; sie bilden Vortreff-
liehe Häfen, in denen sich Fluß- und Seeschiffahrt berühren.
Dem Reichtnme au guteu Häfen sowie der günstigen Lage zum § 152.
Meere verdankt das britische Reich seineil blühenden Handel; es ist der Handel,
erste Handelsstaat der Erde. Nach allen Weltteilen erstreckt sich der
Verkehr, auf allen Meeren begegnen wir englischen Schiffen. Zugleich
erwarben sich die Briten überall Kolonieen, wodurch das Reich auch die
größte Kolonialmacht wurde. Mit deu auswärtigen Besitzungen umfaßt Uol°-"
es jetzt nahezu 29 Millionen qkm mit 390 Millionen Einwohnern. Auf
das Mutterland entfallen davon nur 315 000 qkm mit 41 x/2 Millionen
Menschen.
Diese Machtentfaltung findet ihre eigentliche Grundlage in dem
Werte des Landes selbst. Die Inseln tragen teilweise einen sehr srncht- Nutzung,
baren Boden. Namentlich blüht in England und Irland der Ackerbau
und die Viehzucht. Schottlands unwirtliche Hochflächen sind dagegen nur
zur Schafzucht tauglich. Im Süden Großbritanniens wird die Kultur
des Bodeus durch das Klima sehr begünstigt. Es herrscht Sommer und Klima.
Wiuter unter dem Einflüsse des nahen Meeres eine ziemlich gleichmäßig
milde Temperatur und der Regen fällt in großen Mengeil, der Himmel
ist meist trübe; die europäischen Getreidearten gedeihen gut und die
Wiesen prangen nnter der reichen Benetzung im üppigsten Grün. Wiese
und Feld haben den Wald völlig verdrängt. Nur vereinzelt schmücken
Baumgruppen die parkartige Landschaft.
Aber der Boden birgt auch unermeßliche Schätze an Kohlen und 3"*
Metallen. Durch sie eutfaltete sich eine rege Industrie, welche das britische
Reich zu einem der ersten Industrieländer erhob. Verarbeitet werden
neben deu Erzeugnissen des eigenen Landes auch aus fremdeil Ländern
eingeführte Rohprodukte, namentlich Baumwolle nnb Schafwolle.
Handel und Industrie bewirken das Aufblüheu zahlreicher Groß- § 153.
siädte. London an der Themse wurde mit nahe an 5 Millionen Ein- (Sieb=
wohnern die größte Stadt der Welt In ihren Hasen laufen unzählige Eng"'
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. g land.
82 Europa.
Fahrzeuge ein, beladen mit den Erzeugnissen der ganzen Erde. Süd
westlich davon liegt unter dem Nullmeridian Greenwich(grinitsch). Bedeutende
Häfen siud in England ferner an der Südküste Southampton (sanß-
hämten) hinter der Insel Wight (weit) und östlich davon Portsmonth
sportsmeß), der englische Kriegshafen, sowie an der Westküste Bristol
sbristl) im Norden der Halbinsel Cornwall und Liverpool (liwerpul)
nördlich von Wales. Letzterer ist Ein- und Ausfuhrhafen des englischen
Jndnstriebezirkes. In diesem liegen die Großstädte Manchester (mant-
schestr) mit Baumwollindustrie, Sheffield (scheffild) mit Stahlwaren-
fabriken und Birmingham (börmingäm), das Stahlwaren und Luxus-
artikel liefert. Au der Ostküste Englands blühen die Häsen Hnll am
Hnmber (hömber) und Neweastle ou Tyue (ujnkastl on teilt), in dessen
Nähe große Steinkohlenfelder liegen.
Auch im südlichen Schottland sind Kohlen- und Eisenlager erschlossen
worden und ist eine lebhafte Gewerbtätigkeit entstanden, die ihren Mittel-
Punkt in Glasgow am Firth os Clyde lserß of kleid) erhalten hat. Die
alte Hauptstadt des schottischen Königreichs ist Edinburgh am Firth of
Förth. Nördlich davon am Firth of Tay (te) liegt Dnndee (bönbi)
mit Leinenfabrikation.
Irland. Irland hat in Belfast (belfäst) eine hervorragende Handels- und
Industriestadt. Daneben behält aber Dublin (döblin) als Sitz der Re-
gierung und als Hafenort seine Bedeutung. Diese Insel ist nur dünn
bevölkert. Die Iren sind wiederholt, zum Teil ihres katholischen Glaubens
wegen, von den evangelischen Engländern hart bedrängt worden. Sie
sind darum iu ganzen Scharen, namentlich nach Amerika, ansge-
wandert.
woyner Bewohner der britischen Inseln sind vorwiegend Germanen.
In Wales, Nordschottland nnd Westirland wird noch die Sprache der
keltischen Urbevölkerung gesprochen.
Die Engländer sind ein Volk von großer Kraft nnd Zähigkeit,
von kühnem Unternehmungsgeiste nnd praktischem Scharfblicke. Diesen
Eigenschaften seines Volkes verdankt das britische Reich nicht znnt
wenigsten seine Machtstellung.
Flächeninhalt in qkm Einwohner Orte Einwohner i» Tausende»
Königreich Groß- Britannien und Irland England und Wales mit den Inseln Wight und Man Schottland..... mit den Hebriden, Orkney- und Shetlaud- Inseln..... Irland..... 315 OOO 41>/2 Mill. London 4600 Liverpool 680, Manchester 540, Birmingham 520, Leeds 430, Sheffield 380, Bristol 330, Hull 240, Neweastle on Tyne 210, Portsmonth 190, Southamptou 105, Greenwich Edinburgh 320,Glasgow 760 Dublin 370, Belfast 350
Frankreich.
83
Flächeninhalt in qkm Eiuwohuer
Britisches Kolonial- reich ....... 28 500 000 360 Mill.
Besitzungen in: Enropa...... Asien . *..... Australien Amerika...... Afrika ... Namen der Kolonieen: Kanalinseln, Gibraltar, Malta, Cypern Kaiserreich Indien, Ceylon, Malediven, Aden,Andamanen, Straits Settlements, Nordborneo, Hongkong Festland, Tasmania, Neuseeland, Fiji-Jnseln, Tonga- Inseln, südl. Salomons-Jnseln, sndl, Neuguinea Kanada, Neufundland, Bermudas-Inseln, Bahama-Juseln, Trinidad, Barbados, Brit.-Hondnras, Brit.-Gnayana, Falklands-Jnseln Sierra Leone, Goldknste, Lagos, Nigergeait, Brit.-Ost- afrika, Kap-Kolonie, Natal, Mauritius, St. Helena, Asceusiou
Frankreich.
An die Alpeu und das südwestdeutsche Gebirgsland schließt sich 8 154.
im Westen Frankreich an. Es wird zugleich von zwei Meereil, dem
Atlantischen und dem Mittelländischen, bespült.
Im Osten bilden die Alpen mit ihren westlichen Ketten und den
Voralpeu die Greuze des Laudes. Noch auf französischem Boden liegt
die gletscherreiche Gruppe des Montblanc. Von dem Hochgebirge und
den vou ihm sich abzweigenden Jura steigen wir zunächst in eine breite
Talsenke hinab, welche von Rhone und Saone (söne) durchflössen wird. Msse.
Westlich dieser erhebt sich die lauge Kette der französischen Mittel-
gebirge, die im Süden sich zu dem vulkanreichen Hochlande der
Anvergne (oweraje) erweitert, das nach dem Rhonebecken von einem
Raudgebirge, Ceveuueu genannt, begrenzt wird. Diese Gebirge setzen
sich im Norden in dem Cote d'Or und im Plateau von Langres bis
au die Hochebene von Lothringen fort, die im Westen von den Arg onne n,
im Norden von den Ardennen begreuzt wird. Westlich und nordwestlich
von dem französischen Mittelgebirge gelangen wir in ein ausgedehntes
Tiefland, das von mehreren großen Strömen, Seine (sän), Loire (loar),
Garonne, durchflössen wird. Aus ihm erhebt sich im Nordwesten das
niedrige Bergland der Bretagne.
Die Mündungen dieser Flüsse sind wie die auf den britischen Inseln § 155.
breite Trichter, in welche Seeschiffe weit stromaufwärts fahreu können. Verkehr.
Sie öffnen dem Seeverkehre den Weg zum Innern des Landes. In
diesem aber bewegt sich ebenfalls ein reger Verkehr, gefördert durch die
vielen natürlichen Wasserstraßen, die durch künstliche noch ergänzt sind.
So verbindet der Rhein-Marne-Kanal den Rhein mit der Seiue, der
Rhone-Rhein-Kaual den Rhein mit der Rhone, der Kanal von Burgund
Saone mit Seine, der Kanal du Centre Saone mit Loire und im Süden
6*
84 Europa,
der Kanal du Midi die Garonne mit dem Mittelmeer. Der Mangel
hoher Gebirge erleichterte auch den Verkehr auf dem Laude. Zu dem
In- Hauoel gesellte sich die Industrie. Frankreich ist zwar an Mineralschätzen
dustne. re^ aber gleichwohl entstand eine lebhafte Gewerbtätigkeit, uament-
lich in Modeartikeln. Im südlichen Frankreich blüht die Seidenfabrikation,
im nördlichen, im Bereiche der großen frauzösisch-belgischeu Kohlenlager,
die Weberei.
Boden- Klima und Fruchtbarkeit des Bodeus ermöglichten außerdem iu
nutznng. ausgedehntem Maße den Ackerbau. Das Klima ist unter dem Einflüsse
des benachbarten Meeres äußerst mild. Neben unseren Getreidearten ge-
deiht im Süden Mais. Wein wird seist im ganzen Lande angebaut, nur
vom kühleren Norden ist er ausgeschlossen. An der mittelländischen Küste
wachsen Lorbeer, Myrte, Orange und Olive. Im Rhonebecken finden sich
ausgedehnte Maulbeerbaumpflanzungen, die der Seidenraupenzucht dienen.
Hier in Südfraukreich lebeu auch südeuropäische Tiere, Eidechsen und
Schildkröten, während das übrige Laud eine mitteleuropäische Fauna
besitzt.
§ 156. Unter solchen Verhältnissen erfreut sich die Bevölkerung im all-
wohn er gemeinen überall eines gewissen Wohlstandes. Sie ist trotzdem nicht sehr
zahlreich. Auf der 536 000 qkm großen Fläche wohnen nur 39 Millionen
Menschen.
Die heutigen Franzosen gelten als die Nachkommen der alten
Gallier; sie reden aber infolge der Unterwerfung dieser durch Cäsar eiue
romanische Sprache. Sie sind ein leicht erregbares, rnhm- und neueruugs-
süchtiges, aber auch ein zuvorkommend liebenswürdiges Volk. In der
Geschichte des Reiches hat sich die Eigenart der Franzosen oft geltend
, fluni gemacht. Die Regierungsform hat uvch in dem letzten Jahrhundert
wiederholt gewechselt. Jetzt ist es eine Republik. Die Bevölkerung ist
vorwiegend römisch-katholisch,
uieen' Frankreich hat in Afrika, Amerika und Asien bedeutende Besitzungen.
§ 157. Der geistige und politische Mittelpunkt des Landes ist Paris an
litten ker Seine; mit 23/4 Millionen Einwohnern ist es die zweitgrößte Stadt
ulIßc"' Europas. Es ersrent sich lebhaften Handels und reger Gewerbtätigkeit,
besitzt außerdem zahlreiche Anstalten zur Pflege der Kunst und Wissen-
schaft. Die Seiue abwärts treffen wir auf die Häfen Ronen (ruang)
und Le Ha vre (lö kvr). Nantes (uangt) an der Loire und Bordeaux
(bordö) au der Garouue siud die bedeutendsten Hafenplätze an der
atlantischen Küste, an der in Eherbourg (scherbur) und Brest auch
zwei Kriegshäfen errichtet find. Bordeaux ist Ausfuhrhafen für den
vortrefflichen Wein des Garonnegebietes. Der Ausgangspunkt für deu
Verkehr auf .dem Mittelmeere ist Marseille (marsäj), nahe der Rhone-
Mündung. Östlich davon liegt der Kriegshasen Toulou (touloug) und
der klimatische Kurort Nizza. Im Innern ist Lyon (liong) an der
Rhone eine hervorragende Industriestadt, zugleich der Marktplatz der
südfrauzöfischeu Seidenspinnerei. Östlich davon liegt in der Nähe eines
reichen Kohlenlagers St Etienne. Dnrch die günstige Verkehrslage
blühte an der Garonne Toulouse (tulüs) auf. Nahe der belgischen
Grenze bildet Lille (lil) den Mittelpunkt eines großen Leinen- und
Baumwollenwebereibezirkes.
Die Pyrenäische Halbinsel.
35
Zu Frankreich gehört politisch auch die gebirgserfüllte Insel Korsika Korsika,
im Mittelmeere.
Flächeninhalt Einwohner Hauptstadt
in qkm Einwohner in Tausenden
Republik Frankreich mit
Korsika....... 536 000 39 000 000 Paris 2700
Fürstentum Monako . , 22 15.000 Monako
Kolonieen und Schutz-
gebiete Frankreichs. . 10 000 000 47 000 000
Namen der einzelnen Kolouieen nnd Schutzstaateu:
In Asien....... Tonking,Annain, Cambodja, Cochinchina, Pondichery
„ Afrika....... Algerien, Tunis, Seuegambien, Franz.-Sudan,
Franz.-Kongo, Madagaskar, Röunion
„ Amerika...... Franz.-Gnayana, Guadeloupe, Martinique
„ Ozeanien...... Neukaledonieu, Freuudschafts-Jnseln, Panmotn-
1 Inseln
Orte Frankreichs
Einwohner i,i Tausenden
Paris 2700, Versailles 55
Amiens 90
Calais 60
Lille 210
Nancy 100
Reims 110
Ronen 120, Le Havre 130, Cherbonrg 43
Nantes 130, Brest 84, St. Nazaire 36
Bordeaux 260
Bayonne
Toulouse 150, Montpellier 76
Marseille 490, Toulou 100, Nizza 105
Chambery
Grenoble 69
Besan^on 55
Dijon 71
Orleans 67
Lyon 460, St. Etieune 150
In der Landschaft
Jsle de France
Pieardie
Artois
Flandern
Lothringen
Champagne
Normandie
Bretagne
Guyenne
Gaseogne
Langnedoc
Provence
Savoyen
Dauphinee
Frauche-Comtö
Burgund
Orleauais
Lyonnais
Die pyrenäische Halbinsel.
Spanien nnd Portugal.
Das Mittelmeer wird im Westen gegen den Atlantischen Ozean L 158.
durch die breite Pyrenäische Halbinsel abgeschlossen. Diese ist im Innern »°fe„-
bort erneut ausgedehnten Hochland erfüllt. Das westöstlich verlaufeude
kastilische Scheidegebirge teilt es in die Hochebenen von Neu- und Alt-
2$» uach Westen und Osten zu schmalen Tieflandstreifen an der
Küste abfallen. Weite Tiefebenen finden wir nur im Nordosten und im
86 Europa.
®Tr Südwesten. In ihnen sammeln sich die Gewässer zn größeren Strömen
u'n"fr' an. Zum Mittelmeere fließt durch das Tiefland von Aragonien der
Ebro, zum Atlantischen Ozeane durch das Tieflaud von Andalusien der
Guadalquivir. Dorthin strömen auch der Guadiaua, Tajo und
Duero, die von der kastilischen Hochebene kommen. Das höchste Gebirge
liegt im Südeu, wo die schneebedeckte Sierra Nevada in dem Mula-
haeen bis 3500 m aufsteigt. Im Nordeu erhebt sich läugs der atlautischeu
Küste das kautabrische Gebirge und östlich davon als Grenze gegen
Frankreich die Kette der Pyrenäen, ein geschlossenes, au Pässen armes
Gebirge vou alpinem Charakter mit ewigem Schnee und kleinen Gletschern.
In der Gruppe des Maladetta erreicht es 3400 vn.
§159. Die Pyrenäenhalbinsel ist wenig fruchtbar. Das Klima ist zu
Klima, ungünstig für die Bodenkultur. Die inneren Hochflächen trocknen im
Sommer unter der glühenden Hitze zu öden Steppen aus, Regen fällt
dort nur im Wiuter. Das atlantische Küstengebiet ist zwar das ganze
Jahr hindurch reich benetzt, aber erheblich kühler. Dort gedeiht jedoch
noch ein vortrefflicher Wein. Am günstigsten liegen die südlichen und
östlichen Niederungen; hier, namentlich am Mittelmeere, herrschen warme
Sommer und milde Winter. Regeu fällt zwar auch nur iu geringen
Mengen während des Winters, aber die Flüsse erlaubeu künstliche
Bewässerung. Es blüht daher anch der Acker- und Garteubau. Neben
Boden- Wein werden hauptsächlich südeuropäische Gewächse augepslauzt, Orangen,
nutzung. Zitronen, Oliven, ferner Baumwolle und Zuckerrohr und vereinzelt fogar
die Dattelpalme. Die öden Hochflächen dienen besonders der Schafzucht.
§ 160. Die geringe Ausdehnung der Bodenkultur ist etwas iu dem Wesen
wohn er ^er Bewohner begründet, die im allgemeinen wenig rührig find und in
der Bildung ziemlich weit hinter anderen Nationen Europas zurückstehen.
Auch der Industrie haben sie nur geringen Fleiß zugewendet. Es fehlen
allerdings die Kohlen. Nur an Erzen ist die Halbinsel reich. Auch der
Anteil am Welthandel ist trotz der günstigen Verkehrslage unbedeutend.
Infolgedessen hat sich die Bevölkerung nicht sehr angesammelt. Es leben
anf der 586000 qkm großen Fläche kaum 24 Millionen Seelen.
©tonten. Das Land zerfiel im Verlanfe der Geschichte wiederholt in mehrere
selbständige Staaten. Bon ihnen sind die Königreiche Spanien und
Portugal bis heute besteheu geblieben. Die Bewohner beider bekennen
sich zur römisch-katholischen Kirche. Sie sprechen romanische Sprachen.
Nur in einem kleinen Teile, bei den Basken am biskayischen Meerbusen,
hat sich eine alte Sprache, vielleicht die der ältesieu Bewohner, _ der
Iberer, erhalten. Jahrhunderte hindurch bildete die Halbinsel einen
mohammedanischen Staat, den die Araber oder Maureu hier gegründet
hatten.
§161. Die Hauptstadt Spaniens ist Madrid, sie ist als Knotenpunkt
' Sied- wichtiger Straßen ein Sammelplatz für Handel und Verkehr geworden.
^Spa- Südlich davon liegt am Tajo die frühere Hauptstadt Toledo. Von
nifn* Madrid führen Eisenbahnen nach allen Haupthäfen des Laudes, so uach
Sautauder am Golf von Biskaya, nach Bareelona (barßelöua),
Valeueia und Murcia lmnrßia) au der Mittelmeerküste und nach
Cadiz (fätus) am Atlantischen Ozeane. Von diesen hat Barcelona
auch eine bedeutende Industrie, die sich anf das Vorkommen von Kohlen
Die Pyrenäische Halbinsel. 87
und Eisen in dem katatonischen Küstengebirge gründet, Valencia
einen regen Handel mit Südfrüchten und Seide. In dem gut bebauten
Tieflaude Andalusien am Gnadasqnivir blüht Sevilla (sewilja), am
Nordfuß der Sierra Nevada iu einem fruchtbaren Tale Granada und
an der weiureicheu Südküste des audalusischeu Gebirgslaudes Malaga
(mälaga) auf. An der Südspitze haben die Engländer die Felsenfestung
Gibraltar zur Bewachung der Einfahrt in das Mittelmeer errichtet.
Das Königreich Portugal nimmt die atlantische Abdachuug der
Halbinsel ein. Es ist wenig angebaut und besitzt keine nennenswerte
Industrie. Nur der Handel entwickelte sich in diesem Küstenlande. Die
Hauptstadt Lissabon am Tajo ist der erste Hafenplatz. Von Oporto
an der Mündung des Dnero werden vornehmlich die guten portugiesischen
Weine ausgeführt.
Die innige Berührung mit dem Meere führte die Bewohner der
Halbinsel auf die See hinaus. Spanier wie Portugiesen wareu einst die
kühnsten Seefahrer der Welt. Sie erwarben sich großen Kolonialbesitz,
von dem den Spaniern aber nur eiu kleiner Teil in Afrika, den Portugiesen
einige Gebiete iu Indien und in Afrika verblieben find.
Flächeninhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Einw. in Tausenden
Pyrenäenhalbinsel..... 586 000 24 Miü.
Das Königreich Spanien . 497 000 181/4 „ Madrid 540
Portugal
mit Azoreu..... 91 000 573 „ Lissabon 360
Republik Andorra .... 450 6000
Ko loni een Spanische........ Portugiesische....... in Afrika , . in Asien........ 224 000 2 146 000 480 000 6 Mill. Namen dereinzel- nen Kolo nieen Ceuta, Kauaren, Fernando Po Madeira, Azoren, Kapverdische Inseln, Portug.-Guinea, St. Thome,Principe,An- gola, Port.-Ostafrika Goa, Diu, Macao, Ost-Timor
Orte
Einwohner in Tausenden
In Spanien:
Valladolid 69, Santander 55, Bilbao 83
Madrid 540, Toledo
Sevilla 150, Jerez 63, Cadiz 69, Malaga 130, Granada 7.r
Murcia 110, Cartageua 100
Valencia 210
Barcelona 530
Zaragoza 100
Palma 64
In Portugal:
Lissabon (Lisboa) 360, Oporto (Porto) 170
In der Landschaft:
Altkastilien
Neukastilien
Andalusien
Mureta
Valencia
Katalonien
Aragonien
Mallorka (Balearen)
Por-
tugal.
Kolo-
nieen.
88
Europa.
Italien.
3162. Südlich der Alpen setzt sich an den Rumpf Europas eine lang-
Malt' gestreckte Halbinsel an. Sie wird in ihrer ganzen Lauge von einer
Gebirgskette, dem Apennin, durchzogen und heißt darum auch die
Apenninische Halbiusel.
Flusse. Zwischen Apennin und Alpen breitet sich eine weite Ebene aus, welche
von dem Po durchströmt wird. Der Po, der am Fuße des Monte Biso
entspringt, empfängt von den Alpen her zahlreiche Nebenflüsse, darunter
Tieino (titschino), Ad da und Mincio (miutscho), welche drei herrliche
Seeen, den Langen-, Com er- und Garda-See durchfließen. Der Po
bildet bei seiner Mündung in die Adria ein ausgedehntes Delta. Nördlich
davon ergießt sich die Etsch ins Meer. Die Schwemmassen der beideu
Flüsse bauen hier ununterbrochen das Land seewärts vor unter Bildung
von Straudseeeu, die durch Nehrungen und Dünen von dem Adriatischeu
Meere abgeschnitten werden.
Alpen. Die Alpen steigen als eine gewaltige Gebirgsmaner schroff im
Norden und Westen der Poebene auf. Nur die äußersten Ketten sind
italienisch. An der Grenze der Schweiz erhebt sich.der Monte Rosa bis
zu einer Höhe von 4600 in.
nincn. Das übrige Italien, die eigentliche Halbiusel, wird fast ganz von
den Apenninen erfüllt. Größere Ebenen fehlen dort. Daher konnten
sich auch hier feixte großen Flüsse mehr bilden. Arno und Tiber erreichen
noch nicht die Stromlänge der thüringischen Saale. Im mittleren Italien
erweitert sich der Apennin zu dem breiten Gebirgslande der Abrnzzen,
die im Gran Sasso fast bis 3000 m aufsteigen. Hier begleitet der
Apennin im Osten fast unmittelbar das Adriatische Meer. Aus der ein-
förmigen Küste springt nur der Monte Gargano (gargäno) als Halb-
insel hervor. Im Westen ist dagegen ein breites Gebirgsland bis zur
tyrrheuischeu Küste, der Subapenuiu, vorgelagert.
Giie- Diese Küste selbst ist sehr stark gegliedert. Mehrere Inseln begleiten
bm,nn* sie. Ju der Ferne erheben sich Elba, Korsika und Sardinien aus
den Fluten. Vielfach treten hier vnlkauifche Bilduugeu auf. Auf dem
Festlande liegt der Vesuv, rings umgeben von Zeugen der Feuergewalt
in der Tiefe der Erde. Im Süden teilt sich Italien in die Halbinsel
von Apnlien im Osten und Calabrieu im Westen des Golfes von
Tarent. Calabrieu führt hinüber nach der Insel Sizilien, ans welcher
der 3300 m hohe Vnlkan Etna sich erhebt.
$ 163. Das gebirgserfüllte Land bietet dem Ackerbaue weuig Raum. Gleich-
wohl ist Jtalieu in erster Linie Ackerbaulaud. Der geringe anbaufähige
Boden- Boden wird von der Bevölkernug in ergiebigstem Maße ausgenutzt,
nutzung. mehr in der Form unseres Garteubaues. Der Boden liefert Getreide
oder Gemüse, er wird beschattet von Bäumen, meist Ulmen nnd Pappeln,
an deueu die Weinrebe sich emporrankt. Ein außerordentlich güustiges
Klima unterstützt diese Gartenkultur. Die Winter sind mild, die Sommer
Klima, heiß und trocken. Der Regen fällt in der kalten Jahreszeit. Unter deni
heiteren Himmel gedeihen köstliche Südfrüchte wie Orangen, Zitronen
nnd Oliven. Nur in der Poebene ist das Klima weniger mild. Dort
trägt die Flora auch uicht deu echtitalieuischeu Charakter. Trotzdem
Italien. 89
gedeihen Mais und selbst Reis, da der Sommer sehr heiß ist. Das
wärmste Gebiet ist Sizilien, wo auch bereits Baumwolle und Zucker-
rohr gebaut werden.
Hinter dem Landbaue tritt in Italien die Gewerbtätigkeit sehr zurück.
Es sehleu die Mineralschätze, namentlich die Kohlen. Nur in der Po-
ebene hat die Industrie, besonders Seidenspinnerei und Wollweberei,
zum Teil unter Verwendung der reichlich vorhandenen Wasserkräfte, in
größerem Maße Fuß gefaßt. Außerordentlich rege ist dagegen der
Handel. Infolge der Lage der Halbinsel inmitten des Mittelmeeres und Handel,
infolge der zahlreichen Straßen, die es mit dem Rumpfe Europas eng
verbinden, hat sich der Verkehr sowohl im Binnenlande wie nach außen
stark entwickelt. Die Italiener sind sehr gewandte Kaufleute. Ihrer
Fig. 4t. Golf von Neapel mit Vesuv.
Sprache entstammen auch viele kaufmännische Ausdrücke wie Porto,
netto, Tara.
Die wichtigsten Städte verdanken in erster Linie dem Verkehre ihr §164.
Aufblühen. In der Poebene liegen Turin, die Hauptstadt der Land- Sied,
schast Piemont, ferner Mailand, der Mittelpunkt der fruchtbaren "w"
Lombardei, an der Kreuzung der Alpenstraßen mit der die Poebene
westöstlich schneidenden Straße und im Osten am Nordfuß des Apeuuiu
Bologna mit eiuer fehr alten Universität. Dort, wo der Verkehr Ober-
italiens das Meer erreicht, erstanden die Seestädte Venedig an der
lagunenreichen Küste der Adria und Genua, bereits jenseits des Apennin
am Lignrischen Meer.
In der fruchtbaren toskanischen Ebene des mittleren Italiens
ist Florenz am Arno die bedeutendste Stadt, reich an herrlichen Kuust-
schätzen. An der Küste liegt die Hafenstadt Livorno. Weiter südlich
breitet sich am Meere die Landschaft Latinm aus. Hier liegt inmitten
90 Europa,
der oben, ungesunden Campagna (kampauja) am Tiber das alte Rom,
einst die Hauptstadt des großen Römerreichs, jetzt die des Königreichs
Italien und seit vielen Jahrhunderten der Wohnsitz des Papstes. An
Volkszahl wird es übertroffen oon dem Hafenort Neapel am Fuße des
Vesuvs in der fruchtbaren Landschaft Kampanien.
Auf Sizilien bilden Palermo, Messina und Catauia wichtige
Handelsplätze. Messiua ist Hauptausfuhrhafen für Südfrüchte. Zu Italien
gehört auch die Jufel Sardinien, ein wenig bewohntes, rauhes Gebirgs-
land, während Malta im Süden von Sizilien englischer Besitz ist.
165. Das heutige Königreich Italien entstand durch die Vereinigung
w°t. mehrerer Einzelstaaten, die 1870 vollendet wurde. Es umfaßt eine Fläche
wodner, von 287 000 qkm, auf der 32x/2 Millionen Menschen leben, die dem
romanischen Sprachstamme und der römisch-katholischen Kirche angehören.
Sie sind ein heiteres, lebendiges Volk, zuvorkommend und liebenswürdig,
aber auch etwas leichtlebig und leicht erregbar. Sie besitzen hohe technische
Fertigkeiten und einen ausgezeichneten Sinn für die Kunst. Durch die
enge Berührung des Landes mit dem Meere wurdeu die Italiener vor-
Kolo- treffliche Seefahrer. Von Venedig und Genua aus wurde im Mittelalter
der Welthandel beherrscht. Seit kurzem haben die Italiener in Afrika
auch Kolonialbesitz erworben.
Flächeninhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Einwohner in Taus.
Königreich Italien mit den Inseln Sardinien, Sizilien und Elba ....... Republik San Marino . . . 287 000 60 32V, Mill, 8 200 Rom 460
Kolonieen Italiens in Afrika 500 000 700 000 Namen der K o l o n i e e n: Erythräa,Souial- knste
Orte Italiens Einwohner in Tausenden Turin 340 Mailand 490 Venedig 150 Bologna 150 Genua 230 Florenz 210, Pisa 61, Livorno 98 Rom 460 Neapel 560 Brindisi Palermo 310, Messina 150, Catania 150 In der Landschaft: Piemont Lombardei Venetien Emilia Ligurien Toskana Latium Kampanien Apulien Sizilien
Die Balkanhalbinsel, 91
Äie iZalKanhaldinsel.
Türkei, Bulgarien, Serbien, Montenegro, Gritchenlank».
Die Balkan- oder südosteuropäische Halbinsel wird im Norden §166.
durch die Talbecken der Save und unteren Donau begrenzt. Der nörd-
liche Teil ist eine breite Landfläche, im Süden verschmälert sich diese zu
der griechischen Halbinsel, die von zahlreichen Inseln umschwärmt wird.
Die Halbiusel ist vorwiegend gebirgig. Im Westen erhebt sich in Roden-
der Fortsetzung des Karst ein langer Gebirgszug, der sich mit seinen
Ketten unmittelbar an die Alpen anschließt. Im nördlichen Teile wird
er als Dinarische und Albanische Alpen, im südlichen als Pindos,
die ganze Kette auch als illyrisch-griechisches Gebirgssystem be-
zeichnet. Dieses steigt im Schardagh auf 2700, im Olymp, dem Götterberg
der alten Griechen, sogar auf 3000 m, im griechischen Parnaß noch ans
2500 m an. Sein Ende erreicht es in der Halbinsel Morea oder Pelo-
ponnes, die nur durch die schmale, jetzt von einem Kanal durchstochene
Landenge von Korinth mit dem Festlande verbunden ist.
Östlich lehnt sich im Norden an diese Gebirgsketten das serbisch-
bosnische Bergland an. Weiter im Süden erheben sich der 2900 m
hohe Rilodagh und der ausgedehnte Despotodagh, auch als Rhodope-
gebirge bezeichnet, dessen östlichste Ausläufer bis zur Straße der Dar-
danellen reichen. Es scheidet die mazedonische Ebene vou der Landschaft
Thrazien. Südlich der untern Donau steigt dann als ein selbständiger
Gebirgszug der Balkan auf, der die Kette der Karpaten bis fast zur
Küste des Schwarzen Meeres fortsetzt. Er fällt nach Süden steil ab und
ist schwer zu überschreiten.
Das Laud wird durch die zahlreichen Erhebungen in viele einzelne müsse.
Becken geteilt. In diesen sammeln sich die Gewässer. Nach Norden zur
Douau fließen Bosna, Drina und Morawa, uach Süden zum Ägäischeu
Meere Maritza und Wardar und nach Westen eilt der Drin zur Adria.
Die Vielgestaltigkeit der Halbiusel ist für die geschichtliche Entwicklung § 167.
des Landes von großem Einflüsse gewesen; sie hat die politische Zer- Staaten,
splitterung der Bewohner herbeigeführt. Die Halbinsel ist seit dem
Mittelalter der Schauplatz ununterbrochener Kämpfe. Heute besteheu dort
mehrere selbständige Staaten. Das türkische Reich, das einst die ganze
Halbinsel umfaßte, ist in jüngster Zeit sehr beschränkt worden. Es
bildeten sich daneben das Fürstentum Montenegro und die Königreiche
Griechenland und Serbien. Das Fürstentum Bulgarien blieb
türkischer Schutzstaat, Bosnien und Herzegowina kamen unter die
Verwaltung von Österreich-Ungarn.
Die bewegte Geschichte der Halbinsel gibt sich auch in der Buntheit Be-
der Bevölkerung zu erkeuueu. Neben den von Kleinasien eingewanderten u,0l'"p1,
Türken finden wir im Norden die slavischen Serben und Bulgaren.
Im westlichen Gebirgslande sitzen die Albanesen und in dem Gebiete
des alten Griechenlands die Griechen. Unter diesen Völkern herrscht
noch die griechische Kirche vor; die mohammedanischen Türken vermochten
sie nicht zu unterdrücken.
Infolge der vielen Kriege, namentlich aber infolge der langen § 168.
92 Europa.
Kultur, türkischen Mißwirtschaft ist die Bevölkerung in der Entwicklung zurück-
geblieben. Der Ackerbau liegt meist sehr darnieder, die Industrie ist
erst im Entstehen begriffen und zum Gedeihen des Handels fehlen noch
Verkehr, immer ausreichende Verkehrsmittel. Das Land wird aber von einigen
wichtigen Eisenbahnen durchzogen, die das Abendland mit dem Morgen-
lande verbinden. Sie führen durch die Täler der großen Flüsse fast
sämtlich zur Donau.
Malt- Den Verkehr erschweren auch die zahlreichen Gebirge. Diese sind
rauh und unwirtlich, meist von Wäldern bedeckt. Die Pflanzenwelt gleicht
m* im Innern noch ganz der mitteleuropäischen. Auf den Äckern werden
unsere Getreidearten angebaut; in den Wäldern herrscht die Eiche vor,
die die Grundlage zu einer großen Schweinezucht liefert. Erst au deu
Küsten und namentlich in der südlichen griechischen Halbinsel treffen wir
auf südeuropäisches Klima und Pflanzenkleid.
§ 169. Die wichtigsten Städte finden wir an den großen Verkehrsstraßen,
iiulgen. namentlich dort, wo diese das Meer erreichen. Am Bosporus liegt
Türkei.' K o n st a n t i n o p e l, die Hauptstadt des türkischen Reiches. Sie beherrscht
in fast uneinnehmbarer Stellung den Zugang zum Schwärzen Meere.
Von ihr aus zieht eine wichtige Verkehrsstraße nach dem Tale der
Maritza. An diefer erblühten Adrianopel und Philippopel, die Haupt-
stadt Ostrumeliens. Längs des Wardar zieht ebenfalls eine alte Straße,
die uns zu der Hafenstadt Saloniki führt.
Serbien. Die Wardar- und Maritzastraße vereinigen sich in dem Tale der
Morawa, durch das wir zur Douau gelangen. Dort liegt das stark
befestigte Belgrad, die Hauptstadt Serbieus. Die Maritzastraße berührt
garien. auch ^ südliche Bulgarien; an ihr finden wir Sofia, die Hauptstadt
dieses Fürstentums, dessen wichtigster Ausfuhrhafen Warua am Schwarzen
Meere ist. Die Bulgare» und Serben sind Ackerbauer und Viehzüchter.
Die Erträgnisse der Landwirtschaft werden zum Teil ausgeführt. Der
Osteu der Halbinsel ist im allgemeinen dichter bevölkert als der gebirgige
Westen, der nur kleinere Ortschaften besitzt. Der Hauptort des Fürsten-
?gro." tmns Montenegro, Gutin je, hat nur das Aussehen eines Dorfes.
§170. Von allen Staaten der Balkanhalbinsel hat sich in der jüngsten
chm- <3ett Griechenland am kräftigsten entwickelt. Die Griechen sind ein
lnnd. leichtfertiges, aber tatkräftiges, gut beanlagtes Volk. Die Lage ihres
Landes drängt sie auf die See. Neben dem alten Athen ist eine neue
blühende Stadt entstanden, als Universität auch geistiger Mittelpunkt.
Ihr Hasen ist Piräns. An der Nordküste des Peloponnes ist Patras
ein wichtiger Ausfuhrhafen für Korinthen. Die alten Städte Theben,
Korinth und Sparta sind heute nur kleine Orte.
Inseln. Zu Griechenland gehören auch die Jonischen Inseln im Westen,
von denen Korsn seiner landschaftlichen Reize wegen viel besucht wird,
und die Kykladen im Osten. Unter diesen trägt Syra den wichtigen
Hafen Hermnpolis nnd Santorin einen noch tätigen Vnlkan. Die
gebirgige Insel Kreta mit dem 2500 m hohen Ida steht nnter
türkischer Herrschaft.
Überblick über Europa.
93
Flächeninhalt in qkm Einwohner Hauptstadt Orte
Einwohner in Tausenden
Sultanat Türkei . . . 3 000 000 24 Mill. Konstantinopel
Davon in Europa . . 170 000 6 „ 1130
Landschaften:
Thrazien..... Adrianopel 80
Mazedonien .... Saloniki 105
Albanien ..... Skntari 30
in Asien ...... 1 730 000 17V2
in Afrika...... 1 000 000 1
Fürstentum Bulgarien
mit Ostrumelieu . . 96 000 33/4 Sofia 68 Philippopel43
Königreich Serbien . . 48 000 272 Belgrad 70 Piräns 43
Königreich Griechenland 65 000 272 „ Athen 110 Patras 38
Fürstentum Montenegro 9 000 230 000 Cetinje 3
Überblick über Europa.
Der Erdteil ist ein vielgestaltiges Festland mit einem fast drei-§171.
eckigen Rumpfe, an den sich zahlreiche Glieder ansetzen. Die Gliederung &®jj£
ist am stärksten im Süden. Dort ist auch die Bodengestalt die mannig- Boden-
faltigste. Die drei südlichen Halbinseln sind zum überwiegenden Teile ÖCftaU*
von Gebirgen und Hochländern erfüllt. Das Hauptgebirge bilden die
Alpen, die wie die Wirbelfäule Europas erscheinen, vou der aus nach
alleu Seiten Gebirge ausgehen.
Im Norden lehnt sich an die Alpen zunächst eiu Gürtel von Hoch-
flächen und niedrigen Bergländern an, dann beginnt ein ausgedehntes
Flachland, das im Osten die ganze Landfläche vom Eismeere bis zum
Schwärzen Meere umfaßt. Nur im äußersten Westen und Norden steigt
der Boden noch einmal zn hohen Gebirgen auf.
Auf dem weiten mittel- und nordeuropüischeu Flachlande entwickeln Flüsse,
sich große Ströme. Die längsten und wasserreichsten finden wir im
Osten. Im Norden liegen zu beideu Seiten der Ostsee auch zahlreiche
Binueuseeeu. Se°e„.
Der Reichtum Europas an Gewässern ist wesentlich im Klima §172.
begründet. Nur der Süden ist regenarm. Dort fällt der Niederschlag
fast allein in der kalten Jahreszeit; der Sommer ist heiß und trocken.
Nördlich der Alpen kommen wir aber in den Bereich der Niederschläge
zu allen Jahreszeiten. Im ozeanischen Westen wiegen die Winterregen,
im kontinentalen Osten die Sommerregen vor. Die Temperatur ist der
Lage des Erdteils entsprechend überall gemäßigt. An der atlantischen
94 Europa,
Küste ist die Wärme aber größer als es der geographischen Breite nach
zu erwarten wäre. Es ist dies die Folge einer warmen Meeresströmung,
des Golfstroms, welcher im äquatorialen mittelamerikanischen Meere
entspringt und die nordwestlichen Gestade unseres Erdteils umspült.
Ihm verdankt namentlich Nordeuropa sein mildes Klima. Die warme,
Wasserdampfreiche Lust tragen dann die vorherrschenden Westwinde weit
nach Osten. Erst nahe der asiatischen Grenze endet ihre Wirkung. Im
osteuropäischen Flachlande haben wir daher kontinental heiße Sommer
und eiskalte Winter,
i; 173. In den Gebieten des gemäßigten Klimas findet sich eine reiche
M°»- Pflanzenwelt. Sie erscheint hauptsächlich in der Form von Wald und
Heide, Wiese und Moor. Weite Flächen dienen dem Ackerbaue. Klima
und Boden gestatten den Anbau von Getreide, von Obst und in
wärmeren Landstrichen auch vou Wein. In den Mittelmeerländern
bedingen die trockenheißen Sommer ein wesentlich anderes Pflanzenkleid
als nördlich der Alpen; wir treffen dort vorwiegend immergrüne
Gewächse. Infolge zn großer Trockenheit entwickelt sich im Südosten
Europas nördlich vom Schwarzen Meere die Vegetation nur in der
Form von Steppen. Arm an Pflanzen ist auch der Norden, wo sich
die Flechten- und Moossteppen, die Tnndren, ausbreiten.
Tiere, Im hohen Norden lebt bereits eine polare Tierwelt. In Mittel-
enropa treffen wir unsere Waldtiere. Eine eigene Fauna weist Südenropa
auf. Dort sind Esel, Maultier, Ziege und Schaf die wichtigsten
Haustiere, während im übrigen Enropa namentlich Rind, Pferd und
Schaf gezüchtet werden. Den Bewohnern des Nordens dient das
Renntier als Hanstier.
8174. Unabhängig von den klimatischen Verhältnissen haben sich die
wohner. Menschen über ganz Europa verbreitet. Für sie waren nur die hohen
Gebirge wie die Alpen Schranken. Im Flachlande bewegten sie sich
dagegen unbehindert in großen Wanderungen, die oft von dem benach-
barten Asien aus den Anstoß erhielten. Heute bewohnen vorwiegend
Völker der mittelländischen Rasse unseren Erdteil. Sie gehören hanpt-
sächlich drei großen Sprachstämmen an. Wir finden in Südwestenropa
die Romanen, in Mittel- und Nordenropa die Germanen und in
Osteuropa die Slaveu. Auf der Balkanhalbinsel leben außerdem
Griechen und Albaueseu, au der Ostsee die Litauer und in West-
enropa die Kelteu. Auch Völker der mongolischen Rasse siud in den
Finnen, den Magyaren und den Türken vorhanden,
dicht! den einzelnen Ländern siedelten sich die Menschen in sehr
verschiedener Anzahl au, je nach dem Reichtnme an Bodenschätzen und
der Gunst der Lage zum Weltverkehre. Im Mittel ist der Erdteil sehr
dicht bevölkert; es wohnen ans der 10 Millionen qkm großen Fläche
Kultur. 396 Millionen Menschen. Diese stehen fast durchweg auf hoher Kultur-
stufe. Handel und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft sind in Blüte und
haben bie Europäer in gewissem Sinne zn Weltbeherrschern erhoben,
gion" Über 93 vom Hundert der Bevölkerung sind Christen, die übrigen
Juden, Mohammedaner und Heiden. Die Christen gehören in Ost- uitb
Südosteuropa vorwiegend der griechischen, in Südwesteuropa der römischen,
in Nordwesteuropa den evangelischen Kirchen an.
Kleinasien, Syrien und Palästina, Arabien, Mesopotamien zc. 95
Verfassung Staaten Flächen- inhalt in qltrn Ein- wohner Hauptstadt Einw. in Tans. Außereurop. Besitz Mgeninhalt^,.wohner
Kaiserreichs: das Deutsche Reich Rußland n. Finn- 540 000 56Mill. Berlin 1890 St. Petersburg 2 600 000 12 Mill.
land 5500000 106 „ 1440 17 000 000 23 „
(Sultanat) Türkei 170 000 6 .. Konstautinopel 1130 2 730 000 18 „
Kaiser- und Österreich-Ungarn
Königreich: init dem Reichsland 675 000 47 „ Wien 1700
Königreiche: Belgien 30 000 6 3/4 „ Brüssel 600 2 250 000 14 „
die Niederlande 33 000 5 „ Amsterdam 520 2 000 000 38 „
Dänemark 38 000 2Va Kopenhagen 190 000 120 000
mit Island und 480
Färöer 144 000 3 „
Schweden 450 000 5 „ Stockholm 300
Norwegen 325 000 2V4 „ Kristiania 230
Rumänien 130 000 6 „ Bukarest 280
Großbritannien
und Irland 315 000 41V2 .. Loudou 4600 28 500 000 360Mill.
Spanien 497 000 I8V4 „ Madrid 540 224 000 480 000
Portugal 91 000 5 7s , Lissabon 360 2 146 000 6 Mill.
Italien 287 000 321/» Rom 460 500 000 700 000
Serbien 48 000 27> .. Belgrad 70
Griechenland 65 000 2 7a « Athen 110
Großherzog-
tum: Luxemburg 2 500 240 000 Luxemburg 20
Fürstentum: Liechtenstein 160 9 500 Vaduz
Monako 22 15 000 Monako
Bulgarien 97 000 33/4Mtü. Sofia 68
Montenegro 9 000 230 000 Cetinje 3
Republiken: Schweiz 40 000 3VzMill. Bern 65
Frankreich 536 000 39 „ Paris 2700 1 000 000 47 Mill.
Andorra 450 6 000
San Marino 60 8 200
Asien.
Asien liegt fast ganz auf der nördlichen Halbkugel. Nur einige g 175.
Inselgruppen im Südosten reichen über den Äquator hinaus. In West- "Größe,
östlicher Richtung umspannt es nahezu den halben Erdumfang.
Im Norden, Osten und Süden wird der Erdteil von Ozeanen
bespült. Im Westen schließt sich Europa wie eine Halbinsel an.
Der gewaltige Erdteil wird von Westen nach Osten von einem Gtte-
breiten, von Randgebirgen umrahmten Hochlandgürtel durchzogen. Durch beruns*
diesen wird er iit deutlich abgesonderte Länder gegliedert. Das westliche
und südwestliche Gebiet bis zum Mittelländischen Meere bildet Vorder-
96
Asien.
asien. Der innere Teil des Hochlandgürtels selbst ist Zentral- oder
Hochasien. Nördlich davon liegt das sibirische Tiefland, das wir mit
Westtnrkistan als Nordasien zusammenfassen, südlich Südasien, zu
dem Vorder- und Hinterindien und die malaiischen Inseln gehören und
östlich Ostasien.
Vorderasien.
Kleinallen, Syrien und Palästina, Arabien, Mesopotamien, Armenien,
Kaukasten, Iran.
§176. Vorderasien, von Gebirgen und Hochländern erfüllt, ist ein regen-
Natur, anjtes Gebiet und darnm meist Steppe oder Wüste. Im Innern ist
Ackerbau nur unter künstlicher Bewässerung möglich. Dort bilden daher
alle Quellen einsame Oasen; diese sind die Sammelpunkte der Bewohner
und oft die einzigen dauernden Wohnstätten. Der Verkehr bewegt sich
über die öden, vegetationsarmen Flächen von Oase zu Oase unter Be-
Nutzung der schnellfüßigen Pferde oder der ausdauernden Kamele. Acker-
land finden wir nur an den Küsten und in den Niederungen der Flüsse.
Unter der heißen Sonne gedeihen Wein und Ölbaum nnd vortrefflich auch
wohner. Dattelpalme. Ein großer Teil der Bewohner sind Nomaden. Sie
gehören hauptsächlich der mittelländischen Rasse an, so die Araber,
Armenier und Jranier. Nur die Türken, die meist in Kleinasien
ihren Wohnsitz haben, sind mongolischer Abstammung. Die vorHerr-
sehende Religion ist der Islam. Neben den Mohammedanern finden wir
aber auch Juden und Christen.
8 177. Politisch zerfällt Vorderasien in mehrere Reiche. Der bei weitem
ästen.' größte Teil gehört der Türkei. Sie umfaßt zunächst Kleinasien.
Diese Halbinsel beginnt mit zahlreichen Inseln und Halbiuselu am
Ägäischeu Meere; sie ist im Innern aber ein Hochland, das von dem
Politischen Gebirge nach dem Schwarzen Meere im Norden und vou dem
Taurus nach dem Mittelländischen Meere im Süden abgeschlossen wird.
Es steigt im Erdschiasdagh bis auf 4000 ?/?. auf.
An der mittelländischen Küste, die von Griechen bewohnt wird,
blüht ein lebhafter Handel, der feinen Mittelpunkt in Smyrna hat.
Hier fanden sich die Ruinen des alten Troja. Der Küste sind zahlreiche
Inseln, die Sporaden, vorgelagert, auf denen viel Wein gebaut wird.
Im Innern betreiben die Türken besonders Schafzucht. Nahe der Küste
des Marmarameeres liegt Brussa, die frühere Hauptstadt des asiatischen
Türkenreiches.
Südlich der Halbinsel erhebt sich aus dem Mittelmeere die gebirgige,
kupferreiche Insel Cypern, welche im englischen Besitze ist. ^
An der Küste des Schwarzen Meeres liegt der Hafenort Trape-
znnt, von wo eine wichtige Handelsstraße nach Armenien und Persien
ausgeht. Au dieser entwickelte sich im türkischen Teil des Hochlandes
Ar- von Armenien der Handelsplatz Erserum.
menien. Dieses mächtige Hochland von Armenien steigt im Ararat auf
5200 m an. Der nördliche Teil bildet mit Kankasien eine russische
Provinz.
Kleinasien, Syrien nnd Palästina, Arabien, Mesopotamien k. 97
Hier erhebt sich als eine selbständige Kette der Kaukasus, ein K°»ka-
wildes, schwer zugängliches Gebirge mit ausgedehnten Schneefeldern und
riesigen Gletschern, das im Elbrus 5600 ?)?- erreicht.
Es teilt die russische Provinz in Ziskankasien nördlich und Trans-
kankasien südlich vou dem Gebirge. Das erstere nimmt noch teil an dem
trockenen südrussischen Steppenklima, während das letztere, durch die hohe
Gebirgsmaner vor den kalten Nordwinden geschützt, ein mildes Klima
besitzt. An der warmen Küste des Schwarzen Meeres gedeiht eine üppige
Vegetation ähnlich der von Südeuropa. Der Weinstock wächst dort wild.
Die Hauptstadt ist Tislis. Das Küstengebiet des Kaspischen Sees ist
reich an Petrolenm, das besonders bei Baku gewonnen wird. Die Be-
wohner Kankasiens, namentlich die des Gebirges, gehören nach ihrer
Sprache verschiedenen Stämmen an. Sie sind kriegerischen Sinnes, tapfer
und freiheitliebend. Ihres schönen, kräftigen Körperwuchses wegen hat
man uach ihnen die mittelländische Rasse auch die kaukasische genannt.
Zum Türkenreich gehört dann wieder die Enphrat-Tigrisebene.
Dieses Zwischenstromland Mesopotamien, das sich südlich des arme- Mesopo-
nischen Hochlandes einsenkt, erstreckt sich bis zu dem Golfe von Persien,
in deu sich Euphrat uud Tigris, vereint als Schat-el-Arab, ergießen.
Es ist vorwiegend Steppe, besitzt jedoch längs der großen Ströme auch
fruchtbares Ackerland. Am Tigris erblühte Bagdad als die größte Stadt
Mesopotamiens. Am Ufer des Euphrat liegen die Ruinen Babels, der
eiustigeu Hauptstadt eines der ältesten Knltnrstaaten der Erde, am Ufer
des Tigris bei Mosnl die Ruinen der alten Assyrierstadt Ninive. Die
Bewohner sind jetzt vorwiegend Araber.
Türkisch sind weiter anch Syrien und Palästina und ausgedehnte
Küstenstriche der arabischen Halbinsel.
Diese ist vorwiegend Hochland, das zwischen dem Roten Meere § 178.
und dem Indischen Ozeane sich ausdehnt. Vom Mittelmeere wird es Labien,
durch die Kette des Libanon geschieden, der einst dichte Zedernwälder
trug. Hier liegt das Küstenland Syrien und Palästina, durchströmt
von dem Jordan, der in das salzreiche Tote Meer mündet. Die Ober-
fläche dieses Binnensees bildet die tiesste Einsenknng des Festlandes; sie
liegt 400 m unter dem Meeresspiegel.
Westlich vou Arabien im Norden des Roten Meeres erhebt sich die
öde Halbinsel Sinai.
^ Ans dein fruchtbaren Küstenstreifen Syriens lag das alte Phönizien.
Dort beginnen wichtige Karawanenstraßen, die nach Mesopotamien nnd
in das Innere Arabiens führen, so von dem Hasen Beirut aus nach
dem am Rande der Wüste gelegenen, von herrlichen Gärten nmgebenen
Damaskus, das zu einer ansehnlichen Großstadt emporgewachsen ist.
Südlich von Phönizien breitete sich an der Küste das gelobte Land r|.n=
Palästina, die Heimat der jüdischen und christlichen Religion, aus. Es "
wird jetzt vorwiegend von Arabern bewohnt. Auf der unfruchtbaren Hoch-
fläche westlich des Jordau liegt das für Juden, Christen und Mohammedaner
zugleich heilige Jerusalem. In dem türkischen Küstenstreifen Arabiens
am Roten Meere sind Mekka, der Geburtsort des Propheten Mohammed,
und Medina mit dem Grabmale dieses Propheten die bedeutendsten
Städte. An der südlichen Küste des Roten Meeres wird Kaffee gebaut,
Nie, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Aufl. n
98
Asien.
der meist von Mokka ausgeführt wird. Östlich der Straße Bab-el-
Mandeb liegt der englische Hafen Aden. Im Innern und im Südosten
Arabiens bestehen einige Araberreiche.
§ 179. Den Osten Vorderasiens nimmt das Hochland von Iran ein, welches
im Norden von dem Elbursgebirge mit dem 5500 m Hoheit Dema-
wend und von dem bis zum Pamirhochland reichenden Hindukusch, im
Süden von hohen Randgebirgen begrenzt wird.
Persien. Auf dem westlichen Hochlande von Iran breitet sich das Perser-
reich aus, dem auch das östliche Armenien angehört. Die Bewohner des
meist unfruchtbaren Landes leben hauptsächlich vom Handel. Mehrere
wichtige Karawanenstraßen durchziehen es und verbinden das Abendland
mit den gesegneten Ländern Südasiens. An der über Armenien führenden
Straße liegt Täbris. Der Schah (schach) von Persien residiert meist in
Teheran Teheran) am Fuße des Elburs. In Südpersien liefert die
Gegend um Schiras das berühmte Rosenöl.
Die Jrauier gehören wie die Armenier zu der indogermanischen
Völkergruppe. Sie bekennen sich aber nicht wie jene zum Christentums,
sondern zur Religion Mohammeds,
iustan.' Im Osten Irans liegen Afghanistan, das Durchzugsland für den
Belut- Verkehr zwischen Nord- und Südasien, der über Kabul nach Indien
schlstan. jührt, und das unter englischer Herrschaft stehende Belutsch ist an.
Zentralafte».
Tibet, Wturkistlin, Mongolei.
£ 180. Zentralasien zerfüllt in zwei ausgedehnte Hochländer, Tibet und
Tibet. Hanhai. Beide werden durch das hohe Gebirge Kueuluu (fweulun)
geschieden. Tibet, südlich davou, ist mit einer mittleren Erhebung von
5000 m das höchste Land der Erde. Es ist eine vegetationsarme, öde
Wüste mit unwirtlichem Klima, nur spärlich bewohut von nomadischen
Völkern mongolischer Rasse, dereu geistliches und weltliches Oberhaupt
in Lasa lebt. Der größte Teil Tibets ist abflußlos und reich an Salz-
seeen. Die Ursache der Trockenheit dieses Hochlandes ist das Auftreten
gewaltiger Randgebirge im Süden, welche es gegen die regenbringenden
Winde abschließen. Hier erhebt sich der Himalaja mit dem höchsten Berg
der Erde, dem Ganrisankar, der 8800 ?,?. erreicht. Nach Süden fällt
das Gebirge steil zu dem Tieflande von Hindostan ab. Winde vom
Indischen Ozeane bringen ihm reichlich Feuchtigkeit. In den unteren
Regionen trägt es darum ein üppiges Pflanzenkleid und die obersten
Spitzen und Gehänge sind mit ewigem Schnee bedeckt, aus dem Riesen-
gletscher die Täler hinabgleiten. Die nördliche Abdachung ist dagegen
trocken uud kahl. Zahlreiche Ströme haben auf dem Gebirge ihren Ur-
fpruug, so der Indus und sein Nebenfluß Satladfch, der Gauges
und der Brahmaputra.
Pamir. An den Himalaja reihen sich östlich mehrere Gebirgsketten an, welche
sich vielfach verzweigen und das ganze Südostasien erfüllen. Im Westen
gelangen wir zu dem Pamirhochlande, in dem sich gleichsam die inner-
asiatischen Gebirge sammeln. Dort wurzelt auch die gewaltige Kette des
Karakorum, die nördlich des Himalaja aufsteigt, und der Knenluu.
Weiter nach Norden setzt sich der Tianfchan an die Pamir an. §181.
Er bildet mit dem Altai und dem Jablonoigebirge die nördliche
Grenze des Hochlandes H an Hai. Dieses ist ebenfalls vorwiegend Wüste, Hanhai.
erfreut sich aber infolge seiner geringen Erhebung noit 800 bis 1000 m
eines weit milderen Klimas als Tibet. Im westlichen Teile, in Ostturkistan,
wird es durch die Flüsse, die von den hohen Randgebirgen herabkommen,
noch reichlich bewässert. Der Hauptfluß ist der Tarim, der in den Lob-
see fließt. Hier lebeu einige türkische Stämme von Viehzucht, Ackerbau
und Haudel. An einer wichtigen Straße, welche West- und Ostasien mit-
einander verbindet, entstand der Handelsplatz Jarkand. Als Transport-
tier dient hier vorwiegend das zweihöckerige Kamel.
Fig. 42. Aus dem Himalaja. — Tal mit Gletscher in Kaschmir.
Im Osten erweitert sich das Hanhai. Es beginnt die Wüste.Gobi.
Sie ist infolge der Nähe der pazifischen Küste bereits reicher benetzt und
bietet Weideplätze für die Viehzucht dar. Hier liegt die Mongolei, die
Heimat der Mongolen. Sie wird bewohnt von einem kräftigen Hirten-
Volke, das Kamele, Pferde und Schafe züchtet. Über die Mongolei hinweg be-
wegt sich auf mehreren Karawanenstraßen ein lebhafter Verkehr nach China.
Tibet, Ofttnrkiftan und die Mongolei stehen unter der Herrschaft
des Kaisers vou China.
Nordalien.
Wcsttnrkista», Sibirien.
Der Norden Asiens ist fast ganz Tiefland. Nur im Osten erhebt §182.
7*
100
Asien.
sich der Boden zu niedrigen Bergländern, welche das Tiefland nach dem
Stillen Ozean abschließen. Im Westen breitet es sich aber weit nach Süden
aus und reicht östlich des Kaspischen Sees bis zum Hochlande von Iran.
Hier liegen Turau oder Westturkistau und die Kirgisensteppe,
nisen- Sie sind im Sommer überaus heiße, trockene Länder, in denen die
steppe. Gewässer vielfach versiegen. Selbst das große Becken des Kaspischen
Sees verkleinert sich stetig unter der starkell Verdunstung. Sein Spiegel
liegt bereits 26 m unter dem des Schwarzen Meeres. Auch der Aralsee
mit seinen Zuflüssen Amu- uud Syrdarja schreitet zurück. Eiu drittes
abflußloses Beckeu ist der Balkaschsee.
Auf dem öden vegetationsarmen Bodeu können nur wandernde
Hirten wie die Kirgisen lhr Leben fristen. Gleichwohl treffen wir, wo
künstliche Bewässerung möglich ist, auch Ackerbau. Die Bewohner sind
meist türkischen Stammes; sie sind fast sämtlich dem russischen Kaiser
Untertan. Auch die Fürstentümer Buchara (lutcharn) und Khiwa stehen
Fig. 43. Die Tundra im Sommer.
unter russischer Schutzherrschaft. Der Sitz der Regierung in dieser Provinz
Zentral- Rnssisch-Zentralasien befindet sich in Taschkent am Fuße des Pamir
asien. Hochlandes. Von dort führen wichtige Handelsstraßen zum Kaspischen
See, welche die russische Regierung zur Anlage der kühnen transkaspischen
Eisenbahn veranlaßt haben.
S 183. Die weiten Ebenen werden im Winter von eisiger Kälte heim
' Sivt-' gesucht. Furchtbare Schneestürme fegen bann über sie hinweg; sie
nf"' bilden gleichsam eine Vorstufe zudem nördlichen Sibirien, dem kältesten
Land der Erde. Dort sind in den östlichen Strichen schon 70" Kälte
beobachtet worden. Aber nur im Winter ist es so kalt. Während des
Sommers steigt die Temperatur bedeuteud, so daß Ackerbau ^bis iu
ziemlich hohe Breiten hinauf möglich ist. Dazu ist es iu dieser Jahren
zeit reichlicher befeuchtet. Unter solchen klimatischen Verhältnissen gedeiht
noch vortrefflich der Wald. Weite Flächeil find vou ausgedehnten Nadel-
Wäldern bedeckt. Erst hoch nn Norden verhindert das Klima die Ent
Westturkistan, Sibirien. — Vorderindien^ 101
Wicklung der Pflanzen. Dort taut der gefrorene Boden nur im Sommer
oberflächlich auf und bildet dann vielfach unzugängliche Moräste, Tundren,
auf denen fast nurMoosennd Flechten gedeihen. Dnrch diese Eiswüstenhindnrch
fließen große Ströme — Ob, Jenissei, Lena — zum nördlichen Eismeere.
Diese Gebiete sind spärlich von einigen mongolischen Völkern J^er.
bewohnt, so im Westen von den Samojeden, die hauptsächlich von der
Reuutierzucht leben, im Osten von den Beringsvölkern. In der südlichen
Waldregion aber finden wir noch Ackerbau. Auch gibt dort die Jagd auf
die zahlreichen Pelztiere, welche in den Wäldern Hausen, wie Bär, Zobel,
Hermelin, einen guten Erwerb.
Die Randgebirge sind reich an Mineral schätzen, besonders an
Metallen, so bei Nertschinsk. In der Umgebung des Baikalsees wird
viel Ackerbau getrieben. Die größeren Städte, Jekaterinbnrg, Omsk aful|Jen.
nnd Jrkutsk, liegen an einer Straße, welche Sibirien von Westen nach
Osten durchschneidet und auf weite Strecken bereits von der Eisenbahn
befahren wird.
Rußland beherrscht das ganze Gebiet. Es benutzt Sibirien als
Verbannungsort für Verbrecher, die meist zur Arbeit in den Bergwerken
verwendet werden.
Das russische Reich breitet sich au der Küste des Pazifischen Ozeans § 184.
weit nach Süden bis in die Mandschurei aus. Zu ihm gehört auch Mand-
die Insel Sachalin und die vnlkanreiche Halbinsel Kamtschatka. Das ureI'
Klima ist hier unter dem Einflüsse des nahen Meeres etwas milder, der
Boden, namentlich am Amur, dicht bewaldet und fruchtbar. Das Land
ist jedoch vom Weltverkehre abgeschlossen, da die Meere einen großen
Teil des Jahres über gefrieren, obwohl sie unter der Breite der Ostsee
gelegen sind.
Südasten.
Vorderindien.
_ Vorderindien ist im Norden zu Füßeu des Himalaja ein breites § 185.
Tiefland, das von mehreren großen Strömen, dem Indus mit dem Aän.
Satladsch, dem Ganges und Brahmaputra, durchflössen wird. Der
östliche Teil, Hindostan, ist ein reich benetztes Land, in dem unter der
warmen Sonne eine üppige Tropenvegetation sich entwickelt hat. Undnrch-
dringliche Sumpfdickichte begleiten vielfach die breiten Wasserläufe; in
ihnen versteckt sich der gefürchtete Tiger, lebt der Elefant und hausen
zahlreiche Affen, Vögel und Schlangen. Aus dem Wasser der Flüsse
tancht das große Krokodil auf. Das dichte Pflanzenkleid von Palmen,
Bananen und Bambus zieht sich noch weit das Gebirge hinauf, das erst
in bedeutenden Höhen Pflanzen mitteleuropäischen Charakters trägt. Nach
Westen nimmt aber die Benetzung dnrch Niederschläge bedeutend ab uud
das uutere Juduslaud ist sogar Wüste. ^us-
Sitdlich von dem Tieslande erhebt sich der Boden zu dem Hoch-
lande Dekan. Nach den Meeren hin wird dieses von Gebirgen, den West- Deka»,
und Ost-Ghats, begrenzt, denen nur ein schmaler Küstenstreifen, die
Malabar- und Koromandelküste, vorgelagert ist. Die Hochfläche ist
regenarm, die Küsten aber, besonders int Westen, sind reich benetzt. Sie
102 Asien.
haben wieder ein tropisch üppiges Pflanzenkleid. Auch die im Südosten
liegende gebirgige Insel Ceylon erfreut sich eines warmfeuchten Klimas
und eiuer Vegetation von seltener Pracht.
§ 186. Das Klima ganz Vorderasiens ist ausgezeichnet durch eine Regen-
Klima. gCit während des Sommers. Mit einer überraschenden Regelmäßigkeit
stellt sich diese ein. Sie beginnt im Mai mit dem Einsetzen eines See-
Windes, der bis zum Oktober anhält. Mit dem Anfange des Winters
wird er durch einen ebenfo beständigen Landwind abgelöst, der kühl und
trocken ist und daher die Trockenzeit bringt. Solche mit den Jahreszeiten
wechselnde Winde heißen Monsune,
pflanzen. Unter dem warmen Klima gedeiht auf dem fruchtbaren Boden eine
überaus große Zahl der wichtigsten Kulturpflanzen. Es werden auf der
Halbinsel und auf Ceylon namentlich Tee, Kaffee, Baumwolle, Gewürze,
Reis und Weizen angebaut.
$ 187. Das von der Natur so reich geseguete Land ist sehr stark bevölkert.
Staaten. der nahezu 4 Millionen qhm großen Fläche leben fast 300 Millionen
Menschen. Die Herreu dieses Landes sind heute die Engländer. Vorder-
indien bildet ein Kaiserreich, an dessen Spitze der König von England
steht. Nur eiuige Küsteuplätze siud im Besitze der Portugiesen und Franzosen.
Von den einheimischen Reichen haben Nipal und Bhutau im
Himalaja sich ihre Unabhängigkeit erhalten,
wohner. Die Ureinwohner sind die dunkelhäutigen Drawidas, welche von
' deu Hindus auf den Süden der Halbinsel und auf Ceylou zurück-
gedrängt wurden. Die Hindus begründeten eine eigene Knltur und fchnfen
die brahmanische Religion, welche zu der Ausbildung eines strengen
Kastenwesens führte. Später wurde dnrch den indischen Weisen Buddha
eine neue Religion gestiftet, die heute über Ostasien weit verbreitet ist.
Infolge einer früheren Herrschast mohammedanischer Mongolen bekennt
sich aber ein Teil der Bevölkerung anch zum Islam.
Unter der englischen Verwaltung hat das Laud einen großen Auf-
fchwuug genommen. Durch die bessere Ausbeute der natürlichen Schätze
brachte es dem Mutterlande ungeheure Reichtümer. Handel und Verkehr
erblühten. An der Küste entwickelten sich wichtige Hafenplätze. Unter
lungen ihnen sind Kalkutta au einem Mündungsarme des Ganges und
* ' Bombay und Madras die bedeutendsten. Aus Ceylou ist Colombo
Station für die Dampferlinien nach Ostasien und Australien. Im Innern
des Dekan liegt Haiderabad, die Hauptstadt eines großen einheimischen
Staates, und in dem Tieflande von Hindostan der den Hindus heilige
Ort Beuares und ferner Delhi, die Residenz des einstigen Mongolen-
reiches. Im Jndnsgebiet ist Lahore der Ausgangspunkt für deu Verkehr
uach Westasien.
Hintcrindien.
§ 188. Hinterindien wird vou mehreren Gebirgen durchzogen, welche sich
Natur. ütl £,te östlichen Ketten Zentralasiens ansetzen. In den Talsenken zwischen
den Gebirgen fließen die großen Ströme Jrawadi, Salnen und
Mekong, die im Unterlaufe von weitem Schwemmlande umgeben sind.
In diefeu Niederuugeu wohnt eine dichte Bevölkerung, die vorwiegend
vom Ackerbaue, uameutlich Reisbaue, lebt. Unter dem tropischen Klima
gedeiht eine üppige Pflanzenwelt. Die Tierwelt gleicht der Vorderindiens.
Hinterindien. — Die malaiischen Inseln. — China, Mandschurei ze. 103
Die Eingeborenen sind Mongolen, sogenannte Jndochinesen.
Diese sind wie die meisten ostasiatischen Mongolen Anhänger der in
Vorderindien gestifteten Bnddhisten-Religion. Im Innern stehen sie noch
auf niedriger Kulturstufe. An den Küsten treffen wir viele eingewanderte
Chinesen. Die äußerste Südspitze, die Halbinsel von Malaka, wird von
mohammedanischen Malaien bewohnt.
Die einheimischen Staaten haben meist ihre Unabhängigkeit ver- § 189.
loren. Birma mit der Hauptstadt Rang von (rängun) ist britischer Staaten.
Besitz, Cambodja und Ännam an der östlichen Küste stehen unter
französischer Oberhoheit. Sie bilden mit Cochinchina und Tongking
Französisch-Jndochina. Die Hauptstädte sind Saigon und Hanoi.
Nur der Staat Siam ist noch unabhängig. Der König von Siam hat
seine Residenz in Bangkok, der größten Stadt der Halbinsel. Den
Engländern gehört auch die Südspitze von Malaka. Auf einem kleinen
Eilande an der Südküste liegt die Freihafenstadt Singapore (singapnr),
welche von den Dampfern der Linien nach Ostasien angelaufen wird.
Die malaiischen Inseln.
In der Fortsetzung der hinterindischen Gebirgsketten tauchen aus §190
dem Meere zahlreiche Inseln hervor, welche zusammen als Malaiischer
Archipel bezeichnet werden. Sie umgreuzeu das südchiuesische Meer und
führen hinüber zum australischen Festlande und seinen Inseln.
Unter den Inseln fassen wir einzelne zu Gruppen zusammen.
Sumatra (fumktra), Java, Borneo (börneo) und Celebes (celebes)
bilden die großen Snndainseln. Östlich von Java liegen die kleinen
Snndainseln, östlich von Celebes die Molnkken und nördlich davon
die Philippinen. Die Inseln sind fast sämtlich im Besitze der Nieder- Bescher,
länder; nur Nordborueo gehört den Engländern, Osttimor den Portn-
giesen und die Philippinen mit der Hauptstadt Manila auf der Insel
Lnzon (lusou) den Vereinigten Staaten von Amerika.
Unter den niederländischen Inseln ist Java die wertvollste; sie J^a.
bringt namentlich Reis, Kaffee, Tee und Zuckerrohr hervor und wurde
eine Quelle großen Reichtums für die Besitzer. Der Sitz der Regierung
von Niederländisch-Jndien befindet sich ebenfalls aus Java, in Ba-
tavia, das neben Sorrabaya (snrabaja) ein wichtiger Handelsplatz ist.
Der Reichtum Javas ist begründet in der Fruchtbarkeit des Bodens und Natur,
der Gunst des Klimas. Die Inseln des Malaiischen Archipels liegen im Be-
reiche der Tropen, sie haben ein heißfeuchtes Klima, in dem die Vegetation in
üppigster Fülle gedeiht. Das Klima wird aber unter dem Einflnffe des Meeres
und durch die bedeutende Erhebung des Bodens gemildert. Die Inseln sind
meist gebirgig. Viele tragen gewaltige Vulkane, die noch heute tätig siud und
durch ihre Ausbrüche wiederholt entsetzliche Verwüstungen angerichtet haben.
Die Eingeborenen sind Malaien. Viele Stämme sind noch nnab-
hängig. so auf Borneo die gefürchteten Kopfjäger, die Dajaken. Diese
wilden Stämme sind Heiden. Sonst herrscht der Islam, der den Brahma-
nismus und den Buddhismus verdrängt hat.
Ostasie».
China, Mandschurei, Korea, Japan.
Die Gebirgsketten Zentralasiens verzweigen ^ch im Osten und §191.
104 Asien,
öming. dehnen sich in ihren Ausläufern bis Zur Küste des Pazifischen Ozeans
aus. In ihrer Fortsetzung taucheu aus dem Meere lauge Jnselreihen
hervor, so die Li ukiu-Jnseln, die sich nordöstlich an Formosa an-
schließen, die japanischen Inseln und die Kurilen,
gestaltl Ostasien ist zum größten Teile von Gebirgen erfüllt; nur im Norden
breitet sich am Unterlaufe des Jangtsekiang und des Hoangho ein
weites Tiefland aus. Westlich davon lst das Randgebirge von Hoch-
asien mit einer feinen gelben Erde bedeckt, welche in großen Mengen
von dem Hoangho, dem gelben Fluß, im Tieflande angeschwemmt oder
in das Meer hinausgetragen wird, das darum das Gelbe heißt.
K im«. Das Gebiet liegt noch im Bereiche der asiatischen Monsune, die im
Sommer vom Ozeaue weheu. Infolgedessen ist es warm und regenreich.
Aber im Winter kommen eisige Winde von Norden und Nordwesten her,
welche die sibirische Kälte weit uach Süden tragen, so daß selbst unter
südeuropäischen Breiten Flüsse und Meer gefrieren.
Pflau- Gleichwohl ist es mit reicher Vegetation bedeckt, die im Süden
,e,t* sich aus tropischen Gewüchsen zusammensetzt, im Norden aber bereits
meist ans Pflanzen der gemäßigten Zone besteht. Als Nutzpflanzen
werden vorwiegend Tee und Reis im Süden, Weizen dagegen in den
nördlichen Strichen angebaut.
§192. Der größte Teil Ostasiens bildet das eigentliche China, das
tfhiua. Stammland des chinesischen Reiches, das ganz Hochasien noch umfaßt,
wohner. Hier wohnen dicht gedrängt die fleißigen, genügsamen Chinesen, die
der mongolischen Rasse angehören. Sie sind ein uraltes Kulturvolk,
das sich Jahrtausende hindurch unabhängig von den Einflüssen abend-
ländischer Gesittung erhalten hat. Den Boden haben sie in der er-
giebigsten Weise ausgenutzt, indem sie ihn mehr nach Art unseres Garten-
baues bestellen. Außerdem sind sie im Handwerk geschickt. Ihre Seiden-
und Baumwollenwaren übertreffen noch an Güte die europäischen. Zengen
ihres ausdauernden Fleißes sind die eigenartige große Maner, die sie
zum Schutze ihres Landes gegen die räuberischen Völker der Wüste Gobi
errichteten, und der jetzt verfallene Kaiserkanal, der längste der Erde,
der Peking mit der Mündung des Jangtsekiang verbindet.
Die Chinesen sind wie die meisten Mongolen Anhänger des Buddha.
Ihre Staatsreligion aber gebietet ihnen vor allem die Anbetung des
Himmels und der Ahnen. In ihrem Kaiser verehren sie den Sohn des
Himmels; er ist der unumschränkte Beherrscher des Landes.
§ 193. In der jüngsten Zeit ist die völlige Abgeschlossenheit gegen alle
lungen Fremden aufgegeben worden. Damit wurde das Reich dem Welthandel
eröffnet, der in einigen Vertragshäfen Eingang fand. In ihnen blüht
der Tee- und der Seidenhandel. Schanghai südlich der Jangtsekiang-
münduug uud Kautou in Südchina sind wichtige Welthandelsplätze
geworden. Die Hauptstadt des Reiches ist Peking mit der Residenz
des Kaisers. Sie zählt über 1 Million Einwohner. Nanking am
Jangtsekiang ist der Hanptsitz der chinesischen Gelehrsamkeit und Ge-
Werbtätigkeit. Es war Kaiserstadt bis zur Einwanderung der Mandschu
im 17. Jahrhundert, die von Norden her China eroberten. Die Mandschu
brachten die Sitte des Zopftragens.
An mehreren Punkten der Küste haben die Europäer festen Fuß
China, Mandschurei, Korea, Japan. 105
gefaßt. Den Engländern gehört die Insel Hongkong südöstlich von
Kanton, den Deutschen als Pachtgebiet die Bucht von Kiantschon mit
dem Hafen Tsintan.
Im Norden schließt sich an China die waldreiche, fruchtbare Aand-
Mandschurei au. Hier haben die Russen Port Arthur als Pachtgebiet
in Besitz. Auf der Halbinsel Korea besteht noch ein selbständiger Staat Korea,
mit einer mongolischen Bevölkerung. Seine Hauptstadt ist Seul (schaul).
Die Reihe von Inseln, welche die ostasiatische Küste begleiten, § 194.
bilden das Kaiserreich Japan. Außer den eigentlichen japanischen Inseln ™alu
gehören dazu die Kurilen, die Linkin-Jnseln und Formosa.
Die Inseln sind fast durchweg gebirgig und reich an Vulkanen, Natur.
Suppenkoch. Öffeutl. Schreiber, Arzt und Wahrsager. Barbier. Drechsler.
Fig. 44. Chinesen bei der Arbeit auf der Straße.
unter denen der Fnschijama 3800 m hoch ist. Sie werden auch von
verheerenden Erdbeben häufig heimgesucht. Das Klima ist unter dem
Einflüsse des ringsumflutenden Meeres mild, die Vegetation daher üppig.
Im Norden finden sich bereits Pflanzen mitteleuropäischer Art. An-
gebaut wird vorwiegend Reis, dann Tee und Baumwolle. Auch die
Seidenraupe wird in Mengen gezüchtet.
Die Bewohner sind Mongolen. Auch sie lebten lange Zeit völlig Be-
abgeschlossen nach außen. Aber seit einigen Jahrzehnten sind die Schranken ü'0'mer'
gefallen; mit dem Handel zog auch die europäische Gesittung ein. Heute
sind Verfassung, Heer- und Unterrichtswesen ganz nach europäischem
Muster eingerichtet. Das Land entwickelte sich unter diesen neuen Ver-
106 Asien.
Hältnissen schnell; es nimmt unter den Weltmächten eine achtunggebietende
l Ml gen. Stellung ein. Der Kaiser oder Mikado hat seine Residenz in Tokio
' auf der Hauptinsel Nippon. Wichtige Häfen sind Jokohama und Osaka.
Durch rege Industrie blüht Kioto.
Überblick über Äjien-
§ 195. Asien besteht aus einem massigen Rumpfe, an den sich zahlreiche
bcriing Halbinseln und Inseln ansetzen.
Im Innern trägt der Erdteil gewaltige Gebirge und Hochländer.
Diese setzen über Kleinasien und den Kaukasus gleichsam die südeuro-
päischeu Erhebungen fort. Die zentralen Gebirge verzweigen sich östlich
»und erfüllen den ganzen Osten und Südosten bis zum Meere, in das
sie noch als Halbinseln und Inseln hineinragen.
Im Norden dieses Gebirgs- und Hochlandsgürtels dehnt sich ein weites
Tiefland aus, im Süden ragen einzelne Hochländer als Halbinseln auf.
§ 196. Die von den Gebirgen umrahmten Hochländer sind zum großen
Steen. Teile abflußlos. Das Klima ist dort meist trocken, weil die Randerhebungen
den feuchten Wiudeu vom Meere überall den Zugang zum Innern ver-
sperren. Auch das nordwestliche Tiefland wird nicht zum Meere, fouderu
zu großen abflußlosen Binnenseeen entwässert, an denen Asien reich ist.
Zu ihnen gehört auch das Tote Meer, dessen Spiegel 400 m unter dem
des Mittelmeeres eingesenkt ist. Unter den großen Binnenseeen fließt nur
der langgestreckte Baikalsee zum Meere ab.
Fiiisft. Die Flüsse eutspriugeu vorwiegend auf deu hoheu Gebirgen Zentral-
asiens, auf denen sich der Schnee in gewaltigen Massen ansammelt. Dort
liegen die Quellen der südasiatischen Riesenströme wie der Hauptflüsse
Ostasiens. Die sibirischen Gewässer kommen von den nördlichsten Ketten
des zentralen Hochlandgürtels.
§ 197. Weite Gebiete Asiens sind völlig trocken. Im Innern dehnen sich
Klima. Wüsten und Steppen aus, die bis zum Mittelmeere und bis Afrika reichen.
Hier und im Norden herrscht ein kontinentales Klima. Der Winter ist
kalt, der Sommer heiß. Die niedrigste Wintertemperatur finden wir im
östlichen Sibirien. Der Regen fällt in der warmen Jahreszeit. In dem
Hochlandgürtel fehlt er fast ganz. Die Gebiete südlich und östlich davou
sind dagegen sehr reich benetzt. Hier wehen die Monsnne, die im Sommer
gewaltige Regenmengen dem Lande zuführen. Nördlich vom bengalischen
Golfe liegt das niederschlagreichste Land der Erde, wo die Regenhöhe
im Jahr auf 12 m ansteigt.
Man- Da zugleich in Südasien das ganze Jahr hindurch eiue gleichmäßig
xi"r. hohe Wärme herrscht, so begegueu wir einer tropischen Fülle des Pflanzen-
und Tierlebens. Namentlich ist das Gebiet mit den wertvollsten Nutz-
pflanzen gesegnet, von denen viele hier ihre Heimat haben.
Das zentrale Hochland ist meist Steppe oder Wüste. Das mittlere
Sibirien ist von Laub- und Nadelholzwäldern bedeckt, zwischen denen
sich Getreidefelder ausdehnen. Polwärts verkümmern die Bäume infolge
der großeu Kälte uud schließlich wachsen fast nur noch Moose und
Flechten auf dem in der Tiefe jahraus, jahrein gefrorenen Boden.
§198. In den nordischen Gebieten wohnen nur zerstreut Renntiernomaden
Be- und arme Jäger- und Fischervölker. In den gesegneten Landstrichen im
wohncr.
Überblick über Asien.
107
Süden und Osten des Hochlandgürtels lebt dagegen eine sehr dichte
Bevölkerung. Vou den 820 Millionen Einwohnern des 44 Millionen qhn
großen Erdteils fallen etwa neuu Zehntel auf jene Gebiete.
Die Bewohner sind überwiegend Mongolen. Nur in den südwestlichen
Ländern treffen wir Völker der mittelländischen Rasse, wie die semitischen
Araber und die indogermanischen Jranier und Hindus. Auf dem Archipel
im Südosten Asiens leben Malaien, im Dekan Drawidas.
In einzelnen Ländern gelangten die Bewohner zn hoher Kultur. Im Kultur
Osten entstand die uralte chinesische und japanische Kultur, im Süden
die indische, im Westen die assyrische und chaldäische, die persische,
ferner die syrische und arabische. Ihre selbständige Entwicklung wurde
durch die Unzugänglichkeit der innerasiatischeu Hochländer begünstigt.
Asien ist auch die Wiege der verbreiterten Religionen. In Palästina
und Arabienwurde diemosaische,diechristliche und diemo Hamme danische
Religion gestiftet, welche sämtliche nur einen Gott verehren; in Vorder-
indien entstanden die Religionen des Brahma und des Buddha.
In den abgeschlossenen Ländern bildeten sich vielfach große Staaten. Besitzer
Von diesen sind nur noch wenige bis heute unabhängig geblieben. Von
dem größten Teile Asiens haben Europäer Besitz ergriffen, in erster Linie
Russen und Engländer, nach ihnen Niederländer, Franzosen und
Portugiesen.
Besitzungen und Schntzlwaten.
Reli-
gion.
Flächeninhalt
in qkm
Einwohner
Orte
Einwohner in Tausenden
Russisch-Asien
Kankasien
Sibirien
Russisch-Zentralasien . .
(Westtnrkistan)
Buchara / Schutzstaat-n
Asiatische Türkei ....
Klemasien mit den Spo-
raden ........
Syrien und Palästina.
Türkisch-Arabien . . .
Mesopotamien ....
Türkisch-Armenien . .
Britisch-Asien.....
Kaiserreich Indien mit
Birma.......
Tribntärstaaten . . .
Ceylon.......
Süd-Malaka.....
Beludschistan(Schutzstaat)
Nordborneo.....
Hongkong......
Äden und Perim. . .
Cypern ...... •
17 000 000
23 Will.
270 000
1 730 000
5 200 000
2 700 000
1 800 000
1V4 „
1772
300
230
70
Tiflis 160, Baku 110
Jekaterinburg 66
Omsk 38, Jrkntsk 52,
Tomsk 52, Jakntsk,
Wladiwostok
Taschkent 160, Samar-
kand 55
Khiwa 30
Buchara 70
Smyrna 200, Skntari 90,
Brnssa90,Trapeznnt45
Damaskus 200, Beirut
140, Jerusalem 60
Mekka 60, Mediua 48
Bagdad 200
Erserum 43
Bombay 800, Kalkutta
1000, Madras 500,Be-
nares 210, Delhi 210,
Rangoon 240
Haiderabad 450, Kaschmir
Colombo 160
Singapore 180
Aden
108
Asien.
Flächeninhalt Einwohner Orte
in 2km Einwohner in Tausenden
Niederländisch-Jndien . . 1 520 000 38 Mill.
Große Sundainseln. .
Java....... Batavia 120, Snra-
Kleine Sundainseln. . baja 150
Molukken.....
Französische Besitzungen . 670 000 18 „
Vorderindische .... Pondichery
Französ.-Jndochina. .
Cochinchina .... Saigon 50
Tongking..... Hanoi 100
Anuam \ Schntz-
Cambodja \ staaten
Besitzungen der Bereinig-
ten Staaten von Ame-
rika ........ 300 000 7
Philippinen..... Manila 350
Portugiesische Besitzungen 20 000 900 000
Borderindische .... Goa
Macao, Ost-Timor . .
Deutsches Reich .... 500 84 000 Tsiutau
Kiautschou......
Asiatische Staaten.
Flächeninhalt Einwohner Orte
in qhn Einwohner in Tausenden
Arabien........
Reich der Wahabitcn . Maskat 60
Oman.......
Persien........ 1 650 000 9 Mill. Teheran 230 Täbris 180
Afghanistan...... 560 000 5 „ Herat, Kabul 60
Himalaja-Staaten (Nipal
und Bhutan) ....
Sianl......... 630 000 6 „ O O S
Chinesisches Reich . . . 11 000 000 330 „ Peking 1500, Kanton 800,
China........ 5 300 000 320 „ Schanghai 600, Tientsin
700, Nanking 300
Mandschurei..... Mulden
Mongolei...... Jarkaud
Osttnrkistan..... Lasa
Tibet........
Japan ........ 417 000 46^2 „ Tokio 1440, Osaka 820
Kioto350, Yokohama200
Korea......... 220 000 10 „ Senl 200 J
Äfli k it.
199. Der Erdteil Afrika breitet sich vom Äquator fast ebenso weit nach
Glie- Süden wie nach Norden ans. Er erstreckt sich über drei Zonen der Erde;
derung. hie heiße ragt er hinaus bis in die beiden gemäßigten. Wir gliedern
ihn in das tropische Mittelafrika, in Nord- und Südafrika.
Die Sahara, — Die Atlasländer u, s, w 109
llordafrika.
Die Sahara.
Das westöstlich weit ausgedehnte Nordafrika ist größtenteils Wüste. Natur.
Hier liegt die regen- und daher vegetationsarme Sahara (sähara),
deren Südgrenze etwa auf deu 18. Breitegrad fällt. Es ist eine Hoch-
fläche von int Mittel 500 m Höhe. Der Boden ist von lockerein Sand
oder von wirr durcheinander geworfenen Steinen oder von Felsblöcken
bedeckt. Hie und da ragen auch Bergländer und höhere Gebirge anf und
vereinzelt bilden breite, aber wasserleere Täler tiefe Einschnitte.
Die Sahara ist nicht völlig niederschlagslos. Im Sommer fällt,
namentlich in den südlicheren Strichen, zuweilen starker Regen. Außer-
dem kommt es in den kalten Nächten, welche den glühendheißen Tagen
folgen, fast regelmäßig zur Bildung vou Tau und selbst von Reis.
Infolge dieser Benetzung finden wir auch iu den ödesten Gebieten
noch einige Spuren vou Vegetation, die stellenweise die Wüste zur Steppe
umwandelt. Aus ihr vermögen die Bewohuer Viehzucht zu treiben. Aber
die Stätteu ansehnlicheren Pflanzenwuchses siud nur die Oasen, die
natürlichen und oft auch künstlichen Quellplätze, iu denen sogar Getreide
gebaut wird. Dort gedeiht die Dattelpalme, die den armseligen Wüsten-
bewohnern hauptsächlich Nahrung spendet.
Die Bewohner gehören meist dem hamitischen Stamme der 8200.
mittelländischen Rasse an. Sie sind Mohammedaner. Unter den umtr.
harten Lebensbedingungen ihrer Wohnsitze sind sie zähe, ausdauernde
Menschen geworden; sie sind kriegerischen Sinnes, ängstigen ihre Nach-
barn durch räuberische Überfälle und leben unter sich selbst in steter
Fehde. Die mächtigsten Stämme sind die Tnarik und die Tubu.
Über die öde Wüste hinweg bewegt sich anf eiuzelueu Karawauen- Berkehr.
straßen der Verkehr zwischen der Mittelmeerküste und dem tropischen
Afrika. Die Wanderung geschieht von Oase zu Oase; sie ist an Gefahren
und Entbehrungen reich, besonders wenn der heiße Wüstenwind, der
Samum weht, und kann nur unter Benutzung des ausdauernden Kamels,
des Schiffs der Wüste, bewerkstelligt werden.
Die Sahara reicht im Westen bis an das Meer. Im Norden tritt
sie nur teilweise bis au die Küste heran. Dort liegt an der Großen
Syrte die türkische Landschaft Tripoli, von deren gleichnamiger Haupt- Tripou.
stadt eine wichtige Karawanenstraße ausgeht, die über die Oaseustadt
Mursuk uach Südeu führt.
Die Attasländer und die 3nfein im Atlantischen O;ean.
Im Nordwesten wird die Wüste durch das Atlasgebirge vom §201.
Meere geschieden. Dieses erstreckt sich mit seinen östlichen Ausläufern 3!fltur-
vou der atlantischen Küste längs des Mittelmeeres bis zn dem Ein-
schnitte der Kleinen Syrte. Im Westen erreicht es als Hoher Atlas
über 4000 m. Die Gipfel sind den größten Teil des Jahres über mit
Schnee bedeckt. Ostlich senkt sich das Gebirge und verzweigt sich iu
mehrere Ketteu, welche eine breite, an Salzseeen reiche Hochfläche ein-
schließen. Nach dem Meere zu geht diese in eine fruchtbare Hügelland-
110 Afrika.
schaft, das Tell, über. Hier wird viel Getreide gebaut. Unter dem warmen
Klima, das dem Südeuropas gleicht, gedeihen Wein und Südfrüchte.
DieBewohner gehörendermittelländischenRasse an;es sind vorwiegend
wohner. hamitische Berber und semitische Araber. Die letzteren haben das Land
einst erobert und den Islam eingeführt. Als ein unabhängiger moham-
medanischer Staat hat sich bis heute das Kaiserreich Marokko im west-
lichen Atlasgebiete erhalten. Die Residenzen des Sultans sind Fes und
rotto. Marokko. An der Gibraltarstraße liegt die Hafenstadt Tanger (tandscher).
Algier. Das übrige Atlasgebiet umfaßt die französische Kolonie Algerien
oder Algier (alschir), nach der Hafenstadt Alger (alscheh) benannt, und
das unter französischer Oberhoheit stehende mohammedanische Fürstentum
Maulbeerfeigenbaum- Dattelpalme.
Fig. 45. Ägyptische Wüste mit Pyramide.
Tunis. Tunis mit gleichnamiger Hauptstadt. Zu Algier gehört auch ein Teil
der Wüste Sahara, in dem die Franzosen Brunnen angelegt und ganze
Haine vou Dattelpalmen angepflanzt haben.
Inseln. Im Westen Nordafrikas ragen ans dem Atlantischen Ozean
mehrere Inseln und Inselgruppen hervor. Sie sind meist vulkanischen
Ursprungs und haben ein mildes Klima. Gegenwärtig sind sie sämtlich
in europäischem Besitze. Die Azoren (assoren), Madeira (madera) und
die Kapverden gehören den Portugieseu, die Kanarischen Inseln den
Spaniern, die kleinen Inseln St. Helena und Asceusion (äMnschen) deu
Engländern.
Das Nlland.
§ 202. Im Osten senkt sich in die Wüstenhochsläche das breite Tal des
Das Nilland, — Der Sudan. 111
Nils ein. Dieser Strom entsteht aus zwei Quellflüssen, aus dem Weißen
oder Klaren Nil, dem Abflüsse des Viktoriasees in Mittelafrika,
und aus dem Blaueu oder Trüben Nil, der auf dem Hochlande
von Abessiuieu entspringt. Der Zusammenfluß erfolgt bei Chart um
(kartum) uoch oberhalb des regeulofeu Nordafrika. Der Nil durchfließt
dann das Steppenland Nnbien und das alte Kulturland Ägypten. We».
In mehreren Stromschnellen senkt er sich tief in die Wüstenplatte ten.
ein und bildet in seinem Unterlaufe ein breites Tal. Alljährlich vom
Juli bis zum Oktober werden die Taluiederuugen des Flusses über-
schwemmt und zugleich mit einer dicken Schlammschicht bedeckt. Diese
liefert einen fruchtbaren Boden, der unter künstlicher Bewässerung selbst
in dem trockenheißen Klima reiche Ertrüge bringt. Neben Weizen, Mais
und Reis gedeihen hier Baumwolle, Zuckerrohr und Dattelpalmen.
Dieses reiche Ackerbauland ist der Sitz einer uralten Kultur, die Kultur,
auf mehrere Jahrtausende zurückgeht. Noch finden sich zahlreiche Ruinen
längst verfallener Städte. Aus der benachbarten Wüste aber ragen die
gewaltigen Pyramiden auf, Grabmäler ägyptischer Könige, die uns durch
ihre Inschriften von einer blühenden Zeit berichten. Hente steht Ägypten
unter türkischer Oberhoheit. Es wird von einem Khediv, einem erblichen § 203.
Vizekönige, regiert, dessen Residenz sich in Kairo befindet.
Kairo liegt an der Stelle, wo der Strom sich teilt, also das
Mündnngsschwemmland, das Delta des Nils, beginnt. Es ist eine blühende
Stadt mit regem Handel und Verkehre. Ihr Ausseheu ist echt orientalisch;
überall ragen prachtvolle Moscheeen mit zierlichen Minarets auf. Auf
den Straßen bewegt sich ein buntes Leben. Ein zweiter wichtiger Handels-
platz ist Alexandria (alexaudria), der Hafen an der Mittelmeerküste.
Es hat einen großen Aufschwung genommen, als die Landenge von
Suez ..(fues) in einen Kanal durchstochen wurde.
Ägypten ist das volkreichste Land Afrikas. Die Bewohner sind zum
großen Teile Nachkommen der alten Ägypter. Als solche gelten die
mohammedanischen -Fellachen und die christlichen Kopten. Dazu sind
Araber uud Türken sowie viele Europäer eingewandert.
Mittelafrika.
Der Sudan.
Südlich etwa von dem 18. Grade n. Br. beginnt das tropische Mittel- §204.
asrika. Von der atlantischen Westküste bis zum Nil erstreckt sich hier Sudan,
der Sudan (sndan). Im Westen erhebt sich der Boden in Hochsudan
bis zu 1000 m. In dem reichlich benetzten Hochlande entspringt der Niger,
der nach Ausnahme^ des Benne (lernte) in den Busen von Guinea
(ginea) sich ergießt. Ostlich dieses Stromes senkt sich das Land tief ein und
bildet Flachsudan mit dem Tsadsee, der von dem Schau gespeist wird.
Der Sudan ist im Norden noch Steppenland, ans dem
Antilopen, Giraffen und Strauße lebeu. Die Bewohner sind Neger,
die Ackerbau uud Viehzucht treiben. Unter sich und mit deu Völkeru
nördlich der Sahara stehen sie in lebhaftem Handelsverkehre. Die
wichtigsten Marktplätze sind Timbuktu nahe dem Niger und Knka
112 Afrika,
am Tsadsee, die Ausgangspunkte großer Karawanenstraßen durch die Wüste,
Die Neger sind, besonders im Flachsudan, unter dem Einflüsse der Araber
meist Mohammedaner geworden. Sie haben große Reiche gebildet.
§205. Hochsudan reicht im Süden bis zur Nordküste des Buseus oou
Miuea- Guinea. Die Oberguineaküste ist ein heißfeuchtes Tropeulaud. Es ist
kiiste. vielfach von dichtem Urwalde bedeckt, in dem die menschenähnlichen
Affen, Schimpanse und Gorilla, hausen. Die Eingeborenen stehen noch
ans sehr niedriger Kulturstufe; sie huldigeu dem Götzendienste, dem sie
oft entsetzliche Menschenopfer darbringen. Die Küste selbst, an der früher
der Sklavenhandel blühte, ist heute fast ganz in den Händen der
Besiker. Europäer. Es teilen sich in sie Engländer, Franzosen und Deutsche.
Uuabhäugig ist nur die Negerrepublik Liberia. Der Wert der Kolouieeu
liegt in dem Handel mit den Völkern im Hiuterlande. Ausgeführt wird
hauptsächlich Palmöl. Nach den Handelsgegenständen bezeichnet man die
einzelnen Abschnitte der Oberguiueaküste auch als Pfeffer-, Zahu-,
Gold- und Sklavenküste.
Nahe der Küste liegen mehrere Inseln, die in spanischem und in
portugiesischem Besitze siud. Die größte unter ihnen ist Feruaudo-Po,
Oie deutschen Äolonieen Togo und Kamerun.
§206. Die deutsche Kolonie Togo an der Sklavenküste ist vorwiegend
T0!<0, Handelskolonie. Der schmale Küstenstreifen ist flach und sandig und vom
Meere wegeu der starken Brandung schwer zugänglich. Weiter landein-
wärts erhebt sich der Boden zu einem Gebirge, ans dem die Bewohner
Ackerbau und Viehzucht treiben. Es leben hier friedliche, bildungsfähige
Neger, die auch allerhaud Gewerbe haben. Die Hanpthandelsgegenstände
sind Palmöl und Palmkerne, die namentlich von Kleinpopo an der
Küste ausgeführt werden,
mmiu Kamerun im innersten Winkel des Busens von Guinea ist eben-
falls noch in erster Linie Handelskolonie. Doch eignet es sich auch für
Plautageubau; denn Kakao, Kokospalme, Kaffee und Tabak gedeiheu
gut. Die deutsche Besitzung kommt fast dem Mutterlande an Größe gleich,
Es ist an der Küste ein flaches, vielfach sumpfiges Laud mit heiß-
feuchtem, ungesundem Klima, in dem eine echt tropische Urwaldvegetation
sich entfaltet. Mitten aus der Küstenniederung erhebt sich das 4000 in
hohe Kamerungebirge. Das Hinterland ist Hochfläche mit fruchtbarem
Bodeu und gesunderem Klima, Sie wird von lichten Savannen, in
denen Grasfluren und Waldbestände abwechseln, bedeckt. Herden von
Büffeln und Antilopen grasen hier. Die Bewohner siud Bauhuueger.
An der Küste treiben sie Handel. Zu seiner Förderung sind vou deu
Deutschen überall Stationen angelegt. Der wichtigste Handelsplatz ist
Kamerun, wo auch der Gouverueur seinen Sitz hat. Ausgeführt werden
Palmöl, Palmkerne, Elfenbein und Kautschuk.
Das Mittelafrikanische Hochland.
^ 207 Südlich des Sudan verschmälert sich der Kontinent. Hier beginnt
>oden-' ein ausgedehntes Hochland. Im Osten steigt es ans mehr als 1000 m
0f,(O,t' an. Dort erheben sich auch die mächtigsten Berge, so der 6000 m hohe
Kilimandscharo.
Das Mittelafrikanische Hochland. 113
In das ostafrikanische Hochland senken sich tiefe Graben mit mehreren Zeceu.
Seeen ein. Die größten sind der Viktoria-Njanfa, der Tanganika
und der Njassa. Sie sind Qnellseeen der großen afrikanischen Ströme,
des Nils, des Kongo und des Sambesi; der Nil entströmt dem
Viktoria-Njansa, der Kongo empfängt vom Tanganika und der Sambesi
vom Njassa einen Zufluß.
Der Hauptstrom Mittelafrikas ist der Kongo. Auf seinem Wege zum «onBo*
Atlantischen Ozean durchfließt er ein weites Becken, in dem er von beiden üccfc"'
Seiten zahlreiche Nebenflüsse aufnimmt. An ihren Ufern treffen wir dichte
Urwälder, belebt vou Elefauteu, Nashörnern und Affen. Die begrenzenden
Hochflächen tragen dagegen meist Grasfluren mit einzelnen Baumbeständen,
Gnu. Zebra. Giraffe.
Fig. 46. Tiere Mittelafrikas.
uamentlich von Baobab oder Affenbrotbaum. Diese Savauueu sind der
Tummelplatz der Antilopen, Giraffen, Zebras n^d Büffel, das Jagd-
revier des Löwen und des Pauthers.
Mittelafrika liegt gauz in der heißen Zone; aber die Vegetation 6 208.
zeigt gleichwohl uicht die volle tropische Üppigkeit. Es fehlen dazu die Klima,
heißfeuchteu Niederungen. Auf der Hochfläche ist zwar die Glut der
Sonne am Tage groß, aber die Nächte sind kühl und außerdem ist der
Niederschlag gering. Das Laud eignet sich mit seinen ausgedehnten Gras-
flureu zur Viehzucht und zum Ackerbaue. Beide werdeu von den ein-
geborenen Negern auch betrieben. Sie pflegen außerdem einen lebhaften mo®pu5er
llle, Lehrbuch der Erdkunde, l. 4. Aufl. u
114 Afrika.
Handel und verstehen einige Handwerke, z. B. die Bearbeitung des Eisens
Unter sich leben die einzelnen Stämme fast ununterbrochen in Fehde,
wobei Menschenopfer und Menschenraub noch üblich siud. Furchtbar
haben die Neger unter den Sklavenjagden arabischer Händler zu leiden.
§209. Der größte Teil des mittelafrikanischen Hochlandes ist heute in den
Besitzer. Händen der Europäer. Im weiten Becken des Kongo erstand der Kongo-
staat, dessen Souverän der König der Belgier ist. An der atlantischen
Küste, in Niederguinea, haben die Franzosen und Portugiesen
Kolonieen gegründet. Das Küstengebiet am Indischen Ozeane zerfällt in
Italienisch-, Britisch-, Deutsch- und Portngiesisch-Ostafrika.
Fig. 47. Handelskarawane aus Mittelafrika.
Die der deutschen Küste vorgelagerte Insel Sansibar mit der gleich-
namigen Hauptstadt, einem wichtigen Handelsplatze, steht unter englischer
Herrschaft.
Die Italiener haben außer der Küste der Somalhalbinsel,
die sich an das mittelafrikanische Hochland anschließt, auch noch das
Küstengebiet am Roteu Meere mit der Inselstadt Massaua in Besitz.
Abesst- Im Hinterlande dieser Kolonieen liegt das Reich Abessinien. Es ist
erfüllt von einem mächtigen Hochland, das bis 4500 m aufsteigt. Seine
semitischen Bewohuer siud in dem schwer zugänglichen Hochlande in-
mitten mohammedanischer Völker Christen geblieben.
Deutsch-Ojiafrika.
8210. Die Deutschen besitzeu das Gebiet zwischen dem Viktoria-Njansa,
Natur.
Deutsch-Ostafrika. — Südafrika. 115
dem Tanganika und dem Nordende des Njassa bis zur Küste. Es ist vor-
wiegend Hochfläche, die von einzelnen Gebirgen durchzogen wird. Mehrere
Ströme fließen unter Bildung von Stromschnellen der flacheren Küste zu,
so der Pangani und der Rnfidschi. Im Innern sind weite Strecken
anch abflußlos und mit Salzseeen erfüllt. An der Nordgrenze erhebt sich
der Kilimandscharo.
Das Klima ist an der Küste tropisch heiß und feucht und darum
ungesund; auf der Hochfläche vermindert sich infolge der Erhebung die
Wärme sehr, die Luft ist trockener und erfrischender. Der Regen fällt
in der Zeit des höchsten Sonnenstandes.
Die eingeborenen Neger treiben auf der Hochfläche Ackerbau und §211.
Viehzucht. Der Handel ist meist in den Händen der eingewanderten
Araber und Inder. Der wichtigste Ausfuhrgegenstand ist das Elfen- Handel!
bein. In diesem liegt auch der Hauptwert unserer Besitzung, die iu
erster Linie Handelskvlonie ist. Man beginnt aber anch mit dem
Plantagenbaue. Tabak und Kaffee gedeihen gut. Zur stärkeren Aus-
Nutzung der Kolonie fehlen zur Zeit noch leichte und billige Transportmittel.
Die Waren werden, wie überall in Mittelafrika, auf dem Kopfe der Neger
zur Küste befördert. Mau beginnt aber jetzt den Bau vou Eisenbahnen.
DiebedentendstenHandelsplätzesindBagamoyonndDar-es-Salam ^ied-
(saläm). Iu letzterem Orte befindet sich der Sitz des Gouverneurs.
Südafrika.
Das afrikanische Hochland erführt etwa unter 18° f. Br. eine geringe §212.
Einsenknng, durch welche das südliche Afrika von dem mittleren geschieden
wird. Südlich davon steigt der Boden wieder beträchtlich an. Dem
Hochlande sind hier nahe der Ostküste Gebirge aufgesetzt, welche bis zu
3400 m sich erheben. Nach Westen dacht es sich allmählich ab. Dorthin
strömt auch der größte Fluß, der Orauje.
Im Junern breitet sich eine abflußlose, regenarme Fläche, die Wüste Klima.
Kalahari, aus. Sie erstreckt sich bis nahe an die atlantische Küste,
wo wie in Südeuropa uur im Wiuter Regen fällt, während des Sommers
aber andauernd Trockenheit herrscht. Nur an der Ostküste stellen sich auch
iu der warmen Jahreszeit Niederschläge ein. An der Südküste regnet es
dagegen zu allen Zeiten des Jahres. Dort ist auch die Wärme gemäßigt;
große Hitze herrscht uur während des Tages auf der iuuern Hochfläche.
Das Klima ist für Viehzucht uud vielfach auch für Ackerbau geeignet. § 213.
Die ursprünglichen Bewohner sind die zwerghaften Buschmänner und
die Hottentotten, unter die sich Neger, die Kassern, gemischt haben.
Auch für den Europäer ist das Klima gesund. Sie siedelten sich in großen
Mengen an, zuerst Holländer, deren Nachkommen Bureu genannt werden,
dann Eng länder, die jetzt, nachdem anch die früheren Burenstaaten englische
Kolonieen geworden sind, den größten Teil Südafrikas in Besitz haben.
Aus dem wenig fruchtbaren Hochlande treiben die Bewohner, Staaten,
namentlich die Buren, vorwiegend Viehzucht. In den letzten Jahrzehnten
brachte das Auffinden von Gold und von den kostbaren Diamanten noch
weit reicheren Gewinn. An der stärker benetzten Küste gedeiht der
Ackerbau. Zugleich aber entwickelte sich dort ein lebhafter Handel, der
8*
IIB Afrika.
besonders in Kapstadt, der Hauptstadt der englischen Kolonie Kapland,
blüht. Ein Teil der Ostküste ist in den Händen der Portugiesen, die
Westküste nördlich vom Oranje ist deutsch.
§214. Im Osten Südafrikas ragt aus dem Meere die große gebirgsersüllte
gaskar' Iusel Madagaskar auf. Sie ist reich benetzt und meist von üppiger
Vegetation bedeckt. Unter den Tieren fallen die Halbaffen oder Lemuren
ans, während die eigentümlichen Tiere des afrikanischen Festlandes fehlen.
Die Bewohner sind Neger oder malaiischer Abkunft. Die letzteren,
die Hooas, gründeten ein Königreich, das unter französischer Schutz-
Herrschaft steht, mit der Hauptstadt Tanauarivo.
Weit östlich imJndischenOzeane liegen die fruchtbaren Maskarenen,
das englische Mauritius uud das französische Rennion (reünjong).
Deutsch-Südwestafrika.
§215. Deutsch-Südwestafrika ist unsere älteste Kolonie. Sie übertrifft
Natur. nn Größe noch das Mutterland, ist aber ein ödes, wenig einträgliches
Land. Die Küste ist infolge starker Brandung schwer zugänglich. Än das
Meer grenzt eine sandbedeckte Ebene, die landeinwärts zn einem niedrigen
Berglande ansteigt. Dieses wird reichlicher durch Gewitterregen benetzt intd
besitzt auch ein etwas wärmeres Klima als das kahle Küstenland. Jenseits des
Berglandes liegt die Wüste Kalahari, die aber noch von Grasfluren bedeckt
ist uud mehr der Steppe gleicht. Im Norden hat unsere Kolonie fast
tropisches Klima, der Regen fällt häufiger, die Vegetation entwickelt sich
infolgedessen üppiger und anch die Tierwelt zeigt sich mannigfaltiger,
wohner. Hier treiben die Eingeborenen Ackerbau, während im übrigen
das Land sich fast nur zur Viehzucht eignet. Im Norden wohnen die
Hereros, ein Negervolk, südlich vom Wendekreise im Westen viehzüchtende
Hottentotten und im Osten Buschmänner, die dnrchJagd und Sammeln
von Würmern und Früchten ihre Nahrung sich beschaffen.
Der größte Teil des Landes ist wegen der Trockenheit des Klimas
nicht anbaufähig. Die festen menschlichen Ansiedlungen finden wir an den
wenigen Quellen, in deren Umgebung unter künstlicher Bewässerung auch
Ackerbaumöglich ist. Die bedeuteudsteSiedlung ist Wind h o ek (wiudhuk), das
nuSt mit dem künstich angelegten Hafen in Swakopmnnd durch eine Bahn
verbunden ist. Der beste Hafen an der Küste, die Walfisch bai, gehört
den Engländern.
Überblick über Afrika.
^ 216. Afrika zeigt nur geringe Gliederung. Auch au vorgelagerten Inseln
d?rung. der Erdteil arm. Das Innere wird fast ganz von Hochland ein-
genommen, das vielfach von Randgebirgen umgeben ist.
loüfser. Das mittelafrikanische Hochland ist reich an Seeen. In dem oft-
afrikanischen Seeengebiete wurzeln die Hauptströme des Erdteils. Die
Flüsse sind im allgemeinen wasserreich, aber sie sind für die Schiffahrt
wenig geeignet, da sie meist in Stromschnellen oder mächtigen Wasser-
fällen von dem innern Hochlande herabstürzen.
3 217 Dadurch ist das Juuere Jahrtausende hindurch verschlossen geblieben.
Klima. Zugleich aber hat auch das Klima das Vordringen des Verkehrs wesentlich
behindert. Nordafrika ist in seiner ganzen Breite eine unwirtliche Wüste,
Mittelafrika ein heißes, ungesundes Tropenland. Dasselbe wird bewohnt
Überblick über Afrika.
117
Pflan-
zen.
Tiere.
von rohen Negervölkern von niedriger Gesittung, die den eindringenden
Europäern lauge Zeit erfolgreich Widerstand leisteten und sie durch ihre
Greueltaten vor weiteren Unternehmungen zurückschreckten.
Überdies ist Afrika auch nicht sehr reich an Naturprodukten, welche
die Europäer hätteu aulockeu können. Die Vegetativa zeigt uicht die
Üppigkeit wie iu anderen Ländern der heißen Zone. Das Hochland wird
meist von Savannen eingenommen. Die Zahl der einheimischen Nutzpflanzen
ist gering. Angebaut werden: Tabak, Kaffee, Mais, Weizen, Negerhirse
und Maniok. Zur Ausfuhr gelangen namentlich Palmöl und Datteln.
Die Tierwelt ist aber eiue überaus reiche. Gezüchtet werden Rinder,
Ziegen, Schafe, Strauße und im Norden Kamele und Pferde. Den
wichtigsten Handelsgegenstand liefert der Elefant, dessen Stoßzähne als
kostbares Elfenbein in Mengen ausgeführt werden. Bis vor kurzem
wurde auch noch mit den Einwohnern selbst ein großer Handel getrieben.
Gegenwärtig ist aber der Sklavenhandel auf das uuzugüngliche Juuere
beschränkt.
Zu starker Einwanderung und Ausiedlung der Europäer eignete sich § 218
nur Südafrika. Dort haben die Niederländer und Engländer sich wo?,mr.
des Landes bemächtigt und die eingeborenen Buschmänner uud Hotten-
totten sowie die Kaffern stark zurückgedrängt. Das Mittelmeergebiet
ist seit alters mit den Bewohnern Europas und Asiens in engere Berührung Kult,»-,
getreteu. Iu Ägypten am Nil und in Karthago nahe dem heutigen
Tunis kam es auch zu höherer Kultureutwickluug. Das übrige Afrika ist
erst im Laufe der letzten Jahrhunderte von den Europäern erschlossen
worden. Es wird von Negern, Bantn- und Sudannegern, bewohnt.
Gegenwärtig haben die großen Mächte unseres Erdteils sast alle iu
Afrika Kolonialbesitz.
Mit den Europäern beginnt auch das Christentum sich aus-
zubreiten. Die Bewohner Süd- und Mittelafrikas sind noch immer Heiden.
Den Bewohnern Nordafrikas brachten die Araber den Islam.
Europäische Besitzungen.
Re-
ligion.
Flächeninhalt
in qlcm
Deutsches Reich . . . .
Deutsch-Ostafrika . . .
Deutsch-Südwestafrika .
Kamerun......
Togo........
Belgien, Kongostaat iu
Personalunion . . . .
Britische Besitzungen . .
Kapkolonie mit Selbst-
verwaltung .....
Natal mit Selbstver-
waltung .......
Oranje-Flnß-Kolonie .
Transvaal-Kolonie . .
Sansibar, Schutzstaat .
Britisch-Ostasrika . . .
2 350 000
940 000
830 000
495 000
85 000
2 250 000
5200 000
760 000
71000
130 000
300 000
Eiuwohuer
12
6
Mill.
200 000
3V2 Mill.
2
14
41
272 „
830 000
200 000
1 000 000
Orte
Einwohner in Tausenden
Dar-es-Salam 18, Baga-
moyo 18
Windhoek
Kamerun
Kleinpopo 5
Kapstadt 51
Bloemfontein
Pretoria, Johannesburg
Sansibar 100
118
Flächeninhalt Einwohner Orte
in qkm Einwohner in Tausenden
Mauritius .....
Goldküste......
Lagos ....... Lagos 37
Sierra Leone ....
Gambia.......
St, Helena.....
Frankreich....... 10 000 000 28 Mill.
Algerien...... 800 000 5 Alger 97, Oran 88, Eon-
stantine 48
Tunis, Schutzstaat . . Tunis 170
Senegambien u. Sudan St. Louis 20
Französisch-Kongo . .
Reuuion......
Madagaskar,Schutzstaat 590 000 27* Tauauarivo 50
Spanien....... 225 000 480 000
Kanarische Inseln . .
Gninea-Jnseln ....
Portugal....... 2 130 000 8 Mill.
Portugiesisch-Westasrika Mozambique
Portugiesisch-Ostasrika.
Madeira...... Funchal 20
Kapverdische-Jnseln. .
Guinea-Inseln ....
Italien........ 370 000 700 000 Massaua
Türkei........ 2 000 000 11 Mill.
Ägypten, Tributärstaat 995 000 10 Kairo 570, Alexandria 320
Port-Said, Suez
Tripoli....... Tripoli 30, Mursuk
Selbständige Staaten.
Marokko....... 440 000 8 Mill. Fes 140, Marokko, Tanger
Abessinien....... 540 000 4 Gondar
Negerrepublik Liberia . . 85 000 IVi Monrovia
Östliche Sudanstaaten . . Knka
Fnlbe- oder Fellatastaaten Timbnktu
Australien und Polynesien.
§219. Australien besteht aus einem Festlande und einer Reihe von Inseln,
welche dieses im Norden und Osten umsäumen. Östlich schließen sich zahl-
lose Inseln an, die als Polynesien, d. i. Vielinselwelt, bezeichnet werden.
Es wird im Westen und Süden von dem Indischen und im Osten
von dem Stillen Ozeane begreuzt. Im Norden liegen die von den Inseln
des Malaiischen Archipels umschlossenen Mittelmeere.
Das Festland Australien und Tasmanien.
Glie^ Das Festland Australien ist wenig gegliedert. Im Süden liegt
de'«",,. ^ j^Qcfje Australgols, im Norden schneidet der Karpentariagols
Das Festland Australien und Tasmanien. 119
ein, von dem östlich die schmale Uorkhalbinsel vorspringt. Das Innere
wird fast ganz von Hoch- und Tiefebenen eingenommen. Nur im Osten
steigt eilt Gebirge auf, das im Süden in den australischen Alpen
2200 m erreicht.
Dieses Gebirge ist auf der Ostabdachuug reichlich benetzt; ihm führt §220.
der beständige Südostpassat feuchte Luftmassen zu. Aber westlich des Ge- Ä«mö-
birges regnet es wenig. Weite Flächen sind vollkommene Wüste. Nur
im Sommer fallen hier zuweilen Niederschläge, welche sich vorübergehend
in Seeen und Sümpfen ansammeln und auch Flüsse, Creeks (kriks)
Fig. 48. Australischer Wald.
bilden. Dauernde Flüsse siudeu wir nur im östlichen Gebirge und dessen
Vorlande. Der größte ist der Murray mit dem Darling.
Die trockeneu Flächen sind mit spärlicher Vegetation bedeckt. Es
wächst dort das harte Stachelschweingras oder dichtes, undurchdringliches
Buschwerk, Scrub genannt. Erst in dem reich benetzten Osten wird die
Pflanzenwelt üppiger. Sie zeigt aber eigentümliche Formen; Bäume und
Sträucher tragen harte,Immergrüne, schmale Blätter. Die Landschaft hat
ein parkartiges Aussehen. An der feuchten Ostküste gedeiht im Norden
schon eine tropische Flora. Australien wird auch von seltsamen Tieren, Sifrf-
wie Käuguru, Schnabeltier und Ameisenigel, belebt.
Die Ureinwohner sind die Australueger. Diese wandern unstet §221.
Urbe-
wohner.
120 Australien und Polynesien.
umher und schaffen sich ihren Lebensunterhalt durch Sammeln von pflanz-
licher und tierischer Nahrung. Sie stehen auf niedriger Kulturstufe und
siud noch Heiden. Auch Jagd und Fischerei betreiben sie. Dabei zeigen
sie sich in der Handhabung ihrer Waffen, des Jagdfpeeres sowie des
eigentümlichen Bumeraug, eiues gekrümmten Wurfholzes, sehr geschickt
Sie sind kleine Gestalten mit schmächtigen Gliedmaßen. Ihre Hautfarbe
ist dunkel, ihr Haar schwarz und kraus, ihre Nase breit, die Lippen dick,
(kinwan- Diese Urbevölkerung ist heute in die unwirtlichsten Gegenden zurück-
gedrängt. In den zur Ausiedluug besser geeigneten Gebieten wohnen jetzt
Europäer, namentlich Engländer, die Australien mit der Insel Tas-
manien in Besitz genommen haben. Es ist jetzt in 6 Kolonialstaaten geteilt.
Durch die europäische Einwanderung ist die Natur des Laudes weseut-
lich verändert worden. Viele Haustiere und Nutzpflanzen fiud eingeführt
und weite Flächen angebaut. In den lichten Waldungen fand sich eine
vortreffliche Weide für Schafe. Die Besiedlung des Erdteils wurde
gefördert durch das Auffinden zahlreicher Goldadern, besonders in den
Australalpeu.
Sied- Die wichtigsten Siedlungen liegen an der Küste. Im Süden ent-
»'»gen. m jm Staate Viktoria der Hafenort Melbourne (melbörn)
zur größten Stadt des Landes. Westlich davon liegt nahe der Mnrray-
mündnng Adelaide (adeled), die Hauptstadt von Südaustralien. Jm
Osten iu Neu-Südwales ist Sydney (fibrte), die älteste europäische An-
fiedlnng, der Mittelpunkt des Verkehrs und Handels geworden.
Tas- Zur britischen Kolonie gehört auch Tasmanien. Die meist von
manien. @e{,irgeu erfüllte Insel hat ein kühles, regenreiches Klima; sie ist frucht
bar und trägt ausgedehnte Wälder.
Äic australischen Inseln.
§222. Die australischen Inseln im Osten und Norden des Festlandes sind
ebenfalls gebirgig. Viele vou ihnen tragen Vulkane,
gninea größte Insel ist Neuguinea. Auf dieser steigen die Gebirge
bis 5000 ?« an. Sie besitzt eilt feuchtes tropisches Klima und eine üppige
Vegetation. Iu deu Wäldern lebeu die prächtigen Paradiesvögel. Die
Eingeborenen sind die dunkelfarbigen Papuas (papüas), ein wildes,
mordlustiges Volk, bei dem noch Menschenfresserei getrieben wird,
übrige Die Papuas bewohnen auch deu Bismarckarchipel im Norden
3n,eln' und die Salomonsinseln, die neuen Hebriden und Nenkaledonien
im Osten und Südosteu Neuguineas. Auch diese Inseln erfreuen sich
eines warmen Klimas; ihr Pflanzenkleid ist darnm tropisch.
§223. Die Inseln sind fast sämtlich von den Europäern in Besitz ge-
seeland nommen. Neuguiuea ist im Westen niederländisch, im Osten auf der
australischen Seite euglisch, auf der Nordseite deutsch. Englisch sind
weiter die südlichen Salomonsinseln, während die nördliche Salomons-
insel und der Bismarckarchipel den Deutschen gehören. Nenkaledonien
bildet eine französische Strafkolonie.
Jm Südosten des Festlandes Australien ragt das letzte Glied iu
der Reihe der australischen Inseln, die Doppelinsel Neuseeland, ans
dem Stillen Ozeane auf. Die Nordinsel ist reich an Vulkanen und heißen
Die australischen Inseln, — Polynesien, 121
Springquellen. Die Südinsel trägt ein 3800 m hohes Gebirge, das in
seiner Natur unseren Alpen gleicht. Es hat mächtige Gletscher; denn das
Klima ist auf der Insel inmitten des Ozeans, obwohl sie unter süd-
europäischer Breite liegt, kühl und regnerisch. Die Pflanzenwelt ähnelt
der Australiens, ist aber noch einförmiger. Durch die zahlreiche europäische
Einwanderung ist heute das Laudfchaftsbild völlig verändert. Auf dem
fruchtbaren Bodeu blüht Ackerbau und Viehzucht. Auch die ursprünglichen
Bewohner, die malaiischen Maori (mann), sind stark zurückgedrängt.
Hente ist Neuseeland eine englische Kolonie mit der Hauptstadt
Wellington (Mliugtn) an der Kookstraße (kük), die beide Inseln trennt.
Bas deutsche Schutzgebiet.
Zum deutschen Schutzgebiete gehören das Kaiser Wilhelms-§224.
land auf Neuguinea, der Bismarckarchipel und die nördliche
Salomonsinsel. An Flächeninhalt kockmt unser Besitz etwa Süd-
dentschland gleich. Der Bodeu ist fruchtbar uud eignet sich zum Plan-
tagenbane. Tabak, Baumwolle und Kaffee, ferner Reis, Mais, Zucker-
röhr uud Bauaueu werden angepflanzt. Mit den Eingeborenen wird viel-
fach Handel getrieben. Der Sitz der Verwaltung befindet sich aus Neu-
guinea in Friedrich Wilhelmshafen, auf dem Bismarckarchipel iu
Herberts höh. Die deutsche Salomonsinsel ist noch wenig erforscht.
Polynesien.
Die zahlreichen Inseln im Stillen Ozeane sind zum Teil ebenfalls 8 225.
gebirgig. Einzelne erreichen bedeutende Höhen, so die Insel Hawaii im mtnv-
Vulkan Mauna Kea 4200 m. Viele der Juselu sind aber ganz flache
Eilande; sie sind Koralleninseln, welche durch die aufbauende Tätigkeit
kleiner Seetiere entstanden sind. Sie haben oft die Form eines Ringes
und werden dann als Atolle bezeichnet. Auch nahe den Küsten der
felsigen Eilande ragen Korallenbänke als Riffe auf.
Das Klima der Inseln ist tropisch warm und feucht, die Pflanzen-
welt darum im allgemeinen sehr üppig. Vortrefflich gedeihen auf ihnen
die Kokospalmen, die mit ihren Nüssen den Haupthandelsgegenstand
bilden.
Die ursprüglichen Bewohner sind die malaiischen Polyuefier.Z 226.
Es ist ein gesunder, schöuer Menschenschlag, geübt im Handel und iu der lD0^er>
Schiffahrt. Vielfach haben sie europäische Kultur augenommen.
Die Juselu sind fast sämtlich im europäischen Besitze. Deu Eng- «urop,
ländern gehören unter anderen die Fiji- lfitschi) und Tongainseln, ®tft**
den Frauzosen die Paumotn- und Gesellschaftsinseln, den
Deutschen die Marianen und Karolinen, die Marschallinseln
und die westlichen Samoainseln, den Vereinigten Staaten von Amerika
die weit im Norden gelegenen hawaiischen sowie die östlichen Samoa-
inseln. Die Hanptstadt der ersteren ist Honolulu, ein wichtiger Hafen
für die pazifische Schiffahrt.
Die deutschen Besitzungen in der Siidsee.
Die Marianen, Karolinen und Marschallinseln sind meist flache, 8 227.
122 Australienlund Polynesien.
ringförmige Koralleninseln. Sie haben durch den Reichtum an Kokos-
Palmen einen hohen Wert. Der Sitz der deutschen Verwaltung für die
Marschallinseln befindet sich auf der Insel Jalnit (dschalüt), auf der
eine Kohlenstation für unsere Kriegsmarine errichtet ist.
Die deutschen Samoainseln, Sawaii und Upolu, sind gebirgs-
erfüllte Eilande mit tropischem Klima und tropischer Vegetation. Neben
der Kokospalme werden namentlich Baumwolle, Kaffee und Kakao an-
gebant. Die deutsche Verwaltung hat ihren Sitz in Apia ans Upoln.
Fig. 49. Allee von Kokospalmen.
Sejihungen.
Flächeninhalt in qkrn Einwohner Orte Einwohner in Tausenden
Deutsche Kolonieen . . . Kaiser Wilhelmsland . Bismarckarchipel . . . Salomonsinseln . . . Karolinen n. Marianen Marschallinseln . . . Samoa....... 250 000 450 000 Friedrich Wilhelmshafen Herbertshöh Jalnit
Nordamerika,
123
Flächeninhalt in qkm Einwohner Orte Einwohner in Tausenden
Britische Kolonieen . . . 8 250 000 51/, Mill.
Festland Australien . . 7 900 000 4V4 Sydney 490
Neusüdwales....
Viktoria...... Melbourne 500
Südaustralien mit Adelaide 160
Nordterritorium .
Queensland .... Brisbaue 120
Westaustralien . . . Hobart 25
Tasmanien.....
Neuseeland..... Wellington 44
Neuguinea......
Fijiinseln......
Tongainseln..... 90 000
Französische Kolonieen . 24 000
Nenkaledonien ....
Paumotu-, Gesellschafts-
und Marqnesasinseln 250 000
Niederländischer Besitz. . 400 000
Neuguinea .....
Besitz der Vereinigten
Staaten von Amerika. 18 000 170 000
Hawaii....... Honolulu 40
Samoa.......
Amerika.
Amerika oder die neue Welt wurde im Jahre 1492 durch Christoph §228.
Columbus entdeckt.
Seine Hauptausdehnung fällt in die Richtung der Meridiane. In Ausdeh-
dieser reicht es von 72° n. Br. bis 54° s. Br., erstreckt sich also über UU"B'
127 Breitengrade. Im Norden und Südeu sind ihm außerdem noch
Inseln vorgelagert.
Diese langgestreckte Landmasse scheidet den Atlantischen und deu
Pazifischen Ozean voneinander. Beide kommen sich aber in der Mitte
bis auf etwa 60km uahe. Dort schnüren der Golf von Mexiko und
das Karibische Meer das Land zu einer schmalen Landenge ein.
Der Erdteil besteht also aus zwei großen Festländern, Nord- und
Südamerika, welche durch Mittelamerika miteinander verbunden sind.
Nordamerika.
Die Nordhälfte des Erdteils Amerika hat einen vielgegliederten § 229.
Umriß. Der breiten Nordseite ist ein ausgedehnter Archipel vorgelagert. £ng.
Dort schneidet das Meer, namentlich in der Hudsonsbai, tief in
das Festland ein, während dieses mehrere Halbinseln vorstreckt. Auch
die West-'uud Ostküste'weisen zahlreiche' Inseln und Halbinseln auf.
Nach Süden verschmälert sich das Festland und geht schließlich in die
mittelamerikanische Landenge über, sendet aber zugleich zwei große Halb-
iuselu Florida uud Nieder-Kalisoruien in das Meer hinaus.
124 Amerika.
oÄ Längs der pazifischen Küste erhebt sich ein gewaltiges Falten-
gebirge, das sich mehrfach verzweigt und weite Hochländer mit seinen
Ketten umschließt. Die küstennahen Ketten bilden die Seealpen, das
Kaskadengebirge und die Sierra Nevada, während die östlichen
Ketten als Felsengebirge oder Rocky Mountains (rocki manntns)
bezeichnet werden. In Alaska liegt der Monnt Mc Kinley (mannt
mäk kinle), mit 6200 m der höchste Berg Nordamerikas. Im Süden geht
die westliche Kette in das breite Hochland von Mexiko über, das den
hier durch den Golf von Mexiko stark verschmälerten Kontinent von
Ozean zu Ozean erfüllt. Dem Hochlande sind zahlreiche Vulkankegel auf-
gesetzt, von denen der höchste, der Pic von Orizaba (orißäwa),
5600 m erreicht.
§230. Östlich dieser Gebirge breitet sich ein weites Flachland aus, das
nur durch die 2000 m hohen Ketten des Alleghany-(6legeni)Gebirges
Wasser. der atlantischen Küste unterbrochen wird.
In dem Flachlande sammeln sich die Gewässer zu großen Strömen
an. Zum Golf von Mexiko fließt der Mississippi, der von Westen den
gewaltigen Missouri aufnimmt; in den Atlantischen Ozean mündet der
St. Lorenzstrom und in das nördliche Eismeer der Mackenzie (mäk-
könsi). Die beiden letzten sind die Abflüsse großer Binnenseeen. Der
St. Lorenzstrom entstammt den großen kanadischen Seeen. Es sind
dies Oberer-, Michigan- (mitschigän), Hurou- (hüron), Erie- (iri)
nnd Ontario-(onterio)See. Kurz bevor er den letzteren erreicht, bildet
er den 50 m hohen Niagarafall (ttiägara).
An der pazifischen Küste fehlt es zur Entwicklung größerer Ströme
an Flachland. Der bedeutendste Strom ist der Kolorado, der ans dem
Felsengebirge entspringt und in einer bis 2000 m tiefen Schlucht mit
steilaufragenden Wänden das innere Hochland durchschneidet.
§231. Durch die Bodengestalt wird die Eigenart des nordamerikanischen
Klima. Klimas bestimmt. Die Offenheit des westlichen Flachlandes nach Norden
und Süden gestattet den Winden aus jenen Gegenden ein weites Vor-
dringen. Infolgedessen wechselt in dem ganzen östlichen Gebiete oft
eisige Kälte, welche südwärts getragen wird, mit großer Wärme, die den
äquatorialen Meeren entstammt. Plötzliche Temperatursprünge sind häufig.
Im allgemeinen ist Nordamerika kalt, kühler als Europa unter gleichen
Breiten. Nur die pazifische Küste hat unter dem Einflüsse des nahen
Meeres milderes Klima. Auf deu Hochflächen und im Osten des Felsen-
gebirges maugelt es au Niederschlag. Erst an der atlantischen Küste
steigern Winde vom Meere die Regenhöhe wieder.
Pflan- Auf den regenarmeu Gebieten breiten sich Steppen aus, auf deueu
Tiere, früher große Herdeu vou Bifouriuderu sich tummelten. Wo der Boden
stärker beuetzt wird, treffen wir dichte Wälder, besonders östlich vom
Mississippi. Auf deu Hochflächen innerhalb der westlichen Gebirge herrscht
dagegen Wüste. Im eisigen Norden finden wir die öde Moos- und
Flechtentundra, die Heimat des Reuutiers.
Die einheimische Pflanzen- und Tierwelt hat viel Ähnlichkeit mit
der Europas und Nordasiens. In den Wäldern leben Hirsche und Bären.
§ 232. Aber Flora und Fauna sind unter der europäischen Einwanderung
Bodm- stark verändert worden. Auch die Landschaft hat ein anderes Aussehen
imtznng.
Die Staaten Nordamerikas. 125
erhalten. Die Wälder sind vielfach ausgerodet, der Boden, oft unter
künstlicher Bewässerung, zn wohlbebautem Acker- und fruchtbarem Weide-
lande umgewandelt.
Mehr als durch die Ertragfähigkeit des Bodeus wurden die Europäer
durch deu Reichtum au Miueralschätzeu zur Einwanderung angelockt, schätze.
Unermeßliche Lager von Kohlen und Eifeu, ferner reichlich fließende
Petrolenmqnellen sind in dem östlichen Gebiete am Fnße der Alleghanies
gefnnden worden. In den westlichen Gebirgen wurden ergiebige Gold-
und Silberaderu entdeckt.
Hente wird Nordamerika vorwiegend von Europäern bewohnt. Die
eingeborenen Indianer zählen nur noch weilige Millionen. Die Indianer
Fig. 50. Der Niagarafall.
lebten vor der Ankunft der Europäer hauptsächlich vou Jagd und Fisch-
fang. Sie schweiften meist als Wandervölker umher. Nur einige Stämme
hatten bereits ständige Wohnsitze und trieben Ackerbau und Bergbau.
Uuter den Europäern wiegell Engländer und Deutsche vor.
Die Staaten Nordamerikas.
Lritisch-tlordamerika.
Das ganze Gebiet nördlich der kanadischen Seeen und des 49. Breiten- « 233.
kreises ist als Britisch-Nordamerika englischer Kolonialbesitz. Es ist 'Natur.
126 Amerika.
ein nur dünn bevölkertes Land. Im Norden breiten sich die öden Tundren
aus, die bereits von Eisbär und Polarfuchs besucht werden. An den
Küsteu leben die hundehaltenden Eskimos, die wir auch auf deu vor-
gelagerten Inseln des arktischen Archipels und der großen Polariusel
Grönland finden. In den südlichen waldreichen Strichen treiben noch
einige freie Jndianerhorden Jagd auf Pelztiere.
Kanada. Am dichtesten bevölkert ist die Landschaft Kanada im Nordosten
der kanadischen Seeen, wo ein milderes Klima Ackerbau gestattet. Die
ersten Ansiedler waren hier Franzosen. Die wichtigsten Städte sind
die Handelsplätze Montreal (montriol) und Quebec (kwibek) am
St. Lorenzstrom. Englisch sind hier im Osten auch die Halbinsel Neu-
schottland und die Insel Neufundland. Die letztere wird alljährlich
von vielen Hunderten von europäischen und amerikanischen Fischern
besucht, welche dem ergiebigen Kabeljaufange obliegen.
Colum- ^lne Eisenbahn führt uns von Osten mitten durch fast menschen^
via. leere Gegenden nach Britisch-Columbia an der pazifischen Küste, wo
Ackerbau getrieben wird und in den Gebirgen, namentlich am Fräser-
slnß, reiche Goldfelder aufgefuudeu sind.
Alaska. Mit 140° westlicher Länge endet das englische Gebiet. Die Halb-
insel Alaska im äußersten Nordwesten gehört den Vereinigten Staaten
von Amerika.
Die Vereinigten Staaten.
§234. Die Vereinigten Staaten umfassen nahezn die ganze Süd-
faffung. Hälfte des Festlandes bis zum Hochlaude von Mexiko. Es ist ein Buud
vou 45 Einzelstaaten, von denen jeder seine eigene Regierung hat, die
zusammen aber wieder einem gemeinsamen Präsidenten und einem Ab-
geordneteuhause uutersteheu. Unmittelbar von der Bundesregierung werdeu
die 5 Territorien verwaltet; das sind Gebiete, die noch zu menschenleer
sind, um einen Staat zu bilden,
wohner. Die Bewohner der Vereinigten Staaten sind überwiegend enro-
päischer Herkunft. Das Reich, das auch als Union bezeichnet wird, ist
hervorgegangen aus einer englischen Kolonie. Aus den englischen An-
siedlern bildeten sich im Laufe der Zeit die heutigen Nordamerikaner,
die Iankees (jängkis). Die Indianer sind auf wenige Hunderttausende
zusammengeschrumpft. Außerdem gibt es hier noch viele Neger, dereu
Vorfahren einst als Sklaven eingeführt wurden, und Mulatten, Misch-
linge von Negern und Weißeu.
§235. Die Nordamerikaner sind ein arbeitsamer, unternehmungslustiger
io!rbs- Menscheuschlag. Unter ihrer rüstigen Tätigkeit ist die Union ein blühender
quellen. Handels- und Industriestaat geworden. Der Acker- und Plantagenbau
liefert einen guten Ertrag, namentlich an Getreide, Baumwolle und Tabak.
Die Viehzucht blüht sehr. Der gewerbliche Auffchwuug gründet sich auf
den Reichtum au Kohle und Eisen. Wichtige Ausfuhrgegenstände sind
das Petroleum, ferner Gold, Silber und Kupfer.
Verkehr. Deu Handel förderte das Vorhandensein zahlreicher Wasserstraßen,
wie sie in den Strömen sich darbieten. Diese natürlichen Straßen wnrden
noch durch künstliche Kanäle ergänzt. Außerdem baute man zahlreiche
Eisenbahnen. Mehrere davon führen über das hohe Felsengebirge hinweg
zur pazifischen Küste.
Die Staaten Nordamerikas. 127
Am meisten blühte das östliche Gebiet an der atlantischen Küste §236.
ans. Hier herrscht ein feuchtes, mildes Klima. Der Boden ist fruchtbar. Atlanti-
Im Süden gedeihen Mais, Reis, Tabak, Baumwolle uud Zuckerrohr. Gebiet.
Zugleich bergen die Alleghanies große Eisen- und Kohlenlager. Endlich
ift der Osten dem europäischen Festlande zugewandt. An seiner Küste
befinden sich die eigentlichen Eingangshäfen für die europäische Ein-
Wanderung, so am Hudson (hödsn) New Jork (njnjork), mit dem Vorort
Brooklyn (brukliu, die größte Stadt Amerikas, ferner Philadelphia,
Boston und Baltimore. Etwas landeinwärts liegt die Bundeshaupt-
stadt Washington (noschingtn).
Westlich des Alleghany-Gebirges kommen wir in das weite Becken §237.
des Mississippi und Missouri. Im warmen Süden gedeihen noch Banm-
wolle und Zuckerrohr, im Norden breiten sich Mais- und Weizenfelder decken,
aus. Hier liegt am Michigan-See die große Handelsstadt Chicago
Fig. 51. Baumwollernte in Süd-Karolina (Union).
(schikkgo). Der Verkehr im Innern des Mississippibeckens hat seinen
Mittelpunkt in St. Louis (sänt lüi) und im Mündungsgebiete
des gewaltigen Stromes ist New Orleans (njn-orlins) der Haupt-
ausfuhrhafeu, besonders für Baumwolle. Im Westen des Mississippi
beginnt eine regenarme, baumlose Landschaft, die Prärie, einst Jagd-
gebiet der Indianer, jetzt die Weide zahlloser Rinder und Pferde.
Aus den Prärieen erhebt sich das schneebedeckte Felsengebirge. § 238.
Jenseits dieses breitet sich eine trockene, waldlose Hochfläche aus, die J*vif;
zum Teil völlige Wüste ist. Erst auf der pazifischen Abdachung der
Sierra Nevada beginnt unter reicherer Benetzung wieder eine üppigere
Vegetation. Hier wachsen die Riesenzedern oder Wellingtonien bis zu
130 m Höhe. An der Küste liegt das schmale, fruchtbare, dicht bevölkerte
Tieflaud von Kalifornien. Unter günstigem Klima gedeihen hier Wein
128
Amerika,
und Obst. Auch wird viel Weizen gebaut. Die Besiedlung Kaliforniens
wurde iu erster Lüne durch die Entdeckung reicher Goldlager bewirkt.
Mittelpunkt des Verkehrs und des Handels ist San Francisco mit
vortrefflichem Hafeu.
Mtkiko.
§239. Südlich oon 30° nördlicher Breite beginnt das Hochland von
Mexiko, das nach beiden Seiten steil zur Küste abfällt. Die schmalen
wohner. Küsteustreiseu habeu heißfeuchtes, uugesuudes Klima, in dem sich bereits
tropische Vegetation entwickelt; die breite Hochfläche ist dagegen trocken
und heiß, aber gefund. Nur dickblättrige Saftpflanzen wie Kakteen und
Agaven vermögen unter der oft monatelangen Dürre zu bestehen. Zum
Ackerbaue ist das Land weuig geeignet. Dagegen ist der Bodeu reich
au Silber.
lunge'n. ^0r ^cr Ankunft der Spanier lebte hier ein seßhaftes, Ackerbau
treibeudes Volk, das zu ziemlich hoher Kultur fortgeschritten war. Ihr
Reich wnrde durch die Spauier vernichtet. Diese waren lange die Herren
des Landes und beuteten dessen Silberreichtum möglichst aus. Daun
aber bildete sich iu Mexiko ein Freistaatenbnud nach dem Muster der
benachbarten Union. Unter den Bewohueru sind noch fast die Hälfte
Indianer, die den katholischen Glauben angenommen haben.
Die Hauptstadt der Republik, Mexiko, erstand ans der Hochfläche
inmitten einer dichteren Bevölkerung. An der Knfte des Golfes von
Mexiko liegt der Hafenort Vera Cruz (wera krus).
Zu dem mexikanischen Staatenbunde gehört auch die Halbinsel
Nieder-Kalifornien uud die mittelamerikanische Halbinsel Incatan.
Europäische Lelitznngen.
[ Flächeninhalt in qkm Einwohner Orte Einivvhner in Ta«sk»den
Britische........ Kanada ....... Neubraunschweig und Neuschottland . , , . Britisch-Colnmbia . . Hudsousbailänder und Labrador ...... Neufundland..... Französische: St. Pierre u. Miqnelou 9 500 000 240 5l/2 Mill. 6 000 Toronto 210 Montreal 270, Qnebec 70 Halifax 40
Mittelamerika. 129
Selbständige Staatfit.
Flächen- inhalt in Ein- wohner Orte Einwohner in Tausenden
Republik Mexiko .... Vereinigte Staaten von Amerika (Union) . . . 1 990 000 9 400 000 13y2 M. 76 „ Mexiko 350, Vera Cruz tin Staate: New Jork 3500 New Aork Philadelphia 1300 Pennsylvanien Boston 560 Massachusetts Baltimore 510 Maryland Washington 280 Colnmbia Chicago 1700 Illinois St. Louis 580 Missouri New Orleans 290 Louisiana Sau Francisco 340 Kalifornien
Mittelamerika.
Die mittelamerikanische Landenge beginnt mit dem Isthmus von §240.
Tehuantepec. Sie ist vorwiegend Hochland, dem mehrere noch tätige 9*ntur-
Vulkane aufgesetzt sind. Auf der atlantischen Seite treten aus ihr zwei
Halbinseln, Aueatan und Honduras, hervor.
Das Klima ist tropisch heiß und regenreich. Ein üppiges Pflanzen-
kleid schmückt daher den Boden, namentlich auf der westlichen Abdachung,
wo auch die gewinnbringende Kokospalme gedeiht. Auf der östlichen
Seite werden Kaffee, Kakao und Vanille angebaut. Auch gewinnt man
wertvolle blaue Farbstoffe aus dem Anbaue der Indigopflanze und rote
aus der Zucht der Cochenillelaus, die auf dem Opuutienkaktns lebt. Der
Handel ist noch unbedeutend. Der atlantischen Küste fehlen überdies
gute Häfen, die wir nur an der pazifischen Küste, besonders in der
großen Fonseeabai, finden.
Die schmälste Stelle der mittelamerikanischen Landenge ist der §241.
Isthmus von Panama (panaiM). Diese wird von einer Bahn durch- nJ«*
schnitten, welche den Verkehr zwischen den beiden viel befahrenen Ozeanen
vermittelt. Eine Durchstechung der Landenge durch einen Kanal ist bisher
nicht gelungen.
Das ganze Gebiet war früher spanische Kolonie. Jetzt wird es Staaten,
von fünf Republiken, Guatemala, Honduras, Sau Salvador, Rica-
ragua und Costarica, eingenommen. Sie besitzen sämtlich nur geringe
Macht; am bedeutendsten ist Guatemala, deren gleichnamige Hauptstadt
ein wichtiger Handelsplatz ist.
Die Inseln im Osten der Landenge, die von den Entdeckern als § 242.
Westindien bezeichnet wurden, sind zum größten Teile von Gebirgen 9intur-
erfüllt. Viele tragen Vulkane. Sie haben ein heißfeuchtes Tropenklima,
in dem Zuckerrohr und Tabak gedeihen.
Die westlichen Inseln heißen die großen Antillen (antiljen), die Besitzer
östlichen die kleinen Antillen. Unter den großen Antillen war Kuba
und Puertoriko fpauische Kolonie; jetzt gehört die letztere Insel
den Vereinigten Staaten von Amerika, die erstere bildet eine Republik
Ule, Lehrbuch der Erdkunde. I. 4. Anfl. q
130
Amerika.
unter dem Schutze dieser. Auf Kuba liegt Habaua (ljutuärm), die größte
Stadt Westindiens, Ausfuhrort für deu besten Tabak. Jamaika, das
deu aus Zuckerrohr gewonnenen Rum liefert, ist englisch. Auf Haiti,
wo vorwiegend Neger und Mulatteu wohnen, bestehen zwei Republiken,
Haiti und Santo Domingo. In den Besitz der kleinen Antillen teilen
sich hauptsächlich Frauzosen, Engländer und Dänen. Letzteren gehört
die Insel St. Thomas mit einem vielbesuchten Freihafen.
Europäische Lelihnngen.
Flächen- Einwohner Orte
inhalt in qkm Einwohner in Tausenden
Großbritannien..... 56 000 1V2 Will.
Britisch-Honduras . .
Britisch-Westindien . .
Jamaika .....
Kleine Antillen . . .
Bahama-Jnseln . .
Bermudas-Inseln . .
Vereinigte Staaten von
Amerika ......
Pnertoriko...... 9 300 950 000
Frankreich....... 2 900 400 000
Kleine Antillen....
Niederlande (©nracao) 1 100 50 000
Dänemark (St. Thomas) 310 30 000
Selbständige Staaten.
Guatemala ...... 125 000 l1/2 Mill, Guatemala 72
San Salvador..... 2 L 000 900 000 Sau Salvador 50
Nicaragua....... 124 000 500 000
Honduras ....... 120 000 600 000
Costarica....... 54 000 260 000
Kuba, unter Protektion d^r
Vereinigten Staaten . 120 000 1 600 000 Habana 240
Domingo....... 49 000 420 000 Santo Domingo 20
Haiti........ 29 000 1 200 000 Port au Prince 60
Südamerika.
L 243. Südamerika ist uur wenig gegliedert. Im Norden springen in da*
' Giie- Karibische Meer einige Halbinseln vor und au der Westküste greift im
derung. Süden das Meer in zahlreichen Fjorden tiefer in das Land ein und
schneidet durch die Magellanstraße schließlich die Feuerlaudsiuselu
von der Südspitze des Festlandes ab.
Südamerika. 131
Wie Nordamerika wird auch die Südhälfte der neuen Welt im ?n,&en.
Westen von einem Kettengebirge, den Anden oder Kordilleren, durch-
zogen. Es reicht von der Landenge von Panama bis zur äußersten Süd-
spitze, wo es auf einer Insel im Kap Horn endet. Im Süden bilden
die Anden ein einheitliches Kettengebirge mit vielen Gletschern und hohen
Gipfeln, unter denen mehrere Vulkane sind. Etwa unter 30« südlicher
Breite steigt der höchste Berg Amerikas, der Aeoneagna, bis 7000 m
ans. Nördlich davon verzweigen sich die Ketten und schließen breite
Hochländer ein. Auf dem, einen dieser liegt der große Titicaeasee,
3800 m über dem Meere. Östlich davon erhebt sich der Sorata bis zu
6500 m. Das Gebirge wendet sich nun mehr nach Nordwesten, um etwa
unter dem Äquator wieder eine nördliche und nordöstliche Richtung
einzunehmen. Dort ragt der gewaltige 6300 m hohe Chimborazo
(tschimborasso) auf, umgeben von zahlreichen, nur wenig niedrigeren
Feuerbergen. Dann teilen sich die Ketten wieder. Zwischen sie senken
sich Ebenen ein, von denen die eine von dem Magdalenenstrome
durchflössen wird, eine andere den See von Maraeaibo einschließt.
Östlich steigen wir von den Anden in ein weites Tiefland hinab, § 244.
das von wahren Riesenströmen durchflössen wird. Im Norden liegt die
Ebene des Orinoko, der in einem ausgedehnten Delta mündet. Den land.
mittleren Teil des östlichen Südamerika erfüllt das Stromnetz des
Amazonas, des gewaltigsten und wasserreichsten Flusses der Erde. Er
entspringt auf deu westlichen Ketten der Anden. In seinem Oberlaufe
führt er den Namen Marannon (maranjon). Auf seinem westöstlichen
Wege dnrch das Tiefland nimmt er mehrere große Ströme auf, so vou
rechts den Madeira (madera), von links den Rio Negro. Dieser steht
in Verbindung mit dem Orinoko, dessen Lauf sich gabelt. Nahe der
Mündung in den Atlantischen Ozean teilt sich der Amazonenstrom
mehrmals. Ein Arm biegt nach Süden ab und vereinigt sich mit dem
Para (para).
Die Amazonasebene wird im Norden von der des Orinoko dnrch Östl.
das Bergland von Guayana, im Osten von dem Atlantischen Ozeane t^&er.
durch das ausgedehnte brasilianische Bergland getrennt. Beide Berg-
länder erreichen sast 3000 m Höhe.
Im Westen des südlichen brasilianischen Berglandes liegt die Ebene
des Parana (paranü.), der mit Paragnay und Uruguay ebenfalls ein
großes Stromfystem bildet. Er mündet in einem weiten Trichter unter
dem Namen Rio de la Plata. Südlich davon begleitet den Atlantischen
Ozean bis zu den Feuerlandsinseln das Tiefland von Patagonien.
Die Bodengestalt hat auf das Klima einen bedeutenden Einfluß. § 245.
Über die östlichen Tiesebenen wehen unbehindert vom Meere her die Klima,
in dieser Zone herrschenden ostwestlich gerichteten Winde, die Passate, zen!''
Diese bringen dem tropischen Teile des Festlandes bis zu den Gehängen Tme*
der Anden riesige Regenmassen und rufen dadurch eine üppige Vegetation
hervor. Das Amazonasgebiet ist infolgedessen das Land echt tropischer
Urwälder, der Selvas, die durch das dichte Gewirr von Bäumen und
unzerreißbaren Schlingpflanzen für den Menschen fast undurchdringlich
sind. Hier lebt zugleich eine reiche Tierwelt, namentlich Wickelschwanz-
äffen, buntgefärbte Papageien und Kolibris, prächtige Schmetterlinge,
132 Amerika.
ferner auch viele Schlangen und in den Flüssen die krokodilartigen
Kaimans oder Alligatoren.
Im Norden und Süden der Amazonasebene vermindert sich westlich
der Bergländer der Niederschlag. Die Vegetation geht in die der bäum-
armen Savannen und Grassteppen über. Am Orinoko heißen sie Llanos
(ljauos), am Paraua Pampas. Auch auf dem brasilianischen Berglande
vermindert sich die Üppigkeit der Pflanzenwelt; hier treffen wir die
lichten Buschwälder der Campos an.
Auf deu Grasfluren der Llanos und Pampas weiden unzählige
Herden von Pferden, Rindern und Schafen. Diese wurden erst vou den
Europäern eingeführt. In ihrer neuen Heimat sind sie vielfach verwildert.
§ 246. Regenarm sind im allgemeinen auch die westlicheu Kordilleren und
die von ihnen eingeschlossenen Hochflächen. An der pazifischen Küste liegt
die Wüste Atakama, die nur durch dichte Nebel benetzt wird. Reich-
kicheren Niederschlag erhalten allein die südlichsten Ketten und die tropi-
scheu Gebiete, wo infolgedessen eine üppigere Vegetation sich zeigt. Aus
deu Höhen des Gebirges finden wir aber anch hier überall nur spar-
lichen Pflanzenwuchs alpinen Charakters. Die tieferen Gehänge werde»
dagegen, namentlich auf der Ostabdachimg, vou dichten Wal der u bedeckt.
In den regenreicheren südlichen Strichen beherrschen zusammenhängende
Buschwälder das Landschaftsbild.
An Nutzpflanzen sind die Anden arm. Doch hat die Kartoffel hier
ihre Heimat. Bei der europäischen Besiedlung wurden viele Pflanzen
der alten Welt eingeführt, die besonders im Süden gut gedeihen und
verwildert die einheimischen verdrängen.
Mit den Ansiedlern kamen auch unsere europäischen Haustiere uach
Südamerika. Ju den Anden war das einzige Haustier vorher das Lama,
das wie das Kamel der alten Welt als Lasttier benutzt wird. Das
wilde Lama sowie Guauaco und Vikuuua (wikuuja) sind wichtige Jagd-
tiere. Raubtiere siud der Puma und der Jaguar, die fast über ganz
Südamerika verbreitet siud. Über den Gipfeln der Anden schwebt der
Kondor, der größte Raubvogel der Erde. Unzählige Seevögel beleben
die pazifische Küste und die vorgelagerten Inseln. Ihr Mist wird als
Guano zur Düngung unserer Felder verwertet.
§247. Wie die Pflanzen- und Tierwelt, so ist auch die menschliche Beoöl-
tu oh n er keruug seit Ankunft der Europäer stark verändert. Die Ureinwohner, die
Indianer, waren meist Fischer- und Jägervölker. In den gesegneten
Tropenländern führten sie ein sorgenloses Dasein, das sie zum Teil in
Hängematten ruhend verträumten. Sie standen daher anch auf niedriger
Kulturstufe. Auf deu Hochflächen der Anden war dagegen der Lebens-
unterhalt kärglich beschert. Dort mußten die Bewohner Ackerbau treiben,
um sich die erforderliche Nahrung zu schaffen. Das führte zu einem
seßhaften Leben und begründete wie auf dem Hochlande von Mexiko eine
höhere Kultur. Diese wurde aber vou den ersten Eroberern Südamerikas,
den Spaniern, vernichtet. Heute leben nur noch einzelne freie Indianer-
stämme in den unzugänglichsten Gebieten der Anden und im Innern
der östlichen Tiefländer.
Die Staaten Südamerikas,
133
Die Staaten Südamerikas.
Den östlichen Teil Südamerikas erwarben die Portugiesen. Ans §248.
ihren Kolonien haben sich die Vereinigten Staaten von Brasilien ^
entwickelt, welche fast das ganze Tiefland vom Orinoko bis zum Parana
und die östlichen Bergländer umfassen.
Das Reich ist nur an der Küste dichter bevölkert. Es wird über-
wiegend von Negern und Mulatten bewohnt, deren Vorfahren zur
Bewirtschaftung der Plantagen als Sklaven eingeführt wurden. Durch
deu ausgedehnten Plantagenbau, namentlich von Kaffee und Tabak, nimmt
es am Welthandel einen bedeutenden Anteil. Auch Baumwolle und Zucker-
rohr werden viel gebaut. Die Hauptstadt des Reiches, Rio de Janeiro,
ist zugleich auch der wichtigste Ausfuhrhafen. Doch sind Bahia, Per-
nambnco, sowie Para nahe der Mündung des Amazonenstromes eben-
falls große Hafenplätze. In den südlichen Provinzen leben viele Deutsche,
namentlich in dem Staate Rio grande do Snl mit der Hauptstadt
Porto Alegre.
Im Norden Brasiliens liegt das einzige europäische Kolonialland ®JgJ'
Guayana, in das sich die Franzosen, Engländer und Nieder-
länder teilen. Es herrscht dort ein heißfeuchtes, ungesundes Klima.
Die übrigen südamerikanischen Staaten sind ans spanischen Kolonieen §249.
hervorgegangen.
Im Süden grenzen an Brasilien die kleinen Republiken Paraguay P°ra-
am mittleren Parana und Urngnay an dem Rio de la Plata an. Die E'
Hanptstadt der letzteren, Montevideo, ist ein bedentender^Ansfuhrhafen °U01)-
für die Erzeugnisse der hier in großem Maßstabe betriebenen Viehzucht.
Die Viehzucht ist auch der Haupterwerbszweig der Bewohner der
Republik Argentinien, welche das Pampasgebiet und Patagonien Arge»-
bis zum Hauptkamme der Anden umfaßt. Die Hauptstadt Buenos tmie"°
Aires am Südufer des Rio de la Plata ist der größte Ort Südamerikas.
Die weiten Pampas sind belebt von ungeheuren Herden von Schafen,
Rindern und Pferdeu, die von den reitegewandten Gauchos (gautschos)
gehütet werdeu. Auf deu waldlosen Ebenen von Patagonien und aus
den Feuerlandsinseln wohnen noch freie Jndianerstämme. Die Pata-
gonier sind treffliche Reiter geworden, sie leben hauptsächlich von der
Jagd. Die Feuerländer, die südlichsten Menschen der Erde, liegen
dagegen vorwiegend dem Fischfange ob; sie wohnen in einem rauhen,
uaßkalten Klima, gingen früher aber gleichwohl fast nackt. Bei ihren
Wanderungen trugen sie stets brennendes Holz mit sich, woher die
Inseln den Namen Feuerland erhalten haben.
Unter den Andenstaaten erfreut sich nur der südlichste, die Republik §250.
Chile, geordneterer Zustände. Dort wird reger Ackerbau getrieben und Chile,
blühen Bergbau, Industrie und Handel. Die öde Atakamawüste liefert
den für die Düngung unserer Äcker wertvollen Chilesalpeter. Die Haupt-
stadt ist Sautiago, der bedeutendste Hafen Valparaiso (walpara-iso).
Es leben auch viele Deutsche dort.
Im Norden grenzen an Chile der Binnenstaat Bolivia, der an
ergiebigen Silberlagern reich ist, mit La Paz als größtem Ort und die
Republik Peru, die ebenfalls mit Edelmetallen gesegnet ist, mit der
134
Amerika,
Hauptstadt Lima. Hier blühte vor der Ankunft der Spanier das große
Jnkareich.
Ecua- Nördlich schließt sich die Republik Ecuador an. Ihre Hauptstadt
ist Quito, etwa 3000m hoch in einem von schneebedeckten Vulkanriesen
umgebenen Tale. Dort wachsen die Cinchonen, deren Rinde das sieber-
stillende Chinin liefert.
Fig. 52. Buschwald auf Feuerlaud.
Republik Colombia. Sie ist ein goldreiches Land. In den fruchtbaren
Flußtälern wird viel Kaffee und Kakao angebaut. Die Hauptstadt
Bogota (bogote) liegt auf einer bevölkerten Hochfläche im Osten der
Kordilleren.
?e"a Küstenland am Karibischen Meere und das Orinokotiesland
lUCn* bilden die Republik Venezuela mit der Hauptstadt Caracas (kar^kas).
Überblick über Amerika, 135
Sie liefert Kaffee und vorzüglichen Kakao. Wie alle aus spanischen
Kolonieen hervorgegangenen Staaten ist auch Venezuela durch wieder-
holte Bürgerkriege in der gesunden Entwicklung behindert worden.
Europäische Besitzungen.
Flächeninhalt in qlcrn Eiuwohuer Orte Einwohner in Tausenden
Britische....... Britisch-Guayana. . , Falklandinseln . . . . Französisch-Gnayana . . Niederländisch-Guayana oder Surinam .... 260 000 79 000 130 000 300 000 30 000 80 000 Georgetown 54 Cayeuue 10 Paramaribo 30
Selbständige Staaten.
Brasilien....... Paraguay ....... Uruguay ....... Argentinien...... Chile......... Peru......... Bolivia........ Ecuador ....... Colombia....... Venezuela...... 8 400 000 250 000 180 000 2 900 000 780 000 1 140 000 1 330 000 310 000 1 200 000 1 000 000 15 Mill. 2/3 „ 1 5 3 4V2 „ 2'/4 „ IV2 33/4 „ 21/, .. Rio deJaneiro 520, Bahia 180, Pernambuco 120, PortoAlegre55,Blumenau Asuuciou 70 Montevideo 200 Bueuos Aires 840 Santiago 290, Valparaiso 150 Lima 110 Sucre 28 Quito 80, Gnayaqnil 50 Bogota 120, Panama 25 Caracas 75, Valencia 40
Überblick über Amerika.
Nord- und Südamerika gleicheil sich in Gestalt und Aufbau. Sie §251.
bilden jedes eine dreieckige Landmasse, die an der westlichen Breitseite Bodm--
hohe Kettengebirge trägt, während den Osten bis zur Spitze des Drei- 0e °
ecks ausgedehnte Tiefländer erfüllen, aus deueu nur niedrigere Berg-
länder sich erheben.
In den weiten Tiefebenen fammeln sich die Gewässer zu riesigen Flüsse.
Strömen und in Nordamerika auch zn großen Binnenseeen an.
Nordamerika ist wie alle Festländer der nördlichen Halbkugel reicher
gegliedert. Namentlich find im Eismeere zahlreiche Inseln vorgelagert.
Infolge seiner nordsüdlichen Ausdehnung erstreckt sich Amerika fast 3252.
über sämtliche Zoueu der Erde. Nordamerika reicht von der kalten Zone Klima.'
über die gemüßigte bis in die heiße Zone, Mittelamerika liegt ganz in
der heißen und Südamerika greift über die füdliche heiße Zone hinans
in die gemäßigte. Das bedingt einen großen Wechsel der Klimate. Diese
gehen aber nicht schroff ineinander über, vielmehr bieten die klimatischen
Verhältnisse in westöstlicher Richtung infolge der scheidenden hohen
136 Amerika,
Gebirge weit schärfere Gegensätze. Der schmale Küstenstreifen im Westen
steht unter dem Einflüsse des Pazifischen Ozeans, der breite Osten jenseits
der hohen Gebirgsketten empfängt vom Atlantischen Ozeane Feuchtigkeit.
Nur im Innern begegnen wir hier regenarmen Steppen. Wüsten sind
selten, sie sind auf die westlichen Hochländer beschränkte
§253. Die Offenheit des Landes in nordsüdlicher Richtung gestattete auch
Pflan- den Pslauzeu und Tieren eine weite Verbreitung. Im äußersten Norden
Titte, wird der Boden von der Tundra eingenommen. Dann folgt das gemäßigte
Nordamerika mit einem Pflanzenkleid, das dem Waldlande des nördlichen
Europa und Asien gleicht, belebt von Hirschen, Bären, Wolfen, Mardern
und anderen Pelztieren. Im südlichen Nordamerika beginnt in den feuchteren
Gebieten die tropische Vegetation und Fauna, die sich bis zur Südgrenze
der heißen Zone ziemlich ähnlich bleibt. In der südlichen gemäßigten
Zone begegnen wir einer Pflanzenwelt, die in den Formen von der alten
Welt etwas abweicht. Unter den Nadelhölzern wiegt die Araukarie vor.
Im äußersten Süden bildet die Zwergbuche dichte Buschwälder.
Auch die Tierwelt zeigt andere Gestalten; Puma und Jaguar eut-
sprechen dem Löwen und Tiger, das Lama etwa dem Kamele und das
Guanaco Patagouieus den Antilopen der Ostfeste.
Amerika war ursprünglich arm an Nutzpflanzen und Haustieren.
Bei den nördlichen Indianern und deu Eskimos treffen wir Hunde. In
Mexiko wurden Truthühner, in Peru Lamas gezüchtet. Auf den Feldern
wurden Mais, Hirse und Kartoffeln gebaut.
§254. Die Ureinwohner, die Indianer, lebten meist von der Jagd und
wohner ^em Fischfänge. Nur in Mexiko und Peru waren sie seßhaft. Sie bildeten
tt0 ner* vom hohen Norden bis zur Südspitze eiue einheitliche Rasse.
Heute sind die Indianer stark zurückgedrängt. Etwa drei Fünftel
der jetzigen amerikanischen Bevölkerung sind europäischer Herkunft. Außer-
dem machen die einst als Sklaven eingeführten Neger sowie die Mischlinge
dieser mit den Weißen, die Mulatten, einen erheblichen Teil der Be-
völkernng aus.
Unter deu Europäern haben die Spanier und Portugiesen
hauptsächlich Süd- und Mittelamerika, die Engländer dagegen Nord-
amerika besetzt. Infolgedessen ist Nordamerika heute vorwiegend germanisch,
das übrige Gebiet aber romanisch. In den romanischen Ländern herrscht
der Katholizismus, iu den germanischen der Protestantismus.
Vir polarliwder.
§ 255. Die Umgebung der Pole unserer Erde ist zum großen Teile noch
nicht erforscht. Das unbekannte Gebiet kommt am Nordpole dem Kaiserreiche
Rußland, am Südpole der doppelten Fläche Europas gleich.
Nord- Die Greuze des Nordpolarlandes schließt die nördlichsten Gebiete der
land. Festländer mit ein. Vor allem gehören ihm die vorgelagerten Inseln,
Spitzbergen, Franz Josefsland, die neusibirischen Inseln, ferner
die arktische Inselgruppe Amerikas und Grönland zu.
Sud- Die Südpolarwelt wird rings von einem breiten Meere nmgeben.
latidÜ Wo man polwärts vordrang, stieß man auf Land oder auf eine dichte
Die Polarländer. 137
Eismauer. Auf Viktorialand entdeckte man Berge von fast Montblanc-
höhe und eiueu tätigen Vulkan.
In der letzten Zeit ist durch den Wagemut kühner Forscher das A°r-
unbekannte Gebiet an beiden Polen erheblich verkleinert worden. Am
Südpole ist man bis 82°, am Nordpole bis 86° vorgedrungen.
Soweit die Polarländer erforscht sind, zeigen sie eine unwirtliche §256.
Natur. Schnee und Eis beherrschen die Landschaft. Einzelne Teile sind 9}atur*
von einem über 1000 m mächtigen Eismantel, dem Inlandeise, bedeckt.
Überall strömen riesige Gletscher zum Meere; dort brechen die Enden
der Gletscher ab und treiben dann als Eisberge in die Ozeane hinaus.
Im Winter bleibt die Sonne lange Zeit unter dem Horizont, es Winten
herrscht dauernd Nacht, die nur dnrch die Dämmerung etwas erhellt wird.
Zuweilen wird der Himmel auch von herrlich gefärbten Polarlichtern
erleuchtet.
Im Frühjahre erhebt sich die Sonne wieder über den Horizont, um ®0cl£
bald dauernd darüber zu bleiben. Die schnee- und eisfreien Landflächen
bedecken sich dauu mit einem Teppich prächtig gefärbter Blumen. Schareu
von Vögeln nisten aus den felsigen Küsten, Renntier und Moschusochse
kehren aus südlicheren Länderstrichen zurück und Eisbär und Schneehase
erwachen aus ihrem Winterschlafe. An tierischem Leben ist die Polarwelt
nicht arm. Die Ozeane sind belebt von den großen Meersängetieren, den
Walrossen, Seehunden und den riesigen Walfischen.
Die Polarländer sind auch von Menschen bewohnt. Im Norden § 257.
Amerikas und auf Gröulaud leben die Eskimos, die ihren Lebensunter-
halt im Fischfange und in der Jagd finden. Das Haustier ist der
Hund, der in großen Rudeln vor die Schlitten gespannt wird. Die
Eskimos haben eine untersetzte Figur, schmutzigbraune Hautfarbe, schwarzes
straffes Haar und vorstehende Backenknochen. Sie hausen im Sommer
in leichten Zelten, für den Winter bauen sie sich Hütten aus angeschwemmtem
Holz oder auch ans Schnee und Eis oder graben sich Höhlen in den Boden.
Zu den Polarvölkern rechnet man bereits die nördlichsten Bewohner
der alten Welt, die in Lebensweise und Aussehen vieles Gemeinsame haben.
Neben dem Hunde wird von den meisten noch das Renntier gezüchtet.
Der Fettreichtum der Meerestiere sowie die wertvollen Pelze vieler
Landtiere lockten auch deu Menschen der gemäßigten Zoueu in diese nn-
wirtlichen Gegenden. Außerdem hoffte man durch die Eismassen hindurch
einen kürzeren Seeweg nach dem Stillen Ozeane zu finden. Die Durchfahrt
im Norden Amerikas gelang 1851, die im Norden Asiens 1879; beide
blieben aber für den Weltverkehr des Eises wegen ohne Bedeutung.
Grönland ist das besterforfchte Polarland. Es wird im Innern
von Eis bedeckt. An den Küsten wohnen einige Eskimos. Auf der Insel
gründeten schon im 10. Jahrhundert die Normannen Niederlassungen,
die aber wieder zu Grunde gingeu. Heute ist Grönland dänischer Besitz.
138 Allgemeine Erdkunde.
Allgemeine Erdkunde.
Das Land.
§258. Das Land ist auf der Erde sehr ungleich verteilt. Auf der nörd-
Teilung; lichen Halbkugel nimmt es deu größten Teil der Oberfläche ein, während
auf der Südhalbkugel die Meere überwiegen. In schmalen Spitzeu laufen
die Kontinente nach Süden aus, nach Norden erweitern sie sich zn breiten
Flächen. .Die nördlichen Festländer sind reich gegliedert, die südlichen
dagegen von einförmigem Umrisse.
Boden- Das Land ist vorwiegend Flachland. Aus ihm erheben sich die
»kstalt. @e^rge Diese verlaufen in verschiedenen Richtungen. Die alte Welt
wird von Westen nach Osten, die neue von Norden nach Süden von
einer zusammenhängenden Gebirgsmauer durchzogen. An sie lehnen sich, in
der alten Welt nördlich, in der neuen Welt östlich, weite Flachländer an.
1ml?/ ' Das Flachland ist Tiefland oder Hochland. Als Grenze gilt die
Höhe von 200 m. Die Gebirge scheidet man nach Höhe und Bodengestalt
Gebirge, in Mittel- uud Hochgebirge. Erstere reichen etwa bis 2000',,?. und
haben milde Formen, letztere steigen dagegen in schroffen, kahlen Felsen
zu größeren Höhen auf und erheben sich meist über die Grenze des
Pflanzenwuchses hinaus bis in die Regionen des ewigen Schnees.
Über die höchsten Gipfel der Gebirge läuft die Kammlinie; sie
geht von Gipfel zu Gipfel und feukt sich auch in die jene scheidenden
Sättel oder Scharten ein. Durch diese führen oft Straßen über das
Gebirge hinweg, sie bilden dann Pässe.
§ 259. Die Gebirge entstehen durch Bewegungen der festen Gesteinsrinde
bildimg- ^er ®r'5e- Einmal werden die Gesteinsschichten durch seitlichen Druck in
Falten gelegt und dadurch über die Umgebung erhoben; es bilden sich
Faltengebirge, wie es unter anderen die Alpen, die Pyrenäen, der
Himalaja, die Anden sind. Sodann werden die Gesteinsschichten anch von
Spalten durchsetzt, an denen sich die einzelnen Schollen auf- und abwärts
bewegen. Dadurch werden Bruchgebirge geschaffen, zu denen die meisten
deutschen Mittelgebirge gehören. Bleibt eine einzelne Scholle zwischen
anderen abgesunkenen stehen, so bildet sie einen Horst.
In auf- und absteigender Bewegung befinden sich große Teile der
Erde. Die Bewegung geht aber so langsam vor sich, daß sie oft erst
nach Jahrhunderten bemerkbar wird. Sie äußert sich in säkulären Ande-
rnngen der Lage des Meeresspiegels.
Vulkane. Gebirge entstehen auch durch Aufschüttung feurigflüssiger Massen,
die aus der Tiefe der Erde hervordringen. Diese Vulkanischen Gebirge
siud entweder massige Kuppen oder aufgeschichtete Kegel. Bei den letzteren
wird das Gesteinsmaterial zum Teil unter gewaltigen Explosionen aus
einem osseueu Schlünde, dem Krater, ausgeworfen.
Eid- Im Gebiete solcher vulkanischer Vorgänge wie auch jüngerer Be-
6e6cn' weguugeu der Gesteinsschichten treten zugleich Erschütterungen des Bodens,
Erdbeben, auf. Diese können auch durch Bergstürze oder durch Zu-
fammenbrnch unterirdischer Hohlräume erzeugt werdeu.
§260. Die Erhebungen auf dem Lande werden durch Wiud und Regen
trag miß sowie durch das fließende Waffer ununterbrochen wieder abgetragen,
bee Unter dem Einstufst der Wärme und der Feuchtigkeit der Luft ver-
Das Land. — Die Gewässer des Festlandes. 139
wittert das Gestein zu lockerem Grus. Dieser wird dann vom Wind
fortgeweht und vom Regen abgespült. Die Regenbäche tragen das Material
den Bächen und Flüssen zu, die es mit sich weiter talabwärts sichren
und meist erst im Flachlande wieder ablagern. Wo ein Fluß in einen
See oder in das Meer mündet, schüttet er allmählich einen Schuttkegel
auf, bildet er ein Delta wie der Nil, der Mississippi und der Po.
Durch die abtragende Tätigkeit des fließenden Wassers, die man Bildung,
als Erosion bezeichnet, werden die Hohlformen des Landes, die Täler,
hervorgebracht, die auch uoch fortwährend durch das Wasser erweitert
und vertieft werden. Zuweilen werden Flachländer dadurch schließlich so
zerschnitten, daß sie Gebirgen gleichen. Das Elbsandsteingebirge oberhalb
Dresden ist ein solches Erosionsgebirge.
Täler entstehen weiter auch durch die gebirgsbildenden Vorgänge
als Faltenmulden oder als Grabenversenkungen, indem eine Scholle
zwischen zwei anderen einsinkt, wie das in der oberrheinischen Tiefebene
zwischen Schwarzwald und Wasgan geschehen ist.
Auch das Wasser des Meeres arbeitet an dem festen Lande. Wo Wirkung
dieses flach an das Wasser herantritt, wirft es Sandwälle, Dünen, auf, Meeres,
wo es iu steilen Wänden aus dem Wasser aufsteigt, wird es von der
brandenden Woge unterwühlt und benagt, das Meer dringt hier land-
einwärts unaufhaltsam vor. Durch diese Wirkung, die man Abrasion
nennt, sind im Laufe erdgeschichtlicher Zeiträume gauze Gebirge abge-
tragen worden.
Äie Gewässer des Festlandes.
Das in den Boden einsickernde Regenwasser bildet dort das Grund- §261.
wasser, das laugsam abwärts fließt und zuweilen au tiefer gelegenen Grund-
Stellen wieder zu Tage tritt. Ein Teil dieses Wassers sinkt aber dnrch
Spalten des Gesteins auch tiefer ein und bewegt sich dann auf uudurch-
lässigen Gesteinsschichten ebenfalls abwärts. Aus ihm gehen die Quellen Quellen,
hervor. Solche Gesteinsquellen führen im allgemeinen kaltes Wasser. In
vielen Quellen ist jedoch das Wasser warm, sie heißen dann Thermen.
Man findet sie vorwiegend in vulkanischen Gebieten. Ihr Wasser ist
häufig salzig oder säurehaltig. Auch Gesteinsquellen führen zuweilen
salziges Wasser.
Aus den Quellen und deu Regeubächeu entstehen die Flüsse. Im Flüsse.
Gebirge eilen diese meist in schnellem Laufe, oft unter Bildung von
Stromschnellen oder Wasserfällen, talabwärts; in der Ebene fließen sie
im allgemeinen träge dahin. Man unterscheidet deshalb an einem Flusse
Gebirgs- und Flachlandlaus oder auch Ober- und Unterlauf; die
Ubergangsstrecke ist der Mittellauf.
In deu höheren Gebirgen fällt das ganze Jahr hindurch uur § 262.
Schnee, der dann in den Mulden dauernd liegen bleibt. Von dort ®tct=
gleitet er zum Teil als Schneelawine abwärts, zum Teil verwandelt
er sich durch wiederholtes Auftauen unter der Wärme der Sonne und
Wiedergefrieren in den kalten Nächten in ein Gemenge von Eiskörnern,
in Firn. Dieser verkittet in den tieferen Schichten immer mehr zu festem
Eise, das aber schmiegsam bleibt und als Eisstrom oder At<etsch-er^ sm,*
talabwärts fließt. Dieser reicht in den Tälern weit tiefer hinab^Äl'srHbrci^.isis
Hr:
140
Allgemeine Erdkunde,
ewige Schnee. Er führt auch Gesteinsmaterial mit sich, das er in seinem
Bett und namentlich an seinem Ende als Moräne ablagert.
Sece». ^ Wo das fließende Wasser sich in Bodensenken sammelt, bildet es
Seeen. Diese können durch Abdämmnug eiues Tales oder durch Aus-
Höhlung und Senkung des Bodens entstehen. Auch durch Abgliederuug
kleiner Teile des Meeres an der Küste werden Seeen, Strandseeen oder
Lagunen, geschaffen.
Die Gewässer des Festlandes fließen fast sämtlich schließlich in das
Meer. Nur ein kleiner Teil verliert sich im Innern der Kontinente in
Binnenseeen oder auch spurlos im trockenen Boden solcher abflußlosen
Gebiete.
§ 263. Die Entwässerung zum Meere erfolgt sehr ungleich wegen der
tob"fe* eigenartigen Verteilung der Gebirge. Die nordsüdlich verlausenden
rungder Gebirge Amerikas begrenzen unmittelbar den Stillen Ozean. Zur Eut-
l NN der. Wicklung großer Stromsysteme ist hier kein Raum. Nur an den West-
knsten dieses Meeres münden größere Flüsse. Der Atlantische Ozean
empfängt dagegen das Waffer der Riesenströme, welche die weiten Flach-
länder der neuen und alten Welt durchfließen.
Vas Meer.
§264. Das Meer breitet sich in großer Ausdehnung zwischen den Fest-
ländern aus. Von den weiten offenen Ozeanen zweigen sich vielfach
kleinere Flächen ab, die tief in das Land hinein sich erstrecken. Solche
Meeresteile bezeichnet man als Mittelmeere, nur von Inselketten ab-
geschlossene Teile der Ozeane dagegen als Randmeere.
Meeres. Die Meeresbecken sind im allgemeinen sehr tief, im Mittel 3,5 km.
c en* Ihr Untergrund ist weit einförmiger gestaltet als der Boden der Fest-
länder. Diese sind umgeben noch von einer Flachsee, die etwa bis
200 m Tiefe reicht. Dort erst senkt sich der Boden steil zur Tiefsee ab.
Meer- Das Meerwasser ist stark salzig; es enthält 3,5% Salz. Deshalb
moffer. trinkbar. Seine Farbe ist blau oder grün.
Wellen, Auf der Meeresfläche erzeugt jeder Wiud Wellen, die bei heftigem
mungen. Sturme eine Höhe von mehr als 10 m erreichen. Wo der Wind an-
dauernd in einer Richtung weht, setzt er die ganze Wassermasse an der
Oberfläche in Bewegung, es entstehen Meeresströmungen, vom See-
mann auch Windtriften genannt. Kommen diese Strömungen aus warmen,
äquatorialen Gegenden wie der Golfstrom, so führen sie warmes, aus
polaren dagegen kaltes Wasser.
Gezeiten. Der Meeresspiegel bewegt sich außerdem im Laufe eiues Tages
langsam zweimal auf- und abwärts. Die Zeit der aufsteigenden Bewegung
heißt Flut, die der absteigenden Ebbe, beide zusammen Gezeiteu oder
Tiden. Diese Gezeiten sind eine Folge der Anziehung vou Sonne und
Mond auf die Wasserhülle der Erde. Sie folgen zeitlich dem Stande
dieser Gestirne, in erster Linie dem des nahen Mondes. Auf offenem
Meere erreicht die vertikale Bewegung nur 1 m, an den Küsten, nament-
lich in spitzen Golfen, steigt dagegen die Flut bis auf 15 m au.
Das Meer, — Die Lufthülle, 141
Die Lufthülle.
Die Erde ist allseitig von Luft umhüllt. Die Höhe dieser Lufthülle § 265.
oder Atmosphäre schätzt man auf mehrere hundert Kilometer. Luft-
Die Luft ist schwer, sie übt auf jedeu Gegenstand einen Druck aus.
Wir messen diesen Druck mit dem Barometer. Mit der Entfernung von
der Erde wird die Luft immer dünner und leichter.
Unter der Wirkung der Sonnenstrahlen erwärmt sich die Luft, sie Wiwne.
nimmt Wärme auf, um fo mehr, je langer der Weg ist, den die Strahlen
durch die Atmosphäre zurücklegen. Infolgedessen erwärmt sich umgekehrt
der Boden um so stärker, je, kürzer dieser Weg ist, um Mittag also
stärker als am Abend, am Äquator stärker als in nördlichen Breiten.
Von dem Untergrunde strahlt aber die Wärme zurück in die Lnst und
erwärmt diese ebenfalls. Die rückstrahlende Wärme vom Boden ist sogar
die Hauptwärmequelle. Mit der Entfernung von dem Untergründe nimmt
die Temperatur der Luft ab. Auf den Bergen ist es kühler als im
Flachlande.
Dort wo die Sonne den Boden am stärksten erhitzt, ist es am
wärmsten auf der Erde. Es erwärmt sich aber Land viel stärker als
Wasser. Daher ist die Luft über dem Laude am Tage und im Sommer
wärmer als die über dem Wasser. Umgekehrt kühlt sich Wasser langsamer
ab als Land; deshalb ist in der Nacht und im Winter über dem Lande
geringere Wärme zu finden als über dem Wasser. Man unterscheidet
danach Land- und Seeklima; ersteres zeichnet sich durch größere Tages-
und Jahresschwankung der Temperatur aus.
Durch die verschiedene Erwärmung wird das Gleichgewicht der
Luft gestört. Warme Luft ist leicht uud steigt auf, kalte Luft ist schwer
und seukt sich. Der Ausgleich zwischen Gebieten verschiedener Erwärmung
und damit verschiedener Schwere bewirkt Bewegungen iu der Lust,
Strömungen oder Wiude. Der Wind weht nni so heftiger, je größer
der Unterschied in der Schwere der Luft ist.
Durch die verschiedene Erwärmung der einzelnen Gebiete der Erde § 266.
hat sich in der Atmosphäre ein System regelmäßiger Winde entwickelt. Wind.
Am Äquator liegt eiue Zone aufsteigender Luft, die sich an der Erd-
oberfläche durch Windstillen kundgibt. Die aufsteigende Luft fließt iu der
Höhe polwärts ab. In dieser Richtung verjüngt sich aber schnell der
Umfang der Erde, für die äquatorialen Luftmassen ist bald kein Raum
mehr vorhanden, sie müssen zum Boden niedersteigen. Von dort strömen
sie zum Teil uach dem Äquator zurück. Von ihrer Bahn werden sie
jedoch dnrch die Rotation der Erde abgelenkt, auf der Nordhemisphäre
nach rechts, auf der Südhemisphäre uach links. Es wird dadurch aus
dein Nordwind nördlich des Äquators ein Nordost, aus dem Südwind
südlich davon ein Südost. Diese Winde heißen Passate, die entgegen-
gesetzten oberen Winde Antipassate. Sie werden ans der polaren Seite
etwa unter der Breite von 35° von einer Zone der Windstillen begleitet.
Ein Teil der äquatorialen Luftmassen strömt von hier ans weiter
den Poleu zu. Infolge der zunehmenden Ablenkung durch die Rotation
gehen diese aber ganz in Westwinde über.
Dieser regelmäßige Kreislauf in der Atmosphäre wird vielfach
durch die ungleiche Verteilung von Wasser und Laud gestört. Große
142 Allgemeine Erdkunde.
Landflächen, wie Asien, rufen durch ihre starke
w- °- Erhitzung im Sommer und Erkaltung im
_> Westwinde Winter mit den Jahreszeiten wechselnde Winde,
'Windstillen Monsune, hervor, die im Sommer von der See
™ . , „ . „ „ t nach dem Lande, im Winter umgekehrt wehen.
Wendekr. Nordostpassat Bereiche der vorherrschenden Westwinde
Äquator. Stillen-Gürtel erzeugen ferner Störungen des atmosphärischen
Wendekr. ^~-~~^Südostpassat Gleichgewichtes häusigeu Wechsel der Stärke
Windstillen und Richtung der Winde.
Kommen die Winde aus äquatorialen
Gebieten, so bringen sie Wärme, ans polaren
w- 0. dagegen Kälte. Die Temperatur bewegter Luft
ändert sich aber auch, wenn sie steigt oder fällt,
im ersten Falle kühlt sie sich ab, im zweiten
Die vorherrschenden Winde, wird sie warm. Ein solcher durch Absteigen
warmer Wind ist der Föhn der Alpen,
schlag" Die Luft enthält stets Wasserdampf. Dieser wird ihr durch die
Verdunstung von Meeren, Seeen, Flüssen und vom Boden zugeführt. Die
Luft kann aber immer nur bestimmte Mengen von Wasserdampf in sich
aufnehmen. Die Menge hängt von der Temperatur ab. Kühlt sich Wasser-
dampfreiche Luft ab, so scheidet bald ein Teil davon als Wasser aus,
es bilden sich am Boden Tau oder Reif, in der Luft Nebel und Wolken.
Geht die Ausscheidung sehr schnell vor sich, so entsteht Regen oder bei
einer Temperatur unter 0" Schnee.
Alle Luftströmungen aus wärmeren in kältere Gebiete sind daher
Regenbringer. So erzeugt Luft, die sich in aufsteigender Bewegung
besiudet, z. B. an den Gehängen der Gebirge oder im Bereiche starker
Erwärmung, heftige Regengüsse. Auch äquatoriale Winde, die warme
Luft polwärts führen, sind Regenspender.
§267. Diese Vorgänge in der Atmosphäre bestimmen das Wetter. Darunter
Wetter begreift man den jeweiligen Zustand der Luft, der ununterbrochenem
Klima. Wechsel unterworfen ist. Das Beständige in diesen veränderlichen Vor-
gängen, das sich vorwiegend in den Mittelwerten der Tage, Monate und
Jahre kundgibt, bezeichnen wir als das Klima.
Das Klima eines Landes wird in erster Linie durch den Stand
der Sonne bedingt.
Umriß und Gestalt der Festländer bewirken jedoch, daß die klima-
tischen Zonen der Erde nicht genau den Sonnenzonen angepaßt erscheinen.
Wo das Meer vorherrscht, haben wir Seeklima, wo sich das Land zu
weiten Flächen ausbreitet, Landklima. Auch die Winde verschieben die
Klimate. Wo die Passate vom Meere zum Laude wehen, tragen sie das
Seeklima landeinwärts. Daher ist zum Teil Südamerika im östlichen
Tieflande so reich benetzt.
Im Gebiete der westöstlichen Winde haben die Westseiten der Fest-
länder.Seeklima, die Ostseiten Landklima. Europa und Ostasien sind infolge-
dessen klimatisch so verschiedenartig.
Auch mit der Höhe ändert sich das Klima. Die Wärme nimmt ab
und zeigt größere Tages- und Jahresschwankungen. Afrika hat infolge-
Pflanzen und Tiere. — Der Mensch. 143
dessen in seinen Hochländern kein so heißfeuchtes Klima wie die ebenfalls
unter den Tropen gelegenen südamerikanischen Tiefländer.
Pflanzen und Tiere.
Durch die Gestalt der Festländer und durch die Klimate ist eine §268.
große Mannigfaltigkeit der Tier- und Pflanzenwelt bedingt. Gebirgs-
mauern und unwirtliche Flachländer fowie vor allem Meere sind für Tiere,
die Verbreitung der Lebewesen oft unüberwindliche Schranken. Auf der
Nordhalbkugel, wo sich die Festländer näher berühren, sind daher Flora
und Fauna weit gleichartiger als auf der Südhalbkugel, auf der das
Land durch breite Meeresflächen geschieden ist. Auf den Kontinenten
ändert sich die Lebewelt am stärksten diesseits und jenseits hoher
Gebirgsmaueru. In Amerika geht die Flora allmählich aus der polaren
in die gemäßigte und tropische über. Dort ist die Flora im Westen
und Osten der Kordilleren unter der gleichen Breite oft verschiedener
als auf eiuer Seite unter weit entfernteren Breiten.
Das Klima wirkt vornehmlich auf das äußere Wachstum ein, es Vege-
bestimmt die Form der Pflanzen, die Vegetation. In heißfeuchten tntum*
Tropenländern, wie in Südamerika und Südasien, haben wir die
üppigste Urwaldvegetation. In Afrika treffen wir solche fast nur au
den Flußniederungen; die umgebenden Hochflächen tragen Savannen.
Sie gehen in den trockenheißen Ländern in Steppen und Wüsten über,
in denen Bäume nicht mehr gedeihen. Diese bilden dichte Bestände in
den reicher benetzten Ländern des gemäßigten Klimas, wo Wälder mit
Wiesen und Mooren abwechseln. Mit der Annäherung an die polaren
Gebiete verkümmern die Bäume, der schuee- und eisfreie Boden ist
dort nur noch mit Kräutern, Flechten und Moosen bedeckt.
Die Tiere sind weniger abhängig vom Klima. Anch werden sie §269.
nicht so erheblich durch Gebirge und Gewässer in ihrer Verbreitnng 'Tiere,
behindert. Dennoch ist auch ihr Vorkommen von geographischen Ver-
Hältnissen abhängig. Am meisten wirkt darauf die Vegetation ein.
In den heißfeuchten, Pflanzenreichen Tropenländern Hausen die
großen Dickhäuter. Auf den Bäumen der dortigen Wälder klettern
unzählige Affen. In den Savannen und Steppen grasen flüchtige
Einhufer und Zweihufer, während zahlreiche Nager den Boden durch-
wühlen. Die dürre Wüste bietet noch dem Kamele hinreichende Nahrung.
Löwe, Tiger und Jaguar sind ebenfalls Tiere der wärmeren Länder.
In den Wiesen und Wäldern der gemäßigten Zone leben Pelz-
tiere, Hirsche, Bär und Wolf. In den polaren Ländern finden wir
Renntier, Eisbär und auf den Eisschollen des Meeres zahlreiche Robben.
Abgeschlossene Gebiete, wie Inseln und Gebirgslünder, haben ost eine
eigenartige Fauna, so Australien die Beuteltiere, die amerikanischen
Kordilleren die Lamas.
Der Mensch.
Über die ganze Erde verbreitet ist der Mensch. In allen Erdteilen §270.
hat er sich niedergelassen und in allen Zonen mit Ausnahme der
südlichen kalten ist er heimisch geworden. Die hohen Gebirge hat er
überschritten und die weiten Ozeane zu Schiff durchfahren.
144
Allgemeine Erdkunde
Kultur.
§ 271.
Er-
werbs-
Doch infolge der mannigfaltigen Lebensbedingungen, welche die
Menschen in den einzelnen Ländern fanden, haben sie sich in sehr
verschiedener Weise entwickelt. Die Völker Europas stehen auf hoher
Kulturstufe. Ihnen kommen die Chinesen und Japaner Ostasiens in
mancher Beziehung nahe. Dagegen nehmen viele Negervölker Afrikas,
die Australier uud einzelne Stämme Amerikas in religiöser und sittlicher
Hinsicht noch einen niedrigen Standpunkt ein. Sie sind oft noch in
heidnischem Aberglauben und Götzendienst befangen.
Die Art, wie sich die Menschen ihren Unterhalt schaffen, ist sehr
verschieden. Manche Stämme leben nur von dem Ertrage des Sammelns,
quellen. Jagens oder Fischens, andere weiden ihre Herden. Solche Viehzüchter
oder Nomaden finden wir hauptsächlich auf den Steppen und Savannen
Asiens und Afrikas. Wo der Boden fruchtbar uud ausreichend benetzt
ist, wird meist Ackerbau getrieben. Dieser führt zu seßhaftem Leben
und auch zu gewerblicher Tätigkeit. Letztere wird durch deu Reichtum
an natürlichen Produkten, namentlich an Kohle und Eisen, gefördert.
Die Erzeugnisse des Bodens und der Gewerbtätigkeit liefern die
Grundlage zum Haudel, der wieder den Verkehr zn Lande und zu
Waffer hervorruft.
Ackerbau und Viehzucht beruhen auf der Pflege von Pflanzen
und Tieren. Diese Nutzpflanzen und Haustiere sind je nach der Natur
der Länder verschieden. Namentlich sind der Verbreitung der Nutz-
pslauzeu vielfach scharfe klimatische Grenzen gesetzt. Gleichwohl begleiten
sie den Menschen über weite Gebiete. Von den Haustieren folgte nur
der Hund dem Menschen in alle Wohnsitze.
§272. Die Menschen haben sich in den einzelnen Ländern zu gemein-
Staate», samem Handeln und Schutze vereinigt und Staaten gebildet, sie
Rassen, gehören dann politisch zusammen. Wir teilen sie aber auch nach der
Sprache in Völker und Völkerfamilien, nach körperlichen Merkmalen,
nach Haarwuchs uud Hautfarbe iu Rassen ein.
Nutz-
pflanzen.
Hans-
tiere.
Die Menschenrassen
Völkerfamilien
Heimat
Mittelländische (kaukasische)
Rasse
Drawidas
Mongolen
Malaien
Indianer
Papnas Melauesier)
Australier
Hottentotten und Busch-
männer
Neger
Hamiten, Semiten, Jndo-
germanen, Kaukasusvölker,
Basken
Chinesen, Judochiueseu,
Koreaner, Japaner, Nord-
asiaten, Beringsvölker
Eigentliche Malaien,Mikro-
nesier, Polynesier, Hovas
Sndanneger, Bantuueger
Nordafrika, Südwestasien,
Kankasien, Europa
Vorderindien
Nord- und Ostasien
Malaischer Archipel, Oze-
anien, Madagaskar
Amerika
Neuguinea itnb Inseln süd-
östlich davon
Australien
Südafrika
Afrika