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Erdhunde für rniftelichulen
Auf Grund der Erdkunde von Direktor Heinrich Fischer»
Prof. Dr. A. Geistbeck und Studienrat Dir. Dr. M. Geistbeck
bearbeitet von
Albert Müller
Magdeburg
Erster Teil:
kus der Allgemeinen Erdkunde.
Länderkunde von Mitteleuropa.
Mit 60 Abbildungen und Zeichnungen
Kriegsausgabe
(Siehe nächste Seite)
Zweite, verbesserte Auslage
) ,
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Georg-Eckert-^sfet
fetörnsücnda Schuibudtfarsci&r.«
Braunschwelg
Verlin und München 1918
Druck und Verlag von R. Oldenbourg
Abteilung für Schulbücher
frJif'^chinstitut Inventarisiert unter
Bemerkung zur vorliegenden Kriegsausgabe.
Durch die gewaltige Steigerung der Löhne und aller zur
Herstellung eines Buches notwendigen Rohstoffe sind die Ge-
samtgestehungskosten eines solchen im Verlauf des Krieges so
gestiegen, daß sie gegenwärtig um mehr als 200% höher sind
als zu Friedenszeiten. Vor Herstellung dieses Bündchens war
die Verlagsbuchhandlung vor die Frage gestellt, ob sie bei der
Preisfestsetzung eine diesen Verhältnissen entsprechende ganz
wesentliche Erhöhung des Vuchpreises eintreten lasse oder ob
sie durch sparsame Ausstattung eine unumgängliche Preis-
erhöhung in denkbar niedrigsten Grenzen ermögliche. Mit
Rücksicht auf die gegenwärtig ohnehin erschwerte Lebenshaltung
glaubte sie, den letzteren Weg wählen zu sollen, und hat durch
Weglassung der farbigen Tafeln und eine Vereinfachung des
Einbandes erreicht, daß bei dem vorliegenden Bündchen eine
im Verhältnis zu den gesteigerten Herstellungskosten nur
mäßige Preiserhöhung einzutreten braucht.
R. Oldenbourg.
GCR-jL ( )
Vorwort.
Die Lehrbücher der Erdkunde von Fischer-Geistbeck haben dank der Vorzüge,
die sie vor andern gleichartigen Werken auszeichnen, in kurzer Zeit eine außerordent-
lich große Verbreitung gefunden, und gern ist daher der Unterzeichnete dem Auf-
trage der Verlagsbuchhandlung nachgekommen, die vorliegende Ausgabe für
Mittelschulen zu bearbeiten.
Diese Bearbeitung ist weder ein gedrängter Auszug aus einer einzelnen Ausgabe
der Lehrbücher, noch eine stoffliche Zusammenstellung aus allen seitherigen Ausgaben.
Sie bedeutet vielmehr eine sinngemäße Übertragung der Fischer-Geistbeckschen Unter-
richtsgrundsätze auf die einschlägigen behördlichen Bestimmungen für Mittelschulen,
insonderheit auf die maßgebenden Bestimmungen über die Neuordnung
des Mittelschulwesens in Preußen vom 3. Februar 1910, die
infolge ihrer Berücksichtigung aller berechtigten neueren Bestrebungen der erdkund-
lichen Methodik in den weitesten Kreisen der Geographielehrer uneingeschränkte
Anerkennung gefunden haben.
Der Schwerpunkt der länderkundlichen Betrachtungen liegt in der Darstellung
der Beziehungen zwischen Mensch und Erde. Ihr Endziel ist ein lebendiges Ver-
ständnis der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der Gegenwart auf Grund
der natürlichen Gegebenheiten der Länder, wobei im Interesse der st a a t s b ü r -
gerlichen Erziehung der Jugend namentlich unsere nationalen Be-
d ü r f n i s s e besonders betont werden.
Diese hohen Aufgaben des erdkundlichen Unterrichts verlangen angesichts
der täglich wachsenden Flut des Lehrstoffes mehr ein Verweilen bei einem geo-
graphischen Gedanken als ein Hasten nach immer neuen Tatsachen, mehr ein Zu-
sammenfaffen unter weiten Gesichtspunkten als ein fortgesetztes Aufspeichern von
Stoffmassen, mehr Vereinigung als Trennung, mehr Denk- als Gedächtnisarbeit,
mehr Verstehen als Beschreiben, kurz: mehr geographische Bildung
als geographisches Wissen. Darum werden die Einzel-
tatsachen zu Allgemeintatsachen verdichtet und unter
leitenden Gedanken zusammengefaßt.
Solche Leitgedanken sind dann rechter Art, wenn sie eine Vorausschau für die
Länder-, Völker- und Erdbetrachtung, wie für die Länder- und Völkerbewertung
eröffnen. Ihre methodische Gewinnung aus den geographischen Einzelerscheinungen
ist zugleich ein sehr wertvolles Mittel, den Schüler im folgerichtigen Urteilen und
Schließen zu schulen. Dieses Verfahren hat in den Naturwissenschaften reichen
Nutzen gebracht; es ist darum auch hier dem erdkundlichen Unterricht ausgiebig
dienstbar gemacht worden.
Im Zusammenhang damit und in rechter Würdigung des Arbeitsschulgedankens
wird ganz besonders auch die Selbsttätigkeit des Schülers angeregt
l*
IV Vorwort.
durch zahlreiche Aufgaben, die gemäß den genannten Bestimmungen auch „das
Zeichnen und Formen des Schülers im Unterrichte wie als Hausaufgabe als Mittel
zur EinPrägung der Karte und zur Wiederholung" berücksichtigen. Wie ein solcher
geographischer Arbeitsunterricht im einzelnen sich gestalten kann,
zeigen in methodisch-praktischer Weise meine Präparationen für den geographischen
Unterricht (Osterwieck, Zickseldt; I. Bd. in3. Aufl. 1918; II. Bd. in2. u. 3. Aufl. 1914),
die alle Mittel einer anschaulichen und selbsttätigen Erarbeitung des geographischen
Stoffes verwerten, u. a. auch das Formen zum ersten Male in der geographischen
Literatur weitgehend in den Dienst des Unterrichts stellen.
Der vorliegende I.Teil enthält den Stoff für Klasse V (eine Wochen-
stunde) und Klasse IV (zwei Wochenstunden). Auf eine schlichte Einführung in die
Allgemeine Erdkunde folgt die Landschafts- und Staatenkunde von Deutschland in
Verbindung mit der Länderkunde von Mitteleuropa, wobei die Beziehungen
zwischen dem Deutschen Reich und seinen Nachbarstaaten grundsätzlich in den
Vordergrund gerückt sind. Die Nachbarstaaten werden gleichsam in deutscher Be-
leuchtung gezeigt, so, wie sie von uns Deutschen verstanden und gewürdigt werden
sollen.
Die Abbildungen und Skizzen, deren Bedeutung für Geographen nicht er-
örtert zu werden braucht, nehmen etwa % des Buches ein, so daß zum lernenden
Lesen nur ein bescheidenes Maß von Stoff übrig bleibt. Trotz der Knappheit der
Darstellung ist aber stets auf sinnenfällige Anschaulichkeit Bedacht genommen.
Ein Anhang bringt erdkundliche Grundwerte und Fragen zur Heimatkunde.
Möge dieser Ausgabe für Mittelschulen der gleiche Erfolg beschieden sein, wie er
den andern Ausgaben zuteil geworden ist!
Magdeburg im März 1913.
Albert Müller.
Vorwort zur 2. Auslage.
Die mit Beginn des fünften Kriegsjahres notwendig gewordene neue Auf-
läge trägt allen durch die Zeitereignisse hervorgerufenen fachwissenschaftlichen und
methodischen Forderungen Rechnung, soweit die Verhältnisse es möglich machten.
Im übrigen mag die Arbeit, die bereits in erster Auflage eine überaus günstige
Beurteilung gefunden hat (man verlange die vom Verlage zusammengestellte
Sammlung von über 80 Urteilen), auch weiterhin für sich selber sprechen.
Magdeburg im September 1918.
Albert Müller.
Inhalts-Übersicht.
Aus der Allgemeinen Erdkunde.
I. Was wir am Himmel beobachten
II. Wie wir das Wetter beobachten
Seite
1
, 4
Seite
III. Was uns der Globus lehrt ... 7
IV. Wie der Mantel der Erdkugel flächen-
Haft dargestellt wird.....10
Länderkunde von Mitteleuropa.
A. Länderkunde Preußens mit Einschluß
der kleineren norddeutschen u. mittel-
deutschen Staaten.
I. Die deutschen Meere und das
Norddeutsche Tiefland.
1. Die Nordsee und ihre Küste .
2. Das Westdeutsche Tiefland
3. Die Ostsee und ihre Küste
4. Das Ostdeutsche Tiefland . .
5. Schleswig-Holstein ....
II.
Die mitteldeutschen Land-
schaften.
1. Schlesien und die Sudeten . .
2. Sachsen und das Erzgebirge . .
3. Thüringen und seine Randgebirge
4. Die Berglandschaften der Weser.
5. Das Rheinische Schiefergebirge .
III. Die norddeutschen Staaten.
1. Das Königreich Preußen . . .
2. Die norddeutschen Kleinstaaten .
IV. Die mitteldeutschen Staaten.
1. Das Königreich Sachsen . . .
2. Die Thüringer Staaten . . .
B. Preußens westliche Nachbargebiete.
1. Das Königreich der Niederlande
2. Das Königreich Belgien . . .
3. Das Großherzogtum Luxemburg
11
18
27
32
46
48
54
59
64
68
76
81
82
84
86
89
C. Die süddeutschen Landschaften und
Staaten.
I. Die süddeutschen Landschaften.
1. Die Oberrheinische Tiefebene und
ihre Randgebirge......89
2. Das Lothringer Stufenland . . 95
3. Das Schwäbische Stufenland und
der Schwäbische Jura .... 96
4. Das Fränkische Stufenland und seine
Randgebirge.......99
5. Der Böhmerwald und das Raab-
gebiet..........102
6. Das Alpenvorland und die deutschen
Alpen..........102
II. Die süddeutschen Staaten.
1. Das Königreich Bayern .... 107
2. Das Königreich Württemberg . . 108
3. Das Großherzogtum Baden . . 109
4. Das Großherzogtum Hessen . . 110
5. Elsaß-Lothringen......110
I). Deutschlands südliche Nachbargebiete.
1. Die Alpen........111
2. Die Schweiz.......113
3. Die Österreichisch-Ungarische Mon-
archie ..........116
E. Rückblick auf Mitteleuropa.
1. Natürliche Verhältnisse . . . .124
2. Wirtschaftliche Verhältnisse . . . 126
3. Politische Verhältnisse . . . .127
Anhang.
.1. Erdkundliche Grundwerte.....128 | II. Fragen zur Heimatkunde
. 129
Aus der Allgemeinen Erdkunde.
I. Was wir am Kimmet beoöachten.
A. Die Himmelsgegenden. 1. Wir stehen in einer weiten Ebene und be-
trachten den Himmel. Er kommt uns wie ein großes Gewölbe vor, das ringsum
bis zum Erdboden reicht. Himmel und Erde scheinen sich in einer Kreislinie zu be-
rühren, in deren Mittelpunkt wir stehen. Bis zu dieser Kreislinie können wir sehen;
sie heißt darum Gesichtskreis oder Horizont. Ist der Horizont immer eine regel-
rechte Kreislinie? Wie ist er in gebirgigen Ge- c
genden? Wie auf dem Meere? Die Linie, in
der sich Himmel und Erde scheinbar berühren, S
heißt Gesichtskreis oder Horizont. / \
2. Der Horizont schließt ein Stück Erdober- / e \
fläche ein. Diese überschaubare Fläche heißt Ge-
sichtsseld oder Horizontfläche. Sie ist um so größer, £ k_-^ d
je höher wir stehen. Wir besteigen deshalb Berge ^/ V
und Aussichtstürme, um weit sehen zu können J"
(Fernsicht). Das von dem Gesichtskreis einge- a Standpunkt des Beobachters, c Zenit,
schlossene Stück Erdoberfläche wird Gesichtsfeld bcd H""meisgewölbe. bedf H°r.z°nt.
oder Horizontsläche genannt; ihre Größe ist von der Höhe unseres Standpunktes
abhängig.
3. Wir beobachten Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Wo die Sonne am
Morgen emporsteigt, ist Morgen oder Osten. Wo die Sonne untergeht, ist Abend oder
Westen. Die Gegend des Horizonts, über der die Sonne mittags steht, heißt Mittag
oder Süden. Dem Süden gegenüber ist Mitternacht oder Norden. Die Richtung
zwischen Norden und Osten heißt Nordosten, zwischen Süden und Osten Südosten,
zwischen Süden und Westen Südwesten, zwischen Norden und Westen Nordwestens
Osten, Süden, Westen und Norden sind die vier Haupthimmelsgegenden, Nord-
osten, Südosten, Südwesten und Nordwesten die vier Nebenhimmelsgegenden.
2 Aus der Allgemeinen Erdkunde.
4. Wir wollen die Haupt- und Nebenhimmelsrichtungen durch Striche andeuten,
die wir in die Horizontfläche einzeichnen. Was für eine Zeichnung entsteht? Eine
solche sternförmige Zeichnung heißt Windrose. Da eine freischwebende Magnet-
nadel stets die Nordsüdrichtung einnimmt, so kann
man mit ihrer Hilfe, ganz unabhängig von dem
Stande der Sonne, die Himmelsrichtungen bestim-
men. Eine Bereinigung von Magnetnadel und
Windrose ist der Kompaß.
B. Scheinbare Bewegung der Sonne.
1. Tageslauf. Die Sonne geht morgens in einem
Punkte des Horizontes im Osten auf. Dieser Punkt
heißt Aufgangspunkt. Vom Aufgangspunkt
steigt die Sonne am Himmel empor, bis sie mittags
den hoch st en Punkt ihrer Bahn erreicht. Dann
Windrose. sie sich wieder dem Horizonte zu, doch uach der
entgegengesetzten Seite, bis sie abends im Westen
ihren Untergangspunkt erreicht und verschwindet. Während der Nacht setzt
die Sonne unter dem Horizonte ihre Bewegung fort und erscheint am Morgen
dann wieder in ihrem Aufgangspunkte. Der über dem Horizonte liegende Teil der
Sonnenbahn, der am Tage durchlaufen wird, erscheint als ein Kreisbogen und
heißt Tagbogen. Der Weg der Sonne, den sie nachts unter dem Horizonte
zurücklegt, heißt Nachtbogen. Tag- und Nachtbogen bilden zusammen einen
vollständigen Kreis an der Himmelskugel. Die Sonne durchläuft an einem Tage
einen Kreis, der sich aus einem Tagbogen und einem Nachtbogen zusammensetzt.
2. Jahreslauf, a) Am 21. März können wir beobachten, daß die Sonne um
6 Uhr morgens genau im Ostpunkte aufgeht und um 6 Uhr abends genau im West-
punkte untergeht. Tag und Nacht sind also gleichlang, nämlich je 12 Stunden. Der
Tagbogen ist ebenso groß wie der Nachtbogen. Beide bilden zusammen einen größten
Himmelskreis. Er heißt Gleicher oder Äquator des Himmels, weil er den
Himmelsraum in eine nördliche und südliche Hälfte teilt. Mit der Tag- und Nacht-
gleiche am 21. März beginnt der Frühling.
b) Setzen wir unsere Beobachtungen täglich fort und zwar von demselben
Standpunkte aus, so entdecken wir, daß die Sonne Tag für Tag früher aufgeht,
höher am Himmel emporsteigt und später untergeht. Auf- und Untergangspunkt
rücken immer weiter nach Norden. Die Tagbogen werden immer größer und die Tage
länger, die Nachtbogen kleiner und die Nächte kürzer. Am 21. Juni endlich
erreicht die Sonne ihren höchsten Stand. Sie geht schon um 3% Uhr morgens auf
und um 8y4 Uhr abends unter. Wir haben den längsten Tag und die kürzeste Nacht.
Der Sommer beginnt am 21. Juni.
~ c) Nun wendet sich die Sonne wieder dem Himmelsäquator zu. Man nennt
deshalb den von ihr am 21. Juni, dem Tage der Sommersonnenwende,
beschriebenen Kreis den Wendekreis und zwar, weil er nördlich vom Himmels-
äquator liegt, den nördlichen Wendekreis. (Wendekreis des Krebses.)
Morgenweite, Mittagshöhe und Abendweite werden vom 21. Juni ab wieder kleiner.
Die Tage nehmen ab und die Nächte zu. Am 23. September hat die Sonne wieder
Was wir am Himmel beobachten.
den Himmelsäquator erreicht und durchläuft ihn wie am 21. März. Der Sonnen-
aufgang findet wieder um 6 Uhr morgens, der Sonnenuntergang um 6 Uhr abends
statt. Tag und Nacht sind gleich. Mit der Tag- und Nachtgleiche am 23. Septem-
ber beginnt der Herbst.
d) Vom 23. September ab durchläuft die Sonne Tagkreise, die südlich vom Him-
melsäquator liegen. Die Mittagshöhe sinkt. Die Tage werden kürzer, die Nächte
länger. Am 21. Dezember geht die Sonne erst um 8% Uhr morgens auf und schon
um 3% Uhr nachmittags unter. Wir haben den kürzesten Tag und die längste
Nacht. Der Winter beginnt am 21. Dezember.
e) Der 21. Dezember ist der Tag der Wintersonnenwende ; denn von
nun an wendet sich die Sonne wieder dem Himmelsäquator zu. Der von ihr am
21. Dezember beschriebene Kreis heißt der südliche Wendekreis. (Wende-
kreis des Steinbocks.) Die Tage nehmen zu, die Nächte ab, bis am 21. März
wieder die Frühlings-Tag - und Nachtgleiche eintritt.
C. Der Mond. 1. Wie die Sonne, so geht
auch der Mond täglich im Osten auf und
im Westen unter. Auch er beschreibt einen
Kreis, der vom Horizont in zwei Teile geteilt
wird. Da er aber zu seinem Wege nicht wie die
Sonne 24 Stunden, sondern 50 Minuten mehr
gebraucht, so geht er jeden Tag fast eine Stunde
später aus, oder genauer durch unsere Mittagslinie.
2. Der Mond erscheint nicht wie die Sonne
stets in derselben Gestalt am Himmel, er zeigt
verschiedene Lichtgestalten oder Phasen. Als
Neumond ist er gar nicht zu sehen. Sobald
er dann erscheint, erblicken wir ihn am Abend-
Himmel als eine schmale, nach rechts gekrümmte,
leuchtende Sichel. Niese wird nach und nach
größer. Wir haben Zunehmenden Mond.
/n Nach 7 Tagen ist die halbe Mondscheibe hell:
ErstesViertel. Nach abermals 7 Tagen
sehen wir eine voll beleuchtete, kreisrunde
Scheibe; wir haben Vollmond. Von nun an
sehen wir den Mond am Morgenhimmel. Seine
rechte Seite wird dunkel und verschwindet mehr
und mehr. Wir haben AbnehmendenMond.
^.Nach 7 Tagen sehen wir wieder nur die
halbe Scheibe: Letztes Viertel. Nach abermals 7 Tagen ist der Licht-
schein völlig verschwunden; es ist Neumond. Dieser Wechsel der Lichtgestalten
vollzieht sich in 4 X 7 Tagen, genauer in 29% Tagen oder in rund einem Monat.
(Name!) Qer Mond zeigt im Laufe eines Monats vier Lichtgestalten.
D. Der Sternhimmel. 1. Am Himmelsgewölbe erblicken wir an klaren
Abenden unzählige Sterne. Es sind Sonnen wie unsere Sonne; sie haben eigenes
Licht und eigene Wärme und lassen sie ausströmen, wie es unsere Sonne tut." Wir
1. Viertel i
Vollmond.
4 Aus der Allgemeinen Erdkunde.
merken davon aber nichts, weil die Sterne so unendlich viel weiter von uns entfernt
sind als die Sonne. Manche glänzen in weißem, andere in rotem, noch andere in
gelbem Licht. Die weißen Sterne sind die heißesten, die roten Sterne sind kälter
als unsere Sonne mit ihrem gelben Licht. Die meisten Sterne behalten Tag für
Tag und Jahr für Jahr die gleiche Stellung zueinander. Sie sind gleichsam am
Himmel festgeheftet und heißen darum Fixsterne (fix — angeheftet). Die Sterne
sind entfernte Sonnen.
2. Damit man sich unter der Unzahl von Sternen besser zurechtfindet, hat man
ganze Gruppen zu Sternbildern zusammengefaßt. Das bekannteste Sternbild ist
der Große Bär oder Große Wagen. Er besteht
aus 7 Sternen, deren Anordnung uns nebenstehende Figur
zeigt. Verlängern wir die Verbindungslinie der beiden
Hinterräder etwa um das Vierfache, so treffen wir den
Polarstern, der die Deichselspitze des K l e i -
nenBären bildet. Zieht man vom helleren Vorderrade
des Großen Bären eine Linie zum Polarstern und ver-
längert diese dann um sich selbst, so trifft man auf das
Sternbild K a s s i o p e i a, dessen Gestalt einem W ähn-
lich ist. Die Verbindungslinie der beiden Hinterräder des
Großen Bären, nicht nach dem Polarstern, sondern in ent-
gegengesetzter Richtung etwa fünfmal verlängert, trifft das Sternbild des
Löwen.
Aufgaben. Zeichne a) eine Windrose, b) die vier Lichtgestalten des Mondes,
c) das Sternbild des Großen Bären! — Beobachte den Abendhimmel zu verschiedenen
Zeiten mit Hilfe einer kleinen drehbaren Sternkarte und schreibe die Beobachtungen auf!
— Beobachte am 21. März, am 21. Juni, am 23. September und am 21. Dezember von
demselben Standpunkt des Schulhofes aus den Tageslauf der Sonne!
II. Wie wir das Wetter beobachten.
A. Wärme. 1. Im Winter fallen bei uns die Sonnenstrahlen sehr schräg
auf die Erde und erwärmen sie deshalb nur wenig. Da überdies die Sonne nur
kurze Zeit am Himmel steht (etwa 8 Stunden) und oft durch Wolken verhüllt wird,
so ist die Jahreszeit rauh und kalt. Im Sommer dagegen scheint die Sonne noch
einmal so lange (etwa 16 Stunden), und ihre Strahlen treffen die Erde unter einem
steilen Winkel. Die Tage sind dann lang, und die Witterung ist warm. Wie der
Ofen seine Wärme an die Zimmerluft abgibt, so strahlt die Erde die Sonnenwärme
wieder aus und erwärmt dadurch die Luft. Je länger die Sonne am Tage scheint
und je höher sie mittags steht, um so mehr erwärmt sie die Luft.
2. Besteigt man einen Berg, so wird es allmählich kälter. Die Luft ist dort
oben dünner und läßt die von dem Erdboden zurückgestrahlte Wärme in höherem
Maße entweichen. Ja die höchsten Erhebungen vieler Gebirge, z. B. der Alpen, sind
dauernd mit Schnee und Eis bedeckt, sie haben einen ewigen Winter. Die Luft-
wärme nimmt also mit der Höhe ab.
Wie wir das Wetter beobachten. 5
3. Womit messen wir die Wärme hier im Schulzimmer? Draußen? Beschreibe
den Wärmemesser oder das Thermometer! Unterscheide Wärme- und Kältegrade!
Wieviel Grad Wärme sind heute? Die Luftwärme wird durch das Thermometer
gemessen.
4. Wir sagten schon, daß es mittags wärmer ist als abends und morgens
(warum?) und im Sommer wärmer als im Winter (warum?). Wie stellt man
nun die durchschnittliche oder mittlere Wärme fest? Man mißt die Wärme an einem
Thermometer, das im Schatten hängt, täglich dreimal: 7 Uhr vormittags, 2 Uhr
nachmittags und 9 Uhr abends. Für die Nachtwärme setzt man die Abendwärme
ein und erhält somit 4 Gradzahlen, z. B. 6° (7 Uhr vormittags), 12° (2 Uhr nach-
mittags), 5° (9 Uhr abends) und 5° (Nachtwärme). Zählt man diese 4 Wärme-
zahlen zusammen und teilt das Ergebnis durch 4, so erhält man die mittlere
Tageswärme (6 +12 -f 5 + 5 = 28°: 4 = 7°) oder mittlere Tagestemperatur.
Setzt man diese Messungen einen Monat hindurch fort und teilt dann die Summe
der mittleren Tagestemperaturen durch die Zahl der Tage des betreffenden Monats,
so erhält man die mittlere Monatswärme oder mittlere Monatstemperatur. Aus
den 12 mittleren Monatstemperaturen berechnet man dann die mittlere Jahres-
wärme eines Ortes.
B. Winde. 1. Offnet man die Tür eines geheizten Zimmers und hält an
das obere und untere Ende des Spalts ein brennendes Licht, so schlägt ein kalter Luft-
ström am unteren Ende die Flamme in das Zimmer, ein warmer die obere Flamme
in den kalten Raum. Die warme, leichte
Luft steigt in die Höhe und strömt ab; _
die kalte, schwere Luft sinkt zu Boden /"**
und strömt zu. Was sich hier im kleinen
vollzieht, das zeigt die Natur im großen.
Wo die Luft infolge der senkrecht ausfal-
lenden Sonnenstrahlen am stärksten er-
hitzt wird (Äquator), da steigt sie in die
Höhe. Kühlere Luft (von den Polen)
strömt zu und füllt die Lücke wieder aus.
Solche Bewegungen der Luft nennt man
Winde. Winde entstehen also durch un-
gleiche Erwärmung der Luftschichten. ^ '»w
2. Am Abend kühlt sich das Land Entstehung des Landwindes an der Küste,
schneller ab als das Meer. Die kühlere
Luft strömt daher bei Nacht vom Land zum Meer; es entsteht der Landwind.
Am Morgen erwärmt sich umgekehrt das Land schneller als das Wasser; die er-
wärmte Luft steigt über dem Lande auf und neue strömt von der See zu. So haben
wir morgens an den Küsten meist Seewind. Land- und Seewind entstehen
durch die ungleichmäßige Abkühlung und Erwärmung von Land und Wasser.
3. Je nach der Himmelsgegend, aus der die Winde kommen, bezeichnet man
sie als Westwinde, Südwestwinde, Südwinde usw. Welche Windrichtung ist
bei uns vorherrschend? Nach der Stärke unterscheidet man gewöhnliche Winde,
Stürme und Orkane.
ivurme Luft-
6 Aus der Allgemeinen Erdkunde.
C. Niederschläge. 1. Wir stellen eine Schale mit Wasser in den Garten.
Nach einigen Tagen ist das Wasser verschwunden. Es hat sich in Wasserdampf der-
wandelt, der in unsichtbaren Bläschen (Gasform) in die Luft gestiegen ist. Man
nennt diese Umwandlung des Wassers in Wasserdampf Verdunsten. Je
wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Bei eintretender
Abkühlung kann die Luft keine so große Menge Wasserdampf mehr behalten. Er
verdichtet sich und wird nun unserem Auge sichtbar, so wie unser Atem bei kaltem
Wetter. Diese sichtbaren Dunstmassen nennen wir üb er uns Wolken, um uns
herum Nebel. Schreitet die Abkühlung noch weiter fort, so verwandelt sich der
Wasserdampf in deutliche Tropfen, wie wir das beim „Schwitzen" der Fenster eines
erwärmten Zimmers beobachten können, oder gar in Eisnädelchen. Wenn diese
Abkühlung in höheren Luftschichten erfolgt, so entsteht Regen oder Schnee.
Geht sie vom Boden aus und betrifft nur die unterste Luftschicht, so bildet sich T a u
oder Reif. Niederschläge entstehen durch die Abkühlung des Wasserdampfes.
2. Unter den Niederschlägen ist der R e g e n am wichtigsten. Er entsteht vor-
nehmlich dann, wenn der Wind aus wärmeren in kältere Gegenden weht, nicht
aber beim Zuströmen der Luft aus kälteren in wärmere Gegenden. Da die Wärme
aber auch mit der Höhe abnimmt, so entsteht ferner leicht Regen in einem auf-
steigenden Luftstrom. Daher sind auch die Regenmengen an Gebirgswänden groß.
Man mißt die Regenmenge oder Regenhöhe durch aufgestellte Regenmesser
und bestimmt sie nach Zentimetern oder Millimetern. Regen entsteht, wenn die
Luft sich abkühlt; die Regenhöhe wird in ein oder mm angegeben.
3. Die Niederschläge speisen die Quellen, diese die Bäche, Flüsse und Ströme,
die sich zuletzt ins Meer ergießen. Über dem Meere bildet sich fortgesetzt neuer
Wasserdampf; er steigt auf und verursacht neue Niederschläge. Somit beschreibt
das Wasser ununterbrochen einen Kreislauf.
D. Klima. 1. In Deutschland (und auch in anderen Ländern) sind viele Wetter-
beobachtungsstellen eingerichtet. Sie dienen dazu, Wärme, Luftdruck, Wind und
Niederschläge Tag für Tag genau zu bestimmen und aufzuzeichnen. Auf Grund dieser
Messungen werden Wetterkarten angefertigt und auch für den nächsten Tag Wetter-
voraussagen aufgestellt, die man durch Aushang an den Postanstalten bekanntgibt.
Zieht man aus der Wärme, den Winden und Niederschlägen eines Landes ein all-
gemeines Ergebnis in bezng auf die gesamte Witterung, so spricht man vom Klima
des betreffenden Landes. Das Klima entsteht also durch das Zusammenwirken
von Wärme, Wind und Niederschlägen.
2. Da sich das Land viel schneller und stärker erhitzt als das Wasser, sich aber
auch viel schneller wieder abkühlt, so unterscheidet man ein Landklima und ein
Seeklima. Das Landklima zeigt starke Gegensätze zwischen der Sommerhitze und
Winterkälte. Das Seeklima wird gekennzeichnet durch wenig heiße Sommer und
milde Winter. Je nach der Lage hat ein Gebiet Land- oder Seeklima.
Aufgaben. Berechne a) die mittlere Julitemperatur, b) die mittlere Januar-
temperatur des Heimatortes! — Beobachte, welches die vorherrschende Windrich-
tung für den Heimatort ist! — Welche Winde bringen Regen? — Z e i ch n e ein Thermo-
meter ! — Warum nimmt die Luftwärme mit der Höhe ab? — Warum „läuft das Meer
nicht über"?
Was uns der Globus lehrt.
7
III. Was uns der Ktoöus lehrt.
A. Gestalt der Erde. 1. Wir stehen auf flachem Lande, wo weit und breit kein
Hügel die Aussicht benimmt. Unser Gesichtsfeld ist eine Kreisfläche, die von der
Horizontlinie umgrenzt wird. Wir verändern unfern Standpunkt, und wiederum
sehen wir ein Stück Erdoberfläche in der Form einer kreisrunden Scheibe. Da-
nachfcheintdieErdeeineScheibezufein.
2. Lange Zeit hat man tatsächlich geglaubt, daß die Erde eine Scheibe sei. Wir
wissen heute, daß das nicht der Fall ist, daß der Schein also auch hier trügt. In
Wirklichkeit hat die Erde eine kugelförmige Gestalt. Die Nachbildung der Erde in
Kugelgestalt heißt Globus, d. h. Kugel.
B. Gründe für die Kugelgestalt. 1. Der Horizont vergrößert sich, je höher
wir steigen. Er bleibt überall auf der Erde kreisrund. Wäre die Erde eine Scheibe,
so würde der Horizont in der Nähe des Scheibenrandes abbrechen und keinen Kreis
bilden. DieErdekannalfokeineScheibesein.
2. Wenn wir uns fernen hohen Gegenständen nähern, z. B. Türmen oder
Bergen, so sehen wir zunächst ihre Spitzen, dann ihre mittleren und zuletzt auch ihre
unteren Teile. DieErdoberslächemußalsogewölbtsein.
3. Am Meeresstrande sieht ein
allmählich aus, bis schließlich das
ganze Schiss sichtbar wird. Bei ausfahrenden Schiffen ist es umgekehrt. Folg-
lich muß auch die Meeresfläche gekrümmt sein.
4. Bei einer Reise von Süden nach Norden sinken die Sterne des südlichen
Himmels allmählich hinter den Horizont hinab und neue tauchen im Norden auf.
Bei Reisen von Norden nach Süden ist es umgekehrt. Die Erde muß also
von Norden nach Süden gekrümmt sein.
5. Wäre die Erde eine Scheibe, so müßte die Sonne überall zu gleicher Zeit
aufgehen. Tatsächlich geht sie aber in östlicheren Gegenden früher auf als in West-
liehen. Folglich muß die Erde auch von Osten nach Westen ge-
krümmt sein.
6. Weltumsegler sind, obwohl immer in derselben Richtung fahrend, doch wieder
zu ihrem Ausgangspunkt zurückgekehrt. Also muß die Erde eine in sich
geschlossene Wölbung darstellen.
C. Einteilung der Erdoberfläche. Um sich aus der Erdkugel zurecht zu
finden, ist es nötig, gewisse festliegende, unveränderliche Punkte anzunehmen,
gegen welche die Lage der übrigen Teile bestimmt werden kann.
1. Jene gerade Linie, die man sich durch den Mittelpunkt der Erde von N.
nach S. gezogen denkt, und um die sich die Erde täglich dreht, ist die E r d a ch s e.
Ihre Endpunkte heißen die P o l e. Es gibt einen Nordpol und einen Südpol.
2. Derjenige Kreis, der in stets gleicher Entfernung von beiden Polen um
die Erde läuft, heißt Äquator (Gleicher). Die durch ihn gelegte Schnittfläche
Beobachter von ankommenden
Schiffen zuerst die Mastspitzen;
danach taucht der Schiffsrumpf
Aus der Allgemeinen Erdkunde.
XP.
S.P.
teilt die Erde in eine nördliche und eine südlicheHalbkugel. Der Äqua-
tor wird wie jeder Kreis in 360° eingeteilt; jeder Grad des Aquatorkreises mißt III km.
DerUmsangdesÄquatorsbeträgtalsorund 40000 km.
3. Diejenigen Kreise, die man sich dem Äquator parallel um die Erde gezogen
denkt, nennt man Parallelkreise. Solcher Kreise zählt man auf jeder Halb-
kugel 90. Ihr Umsang nimmt naturgemäß gegen die Pole ab; der 90. Parallel-
kreis ist nur noch ein Punkt, nämlich der betreffende Pol.
4. Durch jeden der 360 Teilpunkte des Äqua-
tors denkt man sich vom Nordpol zum Südpol
Halbkreise gelegt. Da alle Orte, die auf demselben
Halbkreis liegen, zu gleicher Zeit Mittag haben, so
nennt man diese 360 Halbkreise Mittags-
l i n i e n oder Meridiane. Man zählt sie von
G r e e n w i ch (Grinitsch), einem Orte dicht bei
London (Sternwarte), gegen O. bis 360 oder
gegen O. und W. jedesmal bis 180. Die Gesamt-
heit der Parallelkreise und Meridiane bildet
das Gradnetz der Erde.
5. Da nur die Orte auf demselben Meridian
zu derselben Zeit Mittag haben, so ergibt sich ein
Zeitunterschied zwischen östlich und westlich gele-
genen Orten. Dieser Unterschied beträgt zwischen zwei Meridianen immer 4 Minu-
ten. Bei Köln geht der 7. Meridian, bei Königsberg der 21. (östlich von Green-
wich). Der Zeitunterschied beider Orte beträgt demnach 14 X 4 Minuten oder fast
eine Stunde. Eine Uhr, nach dem Stande der Sonne auf Mittag gestellt, würde
also in Königsberg eine Stunde früher zeigen als eine solche in Köln. Da dies aber
für den Verkehr (Eisenbahn) sehr störend wäre, so stellt man alle Uhren in Deutsch-
land nach dem 15. Meridian, der über Görlitz geht. Auch Osterreich, die Schweiz,
Italien, Dänemark, Schweden und Norwegen richten sich nach diesem Meridian.
Diese Einheitszeit heißt Mitteleuropäische Zeit.
6. Die Entfernung zwischen zwei Parallelkreisen nennt man einen Breiten-
grad, die Entfernung zwischen zwei Meridianen einen Längengrad. Diese
Bezeichnungen Breite und Länge rühren daher, daß man
sich die Erde früher als eine rechteckige Scheibe vorstellte.
Auf einen Breitengrad kommen überall III km, auf einen
Längengrad dagegen nur am Äquator soviel. Nach Norden
zu werden die Längengrade kleiner (warum?). In Deutsch-
land betragen sie nur noch 70 km, an den Polen sind sie
gleich Null.
7. Die Entfernung eines Ortes vom Äquator nach N.
oder nach S. nennt man Geographische Breite.
Es ist also nördliche und südliche Breite zu
unterscheiden. Die Entfernung eines Ortes vom Green-
Nullmeridian nach Osten oder Westen heißt G e o g r a -
Zählt man 180 Grade nach Osten und 180 Grade nach
wicher Meridian oder
phische Länge.
Was uns der Globus lehrt.
9
Westen, so hat man ö st l i ch e und w e st l i ch e L ä n g e. Berlin hat 131/2° östliche
Länge und 51/2° nördliche Breite heißt: Es liegt isy2 Grad (oder 13y2 X 70 km)
östlich von Greenwich und 52% Grad (52% X III km) nördlich vom Äquator.
Durch Angabe der geographischen Länge und Breite wird die geographische Lage
eines Ortes genau bestimmt.
D. Zonen der Erde. 1. Die Polarkreise, die 23y2° vom Äquator ent-
fernt sind, heißen Wendekreise. Sie sind ein Abbild der Wendekreise am
Himmel, an denen sich die Sonne wendet (Som-
mersonnenwende und Wintersonnenwende). Wie
am Himmel, so gibt es auch auf der Erde einen
nördlichen und einen südlichen Wendekreis. Die
Parallelkreise, die 23y2° von den Polen entfernt
sind, heißen Polarkreise (nördlicher und
südlicher Polarkreis).
2. Innerhalb der beiden Wendekreise fallen
die Sonnenstrahlen senkrecht oder nahezu senkrecht
auf die Erde (warum?), darum ist es hier am
heißesten. Man nennt diesen Erdgürtel die h e i ß e
Zone. Nach den Polen zu fallen die Sonnen-
strahlen immer schräger auf die Erde. Die Wärme
nimmt daher vom Äquator nach den Polen
hin ab. Die Erdgürtel zwischen den Wende-
Keisen und Polarkreisen heißen die beiden gemäßigten Zonen, die
zwischen den Polarkreisen und den Polen die beiden kalten Zonen.
E. Land und Wasser auf der Erde. 1. Wie der Globus zeigt, ist viel mehr
Wasser als Land auf der Erde. Das ist ein Segen, denn ohne Wasser gibt es
kein Leben. (Der Mond hat kein Wasser. Er ist ein toter Himmelskörper.) Nahe-
zu 3/4 der Erdoberfläche sind Wasser und nur etwa 1/i Land.
2. Die große, zusammenhängende Wassermasse, welche das feste Land von
allen Seiten umgibt, heißt das Weltmeer. Es gliedert sich in drei Haupt--
meere oder Ozeane. Ihre Namen sind: 1. Der Große Ozean; 2. der
Atlantische Ozean ; 3. der Indische Ozean. Außer den drei Ozeanen
unterscheidet man noch die beiden Eismeere: 1. Das Nördliche Eis-
meer; 2. das Südliche Eismeer. Das Weltmeer gliedert sich in fünf
große Meeresteile.
3. Das Festland teilt man in fünf große Landmassen oder fünf Erdteile ein.
Sie heißen: 1. Europa, 2. Asien, 3. Afrika, 4. Amerika, 5. Au-
stralien. Europa, Asien und Afrika hängen miteinander zusammen. Da früher
nur diefe drei Erdteile bekannt waren, so führen sie zusammen auch den Namen
A l t e W e l t. Den Gegensatz zur Alten Welt bildet Amerika oder die N e u e Welt.
Aufgaben. Z e i ch n e die Zonen der Erde in einen Kreis hinein! — Zeichne in einen
Kreis die Verteilung von Land und Wasser auf der Erde! — Beweise durch eine Zeichnung
die Krümmung der Meeresfläche! — Forme einen kleinen Globus! — Be -
stimme die Breiten- und Längenlage des Heimatortes! — Berechne den Zeit-
unterschied zwischen Heimatort und Görlitz!
10
Aus der Allgemeinen Erdkunde.
IV. Wie der Mantel der KrdKugel Mchenhaft
dargestellt Wird.
A. Die Karte. 1. Teile der gewölbten Erdrinde auf einem ebenen Blatt Papier
naturgetreu darzustellen, ist ebenso unmöglich, wie die Schale einer Apfelsine auf
einer Ebene flach auszubreiten. Je größer das darzustellende Stück Erdober-
fläche ist, um so mehr Verzerrungen werden eintreten. Man muß daher das Gradnetz
am Globus abändern, ehe man es als Grundlage einer Karte benutzen kann. Man
fertigt einen Gradnetzentwurf an. Die Grundlage einer Karte ist das abgeänderte
Gradnetz des Globus oder der Gradnetzentwurs.
2. Soll die Länge des Schulzimmers an die Tafel gezeichnet werden, so
kann dies nur durch Verkürzung der wirklichen Längen geschehen. Das Schul-
zimmer sei z. B. 10 m lang; die Linie an der Tafel aber, die uns diese Größe ver-
anschaulichen soll, sei 1 m lang. Da nun 1 m der Zeichnung gleich ist 10 m der Wirk-
lichkeit, so ist jede Linie der Zeichnung den 10. Teil so groß als die wirkliche Länge des
Schulzimmers. Wir sagen: Die Zeichnung hat Vio der natürlichen Größe oder sie
ist im Maßstabe von 1:10 entworfen. Der Maßstab einer Karte gibt das Verhältnis
an zwischen den Längen aus der Karte und denen der Wirklichkeit.
3. Der obere Kartenrand ist stets der nördliche des Kartenbildes, folglich der
untere der südliche, der rechte der östliche, der linke der westliche. Die Himmels-
richtungen der Orte zueinander werden aber nicht durch die Kartenränder, sondern
durch den Verlauf der eingezeichneten Parallelkreise und Meridiane bestimmt.
Der Maßstab der Karte ist zumeist am Rande vermerkt. Man kann die beispielsweise
angegebenen Entfernungen zum Messen auf der Karte benutzen.
4. Das Naturbild oder Landschaftsbild zeigt die Unebenheiten der Erde, wie
sie m Wirklichkeit sind. Das Kartenbild dagegen stellt die Oberslächensormen von
oben gesehen und durch gewisse Zeichen und Farben dar. Der Kartenzeichner
betrachtet also die Landschaft so, als ob er im Luftschiff oder als Vogel (Vogelschau)
über ihr schwebte.
a) Tiefländer erscheinen in grünen Farbentönen; Hügel-undBerg-
länder werden gelblich oder grauweiß dargestellt: Gebirge zeigen braune,
in den höchsten Erhebungen dunkelbraune oder rotbraune Färbung; Eis - und
Schneegipfel werden durch weißliche Färbung hervorgehoben. Neben den
Farben verwendet man bei den Bergen und Gebirgen auch noch Schraffen oder
Bergstriche. Je höher und steiler ein Gebirge sich erhebt,
desto kräftiger und dichter die Schraffen.
b) M e e r e und Seen erscheinen meist als blaue Flächen, Bäche und Flüsse
als blaue oder schwarze Linien, die nach der Mündung an Stärke zunehmen. Ka-
näle, Eisenbahnen und sonstige V erkehrswege werden durch Linien
verschiedener Art gekennzeichnet. Dann gibt es noch verschiedene Zeichen für B o -
denarten und Pflanzenformen, für Dörfer, Städte, Staa-
tengrenzen usw. Die Kartenzeichen sind zumeist am Rande der Karten
erklärt.
Länderkunde von Mitteleuropa. 11
B. Das Relief. 1. Man kann einzelne Teile der Erdoberfläche auch in
Sand oder Ton nachbilden, so daß die Erhebungen und Einsenkungen des Bodens
wirklich zu sehen sind. Zu der Länge und Breite der Kartenausdehnung kommt
dann die dritte Ausdehnung, die Höhe hinzu; es entsteht ein körperliches Gebilde.
Die körperliche Nachbildung von Teilen der Erdoberfläche nennt man Relief.
2. Auch ein Relief kann wie die Karte nur in einem verkleinerten Maßstab
dargestellt werden. Bei einem Maßstab von 1 :100 000 würde z. B. die Zug-
spitze mit 3000 m Höhe nur 3 ein hoch gemacht werden dürfen. Um aber die
Einzelheiten einer Landschaft bei einem Relief deutlich veranschaulichen zu können,
macht man die Berge meist höher, als es im Verhältnis des Maßstabes sein darf.
Dies nennt man das Relief überhöheu oder seine Höhe über-
treiben.
Aufgaben. Zeichne auf einen Bogen Papier a) den Grundriß der elterlichen
Wohnstube im Maßstabe von 1 :10, b) den Umriß der Heimatkarte im Schulatlas im Maß-
stabe von 1:5! — Forme ein Relief des nahen heimatlichen Berges! — Deute
die Farben der Heimatkarte! — Suche auf der Karte Beispiele auf für die verschiedenen
Kartenzeichen!
Länderkunde von Mitteleuropa.
A. Länderkunde Preußens mit Einschluß der kleineren nord-
deutschen und mitteldeutschen Staaten.
1. Die deutschen Meere und das Norddeutsche Meftaud.
1. Die Nordsee und ihre Küste.
A. Das Nordseebecken. 1. Es bildet einen Teil des Atlantischen Ozeans, mit
dem es an zwei Stellen in Verbindung steht. Nenne die Verbindungsstellen! Gib
die Grenzländer der Nordsee an! Vergleiche die Größe der Nordsee mit der
Deutschlands! (Reichlich so groß wie Deutschland.) Das Nordseebecken sinkt nur
sehr langsam von der deutschen Küste nach Norden zu ab. Seine Tiefe erreicht
in der Mitte 60—80 m, weit gegen Norden erst 200 m. Die Nordsee, ein Teil des
Atlantischen Ozeans, ist ein flaches Randmeer.
2. Wie alles Meerwasser, so hat auch das Nordseewasser einen starken
Salzgehalt {3%). Das Salz macht zwar das Meerwasser ungenießbar,
verleiht ihm aber anderseits im Verhältnis zum Flußwasser eine größere Schwere
und macht es daher zum Tragen größerer Lasten geeigneter. Auch bewirkt es, daß
das Wasser nicht so schnell gefriert, was für die Schiffahrt von Bedeutung ist.
Der Salzgehalt des Meeres ist der Schiffahrt förderlich.
3. Neben der Wellenbewegung, die der Wind auf jeder Wasserfläche verursacht,
zeigt die Nordsee infolge ihrer offenen Verbindung mit dem Weltmeer die gewal-
Fischer-Geistbeck-Müller, Erdkunde für Mittelschulen, I.Teil. 2
12 Länderkunde von Mitteleuropa.
tigen und regelmäßigen Bewegungen des Ozeanwassers, die man Ebbe und Flut
oder mit einem gemeinschaftlichen Namen Gezeiten nennt. Zweimal im Laufe
eines Tages steigt und sinkt der Wasserspiegel. Der Unterschied zwischen dem höchsten
Stande, der Flut, und dem niedrigsten Stande, der Ebbe, beträgt fast Stubenhöhe
(2—3 m). Sehr starke Fluten entstehen dann, wenn Nord-, Nordwest- oder Südwest-
stürme die Wassermassen mit ungeheurer Gewalt gegen die Küste schieben. Solche
Sturmfluten ragen über die gewöhnliche Fluthöhe oft um das Doppelte
(6 m) hinaus und sind für ungeschützte Küstengebiete von verheerender Wirkung.
Die Nordsee hat starke Gezeiten.
B. Die Nordseeküste. 1. Da das Nordseebecken ein flaches Randmeer ist, so ist auch
die Nordseeküste eine Flachküste, an welcher der Meeresboden wie eine schiefe Ebene
von geringer Neigung ganz allmählich in größere Tiefen untertaucht. In vier
größeren Buchten greift das Wasser in die Flachküste ein. Nenne sie! Ferner ist
kennzeichnend für die Küste, daß sie ihrer ganzen Länge nach von einer Jnselreihe
begleitet wird. Die Nordsee hat eine buchten- und inselreiche Flachküste.
2. Wie ist diese eigenartige Küste entstanden? Einst dehnte sich das Fest-
land bis zu den äußersten Rändern der Inseln aus, die damals also Teile der
Küste bildeten. Im Laufe der Jahrtausende haben große Sturmfluten diese
Küste zerstört und ihre heutige Gestalt geschaffen. Die Inseln sind also die letzten
Zeugen des gewaltigen Kampfes, der sich hier zwischen Meer und Festland abgespielt
hat. Um 1300 machte eine große Weihnachtsflut den ersten Riß zum heutigen D o l -
lart. 200 Jahre später erhielt der Jadebusen seine heutige Gestalt. Wieder
200 Jahre später begrub eine Weihnachtsflut über 10 000 Menschen und gegen
100 000 Stück Vieh. Die Nordseeinseln sind die Reste der früheren Küstenlandschaft.
3. Schon im frühen Mittelalter versuchten die Bewohner den Zerstörungen
durch die Fluten Einhalt zu gebieten. Sie errichteten längs der Küste Erd-
wälle,■ Deiche oder Dämme genannt. Doch war der Erfolg ihrer mühsamen
Arbeit nur gering. Erst in der Neuzeit ist es gelungen, die Deiche so hoch (5—10 m)
und so fest zu bauen, daß der „blanke Hans" sie nicht zerstören kann. Die Außen-
böschung ist flach und oft mit Steinen gepflastert, oder mit Schanzen aus Pfahlwerk,
mit Buschwerk und Granitblöcken versehen. Auf die Instandhaltung der Deiche wird
die größte Sorgfalt verwendet. (Deichverband, Deichgraf, Deichgeschworene,
Deichschau.) Deiche schützen die Nordseeküste vor der Zerstörung durch die Flut.
4. Zwischen der Jnselreihe und der Küste liegt ein 2 bis 3 Wegstunden
(10—15 km) breiter Meeressaum, der auf der Karte durch Punkte angedeutet ist.
Das Wasser ist hier so seicht, daß man bei mittlerem Wasserstande an vielen Stellen
„waten" kann, weshalb man diesen Meeresstreifen das Wattenmeer nennt. Zur
Zeit der Ebbe wird der Boden des Wattenmeeres fast ganz vom Wasser befreit, so daß
man trockenen Fußes von der Küste zu einzelnen Inseln hinübergehen kann. Dieser
zeitweise trocken liegende Meeresboden heißt die W a t t e n. Wattenmeer und Watten
nennt man zusammen das Watt.
5. Mit dem Auftauchen der Watten zur Zeit der Ebbe entwickelt sich auf ihnen
ein reges Leben und Treiben. Männer, Frauen und Kinder waten in den
Rinnsalen (Prielen) und Lachen, um die zurückgebliebenen Fische zu sangen. Schnell
füllen sich die-Gefäße mit Krabben, Krebsen, Austern, Garnelen und dem schmack-
Länderkunde Preußens usw.
13
Schisf Hallig Schiff Hällig
Deich an der Marschenküste in Hol st ein.
Der Deich hat eine flache Außenseite und ist gewöhnlich mit Rasen bekleidet, nötigenfalls auch durch Steinwandungen
geschützt. Seine Innenseite ist steil, die Krone oft X—4 m breit; seine Höhe erreicht 8—12 m. Die Deiche werden
zur Gewinnung von Neuland immer weiter gegen das Meer vorgeschoben, der frühere Seedeich oder Außen-
deich wird dann zum Binnendeich. Jenseits des Wattenmeeres im Hintergrunde sind die Halligen sichtbar.
Das eingedeichte Land heißt Polder.
haften Butt. Daneben bevölkern Scharen von Möven, Seeschwalben, Enten, Kie-
bitzen, Regenpfeifern und Strandläufern die Sandbänke und Schlammflächen. Alles
sucht, hascht, schluckt und frißt von dem reichgedeckten Tische. Bei sonnigem Wetter
trifft man in Meeresnähe manchmal fogar Seehunde, die der Jäger listig beschleicht.
In der Ferne rauscht das Meer. Schwellende Segel ziehen vorüber. Hier und da
liegen im Wattenschlamm kleine Küstenfahrzeuge fest. Sie warten auf die ftlut.
Nicht selten kündet dichter Nebel an, daß das sechsstündige Festlandleben der Watten
vorüber ist. Schnell nehmen die gurgelnden Wassermassen wieder Besitz von dem
auf kurze Zeit verlassenen Meeresboden. Eilig ergreifen Mensch und Tier die Flucht.
Wehe dem Wanderer, der, vom Nebel überrascht, den Weg zur Küste verliert und ziel-
und planlos umherirrt. Schrecklich tönt das Rauschen der andringenden Fluten in
seine Ohren. Höher und höher steigt das Wasser. Ein nasses Grab ist das Ende.
6. Die Watten, Strandinseln und Sandbänke sind der Schiffahrt sehr gefähr-
lich. Deshalb sind Einrichtungen getroffen, die das Stranden der Schiffe nach
Möglichkeit verhindern sollen. Leuchttürme und Feuerschiffe zeigen
bei Nacht und Nebel den Weg. Baken und Bojen kennzeichnen die Fahr-
rinne. Nebelhörner und Dampfpfeifen lassen Warnungssignale er-
schallen. Rettungsboote und Rettungsmannschaften sind an
allen bedrohten Stellen der Küste stets bereit, um bei Schiffsunfällen schleunige
Hilfe zu bringen.
2*
T i e Düneninsel Norderney.
Das gesunde, stärkende Seeklima der Insel lockt alljährlich eine große Anzahl von Besuchern an, deren Treiben
sich hauptsächlich am Badestrande entfaltet, wo die Strandkörbe Schutz vor den stets wehenden Seewinden gewähren.
Der Strand, der bei der Flut teilweise überströmt wird, gewährt den Ausblick auf den ununterbrochenen Wellen-
gang des Meeres, die Segel- und Ruderboote, die Tätigkeit der Fischer und die vorüberziehenden Dampfschiffe.
Rechts erhebt sich die bis 20 m hohe Düne, die durch Sturmfluten vom Festlande losgerissen wurde.
Die Felseninsel Helgoland.
Die Südspitze des Oberlandes hat 43 m Höhe. Das Unterland bildet einen Teil der abgerissenen Düne. Lan-
dungsbrücke. Am Gestade überall Spuren der zerstörenden Wirkungen der Meeresfluten. Vielbesuchtes Seebad.
Länderkunde Preußens usw. 15
0. Die Nordseeinseln. 1. Der Jnselkranz, welcher die Nordseeküste begleitet,
hat seinen Namen von dem Volksstamme der anwohnenden Friesen erhalten. D i e
We st friesischen Inseln gehören den Niederländern. Die O st f r i e s i -
schen und die Nordfriesischen Inseln sind deutsch. Zeige und nenne
einige Inseln! Als Überreste alter Dünenketten bestehen sie hauptsächlich aus
Sand und haben deswegen auch einen vorzüglichen Badestrand. Von den Ostfriesi-
schen Inseln sind N o r d e r n e y und B o r k u m, von den Nordfriesischen Sylt
und A m r u m die besuchtesten Badeorte.
2. Eine Sonder st ellung unter den Nordseeinseln nimmt Helgoland
ein. a) Es liegt nicht in der Jnselreihe, sondern weiter draußen in der Nordsee.
Die Insel besteht auch nicht aus Überresten ehemaliger Sanddünen, sondern sie ist
ein dreikantiger Felsblock, der nur % Stunden Umfang hat. Helgoland ist ein
Felseneiland.
b) Obwohl nur von kleinem Umfange, ist die erst von unserem Kaiser von den
Engländern erworbene Insel doch von großer Bedeutung. Sie beherrscht als
wichtige Seefestung die Eingänge zum Nordostseekanal, zur Elbe und Weser und
ist zugleich Sammelpunkt und Kohlenstation für unsere Kriegsflotte. Ihr Leucht-
türm ist das wertvollste Seezeichen der Nordseeküste. Auch als Lotsenstation und
Stützpunkt für die deutsche Seefischerei ist Helgoland von Bedeutung. Endlich ziehen
das milde Klima und die Reinheit der stärkenden Seeluft alljährlich Taufende von
Badegästen dorthin. Helgoland hat eine hohe militärische Bedeutung und ist auch
von wirtschaftlichem Nutzen.
c) An die schmale Südostseite des Felsenblocks hat sich ein flaches Gestade aus
Dünensand angelagert. Hier, wo auch der Landungsplatz der Schiffe ist, hat sich ein
Teil der Bewohner in der sogenannten Unter st adt angesiedelt, während die
O b e r st a d t oben auf dem Felsen liegt. Eine breite Treppe (200 Stufen) und ein
Aufzug vermitteln den Verkehr zwischen beiden. Von der Unterstadt durch einen
2 km breiten Meeresarm geschieden liegt die Düne, die Badeinsel Helgolands.
Die rötliche Farbe der wild zerrissenen Felswände (Zerstörungstätigkeit des Wassers,
Befestigungsarbeiten), die grüne Grasnarbe der Oberfläche, der weiße Dünensand
und das blaue Meer vereinigen sich zu einem farbenprächtigen Landschaftsbild.
„Grön is dat Land, rood is de Kant, Witt is de Sand, dat is de Flagg vun't hillige
Land."
3. Im Gegensatz zu den Düneninseln und dem Felseneiland Helgoland be-
stehen die kleinen Halligen an der Küste Schleswig-Holsteins aus erhärtetem
Schlickboden. Diese niedrigen, meist mit frischgrüner Grasnarbe geschmückten
Inseln sind ein freundlicher Schmuck des grauen Wattenmeeres. Doch liegen sie
ungeschützt und bloß da wie „Kindlein in des Meeres Wiege". Bei starken Fluten
jagen die Wogen heulend und brausend über sie hinweg und bedrohen die auf künst-
liehen Erhöhungen (Wurten) angelegten Wohnstätten. Heute sucht man auch diese
kleinsten Inseln durch Felsbekleidungen gegen die Wogen zu sichern, weil sie für die
Festlandküste als Wellenbrecher wichtig sind. Ferner stellt man durch Damm-
bauten landfeste Brücken zwischen ihnen und der Küste her.
D. Bedeutung der Nordsee. 1. Die weiten Meeresbuchten (welche?) und breiten
Flußmündungen der Nordsee fördern die Schiffahrt. Die Flutbewegung steigt hoch in
die Buchten und Flüsse hinauf und öffnet sie für den Verkehr bis tief ins Binnen-
Der Hamburger Hafen,
a Kaiser-Kai mit Warenspeicher, b Sandtor-Hafen, e Sandtor-Kai, d verschiedene Häfen: Afrika-, India-, Hansa-,
Spreehafen u. a., e Norder-Elbe, f g Segel- und Dampfschiffe. Die Zahl der jährlich verkehrenden Seeschiffe bc-
trägt über 20 000.
Bremerhaven an der^Wesermündung, der Auswandererhafen.
In Bremen hat der „Norddeutsche Lloyd", der nach der Hamburg-Amerika-Linie die größte Schiffahrtsgesellschaft
der Erde ist, seinen Sitz. Der Lloyd besitzt über ISO Seedampfer, seine Schnelldampfer zeichnen sich durch
Größe und Schönheit aus, sie sind in der Tat „schwimmende Paläste". Jährlich befördert er bis zu /«Mil.ion
Menschen, hauptsächlich nach Nordamerika.
Länderkunde Preußens usw. 17
land hinein. Dank den Einwirkungen des Golfstroms ist die Nordsee den Winter
hindurch eisfrei und gestattet so die ununterbrochene Verbindung mit dem Weltmeer.
Endlich gehört ihr die wichtige Mündung der Elbe an, die Deutschlands Mitte durch-
quert und sogar noch einen Teil Österreichs zum Hinterland der Nordsee macht,
ferner die Pforte des Nordostsee-Kanals, der Ostdeutschland auf dem Seewege mit
der Nordsee verbindet. Deutschland verdankt seinen Anteil am Überseeverkehr
und teilweise auch seine Weltmachtstellung der Nordsee.
2. Der Seeverkehr bietet Tausenden von Matrosen, Steuerleuten, Lotsen
und Hafenarbeitern Lebensunterhalt. Er hat riesenhafte Industriebetriebe ent-
stehen lassen, die namentlich dem Schiffbau (Werften), der Schiffsausrüstung und
der Verarbeitung der ankommenden Güter dienen. Von hoher wirtschaftlicher
Bedeutung sind ferner die zahlreichen Seebäder und nicht zuletzt auch der Fisch-
reichtum der Nordsee.
E. Küstenstädte. Da die Nordseeküste der Ausgangspunkt des deutschen Über-
seeverkehrs ist, so haben sich auch hier die bedeutendsten Handelsstädte entwickelt.
1. Die Freie und Hansestadt Hamburg erfreut sich einer sehr günstigen
Lage. Sie liegt an der Grenze des Seeverkehrs und der Flußschiffahrt. Obwohl
nahezu 100 km von der Elbmündung entfernt, ist sie doch für Seehandelsschiffe
infolge der Vordringeden Flut erreichbar. Großartige Hafenanlagen von ganz ge-
waltiger Ausdehnung dienen dem riesenhaften Schiffsverkehr. Durch die Elbe
und ihre Nebenflüsse wird Hamburg mit überaus erzeugnisreichen Gegenden
Deutschlands, ja Österreichs verbunden. Der günstigen Lage entspricht die B e -
Deutung der Stadt. Hamburg bewältigt % des deutschen Gesamthandels, ist
erster Seehafen des europäischen Festlandes und dritte Großhandelsstadt der Welt,
Sitz der größten Schiffahrtsgesellschaft der Welt (Hamburg-Amerika-Linie), Welt-
markt für Kaffee, Hauptausfuhrhafen für Zucker und die Erzeugnisse der chemi-
schen Industrie, Stapelplatz für Kolonialwaren. Noch mehr Arbeiter als der
Handel beschäftigt Hamburgs Industrie, besonders der Schiffbau, die Baumwoll-
spinnerei, Konserven-, Ol- und Lederfabrikation. Als Millionenstadt ist Hamburg
(mit Nachbarorten über 1 Million) die zweitgrößte deutsche Stadt. Hamburg ist
die Königin der Elbe und der Nordsee. — Mit der Weltstadt zusammengebaut ist
die zu Schleswig-Holstein gehörende Stadt Altona (177), etwa % so groß wie
Hamburg, vorwiegend Industriestadt. Hamburgs Vor- und Winterhafen ist Kux-
Hafen, an der eigentlichen Elbmündung gelegen.
2. Die Freie und Hansestadt Bremen hat eine ähnlich günstige Meereslage
wie Hamburg (inwiefern?) aber eine weniger vorteilhafte Flußlage. Die Weser
ist wesentlich kleiner als die Elbe und bezieht nur ein Hinterland von mäßigem
Umfange und geringer Ertragfähigkeit (Moore!) in den Bereich Bremens. Gleich-
wohl hat Bremen eine hervorragende Bedeutung als zweitwichtigste See-
Handelsstadt des Deutschen Reiches, als bedeutendster Einfuhrhafen für Reis, Tabak
und Baumwolle, als größter deutscher Auswandererhafen und Sitz der zweitgrößten
Schiffahrtsgesellschaft der Welt (Norddeutscher Lloyd). Die Einwohnerzahl (266)
ist rund % so groß als die Hamburgs. Dicht bei Bremen liegt die zu
Hannover gehörende Stadt Geestemünde, Hauptsitz der deutschen Hochsee--
fischerei. Bremerhaven, an der Mündung der Weser, ist der Vorhafen
18
Länderkunde von Mitteleuropa.
Marsch an der Nordseeküste in Holstein.
Die Marsch umsäumt das Geestland in einer Breite von höchstens 8 Km. Feld reiht sich hier an Feld und Wiese
an Wiese, belebt von breitstirnigen Rindern, stattlichen Rossen und fetten Schafen. Schnurgerade Kanäle und
Gräben führen das von der Geest herabkommende Wasser dem Meere zu. Tritt die Ebbe ein, so fließen die auf-
gestauten Binnengewässer durch selbsttätige Schleusentore oder Siele ab. In der Marsch trifft man noch häufig
Einzelgehöfte in niedersächsischer Bauart, umgeben von Buchen und Eschen.
Bremens. — Andere Nordseestädte sind Wilhelmshaven am Jadebusen,
Kriegshafen der Nordsee und Standort des Nordseegeschwaders, und Emden am
Dollart, durch den Dortmund-Ems-Kanal mit dem westfälischen Kohlen-
und Industriegebiet verbunden und daher im Aufschwung begriffen, auch Ausgangs-
Punkt der deutschen Kabel. Beide Städte gehören zur Provinz Hannover.
Ausgaben. M i ß die Entfernung zwischen Hamburg und dem Heimatort! — R e i s e
nach Bremen a) auf dem Wasserweg, b) auf dem Landweg! — Berechne den Unter-
schied der Reisedauer! — Zeichne den Verlauf der deutschen Nordseeküste! — Zeichne
den Durchschnitt eines Nordseedeiches! — Forme Helgoland! — Warum kann
man die Nordsee als eine „Mordsee" bezeichnen? — Warum ist Bremen von Hamburg
überholt worden? — Warum war die Erwerbung Helgolands von großem Vorteil?
2. Das Westdeutsche Tiefland.
A. Die Marschen. 1. An der Nordseeküste und ihren Flußmündungen ziehen sich
die Marschen hin, ein saumartiger Laudftreisen von 1—5 Wegstunden Breite. Art
ihrer Entstehung sind die Flüsse und das Meer beteiligt. Wenn zur Zeit der Flut
das Meer tief in die Flüsse eindringt, so staut sich das Wasser in ihnen. Sie setzen
infolgedessen reichlich Schlamm ab, namentlich an den Ufern. Auch das Meer trägt
Tag für Tag Schlickmassen an die flache Küste und lagert sie dort an geschützten Stellen
ab. Der ganze Boden des Wattenmeeres ist mit Sinkstoffen bedeckt. Nach uud nach
erhöhen sich diese Ablagerungen der Flüsse und des Meeres so weit, daß sie uicht
Länderkunde Preußens usw. 19
mehr von der Flut bedeckt werden. Binsen und Rohr siedeln sich an. Allmählich
stellt sich weißer Klee und zuletzt üppiger Wiesenwuchs ein. Da das Neuland aber
nur wenig höher liegt als das Meer, so zieht man bald einen schützenden Deich. An
der sanft absteigenden Außenseite des Deiches wiederholt sich die Schlammab-
lagerung. Die Bewohner suchen diese Landgewinnung noch zu fördern, indem
sie Dämme von Reisigbündeln in das flache Strandmeer hinausbauen. Nach und
nach entsteht ein Außendeichsland. Ist es groß genug, so wird es eingedeicht. Der
bisherige Randdeich wird zum Binnendeich. Wo den Flüssen ein Weg gelassen wer-
den muß, finden sich überwölbte Kanäle durch den am Grunde 25—30 m breiten
Deich. An ihrer Außenseite befinden sich mächtige Doppeltüren, die sogenannten
Schleusen. Sie schließen sich nur nach der Landseite, so daß die andringende Flut
sich von selbst den Weg ins Land versperrt, während zur Ebbezeit das Flußwasser
die Türen wieder aufstößt. Die Marschen sind ein Geschenk der Flüsse und des Meeres.
2. Wir stehen auf dem Deich und schauen landeinwärts. Weithin schweift
das Auge über eine ebene waldlose Fläche. Grüne Wiesenteppiche wechseln ab
mit wogenden Getreidefeldern. Schnurgerade Wassergräben bilden ein dichtes Netz
von Kanälen, die der Entwässerung des feuchten Bodens dienen. Zugleich grenzen
sie die Felder ab und bieten dem Vieh das nötige Trinkwasser. Unangenehm ist die
schnelle Erweichung des Bodens bei Regenwetter. Er verwandelt sich dann oft in
einen unergründlichen Morast. Der Bau guter Landstraßen ist in der steinlosen
Marsch ziemlich kostspielig. Doch durchzieht jetzt auch schon die Eisenbahn das Marsch-
gebiet. Der feuchte Boden und die feuchte Seeluft verursachen ein oft trübes,
nebel- und niederschlagreiches Klima. Die Marschlandschaft ist eine tafelförmige
Ebene mit einem Netz von Entwässerungskanälen und Deichen, mit feuchtem
Boden und niederschlagreichem Klima.
3. Da der Marschboden von außerordentlicher Fruchtbarkeit ist und infolge
der Meeresnähe auch reichlich Regen empfängt, so wird ein üppiger Graswuchs
hervorgerufen, der die Grundlage einer blühenden Viehzucht ist. Schwarzbunt ge-
fleckte Rinder und stattliche Pferde weiden auf den stundenlang sich hinziehenden
fettsaftigen Grasflächen. Auf den etwas höher gelegenen Gebieten steht der
Ackerbau im Vordergrund. Besonders wird Weizen angebaut, ferner Raps und als
Ergänzung zur Viehzucht Hafer und Gerste. Die „Vierlande" (vier eingedeichte
Elbinseln) bei Hamburg sind durch ihren Gartenbau, das „Alte" Land (zuerst einge-
deicht) zwischen Hamburg und Stade durch seinen Obstbau bekannt. Das Wirt-
schaftsleben der äußerst fruchtbaren Marschen wird besonders gekennzeichnet
durch Viehzucht und Alkerbau.
4. Die Marschen sind mit Einzelhöfen und Dörfern übersät. Die Besiede--
lungsdichte (60 Einw. auf 1 qkm, ohne die Seestädte) erreicht den Reichsdurch-
schnitt (120 auf 1 qkm) zur Hälfte, was bei dem Mangel jeder Industrie beträcht-
lich ist. Die stattlichen Höfe der zumeist reichen Marschbauern liegen vielfach auf
kleinen Erhöhungen (Wurten), ähnlich wie die Wohnstätten auf den Halligen.
B. Die Moore. 1. Südlich von den Nordseemarschen breiten sich, vornehmlich
im Gebiet der Ems und unteren Weser, große Moore aus. Westlich der Ems
liegt das Bourtanger Moor, zwischen Ems und Weser das S a t e r -
l a n d, östlich der Weser das T e u f e l s m o o r. Im ganzen umfassen die Moor-
Länderkunde von Mitteleuropa.
AusdemTeufelsmoorbeiBremen. KultiviertesMoormitWiese,WaldundFeld.
Entwässerungskanäle durchziehen das Moor. In den Torfkähnen bringt der Moorbauer die „brennende Erde"
zur Stadt. Links Moorwiesen, rechts Birkenwald. Wo die Moore nicht kanalisiert sind, brennt man die oberste
Schicht zu Asche, um Buchweizen anbauen zu können.
gebiete des Westdeutschen Tieflandes eine Fläche, die achtmal so groß ist als der
Bodensee. (Vgl. die erdkundlichen Grundwerte!) Die Moore des Westdeutschen
Tieflandes nehmen also beträchtliche Flächen ein.
2. Die meisten Moore sind aus ehemaligen flachen Seebecken entstanden,
die ohne Abfluß waren und bei denen auch ein Einsickern des Wassers durch
undurchlässige Bodenschichten (Ton) gehindert wurde. In solchen stehenden Ge-
wässern siedeln sich, wie man an jedem Tümpel oder Teich beobachten kann, allerlei
Wasserpflanzen an, namentlich Algen und Moose (Sumpf- oder Torfmoos). Nach
und nach bilden sie eine immer dichter werdende Decke, die den ganzen See Polster-
artig überzieht. Binsen und Gräser tauchen auf. Das Wurzelwerk befestigt die Decke,
so daß schließlich Menschen und Tiere sie betreten können. Doch schwankt der schwim-
mende Boden unter den Tritten und verrät das darunter gurgelnde Wasser des er-
würgten Sees. Mit der zunehmenden Mächtigkeit der Pflanzendecke sterben ihre
unteren Schichten ab und sinken in die Tiefe. Da sie von der Luft abgeschlossen
sind, können sie nicht verwesen, sondern nur verkohlen. Auf diese Weise wird
allmählich das ganze Seebecken mit einer schwarzen Moor- oder Torfmasse aus-
gefüllt. Moore entstehen in abflußlosen Mulden mit undurchlässigen Boden-
schichten.
Länderkunde Preußens usw. 21
3. Die ebenen Moorflächen bieten dem Wanderer einen trostlosen Anblick
dar. Kein frisches Grün erfreut das Auge. Selten unterbricht ein Weiden- oder
Haselstrauch die schauerliche Eintönigkeit des schwarzbraunen Bodens, der mit
Moorgras und Binsen inselartig bedeckt ist. Vereinzelt ragt melancholisch der
weiße Stamm der Birke aus dem dunklen Erdreich empor. Dürftig ist auch das
Tierleben. Kein Vogelgezwitscher ertönt über der an Gebüsch und Nistplätzen armen
Landschaft. Nur das Birkhuhn, die menschenscheue Rohrdommel und die lichtscheue
Sumpfeule flattern umher. In den schmutzigen Morastgewässern hausen Frösche
und Salamander. Kreuzotter und Ringelnatter schlängeln sich über den heimtückisch
schwankenden Boden. Von Zeit zu Zeit unterbricht der schrille Schrei des Kiebitz
und der klagende Ruf des Moorhuhns die unheimliche Stille. Sonst ist alles schweig-
sam, regungslos, tot. Das Moor ist eine schauerliche Einöde.
4. Trotz der Unwirtlichkeit finden sich in den Mooren auch menschliche Be-
wohner. Ihre armseligen Torfhütten bestehen aus einem einzigen Raum, der
nicht nur Küche-, Wohn- und Schlafgemach ist, sondern auch noch in einer Ecke
notdürftig abgezäunt die kleine Moorkuh und ein paar zottige Moorschafe be-
herbergt. In der Mitte der Torfhütte glimmt auf einem Sandhaufen Tag und
Nacht ein qualmiges Torffeuer. Hinter der Moorkate dehnt sich ein spärlicher Acker
aus, auf dem der Moorbauer etwas Buchweizen und Kartoffeln erntet. Daneben
gräbt und trocknet er über seinen Bedarf hinaus Torf, den er verkauft und dadurch
die notwendigsten Barmittel erwirbt. Die Moorbewohner führen eine dürftige
Lebensweise.
5. Auf den ersten Blick erscheint der Moorboden für die Urbarmachung un-
geeignet. Doch haben die Moorbewohner fchon von jeher versucht, ihn als-Acker-
land nutzbar zu machen. In den letzten Jahren wird an der Moorkultur mit be-
fonders großem Eifer gearbeitet. Es besteht die Hoffnung, daß überflüssige
Moorflächen nach und nach verschwinden werden.
a) Früher suchte man durch Moorbrennen den Boden für den Anbau
zu gewinnen. Die dazu bestimmte Fläche wurde zunächst durch Gräben entwässert.
Dann lockerte man die obere Torfschicht mit Hacke und Spaten auf und setzte sie in
Brand, nachdem sie genügend ausgedörrt war. In die abgekühlte Moorasche säte
der Moorbauer dann Buchweizen, der in günstigen Jahren gute Erträge lieferte.
Fünf bis sechs Jahre brannte und besäte man dasselbe Buchweizenfeld, dann .aber
mußte man es wieder mindestens die gleiche Zeit brach liegen lassen. Vereinzelt
findet sich dieser Raubbau heute noch.
b) Die gegenwärtige Art der Bodenverbesserung ist vornehmlich die sogenannte
Fehnkultur (Fehn, Venn —Morast, Sumpf). Man wendet sie besonders bei sol-
chen Mooren an, die sich in der Nähe eines schiffbaren Flusses ausbreiten. Zunächst
werden Kanäle angelegt, die den Boden entwässern und zugleich eine Verkehrs-
Verbindung mit dem Flusse herstellen. Der Torf wird nun abgegraben. Dann lockert
man die darunter liegende Sandschicht auf und vermengt sie mit Torfschlamm,
Straßenkot, Schlickerde aus der Marsch und künstlichen Düngestoffen. Auf diese
Weise entsteht sehr fruchtbarer Boden, der fogar Weizen und Raps trägt.
e) Bei der D a m m k u l t u r braucht der Torf nicht erst völlig abgestochen zu
werden. Man teilt die Moorfläche durch 3—4 m breite und tiefe Gräben in Streifen
Wacholderbäume und Büsche Heidschnuckenherde Blühendes Heidekraut
Die Lüneburger Heide im Herbste.
Die Lüneburger Heide ist das ausgedehnteste Heideland auf deutschem Boden. Flachwellige Hügel und weite Ebenen wechseln hier miteinander ab. Braune Heide-
bäche durchziehen die Talniederungen, Kiefernwälder begrenzen die Heidefläche. Die Hügelrücken deckt zumeist das Heidekraut, die Erika, die Mulden und
Niederungen erfüllt das Torfmoos, Sphagnum. Die Pflanzendecke des zumeist sandigen Bodens ist lückenhaft, Wald fehlt auf großen Strecken ganz. Da und dort
ragen aus der rotblühenden Heide hohe Wacholderbäume auf, bald Gruppen, bald lange Reihen bildend, die im Dämmerlicht oft wie gespenstische Gestalten er-
scheinen. Am schönsten ist die Heide im Herbste. Stundenweit breitet sie dann ihr Purpurgewand über die Fläche hin und tiefe Einsamkeit und Lautlosigkeit
____rubt gut ihr.__
Länderkunde Preußens usw. 23
oder Dämme. Auf diese bringt man zuerst eine Schicht aus schwarzem Torf, um die
Moorpflanzen zu ersticken, und dann eine doppelte Schicht Sand. Diese wird dann,
ähnlich wie bei der Fehnkultur, durch Beimischung von Komposterde und Dünge-
stoffen in eine ertragreiche Ackerkrumme umgewandelt. Dazu stellt die feuchte Moor-
unterläge mit ihren verwesenden Pflanzenteilen eine ständige Nahrungsquelle für
die Wurzeln der tiefer dringenden Pflanzen dar. Die Moordämme über-
flügeln in ihren Erträgen zuweilen sogar das Marsch-
l a n d.
6. Die Besiedelung erreicht stellenweise nur (20 auf 1 qkm) des Reichs-
durchschnittes. Geschlossene Dörfer finden sich nur wenig. Neben Einzelsiedelungen
sind eine Anzahl Kolonien vorhanden. Das großartigste Beispiel einer Fehnkolonie
ist Papenburg (Provinz Hannover). Wo die Hunte das Moor verläßt und
in die Marsch eintritt, liegt Oldenburg, die Hauptstadt des gleichnamigen
Großherzogtums.
C. Die Lüneburger Heide. 1. Sie schiebt sich zwischen der Elbe und Aller-
Weser hinauf bis zu einer Linie, die etwa Hamburg mit Bremen verbindet.
Das ganze Gebiet ist ungefähr halb so groß wie unsere Heimatprovinz Sachsen
(12 000 qkm). Die Lüneburger Heide ist das größte zusammenhängende Heide-
gebiet Deutschlands.
2. Die Lüneburger Heide ist keineswegs eine endlose Sandebene, mit Heide-
kraut bewachsen. Allmählich steigt sie aus der Allerniederung zu langgestreckten
Hügelrücken empor. Welche Höhenzahl zeigt die Karte? (Wilseder Berge 170 in).
Zur Elbe fällt sie ziemlich steil ab. Nähert man sich ihr von Norden, so erscheint
sie am Horizont wie ein blauer Gebirgsstreiseu. Der Boden setzt sich größten-
teils aus eiszeitlichen Schwemmsanden zusammen, die streckenweise in wüsten
Flugsand übergehen. Heidekraut und Kiefernwaldungen bieten einige Abwechslung
in dem einförmigen Landschaftsbild. Wo sich Lehmboden findet, wie in den aus-
reichend bewässerten Flußtälern, breiten sich Roggen-, Kartoffel-, Gemüse- und
Buchweizenfelder aus. Dies sind die Oasen der Heide. Ostwind sie von einem
Kranze anmutiger Laubwälder umgeben. Die Lttneburger Heide ist ein welliges
Hügelland mit sandigem, wenig fruchtbarem Boden.
3. Im August und September blüht das Heidekraut. Dann schmückt sich die
Landschaft mit einem Kleide von zarter Schönheit. Wie ein rosenroter Schimmer
liegt es dann über den weiten Flächen der blühenden Heide. Dunkle Wacholder-
büsche und goldgelbe Ginsterbüsche heben sich wirkungsvoll davon ab. Millionen
emsiger Bienen suchen unter melodischem Gesumm auf dem endlosen Blumeu-
teppich nach Honig und Blütenstaub. Buntfarbige Schmetterlinge, glänzende Käfer
und zirpende Grillen beleben das Heidebild. In den blauen Lüften trillert die
Heidelerche. Annette von Droste-Hülshoff, Storm, Geibel u. a. Dichter haben
diesen Heidezauber mit innigem Wort besungen. Die blühende Heide bietet ein
eigenartig schönes Landschaftsbild.
4. Zahlreiche Findlinge (erratische Granitblöcke) liegen in der Heide einzeln
und verstreut umher. Vielfach sind sie auch zu Hügelu vereinigt, die man Hünen-
gräber nennt. Es sind große Riesengräber vorgeschichtlicher Begräbnisstätten. Man
24 Länderkunde von Mitteleuropa.
hat in ihnen Urnen mit Knochen- und Aschenresten, Waffen aus Bronze und Eisen,
Steinhämmer, Steinbeile und Steinmesser gefunden. Findlinge und Hünengräber
bringen Abwechslung in das Heidebild.
5. Die Heide begünstigt die Schaf- und Bienenzucht. Der Anbau ist von ge-
ringer Bedeutung, weil der leichte Sandboden wenig ertragfähig ist. Neuerdings
läßt man sich die Bodenverbesserung sehr angelegen sein (Berieselung,
Düngung). Schaf- und Bienenzucht nehmen deshalb ab. Der ehedem sehr reiche
Waldbestand wurde früher oft in kurzsichtiger Weise übermäßig gelichtet. Dadurch
verringerten sich auch die Niederschläge. Der entblößte Waldboden dörrte aus und
wurde ein Spiel der Winde. In den letzten Jahrzehnten hat aber die Neu-
ausforstung große Fortschritte gemacht. Wo einst Schafe sich dürstig nährten,
da sieht man jetzt Waldarbeiter, Fuhrleute und Holzhauer. Auch Mineral-
schätze birgt die Heide. Bei Lüneburg quillt eine reiche Solquelle. Tiefbohrungen
um Celle haben Petroleumquellen erschlossen, deren Ausdehnung bis gegen Hol-
stein vermutet wird. Ju den letzten Jahren ist die Heide in zunehmendem Maße
dem Fremdenverkehr erschlossen worden. Namentlich aus den angrenzenden
Gebieten ziehen die Sommerfrischler zu Tausenden in die einsamen Heidedörfer,
um „Abseits" (Gedicht von Storm) vom lauten Reisestrom Stärkung, Erholung
und Naturgenuß zu suchen.
6. Wie in den Moorgebieten, so beträgt auch hier die Bevölkerungsdichte strecken-
weise kaum Vg des deutschen Reichsdurchschnittes (20 auf 1 qkm). Am Nordostrande
liegt die Regierungsbezirksstadt Lüneburg mit Salzquelle, Kalk- und Gips-
lagern, am Südwestrande Celle, Hauptversandplatz für Honig und Wachs.
Zwischen beiden Städten liegt als Bahnknoten Ü l z e n, in dessen Umgebung viel
Flachs angebaut wird.
D. Der Südrand. 1. Er wird gebildet durch einen hügeligen Landstreifen,
der sich am Fuße des mitteldeutschen Gebirges von der Weser über Hannover und
Braunschweig bis zum Mündungsgebiet der Saale erstreckt. Der östlichste Teil ist
die völlig ebene und baumlose Magdeburger Börde.
2. Der Boden besteht aus dem Geschiebelehm der Eiszeit, der von den Rand-
gebirgen abgeschwemmten Fruchterde und dem Schwemmland der zahlreichen Msse.
(Nenne die wichtigsten Flüsse!) Infolgedessen ist er sehr fruchtbar, namentlich in
der Magdeburger Börde. Hervorragend ist besonders der Zuckerrübenbau. Ihm
kommen auch die reichen Kalischätze des Gebietes zugute. Die Börde ist mit
Zuckerfabriken förmlich besät. Ihr Betrieb wird durch die Braunkohlenschätze im
Braunschweigischen (bei Helmstedt) wesentlich unterstützt. Neben der Zuckerrübe
werden Weizen und Gemüse, besonders Spargel und Kohl, angebaut. Der sehr
fruchtbare Südrand des Westdeutschen Tieflandes ist reich an Zucker, Weizen
und Gemüse.
3. Zu der Fruchtbarkeit der Bodenoberfläche gesellt sich ein großer Salz-
reich tum im Innern der Erde. Seine Entstehung erklärt sich aus der ehemaligen
Meeresbedeckung des Gebietes. Seine Bedeutung beruht aber nicht auf dem auch
anderwärts vorhandenen Kochsalz, sondern auf dem für die Landwirtschaft so wert-
vollen Düngesalz. Dieses lagert über dem Kochsalz, und zwar in einer Schicht, die
Länderkunde Preußens usw.
25
Zuckerrübenfeld in der Magdeburger Börde mit Zuckerfabrik und Wohngebäude. Lößartiger
Boden.
Die Börde ist zwar eine höchst einförmige, aber äußerst fruchtreiche Ebene, in der alle Gemüsearten aufs beste ge-
deihen. Der Reichtum der Gegend gründet sich aber aus die Zuckerrübe. Fast in jedem größeren Dorfe finden
wir Zuckerfabriken, in denen mitunter 500—600 Arbeiter beschäftigt sind. Die Bördedörfer zählen bis 4000 Em-
wohner, und an die Stelle der alten und niedrigen Häuser sind vielfach neue stattliche GeHöste getreten, Zeugen
hohen Wohlstandes.
iy2 mal so dick ist (150 m) als der Magdeburger Dom hoch ist. Als man den Wert
des Düngesalzes noch nicht kannte, räumte man es achtlos beiseite, um zum Steinsalz
zu gelangen. Daher stammt auch die Bezeichnung Abraumsalz. Vom Kochsalz
(Chlornatrium) unterscheidet es sich durch seinen Gehalt an Kalium, weshalb man es
auch als Kalisalz bezeichnet. Den Kalisalzen verdankt die deutsche Landwirtschaft
ihren unvergleichlichen Aufschwung. Da man bisher nirgends auf der Erde in erheb-
lichen Mengen Kalisalz gefunden hat, so sind alle andern Länder in dieser Beziehung
auf Deutschland angewiesen. Aus den Abraumsalzen gewinnt man auch eine ganze
Reihe wertvoller chemischer Erzeugnisse, wie Salpeter, Glaubersalz, Pottasche,
Brom usw. Die chemische Industrie Deutschlands verdankt den Kalischätzen ihren Welt-
ruf. Der Reichtum an Kalisalzen ist für Deutschlands Landwirtschaft, seinen Aus-
fuhrhandel und seine chemische Industrie von unschätzbarem Werte.
4. Infolge der Bodenfruchtbarkeit und der Bodenschätze ist der Südrand dicht
besiedelt. Die bedeutendste Stadt ist
a) Magdeburg (295), die größte preußische Stadt Mitteldeutschlands (außer
Berlin und Charlottenburg), Hauptstadt der Provinz Sachsen, Brückenstadt und
Elbfeste, ehemaliger Bischofssitz mit altehrwürdigem Dom (Grab Kaiser Ottos I.),
alte Handelsstadt (Salz, Zucker, Chemikalien), bedeutender Flußhafen, Eisenbahn-
26
Länderkunde von Mitteleuropa.
knoten, erster Zuckerplatz Deutschlands und Europas, Eisenindustrie (Krupp-Gruson-
Werke), Konservenfabriken. — Andere Städte der Provinz Sachsen: Halber-
stad t, ehemaliger Bischofssitz, lebhafte Handels- und Industriestadt; St aß-
surt und Aschersleben sind die Mittelpunkte der Kalisalzgewinnung; Schöne-
beck a. d. Elbe hat die größte Saline Deutschlands; eine Gartenstadt ist die
alte Kaiserstadt Quedlinburg.
b) Braunschweig (150), halb so groß wie Magdeburg, Hauptstadt des Herzog-
tums Braunschweig, an der Oker gelegen. Verkehrsmittelpunkt, Zucker- und
Konservenfabriken (Spargel), Schlächtereien (Braunschw. Wurst). Der aus Erz ge-
gossene Löwe auf dem Burgplatz erinnert an Heinrich den Löwen, der auch im
Dom begraben liegt. Technische Hochschule.
c) Hannover (320), etwas größer als Magdeburg, Hauptstadt der Provinz
Hannover, an der Leine gelegen. Als ehemalige Residenz der Könige von Hau-
nover eine der schönsten Städte Deutschlands. Die Kohlenlager am nahen Deister
und die Lage der Stadt am Kreuzungspunkt wichtiger Verkehrsstraßen (nenne sie!)
haben dazu beigetragen, daß Hannover nächst Berlin Preußens vielseitigster Industrie-
platz geworden ist. (Gummiindustrie, Chemikalien, Maschinen, Brauereien, Konser-
venfabriken, Asphalt- und Zementwerke, Gewebe- und Tabakindustrie). Technische
Hochschule. — Ferner ist zu nennen H i l d e s h e i m (53), Regierungshauptstadt,
an der Innerste gelegen. Wegen seiner vielen altertümlichen Bauwerke auch wohl
das „norddeutsche Nürnberg" genannt.
E. Das Münsterland. 1. Von der niederländischen Grenze aus schiebt sich das
Westdeutsche Tiefland keilförmig zwischen den Teutoburger Wald und das rechts-
rheinische Gebirge ein. Im Mittelpunkt des Gebietes, das zur Provinz Westfalen
dige Heide. Im übrigen zeichnet sich das Münsterland durch große Fruchtbar-
keit aus, insbesondere die Gegend um Soest, die S o e st e r Börde. Sie
bildet die Kornkammer Westfalens. Noch größere Bedeutung als der Ackerbau hat
die Viehzucht, weil das Tieflandbecken den feuchten Nordseewinden geöffnet ist.
gehört und von Lippe und Ems
entwässert wird, liegt Münster,
daher der Name Münsterland
oder Westfälische Bucht. Sie
wird durchzogen von dem
Dortmund - Ems - Ka-
n a l, der das rheinische Jndu-
striegebiet mit der Nordsee ver-
bindet und dem Rhein gleich-
sam eine deutsche Mündung gibt.
Das Münsterland ist das Ge-
biet der oberen Ems und Lippe
und wird durchzogen von dem
Dortmund-Ems-Kanal.
We st deutsches Tiefland.
Benenne a) die Meeresbuchten, b) die Flüsse, c) die Gebirgszüge,
d) die Städte!
2. Das Quellgebiet der
Lippe und Ems, die Senne
genannt, ist größtenteils san-
Länderkunde Preußens usw. 27
Auf die Mast in den prächtigen Eichenwäldern, die das Land durchsetzen und
schmücken, ist seit alter Zeit eine lebhafte Schweinezucht begründet, die den West-
Mischen Schinken berühmt gemacht hat. Das Münsterland ist ein hervorragendes
Landwirtschastsgebiet.
3. Als Landwirtschaftsgebiet ist das zu Westfalen gehörende Münsterland nur
schwach besiedelt. Die Karte sieht auffallend leer aus, besonders im Vergleich zu
den benachbarten Industriegebieten. Altgermanischer Sitte entspricht die Siede-
lnngsart der Einzelhöfe, inmitten der Felder und Wiesen, durch Hecken, Eichen und
Nußbäume vom nachbarlichen Besitz geschieden. Münster (98), am Dortmund-
Ems-Kanal und an der alten Hauptstraße von Hamburg nach Köln gelegen, bildet
den Mittelpunkt der Bucht, ist Provinzialhauptstadt und Sitz einer Universität.
Andere Städte sind: Hamm, halb so groß wie Münster, südlich davon an der
Lippe gelegen, die Hauptstadt der alten Grafschaft Mark, „wo der Märker Eisen
reckt", da sich in der Nähe die rheinischen Kohlen- und Eisenlager befinden. Unfern
der oberen Lippe die alte Bischofsstadt Paderborn. Zur zweitgrößten Stadt
der Bucht hat sich infolge des Vordringens des Kohlenbergbaues R e ck l i n g -
hausen am DortmUnd-Ems-Kanal entwickelt.
Ausgaben. Reise vom Heimatort a) nach Magdeburg, b) nach Münster! — Z e i ch tt e
den Dortmund-Ems-Kanal! — Forme ein Hünengrab (nach einem Bilde)! — E r -
kläre: Magdeburger Börde, Soester Börde, Moorkultur, Imker, Findling, Vier-
lande! — Vergleiche Moor und Marsch! — Warum sind die Marschen so fruchtbar?
— Warum baut man bei Magdeburg so viel Zuckerrüben an? — Warum sieht das Karten-
bild des Münsterlandes leer aus?
3. Die Ostsee und ihre Küste.
A. Das Ostseeberken. 1. Während die Nordsee mit dem Ozean in offener Ver-
bindung steht, ist die Ostsee ein fast ganz abgeschlossenes Meer. Nur durch drei
schmale Wasserstraßen steht sie mit der Nordsee in Verbindung. Nenne diese!
Nenne die Staaten, welche die Ostsee einschließen! Vergleiche die Größe der Ostsee
und Nordsee! (Nur % so groß wie die Nordsee.) Me die Nordsee, so ist auch
die Ostsee gleichsam die vom Wasser bedeckte Fortsetzung des angrenzenden,
deutschen Tieflandes. Sie hat daher ein recht flaches Becken, dessen durchschnitt-
liche Tiefe (45 m) nur halb so viel beträgt wie die der Nordsee. Im südlichen
Teile sinkt die Tiefe an einzelnen Stellen bis auf doppelte Schulzimmerhöhe
herab. Im Norden dagegen hat man auch Stellen von zehnfacher Durchschnitts--
tiefe gefunden. Gib die auf der Karte verzeichneten Tiefenzahlen an! Die Ostsee
ist ein slaches Binnenmeer.
2. Von allen Seiten führen zahlreiche Flüsse große Mengen Süßwasser in
die Ostsee. Da die Verdunstung infolge der nördlichen Lage nur gering ist, so findet
ein starkes Abfließen des Waffers zur Nordsee statt. Ein Ausgleich durch salzhaltiges
Ozeanwasser ist wegen der schmalen und flachen Verbindungsstraßen nicht mög-
lieh. Nur ein schwacher Gegenstrom macht sich von der Nordsee her bemerkbar
und zwar am Grunde der Meeresstraßen, weil das salzige Ozeanwasser schwerer
ist als das Süßwasser der Oberströmnng. Der Salzgehalt des Ostseewassers ist
deshalb sehr gering (v,6°/g); er beträgt nur 1j6 von dem des Nordseewassers.
Fischer-Geistbeck -Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I.Teil. 3
28 Länderkunde von Mitteleuropa.
3. Aus der Abgeschlossenheit der Ostsee und ihrer Natur als Flachsee erklärt
sich auch der kaum wahrnehmbare Wechsel von Ebbe und Flut. Doch fehlt es
auch in der Ostsee nicht an verheerenden Sturmfluten. Sie haben hier aber eine
andere Ursache. Wenn nämlich starke Nordweststürme das in den engen Meeres-
straßen zur Nordsee abfließende Wasser aufstauen und sich dann in Nord- und
Nordostsfürme umsetzen, so drängen die Wasserwogen mit großer Gewalt gegen die
deutschen Küsten und können verheerende Überschwemmungen anrichten, wie z. B.
1872 geschah. Die Insel Rügen ist ebenfalls durch eine Sturmflut vom Festlande
losgerissen worden (1304).
B. Die Ostseeküste. 1. Die deutsche Ostseeküste bildet einen großen Bogen von
der dänischen Grenze bis nach Memel. Im einzelnen verläuft die Bogenlinie wieder
in drei kleineren Bogen. Diese sind die Schleswig-Holstein-Mecklenburger Bucht,
die Pommersche Bucht und der Doppelbogen der Preußischen Bucht. Angegliedert
sind der Küste fünf größere Inseln, von denen drei zu Pommern und zwei zu
Schleswig-Holstein gehören. Nenne diese Inseln! Wenngleich die Ostseeküste
auch inselärmer ist als die Nordseeküste, so ist sie doch reicher gegliedert.
a) An der Steilküste von Schleswig-Holstein finden sich zahlreiche lange und
schmale Einschnitte, Förden genannt. Es sind ehemalige Flußtäler. Sie zeichnen
sich durch schön bewaldete Uferlandschaften und reizvoll gelegene Hafenstädte aus.
Die bedeutendsten Förden sind die von Flensburg, Schleswig, Eckernförde und Kiel.
Die Kieler Förde ist die größte und sicherste, weshalb Kiel auch Reichskriegshafen ge-
worden ist. Die Ostseeküste von Schleswig-Holstein ist eine sördenreiche Steilküste.
b) Im weiteren Verlaus ist die Küste der Ostsee ebenso wie die der Nordsee
eine Flachküste. Nur auf Rügen (Stubbenkammer), bei Köslin (Gollenberg) und
auf Samland (Brüster Ort) steigen Reste des Grundgebirges empor, das unter dem
Norddeutschen Tiefland vergraben ist. An der Mecklenburger Küste, die durch die
Lübecker Bucht ausgerundet wird, bilden die Meereseinschnitte rundliche, flach-
schüsselige Becken, Bodden genannt. Mecklenburg hat eine boddenreiche Flachküste.
e) In die Pommersche Küste dringt das Stettiner Haff als Teil der großen
Pommerfchen Bucht tief ein. Die Inseln Usedom und Wollin trennen Bucht und Haff
voneinander. Einförmig ist die Küste von Hinterpommern. Einige Abwechslung
bringen zahlreiche kleine, vom Meere völlig abgeschnittene Seen, die man Strand-
seen nennt. Die Pommersche Küste hat ein großes Haff und zahlreiche
Strandseen.
ä) Die Preußische Bucht hat zwei Haffs. Wie heißen sie? Sie werden
durch schmale Landzungen, Nehrungen genannt, bis auf eine enge Ausfahrt vom
Meere abgeschnürt. Welche Orte liegen an der Ausfahrtstelle der beiden Haffs?
Die Preußische Küste hat zwei Hasss, die durch Nehrungen vom Meere abge-
schlössen sind.
2. Die Gezeitenbewegung der Ostsee ist nur gering. Darum fehlen an der
Küste auch die Marschlandstreifen, die sich vorzugsweise unter dem Wechsel von
Ebbe und Flut bilden. Statt dessen finden sich längs der Haffküste langgestreckte
Wälle aus lockerem Sand, die man Dünen nennt. Gewöhnlich laufen mehrere
Sandwälle parallel nebeneinander her. Wie ein Nordseedeich, so sind auch die
Dünen nach der Seeseite sanft abgedacht, während sie nach der Landseite steil
Länderkunde Preußens usw.
29
Nach einer Photographie von Gottheil u. Sohn, Königsberg i, Pr.
Wanderdünen auf der Kurischen Nehrung. „Die Wüsten der Ostseegestade."
Die Dünen sind ein Werk des Windes, öde, nackte, langgezogene, parallel hintereinander liegende Hügelreihen
am Gestade des Meeres. Sie wandern allmählich von der Nehrung ins Haff, wenn sie nicht durch tiefwurzelnde
Gräser (Dünenhafer), Sträucher, Dünenweiden und Kiefern gefestigt werden. Auf der Kurischen Nehrung er-
reichen sie an der deutschen Küste ihre größte Höhe, 6V in.
abfallen. Ihre Höhe schwankt zwischen Stuben- und Turmhöhe (5—50 m). In-
folge der Dünen erscheint die Haffküste wie ein Gebirge im kleinen.
a) Unaufhörlich wühlt das Wasser durch seine Wellenbewegung den leichten
Sand des Grundes auf. Welle auf Welle belädt sich damit und führt ihn dem
flachen Strande zu. Hier reiht sich Körnchen an Körnchen. Unter den Strahlen der
Sonne wird der Sand trocken. Ein kräftiger Seewind wirbelt ihn empor und treibt
ihn landeinwärts. Wo ein Dornbusch oder auch nur ein Stein im Wege liegt,
bleibt ein Häufchen Sand liegen. Neuer Sand kommt hinzu. Aus dem Häufchen wird
ein Haufe, ein Hügel und im Laufe der Zeit ein ganzer Wall. Wo die Ufer steil und
hoch find, können sich natürlich keine Dünen bilden. Im Wattenmeer ist Dünenbil-
dung ebenfalls nicht möglich, weil es an Sand fehlt und die Flut auch zu stark ist.
Dünen entstehen an fandreichen, flntfchwachen Flachküsten.
b) Wie die Wasserflut an der Nordseeküste, so bedeutet die Sandflut an
der Ostseeküste eine Gefahr für die Anwohner. Mit der Bildung der Düne ist
ihre Geschichte nämlich noch nicht zu Ende. Die häufig wehenden, starken See-
winde schieben den Sand von der Seeseite des Dünenwalles sortgesetzt auf die
3*
30 Länderkunde von Mitteleuropa.
Kreideküstevon Stubbenkammer bei Saßnitzauf der Insel Rügen. Höhe der Steil-
küste 80 m.
Aus den grünen Meereswellen und den dunklen Buchenwäldern heben sich die schneeweißen Kreidewände der
Insel malerisch hervor, ein prächtiges Seitenstück zur Insel Helgoland.
Höhe, von wo er nach der Landseite von selbst wieder hinabgleitet. Deshalb sind auch
die Dünen nach der Seeseite zu flach, nach der Landseite steil abfallend. Durch die
unaufhörliche Umlagerung der Sandmassen kommt Leben in die anscheinend tot da-
liegende Düne. Langsam, aber mit unheimlicher Stetigkeit wälzt sie sich vorwärts.
Was ihr in den Weg kommt, wird verschüttet und begraben. Unter der unaufhaltsam
vordringenden Sandflut verschwinden grüne Fluren, Wälder, Fischerhütten, ja ganze
Dörfer. Die Dünenwanderung bedeutet eine Gefahr für die Küstenbewohner.
e) Um den Gefahren zu begegnen, die durch das Wandern der Dünen ent-
stehen, sucht man sie zu befestigen. Man bepflanzt sie mit Strandhalm und Strand-
Hafer. Das weitverzweigte Wurzelnetz dieser unverwüstlichen Pflanzen gibt der
Sandmasse einen inneren Zusammenhang. Aus den verwesenden Pflanzenteilen
bildet sich allmählich eine dünne Humusschicht, die es schließlich ermöglicht, auch
andere Gewächse, wie Weiden, Robinen, Kiefern und Pappeln, mit Erfolg anzu-
pflanzen. Durch Dünenbefestigungen sucht man der Dünenwanderung Einhalt zu
gebieten.
C. Die Insel Rügen. 1. Ein Seitenstück zu der Nordseeinsel Helgoland ist die
Ostseeinsel Rügen. Während aber Helgoland ein kleines Felseneiland ist, ist Rügen
Deutschlands größte Insel (1000 qkm). Wie die Karte zeigt, hat die Insel eine auf-
fällig zerrissene Gestalt, die sie wie eine Spinne mit gespreizten Beinen erscheinen
läßt. Von allen Seiten dringt das Meer ein, merkwürdig geformte Buchten, Land-
Länderkunde Preußens usw. 31
Zungen und Halbinseln bildend. Kein Punkt der Insel ist mehr als eine gute Weg-
stunde (5 km) vom Meere entfernt. Deutschlands größte Insel hat eine spinnen-
artige Gestalt.
2. Das Gerippe der Insel sind alte Felsenkerne, Überreste von gebirgigem
Festlandboden, der vom Meere zerstückelt wurde. Spätere Meeresanschwemmungen
haben dann die ehedem auseinander gerissenen Felsenkerne wieder aneinander ge-
kettet. So bietet uns Rügen ein Beispiel sür die zerstörende und wieder ausbauende
Tätigkeit des Wassers.
3. Wir fahren von Stralsund mit einer Dampffähre über den 2 km breiten
Strelasund nach Rügen und durchqueren dann die Insel von Südwesten nach
Nordosten. Fruchtbare Ackerfelder, saftige Wiesen, dunkle Buchenwälder, sumpfige
Bäche, Hügel und Täler wechseln miteinander ab. In B e r g e n, der Haupt-
stadt der Insel, unterbrechen wir die Fahrt und besteigen den R u g a r d. Von die-
sem domhohen Berge (100 m), der gleichsam den Mittelpunkt der Insel bildet, hat
man einen schönen Rundblick über das außerordentlich wechselvolle Landschaftsbild.
Doch weiter geht die Fahrt, mehr und mehr bergan. Die Landschaft wird hügeliger,
waldiger. In S a ß n i tz, das mit der schwedischen Stadt Trelleborg durch eine
deutsch-schwedische Dampffähre in Verbindung steht, steigen wir
aus. Durch schattigen Buchenwald wandern wir am Meeresufer entlang bergauf
zum Kreidesteinfelsen Stubben kammer und dem sagenumwobenen Herta-
s e e. Wie die Gestalt, so ist also auch das Landschaftsbild der Insel
sehr abwechslungsreich. Rügen ist darum nicht nur die größte, son-
dern auch die schönste Insel Deutschlands.
4. Die vielen Meereseinschnitte laden zu Fischfang und Schiffahrt ein. Der
fruchtbare Anschwemmungsboden gestattet einen ergiebigen Ackerbau. Die aus-
gedehnten Weideplätze der Niederungsgebiete ermöglichen eine umfangreiche Vieh-
zucht. Die Heilkraft des Meerwassers hat zur Entstehung von vielbesuchten See-
bädern Veranlassung gegeben. Nenne solche! Die Lage der Insel ist bedeutungs-
voll für den Verkehr mit Schweden. Der reichgegliederten Gestalt und dem Wechsel-
vollen Landschaftsbild entspricht eine große Mannigfaltigkeit der Erwerbs-
quellen.
D. Die Bedeutung der Ostsee. 1. Die schwache Flut, die zahlreichen Halbinseln,
Buchten, Förden, Bodden und Haffs, die vielen einmündenden Flüsse und die Nähe
der Gegengestade: alle diese Umstände waren für die Anfänge der deutschen Seeschiff-
fahrt sehr günstig. Die ersten germanischen Küstenbewohner der Ostsee (Normannen)
tasteten sich von Gestade zu Gestade rund um das Meeresbecken und gründeten in
den Grenzländern Niederlassungen. Später trugen die Schiffe der Hanse von Lübeck,
Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald deutsche Waren in alle Länder der Ostsee
und Nordsee und verbreiteten den Ruf deutscher Kraft und Macht weithin. Die
Ostsee ist die Wiege der deutschen Seeschisfahrt.
2. Mit der Entdeckung Amerikas und der Auffindung des Seeweges nach
Indien entwickelte sich der europäische Binnenhandel zum Welthandel. Er schlug
neue Bahnen ein. Die Bedeutung der Ostsee für den Verkehr ging zurück, und
damit sank auch die Macht der Hanse. Was den Anfängen der Schiffahrt förderlich
gewesen war (die abgeschlossene Lage der Ostsee, die geringe Flutbewegung und die
32 Länderkunde von Mitteleuropa.
zur Versandung neigende Hassküste), erwies sich für den neuzeitlichen Großschiff-
fahrtsverkehr nachteilig. Dazu kommt, daß infolge des geringen Salzgehaltes und der
nördlichen Lage der Ostsee ihre Häfen einen großen Teil des Jahres mit Eis bedeckt
sind. Obwohl die deutsche Ostseeküste dreimal so lang ist wie die Nordseeküste, ist ihr
diese doch in dem Tonnengehalt der Schiffe nm das Achtfache überlegen. Die Ost-
see hat ihre ehedem herrschende Stellung an die Nordsee abgeben müssen.
3. In letzter Zeit hat die Verkehrsbedeutung der Ostsee wieder wesentlich zu-
genommen. Die Ursachen hierfür sind: 1. Der Kaiser-Wilhelm-Kanal. 2. Das riesige
Wachstum der schleichen und märkischen Industrie. 3. Die Verbesserung und Neu-
anlage von Ostseehäsen. 4. Die deutsch-dänische und deutsch-schwedische Dampffähren-
Verbindung. 5. Der Großschiffahrtsweg Berlin—Stettin, wodurch Berlin gleichsam
zur Ostseestadt geworden ist und das gesamte Hinterland eine viel größere Bedeutung
für den Ostseeverkehr gewonnen hat. 6. Die Befreiung der baltischen Pro-
vinzen und Finlands vom russischen Joch durch das deutsche Schwert im
Weltkriege. Gegenwärtig beherrschen den Güterverkehr in regem Austausch mit-
einander schwedisches Eisen, Holz und Steine, russisches Holz und Getreide, dänische
Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehwirtschast, deutsche Maschinen und andere
Jndustrieartikel. Der Ostseeverkehr ist in neuer Zeit in einem lebhaften Auf-
schwnng begriffen.
4. Das rege Verkehrsleben hat eine ganze Reihe von Siedelungen im
Gebiet der Küste entstehen lassen. Nenne solche! Ihre Zahl ist viel größer als an
der Nordsee, weil die Ostseeküste länger, geschützter und zuflußreicher ist. Doch
stehen die Ostseestädte in wirtschaftlicher Beziehung den Nordseestädten aus den
vorhin angegebenen Gründen nach. Bremens Handelsflotte z. B. besitzt den dop-
pelten Rauminhalt aller deutschen Ostseeschiffe zusammen. Im Anschluß an den
Schiffsverkehr ist in den Küstenorten auch die Industrie aufgeblüht. Schiffs-
Wersten, Dampfmühlen für Holz und Getreide, Brennereien und Maschinenfabriken
beschäftigen Tausende von Küstenbewohnern. Ferner ist der Fischreichtum
der Ostsee von großer wirtschaftlicher Bedeutung, wenngleich er auch nicht an
den der Nordsee heranreicht. Eine bedeutsame Erwerbsquelle ist weiterhin der vor-
zügliche Badestrand, der das Emporblühen einer großen Zahl Seebäder veranlaßt
hat. Nenne solche! (Kranz, Oliva, Zoppot, Kolberg, Swinemünde, Heringsdorf,
Binz, Saßnitz, Warnemünde.) Endlich ist auch der Bernstein, das verhärtete
Harz der ausgestorbenen Bernsteinfichte, ein wertvolles Geschenk der Ostsee. Haupt-
fundort ist P a l m n i ck e n an der Westküste Samlands. Verarbeitet wird der Bern-
stein besonders in Danzig. Nenne Gegenstände aus Bernstein!
Aufgaben. Zeichne in großen Zügen den Verlauf der deutschen Ostseeküste! —
Forme die Insel Rügen! — Vergleiche a) Nordsee und Ostsee, b) Rügen und
Helgoland! — Unterscheide FöÄ>enküste, Boddenküste, Haffküste! — Erkläre:
Flachsee, Strandsee, Nehrung, Dünenwanderung, Dünenbefestigung! — Warum hat
die Ostsee ihre ehedem herrschende Stellung an die Nordsee abgeben müssen? — Warum
ist das Wasser der Nordsee salzhaltiger als das der Ostsee? — Warum ist die Ostseeküste
der Dünenbildung günstig?
4. Das Ostdeutsche Tiefland.
Überblick: a) Ostlich der Elbe breitet sich das Ostdeutsche Tiefland aus. Es nimmt
nach Osten an Breite gewaltig zu und erreicht die dreifache Größe des Westdeutschen
Länderkunde Preußens usw. ZZ
Tieflandes. Auf diesem räumlich ausgedehnten Gebiet ist der Preußische Staat er-
wachsen. Von seinen 12 Provinzen entfällt die Hälfte auf das Ostdeutsche Tiefland.
Es umfaßt auch die beiden größten (Brandenburg, Schlesien) und die beiden ältesten
(Brandenburg, Ostpreußen) Provinzen Preußens. Das Oftdeutsche Tiefland ist
die Grundlage des Preußischen Staates.
d) Durch zwei Landrücken, die das Tiefland von Osten nach Westen durchziehen,
gliedert es sich in folgende Naturgebiete: 1. Das Küstentiefland. 2. Der Baltische
Landrücken. 3. Die Tieflandsmulde. 4. Der KKpatische Landrücken. Entwässert
wird es durch Elbe, Oder, Weichsel, Pregel und Memel. Das Ostdeutsche Tiefland
weist eine reichere Bodengliederung und Bodenbewässerung aus als das West-
deutsche Tiefland.
a) Das Küstentiefland.
Zwischen der Ostseeküste und dem Baltischen Landrücken breitet sich ein Küsten-
tiefland aus, das je nach der Annäherung des Landrückens an die Küste breiter oder
schmaler ist. In dieses Küstentiefland münden von Süden her die Flußniederungs-
gebiete der Oder und Weichsel, des Pregels und der Memel.
1. Die Pregel- und Memeluiederuug. a) Beschreibe nach der Karte Ursprung,
Lauf und Mündung des Pregels und der Memel! Wo sich das vielverzweigte
Mündungsgebiet der Memel ausbreitet, befand sich ehedem eine tiefe Einbuchtung
des Kurifchen Haffs. In dem ruhigen Wasser dieser geschützt liegenden Bucht konnten
sich die vom Flusse mitgeführten Schlammassen ungestört absetzen. Immer seich-
ter wurde das Wasser. Schlamminseln tauchten auf, die allmählich zu Schlamm-
flächen zusammenwuchsen. Der Fluß mußte, um sein Wasser dem Meere zuführen
zu können, die eignen Ablagerungen entweder durchbrechen oder umfließen. Dadurch
entstanden neue Ablagerungen und neue Mündungsarme. So wuchs das Land
nach dem Meere hin. Es bildete sich ein von zahlreichen Mündungsarmen netzartig
durchzogenes Schwemmlandgebiet, das man als Delta bezeichnet. Deltas ent-
stehen durch Flußablagerungen an geschützt liegenden Meeresbuchten.
b) Aus der Entstehung des Memeldeltas läßt sich folgern, daß der Boden sehr
fruchtbar sein muß. Weite Flächen des entwässerten, ehemaligen Sumpflandes
dienen dem Wiesenbau, der eine wesentliche Stütze der ostpreußischeu Pferdezucht
ist. Mit Rücksicht aus die Pferdezucht wird auch viel Hafer angebaut. Inmitten der
fruchtbaren Memelniederung liegt Tilsit, für den Handel mit russischem Holz
und Getreide bedeutsam, die auf der Memel verfrachtet werden. Die wichtigste Stadt
ist Königsberg (263) in der Nähe der Pregelmündung. Durch den Wasserweg, der
Memel und Pregel verbindet, gelangt viel Holz, Getreide, Flachs und Hanf aus Ruß-
land nach Königsberg. Den umgekehrten Weg wandert der Tee, der von hier
nach Rußland geht und für Königsberg ein wichtiger Handelsartikel ist. Die Ver-
binduug Königsbergs nach der Seeseite stellt ein Seekanal her, der bis zu dem be-
festigten Vorhafen P i l l a u führt. Wegen seiner Lage an einer Hauptstraße nach
Rußland ist Königsberg stark befestigt. Die Stadt besitzt eine Universität und ist
Preußens Krönungsstadt (Schloß). .
_ 2. Die Weichselniederung, a) Sie erstreckt sich zu beiden Seiten der unteren
Weichsel. Die obere Weichselniederung bezeichnet man auch im Hinblick auf ihre Ent-
stehung als Durchbruchstal der Weichsel, die untere als Weichseldelta. Letzteres ist
34 Länderkunde von Mitteleuropa.
in derselben Weise wie das Memeldelta entstanden. Weise mit Hilfe der Karte nach,
daß die Bedingungen der Deltabildung auch hier gegeben sind! Aus der Entstehung
des Bodens erklärt sich seine große Fruchtbarkeit. Im
Durchbruchstal findet sich Geschiebelehm, im Delta
Flußschlamm, den die Weichsel in großer Menge mit-
schleppt (Karpatenschlamm!). Beschreibe Ursprung unj)
Lauf der Weichsel! Da infolge der geschützten Lage auch
das Klima günstig ist, so gehört die Weichselniederung
zu den wertvollsten Anbaugebieten Deutschlands. Über-
blickt man das Landschaftsbild von einem der angren-
zenden Hügelrücken, so schweift das Auge über wogende
Danziger Bucht. Weizenfelder, üppige Wiesen und ausgedehnte Zucker-
Benenne a) die Meeresteile, b) die rübenfelder. Der breite Strom erscheint wie ein
Landzungen^c)^we Flusse, d) die Silberband in der gesegneten Flur. Mit dem Wiesen-
reichtum verknüpft ist eine bedeutende Rinderzucht,
b) Der große schiffbare Strom, die Bodenfruchtbarkeit und die Meeresnähe
waren der Besiedelung günstig. Wie die Karte zeigt, liegen die zahlreichen Städte
aber zumeist nicht unmittelbar am Fluß. Die Weichsel ist nämlich ein unbändiger
und tückischer Strom, der leicht Überschwemmungen verursacht, zumal infolge der
reichen Schlammablagerung das Flußbett an einzelnen Stellen höher liegt als der
Tieflandstreifen hinter den Uferrändern. Durch Dämme und Deiche sucht man die
Überschwemmungsgefahren abzuwenden. Für das Deltagebiet sind die Dünenwälle
ein natürlicher Schutz gegen die Meereswogen. Die größte Stadt ist Danzig (205),
eine Wegestunde von der Küste entfernt an einem toten Arm der Weichsel ge-
legen, den man zu einem Hafen umgebaut hat. Durch einen viel^.rmigen, kleinen
Fluß wird die Stadt in mehrere Inseln zerlegt, weshalb man sie wohl auch das „nor-
bische Venedig" nennt. Dieser Name weist zugleich auf die machtvolle Vergangen-
heit der einstigen Hansestadt hin. Infolge des Rückganges des Ostseeverkehrs verlor
auch Danzig viel von seiner Bedeutung als Handelsstadt. Wie für Königsberg, so ist
auch für Danzig ungünstig, daß sein weiteres Hinterland nicht deutsch ist. Durch
den Weltkrieg haben sich indes die Verhältnisse zum Vorteil aller
deutschen O st s e e st ä d t e wesentlich verändert. In Blüte steht der
Holz- und Getreidehandel, weil diese beiden Massengüter auf den Wasserweg
angewiesen sind. Bedeutend ist Danzigs Industrie, hervorgerufen dadurch, daß die
Stadt ein wichtiger Kriegshafen und Wasfenplatz ist (Schiffsbau der Kaiferlicheu
Werft und der Schichaufchen Werft, Artilleriewerkstatt). In Beziehung zu dieser
Industrie steht die Technische Hochschule. — Danzigs Seehafen ist Neufahr -
wasser, ihm gegenüber das befestigte Weichselmünde. In der Nähe der
Nogatmündnng E l b i n g, 1/3 so groß wie Danzig, mit industriellen Anlagen, nament-
lich Schiffswerften für Torpedobau (Schichau). An der Nogat die alte Ordensritter-
stadt M a r i e n b n r g , ihr gegenüber an der Weichsel die Brückenstadt D i r s ch a n.
Weiter stromaufwärts liegen an der rechten Seite die kleine Regierungsbezirksstadt
Marienwerder und die beiden befestigten Brückenstädte Grandenz nnd Thorn.
3. Die Oderniederung, a) Sie ist das Gebiet der unteren Oder, die sich zuletzt
seenartig erweitert und in das Stettiner Haff eintritt, das durch die Inseln Usedom
und Wollin vom Meere getrennt wird. Nenne die drei verbindenden Meeresstraßen!
Länderkunde Preußens usw.
35
Beschreibe Ursprung und Lauf der Oder nach der Karte! Wie in den schon genannten
Niederungsgebieten, so setzt sich auch hier der Boden aus Schwemmland zusammen.
Seine Fruchtbarkeit reicht zwar nicht an die der Weichselniederung heran, doch liefert
auch er Weizen und Rüben in beträchtlicher Menge,
daneben auch infolge der geschützten Lage Tabak.
Auch die Rinderzucht wird in den wiesenreichen Niede-
rungsgebieten stark betrieben. Die Oderniederung
ist ein ertragreiches Ackerbaugebiet.
b) Die wichtigste Stadt des Gebietes ist Stettin
(248), fast so groß wie Königsberg. Die günstige Lage
an einem verkehrsreichen Strom und in der Nähe
eines schon früh befahrenen Meeres hat Stettin zur
ersten preußischen Seehandels st adt
gemacht, zumal sich Preußens Könige die Förde-
rung Stettins seit seiner Erwerbung sehr angelegen
haben sein lassen. Sie schufen durch Kolonifations-
arbeiten ein fruchtbares Hinterland und sorgten durch
Kanalbauten und Verbesserungen von Flußläufen
für reiche Verkehrsbeziehungen. Besonders wertvoll
für Stettin ist seine Beziehung zu Berlin; durch den
Großschiffahrtsweg Berlin—Stettin ist es gleichsam
Berlins Vorhafen geworden. Neben dem Handel ist auch Stettins Industrie
hervorragend. Der Vulkan gehört zu den leistungsfähigsten Schiffsbauwerften
Europas. — Stettins Vorhafen ist S w i n e m ü n d e. Schwedt a. d. O. ist
der Hauptort des Tabakbaues und der Tabakindustrie.
4. Das Vorpommersche Küstentiefland erstreckt sich vom Stettiner Haff
durch Vorpommern und Mecklenburg bis zur Lübecker Bucht. Der Boden besteht
aus fruchtbaren Lehmablagerungen und wird dazu durch zahlreiche Küstenflüsse
ausgiebig bewässert. Der Getreidebau bringt daher reiche Erträge. Weite Flächen
dienen auch dem Anbau der Zuckerrübe. — Zur Provinz Pommern gehören die
Universitätsstadt G r e i f s w a l d und die Regierungsbezirksstadt Stralsund
am Strelasund, Rügen gegenüber. An der seenartigen Erweiterung der Warnow
liegt Mecklenburgs größte Stadt und erster Handelsplatz R o st o ck (70), reichlich
V4 so groß als Stettin, Landesuniversität. Rostocks Vorhafen ist Warne-
münde. Zwischen Warnemünde und G j e d s e r auf der dänischen Insel Falster
besteht eine Dampffährenverbindnng. Infolge seiner günstigen Verkehrslage hat
Rostock auch die weiter westlich gelegene alte Hansestadt Wismar weit überholt.
Pommers che Bucht.
Benenne a) die Meerestelle, b) die
Inseln, c) den Fluß, d) die Ausmün-
dungen des Haffs, e) die Städte!
d) Der Baltische Landrücken.
Er umsäumt die Küste der Ostsee oder des Baltischen Meeres in einem großen
Bogen. Durch die breiten Talniederungen der Weichsel und Oder und die Senke
des Elb-Trave-Kanals wird er in vier Teile gegliedert, die man wegen ihres Seen-
reichtums als Seenplatten bezeichnet. Nenne die einzelnen Seenplatten!
1. Tie Preußische Seenplatte beginnt östlich der Weichselniederung und zieht
sich in nordöstlicher Richtung bis zur Memelniederung. Langgezogene Rücken
36 Länderkunde von Mitteleuropa.
und breite Flächen mit rundlichen Hügeln kennzeichnen die Seenplatte, deren
einzelne Teile der Volksmund als „bucklige Welt" zutreffend bezeichnet. Eine Zierde
der Landschaft sind die zahlreichen Seen. Nenne die beiden größten Seen! Stellen-
weise bilden die Seen ein förmliches Wasserlabyrinth. Ein solches Gebiet wurde
den russischen Heeren zum Verhängnis (Schlacht bei Tannenberg und den
Masurischen Seen). Der südliche Teil der Seenplatte ist ein ausgedehntes Sand-
land und darum auch das Gebiet der Riesenforste. (Johannisburger und Rominter
Heide.) Auf dem Rücken breiten sich Seen und Weideflächen aus. Am Nord-
abHange findet sich fruchtbarer Boden, der infolge des rauhen und feuchten Klimas
aber mehr dem Wiesen- als dem Ackerbau günstig ist. Infolgedessen steht die Vieh-
zucht und besonders die Pferdezucht obenan. Die ostpreußischen Pserde sind
weltberühmt. Die Hauptzuchtanstalt befindet sich in T r a k e h n e n. Die Preu-
ßische Seenplatte ist ein Gebiet der Forstwirtschaft und Pferdezucht.
Die Besiedelung ist infolge der Bodenverhältnisse - dünn. Größere Mittel-
städte fehlen. An der Alle liegt die Regierungshauptstadt A l l e n st e i n, an der
Piffa die Regierungshauptstadt Gumbinnen. Westlich von Gumbinnen
liegt am Pregel der Eisenbahnknotenpunkt Jnsterburg. Eydtkuhnen
ist preußische Grenzstation.
2. Die Pommersche Seenplatte breitet sich zwischen der Oder- und Weichsel-
Niederung aus und erreicht im Turmberg den höchsten Punkt des Bal-
tischen Landrückens (330 m). Hier finden sich wirkliche Gebirgssormen mit tiefen
Schluchten und Tälern, und doch ist alles nur, wie der ganze Höhenrücken überhaupt,
aus eiszeitlichem Schutt aufgebaut. Wie die Preußische, so weist auch die Pommersche
Seenplatte zahlreiche Seen, die Reste ehemaliger Vergletscherung, auf; sie sind aber
kleiner als dort. Nenne einzelne! Auch eine große Zahl kleiner Flüsse ist vorhanden;
sie fließen teils nach Norden zur Ostsee, teils nach Süden zur Netze und Weichsel ab.
Nenne einige! Der Boden setzt sich ebenfalls aus drei Streifen zusammen. Der
nördliche Streifen besteht vielfach aus fruchtbarem Geschiebelehm. Besonders er-
tragreich ist der Pyritzer W e i z a ck e r. In der Mitte verläuft der seenreiche
Erdmoränenzug, das Gebiet der pommerschen Gänse- und Schafzucht. Im Süden
breiten sich große Heidesandflächen aus. Forstwirtschaft und Bienenzucht sind hier zu
Hause. Das ausgedehnteste Waldgebiet ist die T u ch l e r Heide. Die Pom-
mersche Seenplatte ist ein Gebiet der Waldwirtschast und der Gänsezucht.
Aus den Bodenverhältnissen erklärt sich die dünne Besiedelung, die hier
wie auf der Preußischen Seenplatte auch noch mit veranlaßt wird durch das Vor-
herrschen des Großgrundbesitzes. Im Gebiet des Pyritzer Weizackers liegt die Acker-
baustadt S t a r g a r d, über die der 15. Längenkreis geht, der für die Mitteleuro-
päische Zeit maßgebend ist. Am Nordrande der Seenplatte liegt die Regierungs-
bezirksstadt K ö s l i n, weiter östlich S t o l p mit regem Handel, der an den Hafen
Stolpmünde anknüpft.
3. Die Mecklenburger Seenplatte zeigt ebenfalls einen sandreichen Wald-
streifen im Süden, einen seenreichen Mittelstreifen und einen gefchiebelehmreichen
Nordstreifen. Der M ü r i tz s e e ist der größte aller baltischen Seen (210 qkm).
Zahlreiche kleine Flüsse entwässern die Seenplatte zur Ostsee, Havel und Elbe. Nenne
einige! Der von der feuchten Seeluft bestrichene, grasreiche Nordrand dient nament-
Länderkunde Preußens usw.
37
Baltischer Landrücken. Mecklenburger Seenplatte. Der Schweriner See.
Der Schweriner See hat 37 m Meereshöhe, 22 km Länge und 43 m Tiefe. Das Hügelgelände des Sees, aus
Kies und Sand bestehend, erreicht 66 m absolute Höhe. Der Schweriner See ist einer der freundlichsten Seen des
Baltischen Landrückens, reich an Buchten, Inseln und Halbinseln wie die meisten dieser Gewässer und zumeist
von bewaldeten Anhöhen umsäumt. Sein Fischreichtum wird gerühmt.
lich der Pferdezucht, die südlich gelegenen Heideflächen der, Schafzucht und dem
Waldbau. Daneben laden die vielen Seen zur Fischzucht ein. Die Mecklen-
burger Seenplatte ist vornehmlich ein Gebiet der Pferde- und Schafzucht.
Noch mehr als in Pommern und Preußen überwiegt in Mecklenburg der
Großgrundbesitz. Deshalb ist hier die Besiedelnng unter allen deutschen Staaten
am dünnsten. Die größte Stadt ist Schwerin, schön gelegen am Schweriner
See, Hauptstadt von Mecklenburg-Schwerin. Am Südrande der Seenplatte liegt
Neu-Strelitz, die Hauptstadt von Mecklenburg-Strelitz.
c) Die Tieflandsmulde.
1. Allgemeines, a) Die ostdeutsche Tieflandsmulde ist ihrer B o d e n g e -
st a l t nach nicht eine Mulde im wirklichen Sinne. Wie die Karte zeigt, lassen sich
drei große Längstäler unterscheiden. Der nördliche oder Thorn-Ebers-
walder Talzug begleitet den Baltischen Landrücken im Süden. Sein Verlauf
wird gekennzeichnet durch Teilstrecken der Weichsel, Brahe, Netze, Oder bei Küstrin
und Havel. Der mittlere oder Warschau-Berliner Talzug wird ge-
kennzeichnet durch Teilstrecken der Warte, Obra, Oder bei Krossen, Spree und Havel.
Der südliche oder Glogan-Baruther Talzug begleitet den Karpatischen
Landrücken im Norden. Er folgt dem Laufe der Bartsch, der Oder bei Glogau und
geht dann über den Spreewald zur unteren Havel. Im Tal der unteren Elbe ver-
einigen sich alle drei Talzüge. Die Ostdeutsche Tieslandsmulde ist das Gebiet der
großen Talzüge.
38 Länderkunde von Mitteleuropa.
b) Die Ursachen der gekennzeichneten Bodengestalt liegen in der E n t st e h n n g
der Landschaft begründet. Diese knüpft an die E i s z e i t an, in der das ganze Nord-
deutsche Tiefland vom Eise bedeckt war. Als das Eis nach und nach abtaute, be-
gannen gewaltig einherrauschende Schmelzwassermassen ihre Arbeit. Da ihnen
nach Süden das deutsche Gebirgslaud den Weg versperrte, so flössen sie als un-
geheure „Urströme" nach Westen zur Nordsee ab. Dabei furchten sie die großen
Talzüge aus, die man deshalb auch Urstromtäler nennt. Die heutigen Flüsse
sind Zwerge gegen jene Urströme und fließen in den Urstromtälern gleichsam wie in
einem viel zu weiten Gewände träge dahin. Außer den drei bezeichneten Urstrom-
tälern der Tieflandsmulde unterscheidet man noch das Breslau-Magde-
burger Urstromtal, das am Südrande des Karpatischen Landrückens ver-
läuft, und das Pommersche Urstromtal nördlich des Baltischen Land-
rückens. Zwischen diesen fünf Urstromtälern kam das Zurückweichen des Eises für
längere oder kürzere Zeit zum Stillstand, wobei gewaltige Schuttmassen abgelagert
wurden, die man als Gletscherschutt (Moränen) bezeichnet. Der Baltische und Kar-
patische Landrücken sind solche Schuttablagerungen (auf gebirgigem Untergrunde),
wo das Eis längere Zeit ruhte. Auch die zahlreichen Seen, die namentlich der Bal-
tische Landrücken aufweist, sowie die beim Westdeutschen Tieflande erwähnten Find-
linge sind Zeugen der ehemaligen Vergletscherung des Norddeutschen Tieflandes.
Die Urstromtäler und Höhenrücken sind infolge der Eiszeit entstanden.
e) Für den Verkehr sind die Talzüge von großer Bedeutung. Hier ziehen die
Eisenbahnen hin, die den Westen mit dem Osten verknüpfen; hier läuft die Weltlinie
Paris—Berlin—Petersburg; hier liegen die Kanäle, die Weichsel, Oder und Elbe
miteinander verbinden. Nenne sie ! Als Folge des regen Verkehrslebens entstanden,
reihenweise angeordnet, auch die meisten und größten Städte der Tieflandsmulde,
namentlich dort, wo die ostwestlichen Straßenzüge von nordsüdlichen gekreuzt wer-
den. Nenne die wichtigsten Tal- und Randstädte! Die Tieflandsmulde ist ein wich-
tiges Durchgangsgebiet für den Verkehr und darum auch gut befiedelt.
2. Die östliche Tieflandsmulde (Posen), a) Im Verlaus des südlichen Tal-
zuges breitet sich die B a r t s ch n i e d e r u n g aus. Beschreibe den Lauf der Bartsch!
Der ehemals sumpfige Niederungsboden ist unter Friedrich dem Großen trocken
gelegt worden und ermöglicht nun einen ergiebigen Wiesen- und Ackerbau. Die bei
der Entwässerung übrig gebliebenen Teiche dienen der Fischzucht. Die schleichen
Orte Militsch und Trachenberg sind die Mittelpunkte des Fischereigebietes.
Wenn wir aus der Bartschniederung nach Norden wandern, so kommen
wir in das P o s e n e r Hügelland. Ausgedehnte Wälder und zahlreiche
Windmühlen weisen hin auf Bodenbeschaffenheit und Bodenbenutzung. Wir sind
in einem Wald - und Getreideland. Mit dem Getreidebau verknüpft ist
eine lebhaft betriebene Schweinezucht. Mittelpunkte des Getreide- und Mehlhandels
sind R a w i t s ch, in dessen Umgegend man 60 Windmühlen zählt, und Lissa.
Wir wandern weiter nach Norden und durchschreiten den mittleren
T a l z u g. Er wird gebildet von Teilstrecken der Warte und Obra. Beschreibe
den Lauf der Warte, der Obra! Das Wartetal ist an dieser Stelle flach und schmal.
Das Obragebiet war ehedem eine sumpfige Bruchlandschaft. Durch die Ent-
Wässerung (1856—1860) ist es eines der fruchtbarsten Wiesen- und Anbau-
gebiete des Posener Landes geworden.
Länderkunde Preußens usw. 39
b) Die Posener Ebene schiebt sich wie ein dreieckiger Keil zwischen den
mittleren und nördlichen Talzug und wird von dem Mittellauf der Warte in eine
östliche und westliche Hälfte zerlegt. An den östlichen Teil schließt sich die Kuja-
wischeSeenplatte (Goplosee) an. Das Gebiet ist d e r g r ö ß t e e b e n st e
Teil von ganz Deutschland. Da der Gletscherlehm frei liegt, so ist der
Boden sehr fruchtbar. Infolge dieses Umstandes ist Posen das Hauptgetreidegebiet
Preußens geworden.
Den östlichen Teil der Posener Ebene nebst der Kujawischen Seeplatte bezeichnet
man als das PosenerWeizenland. Auch viel Zuckerrüben werden angebaut.
In der Mitte des Weizenlandes liegt malerisch zwischen Hügeln und Seen G n e s e n,
einst Krönungsstadt der polnischen Könige. Auf der Kujawischen Seenplatte liegt
die Salzstadt H o h e n s a l z a. Der westliche Teil der Ebene ist das Posener
-H o p f e n l a n d. Mittelpunkte des Hopfenbanes sind G r ä tz und N e u t. o -
m i s ch e l.
An der Warte liegt Posen (177), die Hauptstadt der Provinz. Ihr Aufblühen
verdankt sie ihrer günstigen Lage in der Mitte der Landschaft, an einem schiffbaren
Fluß und am Kreuzungspunkt wichtiger Verkehrslinien. Nenne Eisenbahnen, die
sich hier kreuzen! Eine Folge dieser guten Verkehrslage ist der lebhafte Handel mit
den Erzeugnissen der Provinz: Getreide, Spiritus, Holz, Wolle, Vieh. Hervor-
ragend ist der Bau landwirtschaftlicher Maschinen. Da Posen an der ostwestlichen
Zugangsstraße nach Berlin liegt, so ist es zum Schutze der offenen Ostgrenze stark
befestigt. Als Mittel- und Stützpunkt der deutschen Bildungsbestrebungen in der
Ostmark ist die Kaiser-Wilhelm-Akademie gegründet worden.
e) Der nördliche Talzug fällt hauptsächlich in das Gebiet der Netze-
niedernng. Beschreibe den Lauf der Netze! Ehedem floß die Netze in einer Unzahl
von Verästelungen durch dieses Gebiet, namentlich in ihrem Unterlaufe, dem Netze-
fauch; sie wurde deshalb auch „polnischer Nil" genannt. Unzugängliche Sumpfgebiete
breiteten sich hier aus. Heute finden wir üppige Wiesen, die Grundlage einer blühen-
den Viehzucht, und ertragreiche Anbaugebiete. Es ist ein Verdienst Friedrichs des
Großen, daß aus der ehemaligen Wasserwildnis eine blühende Wiesen- und
Ackerlandschaft geworden ist. Auch der B r o m b e r g e r Kanal, der Brahe und
Netze verbindet, ist von Friedrich dem Großen erbaut worden.
In Bromberg (62), an der Brahe gelegen, der bedeutendsten Stadt des
Talzuges, haben die „dankbaren Bewohner des Netzegaues" dem Begründer ihres
Wohlstandes ein Denkmal errichtet. Bei der Befreiung der Stadt aus „pol-
nischer Wirtschaft" (1772) glich sie einem Schutt- und Trümmerhaufen; heute
ist sie reichlich 1/3 so groß wie Posen. Für Getreide und Holz ist sie ein wichtiger
Handelsplatz. Mit dem Getreidehandel hängt eine lebhafte Mehlindustrie, mit dem
Holzhandel eine bedeutende Holzindustrie zusammen. Infolge der nahen (offenen)
Grenze ist Bromberg ein wichtiger Waffenplatz mit starker militärischer Besatzung
und großem Militärlager. — Östlich von Bromberg, am Anfang des Talzuges,
liegt an der Weichsel die westpreußische Stadt T h o r n, eine Festung ersten
Ranges. Wie Posen den mittleren Tälzug, so schützt Thorn den nördlichen
Talzng. An der Küddow, einem rechten Nebenflusse der Netze, liegt der auf-
blühende Eisenbahnknoten S ch n e i d e m ü h l.
Der Spreewald Bei Lübben.
Der Spreewald ist Deutschlands größter Bruchwald, hervorgerufen durch das geringe Gefäll des
Bodens. Bruch nennt man eine sumpfige, meist mit Erlen und Eichen bestandene Niederung. Die schönen
Erlenwälder des Spreewaldes, durchbrochen von zahlreichen Flußarmen, gewähren einen überraschenden An«
blick, und die Landschaft wird daher von Reisenden viel besucht. Ein Teil der Sumpfflächen wurde durch Kanali-
sierung und künstliche Erhöhung in fruchtbares Acker- und Gartenland verwandelt, und neben der Fischerei Pflegt
die wendische Bevölkerung hier Gemüse-, besonders Gurkenbau.
Länderkunde Preußens usw. 4L
3. Die westliche Tieslandsmulde (Brandenburg), a) Das Wartebruch
bildet die Fortsetzung des Netzebruchs und ist ebenfalls von Friedrich dem Großen
entwässert worden. Bodenverhältnisse und Wirtschaftsleben entsprechen einander.
Im Wartebruch ist außerdem die Gänsemästerei hervorragend. Der bedeutendste
Ort ist L a n d s b e r g a. d. Warte.
b) Das Oderbruch erstreckt sich von Küstrin bis zum Finow-Kanal und
zwar in der Hauptsache auf der linken Oderseite. Es ist ebenfalls durch Friedrich
den Großen urbar gemacht worden und zwar noch vor dem Siebenjährigen Kriege.
Gewissermaßen war dies größte 5lolonifationswerk (das Oderbruch ist noch größer als
Warte- und Netzebruch zusammen) auch ein siebenjähriger Kampf (1746—53) gegen
eine Sumpf- und Wasserwildnis, in welchem nach des Königs Ausspruch „mitten
im Frieden eine Provinz erobert" wurde. Ausgedehnte Getreidefelder breiten sich
aus, daneben auch Raps- und Rübenfelder und saftige Wiesen. Das Oderbruch
ist die Kornkammer der Mark.
Die Oderstadt K ü st r i n hat die Aufgabe, den Talweg nach Berlin zu schützen;
sie ist deshalb stark befestigt. In der Nähe Z o r n d o r f, wo der Große König fein
Kolonisationswerk siegreich verteidigte. Am Finow-Kanal, der Oder und
Havel verbindet, liegt Eberswalde.
e) Die Havelniederung wird vom Havelviereck eingeschlossen. Be-
schreibe den Lauf der Havel! Am Nordrande durchzieht das Rhinluch, in der Mitte
das Havelluch die Niederung. Es sind dies die Reste des nördlichen und mittleren
Talzuges. Von dem Vater Friedrichs des Großen entwässert, ist das Gebiet heute
ein großes Weideland und zugleich die Torfgrube der Mark. Am Rhin-
kanal liegt F e h r b e l l i n, wo der Große Kurfürst unter kluger Ausnutzung der
Bodenverhältnisse die Schweden schlug. Fehrbellin gegenüber liegt die Bilderbogen-
stadt Neuruppin, am Unterlauf der Havel die Brillenstadt Rathenow.
ä) D e r Spreewald liegt im Spreeviereck und gehört dem südlichen Talzuge
an. Die Spree bildet hier aus Mangel an Gefälle eine netzartige Bruch-
und Wasserlandschaft (etwa 300 Arme und Kanäle), die in Deutschland
einzig dasteht. Früher dehnte sich hier ein meist aus Eichen bestehender Bruchwald
aus, den die slawischen Wenden zum Zufluchtsort nahmen, als sie vor den Deutschen
zurückweichen mußten. Von dem Bruchwald ist jetzt nur noch im nördlichen Teile
ein geschlossenes Gebiet übrig geblieben, in dem jedoch nicht mehr die Eiche, sondern
die Erle vorherrscht. Die Nachkommen der Wenden aber wohnen noch heute im
Spreewald und haben auch die väterliche Sprache, Tracht und Sitte bewahrt. Der
größte Teil der ehemaligen Wald- und Wasserwildnis ist heute fruchtbares Wiesen-
und Gemüseland. Heu wird weit über den Bedarf geerntet. Die Gemüseausfuhr
(Gurken, Meerrettig, Zwiebeln) ist bedeutend. Ausfuhrorte sind L ü b b e n und
Lübbenau. Hauptabsatzgebiete die leicht erreichbaren Großstädte Berlin und
Dresden.
Da jedes Dorf, ja fast jedes Haus eine Insel für sich bildet, so spielt sich das ganze
Verkehrsleben auf dem Wasser ab. Der flachgebaute Kahn ist das allgemeine Ver-
kehrsmittel, das Männer und Frauen, ja Kinder geschickt zu regieren wissen. Zu
Kahn macht man Besuche und Ausflüge. Zu Kahn holt man Gras und Heu von
der Wiese, bringt den Dünger auf den Acker und befördert die Erzeugnisse des Bodens
auf den Markt. Auf Kähnen kommen die Kinder zur Schule, die Andächtigen, das
42 Länderkunde von Mitteleuropa.
Brautpaar und der Täufling zur Kirche. Im Kahne fährt der Förster auf die Jagd
und besorgt der Postbote seine Bestellungen. Im Kahne geleitet man den Toten zur
letzten Ruhe. Im Winter, wenn die Wasserstraßen zu Eisstraßen gefroren sind,
greift alles zu Schlittschuhen, und jung uud alt gleitet dann pfeilschnell über die
blanke Eisfläche.
e) Das Märkische Flachland breitet sich zwischen dem nördlichen und süd-
lichen Talzuge aus. Von dem mittleren Talzuge (Oder bei Krossen, Oder-Spree-
Kanal, Spree, Mittellauf der Havel) wird es in eine nördliche und südliche Hälfte
zerlegt. Während im Pofener Flachland der fruchtbare Geschiebelehm frei liegt,
hat das Märkische Flachland infolge seiner niedrigeren Lage die eiszeitliche Deck-
sandschicht behalten und wurde so zur „Streusandbüchse" des Reiches. Heute trifft
diese Bezeichnung aber nicht mehr zu. Die fleißigen Bewohner haben große Teile
des Gebietes, namentlich die anmutigen Täler der Spree und Havel, in Gemüse-,
Obst- und Blumengärten verwandelt, durch deren Erträge manche von Natur frucht-
baren Gegenden beschämt werden. Mittelpunkt des Obstbaues ist W e r d e r, des
Gemüsebaues Teltow, der Blumenzucht Steglitz.
In bezug auf die Besiedelung zeigt uns die Karte eine dicht bevölkerte Mitte
(Berlin mit Umgebung) und eine Anzahl größerer Rand- und Talstädte. Zu den
Talstädten gehört in erster Linie Frankfurt a. d. Oder (72), das seine
Entstehung einer Übergangsstelle (Furt) über die Oder verdankt und seinen Namen
den Benutzern der Übergangsstelle (Franken). Infolge seiner günstigen Lage an
der Oderstraße und der ostwestlichen Handelsstraße erwuchs Frankfurt als wichtiger
Stapel- uud Meßplatz und wurde sogar „Haupt- und Residenzstadt". Der Dreißig-
jährige und Siebenjährige Krieg (in der Nähe Kunersdorf!) vernichteten seinen
Wohlstand. Durch den Bau des Oder-Spree-Kanals und des Finow-Kanals verlor
es zugunsten Berlins einen großen Teil des Oderverkehrs. Schließlich wurde auch
seine Universität nach Breslau verlegt (1811). In letzter Zeit hat die Stadt indes
einen neuen Aufschwung genommen, wesentlich infolge einer mannigfachen In-
dustrie, die begünstigt wird durch nahegelegene Braunkohlenlager. — Was die Oder-
stadt Frankfurt am Ostrande des Flachlandes, das ist die fast ebenso große Havel-
stadt Brandenburg (56) am Westrande. Lange Zeit war sie die Hauptstadt
der Mark, der sie auch den Namen gegeben hat. Sie ist Sitz einer lebhaften
Gewerbtätigkeit (Fahrräder).
4. Berlin und seine Umgebung. Im Mittelpunkt der Mark liegt an der Spree
Berlin, die Hauptstadt Preußens und des Deutschen Reiches.
a) Sie hat sich aus den beiden Fischerdörfern Berlin und Kölln inmitten einer
von der Natur wenig begünstigten Umgebung zu einer Zwei-Millionenstadt ent-
wickelt, die in bezug auf ihre Größe heute nur noch von Paris, London und New Aork
übertroffen wird. Die Ursachen für diese ungewöhnliche Entwicklung liegen in erster
Linie in der H o h e n z o l l e r n s ü r s o r g e für ihre H a u p t st a d t be-
gründet, in zweiter Linie in der g ü n st i g e n g e o g r a p h i s ch e n L a g e, deren
Vorzüge eigentlich erst dann zur Geltung kamen, als Berlin infolge geschichtlicher
Vorgänge schon eine bedeutende Stadt geworden war. (Um 1700 :50 000 Einw.:
1800 :150 000; 1900 :1,8 Mill.) Welches sind die Vorzüge der Lage? Wie eine
Spinne im Netz, so liegt Berlin im Mittelpunkt des märkischen Wasserstraßennetzes.
Länderkunde Preußens usw. 43
Dieses steht durch die Elbe und Oder auch mit der Nordsee und Ostsee in Ver-
bindung. Hamburg und Stettin werden dadurch gleichsam zu Vorhäfen Berlins.
Auf der andern Seite streckt es seine Wasserarme aus bis zu den großen Binnen-
städten Magdeburg, Dresden, (Prag), Breslau, Posen (Warschau), Bromberg. Die
Lage Berlins im Mittelpunkt des wegsamen Norddeutschen Tieflandes machte es
auch zu einem wichtigen Knotenpunkt des deutschen und europäischen Eisenbahn-
Verkehrs. Über ein Dutzend großer Schienenwege des Weltverkehrs treffen hier
zusammen. Nenne die wichtigsten Richtungen! Somit ist Berlin infolge seiner
Lage Mittelpunkt des Binnenverkehrs der Mark, Deutschlands, ja des ganzen Erd-
teils geworden und hat außerdem wichtigen Anteil am Überseeverkehr der Nord-
und Ostsee.
b) Die günstige Verkehrslage erleichtert die Zufuhr industrieller Rohstoffe
und Halbfabrikate und die Ausfuhr der fertigen Erzeugnisse. Infolgedessen hat sich
Berlin inmitten einer an Bodenschätzen sehr armen Umgebung zur bedeutendsten
Industriestadt Deutschlands und des europäischen Festlandes entwickelt. Am
umfangreichsten ist das Bekleidungsgewerbe, dann folgt die Maschinenindustrie.
Der großartigen Industrie entspricht der Handel. Berlin ist der erste Binnen-
Handelsplatz Europas. Für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Norddeutschlands,
für ausländisches Getreide, Holz und Eisen ist hier der Hauptstapelplatz. Berlin ist
der erste deutsche und dritte europäische Geldmarkt. Auch sein Buchhandel steht in
Deutschland an erster Stelle. Zur Bewältigung des gewaltigen Handels ist ein
riesenhafter Verkehr nötig. Stadt- und Ringbahn, Hoch- und Untergrundbahn,
Droschken und Omnibusse, Straßenwagen und Kraftwagen erzeugen ein welt-
städtisches Verkehrsbild von überwältigendem Eindruck. Geradezu beängstigend ist
der Verkehr an den Kreuzungspunkten wichtiger Straßen. Und mitten im Straßen-
gewühl slutet eine nach Tausenden zählende Menschenmenge.
c) Berlin ist aber auch eine schöne Stadt. Die hervorragendsten Sehens-
Würdigkeiten soll uns ein Gang durch den wichtigsten Stadtteil zeigen. Wir be-
ginnen ihn auf der S p r e e i n s e l, dem ältesten Teile der Stadt. Hier steht
das Königliche Schloß. Vor seiner Südwestseite erhebt sich das N a t i o n a l -
denkmalKaiser Wilhelms I. Auf der entgegengesetzten Seite des Schlosses
ragt der Neue Dom empor. Vom Dom gelangen wir zum Museumsviertel,
wo Berlins berühmteste M u s e e n dicht beieinander liegen. Zwischen dem Dom,
dem Museumsviertel und dem westlichen Spreearm breiten sich hübsche Anlagen aus,
die den Namen Lustgarten führen. Wir verlassen die Spreeinsel, indem wir
die mit Marmorfiguren^geschmiMe Schloßbrücke überschreiten, und befinden
uns nun in einer 45m breiten Straße. Sie wird zunächst als Opernplatz und
von da ab, wo sie sich in fünf parallele Straßenzüge teilt, als Straße Unter den
Linden bezeichnet. Am Opernplatz steht das Opernhaus, die Universität und das
Zeughaus. Das erste Gebäude der südlichen Häuserreihe „Unter den Linden" ist
das Kaiserliche Palais mit dem historischen Eckfenster. Ihm gegenüber
erhebt sich am Eingang der mittleren Lindenallee das Reiter st andbild
F'riedrichs des Großen. Den Abschluß der Straße „Unter den Linden"
bildet das BrandenburgerTor. Wir durchschreiten es und gelangen in den
Tiergarten. Das ist ein großer schöner Park, der sich bis Charlottenburg hin-
zieht. Der Platz dicht am Brandenburger Tor heißt Königsplatz. An ihm liegt das
Fischer-Geistbeck-Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I.Teil. a
44 Länderkunde von Mitteleuropa.
Reichstagsgebäude. Vor dem Reichstagsgebäude steht das Bismarck-
d e n k m a l. In der Nähe erhebt sich die Siegessäule. Von ihr zieht sich nach Süden
die S i e g e s a l l e e, die von weißen Marmorgruppen wirkungsvoll belebt wird.
d) Durch seinen unvergleichlichen Aufschwung förderte Berlin auch das Em-
porblühen einer volkreichen Umgebung, mit der zusammen es als Großberlin
eine wirtschaftsgeographische Einheit (Verband) bildet, die über 4 Millionen Ein-
wohner zählt. Unter den Vororten find bereits fünf zu Großstädten angewachsen: im
Westen Charlottenburg (326) und Wilmersdorf (152), im Süden Neukölln (314) und
Schöneberg (202), im Osten Lichtenberg (174). An der Spreemündung liegt das
befestigte Spandau (97), inmitten der Havelseen die Sommerresidenz Pots-
dam (63). An diese bedeutendsten Städte der Umgebung schließt sich noch ein
größerer Kranz weiterer Ortschaften an.
d) Der Karpatische Landrücken.
1. Die wasserreiche und zumeist fruchtbare Tieflandsmulde wird im Süden
abgegrenzt durch den wasserarmen und größtenteils unfruchtbaren Karpati-
fchen Landrücken. Er ist gleich dem Baltischen Landrücken infolge der Eiszeit
entstanden und setzt sich aus Gletscherschutt zusammen; doch fehlt ihm der Seen-
schmuck, auch ist er durchweg schmaler und vielfach wallartig .aufgebaut. Der
Karpatische Landrücken ist ein wasserarmer, unfruchtbarer Sandwall.
2. Durch Flußtäler wird der Landrücken in einzelne Glieder zerlegt. Nenne sie
nach der Karte! Der Fläming ist ein geschlossener und ziemlich hoher Wall (200 m).
Nur an einer Stelle befindet sich eine Einsenkung, die von der Bahn Berlin—Halle
benutzt wird. Die Unfruchtbarkeit des sandigen Bodens war die Ursache zur Anlage
großer Truppenübungsplätze (Jüterbog, Altengrabow). Am Nordrande liegt L u k -
k e n w a l d e, dessen Tuchfabriken an die ehemals im Fläming blühende Schafzucht
anknüpfen. Heute müssen sie auswärtige Rohstoffe beziehen.
3. Die Lausitzer Höhen bilden im Gegensatz zum Fläming einen mehr
welligen Rücken, der von Bober, Lausitzer Neiße und Spree durch-
flössen wird. Infolge der reicheren Bewässerung ist der Boden fruchtbarer und bringt
in den Flußtälern eine gute Roggenernte. Am Rande findet sich eine ganze Anzahl
von Städten, die ebenso wie Luckenwalde eine lebhafte Tuchfabrikation betreiben.
Unterstützt wird die Tuchindustrie hier noch durch die Braunkohlenlager bei Kottbus.
Hauptorte des Tuchgewerbes sind Kottbus (51) ander Spree, Guben und Forst an
der Neiße. Die Lausitz gehört zu den Hauptgebieten des deutschen Tuchgewerbes.
4. Die sandreiche Fortsetzung der Lausitzer Höhen ist die Niederschlesische
Heide, ein Hauptwaldgebiet Deutschlands, das an die Heidegebiete des Bal-
tischen Landrückens erinnert. An der Mündungsstelle der K a tz b a ch durchbricht
dann die O d e r den Karpatischen Landrücken. Die Abhänge des fruchtbaren Durch-
bruchstales tragen Obstanlagen und Weinberge. Bei G r ü n b e r g ist das n ö r d -
lichste Weinbaugebiet der Erde. In der Mitte des Durchbruchstales
liegt in der Nähe der Bartschmündung die Festung G l o g a u, die den Taldurch-
gang zu decken hat. — Ostlich der Oder setzt sich der Landrücken in dem Katzen-
g e b i r g e und den TrebnitzerHöhen fort. Beide bilden gleich dem Fläming
eine geschlossene, aber schmalere Erhebung, die bei Trebnitz bis zu 260 m ansteigt
und an einzelnen Stellen einen ergiebigen Anbau ermöglicht.
Im Vordergrunde Rebengelände Hügelrücken bis 200 m
Südlicher Landrücken bei Grünberg (120 in) i n S ch l e s i e n.
Das Hügelgelände bei Grünberg ist das nördlichste Weinbaugebiet in Deutschland. Der Weinbau wird hier durch
die hohe Sommertemperatur ermöglicht; gegen die Winterkälte bedürfen die Rebstöcke sorgfältigen Schutzes. Die
Trauben werden hauptsächlich zur Likörbereitung verwendet.
5. In seinem südöstlichsten Ende nimmt der Karpatische Höhenrücken an Breite
und Höhe (430 m) zu und bildet eine zusammenhängende Landplatte, die man als
Tarnowitzer Höhen oder Oberschlesische Platte bezeichnet.
a) Sie erstreckt sich bis nach Rußland und Osterreich hinein. („Dreikaiserecke".)
Wie die Karte zeigt, liegen hier die Städte sozusagen aus einem Haufen. Welches ist
die Ursache dieser Besiedelung (stellenweise 500—1000 auf 1 qkm)? Weshalb kann
es nicht die Bodenbeschaffenheit fein? Im Süden ist der Boden undurchlässig
und daher sumpfig, im Norden kalkhaltig und daher trocken. Außerdem ist das Klima
infolge der freien und hohen Lage für den Anbau nicht günstig. Wohl aber breiten
sich große und wildreiche Waldungen aus.
d) Die Ursache der dichten Besiedelung liegt vielmehr in den Bodenschätzen.
Die Kalkschichten bergen reiche Lager an Eisen-, Blei- und Zinkerzen. Unter den
Kalkschichten aber befinden sich mächtige Steinkohlenlager, die nach neueren Unter-
suchungen größer sein sollen als alle Steinkohlenlager Großbritanniens. Die reichen
Bodenschätze haben eine großartige Industrie hervorgerufen. Wo vor einem halben
Jahrhunderte eine armselige Bevölkerung sich auf magerem Boden kümmerlich nährte,
da ragen jetzt mächtige Schlote von Hochöfen, Zinkhütten, Kohlengruben, Walz-
werken und Eisengießereien zum Himmel empor und erfüllen die Luft mit schwarzen
Rauchwolken. Mittelpunkt der Kohlenförderung und Eisenindustrie ist Königs-
Hütte (79), des Eisenbergbaus B e u t h e n (76), der Zinkgewinnung L i p i n e.
4*
46 Länderkunde von Mitteleuropa.
Andere Jndustrieorte sind Gl ei Witz (73), Hindenburg (70) und Kotto-
witz (50). Die Oberschlesische Platte bildet den ostdeutschen Großindustriebezirk.
Aufgaben. M i ß die Entfernung zwischen dem Heimatort und Königsberg! — Be-
rechne für diese Strecke die Fahrtdauer auf der Eisenbahn! — Zeichne Unterlauf
und das Mündungsgebiet a) der Memel, b) des Pregels, c) der Weichsel, d) der Oder! —
F o r m e eine Seenplatte! — Vergleiche a) West- und Ostdeutsches Tiefland,
b) Karpatischen und Baltischen Höhenzug, e) die Bruchlandschaften des Ostdeutschen Tief-
landes, ä) Königsberg, Stettin, Danzig! — Erkläre: Urstromtal, Moränenwall, Gletscher-
lehm, Delta, Sinkstoffe! — Unterscheide Küstenstädte, Talstädte, Randstädte! —
Warum haben die Flüsse des Ostdeutschen Tieflandes vielfach einen treppenartigen
Lauf? — Warum ist der Baltische Landrücken so reich an Seen? — Warum weist das Ost-
deutsche Tiefland viele Kanäle auf? — Wie steht die Elbe in Verbindung mit der Oder,
der Weichsel, der Ostsee, dem Oberschlesischen Kohlengebiet?
5. Schleswig-Holstein.
1. Allgemeines, a) Was zeigt die Karte inbezug auf die Lage? Schleswig-
Holstein liegt zwischen den beiden deutschen Meeren. Im Süden wird die Land-
schast begrenzt von der Elbe und der Senke des Elb-Trade-Kanals. Im Norden
ist keine natürliche Grenzscheide vorhanden. Die Fortsetzung bildet die dänische
Halbinsel Jütland, die sich nach Norden in den südlichen großen Busen Skandi-
naviens hinein erstreckt. Die meerumschlungene deutsche Nordmark ist die Land-
brücke zwischen Deutschland und dem Norden Europas.
b) Was lehrt die Karte über den Boden? Wir finden eine buchten- und
hügelreiche, aber inselarme Ostküste, eine buchtenarme und niedrige, aber inselreiche
Westküste und eine mehr ebene Mitte. Die steile Ostküste mit ihrem Seenreichtum
ist die Fortsetzung des Baltischen Landrückens. Die Westküste ist die Fortsetzung des
westdeutschen Marschlandstreifens. Die Mitte ist Geestland. Schleswig-Holstein
ist somit das Bindeglied zwischen dem Ost- und dem Westdeutschen Tiesland.
2. Die Ostküste, a) Wie am Nordabhang des Baltischen Landrückens im Ost-
deutschen Tiefland, so tritt auch hier vielfach der Geschiebelehm zutage und gewährt
einen ergiebigen Getreidebau. (Propsteier Roggen.) Die Förden weisen auf das
Meer hin. Da sie nicht durch die Anschwemmungen der Flüsse unter der Versandung
leiden und außerdem sehr geschützt liegen, so bilden sie gute Häfen. Doch können sie
nicht dementsprechend zur Geltung kommen, weil das Hinterland nur schmal ist.
Gleichwohl hat Schleswig-Holstein unter allen preußischen Provinzen die größte
Handelsflotte. Die wichtigsten Handelshäfen sind die Förden von Schleswig (Schlei)
und Kiel. Die Förde von Eckernförde ist der erste Fischereihafen Preußens. Die
Ostküste ist ein Gebiet des Ackerbaues, des Seehandels und der Fischerei.
d) Kurz vor der Einmündung des Elb-Trave-Kanals in die Lübecker Bucht
liegt Lübeck (118). Das äußere Gepräge weist auf die glanzvolle Vergangenheit hin.
Als nächstgelegene Ostseestadt vermittelte Lübeck den Handel zwischen dem Westen
Deutschlands und den Ostseeländern. Es wurde Beherrscherin der Ostsee und
Führerin der Hanse. Mit dem Niedergang der Hanse und dem Rückgang des Ostsee-
Verkehrs sank Lübecks Stern. Es mußte seine Vormachtstellung an Haneburg ab-
geben. Neuerdings hat auch der Nord-Ostsee-Kanal Lübecks Handel zugunsten
Kiels geschädigt. In letzter Zeit macht sich infolge der Vertiefung der Trave ein
neuer Aufschwung bemerkbar. Lübecks Vorhafen ist Travemünde.
Länderkunde Preußens usw. 47
c) In welchem Maße Lübeck von Kiel (2V) überholt worden ist, zeigt sich
schon in der doppelten Einwohnerzahl. Die Ursache seiner überaus schnellen
Entwicklung liegt in der Lage an dem besten Ostseehafen begründet, in den außer-
dem noch der Nord-Ostsee-Kanal mündet. Infolgedessen ist Kiel der Haupt-
kriegshafenDeutfchlaudsundeinbedeutungsvollerHan-
d e l s p l a tz geworden. An Kiels Charakter als Kriegshafen knüpfen an die groß-
artigen Anlagen der Kaiserlichen Werft und der Kruppschen Germaniawerft, ferner
die Marineakademie. Als Handelsplatz steht Kiel in Preußen an dritter Stelle (Danzig,
Stettin, Kiel). Der Hauptverkehr geht nach den dänischen Inseln. Kiel besitzt auch
eine Universität. — Die Provinzialhauptstadt Schleswig liegt im Hintergrunde
der fischreichen Schlei. Flensburg (65), reichlich V4 so groß wie Kiel, liegt
hufeisenförmig am Ende der gleichnamigen Förde und treibt lebhaften Handel.
3. Das Geestgebiet ist ebenfalls infolge der Eiszeit entstanden. Aus dem Glet-
fcherfchutt des östlichen Höhenzuges wurde der Saud durch das Schmelzwasser aus-
gewaschen und westlich davon streifenartig abgelagert. So entstand der sandige, dürre
Mittelstrich, der wie andere Heidegebiete der Schaf- und Bienenzucht dient. Die Besie-
delung ist infolgedessen nur gering. Am Kaiser-Wilhelm-Kanal liegt Rendsburg
mit bedeutenden Schlächtereien, weiter südlich der Bahnknoten Neumünster.
4. Die Westküste. Da die Meereslage infolge der buchteuarmeu Flachküste
nicht ausgenutzt werden kann, so knüpft das Wirtschaftsleben vornehmlich an das
Marschland an. Die Viehzucht ist ganz hervorragend.
In der Rinderzucht nimmt Schleswig-Holstein die
erste Stelle in Preußen ein. Seine Butter hat Welt-
ruf. Von Tönning an der Eidermündung und
von Itzehoe am Ostrande der Marsch wird viel
Schlachtvieh versandt. In der Pferdezucht, die be-
sonders in der Elbmarsch blüht, folgt Schleswig-Hol-
stein gleich hinter Ostpreußen. Die Westküste ist ein
hervorragendes Biehzuchtgebiet.
5. Der Kaiser-Wilhelm-Kanal. Beschreibe sei-
nen Verlauf nach der Karte! Er verläßt bei Hol-
t e n a u den Kieler Hafen und folgt zunächst dem
alten Eiderkanal. Bei Rendsburg verläßt er diesen
und erreicht dann bei Brunsbüttel die weite
Schlauchmündung der Elbe. Seine Länge beträgt
100 km, seine Tiefe 11 m, die Sohlenbreite 44 m,
die Spiegelbreite 102 m. (Panamakanal: Länge
81 km, Tiefe 14 m, Sohlenbreite 61 m, Spiegel-
breite 63 m.) An den beiden Enden des Kanals, bei Holtenau und Brunsbüttel,
sind große Schleusen, die den wechselnden Wasserstand der Nord- und Ostsee
mit dem Kanal ausgleichen. Für große Schiffe sind 11 Ausweichstellen ge-
schaffen und außerdem 4 Becken zum Wenden der Schlachtflotte gebaut worden.
Großartige Bauten sind die über den Kanal hinwegführenden 5 Hochbrücken.
Welche Bedeutung hat der Kanal? Er rückt die Ostsee dem offenen Ozean um
30 Stunden Fahrt näher, wodurch der gefahrvolle Weg um Jütlauds Nordspitze
vermieden wird. Ferner verbindet er die beiden deutschen Kriegshäfen Kiel und
Schleswig-Hol st ein.
Benenne a) die angrenzenden Meere,
d) die Meeresbuchten, c) die Kanäle,
d) die Flüsse, e) die Städte!
48 Länderkunde von Mitteleuropa.
Der Kaiser-Wilhelm-Kanal und die Hochbrücke bei Levensau.
Der Kaiser-Wilhelm'Kanal ist nahezu IVO km lang, 11 m tief, im Wasserspiegel 102 m und an der Sohle 44 m breit.
Er bietet den kürzesten und sichersten Weg von der Lstsee zur Nordsee und ermöglicht die rasche und ungestörte
Vereinigung der deutschen Kriegsflotte. Der Kanal dient übrigens neben Kriegs- auch Handelszwecken. Seine
Hauptsehenswürdigkeiten sind seine Hochbrücken und die Schleusen bei Holtenau nächst Kiel und bei Brunsbüttel
an der Elbe.
Wilhelmshaven auf dem kürzesten Wege und hat damit nach einem Worte Moltkes
„den Wert unserer. Flotte verdoppelt". Der Kaiser-Wilhelm-Kanal hat eine hohe
wirtschaftliche und militärische Bedeutung.
Aufgaben. Zeichne den Kaiser-Wilhelm-Kanal! — Forme eine Kanal-
schleuse ! — Vergleichedie West- und Ostküste Schleswig-Holsteins! — Stelle zu-
sammen a) hervorragende Ackerbaugebiete des Norddeutschen Tieflandes, b) ausge-
dehnte Waldgebiete des Norddeutschen Tieflandes, e) die deutschen Seehandelsstädte! —
Deute: Schleswig-Holstein ist ein Pfannkuchen, bei dem der Rand das Beste ist! —
Reise von Königsberg auf dem Wasserwege nach Bremen und gib an, welche Hafen-
städte berührt werden! — Warum ist Schleswig-Holstein ch eine wichtige Landbrücke,
b) eine bedeutungsvolle Grenzmark?
II. Ate mitteldeutschen Landschaften. A
1. Schlesien und die Sudeten,
a) Die Odermulde.
1. Lage, Boden. Die Odermulde wird von dem Karpatischen Landrücken und
dem Grenzwall der Sudeten eingeschlossen. Sie ist ein buchtenartiger Ausläufer
Länderkunde Preußens usw. 49
des Norddeutschen Tieflandes mit der Oder als Mittellinie und wird auch als
Schlesische Tieflandsbucht bezeichnet. Das Gebiet gehört dem Breslau-
Magdeburger Urstromtal an. Infolgedessen finden sich auf der rechten Oderseite
sandige Auslaugungen des Karpatischen Höhenzuges, auf der linken dagegen tonige
und lehmige Gletscherablagerungen. Am Fuße der Sudeten zieht sich saumartig ein
Hügelland hin, dessen fruchtbarer Lößboden von den Sudeten durch Wind und
Wasser verfrachtet worden ist. Die Tieflandsbucht hat eine sehr fruchtbare linke
und eine wenig fruchtbare rechte Oderfeite.
2. Bewäffernng. Beschreibe nach der Karte Ursprung und Lauf der Oder! Nenne
Nebenflüsse! Infolge des nahen Sudetenwalls entsteht bei großen Regengüssen
und zur Zeit der Schneeschmelze oft eine solche Wasserfülle, daß sie die Flußläufe
nicht mehr fassen können. Es treten dann leicht große Überschwemmungen ein, die
Felder und Wiesen, Gärten und Ortschaften verwüsten. Die letzte verheerende
Überschwemmung war 1903. Durch Talsperren und Staubecken sucht
man neuerdings den Gefahren zu begegnen und den Wasserabfluß zu regeln. Die
Odermulde ist reich bewäffert.
3. Wirtschaftsleben. Infolge der Bodenfruchtbarkeit, der reichen Bewässerung
und der hohen Sommerwärme ist die Schlesische Mulde mit Ausnahme der rechten
Oderseite ein hervorragendes Ackerbaugebiet mit Weizen- und Rübenbau, Obst-
und Gemüsebau. In dem regenreichen Sudetenvorland wird auch Flachs angebaut.
Aus der rechten Oderseite sind die wichtigsten Erwerbsquellen Waldwirtschaft und
Schafzucht, auf letzterer beruht die große Bedeutung des Breslauer Wollmarktes.
Die Odermulde ist die große südöstliche Kornkammer Deutschlands mit reichem
Rübenbau und beträchtlicher Zuckerindustrie.
4. Besiedelung. Auf der linken Oderseite erreicht die Besiedelungsdichte 5/6
des deutschen Durchschnittes (= 100 auf 1 qkm), auf der rechten nur 2/6 (= 40 auf
1 qkm). So spiegeln sich auch in der Bevölkerungsdichte die Bodenverhältnisse
wieder. Im Mittelpunkt der Landschaft entstand als Brückenstadt an der Oder
Breslau (545). Infolge der günstigen Lage in der fruchtbaren Tieflandsbucht,
an der schiffbaren Oder, am Kreuzungspunkt zahlreicher Schienenwege und in der
Nähe des Oberschlesischen Kohlenlagers erwuchs Breslau zu einer Halbmillionen-
stadt. Sie ist die größte Handelsstadt Ostdeutschlands, die drittgrößte Stadt
Preußens, neben Berlin der bedeutendste deutsche Wollmarkt, ein Haupthandels-
platz für Getreide und die Erzeugnisse der schleichen Hütten- und Leinenindustrie.
Daneben ist sie selbst eine vielseitige Industriestadt. Breslau ist wegen seiner
Lage auch geschichtlich bedeutungsvoll (Mongolensturm, Schlesische Kriege, 1807,
1813!). Universität. — Andere Oderstädte sind Ratibor und die Regierungs-
bezirksstadt Oppeln. An der Weistritz liegt die Weberstadt Schweidnitz,
an der Katzbach die Gartenstadt und Regierungsbezirksstadt L i e g n i tz (73), am
Bober die Töpferstadt B u n z l a u und an der Lausitzer Neiße Görlitz (88),
die zweitgrößte Stadt Schlesiens, ein wichtiger Verkehrsknoten mit bedeutender
Tuchfabrikation.
50
Länderkunde von Mitteleuropa.
d) Die Sudeten.
1. Allgemeines, a) Unter dem Namen Sudeten faßt man alle Gebirgszüge
zusammen, die sich auf der Grenze zwischen Osterreich und Deutschland vom Elb-
sandsteingebirge bis zur oberen Oder erstrecken. Die Länge beträgt etwa 300 km.
Die Gipfelhöhen erreichen in der Schneekoppe 1600 m. Nächst den Alpen sind
die Sudeten das längste und höchste Gebirge Deutschlands.
----------i b) Die Sudeten bilden
c) Infolge ihrer Höhe haben die Sudeten sehr reiche Niederschläge. Darum
sind sie auch das Quellgebiet zahlreicher und wasserreicher Flüsse. Auf ihnen
nehmen zwei große deutsche Ströme, Elbe und Oder, ihren Ansang. Sie wenden
sich zunächst nach Süden, biegen dann aber um und fließen in nordwestlicher
Richtung durch Deutschlands Mitte. Auch die Donau hat Anteil an den Sudeten.
Sie sind somit die Wasserscheide zwischen Elbe, Oder und Donau und weiterhin
zwischen Nordsee, Ostsee und dem Schwarzen Meer. Nenne Nebenflüsse der Elbe
und Oder, die von den Sudeten kommen! Die Sudeten sind ein sehr wasserreiches
Gebirge.
2. Das Mährische Gesenke ist der südöstlichste Teil des Sudetenzuges und bildet
ein plattensörmiges Massengebirge, das an den Harz erinnert. Seine höchste Spitze,
der A l t v a t e r (1500 m), geht allerdings weit über Brockenhöhe hinaus. Die Ent-
Wässerung erfolgt hauptsächlich durch die Oder. In den Senkungen trägt das Ge-
birge herrliche Wälder. Von den Karpaten wird es durch dieMährischePsorte
geschieden, eine Einsenkung, in der die Oder fließt. Schon in uralter Zeit war diese
Pforte für den Handel zwischen Donau, Oder und Weichselgebiet wichtig (Bernstein-
straße!). Heute vereinigt sie in sich drei von Norden (Berlin, Warschau, Krakau)
kommende Eisenbahnlinien, die dann gemeinschaftlich weiter nach Wien geführt
werden. Das Mährische Gesenke ist ein plattenartiges, reichbewässertes, gut-
bewaldetes Masseugebirge, begrenzt von einer wichtigen Verkehrspforte.
3. Das Glatzer Gebirgsland besteht aus einer Gruppe von mehreren Gebirgen,
die zusammen ein Rechteck bilden. Nenne die auf der Karte verzeichneten einzelnen
Gebirgszüge! Am höchsten ist der Südostrand. Das Innere des Gebirgsrechteckes,
keinen einheitlichen geschlos-
senen Zug, sondern ein viel-
gliedriges System von Ge-
birgsgrnppen. Nenne die ein-
zelnen Teile! Zwischen den
einzelnen Gebirgsgrnppen
liegen schartenartige Einsen-
hingen, die sogenannten Su-
detentore. Sie sind für den
Verkehr wichtig und haben auch
in Kriegszeiten eine Rolle ge-
spielt. (Hohenfriedberg, Trau-
tenau, Nachod.) Die Sudeten
sind ein reich gegliedertes,
wegsames Massengebirge.
Schlesien und die Sudeten.
Benenne a) die Gebirgszüge, b) die Flüsse, c) die Städte!
Länderkunde Preußens usw. 51
der Glatzer Kessel, wird von der Neiße durchflössen, die in scharfem Bogen.den
Nordostrand durchbricht. Die Durchbruchsstelle wird als Paß von Wartha
bezeichnet. Andere Zugangstore sind im Süden und Westen des Kessels. Zum
Schutze der Einfallstore ist die in der Mitte des Kessels an der Neiße liegende Stadt
G l a tz stark befestigt. Der Boden des Kessels hat eine fruchtbare Verwitterungs-
krume. Angebaut wird vornehmlich Flachs, der eine lebhafte Leinenindustrie hervor-
gerufen hat. Mittelpunkte der Leinenindustrie sind Reichenbach und L'a n g e n -
bielau. Bei Reinerz und Land eck sprudeln heilkräftige Quellen. Das
Glatzer Gebirgsland ist ein Gebirgsrechteck mit einem fruchtbaren Kessel und
starker Leinenindustrie.
4. Das Waldenburger Bergland bildet eine Einfenkung in der Mitte des Su-
detenzuges und ist daher ein wichtiges Durchgangsgebiet für den Verkehr, das auch
oft umkämpft wurde (Siebenjähriger Krieg, 1866). Das Wirtschaftsleben knüpft
in erster Linie an den Kohlenreichtum des Berglandes an. Er hat die hohe Blüte
der schleichen Leinenindustrie hervorgerufen. Infolge des regen Jndustrielebens
ist das Bergland mit Weberdörfern dicht besät. Mittelpunkt des Kohlenbergbaus
ist Waldenburg, des Leinwandhandels Landeshut (Name!), Torstadt
am Bober. Das Waldenburger Bergland ist ein wichtiges Durchgangsgebiet mit
reichem Kohlenbergbau und hervorragender Leinenindustrie.
5. Das Riesengebirge, a) Es ist nur 6 Wegstunden lang, bildet aber eine
hoch aufgepreßte Erdfalte, die in der Schneekoppe 1600 in erreicht.
Es kommt bei ihm also gleichsam auf klein st emRaume die größte Kraft
und Kühnheit zum Ausdruck. Wenn wir uns dem Gebirge von Norden
her nähern, so sehen wir es schon von ferne wie eine Gebirgsmauer schroff aufsteigen.
Ein Erklimmen erscheint zunächst unmöglich. Wir beginnen unsere Wanderung bei
H i r s ch b e r g, der Eingangspforte zum Gebirge. Unser Weg führt anfangs in
sanfter Steigung zwischen wohlangebauten Äckern und den bewaldetenHöhen
des Gebirgsfußes hin. Bald hinter dem Badeort Warmbrunn wird
der Weg steiler. Je mehr wir uns der Gebirgsmauer nähern, desto mannigfaltiger
erscheint sie. Tiefeingerissene Schluchten und hervorstürzende Gebirgsbäche zeigen
wegweisend nach oben. Wir benutzen eine der Talschluchten. Der mühevolle Aufstieg
beginnt. Vorbei an jäh abstürzenden Felswänden, scharfen Felsgraten, tosenden
Wasserbächen und Wasserfällen führt unser Pfad. Von Zeit zu Zeit verschnaufen
wir und wenden den Blick zurück, um jedesmal von neuem in staunende Bewunderung
auszubrechen über die großartige Gebirgsnatur. In halber Höhe hört der
gemischte Wald auf. Das Gebiet der Nadelbäume beginnt.
Nach und nach werden auch diese krüppliger und zwergenhafter. Wir sind im G e -
biet der Zwergkiefer. Statt der saftigen Bergwiesen des Waldgürtels
breiten sich kahle, nur mit Flechten überzogene und mit wüsten Gesteinstrümmern
bedeckte Flächen aus. Daneben finden sich sumpfige H o ch w i e s e n und
Hochmoore. Sie sind gleichsam Gebirgsschwämme, welche die überflüssigen
Wassermengen der sehr reichen Niederschläge aufsaugen und dadurch den Wasser-
abfluß regeln. Der Hauptkamm (auf fchlesischer Seite) bildet im Gegensatz
zu dem schmalen Böhmischen Kamm eine mehr rückenartige Fläche, auf der man vier
Stunden lang dahinwandern kann. Eine solche genußreiche Kamm-
Wanderung auf luftigem Spazierwege hat sogar in den
Schneekoppe 1600 m
Mittagstein 1489 m Kleine Sturmhaube 1440 m
Hohes Rad 1510 m
Schneegruben
(Nach Lehmanns geograph, Charakterbildern, Leipziger Schulbilderverlag von E, Wachsmuth, Leipzig.)
Das Riesengebirge. Ansicht von Schlesien aus, wohin der Steilabfall des Gebirges geht.
Der Fuk des Riesengebirges ist wohl bebaut, und zahlreiche Ortschaften ziehen daran hin, so Hirschberg, Schmiedeberg, Warmbrunn, Hermsdorf u. a. Die mittleren Ge-
hänge schmücken schöne Waldungen. Bei 1300 m verschwindet der Baumwuchs, und nur niedriges Knieholz bedeckt den grasbewachsenen Boden. Ruinenhafte Felsen-
bildungen krönen den Kamm. Die Niederschläge sammeln sich in den Talhintergründen, wo die Bäche beim Sturz in die Tiefe prächtige Wasserfälle bilden.
Länderkunde Preußens usw. 53
Alpenkein Gegenstück. Von dem Kamm aus steigen wir auf einem steilen
Zickzackwege in einstündiger Wanderung zur Spitze der Schneekoppe. Scharf
fegt der Wind dort oben um die Bergeskuppe. Wir hüllen uns fester in unfern Mantel.
Aber unser Auge wird gefesselt durch einen herrlichen Rundblick. Wir schauen hinab
in tiefe Schluchten und Täler, die in Schlangenlinien abwärts führen, hinüber nach
Böhmen und Schlesien, die sich wie eine Landkarte vor uns ausbreiten, geradeaus
den Kamm entlang, den wir gekommen sind. Das Riesengebirge zeigt Hochgebirgs-
natur, obwohl es nur ein Mittelgebirge ist.
b) Die Erwerbsquellen knüpfen an den Wald- und Wiesenreichtum
an. Am Fuße des Gebirges wird Flachs angebaut und zu Leinwand verarbeitet
(Hirschberg). Die großen Lager von Quarzsand haben die Glasfabrikation begünstigt
(Josephinenhütte). Für diese Gebirgsindustrien liefern Wald und Bäche billiges
Betriebsmaterial. Nicht zuletzt ist der ausgedehnte Fremdenverkehr eine wichtige
Erwerbsquelle. Im Gebirge selbst liegt nur ein Dorf, S ch r e i b e r h a u, ein
wichtiger Höhenkurort. Sonst sind für die Befiedelung die Einzelwohnstätten
bezeichnend, deren es etwa 3000 gibt. Man nennt sie Baude n. Einzelne von
ihnen sind vornehm eingerichtete Berghotels. Auch in bezng auf die Erwerbs-
quellen und die Besiedelung zeigt das Riesengebirge Hochgebirgsnatur.
6. Das Jsergebirge ist gleichsam die Fortsetzung des Riesengebirges, unterscheidet
sich aber von diesem wesentlich in der Höhe und im Aufbau. Es ist niedriger und breiter
und weist mehrere gleichlaufende Kämme auf. Wie das Riesengebirge, so ist auch das
Jsergebirge wasserreich. Neune die Abflüsse! (Neiße, Queis, Jser.) Die zwischen
den Kämmen eingesenkten Hochtäler sind große Sumpf- und Moorgebiete. Im
übrigen bedecken dichte Nadelwaldungen das Gebirge bis zu den Gipfeln. Sie ver-
leihen ihm ein düsteres Aussehen. Das Gebirge ist nur schwach besiedelt. Im an-
mutigen Queistal liegt F l i n s b e r g, ein viel besuchter Kurort. Das Jsergebirge
ist ein moorreiches, düsteres Waldgebirge.
7. Das Lausitzer Bergland wird von dem Jsergebirge durch das Neißetal ge-
schieden und hat in seinem Aufbau Ähnlichkeit mit dem Waldenburger Bergland.
Gleich diesem ist es ein Durchgangsgebiet für den Verkehr (Lausitzer Pforte). Die
Entwässerung erfolgt durch die Spree und Neiße. Die fruchtbare Verwitterungs-
krume in den wasserreichen Tälern hat den Flachsbau begünstigt, der eine lebhafte
Gewebeindustrie hervorgerufen hat. Der Hauptsitz der Leinen- und Damastweberei
ist Zittau. In seiner Umgebung blüht auch der Garten- und Gemüsebau. An
der oberen Spree liegt Bautzen. Beide Städte gehören zum Königreich Sachsen.
Das Lausitzer Bergland ist ein wichtiges Durchgangsgebiet mit bedeutender
Leinenindustrie.
Aufgaben. M i ß die Länge des Sudetenzuges und vergleiche die Strecke mit Heimat-
lichen Entfernungen! — Zeichne die Oder mit den von den Sudeten kommenden
Nebenflüssen! — Forme a) das Riesengebirge, b) eine Talsperre! — Vergleiche
a) Odermulde und Oderbruch, d) Magdeburg und Breslau! — Erkläre: Massengebirge,
Hochtal, Quertal, Längstal, Paß, Baude, Sudetentor! — Reise von Breslau nach Königs-
berg, von Breslau nach Hamburg! — Warum sind die Sudeten so wasserreich? —
Warum baut man Talsperren? — Warum nimmt die Fruchtbarkeit der Odermulde nach '
den Sudeten hin zu? — Warum blüht in Schlesien die Leinenindustrie? — Erzähle Sagen
von Rübezahl!
54 Länderkunde von Mitteleuropa.
2. Sachsen und das Erzgebirge.
a) Das Sächsische Bergland.
1. Das Elbsandsteingebirge liegt zu beiden Seiten der Elbe und war ursprünglich
eine zusammenhängende Sandsteinplatte. Da Sandstein durchlässig ist, so wird er vom
Wasser leicht zerstört. Auch das Elbsandsteingebirge ist durch die tragende Tätigkeit
des Wassers in ein regelloses Durcheinander von einzelstehenden Tafelbergen, nadel-
artig emporstrebenden Felsentürmen, tief eingeschnittenen Schluchten und Tälern
zerschnitten worden. Das breiteste Tal hat die Elbe in die Platte hineingesägt und
sie in zwei Hälften geteilt. Wegen seiner malerisch geschnittenen Felsformen wird
das Gebirge SächsischeSchweiz genannt und alljährlich von vielen Fremden
aufgesucht. Glanzpunkte sind die B astei, das Prebischtor uud der Kuh -
stall Mittelpunkt des Fremdenverkehrs ist Schandau. Da der Quadersandstein
des Gebirges einen vorzüglichen Baustein liefert, so findet: sich am Elbufer viele
Steinbrüche. Pirna ist der Sitz eines lebhaften Sandsteinhandels. Das Elb-
sandsteingebirge ist das formenreichste Gebirge Deutschlands.
2. Die Dresdener Talwanne, a) Bei Dresden bildet das Elbtal eine wannen-
artige Erweiterung, die als Grabenversenkung anzusehen ist. Da der Boden viel-
Lilienstein 400 m Elbespiegel 110 m Königstein 360 m
(Nach Lehmanns geograph. Charakterbildern, Leipziger Schulbilderverlag von F. ®. Wachsmuth, Leipzig.)
Das Elbsand st eingebirge. Blick auf die Basteibrücke.
Es ist eine zersägte Gebirgstasel. Im Hintergrunde ragen die Tafelberge Lilienstein und Königstein auf, Reste
der. früheren Sandsteintafel, in die sich die Elbe mit ihren Nebenflüssen eingesägt hat. Im Vordergründe Zacken
und Türme der Talgehänge, durch Verwitterung und Auswaschung entstanden.
I
Länderkunde Preußens usw. 55
fach aus fruchtbarer Schlammerde besteht und das Klima des geschützt liegenden
Beckens sehr mild ist, so finden wir ausgedehnte Obstgärten und saftige Wiesen.
An dem sonnigen rechten Elbufer gedeiht Wein. Die Dresdener Taltvanne ist
eine fruchtbare, durch ein mildes Klima ausgezeichnete Grabenversenkung.
b) Im Mittelpunkt der Talwanne liegt die Halbmillionenstadt Dresden (575),
Hauptstadt des Königreichs Sachsen. Als Schnittpunkt der Elbstraße und der
am Erzgebirge hinführenden Randstraße ist sie eine hervorragende Handelsstadt
mit großem Güterumschlag und Durchgangsverkehr. Infolge der nahen Kohlen-
lager des Plauenschen Grundes ist Dresden auch eine bedeutende Industriestadt,
namentlich für Zigaretten, Schokolade, Klaviere und Fahrräder. Endlich ist Dresden
auch eine prächtige Kunststadt (Elb-Florenz) mit herrlichen Bauten, hervorragenden
Sammlungen (Bildergalerie) und reizvollen Gartenanlagen. Wegen seiner Kunst-
schätze wird^Dresden von Fremden viel besucht. — Nördlich von Dresden liegt an
der Elbe die Porzellanstadt Meißen.
3. Das Erzgebirge. a) Im Gegensatz zu dem (Zudeteuzuge ist das Erzgebirge
wenig gegliedert. Nach Süden zu fällt es steil ab, während es sich nach Norden ganz
allmählich senkt. Der vielfach gewundene, auf- und absteigende Kamm erreicht im
westlichen Teile Höhen von über 1200 m (Fichtelberg, Keilberg). In die wellige,
langgedehnte Nordabdachung haben die Z w i ck a u e r und FreibergerMulde
tiefe Täter eingegraben. Das Erzgebirge ist ein ungleichseitig abgedachtes Massen-
gebirge. y
b) Ehedem war das „Erzgebirge reich an Metallerzen, namentlich an Silber.
„Silber hegen seine Berge wohl in manchem tiefen Schacht" (Kerner). F r e i b e r g
bildete den Mittelpunkt eines blühenden Silberbergbaus, der eine sehr dichte Be-
siedelung des rauhen Waldgebirges zur Folge hatte. Heute ist der Freiberger Silber-
bergbau erloschen. Bei Schneeberg gewinnt man noch Kobalt, Wismut und
Nickel. Eine Neubelebung des Bergbaus erhofft man von dem Vorkommen der
Uranpechblende, aus-der das Radium gewonnen wird. Mit dem Rückgang des Berg-
baus mußte man nach neuen Erwerbsquellen suchen, zumal der Feldbau infolge
des ungünstigen Bodens und rauhen Klimas die überdichte Bevölkerung (300 auf
1 qkm) nicht zu ernähren vermochte. Es entstanden zahlreiche industrielle Erwerbs-
zweige, die man als Gebirgsindustrien bezeichnet. Sie verarbeiten zunächst die Heimat-
lichen Rohstoffe, wie sie z. B. der Wald darbietet: Holz-, Papier-, Uhren-, Spiel-
waren- und Musikinstrumentenindustrie, dann aber auch auswärtige Rohstoffe: Po-
samentenindustrie, Stickerei. Das kleine Städtchen Annaberg ist neben Berlin
der Hauptsitz für die Herstellung von Posamenten. Das Erzgebirge, einst berühmt
durch seinen Silberbergbau, ist heute überaus reich an sogenannten Gebirgs-
industrien.
4. Das Zwickau-Chemnitzer Steinkohlen- und Industriegebiet breitet sich
in Gestalt einer flachen Mulde im Vorlande des Erzgebirges zwischen Chemnitz
und Zwickau aus und hat eine gewaltige Industrie hervorgerufen, die eine Bevöl-
kerungsdichte von 770 auf 1 qkm zur Folge gehabt hat. Die ehemaligen Bauern-
dörfer find zu großen Städten angewachsen, in denen zahllose Schornsteine qualmen,
Maschinen erdröhnen und Eisenbahnwagen rasseln. Zwickau (78) ist Sachsens
Kohlenstadt mit großen Eisenwerken, das viermal so große Chemnitz (319) Sachsens
größte Industriestadt mit großartiger Baumwollindustrie. Auch der Chemnitzer
Chemnitz, eine sächsische
Im Bordergrunde der Schloßteich,
Fabrik st adt, 290 000 Einw. (290 m).
m Hintergrunde Ausläufer des Erzgebirges.
Maschinenbau steht in Deutschland mit an erster Stelle. Andere Industriestädte
sind Crimmitschau,Meerane und Glauchau. In der Zwickau-Chem-
nitzer Kohlenmulde ist das sehr dicht besiedelte sächsische Industriegebiet ent-
standen.
5. Das Vogtland ist nach seinem Aufbau ein Erzgebirge im kleinen, aber nur
halb so hoch als jenes. Infolgedessen ist es das Durchgangsgebiet für den nordsüd-
lichen Berkehi. Der südliche, höchste Teil des Vogtlandes, in dem die Elster ent-
springt, heißt das Elstergebirge. Gebirgsbildende Kräfte wirken noch heute
im Vogtlande; es ist das erdbebenreichste Gebiet Norddeutschlands. Das Wirtschafts-
leben ist ähnlich dem im Erzgebirge. Unter den Gebirgsindustrien ragt die Musik-
instrumentenfabrikation hervor. Ihre Mittelpunkte find Markneukirchen
und K l i n g e n t a l. Bei Klingental befinden sich auch Kupferlager. Weltberühmt
ist die Gardinenweberei von Plauen (128), dem Hauptorte' des Vogtlandes.
Ferner sind noch zu nennen die zu Thüringen gehörenden gewerbtätigen Elster-
städte Greiz und Gera, Hauptstädte der Fürstentümer Reuß ä. u. j. Linie,
weiter die Elsterstadt Zeitz, die schon zur Provinz Sachsen gehört, und östlich davon
A l t e n b u r g, Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Altenburg. Das Vogtland
ist ein industriereiches Durchgangsgebiet.
d) Das Sächsische Tiefland.
1. Lage. Das Sächsische Tiefland oder die Leipziger Bucht ist ein Teil des Nord-
deutschen Tieflandes, das hier tief nach Süden vordringt. Die westliche Grenze ist
die Saale-Linie, die östliche der Karpatische Höhenzug, die südliche das Sächsische
Länderkunde Preußens usw. 57
Bergland. Die Mittellage im Herzen Deutschlands und der ebene Boden der Bucht,
in die sich von allen Seiten Eingangstore öffnen, hat das Gebiet zu einem bedeutungs-
vollen Durchgangsland gemacht. Darauf weisen auch die vielen Schlachtorte hin, die
sich in diesem deutschen Zentralbecken finden. Nenne solche! Der „Leipziger Plan"
ist gleichsam „der" Kriegsschauplatz Deutschlands, ja Europas gewesen, hoffentlich
für immer „gewesen". Für den Handelsverkehr ist die Mittellage des Gebietes eben-
falls von der größten Bedeutung, zumal es vo-n der schiffbaren Elbe durchflössen
wird und durch das wegsame Vogtland mit Süddeutschland in Verbindung steht.
Das Sächsische Tiefland ist auch die Wiege und das Ausstrahlungsgebiet der Refor-
mation. Welche Orte erinnern daran? Das Sächsische Tiesland hat eine Verkehrs-
geographisch und geschichtlich bedeutsame Lage.
2. Bodenfruchtbarkeit. Wie in der Schleichen Tieflandsbucht, so besteht auch
hier der Boden aus eiszeitlichen Ablagerungen und zwar vorzugsweise aus dem
fruchtbaren Geschiebelehm. Ebenso ist auch die Bewässerung reich und die Sonnen-
wärme hoch. Infolgedessen gehört die Bucht zu den hervorragendsten Anbaugebieten
Deutschlands. Sie liefert reiche Erträge an Getreide und Rüben, namentlich auch in
dem Mündungsgebiet der Mulde und Saale. Daß das Königreich Sachsen trotz seiner
dichten Bevölkerung mehr als die Hälfte feines Brotgetreides selbst erntet, verdankt
es seinem Anteil am Norddeutschen Tieflande. Die Leipziger Bucht ist Sachsens
Kornkammer.
3. Leipzig (665) liegt im Mittelpunkt der Bucht, am Zusammenfluß der Elster
und Pleiße. Trotzdem die Stadt weder an einem großen Strom liegt noch als
Residenz von Fürsten, wie z. B. Dresden, eifrig gefördert worden ist, erwuchs sie
doch zur Zweidrittelmillionenstadt und viertgrößten Stadt Deutschlands.
Die Ursache dieser Entwicklung' ist die günstige Lage in der Mitte des deutschen
Zentralbeckens, in dem sich bedeutsame Verkehrslinien von allen Richtungen kreuzen.
Nenne die wichtigsten Straßenzüge! Infolgedessen ist Leipzig ein hervorragen-
der Eisenbahn- und Handelsmittelpunkt. Sein neuer Zentral-
bahnhos ist der größte der Welt. In bezug auf den deutschen Binnenhandel wird es
nur von Berlin übertroffen. Seine Messen vermitteln einen ungeheuren Waren-
austausch (Herbstmesse 1918: 5500 Aussteller und über 100000 auswärtige Be-
sucher); sie sind namentlich der Weltmarkt für Pelzwerk. Ihnen ist es auch zu-
zuschreiben, daß Leipzig die noch günstiger gelegene und auch ältere Stadt Halle
überholt hat. Dieser war nämlich damals das Recht, Messen abzuhalten, nicht zu-
gestanden worden. Leipzig ist ferner ein vielseitiger Jndustrieplatz,
hervorragend ist besonders das graphische Gewerbe und die chemische Industrie.
Endlich ist Leipzig auch ein bedeutender geistiger Mittelpunkt durch seine
führende Stellung im Buchhandel, seine altberühmte Universität und als Sitz des
Reichsgerichts. — Neben Leipzig sind noch zu nennen Dessau (58) an der Mulde,
Hauptstadt des Herzogtums Anhalt mit schönen Anlagen, ferner die Lutherstadt
Wittenberg an der Elbe.
4. Das Vvlkerschlachtdenkmal. Auf dem höchsten Punkte der Leipziger Ebene,
der bei dem Dorfe Probstheida gelegen ist, erhebt sich zur Erinnerung an die Be-
freiung von der Gewaltherrschaft Napoleons das Völkerschlachtdenkmal. Mit seinen
91 Metern überragt es alle Denkmäler der Welt. Seine überwältigende wuch-
tige und massige Größe ist ein Wahrzeichen für die todtrotzende Wucht der
Das Bölkerschlachtdenkmal
ragt aus der Leipziger Ebene wie ein gewaltiger Dom empor, der uns gleichsam aus den Niederungen des Alltags zu weihevoller Andacht führt.
Mit seinen 91m Höhe ist es das größte Denkmal der Welt. Seine überwältigende Größe versinnbildlicht die todtrotzende Wucht der
deutschen Volkslraft. Auf der Plattform, die dieses Riesenmal der deutschen Freiheit abschließt, haben 80 Personen Platz.
Länderkunde^Preußens usw.
59
deutschen Volkskraft, die sich w Weltkriege aufs neue so herrlich offenbart hat.
Das Völkerschlachtdentmal ist ein Riesenmal der deutschen Freiheit. Es will
uns mahnen, „schwer Errungenes zu halten".
Aufgaben. Miß die Länge des Erzgebirges und vergleiche damit die des Harzes!
— Zeichne den Elbdurchbruch mit der Dresdener Talwanne! — Forme das Pre-
bischtor (nach einer Ansichtskarte)! — Vergleiche a) Erzgebirge und Riesengebirge,
b Dresden und Leipzig! — Erkläre: Grabenversenkung, Tafelberg, Kegelberg, Klamm,
Felsenlabyrinth, Gebirgsindustrie! — Reise von Dresden nach Posen, von Leipzig nach
Münster! — W a r u m kann man die Dresdener Talwanne als eine Odermulde im kleinen
bezeichnen? — Warum trifft das Wort „Silber hegen seine Berge wohl in manchem tiefen
Schacht" heute'nicht mehr auf Sachsen zu? — Warum wird das Elbsandsteingebirge so viel
besucht? — Welche Städte liegen mit Leipzig unter einem Breitenkreis?
1. Der Frankenwald erstreckt sich vom Fichtelgebirge in nordwestlicher Richtung
bis zur Werraquelle und bildet eine breit hingelagerte Hochfläche, die von tief einge-
schnittenen Tälern in einzelne Bergrücken zerlegt wird. Infolge der mäßigen Höhe
und der Gliederung ist der Frankenwald ein wichtiges Ein- und Ausgangstor für
das deutsche Zentralbecken Thüringen-Sachsen. Das Wirtschaftsleben knüpft in erster
Linie an den Waldreichtum an. Weltberühmt ist die Spielwarenindustrie, für die
S o n n e b e r g der Mittelpunkt ist. Daneben gibt es zahlreiche Holzschleifereien
Fischer-Keistbeck-Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I.Teil. 5
3. Thüringen und seine Randgebirge,
a) Die Randgebirge.
Sachsen-Thüringen.
Benenne a) die Gebirge, d) die Flüsse, c) die Städte!
Rabenklippen
Eckertal
Brocken 1100 m
Der Harz, ein Massengebirge.
Gleich einer Felseninsel ragt der Harz aus dem Norddeutschen Tieflande auf. Vielfach zeigt er die Natur des Rheinischen Schiefergebirges, dessen Fortsetzung er ist:
tafelartigen Aufbau, tiefe, enge Täler, schön bewaldete Gehänge, mancherlei Bodenschätze und regen Bergbau. Wie die rheinischen Gebirge und der Thüringer
Wald ist er^ nicht zum weniasten der vräckm^en Ausiickt halber. ein Hauptziel der beutftfjen_jKch"ejaeIt.
Länderkunde Preußens usw. 61
und Papierfabriken. Eine weitere wichtige Erwerbsquelle ist der vorzügliche Schiefer,
der um L e h e st e n gebrochen wird und eine ausgedehnte Industrie hervorgerufen
hat. Gute Porzellanerde und bester Quarzsand haben Porzellan- und Glasfabriken
entstehen lassen. Für Glaswaren ist L a u s ch a ein bedeutsamer Ort. Das süd-
westliche Vorland .Vs Frankenwaldes ist hauptsächlich ein Gebiet des Ackerbaues.
Hier liegt malerisch K o b u r g, in seiner Nähe die F e st e K o b u r g, das Gegen-
stück zur Wartburg am Nordende des Thüringer Waldes. Der Frankenwald ist ein
wegsames und industriereiches Waldgebirge.
2. Der Thüringer Wald, a) Er ist die Fortsetzung des Frankenwaldes, unter-
scheidet sich von ihm aber doch wesentlich. Im Gegensatz zu dessen hochflächenartigem
Aufbau bildet er einen scharf hervortretenden geschlossenen Kamm von geringer
Breite aber bedeutender Höhe, die im B e e r b e r g nahezu 1000 in erreicht. Dieser
mauerartige Aufbau wirkt naturgemäß hemmend auf den Verkehr. Daher ist der
Thüringer Wald von altersher eine Scheidegrenze gewesen. Auf dem Kamm ver-
läuft eine uralte Straße, der R e n n st e i g. Er hat aber niemals den Zweck einer
ausgesprochenen Verkehrsstraße gehabt, sondern bildete die Stammesgrenze zwi-
schen Thüringen und Franken. Auch heute noch ist er die Grenze der anliegenden
Staaten. Im gegenwärtigen Zeitalter des Verkehrs kann indes auch der Thüringer
Wald kaum noch als Verkehrshindernis angesehen werden. Drei Eisenbahnen durch-
queren das Gebirge. Welche Orte verbinden sie? Der Thüringer Wald ist-ein
Kammgebirge, das eine Stammes-, Staaten- und Verkehrsgrenze bildet, neuer-
dings aber dem Berkehr erschlossen worden ist.
d) Die Ursachen dieser Aufgeschlossenheit durch den Verkehr sind neben der Lage
in der Mitte Deutschlands vornehmlich die Naturschönheiten des Gebirges. Die
prächtigen, ozonreichen Wälder und kräuterreichen Wiesen, die steilabfallenden, fchluch-
tenartigen Täler und malerischen Felsbildungen, die aussichtsreichen Berge und
sagenumwobenen Burgen locken alljährlich große Scharen von Sommerfrischlern
an. Glanzpunkte des Gebirges sind die Wartburg bei Eisenach, die Königin
aller deutschen Burgen, das Schwarzatal und der herrlich gelegene Luft-
kurot Friedrichroda. Eine weitere Erwerbsquelle neben dem einträglichen
Fremdenverkehr ist wie in allen Waldgebirgen die Forstwirtschaft. Früher blühte
auch der Bergbau auf Eisen; heute wird nur noch wenig aber gutes Eisen gewonnen,
das zur Gewehrfabrikation verwendet wird. Suhl ist die preußische Gewehrstadt.
Nicht bodenbeständig ist die Herstellung von Tabakpfeifen, Zigarrenspitzen und
Meerschaumköpfen in R n h l a. Die Rohstoffe müssen aus fernen Gegenden bezogen
werden, z. B. Meerschaum aus Kleinasien, Weichselrohr aus Österreich, Zedernholz
vom Libanon. Infolge der mannigfachen Erwerbsquellen ist der Thüringer Wald
ebenso wie der Frankenwald gut besiedelt. Das südwestliche Vorland ist auch hier
wie beim Frankenwald ein Gebiet des Ackerbaues. Hier liegt malerisch an der Werra
Meiningen, die Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen. Der viel-
besuchte Thüringer Wald ist reich an landschaftlichen Schönheiten, hat mannig-
fache Erwerbsquellen aufzuweisen und ist gut besiedelt.
3. Das Eichsfeld. Wie der Frankenwald zwischen Fichtelgebirge und Thüringer
Wald, so bildet das Eichsfeld zwischen Thüringer Wald und Harz eine wichtige Ver-
kehrslücke. Es ist eine niedrige wellenförmige Platte, deren südlicher Teil oder das
Obere Eichsfeld wegen des rauhen Klimas und des durchlässigen Kalk-
62 Länderkunde von Mitteleuropa.
bodens wenig ertragfähig ist. Das Untere Eichsfeld dagegen ist für den
Anbau wohl geeignet. Neben Getreide wird Tabak und Flachs angebaut. Das
Eichsfeld ist ein Durchgangsland mit einer ertragfähigen und einer unfrucht-
baren Hälfte.
4. Der Harz, a) Er nimmt eine weit nach Norden geschobene, auffällig einsame
Stellung unter den deutschen Gebirgen ein. Diese inselartige Lage wird noch
verschärft durch seinen Aufbau. Sein Umfang, der die Gestalt einer Ellipse hat,
ist nur gering. Wie das Riesengebirge und der Thüringer Wald, so entfaltet
auch er auf kleinem Räume eine große Kraft und rafft sich energisch zu einem
abgerundeten Massengebirge zusammen, das wie eine Felsenhochburg aus dem
umgebenden Tiefland über die 1000 m-Linie emporragt. Der Harz ist ein insel-
artiges Massengebirge.
b) Der Harz ist dadurch entstanden, daß ringsumher das Land absank, während
er selbst als massige Scholle in alter Höhe wie ein Horst stehen blieb, ja durch
das Absinken der angrenzenden Gebiete noch emporgepreßt wurde. Den West-
lichen höheren Teil, der etwa V3 des Gebirges einnimmt, nennt man Ober-
harz, der östliche im Durchschnitt halb so hohe Teil heißt Unterharz. Dem
Oberharz ist der Brocken (1144m) aufgesetzt, dem'Unterharz ist das Mans-
selder Hügelland vorgelagert. Der Harz ist ein schollenartiges Horst-
gebirge, das sich in Oberharz und Unterharz gliedert.
c) Der Oberharz hat infolge seiner Höhe und der nach Norden vorge-
schobenen sreien Lage ein rauhes, niederschlagreiches Klima. Der Schnee liegt
oft bis in den Juni hinein. Dichte Nebel und heftige Stürme find nicht selten. Für
den Anbau ist dies Klima wenig geeignet. Dem Waldwuchs dagegen ist die Boden-
seuchtigkeit günstig. Deshalb bedecken üppige Tannenwälder nahezu die ganze
Fläche des Oberharzes. Wo das Wasser keinen genügenden Abfluß findet, da haben
sich wie im Riesengebirge große Moore gebildet. Sie sorgen für eine regelmäßige
Speisung der Flüffe. Ein solches Moorgebiet ist das B r o ck e n s e l d , von dem auch
die meisten Flüsse des quellenreichen Harzes kommen. Ein rauhes Klima, dunkle
Nadelwälder und sumpfige Hochmoore kennzeichnen die Natur des Oberharzes.
d) Der Unterharz hat infolge feiner geringeren Erhebung und füdwest-
licheren Lage ein milderes Klima. Daher ist der Anbau von Getreide und Feld-
fruchten möglich. Der Wald herrscht nicht in dem Maße vor wie im Oberharze, nimmt
aber auch hier noch als Laubwald große Flächen ein. Reizvolle Flußtäler verleihen
dem Landschaftsbilde ein anmutiges Gepräge. Unter ihnen ist ganz besonders das
B o d e t a l ausgezeichnet. Ihm verdankt der Harz seinen Ruf als eines der land-
schaftlich schönsten Gebirge. Am großartigsten ist das Bodetal da, wo der Fluß bei
T h a l e das Gebirge verläßt. Hier hat er ein mächtiges Felsenriff, das ihm den
Weg versperrte, zersägt. Dadurch ist der Bodekessel mit der Roßtrappe und dem
Hexentanzplatz entstanden. Sie sind wohl die großartigsten Felsbildungen
Deutschlands. Bei R ü b e l a n d befindet sich ein Kalksteingebiet, in dem das Wasser
große unterirdische Höhlen ausgewaschen hat. (Hermannshöhle, Baumannshöhle.)
Der Wechsel von Laubwäldern und Getreidefeldern, sowie tief eingeschnittene
Flußtäler von hoher landschaftlicher Schönheit kennzeichnen die Natur des Unter-
Harzes.
Länderkunde Preußens usw. 63
e) „Es grüne die Tanne, es wachse das Erz." Dieser alte Harzer Spruch
kennzeichnet die Grundlagen der Erwerbsverhältnisse. Im Mansselder Hügelland
blüht der Kupserbergbau, dessen Mittelpunkt die Lutherstadt E i s l e b e u ist.
Im Oberharz wird bei Klausthal-Zellerseld Blei und Eisen, bei -
Andreasberg Silber und bei Goslar Kupfer gewonnen. Wie im Erz-
gebirge, so ist auch im Harz der Erzreichtum bedeutend zurückgegangen. Es
werden viele ausländische Erze verarbeitet, wodurch der Betrieb sich wenig lohnend
gestaltet. An den Waldreichtum des Harzes knüpfen an die Sägemühlen (Holzschlei-
fereien und Zündholzfabriken) und an den Wiesenreichtum die Viehzucht (Harzer
Käse). Endlich locken die Naturschönheiten alljährlich einen großen Fremdenstrom
herbei. Vornehme Sommerfrischen sind Harz bürg, Wernigerode und
Blankenburg, alle drei am Nordrande gelegen. Bergbau, Waldwirtschaft
und Fremdenverkehr sind die wichtigsten Erwerbsquellen der Harzbewohner.
b) Das Thüringer Hügelland.
1. Boden. Das Thüringer Hügelland wird von einer Anzahl Höhenrücken durch-
quert, die im Eichsfeld ihren Ausgangspunkt haben und mit dem Thüringer Wald
und Harz parallel laufen. Zwischen ihnen liegen muldenartig eingesenkte Täler,
unter denen besonders das H e l m e t a l und die U n st r u t m u l d e zu nennen
sind. Die ansehnlichste und zugleich bekannteste der Thüringer Höhen ist der sagen-
umwobene K y f f h ä u s e r (460 in) mit dem Kaifer-Wilhelm-Denkmal. Herrliche
Buchenwälder schmücken die Höhenrücken. Zahlreiche Burgen und Burgruinen
weisen auf die bedeutungsvolle Geschichte des verkehrsreichen Hügellandes hin. In
den Mulden breiten sich wohlangebaute Äcker und Gärten, prächtige Parkanlagen
und schöngelegene Ortschaften aus. Das Thüringer Hügelland zeigt einen anmu-
tigen Wechsel von schön bewaldeten, burggeschmückten Höhen und wohlangebauten,
dichtbesiedelten Tälern.
2. Bewässerung. Da die westlichen Randgebirge die vom Meere kommenden
Regenwolken auffangen, so sind sie sehr regenreich und''speisen zahlreiche Flüsse.
Diese fließen, der Abdachung des Hügellandes folgend, nach Osten zur Saale, die als
Mittellinie von Thüringen und Sachsen den gesamten Wasserabfluß des deutschen
Zentralbeckens sammelt und zur Elbe führt. Beschreibe den Lauf der Saale! Alle
Flüsse haben einen sehr gewundenen Lauf, weil sie sich der wechselvollen Boden-
gestalt anpassen müssen. Das Thüringer Hügelland ist reich bewässert.
3. Wirtschaftsleben, a) Die gutbewässerten Mulden sind als ehemalige See-
becken mit fruchtbarem Schlamm bedeckt. Da sie außerdem infolge der geschützten
Lage ein mildes Klima haben, so bilden sie hervorragende Anbaugebiete. Das Helme-
tal oder die Goldene Aue ist die Kornkammer Thüringens, das
Unstrutbecken Thüringens Gemüse-, Obst- und Blumen-
garte n. Bei Freyburg a. d. Unstrut wird Wein angebaut. Das Thü-
ringer Hügelland ist überwiegend ein Gebiet des Acker- und Gartenbaues.
b) Die Industrie knüpft an die beiden Bodenschätze Salz und Braun-
kohlen an. Solquellen treten an vielen Orten hervor, am bedeutendsten sind die
von Halle a. d. Saale. In der Gegend von Zeitz bis Halle lagern Braunkohlen in
großer Mächtigkeit. Bodenständig ist auch die Branntweinfabrikation, für welche
64 Länderkunde von Mitteleuropa. ■
Nordhausen der Mittelpunkt ist, ferner die Zuckerindustrie. Frei entstanden ist die
Strumpfwirkerei in Apolda und die Herstellung optischer Instrumente in Jena.
Gefördert wird die Industrie wesentlich durch die günstige Verkehrslage. Das
Thüringer Hügelland hat eine mannigfaltige, durch seine Verkehrslage gesör-
derte Industrie.
4. Besiedelung. Infolge der vielen Erwerbsquellen ist das Hügelland gut be-
siedelt. Die Städte liegen reihenweise an den Verkehrsstraßen, welche die Landschaft
durchziehen. Verfolge die Städtereihen auf der Karte!
a) Saalestädte. Die größte Stadt Thüringens ist Halle a. d. Saale
(191). Sie verdankt ihre Entstehung dem Salzreichtum der Umgebung. Für
die Entwicklung zur Großstadt war ihre Lage an einer Übergangsstelle der schiff-
baren Saale und in der verkehrsreichen Leipziger Tieflandsbucht, besonders aber
der Braunkohlenreichtum von großer Bedeutung. Auch die Universität und die
Franckeschen Stiftungen haben zum Aufblühen der Stadt beigetragen. Neben der
Braunkohlenindustrie (Paraffin, Solaröl, Koks, Briketts) ist die chemische Industrie
von Wichtigkeit. Weitere Saalestädte sind die schön gelegene Residenz R u d o l -
st a d t, Thüringens Universitätsstadt Jena mit weltberühmten optischen Werk-
stätten (Zeiß), Naumburg gegenüber der Unstrutmündung, die Schuhwarenstadt
W e i ß e n s e l s und die Regierungsbezirksstadt Merseburg.
b) Die zweite Städtereihe schließt sich an der K ö s e n e r Pforte,
wo die Saale in das Tiefland tritt, an die Saalestraße an. An ihr liegt die schon
genannte Fabrikstadt Apolda, die an Goethe und Schiller erinnernde Residenz-
stadt Weimar an der Ilm, die Gartenstadt und Regierungsbezirksstadt Erfurt
(138) an der Gera, nächst Halle die größte Stadt Thüringens, weiter das schön ge-
legene Gotha, ein Mittelpunkt geographischer Wissenschaft, und die Wart-
burgstadt E i s e n a ch. — Andere Städte sind noch Mühlhausen mit an-
sehnlicher Gewebeindustrie und Langensalza mit vielen Gärtnereien.
Aufgaben. Miß die Länge des Thüringer Waldes und vergleiche damit die Längs-
ausdehnung des Harzes! — Zeichne die Saale! — Forme a) den Harz, b) den
Thüringerwald! — Vergleiche a) Sachsen und Thüringen, b) Thüringer Wald und
Frankenwald, c) Schlesische und Thüringisch-Sächsische Tieflandsbucht! — Erkläre:
Horstgebirge, Kammgebirge, Bodekessel, Saline, Kalksteinhöhle, Durchgangsland! —
Warum hat die Sächsisch-Thüringische Tieflandbucht ein so dichtes Eisenbahnnetz? —
Warum finden sich in Sachsen-Thüringen so viel Schlachtorte? — Warum ist Thüringen
staatlich so zersplittert? — Warum kann Thüringen als Burgenland bezeichnet werden?
4. Die Berglandschaften der Weser.
a) Das Hessische Bergland.
1. Der Vogelsberg, a) Er ist eine Massenerhebung von dem Umfang des
Harzes und der Form eines flachen, abgestumpften Kegels. Dieser kegelförmige Auf-
bau erklärt sich aus der Entstehung des Vogelsberges. Er ist einst als feurigflüssige
Masse aus dem Erdinnern emporgequollen und war ursprünglich wohl noch einmal
so hoch. Da aber die vulkanische Basaltmasse, aus der er besteht, leicht verwittert,
so bildet er heute gleichsam nur noch das Skelett des ehemaligen Riesenvulkans.
Länderkunde Preußens usw. 65
Immerhin ist er noch die größte Basaltmasse Mitteleuropas. Seine Oberfläche ist
kein geschlossener Kegelmantel; sie wird vielmehr strahlenartig durchfurcht von zahl-
reichen Tälern, die durch die nagende Tätigkeit des Wassers entstanden sind. Infolge
seiner freien und hohen Lage ist nämlich der Vogelsberg reich an Niederschlägen,
weshalb er auch als hessischer Quellenmittelpunkt bezeichnet wird. Der Bogelsberg
ist ein abgestumpfter, quellenreicher Basaltkegel.
b) Obwohl Basalt beim Verwittern eine sehr gute Ackerkrume gibt, wird der
Anbau wegen des rauhen Klimas doch sehr beeinträchtigt. Dem Graswuchs und
Baumwuchs dagegen ist die reiche Bewässerung förderlich. Viehzucht und Wald-
Wirtschaft find darum die wichtigsten Erwerbsquellen. Daneben liefern zahlreiche
Steinbrüche wertvolle Basaltsteine. Auch Braunkohlen lagern tief unter der Basalt-
decke. Sie werden am Fuße des Gebirges (warum am Fuße?) gewonnen. Der
Bogelsberg ist ein Wald- und Weidegebiet.
2. Das Rhöngebirge, a) Wie der Vogelsberg, so ist auch das Rhöngebirge ein
altes Vulkangebiet, das aus Basaltmassen besteht. Es bildet aber keinen flachen,
abgestumpften Kegel, sondern eine dreimal so große, zumeist in steilen Abhängen
emporsteigende, kuppenreiche Gebirgsmasse, die in der Wasserkuppe (950 in) nahezu
1000 rn erreicht. Das Rhöngebirge ist seiner Entstehung nach ein Zwillingsbruder
des Vogelsberges, unterscheidet sich von ihm aber im Aufbau.
b) Der südliche, höhere Teil des Gebirges wird Hohe Rhön genannt. In-
folge ihrer Höhenlage hat sie mehr noch als der Vogelsberg ein rauhes, regnerisches
Klima. Darum ist hier der Anbau noch viel mehr beschränkt. An seine Stelle
treten Viehzucht und Waldwirtschaft. Sie sind aber keine ausreichenden Erwerbs-
quellen, weshalb viele Bewohner im Sommer auswärts Beschäftigung suchen.
Ortsnamen wie Sparbrot, Schmalenau, Dürrfeld u. a. kennzeichnen die Dürftigkeit
dieses dünn besiedelten Gebietes. Die Hohe Rhön ist mit Naturgaben nur spar-
lich bedacht.
e) Besser sieht es in der niedrigeren und wärmeren Vorderrhön aus,
die wegen der zahlreichen Basaltkuppen auch Kuppenrhön genannt wird. Die
Kuppen sind gut bewaldet und in den tiefen geschützten Tälern liegen zwischen Wiesen
und Obsthainen freundliche Dörfer. Einen noch freundlicheren Eindruck macht der
S ü d f u ß des Rhöngebirges. Hier finden sich liebliche Täler, saftige Wiesen und
fruchtbare Getreidefelder. Infolge der einstigen Vulkantätigkeit sprudeln heil-
kräftige Quellen. In reizvoller Umgebung liegt hier das Weltbad Kissingen.
Die Vorderrhön und noch mehr der Südsnß des Rhöngebirges stehen in scharfem
Gegensatz zur Hohen Rhön.
3. Meißner und Habichtswald bilden ihrer Lage nach bie Fortsetzung des
Thüringer Waldes über das Werraknie und weiterhin über die Fulda hinaus.
Beide sind reich an Naturschönheiten, namentlich der Habichtswald macht den Ein-
druck eines Parkgebirges. Sein ganzer Abhang zur Fulda hin ist in Parkanlagen
umgewandelt, die zu den schönsten Deutschlands gehören. Das Schloß Wilhelms-
h ö h e bei Kassel ist der Glanzpunkt dieser Aulagen. Unter der Basaltdecke der Gebirge
ruhen auch hier Braunkohlen, namentlich im Meißner. Der Mensch holt sie hervor,
indem er das Gebirge von allen Seiten annagt. Meißner- und Habichtswald sind
zwei naturschöne Waldgebirge mit wertvollen Braunkohlenlagern.
66
Länderkunde von Mitteleuropa.
4. Die Talebenen, a) Zwi-
schen den einzelnen Höhen des
Hessischen Berglandes breiten
sich Talebenen aus, die Sam-
mel- und Laufbecken der Flüsse.
Welches sind die beiden wich-
tigsten Flüsse? Die Talebenen
sind für den Verkehr sehr be-
deutsam, namentlich die H es-
fische Senke (Wetteran,
Schwalmgrund, Fuldakessel).
Sie nimmt wichtige Verkehrs-
straßen auf, die von Norden,
Osten und Westen kommen, um
sie dann gemeinsam nach Süden
zu leiten. Als ehemalige Bin-
nenseen haben die Talebenen
auch einen fruchtbarenSchlamm-
boden, der im Verein mit dem
milden Talklima und der reichen
Bewässerung einen ertragrei-
chen Anbau ermöglicht. Die
Wetterau namentlich ist
Hessens Kornkammer und
Frankfurts Küchengarten.
Die Talebenen sind Verkehrs-
reiche und fruchtbare Anbau-
gebiete.
b) Die wichtigste und größte
Stadt des Hessischen Berglandes
ist Kassel (167) im Fuldakessel
gelegen. Daß sich hier inmit-
ten eines wenig umfangreichen
Ackerbaugebietes eine Großstadt
entwickelt hat, liegt an der gün-
stigen Verkehrslage. Aus vier
Flußtälern (nenne sie!) treffen
hier die Verkehrswege strah-
lenbündelartig zusammen. So
wurde Kassel ein bedeutender
Handelsplatz. Im Anschluß an
den Handelsverkehr blühte die
Großindustrie auf, namentlich
die Eisenindustrie (Maschinen-
und Lokomotivenbau),für welche
Lahn- und Siegtal die Roh-
Länderkunde Preußens usw. 67
stoffe und Meißner und Habichtswald die Brennstoffe (Braunkohlen) liefern. Das
Verkehrs- und industriereiche Kassel ist aber auch eine der schönsten Städte Deutsch-
lands, wesentlich ein Ergebnis der Fürstenfürsorge. Die herrliche Karlsaue kann
man mit dem Berliner Tiergarten vergleichen. Kassels Bildergalerie zählt zu den
ersten Europas. Das prachtvolle Schloß Wilhelmshöhe ist schon erwähnt worden. —
Andere Talstädte sind die Universitätsstädte G i e ß e n und M a r b u r g an der Lahn.
b) Das Weserbergland.
1. Das Wesertal. a) Beschreibe Ursprung und Lauf der Werra und Fulda!
Wo vereinigen sich beide Flüsse? Von Münden bis Minden windet sich die Weser
in vielen Krümmungen durch eine vielgliedrige Gruppe von Bergzügen, die zumeist
dicht an den Fluß herantreten und sein Tal ein-
engen. Nenne diese Höhenzüge! (Je drei östlich und
westlich der Weser.) Welche liegen einander gegen-
über? An einzelnen Stellen erweitert sich das Weser-
tal zu gesegneten Fruchtauen, so bei Hameln
zu dem Wesersonnental mit seinen sonnigen
Fluren und lachenden Gärten. Eine Dampferfahrt
von Münden nach Hameln, vorbei an steilen Fels-
wänden und prächtig bewaldeten Höhen, an lieblichen
Auen und freundlichen Ortschaften, an wogenden
Getreidefeldern und saftigen Wiesen gewährt einen
hohen Genuß! Das Wesertal zeigt einen anmutigen
Wechsel landschaftlicher Schönheiten.
b) Bei Minden tritt der Fluß durch die
W e s e r p s o r t e in das Norddeutsche Tiefland ein.
Sie ist ein schartenähnliches Quertal zwischen Wie-
hengebirge und Süntel, das durch die Nagearbeit des
Wassers entstanden ist. Als einziger Einschnitt in
der langgestreckten Wesergebirgskette bildet sie ein
wichtiges Eingangstor für die von Norden kommen
Verkehrswege. Im Gegensatz zu der oft großartigen
Wildheit anderer Durchbruchstäler zeigt die Weser-
scharte milde,' weiche Formen. Die Weserpforte ist
ein verkehrswichtiges, freundliches Quertal.
2. Das Leinetal. Parallel zum Wesertal ver-
läuft östlich davon das Leinetal. Es ist durch einen Grabenbruch entstanden. In-
folge der Schlammablagerungen, der ausgiebigen Bewässerung und des milden
Klimas ist das Leinetal sehr fruchtbar, namentlich im südlichen Teil, in dessen
Mittelpunkt die Universitätsstadt G ö t t i n g e n liegt, und den man als G ö t t i n --
ger Mulde bezeichnet. Der breite Leinegraben ist sür den nordsüdlichen Ver-
kehr bedeutsam, gleichsam der Ersatz des engen Wesertals. Das Leinetal ist eine
fruchtbare und verkehrswichtige Bodensenke.
3. Der Teutoburger Wald ist ein schmaler und niedriger, wallartiger Höhenzug
mit schartenähnlichen Quertälern, die von den Anwohnern treffend als „Dören"
Benenne a) die Gebirgszüge, b) die
Flüsse, c) die Städte!
68 Länderkunde von Mitteleuropa.
bezeichnet werden und für den Verkehr wichtig sind. Da der Teutoburger Wald wie
ein langer Arm in das Tiefland hineinragt, so hat man von seinen wald- und wild-
reichen Höhen eine schöne Fernsicht. Die hervorragendste Sehenswürdigkeit aber
ist das Hermannsdenkmal auf der Grotenbnrg bei Detmold, das uns
erinnert an den Befreier Deutschlands vom Römerjoch. Der Teutoburger Wald ist
ein wald- und wildreicher, wallartiger Höhenzug mit türenähnlichen Quertälern.
4. Die Ravensberger Mulde breitet sich als eine dreieckige Tallandschaft zwischen
Teutoburger Wald und Wiehengebirge aus. Sie bildet gleichsam die hügelige Fort-
setzung des Wesersonnentals und hat als ehemaliges Weserbett einen schlammhal-
tigen, fruchtbaren Boden. Neben Getreide wird besonders Flachs angebaut. Der
Flachsbau hat eine hervorragende Leinenindustrie hervorgerufen, die heute
außer dem heimischen Rohstoff noch große Mengen ausländischen Flachses ver-
arbeitet. Mittelpunkt der Leinenindustrie ist Bielefeld (84), an einer der
„Dören" des Teutoburger Waldes gelegen. Die Bielefelder Leinwand hat Welt-
ruf. Im westlichen Teile der Mulde liegt an der Haase die hannöversche
Regierungsbezirksstadt Osnabrück (82). Die Lage am Kreuzungspunkt von
zwei wichtigen Eisenbahnlinien (nenne sie!) und die Erschließung nahegelegener
Kohlenschätze haben aus der Ackerstadt eine aufblühende Industriestadt gemacht.
Die fruchtbare Ravensberger Mulde ist ein hervorragendes Leinenindustriegebiet.
Aufgaben. Zeichne die Weser! — Forme das Vogelsgebirge! — Erkläre:
Kegelberg, Gebirgsstern, Vulkanmasse, Weserpforte, Wesersonnental Dören! — Reise
von Kassel nach Berlin, von Minden nach Leipzig! — Vergleiche a) Vogelsberg
und Rhöngebirge, b) Göttinger Mulde und Ravensberger Mulde, c) Münden und
Minden! — Warum ist die Weserlandschaft so unregelmäßig aufgebaut? — Warum
kann man die Weser als den deutschesten Strom bezeichnen? — Warum findet sich im
Hessischen Bergland so viel Basalt?
5. Das Rheinische Schiefergebirge.
Das Rheinische Schiefergebirge bildet eine zusammenhängende Hochfläche.
Das Kartenbild erinnert uns in seiner Form an die Gestalt eines fliegenden Schmet-
terlings. Durch das Rheintal wird die Hochfläche in einen Ost- und Westflügel zer-
schnitten. Jeder Flügel wird durch die dem Rhein kreuzweis zufließenden Neben-
flüsse noch wieder in einzelne Teile gegliedert. Nenne diese! Nenne die trennenden
Flußtäler!
a) Der Ostflügel.
1. Der Taunus erhebt sich wallartig zwischen Main und Lahn und steigt nach
Süden allmählich an. Ausgedehnte Laub- und Nadelwälder bedecken den Boden.
Im nördlichen Teile wird auch Ackerbau getrieben. Die reichen Mineralquellen
haben zahlreiche Badeorte entstehen lassen. Das bedeutendste Taunusbad ist Wies-
baden (109), an der geschützten Südwand anmutig gelegen. Die Zahl der jährlichen
Badegäste dieses Weltbades übertrifft die Einwohnerzahl noch um die Hälfte.
Ebenfalls am Südabhang liegt Homburg vor der Höhe, im Gebirge selbst
Schlangenbad. Der Taunus ist ein an Mineralquellen reiches Waldgebirge.
2. Das Lahntal. Beschreibe den Lauf der Lahn! Schön bewaldete Höhen,
mit malerischen Burgruinen geschmückt, begleiten das fruchtbare, durch ein mildes
Länderkunde Preußens usw. 69
Klima ausgezeichnete Tal. Reiche Erträge liefert namentlich der Obstbau. An Boden-
schätzen finden sich Eisenerze, die aber aus Kohlenmangel in das Saar- und Ruhrgebiet
gehen, um dort verhüttet zu werden. Die Schiffbarkeit der Lahn begünstigt den
Versand. In der Nähe der Mündung liegt das berühmte Bad Ems. Das natur-
schöne Lahntal ist reich an Obst.
3. Der Westerwald wird von Lahn und Sieg eingeschlossen und endigt in dem
Winkel zwischen Rhein und Sieg in dem vulkanischen Siebengebirge mit dem
am Rhein schroff aufsteigenden Drachenfels. Auch sonst hat die Westerwald-
platte viele Basaltkegel aufzuweisen. Infolge der freien Lage ist das Klima rauh und
feucht. Der Anbau tritt deshalb sehr zurück. In den muldenartigen Vertiefungen
der Platte, wo das Wasser nicht abfließen kann, breiten sich unwirtliche Moore aus.
Eine höhere Bedeutung hat der Wiesenbau. Der größte Teil des Gebirges aber
ist mit Wald bestanden. Gleichsam als Ersatz der geringen Anbaufähigkeit bietet der
Westerwald reiche Schätze an Braunkohlen und Eisenerzen dar. Ferner findet sich
im südwestlichen Winke!,' dem sogenannten „Kannenbäckerland", ausgezeichnete
Tonerde. Der Westerwald ist ein an Braunkohlen, Eisenerzen und Ton reiches
Waldgebirge.
4. Das Siegtal. Wie das Lahntal, so besitzt auch das Siegtal einen großen Reich-
tum an Eisenerzen, besonders im oberen Gebiet, das man als S i e g e r l a n d be-
zeichnet. Da aber hier der Kohlenbezug aus dem Ruhrgebiet leicht möglich ist, so
geschieht die Verarbeitung gleich an Ort und Stelle. Mittelpunkt der Eisengewin-
nung ist Siegen. Hervorragend ist der Wiesenbau des Siegtales. Der Wasser-
reichtum der angrenzenden Höhen wird durch ein engmaschiges Kanalnetz für die
Berieselung der Talwiesen dienstbar gemacht. Sie liefern reiche Erträge und haben
eine blühende Viehzucht hervorgerufen. Der größte Teil des Siegerlandes ist mit
Wald bestanden, und zwar findet sich überwiegend Niederwald. Das Wald- und
wiesenreiche Siegtal hat bedeutende Eisenerzlager.
5. Das Sauerland ist der Gesamtname für das Gebiet nördlich der Sieg, das
von der Wupper und Ruhr durchfurcht wird. Der Ausgangspunkt der einzelnen
Gebirgszüge ist das R o t h a a r g e b i r g e. Es ist die Wasserscheide zwischen Weser
und Rhein und hat zwei Quellenmittelpunkte: Ederkops und Kahle Asten. Nenne
die von ihnen kommenden Flüsse!. Der mittlere Teil des ganzen Gebietes ist das
eigentliche Sauerland, eine ziemlich ebene Hochfläche. Der westliche, von der Wupper
durchfloffene Teil ist ein durch die Nagetätigkeit des Wassers umgewandeltes, formen-
reiches Bergland, das zutreffend als Bergisches Land bezeichnet wird. Den
nördlichen Abschluß des Sauerlandes bildet der H a a r st r a n g, der sich an der
Ruhr hinzieht. Im Osten ist das Sauerland fehr waldreich, auch fehlt es nicht an
Wiesentälern. Übergroß ist der Reichtum an Bodenschätzen, namentlich an Kyhlen
und Eisen. Sie haben hier das größte Industriegebiet Deutschlands geschaffen. Hun-
derte von Schornsteinen, Rauch und Ruß sind für das Landschaftsbild hier ebenso
maßgebend als anderswo Getreidefelder oder Rebengelände. Die Mittelpunkte
der Industrie sind das Wuppertal und das Ruhrgebiet. Sie sollen besonders be-
trachtet werden. Im kohlen- und eisenreichen Sauerland ist Deutschlands größtes
Industriegebiet entstanden.
70 Länderkunde von Mitteleuropa.
6. Das Wichpertal. Die Wupper ist nur ein kleines Flüßchen, übertrifft aber
an Bedeutung viele größere Flüsse. Ihr starkes Gefälle veranlasse schon frühzeitig
die Anwohner, das Wasser als billige Betriebskraft auszunutzen. Es entstanden
Industrien der verschiedensten Art. Mit der Nutzbarmachung der Dampfkraft in-
folge der Kohlenschätze nahm dann die industrielle Entwicklung einen ungeahnten
Aufschwung. Die wichtigsten Industriezweige sind die Baumwoll- und
Leinenindustrie, für welche die gleich großen Schwesterstädte Elber-
feld (177) und Barmen (172) den Mittelpunkt bilden. Ein Wald von Schorn-
steinen überragt das Häusermeer dieser Doppelstadt. Weltberühmt ist ferner die
Kleineisen - und Stahlindustrie von Solingen (52) und Rem-
scheid (79). Beide Orte verbindet eine Eisenbahn, die bei M ü n g st e n das
schluchtartige Wuppertal in Domhöhe (107m) auf der Kaiser Wilhelm-
Brücke überschreitet. Diese Brücke ist eines der bedeutendsten Bauwerke der
Erde. Solinger Klingen sind unübertroffen. Remscheid ist namentlich Weltplatz
für Schlittschuhe, das benachbarte Velbert für Schlösser. Die gewaltige In-
dustrie hat eine Bevölkerungsdichte des Wnppertales hervorgerufen (600 auf
1 qkm), die fünfmal so groß ist als der Reichsdurchschnitt. Das sehr dicht besie-
delte Wuppertal ist ein Weltplatz für Gewebe-, Kleineisen- und Stahlindustrie.
7. Das Ruhrgebiet. Beschreibe den Lauf der Ruhr! Wie die Karte zeigt, ist
das Ruhrgebiet noch dichter besiedelt als das Wuppergebiet. Die Städte liegen
haufenweise beieinander. Unter ihnen befinden sich neun Großstädte, die zu-
sammen gegeu 2 Mill. Einwohner haben. Fünf davon gehören zur Rheinprovinz:
Duisburg (264), Mülheim (123), Essen (481), Hamborn (133), Oberhausen (107).
Vier sind westfälische Städte: Dortmund (285), Gelsenkirchen (190), Bochum (154),
Hagen (99). Die ersten drei gehören zur Rheinprovinz, die letzten drei zu Westfalen.
Die Ursache dieser überaus dichten Besiedelung ist der Jndnstriereichtum, dessen
Grundlagen die mächtigen Steinkohlenlager und der Eisenerzreichtum
des Ruhrgebietes sind. Das Ruhrkohlenlager ist neben dem Oberschlesischen Kohlen-
lager das reichste in ganz Europa. Von der deutschen Eisenerzeugung entfällt die
Hälfte auf das Rheinisch-Westfälische Industriegebiet. Mittelpunkt der Großeisen-
industrie und des gesamten Jndustriebezirks sind die Kruppschen Werke in Essen,
das größte industrielle Unternehmen der Welt. Unter den Erzeug-
nissen nehmen die Gußstahlkanonen, Panzergranaten und Panzerplatten die erste
Stelle ein. Nicht minder liefern die Kruppschen Werke Gerätschaften für die
Werke des Friedens: Eisenbahnschienen, -Räder, -Achsen, -Lokomotiven, -Schwellen,
ferner Schiffswellen und -Anker, Brücken- und Maschinenteile usw. Der Dort-
mund-Ems-Kanal verbindet das Ruhrindustriegebiet mit der Nordsee.
Das Ruhrgebiet ist Deutschlands erster Jndnstriebezirk; das Kruppsche Riesenwerk
hat den Ruf deutscher Tüchtigkeit und Tatkraft über den Erdball getragen.
d) Der Westflügel.
1. Der Hnnsrück breitet sich zwischen Mosel und Nahe aus und ist nach seiner
Lage und seinem Aufbau ein Gegenstück zum Taunus. Die Waldwirtschaft ist die
wichtigste Erwerbsquelle. Das naturschöne N a h e t a l ist reich an Wein. Mittel-
Punkt des Weinbaues ist K r e u z u a ch. Hier wird auch Salz gewonnen. In I d a r
Länderkunde Preußens usw. 71
und O b e r st e i n hat das Achatgewerbe seinen Sitz. Der Hunsrück, das Gegen-
stück zum Taunus, wird im Süden von dem naturschönen und weinreichen Nahetal
begrenzt.
2. Das Moseltal. Beschreibe den Lauf der Mosel! Wie die Karte zeigt, windet
sich der Fluß in zahllosen Krümmungen durch das Rheinische Schiefergebirge. Die
wirkliche Lauflänge mißt doppelt so viel als die gradlinige Entfernung. Mit-
unter bilden die Windungen solche Schleifen, daß der Fluß nach stunden-
langem Lauf fast zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Sie verringern das Gefälle
und erhöhen dadurch die Schisfbarkeit, sind aber der Anlage von Eisenbahn-
wegen hinderlich. Die Bahnlinie Koblenz—Trier führt darum auch zum größten
Teil auf der Höhe entlang. Infolge der geringen Wegsamkeit des engschartigen,
gewundenen Tales war das Gebiet lange Zeit ein vom Verkehr abgeschlossener,
stiller Winkel. In den letzten Jahren erst ist mit dem Sommerfremdenstrom ein
regeres Leben eingekehrt. Für den Nahverkehr sind die Moselwindungen von Vorteil.
Auf keinem deutschen Fluß herrscht ein solcher Kahnverkehr wie auf der Mosel. Das
Wirtschaftsleben knüpft an den Weinbau der sonnenbeschienenen Gehänge an. Fast
die ganze Strecke von Trier bis Koblenz bildet einen einzigen großen Rebengarten.
Flecken Daun, 800 E.
l ■ - — ■ ....... ... ........1
Die Eifel mitdem GemündenerMaarbei Daun. Tiefe 38 m. Höhenlage des Seespiegels 380 m.
tfm Hintergrunde ragen die bewaldeten Bergkuppen der Eifel bis zu 560 m Höhe auf. Der Ringwall, in dem das
Seebecken ruht, ist durch vulkanische Auswurfstoffe (Asche, Lavabomben) gebildet.
Tafel des Hunsrlick, Bingerbrück und Bingen an TaunuS (Niederwald »40 in), Felsenklippe mit Breite des Flusses
500—600 m der Nahemiindung, 80 m Ruine Ehrensels M-iuseturm 200 in, Ties« 20 m
Der Rheingau. Rheindurchbruch bei Bingen.
Das Rheintal zwischen Bingen und Bonn ist der schönste Flußdurchbruch der Mitteldeutschen Gebirgsschwelle. Uberall. wo die Sonne den schwarzen Boden des
Schiefergebirges trifft, sproßt die edle Rebe, Deutschlands reichste Weingelände breiten sich hier aus. Nur die Hochflächen und die schattigen Steilgehänge tragen
Wald. Begeistert preisen die Dichter diese schöne Landschaft und sreubig erschallt das Lied: „Strömt herbei, ihr Völkerscharen, zu des deutschen Rheines StrandI
Wollt ihr echte Lust erfahren, o so reichet mir die Hand! Nur am Rheine möcht' ich leben, nur am Rhein geboren sein, wo die Berge tragen Reben und die
Reben goldnen Wein." Inmitten dieser Rebenpracht liegt das altertümliche Städtchen Bingen mit der Burg Klopp. Drüben am Niederwald aber ragt das stolze
_ gtationalftentmal cnn. errichtet Aut (itinnernna an die itSierieranitidituna des Seutidien iRetdH'o naai dem iieareimen .Mriene neaen Tyranlrcicii t S 7 0/71.
Länderkunde Preußens usw. 73
Weinorte sind Bernkastel, Zeltingen, Erden, Hauptsitze des Wein-
Handels T r a r b a ch und namentlich Trier (57), die wichtigste Moselstadt, schön
gelegen inmitten einer obstreichen Talweitung. Da hier alle verkehrswichtigen
Seitentäler ins Moseltal einmünden, so entstand hier schon vor der Römerzeit eine
Siedelung. Trier ist die älteste deutsche Stadt. Das vielgewundene, naturschöne
Moseltal ist reich an Wein.
3. Die Eisel dehnt sich nördlich der Mosel aus und ist eine ziemlich ebene Hoch-
fläche. Infolge der freien Lage und der Nähe des Ozeans ist das Klima rauh und
niederschlagreich, namentlich im Hohen Venn, dem nordwestlichen Teile. In
dieser Regenecke hat die Undurchlässigst des Bodens ausgedehnte Moore entstehen
lassen. Sie wechseln mit großen Heideslächen ab. Das ganze Gebiet ist eine unwirt-
liche Einöde. In der Vulkanischen Eisel, die in dem Winkel zwischen Rhein
und Mosel liegt, finden sich zahlreiche Spuren ehemaliger Vulkantätigkeit. Kegel-
berge, bei denen noch die Krater vorhanden sind, und Maare oder Krater zu
ebener Erde. Krater und Maare sind zumeist mit Wasser gefüllt und bilden Seen,
manche sind versumpft oder ausgetrocknet. Lava, Tuffstein und Basalt sind will-
kommene Bodenschätze der vulkanischen Eisel. Die Täler der wasserreichen Flüsse
sind vielfach tief eingeschnitten und von malerischer Schönheit, so in dem weinreichen
A h r t a l, wo der vielbesuchte Badeort Neuenahr liegt. Die Eisel ist ein altes
Vulkangebiet und zum größten Teil unwirtlich und reich an Mooren.
4. Das Aachener Becken. Wenn wir von dem unwirtlichen, spärlich besiedelten
Hohen Venn hinabsteigen nach Norden, so kommen wir in ein dicht besiedeltes Hügel-
land. Hier findet das Ruhrkohlenlager seine Fortsetzung, infolgedessen hat sich hier
ein Jndustriebezirk entwickelt, dessen Mittelpunkt Aachen (160) ist. Die Bedeutung
der Stadt beruht auf ihren Heilquellen und der Industrie, die besonders Tuche und
Nadeln herstellt. Das Aachener Berken ist der Jndustriebezirk des Westslügels
vom Rheinischen Schiesergebirge.
c) Das Rheintal.
1. Der Rheingau. a) Das 1—2 Stunden breite Hügelland, das den Rhein auf
der rechten Seite von Mainz bis Bingen begleitet, ist der gesegnete Rheingau. Kein
Landschaftsname unseres Vaterlandes hat einen schöneren Klang. Dieser Ruhm
des Rheingaus liegt in seinem Wein begründet, der nirgends in solcher Güte gedeiht.
Johannisberg, Rüdesheim, Rauenthal, AßmannsHausen
u. a. Orte sind berühmt durch ihre vortrefflichen Weine. Die Ursachen des reichen
Weinbaues sind folgende: Die hohe Taunuswand schützt den Rheingau vor den
kalten Nordwinden und fängt anderseits die südlichen Sonnenstrahlen fast senkrecht
auf. Auch der breite Rheinstrom wirst die Sonnenstrahlen brennspiegelartig zurück,
die von dem schwarzen Schieferboden begierig aufgesogen werden. Nicht zuletzt
ist der kalkhaltige Schlammboden für den Weinbau ganz besonders geeignet. Der
Rheingau ist Deutschlands Weingau.
b) Der Rheingau ist auch reich an landschaftlichen Schönheiten. Breit dehnt
sich der Rheinspiegel hier aus, belebt mit Fahrzeugen aller Art. Langgestreckte,
grüne Inseln schwimmen gleichsam girlandenartig in seiner Flut. Über die üppigen
74 Länderkunde von Mitteleuropa.
Saatfelder des Ufersaumes gleitet unser Blick hinweg zu den rebengeschmückten
Hügeln und den sich noch höher hinaufziehenden Obstgärten. Im Hintergrunde
schließt die stattliche Taunuswand das liebliche Landschaftsbild ab. Von seiner Rhein-
ecke aber, dem Niederwald, schaut auf die Pracht des Rheingaues ein hehres
Denkmal herab, das uns an Deutschlands schwer errungene Einheit erinnert
und zugleich ein Mahnzeichen ist, treue „Wacht am Rhein" zu halten. Der Rhein-
gau gehört zu den reizvollsten Gegenden unseres Vaterlandes.
2. Von Bingen bis Koblenz. Wir besteigen in Bingen einen Rheindampfer. '
Talabwärts geht die Fahrt vorbei an dem viel besuchten Weinstädtchen Rüdes-
heim. Der auf einer kleinen Rheininsel liegende Binger Mäuseturm,
ein früherer Zollturm, verschwindet. Das Niederwald-Denkmal und das
schöne Schloß R h e i n st e i n am jenseitigen Ufer grüßen uns noch aus der Ferne.
Steilwandig steigen die Uferwände empor.
Wein- und Obstgärten bedecken die Gehänge.
Oft aber starren uns auch nur nackte Fels-
wände entgegen. Bei Kaub steigt mitten
aus den Wellen eine runde Jnselburg, die
Pfalz im Rhein, auf. Vorüber geht die
Fahrt. Hinter Oberwesel springt plötzlich
von der rechten Uferseite ein mächtiger Schie-
serselsen vor, den der Fluß in einem Bogen
umgeht. Es ist der domhohe (130 m), sagen-
berühmte Loreleifelsen. Die vorhin so
übermütig heiteren Fahrgäste stimmen das
schwermütige Lied „Ich weiß nicht, was soll
es bedeuten" an. Weiterhin kommen wir an
S t. G o a r mit der Ruine R h e i n f e l s vor-
über, an R h e n s e mit dem K ö n i g s st u h l,
an Ober- und N i e d e r l a h n st e i n. An
der Uferstirn des Gebirges zwischen Rhein und
linkem Lahnufer erhebt sich die Burg Lahn-
e ck. Ihr gegenüber, auf dem linken Rhein-
ufer, schaut zwischen herrlichen Waldungen das
Schloß Stolzenfels hervor, der Edelstein aller Rheinburgen. Bald künden
herrliche Rheinanlagen die Nähe von Koblenz (60) an, der reizvoll an der
Moselmündung gelegenen Hauptstadt der Rheinlande. Wir verlassen den Dampfer,
um in dieser schönsten Stadt des Rheintales zu rasten. Das Rheintal von
Bingen bis Koblenz ist die schönste Strecke des herrlichen Rheinstromes.
3. Von Koblenz bis Bonn. Unterhalb von Koblenz erweitert sich bei Neu-
Wied das Rheintal zu einem kesselartigen, fruchtbaren Einbruchsbecken. Bei A n -
dernach tritt der Rhein noch einmal in eine Felsengasse ein, um dann bei der
reizvoll gelegenen Universitätsstadt Bonn (93) in das Tiefland einzutreten.
Das Ausgangstor der Rheingasse bei Bonn steht in landschaftlicher Schönheit hinter
dem Eingangstor bei Bingen kaum zurück. Vom Siebengebirge, namentlich
vom D r a ch e n f e l s, hat man wie vom Niederwald bei Bingen einen herrlichen
Rheinisches Schiefergebirge.
Benenne a) die Gebirgszüge, b) die Flüsse,
c) die Städte I
Länderkunde Preußens usw. 75
Aussichtspunkt. Zu unseren Füßen erglänzt das breite Silberband des herrlichen
Stromes. Aus seinen Fluten erhebt sich die langgestreckte Insel Nonnenwerth.
Gegenüber am linken Ufer erblicken wir den ruinengeschmückten Godesberg,
südlich davon den R o l a n d s f e l s e n mit der Burgruine Rolandseck. Da-
hinter ragen am westlichen Horizont die Kuppen der Eifel empor. Die Rhein-
strecke von Koblenz bis Bonn zeichnet sick aus durch das fruchtbare Neuwieder
Becken und das herrliche Ausgangtor bei Bonn.
ä) Die Kölner Bucht.
1. Lage, Boden. Die Kölner Bucht ist ein keilförmig in das Rheinische Schiefer-
gebirge eindringender Teil des Norddeutschen Tieflandes. Der fruchtbare Schlamm-
boden dieses Einbruchsgebietes, das milde Klima als Folge der geschützte Lage und
die reiche Bewässerung haben hier ein hervorragendes Ackerbaugebiet geschaffen.
Es liefert reiche Erträge an Getreide, Zuckerrüben, Tabak, Gemüse und Obst. Die-
Kölner Bucht ist ein fruchtbares Ackerbaugebiet.
2. Köln (654) liegt im Mittelpunkte der Bucht, Zweidrittelmillionenstadt und
zweitgrößte Stadt Preußens. Die günstige Lage an dem verkehrsreichen Rhein,
an dem Schnittpunkt zweier Weltverkehrslinien (Berlin—Paris, London—Genua)
und inmitten einer fruchtbaren Umgebung hat Köln zu der wichtigsten Han-
dels- und Industriestadt Westdeutschlands gemacht. Sie ist Sitz der großen rheinischen
Dampfschiffahrtsgesellschaften, hat einen großen Hafen, ist Hauptmarkt für Getreide
und betreibt eine bedeutende Industrie in bezug auf Zuckerwaren, Schokolade, Tabak,
Teppiche, Möbel und Parfümerien (Kölnisches Wasser). Ein Wahrzeichen für die
machtvolle Entwicklung Kölns ist der hehre Dom, die schönste und größte Kirche
Deutschlands. Andere Städte sind: Mülheim a. Rh. (55), Seiden- und Leinen-
industrie. Düsseldorf (434), an der Ruhrmündung gelegen, die zweitgrößte Stadt
des Westens, wichtigster Aus- und Einfuhrhafen für das Industriegebiet, hervor-
ragende Kunststadt. München-Gladbach (72) und Rheydt sind Mittel-
punkte der Baumwollindustrie. Krefeld (135) ist der Sitz einer bedeutenden Seiden-,
Samt- und Plüschindustrie. Die dicht besiedelte Kölner Bucht hat große und gewerb-
reiche Städte.
Aufgaben. M i ß und vergleiche die Rheinstrecken Bingen—Koblenz, Koblenz—Bonn!
— Zeichneden Umriß des Rheinischen Schiefergebirges und die Flüsse, die es durch-
furchen! — Forme ch die südliche Taunuswand mit dem Rheingau, b) eine Strecke
des gewundenen Mosellaufes, c) die Rheingasse, d) das Siebengebirge! — Ver-
gleichen) Taunus und Hunsrück, d) Lahn und Sieg, c) Breslau und Köln! — Reise
von Koblenz nach Berlin, von Köln nach Hamburg! — E r k l ä r e: Schiefergebirge, Rheingau,
Rheingasse, Rheinaue, Weinlese, Krater, Maar, Kölnisches Wasser, Kanonenkönig! —
Stelle zusammen: a) Weingegenden, b) Kohlenlager, c) Badeorte, Zwillingsge-
birge, Zwillingstäler! — Warum hat die Mosel einen solchen gewundenen Lauf? —
Warum ist das Rheintal ein bevorzugtes Reiseziel des Fremdenverkehrs? — Warum ist
der Rhein so reich an Liedern? Nenne welche!
Fischer.Gei st beck-Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I. Teil.
6
76
Länderkunde von Mitteleuropa.
III. Die norddeutschen Staaten.
1. Das Königreich Preußen,
a) Allgemeines.
1. Entstehung, Ausdehnung. Das Königreich Preußen nahm seinen Ur-
sprung im Elbgebiet, in der jetzt zur Provinz Sachsen gehörenden A l t m a r k,
deren Mittelpunkt der Eisenbahnknoten Stendal ist. Allmählich wuchs es zu
einem zusammenhängenden Staate im Ostdeutschen Tiefland. Dann dehnte es sich
in das Westdeutsche Tiefland und in das Mitteldeutsche Gebirgsland aus, so daß es
heute etwa mit Norddeutschland zusammenfällt, dabei aber viele deutsche Klein-
staaten umschließt. Preußen ist auf dem Ostdeutschen Tieflande erwachsen und
umsaßt heute in der Hauptsache das nördliche Deutschland.
2. Größe, Einwohnerzahl. Zu Preußen gehören nahezu 2/.3 des Deutschen
Reiches (348 000 qkm). Unter den europäischen Großmächten nimmt es die vierte
Stelle ein. Auch fast 2/3 der Einwohner des Deutschen Reiches entfallen auf Preußen.
(40 Mill.) Von den 53 deutschen Großstädten kommen aus Preußen ebenfalls % (38).
Stelle sie zusammen! Außerdem hat Preußen noch nahezu doppelt so viel Städte (67),
die 50—100 000 Einw. zählen. Die Besiedelungsdichte (115 auf 1 qkm) erreicht nicht
ganz den Reichsdurchschnitt (120 auf 1 qkm). Preußen ist der weitaus größte
und volkreichste Staat des Deutschen Reiches und nimmt auch unter den europäischen
Großmächten eine bevorzugte Stelle ein.
3. Naturverhältnisse. Reichlich % des Preußischen Staates werden vom Nord-
deutschenTiefland eingenommen, % entfällt auf dasMitteldeutfche
Gebirgsland. Im Sudetenzuge liegt Preußens höchster Berg, die S ch n e e -
k o p p e. Die fünf größten deutschen Flüsse durchfließen es in fast gleich-
mäßigem Abstände, und zwar mit ihren Mittel- und Oberläufen, die für die Schiffahrt
in erster Linie in Betracht kommen. Der Baltische Höhenzug ist durch einen Seen-
r e i ch t u m ausgezeichnet, wie er sich in Deutschland nicht wieder vorfindet. Die
Küsten der deutschen Meere gehören fast durchweg zu Preußen. Von den
deutschen Kanälen entfallen 2/z auf Preußen, dessen Talzüge eine günstige Ge-
legenheit zur Anlage boten. Preußen nimmt in bezug aus die natürlichen Ver-
Hältnisse eine bevorzugte Stellung im Deutschen Reiche ein.
4. Wirtschaftsleben. Infolge der Tieflandnatur ist die Hälfte der gesamten
Bodenfläche Ackerland. Preußen ist das erste Roggen-, Kartoffel - und
Zuckerrübenland des Deutschen Reiches. Nenne die wichtigsten
Anbaugebiete! Auf Wiesen und Weiden entfällt Vs der Bodenfläche. Infolgedessen
steht auch die Viehzucht mit an er st er Stelle. Der Wald nimmt % der
Gesamtfläche ein und erfreut sich sorgsamster Pflege. Von den sieben deutschen
Steinkohlenlagern entfallen die vier größten Steinkohlengebiete
auf Preußen. Ferner besitzt Preußen ausgedehnte Braunkohlen-
Länderkunde Preußens usw. 77
1 a g e r. 9/10 aller Steinkohlen- und 8/10 aller Braunkohlen des Deutschen Reiches
werden in Preußen gewonnen. Auf Preußen entfällt auch über die Hälfte
(56%) der gesamten deutschen Salzgewinnung. Es hat reiche
Eisenerzlager und ist das e r st e Z i n k l a n d d e r E r d e. Dem hervor-
ragenden Bergbau entspricht eine ganz gewaltigeund äußer st mannig-
faltige Industrie. Nenne die bedeutendsten Industriegebiete! Kennzeichne
ihre Eigenart! Die Tieflandnatur, die großen Ströme und die vielen Kanäle sowie
die angrenzenden Meere haben Preußen auch zu einem wichtigen Durchgangsgebiet
sür den H a u d e l s v e r k e h r gemacht. Nenne die wichtigsten preußischen See-
und Binnenhandelsstädte! Das Wirtschaftsleben Preußens übertrifft an Um-
fang und Wert das aller anderen deutschen Staaten und nimmt auch in
Europa eine bevorzugte Stelle ein.
5. Geschichtliche Bedeutung. Im Gebiet des Deutschen Reiches gibt es nur ein
größeres, einheitliches Naturgebiet: das Norddeutsche Tiefland. Nur auf diesem
Boden konnte sich ein Großstaat entwickeln. Ihn zu schaffen war das unausgesetzte,
von reichem Erfolg gekrönte Bemühen der Hohenzollern. Von Preußen ging dann
auch naturgemäß der Zusammenschluß der deutschen Staaten zum einigen Deutschen
Reiche aus. Der König von Preußen wurde Deutscher Kaiser. So ist Preußen jetzt
auch der politisch führende Staat!
Ergebnis: Größe, natürliche, wirtschaftliche und politische Verhältnisse
haben Preußen zur deutschen Vormacht gemacht.
d) Die einzelnen Provinzen.
Für die Zwecke der Verwaltung ist Preußen- in 12 Provinzen eingeteilt. Jede
Provinz gliedert sich wieder in Regierungsbezirke und Kreise. Die drei gröAen,
an Umfang fast gleichen Provinzen (rund 40 000 qkm) find Schlesien, Brandenburg,
Hannover, die drei volkreichsten Rheinland, Schlesien und Westfalen (7,1 Mill.;
5,2 Mill.; 4,1 Mill.). Hessen-Nassau ist die kleinste Provinz (15 WO qkm) und noch
nicht halb so groß als die größte. Im Durchschnitt beträgt die Größe einer preußischen
Provinz etwa 30 000 qkm (= Pommern). Unsere Heimatprovinz......nimmt
ihrer Größe nach die ... und ihrer Einwohnerzahl nach die ... Stelle ein.
1. Ostpreußen fällt in das Gebiet der Preußischen Seenplatte und ihres
Küstentieflandes und wird in der Hauptsache vom Pregel entwässert. — Für das
Wirtschaftsleben der Pregelprovinz sind besonders kennzeichnend Getreide-
bau und Pferdezucht, Holz- und Getreidehandel mit Rußland, Bernsteingewin-
nung. — Am Pregel Königsberg (263) und Jnsterburg, an der Memel
Tilsit, an der Alle A l l e n st e i n, am Ausgang des Frischen Hasss P i l l a u,
des Kurischen Haffs Memel. Ostlich von G um binnen an der Piffa Tra-
kehnen. Ostpreußen ist die nordöstlichste Grenzprovinz.
2. Westpreußen umfaßt das Weichseltal und die angrenzenden Teile der
Preußischen und Pommerschen Seenplatte. — Das Wirtschaftsleben wird
besonders gekennzeichnet durch Zuckerrüben- und Weizenbau, Schiffbau und Holz-
Handel. — Weichselstädte sind Danzig (205), Dir schau, Marienwerder,
6"°
78 Länderkunde von Mitteleuropa.
Graudenz und Thorn. An der Nogat Marien bürg, nordöstlich davon
Elbing (59 000). Westpreußen ist die Weichselprovinz.
3. Pommern umfaßt das Mündungsgebiet der Oder mit den Inseln Usedom
und Wollin, die Nordabdachung der Hommerschen Seenplatte mit ihrer Strand-
seenküste, das Vorpommersche Küstentiefland mit seiner Boddenküste und der Insel
Rügen. — Für das Wirts chaftsleb en sind besonders kennzeichnend Ge-
treibe und Kartoffelbau, Schaf-, Gänse- und Bienenzucht, Schiffbau, Seehandel,
Fischerei, Seebäder. — An der Oder Stettin (248), östlich davon S t a r g a r d.
An oder in der Nähe der Meeresküste Stolp, Köslin, Kolberg, Greifswald,
Stralsund. Pommern ist die Küstenprovinz an der Ostsee.
4. Posen fällt in das Gebiet der Warthe und Netze und wird von den drei
Urstromtälern der Ostdeutschen Tieflandsmulde durchzogen. — Für das Wirt-
fchaftsleben sind besonders kennzeichnend Roggen-, Rüben- und Hopfenbau,
Kartoffelbau und Schweinezucht, Salzgewinnung, Zucker und Spiritusindustrie. —
An der Warthe Posen (177), östlich davon Gnesen. An der Brahe Brom-
b er g (62), südlich davon Hohensalza. An der Küddow Schneidemühl.
Die Provinz Posen ist die deutsche Ostmark.
5. Brandenburg ist das Gebiet der Havel und Spree und der Mittelpunkt des
preußischen Wasserstraßennetzes. Es bildet den westlichen Teil der Ostdeutschen Tief-
landsmulde mit ihren drei Urstromtälern. — Für das Wirtschaftsleben
sind besonders kennzeichnend Acker- und Gartenbau, Waldreichtum, hervorragende
Industrie, bedeutungsvoller Handel, riesenhafter Berkehr. — An der Spree Berlin
(2 Mill.), westlich davon Charlottenburg (326) und Wilmersdorf (152), südlich
davon Neukölln (314) und Schöneberg (202), östlich davon Lichtenberg (174).
An der Havel Spandau (97), Potsdam (63), Brandenburg (56) und
Rathenow. An der Oder Frankfurt (72) und Küstrin. An der Neiße
Forst und Guben. Südlich vom Spreewald Kottbus, westlich Lucken-
walde. In der Uckermark Prenzlau. Die Provinz Brandenburg ist das
Herz des Preußischen Staates.
6. Schlesien umfaßt die fchlefische Tieflandsbucht, in deren Mittellinie die Oder
fließt, und ihre Randgekürge. — Das Wirtschaftsleben der Oderprovinz
wird besonders gekennzeichnet durch eine blühende Landwirtschaft, reiche Kohlen-
schätze, eine hervorragende Industrie, einen lebhaften Handel und Verkehr. —
Oderstädte sind Breslau (545), Oppeln und R a t i b o r. Im Oberschlesischen
Industriegebiet Königshütte (79), Beutheu(76), Gleiwitz (73) und
Hindenburg (70), K a t t o w i tz (50). An der Katzbach L i e g n i tz (73), an
der Lausitzer Neiße Görlitz (88). Schlesien ist die südöstlichste Grenzprovinz
Preußens.
7. Sachsen hat infolge seiner zerrissenen Gestalt Anteil an den verschiedensten
Naturgebieten: am Ostdeutschen und Westdeutschen Tiefland, an der Leipziger
Bucht, am Thüringer Hügelland und seinen einzelnen Randgebirgen. —- Für das
Wirtschaftsleben find besonders kennzeichnend Zuckerrüben-, Weizen- und.
Länderkunde Preußens usw. 79
Gartenbau, Braunkohlen- und Kupferbergbau, Salzgewinnung und chemische
Industrie, lebhafter Durchgangshandel und Verkehr. — An der Elbe Magdeburg
(295) und Wittenberg. An der Saale Halle (191), Merseburg und
W ei ß e n f e l s. An der Gera Erfurt (137), an der Unstrut Mühlhausen,
im Helmetal Nordhausen, im nördlichen Harzvorland Halber st adt,
an der Bode Staßfurt. Sachsen ist die preußische Elbprovinz.
8. Schleswig-Holstein verbindet in seinen drei Naturgebieten, dem Marsch-
landstreifen, Geeststreifen und der Fördenküste, das Westdeutsche und Ostdeutsche
Tiesland. — Für das Wirtschaftsleben sind besonders kennzeichnend
Viehzucht, Fischerei, Schiffbau und Seehandel. — Art der Fördenküste Schles-
wig, Flensburg (65) und Kiel (238). Südlich von Kiel N e u m ü n st e r.
Bei Hamburg Altona (177). Ferner gehört zu Schleswig-Holstein die Insel
Helgoland. Schleswig-Holstein ist die meerumschlungene Landbrücke zwischen
Deutschland und Nordeuropa.
9. Hannover fällt in das Gebiet des Westdeutschen Tieflandes mit seinen
Marsch-, Moor- und Heidegebieten, seinem fruchtbaren Südrand und seinen Dünen-
inseln an der Küste. — Das Wirtschaftsleben wird gekennzeichnet durch
vorwiegende Landwirtschaft, mannigfache Bodenschätze, lebhaften Seehandel und
umfangreiche Fischerei. — An der Leine Hannover (320), Linden (88) und
G ö t t i n g e n. In der Lüneburger Heide L ü ue b u r g. An der Elbe bei
Hamburg liegt Harburg (74), weiter nördlich Stade. An der Innerste HU-
desh eim (53), an der Hase Osnabrück (82), in Friesland Aurich. Küsten-
städte sind Emden, Wilhelmshaven, Lehe und Geestemünde.
Hannover ist die dreiteilige Nordseeprovinz.
10. Westfalen hat am Westdeutschen Tiefland, am Weserbergland und am
Rheinischen Schiefergebirge Anteil. — Das Wirtschaftsleben kennzeichnen
Pumpernickel (Roggenbau), westfälischer Schinken (Schweinezucht), Bielefelder
Leinwand (Leinwandindustrie) und (rheinisch-) westfälische Kohle und Eisen (Kohlen-
bergbau und Eisenindustrie). — Im Mittelpunkt der Westfälischen Tieflandsbucht
M ü n st e r (98), am Teutoburger Wald Bielefeld (84), an der Weserpforte
Minden, in der Nähe der Lippequelle Paderborn, an der Ruhr A r n s -
b e r g. Im Industriegebiet liegen Dortmund (285), Gelsenkirchen (190), Bochum
(154), Hagen (99). Westfalen ist das Gebiet der oberen Ruhr, Lippe und
oberen Ems.
11. Rheinprovinz. Sie setzt sich in der Hauptsache aus dem Rheinischen
Schiefergebirge und der Niederrheinischen Tieflandsbucht zusammen. — Die Rhein-
provinz ist Deutschlands erstes Bergbau- und Industriegebiet und liefert reiche
Erträge an Obst und Wein. — Rheinstädte sind Koblenz (59), Bonn (93),
Köln (654), Düsseldorf (434), Duisburg (264). Im Industriegebiet östlich des
Rheins liegen Elberfeld (177), Barmen (171), Remscheid (79), Solingen
(52), Essen (481), Mühlheim (123), Hamborn (133), Oberhausen (107). Jndu-
striestädte westlich des Rheins sind Krefeld (135), München-Gladbach (72)
und Aachen (160). An der Mosel liegt Trier (57), an der Saar Saarbrücken
(119). Zur Rheinprovinz rechnet man auch Hohenzollern, das Stamm-
80
Länderkunde von Mitteleuropa.
land des preußischen Königshauses. Die Rheinprovinz ist die westlichste Grenz-
Provinz Preußens. — In Rheinland-Westfalen befindet sich Deutschlands erstes
Bergbau- und Industriegebiet.
12. Hessen-Nassau wird ausgefüllt vom Taunus, dem größten Teil des Wester-
Wäldes, dem Meißner, Habichtswald und dem Westabhang des Rhöngebirges. —
Sie ist die wald- und weinreichste Provinz, fördert die größte Menge Eisenerz,
ist reich an Mineralquellen und hat einen lebhaften Durchgangsverkehr. — An
der Fulda Kassel (167), am Taunus Wiesbaden (109). Mainstädte sind Frankfurt
(460) und Hanau. — Hessen-Nassan ist die kleinste preußische Provinz.
2. Die norddeutschen Kleinstaaten.
Die norddeutschen Kleinstaaten bilden infolge ihrer Lage mit Preußen zu-
sammen eine natürliche und wirtschaftliche Einheit. Auch
in bezug auf die Abstammung, Religion und Geschichte der Bewohner zeigen sich
enge Beziehungen. Man kann Küstenstaaten und Binnenstaaten unterscheiden.
a) Küstenstaaten.
1. Die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz
liegen im Gebiet der Mecklenburger Seenplatte und ihres Küstenvorlandes. —
Für das Wirtschaftsleben sind kennzeichnend Getreide- und Zuckerrüben-
bau, Pferde- und Schafzucht, Fischerei und Seehandel. — Am Schweriner See
die Hauptstadt Schwerin (44), an einem Havelsee die Hauptstadt Neu-
Strelitz (12). An der Warnow liegt Rostock (70), an der Küste Wismar.
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz sind die beiden Ostsee-Groß-
Herzogtümer.
2. Das Großherzogtum Oldenburg hat Anteil an den Marsch-, Moor- uud
Heidegebieten des Westdeutschen Tieflandes (Herzogtum Oldenburg). Ferner ge-
hören dazu die Fürstentümer Lübeck, an der Lübecker Bucht gelegen, und Birken-
feld, zwischen Mosel und Nahe gelegen. — Das Wirtschaftsleben wird
gekennzeichnet durch eine hervorragende Rinder- und Pferdezucht, durch Getreide-
und Rapsbau, Torfgewinnung, Schiffbau, Seehandel und Fischerei. — Die Haupt-
stadt ist Oldenburg (32), am Knie der Hunte gelegen. In Lübeck liegt
Eutin, in Birkenfeld O b e r st e i n. Oldenburg ist das von der Provinz
Hannover eingeschlossene Nordsee-Großherzogtum.
3. Die Freien Städte, a) D i e Freie Hansestadt Bremen umfaßt
die Stadt Bremen (261) nebst mehreren kleinen Dörfern und dem Vorhafen
Bremerhaven, b) Die Freie und Hansestadt Hamburg ^umfaßt
die Stadt Hamburg (1046), das Hamburger Landgebiet, den Vorhafen Kux-
Huven und die Insel Neuwerk, e) Die Freie und Hansestadt
L ü b eck umfaßt die Stadt Lübeck (118), eine Anzahl verstreuter Landinfelgehiete
und den' Vorhafen Travemünde.
Länderkunde Preußens usw. 81
d) Binnenstaaten.
1. Das Herzogtum Anhalt setzt sich zusammen aus dem Hauptland im Mün-
dungsgebiet der Mulde und Saale und dem Harzteil. — Anhalt ist ein Zucker-
und Salzland. — Die Hauptstadt ist Dessau (58) an der Mulde. An der Saale
Bernburg. Das Herzogtum Anhalt liegt inmitten der Provinz Sachsen.
2. Das Herzogtum Braunschweig erstreckt sich von der Ohre bis zur Weser
und besteht aus den: Hauptland, das von Aller und Ocker durchflössen wird, einem
Weser-Harzteil und einem Harzteil. — Braunschweig ist reich an Zucker, Salz und
Braunkohlen. — Die Hauptstadt ist Braunschweig (150) an der Ocker. Im Harz-
teil liegen Harzburg und Blankenburg. Das Herzogtum Braunschweig
liegt im Rahmen der Provinz Hannover.
3. Die beiden Fürstentümer Lippe und das Fürstentum Waldeck. a) Das
Fürstentum Lippe liegt im Rahmen der Provinz Westfalen zwischen Weser-
gebirge und Teutoburger Wald und wird von der Werre durchflössen. Es ist ein
Land der Leineweber und Ziegler. Die Hauptstadt ist Detmold (14). —
b) Das Fürstentum Schaumburg-Lippe liegt nördlich des Weser-
gebirges und fällt in den Rahmen der Provinz Hannover. Es hat Bodenschätze
(Steinkohlen am Süntel) und einen ergiebigen Ackerbau. Die Hauptstadt istBücke -
bürg (6). — c) Das Fürstentum Waldeck liegt zwischen Hessen-Nassau
und Westfalen. Es ist ein Ackerbaugebiet und ist außerdem reich an Wald und
Erzen. Die Hauptstadt ist Arolsen (3).
IV. Die mitteldeutschen Staaten.
Sie breiten sich in der Hauptsache im deutschen Zentralbecken Sachsen-Thüringen
aus und haben infolgedessen eine geschlossene Lage, eine einheitliche Bewässerung
und ein einheitliches Klima. Gleichwohl ist aber das Wirtschaftsleben sehr mannig-
faltig, weil sich Fruchtauen, Wälder und Bodenschätze vorfinden. Infolgedessen ist
auch die Besiedelung sehr verschieden. Die Staatengliederung zeigt ebenfalls eine
weitgehende Zersplitterung. Die Eigenart der mitteldeutschen Staatengruppe
wird gekennzeichnet durch eine natürliche Einheit und eine große wirtschaftliche
und politische Mannigfaltigkeit.
1. Das Königreich Sachsen.
1. Lage, Größe, Einwohnerzahl. Das Königreich Sachsen breitet sich zu beiden
Seiten der mittleren Elbe aus, weshalb man es auch als Elbkönigreich bezeichnet.
Es nimmt einen dreieckig gestalteten Raum ein, der mit 15 000 qkm die kleinste
preußische Provinz (Hessen-Nassau 15 700 qkm) nicht ganz erreicht. In bezug auf
die Einwohnerzahl (4,8 Mill.) dagegen steht es der größten preußischen Pro-
vinz (Schlesien 5,2 Mill.) nicht viel nach. Die Besiedelungsdichte (320 auf 1 qkm,
im Chemnitzer Bezirk 440) ist deshalb auch fast dreimal so groß als die des Deutschen
Reiches (120 auf 1 qkm). Das Elbkönigreich ist nur so groß wie die kleinste preußische
Provinz, zählt aber zu den allerdichtest besiedelten Staaten der Erde.
82 Länderkunde von Mitteleuropa.
2. Naturverhältnisse, Wirtschaftsleben. Diese dichte Besiedelung hat ihre
Ursache in dem Wirtschaftsleben, das wiederum an die Naturverhältnisse anknüpft.
Das Elbkönigreich umfaßt zwei Naturgebiete, das Sächsische Tiefland und das Säch-
fische Bergland. Das sehr fruchtbare Sächsische Tiefland hat eine hochentwickelte
Landwirtschaft, die reiche Erträge, namentlich an Getreide und Zuckerrüben, liefert.
Gleichwohl lebt nur x/7 der Bewohner von der Landwirtschaft, weil die Gesamt-
Anbaufläche nur klein ist. Über die Hälfte (57%) der Bewohner wird in der Industrie
beschäftigt. Sie beruht auf dem Kohlenreichtum und den Wasserkräften des Landes
und leistet auf allen Gebieten geradezu Erstaunliches. Hervorragend ist besonders die
Gewebeindustrie (Zwickau) und der Maschinenbau (Chemnitz). Dazu kommen das
Buchgewerbe (Leipzig), die Zigaretten- und Zuckerwarenindustrie (Dresden), die man-
nigsachsten Gebirgsindustrien (Musikinstrumente und Spielwaren des Erzgebirges)
und andere Industriezweige. Der reichen Industrie entspricht ein großartiger Handel,
mit hervorgerufen durch die günstige Verkehrslage im Zentralbecken Deutschlands.
Das mitteldeutsche Königreich bildet den mitteldeutschen Jndustriebezirk. Es
gehört zu den Hauptindustrieländern der Erde und hat auch einen hervorragenden
Handel und Verkehr.
3. Ortskunde. Elbstädte sind die Hauptstadt Dresden (575), ferner Meißen
und Pirna. An der Elster Leipzig (665) und Plauen (121). Im Industriegebiet
Chemnitz (319), Zwickau (78), K r i m m i t s ch a u und Glauchau. Im Erz-
gebirge Freib erg und Annaberg.
2. Die Thüringer Staaten,
a) Allgemeines.
1. Lage, Größe, Naturgebiete. Die Thüringer Staaten umfassen zusammen
einen Raum (12 350 qkm), der hinter der Größe des Königreiches Sachsen noch
etwas zurückbleibt. Gib die Grenzen des Gesamtgebietes an! Der Thüringer Wald
durchzieht das Gebiet und teilt es in einen kleineren südwestlichen und in einen noch
einmal so großen nordöstlichen Teil. Jener wird von der Werra durchflössen, in diesem
ist die Saale der wichtigste Fluß. Die Thüringer Staaten fallen nicht zusammen
mit der Landschaft Thüringen, breiten sich vielmehr zu beiden Seiten des Thü-
ringer Waldes aus.
2. Wirtschaftsleben. Infolge des Waldreichtums des Thüringer Waldes ist
die Forstwirtschaft eine wichtige Erwerbsquelle. Die Mulden des nordöstlichen
(Thüringer) Hügellandes und das südwestliche Vorland sind wertvolle Anbaugebiete.
Schiefer, Holz und Quarzsand haben eine mannigfaltige Gebirgsindustrie hervor-
gerufen. Im Osten haben die Thüringer Staaten Anteil am Sächsischen Industrie-
gebiet. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist auch der Fremdenverkehr. Die
Thüringer Staaten bilden ein waldreiches Landwirtschaftsgebiet, haben eine be-
deutsame Industrie und einen lebhaften Fremdenverkehr.
3. Staaten und Städte. In der reich gegliederten Landschaft mit ihren abgeson-
derten Mulden und Tälern war die deutsche Kleinstaaterei von jeher sehr groß und
hat sich auch bis heute erhalten. Nicht weniger als 8 Staaten bilden das politische
Länderkunde Preußens usw. 83
Thüringen. Noch größer wird die staatliche Zersplitterung dadurch, daß sie nicht
auch 8 geschlossene Flächen nebeneinander einnehmen, sondern daß sie alle wieder
zerfallen in eine Menge kleiner und kleinster Jnselgebiete, die zu Dutzenden wirr
durcheinander liegen. Sachsen-Weimar, der größte Staat Thüringens, setzt sich z. B.
aus 3 größeren und 24 kleineren und kleinsten Stücken zusammen. Erb-, Teilungs-,
Ehe- und Kaufverträge haben in Thüringen Grenzen geschaffen, wie sie ungeo-
graphischer nirgends auf der Welt zu finden sind. Infolge der staatlichen Zersplit-
terung ist auch keine Großstadt entstanden, wohl aber eine ganze Anzahl kleinerer
Städte, die zum Teil wichtige Kulturmittelpunkte geworden sind (Weimar, Jena,
Gotha, Meiningen), und zwar vornehmlich durch das Bemühen der Landesfürsten.
Auch geschlossene Jndustriebezirke haben sich nicht entwickeln können, doch sind kleinere
Mittelpunkte eines vielseitigen Gewerbfleißes entstanden. Das staatlich sehr zer-
splitterte Thüringen hat keinen geschlossenen Jndnstriebezirk und nur eine Stadt
über 5V 000 Einw., Wohl aber eine ganze Anzahl kleinerer, geistig und indu-
striell wichtiger Orte auszuweisen.
b) Die einzelnen Staaten.
1. Das Großherzogtum Sachsen-Weimar besteht im wesentlichen aus einem
größeren mittleren, einem westlichen und einem östlichen Teil. Industrie und Handel
sind rege. Die Landwirtschaft steht auf hoher Stufe. Die Hauptstadt ist W e i m a r
(35) an der Ilm. Andere Städte sind I e n a an der Saale und E i s e n a ch am Fuße
der Wartburg.
2. Die drei Sächsischen Herzogtümer, a) Sachsen-Koburg-Gotha
besteht aus zwei Hauptteilen, die sich an den Nord- und Südabhang des Thüringer
Waldes anlehnen. Waldwirtschaft, Spiel- und Glaswarenindustrie kennzeichnen
das Wirtschaftsleben. Städte find Gotha (42) und Koburg. b) Sachsen-
Meiningen liegt im Gebiet der oberen Werra. Es hat eine hervorragende
Spielwaren-, Schiefer- und Glasindustrie. Die Hauptstadt ist M e i n i n g e n (18)
an der Werra. Industrielle Gebirgsorte sind Sonneberg, Lauscha und
Lehesten, c) Sachsen-Altenburg besteht aus einem Ostkreis und aus
einem Westkreis. Jener wird von der Pleiße, dieser von der Saale durchflössen.
Der Ostkreis ist ein Kornland, der Westkreis ein Holzland. Die Hauptstadt ist
A l t e n b u r g (41) südlich von Leipzig.
3. Die beiden Fürstentümer Schwarzburg, a) Schwarzburg-Rudol-
stadt besteht aus einer Oberherrschaft am Thüringer Wald und einer Unterherrschaft
am Kyffhäufer. Beide sind waldreich; in der Oberherrschaft finden sich auch Erze.
Die Hauptstadt ist Rudolstadt (13) an der Saale, b) Schwarzburg-
Sondershausen besteht ebenfalls aus einer Oberherrschaft und einer
Unterherrfchaft, die sich an die Gebiete von Schwarzburg-Rudolstadt nach Westen
zu anlehnen. In beiden ist die Landwirtschaft vorherrschend. Die Hauptstadt ist
S o n d e r s h a u s e n (7) an der Wipper.
4. Die beiden Fürstentümer Reuß. a) Reußä. L. besteht aus einer Elster-
und Saalelandschaft. Das Elstergebiet hat Anteil an dem Zwickauer Industriegebiet,
84 Länderkunde von Mitteleuropa.
das Saalegebiet ist waldreich. Die Hauptstadt ist Greiz (23) an der Elster,
d) Reuß j. L. besteht ebenfalls aus einer Elster- und einer Saalelandschaft.
Neben Industrie und Waldwirtschaft wird auch die Landwirtschaft lebhaft betrieben.
Die Hauptstadt ist Gera (60) an der Elster, die größte Stadt Thüringens.
B. Preußens westliche Nachbargebiete.
1. Das Königreich der Niederlande (Holland).
34000 qkm, 6,5 Mill. Einw., auf 1 qkm 180.
Etwas größer als Pommern, aber über 3 mal so viel Einw.
1. Lage. Das Norddeutsche Tiefland setzt sich über die Westgrenze Deutschlands
bis zum Meere hin fort. Hier liegt das Königreich Holland, das auch nach Süden
zu keine scharfnatürliche Grenze hat, vielmehr in das Belgische Tiefland übergeht.
Der natürliche Zusammenhang dieser drei Gebiete wird noch erhöht durch verbin-
dende Flüsse: Rhein, Maas und Schelde. Die Niederlande bilden die westliche
Fortsetzung des Norddeutschen Tieflandes.
2. Seehandel, Binnenschiffahrt. Die holländische Küste ist die Fortsetzung
der deutschen Nordseeküste und wird deshalb auch gekennzeichnet durch Düneninseln,
Marschland, tiefe Meeresbuchten und schlauchartige Flußmündungen. Welches ist
die größte Bucht? Wie heißt die vorgelagerte Inselkette? Die reiche Küstengliederung
im Verein mit der vorgeschobenen Meereslage wies die Bewohner schon frühzeitig
hin auf Seeschiffahrt und Seehandel. Eine Vorschule der Seeschiffahrt war die Binnen-
schiffahrt, hervorgerufen durch zahlreiche Flüsse und Kanäle. Nenne die wichtigsten
Mündungsarme des Rheins! Die Anlage von Kanälen wurde erleichtert durch die
Tieflandsnatur des Landes. Lage, Küste und Bewässerung haben bewirkt, daß in
Holland schon feit Jahrhunderten Seeschiffahrt und Seehandel, Schiffbau und
Fischfang zu den wichtigsten Erwerbszweigen zählen.
3. Landschaftsbild. Wie im Westdeutschen Tiefland, so wird auch in Holland
das Landschaftsbild durch Marsch, Moor und Heide gekennzeichnet.
a) M o r \ ch I a n b. Es ist weit ausgedehnter als an der deutschen Nordsee-
küste und nimmt ungefähr die ganze nordwestliche Hälfte des Königreichs ein. Da
ein großer Teil des Gebietes unter dem Meeresspiegel liegt, so sind hier in noch
höherem Maße schützende Deiche und Dämme nötig. Die zerrissene Küste und be-
sonders die ehedem landfeste S ü d e r s e e sind Zeugen dafür, daß auch hier die
Nordsee einst eine Mordsee war. Ein sehr engmaschiges Kanalnetz entwässert die
Marschen und dient zugleich dem Verkehr. Wegen der tiefen Lage bietet die Ent-
Wässerung ganz besondere Schwierigkeiten. Durch Pumpwerke, welche durch Wind-
mühlen und Dampfmaschinen getrieben werden, muß das Grund- und Regenwasser
in die höher gelegenen, deichgeschützten Abzugskanäle gehoben werden. Da das
Klima infolge der Meeresnähe und der Einwirkung des Golfstroms sehr mild ist,
trägt der seuchte Marschboden üppige Wiesen. Deshalb ist die Rinderzucht
ganz hervorragend. Die schwarzbunten Tieflandrinder gehen sogar während des
Gehöfte mit offenem Stall
Preußens westliche Nachbargebiete.
Kanal Dorf
85
Holländische Marsch bei Haarlem.
Die holländische Landschaft ist eigenartig. Den flachen Anschwemmungsboden durchziehen zahlreiche Kanäle, an
deren Ufern Mnzelgehöfte oder Dörfer liegen, umgeben von Baum- und Strauchwerk; der Wald fehlt. Allent-
halben wird das Grasland von weidenden Rindern belebt, die bei dem milden Winter in offenen Ställen Unter-
kunft finden. Da das Gefälle der Kanäle für Wassermühlen zu gering ist, treten an deren Stelle Windmühlen.
milden, schneearmen Winters auf die Weide. Mastvieh, Butter und (Edamer) Käse
werden in großen Mengen ausgeführt. Teilweise dient der Marschboden aber auch
für Gemüsebau und Blumenzucht. Das Frühgemüse, das. bei uns zu
Pfingsten auf den Markt gebracht wird, stammt größtenteils aus Holland. Mittel-
Punkt der Blumenzucht ist Haarlem, westlich von Amsterdam gelegen. Von
dort kommen vielfach die Tulpen- und Hyazinthenzwiebeln, die wir im Herbst
pflanzen. Da in den Marschen der Wald vollständig fehlt, so bringen
Gemüsebau und Blumenzucht eine wohltuende Abwechslung in die einförmige
Landschaft. Das waldlose holländische Marschland ist ein Gebiet der Rinderzucht,
des Gemüsebaues und der Blumenzucht.
b) Moor- und Geestland. Die östlichen Gebiete Hollands sind ebenso
wie die angrenzenden Teile des Westdeutschen Tieflandes Moor- und Geestland.
Die Geestgebiete begünstigen die Schafzucht. Die Moore liefern Torf, der in dem
kohlen- und waldarmen Lande ein wichtiger Brennstoff ist. Wie die rastlosen und tat-
kräftigen Küstenbewohner jahraus, jahrein danach trachten, dem Meere neues Marsch-
land abzuringen, so sind die fleißigen Moor- und Heidebewohner mit großer Aus-
dauer benüht, den Boden zu verbessern. Ausgedehnte Heidestrecken sind bereits
aufgeforstet und die Moorflächen schon zum größten Teile urbar gemacht worden.
Neuerdings hat man sogar die Trockenlegung der Südersee begonnen, die noch größer
86 Länderkunde von Mitteleuropa.
ist als Dollart und Jadebusen zusammen. Das große Werk wird in etwa 30 Jahren
vollendet sein und die fruchtbaren Anbauflächen um Vie des Königreiches vergrößert.
Die Holländer treiben energische und zielbewußte Bodenkulturarbeit.
4. Städte. Sie liegen vorzugsweise an oder in der Nähe der Küste, dem Sitze
des Handels. An einer Seitenbucht der Südersee liegt die Halbmillionenstadt Am-
sterdam (595), die größte Stadt des Landes mit hervorragendem Handel (Kaffee,
Tabak) und bedeutender Industrie (Zigarrenindustrie, Diamantenschleiferei). Sie
wird durch Kanäle in zahlreiche Inseln zerteilt. Da kein fester Baugrund vor-
handen ist, so müssen die Häuser wie in Venedig auf eingerammten Pfählen errichtet
werden, weshalb man Amsterdam auch das „nordische Venedig" nennt. Der halben
Million nähert sich auch Rotterdam (459), an der Maas gelegen, der beste See-
Handelshafen (Getreide, Holz, Petroleum, Baumwolle). Residenz ist der Haag (302),
durch einen prächtigen Buchenpark mit dem Seebad Schedeningen ver-
bunden. H o e k (= Ecke) van Holland bei Rotterdam und V l i s s i n g e n im
Mündungsgebiet der Schelde sind wichtige Überfahrtsplätze nach England. Utrecht
(124) ist Universitätsstadt.
5. Kolonien. Infolge des frühzeitig aufgeblühten Welthandels nimmt Holland
unter den Kolonialstaaten eine hervorragende Stelle ein. Seine meisten Kolonien
liegen zwischen Indien und Australien. Die Sundainsel Java ist eine der frucht-
barsten Kolonien der Erde überhaupt. Der ganze auswärtige Besitz ist über 50 mal
so groß als das Mutterland (der Deutschlands sechsmal) und hat etwa siebenmal
so viel Einwohner.
6. Handel mit Deutschland. Der Rhein und wichtige Eisenbahnlinien haben
einen lebhaften Handelsaustausch herbeigeführt, a) Wir erhalten vonHol -
land besonders die Erzeugnisse seiner Viehzucht (Milch, Butter, Käse, Felle),
Gärtnerei (Gemüse, Blumenzwiebeln) und Fischerei (Heringe). Außerdem bekommen
West- und Süddeutschland (Rheinstraße) über Rotterdam und Amsterdam viel Kaffee,
Kakao, Reis, Tabak, b) Wir liefern nach Holland Steinkohlen, Web-
waren, Fahrräder, Bücher und Bilder, Leder- und Holzwaren. Als unser Abnehmer
steht Holland mit Rußland und Frankreich nahezu auf einer Stufe. Unsere Aus-
fuhr nach Holland (500 Mill.) ist noch einmal so groß als die Einsuhr von dort
(250 Mill.).
Aufgaben. Zeichne das Rheindelta! — Forme den Durchschnitt eines Nordsee-
deiches! — Vergleiche die holländische und deutsche Nordseeküste! — Erkläre:
Niederlande, Holland, Seeklima! — Reise von Stettin nach Amsterdam a) auf dem Land-
wege, b) auf dem Wasserwege! — Warum sind die Handelsbeziehungen zwischen Hol-
land und Deutschland so rege?
2. Das Königreich Belgien.
29500 qkm, 7,5 Mill. Einw., auf 1 qkm 253.
Nicht ganz fo groß wie Pommern, aber 4 mal so viel Einw.
1. Lage. Belgiens Meeresküste ist nur kurz und fast hafenlos. Nur Antwerpen
an der Schelde entwickelte sich dank seiner gegen England vorgeschobenen Lage zu
einem Seehandelsplatz ersten Ranges. Sonst hat Belgien vorwiegend Binnen-
Preußens westliche Nachbargebiete.
87
Belgische Kulturlandschaft (Flachbelgien).
Flachbelgien zählt zu den bestbebauten und freundlichsten Landschaften in Europa. Die Acker, Wiesen und Gärten
werden von hohen Bäumen eingesäumt, Häuser und Dörfer umgeben Obstgärten und Baumschulen, wodurch die
Landschaft Ähnlichkeit mit der Lombardischen Tiefebene erhält und einen überaus reizvollen Eindruck macht.
und Durchgangsverkehr, zumal es von vier Staaten eingeschlossen ist (nenne sie!)
und ebenso wie Holland nur schwach angedeutete Naturgrenzen hat. Ungehindert
können zahlreiche Verkehrslinien die Verbindung mit den Nachbargebieten herstellen.
Belgiens Eisenbahnnetz ist das dichteste aller Länder Europas. Trotz der See-
nähe hat Belgien im Gegensatz zu Holland vorwaltend Binnen- und Durchgangs-
verkehr.
2. Niederbelgien (Flachbelgien) bildet die Fortsetzung des durch Holland sich hin-
ziehenden Norddeutschen Tieslandes. Es wird von der breiten und wasserreichen
Schelde durchzogen. Da der Tieslandboden außerordentlich fruchtbar ist, so
wird unter dem günstigen Einfluß des milden und feuchten Seeklimas ein sehr
ergiebiger Ackerbau getrieben. Namentlich Flandern, das Gebiet westlich
der Schelde, bringt reiche Erträge an Holsen, Gerste, Flachs' und Zucker-
rüben hervor. Mit dem Ackerbau verknüpft ist die Zucht schwerer Arbeitspferde.
Dazu blühen landwirtschaftliche Industriezweige: Bierbrauerei, Branntwein-
brennerei und Zuckergewinnung. Niederbelgien gilt als ein Musterland der
Landwirtschast.
3. Hochbelgien. Wie das Norddeutsche Tiefland, so setzt sich auch das Mittel-
deutsche Gebirgsland in Belgien fort. Die belgische Fortsetzung des Rheinischen
Schiefergebirges sind die A r d e n n e n. Sie werden von Maas und S a m b r e
in enggewundenen Tälern durchbrochen, die dem Rhein- und Moseltal ähnlich sind.
Die Höhen sind wie im Rheinischen Schiefergebirge rauh, moorreich und wenig
88 Länderkunde von Mitteleuropa.
fruchtbar. Sie tragen urwaldähnliche, wildreiche Wälder, in denen noch vereinzelt
Wölfe und Wildschweine vorkommen. In den geschützten Tälern hingegen gedeihen
auch hier Obst- und Gemüse. Am Nordrande, im Tal der Maas und Sambre, setzen
sich die reichen Bodenschätze fort, wie sie der Nordrand des Rheinischen Schiefer-
gebirges im Ruhrgebiet und Aachener Becken aufweist. Steinkohlen und Eisen haben
auch hier eine gewaltige Industrie und eine sehr dichte Bevölkerung hervorgerufen.
Belgien hat nach Sachsen die dichte st e Bevölkerung Euro-
Pas. Die bedeutendsten Industriezweige sind Maschinenbau (Lokomotiven) Metall-
industrie und Spiegelglasfabrikation, dann die Tuch- und Leinenindustrie. Hoch-
belgien hat das Königreich zu einem Industriestaat ersten Ranges gemacht.
4. Städte. In der Mitte des Landes
liegt Brüssel mit 3/4 Mill. Einwohnern
(757), Hauptstadt des Königreiches, durch
reges Leben und Bauwerke zugleich eine
der schönsten Städte Europas, daher auch
„Klein-Paris" genannt. Auch als Hauptsitz
der Modeindustrie (Brüsseler Spitzen) er-
innert es an Paris. An der Schelde liegen
Gent (212), Hauptsitz der Webeindustrie, und
Antwerpen (413), die wichtigste Hafen- und
Handelsstadt, nach Hamburg der erste See-
platz Europas. An der Küste O st e n d e,
ein vielbesuchtes Seebad, wichtiger Über-
fahrtsplatz nach England, Mittelpunkt der
belgischen Hochseefischerei. Im Industrie-
gebiet Lüttich (236).
5. Handel mit Deutschland, a) Die
belgischeJndustrie steht in schar-
•v^uu. u»u fem Wettbewerb zu den be-
Benenne a) die angrenzenden Meere und Meeres- NachbartLN deutschen ^ndu-
teile, b) die Müssenden Gebirgszug, -j) die st r i e b e z i r k e n. Da die Arbeitslöhne
niedriger sind und auch die Ausgaben für
Arbeitergesetze fehlen, so kann sie billiger herstellen und darum auch billiger verkaufen.
Auf der Suche nach Absatzgebieten können deshalb beide Länder leicht wirtschaftliche
Gegner werden. d)Für deutscheWaren i st Belgien einwichtiges
Durchgangsland. Antwerpen beherbergt viele deutsche Schiffe, die von hier
aus nach andern Erdteilen wollen. Um das den deutschen Schiffen noch mehr zu er-
leichtern, will man einen Kanal bauen, der Antwerpen direkt mit dem Rheine ver-
binden soll. o) Wir erhaltenvonBelgien Wolle, Pferde, Flachs, Seide,
Obst, Fische, Maschinen, Steinkohlen usw. Wir liefern nach Belgien
Steinkohlen, Koks, Roheisen, Roggen, Hopfen, Kleiderstoffe, Farbstoffe usw. Aus-
fuhr (390 Mill.) und Einfuhr (326 Mill.) gleichen sich nahezu aus.
Preußens westliche Nachbargebiete. 89
3. Das Grohherzogtum Luxemburg.
2609 qkm, 260000 Einw.
Etwas größer als Sachsen-Meiningen und auch etwas mehr Einwohner (so viel wie
Königsberg).
1. Lage. Luxemburg wird von Belgien und Deutschland eingeschlossen, auch
an Frankreich grenzt es für eine kurze Strecke. Der nördliche Teil fällt in die Ar-
dennen, der südliche in das Lothringer Stufenland.
2. Wirtschaftsleben. Die Landwirtschaft bildet den Haupterwerb, dazu gesellt
sich ein schwunghafter B e r g b a u a u f E i s e n, der sich unmittelbar an- den lo-
thringischen anschließt. Mit Deutschland ist Luxemburg durch seine deutschen Be-
wohner, durch Zollgemeinschaft und durch sein Eisenbahnwesen, das von uns
verwaltet wird, verbunden. Die Hauptstadt ist Luxemburg (21).
Aufgaben. Zeichne Belgien! — R e i s e von Berlin nach Brüssel! — Vergleiche
a) die holländische und belgische Küste, b) das rheinische und belgische Industriegebiet nach
ihrer Lage! — Warum ist Belgien wichtig für unfern Durchgangshandel? — Warum
ist Belgien so dicht besiedelt? — Wodurch ist Luxemburg mit Deutschland verknüpft?
C. Die süddeutschen Landschaften und Staaten.
I. Me süddeutschen Landschaften.
1. Die Oberrheinische Tiefebene und ihre Randgebirge,
a) Der Rhein.
1. Von der Quelle bis zum Vodensee. Was zeigt die Karte über den Ursprung
des Rheins? Beschreibe seinen Oberlauf! Welchem Lande gehört dieser an? In
welchen See tritt der Rhein an der Grenze ein? Bon der Quelle bis zum Bodensee
ist der Rhein ein Alpenfluß und gehört der Schweiz an.
2. Der Bodensee. a) Wenn man bei trübem Wetter am Ufer des Sees steht,
so hat man ganz den Eindruck eines Meeres. Das jenseitige Ufer verschwindet dann
in einer scheinbar grenzenlosen Wasserfläche. Verstärkt wird dieser Eindruck noch
bei heftigen Stürmen, die nicht selten sind (Föhn!). Weißgekräuselte Wogen schlagen
dann mit gewaltigem Tosen gegen die Küste. Nicht zu Unrecht bezeichnet man den
Bodensee deshalb auch als Schwäbisches Meer. Sein Flächeninhalt (540 qkm)
mit 1000 multipliziert ergibt die Größe des Deutschen Reiches. Das Schwäbische
Meer ist Deutschlands größter See.
b) Trübe und schlammig tritt der Rhein als brausender und schäumender Alpen-
fluß in den Bodensee ein. Weit hinaus in den klaren See schiebt er seine schuttgrauen
Wassermassen. Beim Verlassen des Sees aber ist das Rheinwaffer klar und rein.
Der mitgeschleppte Gebirgsschutt ist im Bodensee niedergesunken (Sinkstoffe). So
ist also der Bodensee ein Läuterungsbecken für den Rhein.
e) Wenn im Juni und Juli in den Alpen die ungeheuren Schnee- und Eismassen
zum Schmelzen kommen, so führt der Rhein gewaltige Wassermassen mit sich. Diese
90 Länderkunde von Mitteleuropa.
finden in dem großen und tiefen Seebecken gleichsam Unterkunft, um später all-
mählich abzufließen. Ohne den See würden zur Hochwasserzeit ungeheure Uber-
schwemmungen eintreten. Der Wasserstand steigt in dieser Zeit oft an wenigen
Tagen um doppelte Manneshöhe. Der Bodensee regelt also den Wasserabfluß
des Rheins.
ä) Da der Bodensee sehr ties ist und geschützt liegt, so friert er nur äußerst selten
zu. Infolgedessen herrscht im Sommer und Winter ein sehr reger Schiffsverkehr.
Große Dampffähren befördern ganze Eisenbahnzüge von einem Ufer zum andern.
Zahlreiche Personendampfer dienen dem starken Fremdenverkehr, der angelockt
wird durch die anmutigen, fruchtbaren und wohlangebauten Uferlandschaften mit
ihren malerisch gelegenen Ortschaften. Schwere Lastschiffe bringen die Landes-
erzeugniffe (Getreide, Wein, Obst) von Ort zu Ort. Viele Fischerkähne nutzen den
Fischreichtum des Sees aus. Der Bodensee ist von großer wirtschaftlicher Beden-
tung für seine Anwohner.
e) Welche fünf Staaten grenzen an den Bodensee? Welche Städte liegen am
Bodensee? Die größte Stadt ist das badische K o n st a n z. Zu Württemberg gehört
die Zeppelinstadt Friedrichshafen. Bayerns Bodenseehafen ist Lindau.
3. Der Rheinfall. Vom Bodensee bis Basel bildet der Rhein die Grenze zwischen
Deutschland und der Schweiz. Eine Stunde unterhalb von S ch a f f h a u s e n
stürzt sein Wasser in einer Breite von 100 m eine 20 m hohe Felswand hinab. Diese
Felswand bildet aber keine glatte Fläche, an der das Wasser gemächlich hinabgleitet,
sondern ist durch die nagende Tätigkeit des Wassers in viele Teile zerrissen, deren
Zacken, Spitzen, Kanten und Kuppen hervorragen. Wolkenähnlich zerstieben deshalb
die in wildem Hasten sich überstürzenden, dunkelgrün aufschäumenden, von weißem
Gischt eingehüllten Wassermassen. Unten im Kessel aber „wallet und siedet und
brauset und zischt" es, so daß unter dem donnernden Getöse Menschenwort verstummt.
Der Rheinfall ist ein großartiges Naturschauspiel.
4. Bon Basel bis Mainz. Wie die Karte zeigt, finden sich auf dieser Strecke,
abgesehen vom letzten Viertel, unmittelbar am Rhein keine Städte. Sie liegen viel-
mehr stets ein Ende entfernt vom Strom. Welches ist die Ursache? Der Rhein fließt
auf dieser Strecke, die einer nach Norden gerichteten schiefen Ebene gleicht, in raschem
Laufe dahin. Er fand gleichsam keine Zeit, sich ein einheitliches Bett auszuwaschen.
In einem Netz von Gabelungen bewegt er sich zwischen den von ihm selbst abgelagerten
Geröll- und Sandmassen, zwischen rohrbedeckten Sümpfen und buschreichen Inseln
dahin. Solche Uferverhältnisse locken weder zum Anbau noch zur Besiedelung. Sie
hindern auch den Schiffsverkehr. Neuerdings sind kostspielige Strombauten aus-
geführt worden, um den Strom in Fesseln zu legen. Man hat schützende Dämme
gebaut, Entwässerungskanäle angelegt, Flußkrümmungen mittels Durchstich gerade
gelegt und das Hauptbett vertieft. Auf diese Weise ist hier die längste gefesselte
Flußstrecke der Erde entstanden.
b) Die Ebene.
1. Entstehung. Die fast vollkommen ebene, nach Norden geneigte Fläche, welche
der Rhein von Basel bis Mainz durchzieht, heißt Oberrheinische Tief-
Die süddeutschen Landschaften und Staaten 91
ebene. Sie lag ehedem mit den angrenzenden Gebirgen in gleicher Höhe. Infolge
der fortschreitenden Erdabkühlung bildeten sich am Rande Längsspalten. Die ge-
waltigen Schollen in der Mitte sanken allmählich in die Tiefe. Es entstand eine große
grabenähnliche Bodensenke. Noch heute treten hin und wieder Erdbeben auf, ein
Zeichen, daß die Erdbewegungen noch nicht ganz zur Ruhe gekommen sind. An den
Bruchspalten quollen feurige Massen des Erdinnern hervor. Es bildeten sich vul-
kanische Erhebungen. Eine solche vulkanische Bergmasse ist der K a i s e r st u h l.
Er besteht aus Basalt und ist gleichsam ein gewaltiger Zeuge jener erdgeschichtlichen
Vorgänge. Auch die warmen Heilquellen am Rande der Ebene, wo die Bruchlinien
verlaufen, finden ihre Erklärung in der Entstehung der Landschaft. Die Ober-
rheinische Tiefebene ist eine Grabenversenkung.
2. Landschaftsbild. Abgesehen von den schon gekennzeichneten Uferlandschaften
des Rheins ist die Ebene, das einzige größere Tieflandgebiet Süddeutschlands, von
großerFruchtbarkeit. Der Boden setzt sich aus den Schlammablagerungen
eines vorzeitlichen Binnensees und aus einem lockeren, seinpulvrig-mehligen Lehm
zusammen, den man als Löß bezeichnet. Letzterer ist größtenteils von den Rand-
gebirgen durch Wasser und Wind talwärts geführt worden. Dazu kommt, daß die
Tiefebene infolge ihrer südlichen und geschützten Lage das mildeste Klima
unter allen deutschen Landschaften hat. Schon in der ersten Hälfte
des Aprils blühen hier Kirschen, Pflaumen und Aprikosen. Anfang Juni sind bereits
die Kirschen reif. Wogende Getreidefelder, Gemüse-, Hopfen-, Hanf- und Tabak-
Pflanzungen breiten sich in der Ebene aus. Die sonnenbeschienenen Abhänge der
Randgebirge hinauf ziehen sich Obsthaine und Weinberge. Zu diesem durch Boden-
sruchtbarkeit und Klima bedingten herrlichen Landschaftsbild treten andere Natur-
s ch ö n h e i t e n hinzu. Aus den engen Tälern der Randgebirge sprudeln mur-
melnde Bäche hervor und queren die am Fuße sich hinziehenden schattigen Wege.
Freundliche Dörfer und Städte reihen sich aneinander. Sagenumwobene Burgruinen
schauen von den Höhen herab aus die lachenden Gefilde. Der schönste Landstrich
der Oberrheinischen Tiefebene ist die von der Bergstraße durchzogene Land-
schast. Sie verbindet Heidelberg mit Darmstadt und führt am Fuße
des Odenwaldes entlang. Die Oberrheinische Tiefebene ist ein naturschöner
Fruchtgarten.
3. Handelsverkehr. Die langgestreckte, wegsame Ebene bildet gleichsam eine
große breite Heerstraße, die den Norden mit dem Süden verbindet. Sie ist deshalb
auch reich an Verkehrsstraßen. Zunächst ist der wasserreiche Rheinstrom ein natür-
licher Verkehrsweg. Bis Mannheim können größere Rheindampfer verkehren.
Dann ergänzen zwei wichtige Kanäle (nenne sie!) die bedeutsame Rheinstraße.
Endlich wird die Ebene durchzogen von einem ausgedehnten Eisenbahnnetz, dessen
zwei Hauptlinien den Rhein begleiten. Die Oberrheinische Tiesebene ist ein wich-
tiges Durchgangsland für den Handelsverkehr.
4. Besiedelung. Bodenfruchtbarkeit und Verkehrsbedeutung haben eine dichte
Besiedelung hervorgerufen. Die größten Städte liegen an den beiden Hauptbahn-
linien.
a) Im Süden beginnt die rechtsrheinische Städtereihe mit der Universi-
tätsstadt F r e i b u r g (91). Ihr gegenüber liegt an der Jll die halb so große Fabrik-
Fischer-Geistbeck-Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I.Teil. 7
92 Länderkunde von Mitteleuropa.
Der Schwarz Wald. Partie an der Schwarzwaldbahn im Hölleutal.
Tie untersten Gehänge des Schwarzwaldes, die sich unmittelbar aus der Rheinebene erheben, prangen im Schmucke
der Obstgärten und Rebengehänge. Die mittleren Teile tragen herrliche Tannenwälder, deren schlanke Stämme
auf dem Neckar und dem Rheine verflößt werden und die das Material zur Herstellung der weltbekannten Schwarz-
Wälder Uhren liefern. Die höchsten Kämme und Gipfel des Gebirges sind waldlos und mit Gras, Moos und Heide-
kraut bewachsen. Das Höllental erschließt den schönsten Teil des südlichen Schwarzwaldes und die Bahn mit ihren
zahlreichen Tunnels gewährt reizvolle Ausblicke auf Wälder, Wiefen, Schluchten und Wasserfälle.
(Nach cincr Photographie von 2li>. Braun it. Co>, Dörnach.)
Der Wasgenwald bei Rappoltsweiler.
Der Wasgenwald ist ein waldbedecktes, klippenreiches Mittelgebirge wie der Schwarzwald. Seine Vorhöhen erreichen
hier 500 m und sallen steil zum Rheiutale ab. Ilm Fuße des Gebirges blüht Obst- und Weinbau, in den Rand-
städten Spinnerei und Weberei.
Tie süddeutschen Landschaften und Staaten. 93
stadt (Webeindustrie) K o l m a r, südlich davon als erstes Glied der linksrheinischen
Städtereihe Mülhausen (108), eine Großstadt mit vielen Spinnereien und Webereien.
Die wichtigste Stadt des linken Rheingebietes ist Straßburg (192), in der Nähe
der Jllmündung gelegen. Hier wird die nordsüdliche Rheinstraße von einer ostwest-
lichen Verkehrsstraße geschnitten, die durch entsprechende Lücken der Randgebirge die
Tiefebene mit ihren Nachbargebieten verknüpft. Infolge dieser günstigen Verkehrs-
läge entwickelte sich Straßburg zu einem wichtigen Handelsmittelpunkt. Das Pracht-
volle Münster, nach dem Kölner Dom die größte und schönste Kirche Deutschlands,
ist ein Wahrzeichen der machtvollen Entwicklung, während der neu erbaute Kaiser-
Palast und die Kaiser-Wilhelm-Universität das gegenwärtige Straßburg als eine
„deutsche Hauptstadt" kennzeichnen, die dem neuen Deutschen Reiche 1870 wieder-
gewonnen ist. Als Brückenstadt ist Straßburg stark befestigt.
b) Im mittleren Teil der Tiefebene liegt auf der rechten Rheinseite
zunächst die badische Hauptstadt Karlsruhe (147). Mannigfache Industrie, leb-
haster Handel und Fürstenfürsorge haben diese junge Stadt schnell emporblühen
lassen, während das viel ältere Pforzheim (— Stadt der Pforten),, östlich von
Karlsruhe an der Eingangs„pforte" des Randgebirges gelegen, zurückgeblieben
ist und heute nur halb so viel Einwohner zählt (83). Pforzheim betreibt eine
lebhafte Gold- und Silberwarenindustrie. Südlich von Karlsruhe liegt in einem
Seitental des Schwarzwaldes der weltbekannte Badeort Baden-Baden.
Nördlich von Karlsruhe kommen wir nach Heidelberg (62), lieblich am
Neckar gelegen, mit einer altberühmten Universität und der gewaltigen Schloß-
ruine. In einem gewissen Gegensatz zu dem lieblichen Heidelberg steht die an der
Neckarmündung gelegene neuere Großstadt Mannheim (231), Süddeutschlands wich-
tigster Handels- und Jndustrieplatz. Ihm gegenüber liegt an der linken Rheinseite
Ludwigshafen (93), ebenfalls eine lebhafte Fabrikstadt. Der Rheinhafen von
Mannheim-Ludwigshafen ist der größte Hasen in Süddeutschland und der drittgrößte
in Deutschland. Südlich von Mannheim liegt am Rhein die alte Kaiserstadt
Speyer, nördlich von Mannheim Worms, die Stadt der deutschen Helden-
sage, wo Luther vor Kaiser und Reich stand.
c) Im nördlichen Teil der Rheinebene liegt auf der rechten Rheinseite
an der Bergstraße das kunstgewerblich tätige Darmstadt (93), Hauptstadt des
Großherzogtums Hesseu. In dem beckenartigen Nordende der Oberrheinischen
Tiefebene, wo Rheinstraße und Mainstraße, Hessische Senke und Nahestraße wie
in einem Becken zusammenlaufen, sind zwei wichtige Handelsmittelpunkte ent-
standen. Am Main liegt Frankfurt (460). Es hat das dichteste Eisenbahnnetz im
ganzen Rheingebiet (zähle die Bahnlinien!) und einen dementsprechend^ Welt-
bahnhof, beherrscht den Durchgangsverkehr zwischen Nord- und Süddeutschland
und ist nächst Berlin der größte Geldmarkt des Reiches. An der Mainmündung
liegt die hessische Stadt Mainz (123), wichtig als Stapelplatz der Rheinschiffahrt
und als Festung zum Schutze des Rheinüberganges.
c) Der Ostrand.
1. Der Schwarzwald, a) Er ist kein Kammgebirge wie der Thüringer Wald
oder das Riesengebirge, sondern gleicht einer großen keilförmigen Platte, die zur
7*
94 Länderkunde von Mitteleuropa.
Rheinebene steil abfällt und nach Osten stufenartig absteigt. Die höchste Erhebung
liegt im Süden (Feldberg 1500 m) und erreicht fast die Schneekoppe. Nach Norden
nimmt die Höhe des Gebirges ab. Bei einem Aufstieg aus der Rheinebene durch-
wandern wir zunächst die V o r b e r g e mit ihren rebengeschmückten Gehängen
und freundlichen Obstgärten. Weiter hinauf kommen wir in das Gebiet der Laub-
Wälder mit saftigen Wiesengründen und kräftigen Bergwiesen. Nach und nach
verschwinden die Laubbäume. An ihre Stelle treten ausgedehnte Tannenfor-
st e n, deren düsteres Aussehen dem Gebirge seinen Namen gegeben hat. Reich-
liehe Niederschläge füllen rauschende Gießbäche. Tiefe Schluchten und schroff auf-
steigende Felswände, tosende Wasserfälle und malerische Täler, himmelanstrebende
Höhen und liebliche Bergseen verkünden eindringlich die hohe landschaftliche Schön-
heit des Gebirges. Der keilförmig aufgebaute Schwarzwald ist ein großes Wald-
gebirge von hoher landschaftlicher Schönheit.
d) Unter den Erwerbsquellen ist der unermeßliche Holzreichtum die wichtigste.
Im großen Umfange wird die Holzfällerei betrieben. Die prachtvollen Tannen-
stämme von 6—8 facher Stubenhöhe werden entweder in den zahlreichen Sägewerken
sogleich verarbeitet oder talabwärts befördert, um, zu Holzflößen vereinigt, rhein-
abwärts zu wandern. An den Holzreichtum knüpfen weiter an die ausgedehnte
Uhrenindustrie, die Vs aller Schwarzwaldbewohner nährt, und die Herstellung von
Musikinstrumenten. Die saftigen Bergweiden haben eine lebhafte Viehzucht hervor-
gerufen. Nicht zuletzt ist der Fremdenverkehr eine wertvolle Einnahmequelle.
Uhren- und Musikinstrumentenfabrikation, Viehzucht und Fremdenverkehr kenn-
zeichnen die Erwerbsverhältnisse des Schwarzwaldes.
2. Neckarbergland und Odenwald, a) An den Schwarzwald schließt sich nach
Norden ein niedriges, gut angebautes Bergland, das bis zum Neckar reicht und als
Neckarbergland bezeichnet wird. Es bildet eine Verkehrslücke des Ostrandes,
an der die schon genannte Pfortenstadt Pforzheim liegt. Das Neckarbergland, ein
gut angebautes Hügelland, ist die Verkehrslücke des Ostrandes.
b) Zwischen Neckar und Main breitet sich der Odenwald aus, im Durch-
schnitt noch einmal so hoch als das Neckarbergland. Gegen den Neckar bildet er ein
enges, malerisches Durchbruchstal, während er sich zum Maine hin allmählich senkt.
Am Fuße des Odenwaldes zieht sich die schon genannte reizvolle Bergstraße entlang.
Die Höhen sind mit prächtigen Laubwäldern geschmückt. Der Odenwald ist ein
liebliches Waldgebirge.
d) Der Westrand.
1. Der Wasgenwald. Zwischen Wasgenwald -und Schwarzwald zeigen sich
große Ähnlichkeiten, a) Beide Gebirge haben als Grenzmauern der Rheinebene
gleiche Richtung und fast gleiche Länge, sind in ihren südlichen Teilen am breitesten
und höchsten und steigen in ihren Spitzen zu fast gleicher Höhe empor, b) Beide fallen
zur Rheinebene steil, nach der Gegenseite allmählich ab. c) Hüben wie drüben
finden wir in den sonnigen Vorbergen Weingärten und Obsthaine, weiter hinauf
Laubwälder und saftige Bergwiesen, endlich düstere Tannenforsten, stille Bergseen,
sumpfige Moore, verkrüppeltes Knieholz und kahle Felsen, d) Beide sind reich an
Naturschönheiten und haben deshalb viel Fremdenverkehr, der Schwarzwald indes
" mehr als der Wasgenwald. e) In beiden steht die Waldwirtschaft obenan. Die Vieh-
Die süddeutschen Landschaften und Staaten.
95
zucht ist im Wasgenwald noch bedeutender (Münster Käse). Im Gegensatz zur
Uhrenindustrie des Schwarzwaldes blüht hier die Gewebeindustrie. Wasgenwald
und Schwarzwald sind Zwillingsgebirge.
2. Hardt und Pfälzer Bergland, a) Dem Neckarbergland und zum Teil dem
Odenwald gegenüber liegt die Hardt. Am steilen Ostrand breitet sich eines der
Hauptweingebiete Deutschlands aus. Da-
neben trägt der fruchtbare Boden viel Obst,
Hopfen und Tabak. Mittelpunkt des Wein-
und Obstbaues ist Neustadt a. H. Der
weniger günstig gestellte westliche Teil, ein
einförmiges Hügelland, dient in ausgedehn-
tem Maße dem Kartoffelbau. Die wichtigste
Stadt des ganzen Gebietes ist Kaisers-
l a u t e r n (57) mit lebhafter Gewebeindu-
strie, südlich davon die Schuhwarenstadt
Pirmasens. Die Hardt ist im Osten ein
Weinland, im Westen ein Kartofselland.
b) An die Hardt schließt sich nach Norden
ein unregelmäßig gestaltetes Hügelland, dessen
höchste Erhebung eine altvulkanische (Por-
phyr) Gebirgsmasse ist, die man als Don-
nersberg bezeichnet. Der fruchtbare Ver-
Witterungsboden trägt prächtige Eichen- und
Buchenwälder. Das Pfälzer Bergland ist
ein waldreiches Hügelland mit einer alt-
vulkanischen Gebirgsmasse.
Aufgaben. Zeichne den Rhein von
Basel bis Bingen mit seinen Nebenflüssen!
— Forme die Oberrheinische Tiefebene
nebst ihren Gebirgsrändern! — Vergleiche
a) Schwarzwald und Wasgenwald, b) Straß-
burg und Mainz! — Reise von Berlin nach
Straßburg, von Basel nach Köln! — Erkläre: Grabenversenkung, Läuterungs-
decken, Zwillingsgebirge, Basaltmasse, Höllental, das „goldene Mainz", die „wunderschöne
Stadt"! — Warum hat die Oberrheinische Tiefebene ein so mildes Klima? — Warum
fallen die Randgebirge der Oberrheinischen Tiefebene nach innen steil ab? — Warum liegen
die meisten Städte am Fuße der Randgebirge und nicht am Rhein selbst? — Warum ist
die Oberrheinische Tiefebene einer großen Heerstraße für den Verkehr vergleichbar?
2. Das Lothringer Stufenland.
1. Das Moselgebiet, a) Beschreibe den Lauf der Mosel! Das fast überall von
Felsenufern eingeengte Tal des windungsreichen Flusses verbreitert sich in Lothringen
zu einem muldenartigen Becken, das infolge der geschützten Lage und des fruchtbaren
Bodens reiche Erträge an Obst und Wein bringt. Auf der rechten Moselseite blüht
besonders der Weinbau. Da der tonige Kalkboden schwer zu bearbeiten ist, so braucht
oberrheinische Tiefebene,
benenne a) die Gebirge, b) die Flüsse und
Kanäle, c) die Städte!
96 Länderkunde von Mitteleuropa.
man Viele und starke Pferde. Dieser Umstand hat eine ausgedehnte Pferdezucht
veranlaßt. Auf der linken Moselseite finden sich reiche Eisenerzlager, die % des ge-
samten deutschen Eisens liefern. Das Moselgebiet trägt Wein und Weizen, hat
eine bedeutende Pferdezucht und ist Deutschlands wichtigstes Eisenerzgebiet.
b) Die bedeutendste Stadt des Moselgebietes ist Metz (83), eine uralte Stadt
mit einer wechselvollen Geschichte, die in der Lage des Ortes begründet liegt.
Hier treffen die großen Heerstraßen von Straßburg, Pforzheim, Mannheim, Mainz
und Koblenz zusammen. Daraus erklärt sich die große militärische Bedeutung
des Ortes. Seit jeher eine starke Festung war Metz und Umgebung 1870/71 der
Schauplatz blutiger Kämpfe. Heute umgürtet die Stadt ein Kranz von starken Be-
sestigungen, dazu bestimmt, Lothringen, des Deutschen Reiches Westmark, zu schützen.
Metz hält die Grenzwacht in der deutschen Westmark.
2. Das Saargebiet. An der mittleren Saar befindet sich das drittgrößte Stein-
kohlengebiet Deutschlands. Der Kohlenreichtum hat eine bedeutende Eisenindustrie
hervorgerufen, zu der die benachbarten lothringischen Eisenerzlager den nötigen
Rohstoff liefern. Doch verbraucht die einheimische Industrie nur den kleineren Teil
der gewonnenen Kohlen, die größere Menge wird ausgeführt, besonders nach den
kohlenarmen süddeutschen Gebieten. Die Kohlenschätze des Saargebietes ergänzen
die Eisenerzlager des Moselgebietes aufs beste.
Aufgaben. Z e i ch n e die Mosel mit der Saar! — Stellezusammen a) Festungen
an der Westgrenze, b) Eisenerzlager! — Vergleiche Metz und Straßburg! — Warum
ist Metz so stark befestigt? — Warum ist die Umgebung von Metz so reich an Schlachtorten?
3. Das Schwäbische Stufenland und der Schwäbische Iura,
a) Das Neckargebiet.
1. Der Neckar. Was zeigt die Karte über Ursprung, Lauf und Mündung des
Neckars? Nebenflüsse? Wie die Mosel, so bildet auch der Neckar eine flache Sichel,
die aber kleiner und nach der entgegengesetzten Seite offen ist. Beide Flüsse münden
in den Rhein, die Mosel von Westen, der Neckar im Osten. Der Neckar ist das kleinere
Gegenstück der Mosel.
2. Das Neckartal. Nicht nur der Lauf, sondern auch das Tal des Neckars ent-
spricht dem der Mosel. Beide Täler werden im Oberlaufe schluchtenartig von steilen
Bergwänden eingefaßt, erweitern sich im Mittellauf zu einer fruchtbaren, siedelungs-
reichen Mulde und bilden in ihrem Unterlaufe vielgewundene Durchbruchstäler.
Wie die Moselmulde, so zeichnet sich auch das Neckarbecken durch große Fruchtbar-
keit, ein mildes Klima und reiche Bewässerung aus. Mehr noch als dort wird hier
Wein und Obst angebaut, ferner Hopfen und Getreide, besonders Spelz, der dem
Weizen ähnlich ist, aber noch feineres Mehl gibt. Die rebengeschmückten Talgehänge
und sruchtbeladenen Obsthaine, die goldgelben Getreidefelder und grünen Hopfen-
gärten, die saftigen Talwiesen und prächtig bewaldeten Höhen, die freundlichen
Dörfer und altertümlichen Städte verleihen dem Neckartal hohe landschaftliche
Schönheit. Das landschaftlich schöne Neckartal „hat Wein und Korn".
3. Industrie. Auch in Lothringen fanden wir „Wein und Korn", daneben aber
auch reiche Schätze an Kohlen und Eisen. Das Neckargebiet dagegen ist arm an Boden-
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. 97
schätzen, nur ausgedehnte Salzlager finden sich, die V3 alles deutschen Salzes liefern.
Gleichwohl hat aber das Neckargebiet eine sehr lebhafte Industrie aufzuweisen. Im
Gegensatz zu anderen Industriebezirken, wo-Kohlen und Eisen sozusagen mit einem
Schlage große Fabriken entstehen lassen, ist hier die Industrie aus dem altehrwürdigen
Handwerk allmählich erwachsen. Da es der Landschaft selbst an Bodenschätzen fehlt,
die der Industrie ein bestimmtes Gepräge hätten geben können, so findet sich eine
große Mannigfaltigkeit der Industriezweige. Vorherrschend ist die Metallindustrie,
dann folgen Baumwoll-, Tuch- und Möbelindustrie. Das Neckarland ist außer dem
Salzreichtum arm an Bodenschätzen, hat aber gleichwohl eine bedeutende Industrie
aufzuweisen, die sich aus dem Handwerk entwickelt hat.
4. Städte. Der lohnende Bodenanbau und die rege Industrie ernähren eine
zahlreiche und zumeist wohlhabende Bevölkerung. Die Siedelungen folgen dem
Neckar, wie Perlen an der Schnur. Die größte Stadt ist das schön gelegene
Stuttgart (317), Hauptstadt des Königreichs Württemberg, wichtig als In-
dustriestadt (Maschinen, Baum-
wolle, Möbel) und Mittelpunkt
des süddeutschen Buchhandels,
daher auch das süddeutsche Leip-
zig genannt. Südlich von Stutt-
gart die Metallwarenstadt E ß -
l i n g e n mit der größten
schwäbischen Maschinenfabrik,
die Baumwollen- und Tuch-
fabrikstadt Reutlingen und
die kleine Universitätsstadt Tü-
bingen. Nördlich von Stuttgart
liegt H e i l b r o n n, die indu-
striereichste Stadt des Schwa-
benlandes. Ostlich davon am
Kocher die Salzstadt Hall.
b) Der Schwäbische Jura.
1. Lage. Der Schwäbische
Jura erstreckt sich in einem leicht
gekrümmten Bogen vom Rhein
in nordöstlicher Richtung bis zur
Wörnitz. Seine Fortsetzung bil-
det der nach der entgegengesetzten Seite leicht gekrümmte Fränkische Jura, der
bis zum Main geht. Beide Gebirgszüge bezeichnet man im Gegensatz zum Schweizer
Jura, der südlich des Rheines den Schwäbischen Jura fortsetzt, als deutschen Jura.
Alle Gewässer südöstlich des Juras sammeln sich in der Donau, die nordwestlichen
im Rhein. Der deutsche Jura ist die Wasserscheide zwischen dem deutschen Donau-
und Rheingebiet.
2. Aufbau. Wenn wir uns dem Gebirge von Stuttgart aus nähern, so sehen wir
es als eine steile, oftmals schars vorspringende Felswand emportauchen. Es gibt
Benenne a) die Gebirge, b) die Flüsse, c) die StädteI
98 Länderkunde von Mitteleuropa.
Hohenzollern 8S0 in Dorf Zimmern 550 m
Nach Lehmanns geograph, Charakterbildern, Leipziger Schulbllderverlag von F. (S. Wachsuutth, Leipzig.
Der Schwäbische Jura, ein Tafelgebirge.
Der Hohenzollern, ein aussichtsreicher Kegelberg, ist ein durch das Wasser abgelöstes Stück der Jurakalktafel. Er
trägt die Stammburg der Hohenzollern, des deutschen Kaiserhauses. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
ließ 1850 das sechstürmige Schloß in seiner heutigen Schönheit erbauen.
in Deutschland wohl kaum einen zweiten Steilabhang, der so wie dieser vielfach
mauerartig bis zu dreifacher Domhöhe emporsteigt. Nach der entgegengesetzten
Seite dagegen dacht sich das Gebirge allmählich ab. Der mittlere höchste Teil ist
dieRauheAlp. Der Schwäbische Jura ist eine keilförmige Platte, deren Stirn-
seite nach Nordwesten gerichtet ist.
3. Landschaftsbild. Trotz der regenbringenden Winde, die über die ungeschützte,
rauhe Hochfläche hinwegstreichen, ist die Bodenoberfläche wasserarm, weil der Kalk-
stein, aus dem der Jura'aufgebaut ist, das Wasser begierig aufsaugt und in der Tiese
verschwinden läßt. Infolgedessen bedeckt unfruchtbarer Kalkgrus deu Boden. Doch
hat man durch künstliche Bewässerung vielfach den Boden anbaufähig gemacht. Die
tiefeingeschnittenen, geschützt liegenden, kleinen Täler dagegen, in denen das ein-
gesickerte Regenwasser wieder zum Vorschein kommt, zeichnen sich durch schöne
Obstgärten, saftgrüne Wiesen und landschaftliche Reize aus. Der Jura hat Wasser-
arme unwirtliche Höhen und wasserreiche, wohlangebaute Täler.
4. Kegelberge. An dem mauerartigen Nordwestrande ragt eine Anzahl steiler
Kegelberge empor, die entweder gleichsam wie Schildwachen ganz frei aus der Ebene
aufsteigen oder durch schmale, niedrige Rücken mit dem Gebirge verbunden sind.
Der Hohenzollern im Süden und der Hohenstaufen im Norden sind
zwei solche, zugleich geschichtlich denkwürdige Bergkegel.
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. 99
Aufgaben. Zeichne den Neckar! — F o r m e den Schwäbischen Jura! — R e i s e
von Berlin nach Stuttgart, von Stuttgart nach Metz! — Vergleiche a) Neckarbecken
und Moselbecken, b) Stuttgart und Leipzig!
4. Das Fränkische Stufenland und seine Randgebirge.
a) Die Randgebirge.
1. Der Fränkische Jura gleicht in Ausdehnung und Aufbau dem Schwäbischen
Jura, ist jedoch im Durchschnitt nur halb so hoch, aber reicher gegliedert. Un-
wirtliche Höhen stehen auch hier im Gegensatz zu lieblichen Tälern. Ferner finden
sich im Fränkischen Jura ebenfalls viele unterirdische Kalksteinhöhlen, die durch das
Sickerwasser ausgewaschen worden sind. Die berühmtesten sind die M u g g e n -
dorfer und Gailenreuther Höhle. Im Altmühltal gewinnt man vor-
zügliche Schiefersteine, die zu Steindruckplatten, Fliesen, Fußböden, Schwellen und
Tischplatten verarbeitet werden. Mittelpunkt der Schieferindustrie ist Solnhofen.
Der Fränkische Jura ist die Fortsetzung des Schwöbischen Juras; er hat vielbesuchte
Höhlen und wertvolle Schiefersteinbrüche.
2. Das Fichtelgebirge ist eine hufeisenartig nach Nordosten geöffnete Ge-
birgsmafse, dessen höchste Erhebungen (nenne sie!) über die 1000 m-Linie hinaus--
ragen. Von ihm gehen kreuzartig nach den Nebenhimmelsgegenden vier Gebirgs-
züge aus (nenne sie!), die aber nicht mit ihm zusammenhängen, sondern durch Hoch-
flächen von ihm getrennt sind. Nach den Haupthimmelsgegenden entströmen ihm
vier Flüsse. Nenne sie! Die wichtigste Erwerbsquelle ist der Wald, zumal der Anbau
infolge des rauhen Klimas wenig ergiebig ist. Daneben liefert das Gebirge wert-
volle Bausteine (Granit, Marmor). In letzter Zeit ist die Porzellanindustrie auf-
geblüht. Am Nordfuße des Gebirges liegt die aufblühende Industriestadt
(Weberei) Hof, Schnittpunkt zweier wichtiger Eisenbahnlinien (nenne sie!).
Das hufeisenförmige waldreiche Fichtelgebirge ist ein Gebirgs- und Flußmittel-
Punkt.
3. Der Spessart, im Mainviereck gelegen, ist vorwiegend ein Buntsandstein-
gebirge, das zum Main steil abfällt. Wildreiche Waldungen aus herrlichen Eichen
und Buchen dehnen sich fast über das ganze Gebirge aus. An den Wald knüpft
auch das Erwerbsleben der Bewohner an. Sie fällen und Verstößen die Holzstämme,
die mainabwärts nach Mainz und weiterhin nach dem holzarmen Holland gehen.
Ein großer Teil des Holzes wird auch im Gebirge selbst verarbeitet. Es werden Faß-
dauben, Fleischmulden, Backtröge, Leitern, Treppen usw. angefertigt und zumeist
durch Hausierhandel vertrieben. Daneben liefert der Sandstein des Gebirges ein
gutes Baumaterial. Der Spessart ist ein wild- und waldreiches Bunts and stein-
gebirge.
b) Das Stufenland.
1. Das Maingebiet, a) Beschreibe den Lauf des Mains! Er ist der wasserreichste
Nebenfluß des Rheins und weist unter allen größeren deutschen Flußläufen die
zahlreichsten Krümmungen auf. Wie Mosel und Neckar durchschneidet er nämlich die
Landschaft bald in breiten Becken, bald in engen Tälern, die manchmal um Domhöhe
(100 in) niedriger liegen als das angrenzende Tafelland. Infolge der geschützten
yt|it vviuncnutiu V'H'11-5' - • v/ m
yiuiuiiuje» -iujeuunu
Fränkische Landschaft. Das Maintal bei Würzburg (175m).
Das gesegnete Maintal ist wie das Neckartal etwa 100 m tief in eine Tafelfläche eingesenkt und daher gegen rauhe Winde trefflich geschützt. Bei Würzburg erweitert sich
das Tal zu einem schönen, fruchtreichen Becken und gewährt so Raum für die alte, türmereiche Stadt, ehedem die Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums Würzburg,
das sich sast über ganz Unterfranken ausdehnte. Der Main drängt sich hart an den linken Hochrand heran, an dessen Gehängen der köstliche Leistenwein wächst. Am
gegenüberliegenden (östlichen) Steilufer, am Stein, reift der noch berühmtere Steinwein. Wo jetzt die Feste Marienberg thront, erbaute der Glaubensbote Kilian, „der
Winzer Schutzherr", die älteste Kirche in Franken. „Reben, Meßgeläut und Main" rühmte man von der alten geistlichen Stadt. Heute ist Würzburg ein Mittelpunkt der
Wissenschaft, des Weinhandels und des Gewerbes.
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. 101
Lage sind auch hier, wie im Mosel- und Neckartal die sonnbeschienenen Gehänge
mit Wein- und Obstgärten bedeckt. Der reiche Anbau, der wechselvolle Mainlauf,
die steilen Gehänge mit ihren zahlreichen Burgruinen und die malerischen Fels-
bildungen verleihen dem Maintal einen hohen landschaftlichen Reiz. Das Maintal
gehört zu den fruchtbarsten und freundlichsten Gegenden Deutschlands.
b) Der Main ist eine wichtige Ver-
kehrss^aße, welche die Mitte Deutschlands
mit dem Westen verbindet. Sein nord-
deutsches Gegenstück soll der Mittelland-
kanal werden. Die vielen Windungen ver-
längern zwar den Weg, verringern aber
das Gefälle, auch sind sie wie bei der
Mosel für den Nahverkehr von großer Be- Das Maingebiet,
deutung und vermitteln zugleich zwischen Benenne a) ^Gebirgszuge, b) die Flusse,
dem Norden und Süden. Der Main wirkt
also nicht trennend, sondern verbindend. Mainstädte sind die Wagnerstadt B a y -
r e u t h, die Bierstadt K u l m b a ch, die Farbenstadt S ch w e i n s u r t, die
Wein- und Universitätsstadt Würzburg (88) und die Holz- und Papierstadt
Aschaffenburg. Das verkehrswichtige Maintal ist gut besiedelt.
2. Das Regnitzgebiet, a) Es bildet ein zwischen Frankenjura, Frankenhöhe
und Steigerwald eingesenktes, einförmiges Becken mit ausgedehnten Sandflächen,
die große Kiefernwaldungen tragen. In den Bodensenken und Flußtälern dagegen,
wo der Sand etwas mit tonigen Bestandteilen vermischt ist, finden sich große Hopfen-
gärten. Der Hopfenbau begünstigte die Entfaltung der weltberühmten bayerischen
Bierbrauerei. Der nördliche Teil des Beckens, die Gegend um Bamberg
(49), heißt der Bamberger Kessel. Sein mit großem Fleiße bearbeiteter, ursprünglich
wenig fruchtbarer Boden dient vorzugsweise dem Gemüsebau. Das Regnitzgebiet
ist Bayerns Hopfen- und Gemüsegarten.
b) Inmitten der Streusandbüchse des Regnitzbeckens erwuchs Nürnberg (367) zu
der zweitgrößten Stadt Bayerns; es ist zugleich eine der größten Städte Deutsch-
lands. Die Ursache dieser Entwicklung ist in der günstigen Verkehrslage zu suchen.
Das Regnitztal stellt eine natürliche Verbindung zwischen dem Norden und Süden
Deutschlands her, durch die schon frühzeitig ein lebhafter Handelsverkehr flutete.
Im Mittelalter war Nürnberg die gewerbtätigste Stadt Deutschlands, und ihr
Handel wurde nur von Augsburg und Lübeck übertroffen. Hervorragende mittel-
alterliche Bauwerke legen Zeugnis ab von der Blütezeit der Dürerstadt. Auch
heute noch ist sie eine der bedeutendsten Fabrikstädte Deutschlands, namentlich für
Maschinen, Spielwaren und Bleistifte. Fürth (73), in nächster Nähe gelegen,
ist im Gegensatz zu dem altehrwürdigen Nürnberg eine moderne Fabrikstadt mit
bedeutender Spiegelglasindustrie. Nördlich von Nürnberg die Bier- und Universitäts-
stadt Erlangen.
Aufgaben. Miß und vergleiche die Längen des Schwäbischen und Fränkischen
Jura! — Zeichne den Main! — Forme den Durchschnitt einer Kalksteinhöhle! —
Vergleiche a) Schwäbischer und Fränkischer Jura, d) Franken und Thüringen! —
Reise von Nürnberg nach Königsberg! — Warumist der Main so reich an Windungen?
— Warum sind Kalksteingebirge höhlenreich?
" 102 Länderkunde von Mitteleuropa.
5. Der Böhmerwald und das Naabgebiet.
1. Der Böhmerwald, a) Er bildet die Grenze zwischen Bayern und Böhmen.
Seine höchsten Spitzen (nenne sie!) kommen denen des Wasgenwaldes und Schwarz-
Waldes ungefähr gleich. Er ist ein sehr altes Gebirge, an dem Verwitterung und Ab-
tragung schon weit vorgeschritten sind, gleichsam eine Gebirgsruine, von der nur
noch das Fundament vorhanden ist. Deshalb fehlen auch steilwandige Abhänge,
schwindelerregende Schluchten, schroffe Felsspitzen und tosende Wildbäche. Die
fruchtbare Verwitterungskrume und die großen Regenmassen, welche die sich hier
stauenden, von Westen kommenden Wolken mitbringen, haben einen sehr üppigen
Waldwuchs hervorgerufen. Kein anderes Gebirge hat ebenso mächtige urwaldähn-
liche Gebiete aufzuweisen. Da die Abdachung vielfach nur gering ist, so haben sich
in den muldenförmigen Einsenkungen Moore und auch kleine Seen gebildet.
Kuppenartige, verflachte Höhen mit Blockmeeren und Schutthängen kennzeichnen
die Natur des greisenhaften Böhmerwaldes.
b) Das rauhe Klima und die unwegsamen, ausgedehnten Wald- und Moor-
gebiete machen den Böhmerwald zu dem am wenigsten angebauten Gebirge Deutsch-
lands. Dagegen hat der Waldreichtum eine bedeutende Holzindustrie hervor-
gerufen. Parkettplatten, Resonanzböden, Möbel aller Art, Zündhölzer, Bilder-
rahmen und andere Gegenstände werden hergestellt. An Bodenschätzen finden sich
guter Quarzsand, Graphit und Tonerde vor, die industriell ausgenutzt werden.
Der Böhmerwald ist das am wenigsten angebaute, aber an Holzschätzen reichste
Gebirge Deutschlands.
2. Das Naabgebiet oder die Oberpsalz ist das von der Naab durchflossene
dreieckige Gebiet zwischen Donau, Frankenjura, Fichtelgebirge und Böhmerwald.
Der Schotterboden ist wenig fruchtbar. Das kühle, niederschlagreiche Klima ermög-
licht Kartoffel-, Roggen- und Wiesenwuchs und Viehzucht. Wichtig ist auch hier wie
im Böhmerwald die Ausnutzung des Holzreichtums. Daneben werden im Böhmer-
wald Granitsteine gebrochen und im Jura Eisenerze gewonnen und verarbeitet.
A m b e r g hat einen Hochofen und eine Gewehrfabrik. Die wenig fruchtbare
Oberpfalz, das Gebiet der Naab, hat örtliche Industrie.
Aufgaben. Zeichne die Naab! — Forme das Fichtelgebirge nebst den
Gebirgen, mit denen es zusammen ein Gebirgskreuz bildet! — Vergleiche Böhmer-
wald und Thüringerwald! — Warum kann man den Böhmerwald als Gebirgsruine
bezeichnen?
6. Das Alpenvorland und die deutschen Alpen,
a) Das Donauland.
1. Die Donau. Beschreibe Ursprung und Lauf der deutschen Donau! Bis Re-
gensburg ist das Donauland des rechten Ufers reich an Sumpf und Moor. Die
größten Moorgebiete sind das Donaumoos und Donauried. Durch Ent-
Wässerung hat man ausgedehnte Flächen urbar gemacht und ertragreiche Äcker und
saftige Wiesen gewonnen. Von Regensburg bis Passau durchfließt die Donau den
gesegneten Donaugau, Bayerns Kornkammer und Hopfengarten. Auf der linken
Seite treten die Ausläufer des B a y e r i s ch e n W a l d e s an den Strom heran.
Die süddeutschen Landschaften und Staaten.
103
Ihre geschützten Südabhänge tragen Obstgärten. Das Donautal hat eine teils
sumpfig-moorige, teils sehr fruchtbare Uferlandschaft.
2. Verkehrsbedeutung, Siedelungen. Von jeher war das Donautal eine be-
deutsame Verkehrsstraße zwischen dem Osten und Westen Europas. Heute führt
eine wichtige Eisenbahnlinie an der Donau entlang. Das rege Verkehrsleben hat
eine ganze Reihe von Donaustädten entstehen lassen. Auf der Grenze zwischen
Württemberg und Bayern liegt die württembergische Stadt U l m (60), Eisenbahn-
knoten und befestigte Hüterin der Donaustraße mit dem höchsten Dom (161 in)
der Welt. Weiter stromabwärts Ingolstadt, die bayerische Donaufestung.
Am nördlichsten Punkt der Donau liegt die Handelsstadt Regensburg (56),
schon im Mittelalter die bedeutendste deutsche Donaustadt. In der Nähe die
Walhalla, der Ruhmestempel deutscher Helden. Im Donaugau liegen Straubing
und P a s s a u. ^ ^ Alpenvorland.
1. Natur. Südlich von der Donau steigt der Boden wie eine gewaltige Rampe zu
den Alpen an, und zwar bis zu einer Höhe von 600—700 m. In Deutschland wird
diese Höhe von keiner anderen Ebene erreicht. Man bezeichnet sie auch als Ober-
deutsche Hochebene. Sie
bildet streckenweise eine
wirkliche Ebene, ist aber
zumeist Hügelland. Das
L e ch f e l d südlich von
Augsburg und die Um-
gebung von München sind
weithin eben wie eine
Tafel. Am Fuße der
Alpen zieht sich zunächst
ein Kranz kleinerer und
größerer Seen hin. Nenne
die wichtigsten! An den
Seengürtel schließt sich
nach Norden 'zu ein Ge-
biet ausgedehnter Moore,
die man östlich des Lechs
als Moos, westlich als
Ried bezeichnet. Nenne
die größten Moore! Im Moorgürtel gibt es auch stundenweite, heideähnliche Flächen,
wie das schon genannte Lechseld. Durch eifrige Bodenverbesserung ist das ehedem
gänzlich unfruchtbare Lechfeld zum größten Teil in Ackerland verwandelt worden.
Ferner sind für das Landschaftsbild des Alpenvorlandes kennzeichnend zahlreiche
Findlingsblöcke. Sie verraten uns, daß auch hier einst der Boden, wie im Nord-
deutschen Tieflande, mit Gletschereis bedeckt gewesen. Seen uud Moore sind die
Reste ehemaliger Gletschergewässer. Die Natur des Alpenvorlandes wird gekenn-
zeichnet durch Seen und Moore, Heideflächen und Findlinge.
2. Flüsse. Was zeigt die Karte über die Flüsse des Alpenvorlandes? Infolge
der Nähe des Hochgebirges ist das Gebiet reich bewässert (vgl. Sudetenabfluß!).
A l p e n v u 11 a u u.
Benenne a) die Gebirge, b) .bie Flüsse, c) die Seen, d) die Städte I
Benediktenwand 1800 m
Kesselbergpaß 840 m
Zugspitze 2960 m
Südbayerische Seenlandschaft. Der Starnberger See (584 m). Größte Tiefe 123 m, Länge 20 km.
Auf dem Wege von München zum Wettersteingebirge führt der Schienenweg am Starnberger See vorüber, dem lieblichsten und belebtesten der Seen im bayerischen
Alpenvorlands. Seine grüne Spiegelfläche umrahmen von den Gletschern der Eiszeit aufgeworfene Hügel (Moränen), bedeckt mit freundlichen Parkanlagen und schattigen
Wäldern, mit Villen und Dörfern, Sommerfrischen, Kirchen und Schlössern. Den See beleben prächtige Salondampfer, Ruder» und Segelboote und Fischerkähne.
Großartig ist das Alpenpanorama, das den See im Süden abschließt. Südlich von den Moränenhügeln des Seeufers erheben sich in schönem Stufenbau zunächst die
waldbedeckten, dunklen Vorberge der Alpen und hinter diesen die Riesen der Kalkalpen, das Karwendel« und das Wettersteingebirge.
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. 105
Nenne die wichtigsten Flüsse! Da sie ein zu starkes Gefälle haben, sind sie als Ver-
kehrsstraßen nicht geeignet. Nur der Inn ist schiffbar. Zur Zeit des Hochwassers
überschwemmen sie den Talboden und lagern unfruchtbare Schutt- und Geröllmassen
ab. Infolgedessen sind die Userlandschaften wenig für den Anbau geeignet. Auch
die Flußübergänge werden dadurch erschwert. So wirken die Flüsse hier trennend;
die Jller scheidet Württemberg und Bayern, der Lech den Stamm der Schwaben
und der Bayern, der Inn mit Salzach Bayern und Österreich. Das Alpenvorland
hat große und viele Flüsse, die aber für Schiffahrt und Uferanbau wenig geeignet
sind und natürliche Scheidegrenzen bilden.
3. Klima, Wirtschaftsleben. Infolge der Höhenlage und der Nähe der Alpen,
die den warmen Südwinden den Weg versperren, ist das Klima rauh und regnerisch
und dem Bodenanbau nicht besonders günstig. Dem Graswuchs sind die reichen
Niederschläge dagegen sehr förderlich. Deshalb tritt auch die Viehzucht in den Vor-
dergrund, während der Getreidebau auf der Hochfläche geringer ist. An die Moore
knüpft die Torfgräberei an, und in den südlichen Gebieten ist die Waldwirtschaft
eine wichtige Erwerbsquelle. Die großen Bauerngüter, wie sie sich vielfach in Ost-
elbien finden, sind aber selten. Das Alpenvorland ist ein Gebiet der Land-
und Forstwirtschaft.
4. Städte. Die Zweidrittelmillionenstadt München (666) an der Isar, Bayerns
Hauptstadt, ist ebenso wie Nürnberg und Berlin in einer unfruchtbaren Um-
gebung erwachsen. Die Ursache dieser ungewöhnlichen Entwicklung war auch hier
die Verkehrslage. München ist der Ausgangspunkt des gesamten Verkehrs über
die Mittelalpen nach Italien hin und der Sammelpunkt der Alpenwanderer.
Hinzu kommt, daß die bedeutungsvolle Nordsüdlinie Berlin—Rom hier geschnitten
wird von der Westostlinie Paris—Konstantinopel. München ist infolgedessen einer
der wichtigsten Knotenpunkte des Weltverkehrs. Daneben ist München auch eine
hervorragende Kunststadt mit weltberühmten Sammlungen und prächtigen Bauten.
Endlich ist es nicht minder hervorragend durch seine Großbrauereien. — Ehedem
war Augsburg (156) am Lech der Schlüssel für den Alpenverkehr. Seit Eröffnung
der Brennerbahn ist es aber von München überflügelt worden. Gleichwohl zählt es
heute noch zu unseren wichtigsten Jndustrieplätzen für Baumwoll- und Wollwaren.
c) Die deutschen Alpen.
1. Ausdehnung, Gliederung. Die deutschen Alpen bilden den Nordsaum der
Alpen, der sich vom Rhein und Bodensee bis zur Salzach erstreckt. Die natürliche
Grenze gegen die schnee- und eisbedeckten Zentralalpen bilden die ostwestlichen
Längstäler des Inns und der Salzach. Durch die Quertäler von Lech und Inn werden
die deutschen Alpen in drei Teile gegliedert. Diese sind die A l l g ä u e r, die B a y e -
r i s ch e u und die Berchtesgadener Alpen.
2. Natur. Wie die Höhenzahlen der Karte zeigen, stehen die deutschen Alpen
den Österreichischen und Schweizer Alpen an Höhe nach. Doch steigen sie in der
Zugspitze (rund 3000 in), dem höchsten Berge Deutschlands, beinahe zur doppelten
Höhe der Schneekoppe, dem zweithöchsten Berge Deutschlands, empor. Da die
Schneegrenze hier 2700 in hochliegt, so fehlen ausgedehnte Firnfelder und Gletscher.
Vorherrschend ist das Kalkgestein. Daraus erklärt sich teilweise die wilde Zerklüftung
der deutschen Alpen. Schroffe Felswände und schaurige Schluchten mit tosenden
Eibsee 9:9 m
Zugspitze 2960 m
Ostabfall
Wetter st eingebirge mit Zugspitze und Eibsee.
Aus der langen, blauen Alpenkette, die der Wanderer schon von München aus schaut, tritt das Wettersteingebirge mit der Zugspitze, der Hochwarte des Deutschen Reiches,
mächtig hervor, leicht erkenntlich an ihrem steilen Ostabfall gegen den Fernpaß. Den Fuß ver Gebirgskette umgürten dunkelgrüne Fichtenwälder, die Heimstätte des stolzen
Hirsches und des scheuen Rehs. Darüber türmen sich die kahlen, in der Morgensonne silbern glänzenden Kalkschroffen mehr als tausend Meter hoch auf mit ihren Klüften und
Schrunden, ihrem Zackengrat und ihren weithinschauenden Zinnen. Diese kahlen Wände und Grate sind ein Werk der Verwitterung, des abspülenden Regens und der
Schneeschmelze. Die Region der Matten fehlt hier bei der Schroffheit des Gebirges gänzlich. Dieses großartige Gebirgsbild spiegelt sich im grünen Eibsee wieder.
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. ^ 107
Bergwässern, jäh aufsteigende Bergspitzen, schmale Grate und scharfkantige Zinnen
kennzeichnen den überaus formenreichen Aufbau. Daneben finden sich aber auch
grüne Matten, prächtige Wälder und freundliche Täler. Auf diesem Gegensatz zwi-
scheu formenreichen Felsbildungen und lieblichen Talsenken beruht die hohe landschaft-
liche Schönheit der deutschen Alpen, die darum auch mit zu den besuchtesten Gebieten
des ganzen Gebirges gehören. Seine Glanzpunkte sind die schon genannte Zug-
spitze mit dem malerisch in 1000 m Höhe gelegenen Eibsee und der Watz -
mann (2714m) mit dem Königssee, der in der Tat der König unter den
deutschen Alpenseen ist. Die deutschen Alpen sind ein aus Kalkstein ausgebautes,
naturschönes und vielbesuchtes Hochgebirge.
3. Erwerbsquellen. Sie knüpfen in erster Linie an den Waldreichtum an. Die
Abholzung und Beförderung der Baumstämme, ihre Verarbeitung in Sägewerken,
die Holzschnitzerei (Oberammergau) und die Geigenverfertigung (Mittenwald) find
wichtige Erwerbsquellen. In den mattenreichen Allgäuer Alpen ist der Hauptsitz
der bayerischen Rinderzucht, der Milchwirtschaft und Käsebereitung. Hauptaus-
fuhrort für -Käse ist K e m p t e n. Nicht zuletzt ist der stetig zunehmende Fremden-
verkehr eine sehr einträgliche Erwerbsquelle. Wald- und Viehwirtschaft sowie
Fremdenverkehr sind in den deutschen Alpen die wichtigsten Erwerbsquellen.
Ausgaben. Zeichne die Donau von der Quelle bis Passau! — Forme das
Alpenvorland! — Reise von Berlin nach München, von München nach Straßburg!
— Vergleiche a) Alpenvorland und Norddeutsches Tiefland, b) das Riesengebirge
und die deutschen Alpen! — Erkläre: Ried, Moos, Alpenschutt, Findlinge, Alpenauge,
Stammesgrenze! — Warum ist die Donau bis Regensburg auf der rechten Seite und
von da bis Passau auf der linken Seite so wenig besiedelt? — Warum sind die deutschen
Alpen so zerklüftet?— Warum reisen im Sommer so viele Leute nach Oberbayern? —
Warum ist Augsburg von München überholt worden? —Woraus erklärt sich das dunkel-
trübe Wasser der rechten Donaunebenflüsse?
II. Jie süddeutschen Staaten.
1. Das Königreich Bayern.
1. Lage, Größe. Bayern nimmt die größere Osthälfte von ganz Süddeutsch-
land ein und erstreckt sich von den Alpen bis zu den deutschen Mittelgebirgen. Ferner
gehört zu Bayern die links des Rheines sich ausbreitende Rheinpfalz. Insgesamt
umfaßt Bayern x/7 des Deutschen Reiches. Gib nach der Karte die politischen Gren-
zen a) des Hauptlandes, b) der Rheinpfalz an. Bayern ist der zweitgrößte deutsche
Bundesstaat und die Vormacht Süddeutschlands.
2. Naturverhältnisse, a) Infolge seiner Größe bildet Bayern kein einheit-
liches Landschaftsgebiet, sondern umfaßt sehr verschiedenartige Naturgebiete. Wir
finden vertreten: Hochgebirge, Hochebene, Stufenland, Mittelgebirge, Bergland,
Tiefebene, Schwemmland. Weise das an der Hand der Karte nach! Bayern um-
saßt die verschiedenartigsten Naturgebiete.
b) Was zeigt die Karte über die Bewässerung? Der Hauptfluß ist die Donau.
Nenne die wichtigsten Nebenflüsse der Donau! Ferner hat das Rheingebiet Anteil
an der Entwässerung Bayerns. Inwiefern? Bayern ist auch reich an Seen. Sie
Fischer-Geistbeck.Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I. Teil 8
108
Länderkunde von Mitteleuropa.
liegen im Alpenvorlande und bilden eine Kette vom Bodensee bis zum Königssee.
Nenne die wichtigsten Seen! Bayern ist gut, teilweise überreich bewässert.
3. Wirtschaftsleben. Nahezu 2/3 des Bodens dienen der Landwirtschaft; sie
beschäftigt fast die Hälfte aller Bewohner. Infolgedessen ist auch die Bevölkerungs-
zahl nicht sehr groß. Bayern hat nicht ganz so viel Einwohner wie die nicht halb so
große Rheinprovinz. Die Besiedelungsdichte (91) beträgt nur 3/4 des deutschen
Durchschnitts (120 auf 1 qkm). Überwiegend wird Getreide angebaut.
Wichtig ist besonders der Hopfenbau. Bayern ist das e r st e H o p s e n l a n d
in Deutschland und Europa. Auch in der Rinderzucht st eh t
es in Deutschland mit an er st er Stelle. Neben der Landwirtschaft
hat die F o r st w i r tsch a s t, der V3 der Bodenfläche gewidmet ist, große Beden-
tung. Der Bergbau ist nicht erheblich, infolgedessen sind auch wenige große In-
dustriebezirke entstanden. Wohl aber hat Bayern wichtige Einzelplätze der
Industrie aufzuweisen. Weltruf besitzt die B r a u i n d u st r i e. Infolge
seiner Lage hat Bayern einen bedeutenden Durchgangs- und Fremdenverkehr.
Bayerns Wirtschaftsleben wird gekennzeichnet durch ein Überwiegen der Land-
Wirtschaft, eine bedeutende Forstwirtschaft, örtliche Industrie, ein weltbekanntes
Braugewerbe, einen wichtigen Durchgangs- und Fremdenverkehr.
4. Politische Gliederung, Ortskunde. Für die Zwecke der Verwaltung ist
Bayern in 8 Regierungsbezirke oder Kreise eingeteilt.
a) Oberbayern umfaßt den größten Teil der deutschen Alpen und des
Alpenvorlandes. München (666) an der Isar, I n g o l st a d t am Donauübergang,
Berchtesgaden, Oberammergau und Partenkirchen in den Alpen.
d) Schwaben liegt westlich vom Lech und reicht vom Bodensee bis zur Donau.
Augsburg (156) am Lech, Kempten an der Itter, Lindau im'Bodensee.
c) Niederbayern umfaßt den Donaugau und große Teile des Böhmer-
und Bayerwaldes. L a n d s h n t an der Isar, Straubing und P a s s a n an
der Donau.
d) Oberpsalz. Sie fällt in das Flußgebiet der Naab. Regensburg
(52) an der Donau, Imberg am Jurafuß.
e) Mittelfranken nimmt das Gebiet der Regnitz ein. Nürnberg (367)
an der Pegnitz, westlich davon Fürth (73), Erlangen an der Regnitz, S o l n -
Hofen an der Altmühl.
k) Oberfranken nimmt die Nordostecke Bayerns ein und reicht von der
Regnitz bis zur oberen Saale. Bamberg (50) in der Nähe der Regnitzmündung,
Bayreuth am roten Main, Knlmbach am weißen Main.
g) Unterfranken ist das Gebiet des mittleren Mains, Würzburg
(88) am Main, S ch w e i n s u r t und Aschaffenburg ebenfalls am Main.
h) Rheinpfalz. Sie liegt westlich vom Rhein und fällt in das Gebiet der
Hardt und der Oberrheinischen Tiefebene. Ludwigshafen (93) und Speyer
am Rhein. Kaiserslautern (57) und Pirmasens in der Hardt.
2. Das Königreich Württemberg.
1. Naturverhältnisse. Württemberg, der drittgrößte deutsche Staat (so groß wie
Westfalen) fällt in das Gebiet des Neckars, weshalb man es auch als Neckarkönig-
Die süddeutschen Landschaften und Staaten. 109
reich bezeichnet. Ferner gehört zu ihm der Schwäbische Jura und die Ostabdachung
des Schwarzwaldes. Endlich hat es mit seinem Bodenseegebiet Anteil am Alpenvor-
lande. Zum Neckarkönigreich gehört das Gebiet des Neckars und seine Rand-
gebirge, sowie ein Teil des Alpenvorlandes.
2. Wirtschaftsleben. Wie in Bayern, so dient auch hier fast 2IZ des Bodens
der Landwirtschaft, und sie beschäftigt ebenfalls nahezu die Hälfte aller Bewohner.
Angebaut werden besonders Spelz und Hafer. Der Spelz kennzeichnet die Eigen-
art des Württemberger Getreidebaues. Auch Wein und Obst liefern reiche Erträge.
Daneben blüht die Viehzucht. Trotzdem die Landwirtschaft vorherrscht, ist die Be-
siedelung (125 auf 1 qkm) doch dichter als in Bayern und übersteigt sogar den deutschen
Durchschnitt. Die Ursache liegt darin, daß in Württemberg im Gegensatz zu den
bayerischen Großbetrieben der Kleinbesitz vorherrscht, der eine gartenartige Ausnutzung
des Bodens ermöglicht. Auch die vielseitige, wenn auch nur örtliche Industrie, die
aus dem Handwerk hervorgegangen ist, hat zur dichten Besiedelung beigetragen.
Als Salzland kommt Württemberg gleich hinter der Provinz Sachsen. Württem-
berg ist ein gut besiedelter Landwirtschaftsstaat mit mannigfacher örtlicher In-
dustrie und bedeutenden Salzschätzen.
3. Ortskunde. Die Hauptstadt ist Stuttgart (317) am Neckar, südlich davon
Eßlingen, Tübingen, Reutlingen, nördlich Ludwigsburg,
Marbach und H e i l b r o n n. Ostlich von Heilbronn H a l l am Kocher. Am
Bodensee F r i e d r i ch s h a s e n. An der Donau U l m (60).
3. Das Großherzogtum Baden.
1. Naturverhältnisse. Baden, so groß wie das Königreich Sachsen, liegt im
Knie des Oberrheins. Es umfaßt die rechtsseitige Oberrheinische Tiefebene von
Basel bis Mannheim und greift von ihr im Nordosten über den Odenwald hinüber
ins Mainland, in der Mitte ins Neckarland und im Südosten über den Schwarzwald
zur Donau und über den Jura zum Bodensee. Baden ist in der Hauptsache das Ge-
biet der rechtsseitigen Rheinebene und ihrer östlichen Grenzumwallung.
2. Wirtschaftsleben. Der fruchtbare Tieflandboden der Rheinebene hat einen
hochentwickelten Anbau hervorgerufen, dessen Erzeugnisse vornehmlich Getreide,
Obst und Wein sind. Infolge der waldreichen Gebirgsumwallung ist ferner die
Forstwirtschaft von großer Bedeutung. Obwohl Kohlen und Eisen fehlen, hat sich
auch hier wie in Württemberg eine vielseitige Industrie entwickelt, die namentlich
mit der Ausnutzung der Wasserkräfte verknüpft ist. Von hervorragender Wichtigkeit
ist die Verkehrslage, durch die Baden zur süddeutschen Handelsvormacht geworden
ist. Die günstigen Wirtschaftsverhältnisse haben eine dichte Besiedelung hervor-
gerusen (142 auf 1 qkm), die den deutschen Durchschnitt weit übersteigt. Das dicht
besiedelte Baden hat einen hochentwickelten Bodenanbau, eine bedeutende Wald-
Wirtschaft, eine lebhafte Industrie und ist die süddeutsche Handelsvormacht.
3. Ortskunde. Die Hauptstadt ist Karlsruhe (147), östlich davon P s o r z -
heim (83), südlich Baden-Baden. Am Neckar liegt Heidelberg (62),
an der Neckarmündung Mannheim (231). Im Süden F r e i b u r g (91), am Boden-
see Konstanz.
8*
110 Länderkunde von Mitteleuropa.
4. Das Grohherzogtum Hessen.
1. Lage, Naturgebiete. Hessen, halb so groß wie Baden, setzt sich aus zwei
gleich großen Teilen zusammen, die durch einen schmalen Mainstreifen getrennt
sind. Der nördliche Teil oder Oberhessen sällt in das Gebiet des Vogelberges,
während Südhessen Anteil hat an der Oberrheinischen Tiefebene und dem
Odenwald. Hessen hat infolge seiner Lage Anteil an süd- und mitteldeutschen
Landschaften.
2. Wirtschaftsleben. Südhessen ist infolge seiner Lage in der Oberrheinischen
Tiesebene ein hervorragendes Anbaugebiet, das neben Getreide namentlich Obst
und Wein erzeugt. Die Bergstraße fällt fast ganz in sein Gebiet. Es nimmt auch
regen Anteil an dem Durchgangshandel der Ebene. Der östliche Teil Südhessens ist
der waldreiche Odenwald. Auch der Vogelsberg ist reich an Wald, daneben an Wiesen,
die der Viehzucht dienen. Europäischen Ruf hat Hessens Leder- und chemische In-
dustrie. Die Besiedelungsdichte (167 auf 1 qkm) ist noch größer als in Baden.
Hessen ist ein Wein-, Obst- und Waldland; es hat Industriezweige von europiii-
schem Ruf und einen lebhasten Handelsverkehr.
3. Ortskunde. Die Hauptstadt ist Darmstadt (91), im Mittelpunkt Südhessens
an der Bergstraße gelegen. Am Main O s f e n b a ch (85), am Rhein Mainz (123),
Bingen und Worms. In Oberhessen an der Lahn Gießen.
5. Elsaß-Lothringen.
1. Naturverhältnisse. Elsaß-Lothringen, fast so groß wie Baden, bildet die
äußerste Südwestecke des Deutschen Reiches. Das Elsaß umfaßt die linksseitige
Rheinebene bis zur Lauter und den ihr zugewandten Anstieg des Wasgenwaldes.
Lothringen liegt an der Westabdachung des Wasgenwaldes im Gebiet der Saar und
Mosel. Elsaß-Lothringen hat Anteil an der Oberrheinischen Tiesebene, am
Wasgenwald und am Lothringer Stufenland.
2. Wirtschaftsleben. Die Bodenfruchtbarkeit der Rheinebene und des Mosel-
beckens im Verein mit dem milden Klima haben Elsaß-Lothringen zu einem hervor-
ragenden Weizen-, Obst- und Weinland gemacht. Als Weinland nimmt Elsaß-Loth-
ringen unter allen deutschen Staaten die erste Stelle ein. In Lothringen wird mehr
als die Hälfte alles deutschen Eisens gewonnen, dazu hat es auch Anteil an dem
Kohlenlager der Saar. Infolgedessen ist auch die Industrie hervorragend. Elsaß-
Lothringen ist der süddeutsche Industriestaat. Gleichwohl übersteigt die Besiede-
lungsdichte (129 auf 1 qkm) den deutschen Durchschnitt nur wenig, weil der ausge-
dehnte Wasgenwald in das Gebiet fällt. Als Durchgangsgebiet für den Verkehr
nach Frankreich und der Schweiz hat das Reichsland auch einen lebhaften Handel.
Elsaß-Lothringen ist Deutschlands erstes Weinland; es liefert über die Hälfte
alles deutschen Eisens, ist der süddeutsche Industriestaat und hat einen sehr leb-
haften Handelsverkehr.
3. Ortskunde. Die Hauptstadt ist Straßburg (192) an der Jll, südlich davon
Kolmar und Mülhausen (108). In Lothringen Metz (83) an der Mosel,
nördlich davon DiedenHofen.
Deutschlands südliche Nachbargebiete. III
D. Deutschlands südliche Nachbargebiete.
1. Die Alpen.
1. Ausdehnung, Höhe. Die Alpen erstrecken sich in einem gewaltigen Bogen
vom Meerbusen von Genua bis zur Donau bei Wien. Ihre Breite nimmt
nach Osten hin beständig zu, die Höhe dagegen ab. Könnten wir die Alpen nach
Norddeutschland verlegen, so würden sie von Aachen bis Königsberg reichen und
das ganze Norddeutsche Tiefland einnehmen. Ihre höchste Erhebung erreichen sie
im Montblanc (4800 m), der dreimal so hoch ist als unsere Schneekoppe. Suche noch
andere hohe Bergspitzen auf der Karte auf! Die Alpen übertreffen an Ausdehnung
und Höhe alle Gebirge Europas.
2. Abdachung. Auf der Südseite steigen die Alpen aus der Norditalienischen
Tiefebene steil empor. Sie erscheinen von dort aus gesehen viel mächtiger, als wenn
man sich ihnen von Norden her nähert. Hier sind ihnen die Süddeutsche und die
Schweizer Hochebene vorgelagert. Die Alpen haben eine ungleichmäßige Ab-
dachung.
3. Gliederung. Eine dem Rheintal folgende Linie vom Bodensee zum Comersee
gliedert die Alpen in bezug auf ihre Längenausdehnung in Westalpen und Ostalpen.
Ihrem Aufbau nach bestehen sie dagegen aus drei parallelen Gebirgszügen, die durch
Längstäler voneinander geschieden sind. Der mittlere, höchste Zug trägt den Namen
Zentralalpen und setzt sich 'aus Urgestein (Gneis, Granit, Schiefer) zusammen. Er
wird im Norden und Süden von Gebirgszügen aus Kalkstein begleitet, die man
Kalkalpen nennt. In den Westalpen sehlt jedoch der südliche Kalkalpenzug. Da
Kalk schneller verwittert als Urgestein, so zeigen die Kalkalpen weit schroffere und
kühnere Formen als die Zentralalpen. Die Alpen gliedern sich nach ihrer Längen-
ansdehnnng in Westalpen und Ostalpen, nach ihrem Aufbau in Zentralalpen
und Kalkalpen.
4. Gewässer. Infolge ihrer gewaltigen Höhe sind die Alpen reich an Nieder-
schlügen. Sie betragen an einzelnen Stellen (Rheinquelle 260 ein) viermal so viel
als im Norddeutschen Tieflande. Darum ist auch das Gebirge ein Quellgebiet zahl-
reicher Flüsse, welche die Fluren Europas segnen. Welche Flüsse führen ihr Wasser
a) zur Nordsee, b) zum Schwarzen Meer, c) zum Adriatischen Meer, ä) zum Mittel-
meer? Ferner sind die Alpen reich an schön gelegenen Seen. Sie liegen am Fuße
des Gebirges, sind Läuterungsbecken für die Flüsse (vgl. Bodensee!) und regeln den
Wasserabfluß. Nenne die wichtigsten Seen a) am Nordrande, b) am Südrande!
Die Alpen sind das quellenreichste Gebirge Europas und zugleich auch seine wich-
tigste Wasserscheide.
5. Klima, Höhenstufen. Je höher man in einem Gebirge emporsteigt, desto
kälter wird es. In den höchsten Gebirgsteilen herrscht ewiger Winter. Mit der zu-
nehmenden Wärmeabnahme ändert sich auch das Pflanzenkleid. Man kann dement-
sprechend vier Höhenstufen unterscheiden.
a) Gürtel der gemischten Wälder (bis 1300 in). Hier findet man Ahorn-
bäume und Nußbäume, auf der Südseite auch die edle Kastanie, weiter hinauf
112 Länderkunde von Mitteleuropa.
Buchen, Eichen und Fichten. In den geschützten Talgründen sieht man Wiesen und
Felder, Obstgärten und Weinberge.
b) Gürtel der Nadelwälder (bis 1890 in). Düstere Nadelwälder, meist aus
Tannen bestehend, breiten sich aus. Daneben finden sich auch größere Lärchen-
und Kiefernbestände. Ein wichtiger Baum ist die Zirbelkiefer, die „Zeder der
Alpen". Sie hat sehr dichtes aber leichtes Holz, das zn feineren Holzschnitzereien
verwendet wird.
e) Gürtel der Matten (bis 2600 in). Diesem Bereiche gehören die eigent-
lichen Alpenpflanzungen an: Edelweiß, Alpenrose, Edelraute, Alpenveilchen und
zahlreiche Enzianarten. Er ist auch die Heimat der eigentlichen Alpentiere: Murmel-
tiere, Gemse, Steinbock, Gebirgshase, Schneehuhn und Steinadler. In den unteren
Gebieten bedeckt vielfach noch Knieholz den Boden. Daneben breiten sich große
Schutthalden von verwittertem Gestein aus. Auf den blumigen Matten weiden
Sennen und Sennerinnen während des kurzen Sommers ihre Viehherden.
d) Gürtel des ewigen Schnees (über 2600 m). Hier ist alles mit Schnee
und Eis bedeckt. Nur an schroffen, nadelartig emporragenden Felsengipfeln, an
denen der Schnee keinen Halt hat, finden sich Moose und Flechten. Die Nieder-
schlüge fallen nur in der festen Form des Schnees, doch nicht in weichen feuchten
Flocken, sondern als harte trockene Eiskristalle. Durch abwechselndes Schmelzen und
Frieren verwandeln sich diese in den grobkörnigen Firnschnee, der die Mulden
und Schluchten ausfüllt. Durch den gewaltigen Druck der sich fortgefetzt vermehren-
den Schneemassen gerät er ins Rutschen, taut auf, gefriert wieder und wird schließlich
zu einer schmiegsamen Eismasse, die sich gleichsam als mächtiger Eisstrom, den man
als Gletscher bezeichnet, gliederartig abwärts bewegt. Dabei schiebt er große
Schuttmassen vor sich her und schleppt solche namentlich am Rande, auf seinem
Rücken und am Grunde mit sich fort. Der größte solcher Eisströme ist der Aletsch-
gletscher in den Berner Alpen, der eine Länge von 5 Stunden (25 km) hat. An
seinem unteren Ende, wo der Gletscher unter die Schneegrenze herunter geht, schmilzt
er fortwährend ab. Das trübe Gletscherwasser fließt talabwärts und speist die zahl-
reichen Alpenflüsse. Das tiefe und ernste Schweigen der Eisregion wird bisweilen
unterbrochen durch ein donnerartiges Getöse. Eine Schneemasse hat sich losgelöst und
ist in riesenhaftem Wachstum und mit rasender Eile talabwärts gerollt. Solche
Lawinen verschütten manchmal Wiesen und Gärten, vernichten Wälder und Häuser,
begraben Menschen und Vieh. Nicht selten werden große Schneemassen auch rasch
verzehrt durch einen warmen Bergwmd, den Föhn („Schneefresser"), wodurch
im Frühjahr und Herbst zuweilen große Überschwemmungen hervorgerufen werden.
6. Wegsamkeit. Zahlreiche Längs- und Qnertäler begünstigen den Ver-
kehr in hohem Maße. Tief eingeschnittene Pässe (Mont Eenis, Simplon, Gott-
hard, Brenner, Semmering) erleichtern den Übergang von einem Tal zum andern.
Diese Wegsamkeit des Gebirges ist für den starken Fremdenbesuch, den die Er-
habenheit der Alpenwelt alljährlich hervorruft, von großer Bedeutung. Die
Alpen sind trotz ihrer Höhe das wegsamste Hochgebirge der Erde,
7. Bewohner. Da die Alpen leicht zugänglich sind, so konnten von allen Seiten
Völker in ihre Täler eindringen. Non Norden kamen die Deutschen, von Süden die
Italiener, von Westen die Franzosen und von Südosten die Slawen. Trotz Verschiß
Deutschlands südliche Nachbargebiele. 113
dener Abstammung finden wir bei allen Alpenbewohnern ähnliche Eigenschaften.
Der karge Boden macht fleißig und genügsam und die großartige Gebirgsnatur er-
weckt Heimatliebe und Freiheitssinn. Gar oft haben die Alpenbewohner ihre schöne
Heimat opsermutig verteidigt. (Andreas Hofer.) Die Alpenbewohner zeigen uns
deutlich den Einfluß des Bodens aus den Menschen.
Aufgaben. M i ß a) die Länge der Alpen von Genua bis Wien, b) ihre Breite zwischen
Kochelsee und Verona! — Zeichne die Alpen nach ihrer dreigliederigen Längenaus-
dehnung! — Forme einen Gletscher! — Vergleiche die Süd- und Nordabdachung
der Alpen! — Warum sind die Alpen a) so wasserreich, b) so wegsam?
2. Die Schweiz.
41 000 qkm, 3,8 Mill. Einw., auf 1 qkm 90.
So groß wie die Provinz Brandenburg, aber nicht ganz soviel Einwohner wie Großberlin.
1. Allgemeines, a) Von Frankreich wird die Schweiz durch den Jura getrennt,
von Italien durch die Walliser Alpen und die Bernina-Alpen, von Osterreich durch die
Rheintalsenke. Gegen Deutschland kann die Grenze als offen gelten, denn Rhein
und Bodensee verbinden statt zu trennen. Deshalb ist die Schweiz auch bis zum Ende
des 30jährigen Krieges ein Glied des Deutschen Reiches gewesen, und noch heute sind
die Verkehrs- und Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern sehr rege. Die
Schweiz ist auf drei Seiten durch natürliche Grenzen geschützt, gegen Deutschland
ist die Grenze ossen.
b) Die Berührung mit dem Meere fehlt der Schweiz. Sie ist der einzige größere
Binnenstaat Europas. Doch vermittelt sie den Übergang von Westdeutschland und
Italien und von Frankreich nach Osterreich. Ihre Lage ist also für Handel und Ver-
kehr günstig. Die Schweiz ist ein Binnenstaat mit lebhaftem Durchgangsverkehr.
c) Die Schweiz gliedert sich in drei Landschaften: Schweizer Jura, Schweizer
Hochfläche und Schweizer Alpen.
Glarner Mpen
Züricher See (412 m Meereshöhe).
Der sluszartig schmale, kristallklare See, der Glanzpunkt der Vorschweiz und daher ein mächtiger Anziehungspunkt der Reisewelt, ist in ein liebliches Hügelgelände eingesenkt,
das im Uetliberg bis 800 m ansteigt. Soweit das Auge reicht, prangt dieses Gestade im Schmucke blühender Obst« und Rebengärten, ähnlich dem Gelände des Bodensees;
wie dieses ist es auch übersät mit Villen und Sommerfrischen, Dörsern und Städten. Der Zürichsee ist der belebteste unter allen Alpenseen. Personendampfer, Segel-
und Ruderboote durchkreuzen ihn ohne Unterbrechung nach allen Richtungen. Den Abschluß des unvergleichlichen Panoramas im Süden bilden die gletscherbedeckten
Riesen der Hochschweiz.
Deutschlands südliche Nachbargebiete. 115
2. Der Schweizer Jura erhebt sich schroff und steil als westlicher Grenzwall
über die Schweizer Hochfläche empor. Er besteht aus langgestreckten parallelen
Kalkketten, zwischen denen muldenförmige Hochtäler liegen. Gleich dem deutschen
Jura ist er wasserarm und höhlenreich. Infolge der Wasserarmut ist auch hier der
Boden für den Anbau wenig geeignet. Die wichtigste Erwerbsquelle ist darum
die Industrie, besonders Uhrmacherei und Weberei. Hauptort ist Neuen-
bürg am Neuenburger See. Der Schweizer Jura gleicht dem deutschen Jura;
er ist ein Gebiet der Uhrmacherei und Weberei.
3. Die Schweizer Hochfläche (Flachschweiz), a) Sie erstreckt sich zwischen Jura
und Alpen vom Genfer See bis zum Bodensee und ist fast überall welliges Land.
Im Osten umfließt der Rhein die Hochfläche. Beschreibe Ursprung und Oberlauf
des Rheins! Welche Nebenflüsse des Rheins entwässern die Hochfläche? Welche
Seen sind in die Hochfläche eingebettet? Die reiche Bewässerung, der fruchtbare
Boden und die geschützte Lage ermöglichen Getreide-, Wein- und Obstbau. Doch
deckt die Getreideerzeugung bei weitem nicht den Bedarf. Brotkorn ist daher ein
Haupteinfuhrartikel. Große Flächen dienen auch dem Wiesenbau und der Viehzucht.
An die reichen Wasserkräfte knüpft eine lebhafte Gewerbtätigkeit an, namentlich die
Seiden-, Baumwoll-, Maschinen- und Schokoladenindustrie. Die Schweizer Hoch-
fläche ist ein fruchtbares Anbaugebiet mit sehr lebhafter Gewerbtätigkeit.
b) Die Hauptorte liegen teils an Flüssen, teils an Seen. Am Rheinknie Basel
(138), infolge seiner Grenzlage ein bedeutender Handelsplatz, neben Zürich ein
Mittelpunkt der Seidenindustrie, Sitz einer Universität. Am Nordende des Züricher
Sees die größte Stadt der Schweiz, Zürich (200), Hauptplatz der Seiden- und
Banmwollindustrie, auch geistiger Mittelpunkt durch seine Universität. Am Vier-
waldstätter See in reizender Lage L u z e r n, ein wichtiger Mittelpunkt des
Fremdenverkehrs. An der Aare die Bundeshauptstadt Bern (95), ebenfalls Sitz einer
Universität. Am Genfer See Genf (138), Hauptort für Uhren und Schmuckwaren,
Universität. Die Schweiz ist das dichtest bevölkerte Hochland der Erde.
4. Die Schweizer Alpen, a) Den Mittelpunkt der Schweizer Alpen bildet der
S t. G o t t h a r d. In ihm berühren sich die Haupterhebungslinien der Alpen,
daher auch seine Bedeutung für die Bewässerung und den Verkehr. Nenne die nach
den Haupthimmelsgegenden abfließenden Flüsse! Die Gotthardbahn durchschneidet
den Gebirgsstock in einem 3 Stunden (15 km) langen Tunnel. Die ausgedehnten
Matten der Schweizer Alpen begünstigen in hohem Maße die Rinderzucht. Sie
wird mustergültig betrieben und gestattet eine ansehnliche Ausfuhr von lebenden
Tieren, Milch, Butter und Käse (Emmentaler). Die südlichen Täler liefern Weizen,
Mais, Trauben, Oliven und Zitronen. Eine beträchtliche Einnahme bringt der Frem-
denverkehr (jährlich bis zu y2 Mill. Reisende). Den größten Teil der Sommergäste
stellen die Deutschen Die Schweizer Alpen mit dem St. Gotthard als Mittelpunkt
haben eine mustergültige Rinderzucht und einen sehr starken Fremdenverkehr.
b) Der Hauptort ist St. Gallen, hervorragend durch Baumwollindustrie
und Stickerei. Im Engadin die Höhenkurorte St. Moritz und D a v o s. Um
den Bierwaldstätter See lagern sich die drei Urkantone der Schweizer Eidgenossen-
schaft: U r i, S ch w y z und U n t e r w a l d e n.
116 Länderkunde von Mitteleuropa.
5. Handel mit Deutschland. Die Schweiz, eine Bundesrepublik mit 22 Kantonen
(% der Bewohner sprechen deutsch), hat infolge ihrer nach N. offenen Lage den stärksten
Handelsverkehr nach Deutschland, a) Wir erhalten aus der Schweiz:
Seide und Seidenwaren, Baumwollwaren, Uhren, Käse, Schokolade usw. (zusammen
für 170Mill.Mark), d) Wir liesern dorthin: Kohlen,Webwaren,Maschinen,
Metallwaren, Schuhe, Getreide, Mehl usw. (zusammen für 450 Mill. Mark), e) Un-
sere Ausfuhr nach der Schweiz ist fast dreimal so groß als die Einfuhr von dort. Die
Schweiz ist für uns ein guter Abnehmer.
Schweizer Alpen.
Aufgaben. M i ß die Entfernung zwischen Bodensee und Genfer See! — Zeichne
den Rhein von der Quelle bis Bafel! — Forme den Rheinfall bei Schaffhausen
(nach einer Ansichtskarte)! — Reise von Berlin nach Basel! — Vergleiche den
Deutschen und den Schweizer Jura! — Warum reisen im Sommer so viele Leute nach
der Schweiz? — Warum hat die Schweiz den stärksten Handelsverkehr nach Deutschland?
3. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie.
677 000 qkm, 51 Mill. Einw., auf 1 qkm 76.
Größer als das Deutsche Reich, aber geringer bevölkert.
Allgeineines.
1. Lage. Gib die Grenzen Österreich-Ungarns an! Die längste Grenzlinie hat
es mit dem Deutschen Reiche gemein. Mit ihm teilt es wichtige Flüsse (nenne solche!).
Deutschlands südliche Nachbargebiete. 117
Durch Deutschland führt auch sein Weg zur Nordsee (Elbe!) und weiterhin zum Atlan-
tischen Ozean. Infolge dieser engen Lagebeziehungen war Osterreich-Ungarn viele
Jahrhunderte mit dem heutigen Deutschen Reich vereinigt, und y4 seiner Bewohner
ist auch heute noch deutsch. Erst 1866 erfolgte die völlige Trennung. An seine
Stelle ist dann aber in neuerer Zeit ein Schutz- und Trutzbündnis beider Staaten
getreten. Im Süden hat Österreich-Ungarn zwar auch Anteil am Meer (wo?);
aber unwirtliche Gebirge erschweren den Zugang, und so ist der Seehandel beschränkt.
Österreich-Ungarn, das zweitgrößte Land Europas, ist vorwiegend ein Binnen-
staat und steht in enger Beziehung zu unserem Vaterlande.
2. Handel mit Deutschland. Den engen Beziehungen der Lage, Geschichte
und Bewohner entspricht ein ausgedehnter Handelsverkehr mit Deutschland. Er
wird gefördert durch die große Wegsamkeit der Grenzgebirge: Mährische Pforte
Sudetentore, Elbscharte, Vogtland, Donaulücke. Nicht weniger als 3 Dutzend Eisen-
bahnlinien verbinden Deutschland und Osterreich-Ungarn. Nenne die wichtigsten!
Dazu kommen die Wasserwege der Donau und Elbe. Namentlich die Elbstraße ist
von großer Bedeutung. Sie hat Hamburg zum wichtigsten Ausfuhrhafen Osterreich-
Ungarns gemacht. Nach Großbritannien ist Österreich-Ungarn unser bester Ab-
nehmer; unser Absatz dorthin bleibt nicht weit hinter 1 Milliarde Mark zurück (830 Mill.)
Nicht viel geringer ist auch unsere Einfuhr von dort (760 Mill.). Wir erhalten
von O st erreich-Ungarn besonders Braunkohlen und Bier (aus Böhmen),
Weizen, Eier, Vieh und Felle (aus Ungarn), Holz und Obst (aus den Alpenländern).
Wir liefern dorthin namentlich Baumwolle (Durchfuhrhandel), Steinkohlen
und Koks, Bücher, Karten und Bilder, Maschinen, Farben, Leder und Kleider-
stosfe. Österreich-Ungarn ist unser zweitbester Abnehmer und unser drittbester
Lieferant (nach Rußland und der Union).
3. Gliederung. Wie die Karte zeigt, gliedert sich Osterreich-Ungarn — ähnlich
wie das Deutsche Reich — in eine ganze Anzahl von Staaten und Landschaften.
Das verknüpfende Band aller dieser Gebiete ist die Donau mit ihren zahlreichen
großen Neben- und Zuflüssen, weshalb man das Ganze auch als Donaureich bezeichnet.
Man unterscheidet zwei annähernd gleich große Reichshälften, das Kaisertum
Osterreich und die Länder der Ungarischen Krone. Zu beiden
tritt seit 1909 Bosnien und Herzegowina. Österreich-Ungarn ist reich
gegliedert, besitzt aber in der Donau ein einigendes Band.
A. Das Kaisertum Osterreich.
1. Die Alpenländer.
Sie umfassen den weitaus größten Teil der Ostalpen. Nenne einige Gebirgs-
züge! Gib die bedeutendsten Flüsse an! Die breiten, fruchtbaren Täler sind gut
angebaut und zumeist durch niedrige, wegsame Pässe verbunden. Ausgedehnte Matten
dienen der Viehzucht. Der Waldbestand ist noch größer als in den Schweizer Alpen.
An Mineralschätzen finden sich in den Salzburger Alpen mächtige Salzlager, in den
Steierischen Alpen Eisenlager. Auch Kohlenlager sind vorhanden. Eine bedeutende
Einnahmequelle ist der Fremdenverkehr, hervorgerufen durch die hohe landschaftliche
Schönheit der Alpenländer. Die naturschönen und vielbesuchten österreichischen
Alpenländer sind ein Wald- und Weideland mit wertvollen Mineralschätzen.
Insel Lacroma
Dalmatinische Küste bei Ragusa, „Österreichische Riviera".
Auf dem kalkigen, verkarsteten Boden sproßt echte Mittelmeerflora: Ölbäume, Zypressen, Agaven. Die Inseln sind untergesunkene Gebirgsketten.
Deutschlands südliche Nachbargebiete. 119
Zu den Alpenländern gehören folgende Teile:
1. Vorarlberg, im Rheingebiet gelegen. Ausgedehnte Weideflächen haben eine
bedeutende Viehzucht hervorgerufen. Daneben wetteifern die Bewohner mit den
Schweizer Nachbarn in der Baumwollindustrie. Die Hauptstadt ist B r e g e n z
am Bodensee.
2. Tirol (so groß wie Pommern) erstreckt sich vom Arlberg bis in das Quellgebiet
der Salzach und Drau, vom Kamme der deutschen Alpen bis an den Gardasee. Die
Zentralalpen trennen es in eine nördliche und südliche Hälfte. Nordtirol wird vom
Jnntal durchzogen, Südtirol vom Etschtal. Das dichtbesiedelte.Jnntal liefert Ge-
treide und Mais, das sonnige Etschtal Wein und Obst. Sonst sind auch hier, wie in
andern Alpenländern, Wald und Weide die Grundlagen für den Erwerb. Von allen
österreichischen Alpenländern hat Tirol den stärksten Fremdenverkehr. Er ist hier
aber nicht nur eine Folge der Naturschönheiten, sondern wird auch durch die ver-
kehrsgünstige Mittellage Tirols hervorgerufen. Die Brennerbahn verknüpft Nord-
und Südtirol, sie führt im Norden nach München, südlich nach Verona. Wo sie in das
Jnntal eintritt und mit der vom Bodensee nach Wien führenden Bahn zusammen-
trifft, liegt Tirols Hauptstadt Innsbruck, Mittelpunkt des Fremdenverkehrs.
Wo sie in das wein- und obstreiche Etschtal einmündet, liegt Bozen. Südlich von
Bozen T r i e n t an der Etsch, nördlich von Bozen im oberen Etschtal der
Winterkurort M e r a n. Tirol ist das schönste und verkehrsreichste Alpenland
Österreichs.
3. Salzburg liegt zu beiden Seiten der oberen Salzach. Neben der Viehzucht
ist die Salzgewinnung eine bedeutsame Erwerbsquelle. Hauptstadt ist das herrlich
gelegene Salzburg, ein wichtiger Ausgangspunkt des Fremdenverkehrs.
4. Steiermark wird von der Mur durchzogen und durch die Steierischen Alpen
in ein gras- und waldreiches Hochgebirgsland (Obersteiermark) und in ein frucht-
bares, wohlangebautes Berg- und Hügelland (Untersteiermark) zerlegt. Das enge
Durchbruchstal der Mur ist der einzige Verbindungsweg zwischen beiden Land-
schaften. Er leitet den Verkehr von Wien her über den Semmering nach dem Grazer
Becken, wo die Haupt- und Universitätsstadt Graz (160) ein wichtiger Verkehrs-
Mittelpunkt ist, zugleich der größte Wohnplatz in den Alpen und infolge der reichen
Eisenerzlager der Steiermark ein bedeutender Jndustrieort.
5. Kärnten dehnt sich zu beiden Seiten der oberen Drau aus und ist ebenso
wie Steiermark reich an Wald, Weide und Erz. Die Hauptstadt ist K l a g e n s u r t
in dem fruchtbaren Klagenfnrter Becken.
2. Die Karstländer.
Die südlichen Kalkalpen setzen sich zwischen der Save und dem Adriatischen
Meer in einer Kalksteinplatte fort, die als Kar st bezeichnet wird. Er ist Wasser-
und waldarm wie unser Jura. Spalten, Löcher, trichterförmige Vertiefungen (Do-
linen), Höhlen und unterirdische Flußläufe kennzeichnen die Zerstörungsarbeit des
Sickerwassers. Die mageren Grasflächen dienen Schafen und Ziegen als Weide.
In neuerer Zeit hat man einzelne Gebiete mit vieler Mühe aufgeforstet. Ähnlich
sieht es in den Dinarischen Alpen aus, die sich an den Karst anschließen.
Die Karstländer erinnern an unsern Jura.
120 Länderkunde von Mitteleuropa.
Zu den Karstländern gehören:
1. Kram. Sein nördlicher Teil ist noch Alpenland, der südliche gehört zum
Karstgebiet. Hier befinden sich die berühmten AdelsbergerGrotten. Die
Hauptstadt ist L a i b a ch, in dessen Nähe sich eins der wichtigsten Quecksilbererzlager
der Erde befindet.
2. Küstenland. In den sonnigen Tälern gedeihen Wein und Oliven; die Karst-
flächen dagegen sind auch hier dürr und baumlos. Das Küstenland ist aber insofern
von großer Bedeutung, weil hier Österreichs einzige Seehandelsstadt, Trieft (250),
liegt. Mit dem Hinterlande ist sie durch wichtige Eisenbahnlinien (Semmering-
bahn, Tauernbahn) verbunden. An der Südspitze der Halbinsel Jstrien liegt Öfter-
reichs Kriegshafen P o l a.
3. Dalmatien umfaßt das gebirgige Küstenland und die ihm angegliederten
Inseln. Bei R a g u s a und an der herrlichen Bucht von C ä t t a r o (Hasen für
Montenegro) reifen an den sonnigen Gehängen zwischen Lorbeer- und Olivenhainen
Feigen, Apfelsinen und Zitronen. Im Gegensatz dazu stehen die rauhen, unwirtlichen
Höhen des Gebirges. Deshalb sind die Bewohner vielfach auf das Meer angewiesen
und suchen als Fischer und Schiffer Beschäftigung. Die Hauptstadt ist Z a r a, das
einen guten Hafen hat, dem aber der Zugang vom Binnenlande fehlt.
4. Bosnien. Als Karstländer sind auch anzusehen Bosnien und die Herzegowina.
Sie gehören aber weder zu Osterreich noch zu Ungarn, sondern werden von beiden
gemeinsam verwaltet (vgl. Elsaß-Lothringen!). Bosnien ist nur im Westen eine
öde Karstlandschaft. Im Osten ist das bosnische Kalkgebirge mit Schieferstein durch-
setzt, der in seinem Innern Kohlen und Eisen birgt. Die Kämme des Gebirges
tragen grüne Eichen- und Buchenwälder, in die große Schweineherden zur Mast
getrieben werden. In den Tälern liefern Mais und Pflaumen reiche Erträge.
Die Hauptstadt ist S e r a j e w o.
5. Die Herzegowina ist ein trockenes Karstland. Nur das Narentatal, in dem
auch die Hauptstadt M o st a r liegt, trägt Wein und Tabak.
3. Das Alpenvorland.
Das österreichische Alpenvorland bildet die östliche Fortsetzung des Bayerischen
Alpenvorlandes und breitet sich zu beiden Seiten der Donau aus. Es ist aber viel
fruchtbarer und hat infolge der tieferen Lage auch ein milderes Klima. Neben Ge-
treide und Zuckerrüben werden Obst und Wein angebaut. Das österreichische Alpen-
Vorland ist ein fruchtbares Anbaugebiet.
Das Alpenvorland umfaßt zwei Gebiete:
1. Oberösterreich umschließt neben dem höheren westlichen Alpenvorlande auch
das herrliche Seengebiet des Salzkammerguts und die waldreichen Südabhänge
des Böhmerwaldes. Hauptstadt ist Linz an der Donau, wo wichtige Eisenbahn-
linien aus Bayern, Böhmen und den Alpenländern zusammenkommen. Bedeu-
tender Handelsplatz für die Erzeugnisse des Salzkammerguts. Südlich an der Enns
S t e y r, Mittelpunkt der österreichischen Eisen- und Stahlindustrie.
2. Niederösterreich erstreckt sich bis zur March und Leitha. Hier durchfließt
die Donau das fruchtbare Wiener Becken, das wichtigste Sammelbecken des südost-
Deutschlands südliche Nachbargebiete. t2l
Schreckenstein
Nordböhmen. Der Schrecken st ein im Böhmischen Mittelgebirge.
Nordböhmen ist bekannt durch seine alten Vulkane und seine heißen Quellen. Ehe die Elbe das Elbsandsteingebirge
erreicht, durchbricht sie in einem romantischen Tale das vulkanische Böhmische Mittelgebirge, das aus Basalt und
Klingstein besteht und durch seine höchst malerischen kuppigen Formen Berühmtheit erlangt hat wie die Rhön.
Aus dem Boden des Gebietes sprudeln die bekannten Quellen von Teplitz und Bilin hervor.
europäischen Verkehrs. Die Donaustraße wird hier gekreuzt von der nordsüdlichen
Verkehrslinie, die aus dem Gebiet der Weichsel und Oder zum Adriatischen
Meer führt. Infolge dieser günstigen Verkehrslage hat sich Wien (2,2 Mill.) an
der Donau zu einer Zwei-Millionenstadt entwickelt, die aber nicht nur die größte,
sondern als Reichshauptstadt auch die schönste Stadt Österreichs ist. Sie ist ferner
die erste Handels- und Industriestadt (Maschinen, Kunstgewerbe, Lederwaren, Mode-
waren) und auch der geistige Mittelpunkt (Universität, Museen, Technische Hoch-
schule) des Reiches. Wiens berühmteste Kirche ist der Stephansdom, seine schönste
Straße der Ring, des Wieners liebste Erholungsstätte der Prater.
4. Die Sudetenländer.
Sie werden umrahmt von den Sudeten, dem Erzgebirge, dem Böhmerwald
mit seinen südöstlichen Ausläufern und den Westkarpaten. Das ganze Gebiet hat
die Gestalt eines Vierecks. Durch die Mährische Höhe wird es in zwei Teile geschieden:
Böhmen und Mähren.
1. Böhmen, a) Es ist ein welliges Beckenland, das nach Norden abfällt, wie der
Lauf der Flüsse zeigt. Nenne die wichtigsten Flüsse! Da das Klima der geschützt
liegenden Landschaft milde und der Boden fruchtbar und reich bewässert ist, so
122 Länderkunde von Mitteleuropa.
werden reiche Erträge erzielt, namentlich an Weizen, Hopfen, Zuckerrüben und
Obst. Böhmen ist das Hauptgebiet der österreichischen Landwirtschaft.
b) Der Böhmerwald liefert Holz und Quarz, darum sind hier große Glashütten
im Betrieb. Bei Pilsen finden sich ausgedehnte Steinkohlenlager, zwischen Eger und
Erzgebirge reiche Braunkohlenlager, am Südabhange des Erzgebirges zahlreiche
Mineralquellen (Franzensbad, Marienbad, Karlsbad). Böhmens Kohlenschätze
namentlich sind von größter Wichtigkeit für das sonst kohlenarme Reich. Böhmen
ist Österreichs Kohlenlieferant; seine Mineralquellen haben Weltruf.
c) Fast in der Mitte des Landes und im Kreuzungspunkt der wichtigsten Ver-
kehrsstraßen liegt an der schiffbaren Moldau die Halbmillionenstadt Prag (514),
Hauptstadt des Landes mit bedeutender Industrie, einer deutschen und tschechi-
scheu Hochschule. Westlich von Prag Pilsen mit weltberühmten Großbrauereien.
— Böhmen ist das reichste Land des Kaiserstaates.
2. Mähren wird von der March durchflössen, deren fruchtbare Talniederungen
einen bedeutenden Getreide- und Zuckerrübenbau ermöglichen. Auf der Mährischen
Höhe wird Schafzucht getrieben, deshalb ist auch die am Rande gelegene Hauptstadt
Brünn (133) ein Hauptplatz der Wollindustrie, gefördert durch den Kohlenreichtum
Böhmens.
3. Schlesien liegt an der oberen Oder und Weichsel. Schafzucht und Flachsbau
haben auch hier wie in Mähren eine ausgedehnte Woll- und Leinenweberei her-
vorgerufen. Hauptstadt ist T r o p p a u.
5. Die Karpatenländer.
Sie umfassen die äußere Abdachung der Karpaten mit dem Oberlauf der Weichsel,
des Dnjestr und Pruth.
1. Galizien. Die Lage an der Ostseite des Gebirgswalles hat zwar ausfallend
kalte Winter (kalte Ostwinde), aber auch sehr warme Sommer zur Folge. Letztere
begünstigen einen ertragreichen Anbau des gelbbraunen, lehmigen (Löß-)Bodens.
Galizien ist ein wichtiges Getreideland. Auch Zuckerrüben und Tabak werden
angebaut. Ungewöhnliche Ausdehnung haben die Salzlager Galiziens, besonders
bei Wieliczka (wielitschka). Ferner kommen ergiebige Petroleumquellen vor.
Die Hauptstadt ist Lemberg (220), in der Mitte des Landes gelegen. In der West-
lichsten Ecke an der Weichsel Krakau (174), Hauptstadt des ehemaligen Polen-
reiches, Sitz einer polnischen Universität. Galizien ist ein Getreide- und Salzland.
2. Die Bukowina ist ein ausgesprochenes Waldland, wie denn Bukowina auch
Buchenwald bedeutet. Doch sind die Tannenwälder der Gebirge viel größer als die
Buchenwälder der Ebene. Hauptstadt ist C z e r n o w i tz mit deutscher Universität.
B. Die Länder der Ungarischen Krone.
Sie werden in einem weiten Bogen von den Karpaten umzogen, die sich
bei Preßburg an die Alpen anschließen und am Eisernen Tore endigen, wo die Donau
das Gebirge schluchtartig durchsägt hat. An Länge stehen die Karpaten den Alpen
nicht viel nach, sind aber bedeutend niedriger. Die bedeutendste Erhebung ist die
Deutschlands südliche Nachbargebiete. 123
H o h e T a t r a, deren höchste Spitze aber nicht unsere Zugspitze erreicht. Gletscher
fehlest deshalb. Im Gegensatz zu den Alpen sind die Karpaten hauptsächlich aus
Sandstein aufgebaut und zum größten Teile mit ungeheuren Waldungen bedeckt,
in denen noch Bären und Wölfe Hausen. Reiche Bodenschätze finden sich vor: Gold,
Silber, Kupfer, Blei und Eisen. Doch fehlt es noch an der industrielle:! Ausnutzung.
Die Karpaten sind ein Wald- und erzreiches Sandsteingebirge.
1. Siebenbürgen ist ein rings von Gebirgen umschlossenes, waldreiches Hügel-
land, dessen geschützte Mulden sehr fruchtbar sind. Im Westen breitet sich das Sieben-
bürger Erzgebirge aus, nächst dem Ural das gold- und silberreichste Gebirge Europas.
Der Hauptreichtum des Landes aber sind unerschöpfliche Salzlager. Etwa 1/1Q der
Bevölkerung sind Deutsche, hier „Sachsen" genannt. Sie wurdeu einst von un-
garischen Königen dorthin gerufen und haben Großes für die Förderung des Landes
getan. Heute aber werden sie von den Magyaren hart bedrängt. InHermann -
st a d t'isind 2jz. in Kronstadt V3 der Bewohner deutsch. Das Wald- und erz-
reiche Siebenbürgen hat deutsche Sprachinseln auszuweisen.
2. Ungarn, a) Bei Preßburg betritt die Donau durch ein enges Felsentor
die OberuugarischeTiefebene, ein ertragreiches Getreideland. An den
Abhängen der angrenzenden Höhen wird überall trefflicher Wein angebaut, so bei
Oden bürg, westlich vom Neusiedler See. Oberungarn ist reich an Getreide
und Wein.
b) Zwischen dem Bakonywald und den Ausläufern des nordungarischen
Berglandes hat sich die Donau wieder einen schluchtenartigen Weg gebahnt und
bischer.Geistbeck.Müller, Erdkunde für Mittelschulen. I.Teil. 9
124 Länderkunde von Mitteleuropa.
tritt nun in die große Niederungarische Tiefebene ein, die sie erst am
Eisernen Tor, der großartigsten Flußenge Europas, verläßt. Zahlreiche Flüsse nimmt
sie auf dieser Strecke auf. Nenne die größten! Bei Hochwasser überschwemmen
sie, namentlich die Theiß, nicht selten ihre Ufer. Ausgedehnte Sümpfe und Schilf-
dickichte breiten sich deshalb vielfach ans. Da die Gebirgsränder die Ebene gegen die
feuchten Westwinde abschließen, so gehört sie zu deu regenärmeren Gebieten mit heißen
Sommern und strengen Wintern. Es zeigen sich also hier schon die schroffen Gegen-
sätze des Landklimas. An den Gehängen der Gebirge wächst feuriger Wein, in den
Niederungen wird massenhaft Weizen und Mais geerntet. Abseits der oft breiten
Fluß-Sumpfländer finden sich aber auch mageres Weideland und kahle Sandflächen,
die waldlosen Pußten. Auf ihnen weiden Herden von Schafen, Rindern und
halbwilden Pferden. In Südungarn wird viel Schweinezucht betrieben. In der
Hauptsache ist Ungarn ein großes Weizen-, Wein- und Weideland.
e) Der wichtigste Ort Ungarns ist die Millionenstadt Budapest (880), auf beiden
Seiten der Donau gelegen, Hauptstadt des Reiches mit glanzvollen Bauten, Mittel-
punkt des Verkehrs, des Handels und der Industrie. An der Theiß Szegediu (118),
die zweitgrößte Stadt Ungarns. In den Pußten des Nordostens Debreczin
(93) mit großen Pferdemärkten.
3. Kroatien und Slawonien erstrecken sich von der Drau bis zum Adriatischen
Meere. Slawonien, das sich wie ein langer Streifen zwischen Drau und Save hin-
zieht, ist ein fruchtbares Hügelland, das viel Getreide, Obst und Wein erzeugt. Kroatien
dagegen fällt schon in das Karstgebiet und wird zum größten Teil von einem unfrucht-
baren Kalkgebirge eingenommen. Die Hauptstadt von Kroatien-Slawonien ist A g r a m
an der Save. Sie ist mit Budapest durch eine wichtige Eisenbahn verbunden, die
weiterhin nach F i u m e am Adriatischen Meere führt, das die einzige Seestadt
Ungarns ist. Kroatien-Slawonien verknüpfen das Binnenland Ungarn mit dem
Meer.
Aufgaben. Zeichne die Donau von Passau bis Orsowa! — Forme Böhmen
und seine Randgebirge! — Vergleiche a) Alpen und Karpaten, b) Rhein und
Donau! — Reise von Berlin nach Wien, von München nach Budapest! — Warum
hat Österreich-Ungarn keine Kolonien? — Warum kann man die Donau als das Bindeglied
der österr.-ung. Staaten bezeichnen? — Inwiefern beruhen die engen wirtschaftlichen und
politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn auf natürlichen Ver-
Hältnissen? — Wa^ sind Pußten?
E. Rückblick auf Mitteleuropa.
1. Natürliche Verhältnisse.
1. Lage. Mitteleuropa umschließt das ausgedehnte Gebiet von der Nord- und
Ostsee südwärts bis zu den Alpen und ihren südöstlichen Ausläufern und Fortsetzungen.
Nach Westen grenzt es an Frankreich, im Osten an das Russische Tiefland, gegen das
aber keine natürliche Scheidegrenze vorhanden ist. Um dieses gekennzeichnete Gebiet
sind alle übrigen Länder Europas als Randgebiete gelagert. Mitteleuropa ist das
Kernland des Erdteils Europa.
Rückblick auf Mitteleuropa.
125
2. Größe. Zu Mitteleuropa gehören:
Österreich-Ungarn.
Das Deutsche Reich
Die Schweiz. . .
Die Niederlande .
Belgien.....
Luxemburg. . . .
Liechtenstein . . .
Mitteleuropa rund
Europa' rund . .
677 000 qkm
541000 „
41000 „
34 000 „
29 500 „
2 600 „
160 „
1326 000 qkm
10 000 000 qkm
Mitteleuropa umfaßt nicht ganz V? des ganzen Erdteils.
3. Boden. Mitteleuropa steigt von den deutschen Meeren allmählich an bis
zu den Alpen und Karpaten. Diese Abdachung von Süden nach Norden ist aber im
einzelnen reich gegliedert. An das gewaltige Tiefland, welches Norddeutschland,
Holland und zum größten Teil auch noch Belgien einnimmt, schließt sich das Mittel-
deutsche Gebirgsland an, das von zahlreichen Mulden und Becken durchsetzt ist. Nenne
die wichtigsten Beckenlandschaften! Darauf folgt das Alpenvorland und als Abschluß
das Hochgebirge der Alpen selbst. Im Osten finden die Alpen in den Karpaten
ihre Fortsetzung, die ihrerseits ein zweites mitteleuropäisches Tiefland einschließen.
Mitteleuropa steigt von Norden nach Süden an, ist aber im einzelnen reich ge-
gliedert; drei Gebirgsgrnppen und zwei Tiefländer treten besonders hervor.
4. Gewässer. Den beiden Tieflandgebieten entsprechen zwei große Flußgebiete.
Der Hauptabdachung nach Norden folgen die fünf großen Ströme des Norddeutschen
Tieflands. Nenne sie! Sie führen ihr Wasser den deutschen Meeren zu. Die Donau
dagegen nimmt zwar im ureigensten Flußgebiet des Rheins ihren Ursprung, wendet
sich dann aber nach Osten und entwickelt in dem Ungarischen Tieflande ein unge-
heures Stromsystem, das auch die ganzen Ostalpen mit einschließt und zum Schwarzen
Meer entwässert wird. Rhein und Donau sind gleichsam die starken beiden Arme
Mitteleuropas. Die Donau (2850 km) ist der zweitgrößte Strom Europas (Wolga
3400 km). Der Rhein (1300 km) ist nur halb so lang als die Donau und kommt
seiner Länge nach in Europa erst an 7. Stelle; hinsichtlich seiner Bedeutung für den
Verkehr aber steht er an 1. Stelle. Mitteleuropa hat zwei große Stromgebiete.
5. Klima. In Holland, Belgien und Westdeutschland macht sich der Einfluß
des Atlantischen Ozeans und seines Golfstroms geltend. Die feuchtwarmen See-
winde mildern die Winterkälte und auch die Sommerhitze. Wir haben hier ein See-
klima. In Ostdeutschland und Osterreich, namentlich aber in Ungarn tritt dieser
mildernde Einfluß des Meeres mehr zurück. Kalte Ostwinde beeinflussen das Klima.
Strenge Winter wechseln mit heißen Sommern ab. Noch mehr ausgeprägt sind diese
Klimagegensätze in Rußland. Dort haben wir ein ausgesprochenes Landklima. In
Mitteleuropa findet also der Übergang vom westlichen
Seeklima zum ö st l i ch e n Landklima Europas st a t t. Im Süden
Europas veranlaßt das Mittelmeer ein besonders ausgeprägtes, mildes Klima, das
man als Mittelmeerklima bezeichnet. Der Norden Europas dagegen fällt schon in die
kälteren Gebiete der gemäßigten Zone. So ist Mi t t e l e u
für interzonale
Schulbuch*-- h 3
126 Länderkunde bort Mitteleuropa.
ein klimatisches Bindeglied zwischen den: Süden und
Norden Europas. Mitteleuropa hat ein Übergangsklima.
2. Wirtschaftliche Verhältnisse.
1. Landwirtschast. Große Tieflandgebiete sind der Landwirtschaft günstig.
Sie erleichtern den Bodenanbau, haben zumeist fruchtbares Schwemmland, sind
reich bewässert und zeichnen sich auch fast immer infolge geschützter Lage durch ein
mildes Klima aus. Das trifft auch im wesentlichen auf die beiden großen mittel-
europäischen Tiefländer zu. Das Norddeutsche Tiefland ist namentlich ein Roggen-
und Rübenland, das Ungarische Tiefland ein Weizen- und Weideland. In beiden
blüht auch die Viehzucht. Mitteleuropa hat zwei ausgedehnte und ergiebige Land-
Wirtschaftsgebiete.
2. Waldwirtschaft. Da die beiden größten Gebirge Europas, die Alpen und die
Karpaten fast ganz zu Mitteleuropa gehören, und da dieses ferner auch das Mittel-
deutsche Gebirgsland in sich schließt, so ist es außerordentlich waldreich. Waldwirtschaft
und Holzindustrie spielen deshalb im Wirtschaftsleben eine bedeutende Rolle. Nenne
hervorragende Waldgebiete! Nenne Industrien, die an den Wald anknüpfen!
Nenne waldarme Gebiete! Mitteleuropa hat ausgedehnte Wälder.
3. Bergbau und Industrie. Mitteleuropa ist reich an wichtigen Bodenschätzen,
namentlich an Kohlen und Eisen. Besonders ragen hierin hervor Belgien, Mitteldeutsch-
land und Böhmen. Diese beiden Bodenschätze sind die Grundlagen einer großartigen
Industrie geworden. Sie werden aufs beste ergänzt durch die billige und unerschöps-
liche Betriebskraft der Flüsse, die das gebirgsreiche Land aufzuweisen hat. Der
westsälisch-rheinisch-belgische Jndnstriebezirk im Westen Mitteleuropas und der Ober-
schlesische Jndnstriebezirk im Osten Mitteleuropas sind Weltindustriegebiete. Mittel-
europa hat auch die reichsten und wertvollsten Salzlager des Erdteils, ja der ganzen
Welt. Das Salzlager von Wieliczka ist das größte der Welt und die Kalisalzlager
Mitteldeutschlands finden ihresgleichen nirgends. Ferner sind die Karpaten nächst
dem Ural das gold- und silberreichste Gebiet Europas. Mitteleuropa ist reich an wert-
vollen Bodenschätzen und hat dementsprechend auch eine Weltindustrie.
4. Handel und Verkehr. Jeder kürzeste Weg von Stockholm und Kopenhagen
nach Rom, von London nach Konstantinopel, von Madrid und Paris nach Petersburg
und Moskau führt durch Mitteleuropa. Seine bereits gekennzeichnete zentrale Lage
ist für den Durchgangsverkehr von allergrößtem Werte. Er wird noch besonders ge-
fördert durch die beiden angrenzenden deutschen Meere, durch die Wegsamkeit des
Bodens, durch die zahlreichen schiffbaren Flüsse und Kanäle und durch ein dichtes
Eisenbahnnetz. Von den 320 000 km Eisenbahnen Europas entfallen 114 000 km
oder reichlich 1/3 allein auf Mitteleuropa, das ist zugleich nahezu 1/7 des gesamten Eisen-
bahnnetzes der Erde (957 000 km). Von besonderer Bedeutung für den Durchgangs-
verkehr ist die breite ostwestliche Heerstraße, die das belgisch-holländisch-norddeutsche
Tiefland bildet. Strahlenbündelartig vereinigt es in sich die großen ostwestlichen
Weltverkehrslinien. Mitteleuropa ist ein Durchgangsland für Handel und
Berkehr.
Rückblick auf Mitteleuropa. 127
3. Politische Verhältnisse.
1. Geschichtliches. Bis zum Beginn der neueren Geschichte war das ganze Ge-
biet von Mitteleuropa auch staatlich geeinigt und bildete das alte Deutsche Reich.
Aber von diesem Staatenbunde sind nach und nach die Ränder abgebröckelt und
haben sich selbständig gemacht: im Gebiete des Hochgebirges die Schweiz, des
Mittelgebirges Luxemburg und Belgien, des Tieslandes die Niederlande. Das große
Restgebiet bildete dann den Deutschen Bund. Aber auch dieser wurde zu Grabe ge-
tragen, und nach schicksalsschweren Kämpfen erstand das neue Deutsche Reich unter
dem Ausschluß des Donaureiches Österreich-Ungarn. Wechselvoll wie der Boden
ist auch die Geschichte Mitteleuropas.
2. Bewohner. Die Einwohnerzahl Mitteleuropas beträgt:
Deutsches Reich.............67 Mill.
Osterreich-Ungarn............51 „
Belgien................ 7,5 „
Niederlande.............. 6,5^ „
Schweiz ............... 3,8 „
Luxemburg............. . 0,2 „
Mitteleuropa..............136 Mill.
Europa................ 450 Mill.
Zu Mitteleuropa gehören 3/10 aller Bewohner Europas. Davon sind etwa 2/3
Deutsche. Die Schweiz ist zu %, Holland ganz, Belgien zur Hälfte, das österreichische
Alpenland zu % und Böhmen zu % deutsch. Diese von Deutschen bewohnten
Gebiete sind eigentlich auch „Deutsches Land" und bilden mit dem „Deutschen Reiche"
zusammen „Deutschland" im weitesten Sinne des Wortes. Deutschland und das
Deutsche Reich fallen nicht zusammen.
3. Landesschutz. So wertvoll die Mittellage eines Landes für Handel und Ver-
kehr ist, so nachteilig ist sie in bezug auf den Landesschutz. Bei Mitteleuropa tritt das
um so mehr hervor, weil die Ostgrenze ganz und die Westgrenze zum größten Teile
offen ist. Deshalb ist ein starker militärischer Schutz geboten. Diesen gewährleisten
die beiden Großmächte Mitteleuropas durch ihr Bündnis in hervorragendem Maße.
Die gegebenen Grundlagen dieses Bündnisses sind die bedrohte Lage beider Staaten,
ihre gemeinsame Geschichte, ihre engen wirtschaftlichen Beziehungen, die frei sind
von jedem neidischem Wettbewerb, und die teilweise Gemeinsamkeit des Volks-
tums. Das Bündnis zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich-Ungarn dient
dem Schutze Mitteleuropas und beruht aus natürlichen, wirtschaftlichen und po-
litischen Grundlagen.
Anhang.
I. Erdkundliche Grundwerte.
Nach den tatsächlichen Verhältnissen des Schulortes berichtigen; Angaben auf dem
Atlas nachprüfen.
1. Höhenmaße.
Höhe des Schulzimmers? (4 m)
Höhe des Schulhauses? (20 m)
Der höchste Turm des Schulortes? (100 m)
Höhe des nächsten Berges?
1600 m Schneekoppe
3000 m Zugspitze
4800 m Montblanc
9780 m tiefste Stelle des Meeres.
100 m?
1 km?
10 km?
50 km a) Luftlinie?
b) Eisenbahnstrecke?
500 km Berlin—Köln.
2. Längenmaße.
1000 km Köln—Königsberg.
1 Breitengrad (III km): Erfurt—Halber-
stadt
1 Längengrad in Mitteldeutschland
(70 km): ?
Erdhalbmesser 6375 km.
3. Flächenmaße.
1 a ? (Teil des Schulhofes?)
1 da ? (welcher Platz?)
1 qkm ? (Teil des heimatlichen Weich-
bildes?)
Weichbild des Heimatortes?
Größe des Heimatkreises?
550 qkm Bodensee.
Größe der Heimatprovinz?
540 000 qkm (1000 X Bodensee):
Deutsches Reich.
10 Mill. qkm: Europa (18'X das
Deutsche Reich).
14 X Europa = Laudmasse.
37 X Europa = Wasserfläche.
50 X Europa = Erdoberfläche.
(510 Mill. qkm).
Schülerzahl der Klasse?
Schülerzahl der Schule?
Bewohner des Schulortes?
Bewohner der nächsten Großstadt?
Bewohner des Heimatkreises?
4. Bevölkerungszahlen.
4 Mill. Groß-Berlin.
Deutsches Reich.
67
450
1800
Europa,
die Erde.
5. Merke ferner:
Mitteltemperatur in Deutschland (Berlin): 8—9°C.
Regenhöhe in Deutschland: ]/2—1 m.
Mitteleuropäische Zeit (M.E.Z.): Zeit des 15» ö. L. (Görlitz, Stargard), 1 Uhr
nachmittag in Görlitz = 12 Uhr in London.
Anhang. 129
II. Fragen zur Heimatkunde.
1. Lage des Heimatortes.
Geographische Breite? Geographische Länge?
Orte auf annähernd gleicher Breitenlage? Orte auf ungefähr demselben
Verhältnis zwischen Ortszeit und Mitteleuropäischer Zeit? ^Längenkreise?
Höhenlage über dem Meeresspiegel?
Lage an einem Fluß? Stromgebiet?
Lage zur nächsten Nachbarstadt? Entfernung?
Politische Lage: a) Heimatkreis? b) Regierungsbezirk?
c) Heimatprovinz? d) Staat?
In welcher natürlichen Landschaft gelegen?
Entfernung von Berlin? Dauer der Eisenbahnfahrt dorthin?
ii ii Hamburg? „ ,, ,, ,,
ii ii Königsberg? „ ,, „
ii ii München? ,, ,, ,, ,,
2. Klima der Heimat. (Beobachtungen!)
Mittlere Temperatur der Monate
Januar: April: Juli: Oktober:
Februar: . Mai: August: November:
März: Juni: September: Dezember:
Der wärmste Monat? Der kälteste Monat?
Mittlere Jahrestemperatur?
Der regenreichste Monat? Der regenärmste Monat?
Jährliche Niederschlagsmenge? Zahl der Regentage?
Die ersten Schneefälle? Die letzten Schneefälle?
Vorherrschende Windrichtungen
?
3. Wirtschaftsleben.
Die wichtigsten Beschäftigungszweige?
Gewerbliche Rohstoffe der Heimat?
Welche auswärtigen Rohstoffe werden verarbeitet? Ihre Bezugsquellen?
Welche sonstigen Erzeugnisse (Nahrungs- und Genußmittel) werden a) in der
Heimat, b) von außen bezogen?
Welche Eisenbahnlinien berühren die Heimat?
Welche Wasserwege kommen in Betracht?
4. Bewohner.
Zahl der Bewohner bei der letzten Volkszählung:
Berechnung der Zunahme:
Religionsbekenntnis: a) evangelisch? c) jüdisch?
b) katholisch? d) andersgläubig?
A.MMW.VM ägk Berlin und HlflniOen
--
Erdtuno
für Mittelschule
Auf Grund der Erdkunde von Direktor Prof.
Heinrich Fischer, Studienrat Professor Dr. A.
Geistbeck und Studienrat Dir.vr.M.Geistbe^Aun^
Nach den Bestimmungen über die Neuordnung des T
schulwesens in Preußen vom 3. Febr. 1910 bearbew
Albert Müller
Magdeburg
^ \
1. Teil: Aus der allgemeinen Erdkunde. Länderkunde von
Mitteleuropa. VI, 129 Seiten mit 60 Abbildungen und
Zeichnungen. 2. Auflage. Geb. M. 1.75
I
Die neue Auflage trägt allen durch den
Krieg hervorgerufenen fachwiffenschaftlichen
und methodischen Forderungen Rechnung.
2. Teil: Aus der Himmelskunde. Europa ohne das Deutsche Reich.
Die Außereuropäischen Erdteile. IV, 149S. nH 3Farben-
tafeln, 80 Abbild., Diagrammen und Karten. Geb. M. 1.50
3. Teil: Allgemeine Geographie. Mathematische Geographie.
Das Deutsche Reich. Anhang: Übersicht über die Erd-
geschichte. VI, 148 Seiten mit 2 Farbentafeln, 83 Ab-
bildungen, Diagrammen und Karten. Geb. M. 1.40
Cfeorg-EckerMn9tf l
By Schulbuchfors'hurg
Braunschweig
Urteile:
1. Geographischer Anzeiger 1914, h. 1.
Die Erdkunde für Mittelschulen von Albert Müller ist weder ein gedrängter
Auszug aus einer einzelnen Ausgabe der Lehrbücher, noch eine stoffliche Zusammen-
stellung aus allen seitherigen Ausgaben. Sie bedeutet vielmehr eine sinngemäße
Übertragung der Fischer-Geistbeckschen Unterrichtsgrnndsätze aus die
einschlügigen behördlichen Bestimmungen sür Mittelschulen, insonderheit
auf die maßgebenden Bestimmungen über die Neuordnung des Mittelschulwesens
in Preußen vom 3. Februar 1910, die infolge ibrer Berücksichtigung aller berech-
tigten neueren Bestrebungen der erdkundlichen Methodik in den weitesten Kreisen
der Geographielehrer uneingeschränkte Anerkennung gesunden haben. Den Schwer-
Punkt in der länderkundlichen Betrachtung legte der Verfasser auf die anthropo-
geographische Seite: lebendiges Verständnis der wirtschaftlichen und politischen
Verhältnisse der Gegenwart auf Grund der natürlichen Gegebenheiten der Länder
schwebte ihm als Endziel vor. Er will mehr geographische Bildung als geo-
graphisches Wissen vermitteln und faßt deshalb die Einzeltatsachen zu
Allgemeintatsachen unter leitenden Ideen zusammen. In rechter Würdi-
gung der Arbeitsschulidee wird ganz besonders auch die Selbsttätigkeit des Schülers
angeregt durch zahlreiche Aufgaben, die gemäß den genannten Bestimmungen auch
„das Zeichnen und Formen des Schülers im Unterricht wie als Hausaufgabe als
Mittel zur EinPrägung der Karte und zur Wiederholung" berücksichtigen.
Der erste Teil enthält den Stoff für Klasse V und Klasse IV. Aus eine schlichte
Einführung in die allgemeine Erdkunde folgt die Landschafts- und Staatenkunde
von Deutschland in Verbindung mit der Länderkunde von Mitteleuropa, wobei die
Beziehungen zwischen den: Deutschen Reich und seinen Nachbarstaaten grundsätzlich
in den Vordergrund gerückt sind. Die Nachbarstaaten werden gleichsam in deutscher
Beleuchtung gezeigt, so, wie sie von uns Deutschen verstanden und gewürdigt werden
sollen. Der zweite Teil bringt den Stoff für Klasse III uud II. Aus einen
Abschnitt aus der Heimatkunde folgt die Betrachtung der außerdeutschen Länder
Europas, wobei Mitteleuropa in vertiefender Weise wiederholt wird. Daran schließt
sich die Behandlung der außereuropäischen Erdteile. Wie im ersten Teile, so ist
auch hier das Deutsche Reich stets der Maßstab für die Würdigung der außer-
deutschen Länder und Völker. Der dritte Teil behandelt die allgemeine Geo-
graphie und das Deutsche Reich. Albert Müller ist dem Berichterstatter und den
Lesern dieser Zeitschrift seit Jahren als erfahrener Schulmann und zuverlässiger
Arbeiter bekannt: die neue Arbeit festigt seinen Ruf, die Mittelschulausgabe reiht
sich würdig seinen früheren Veröffentlichungen an.
2. Oie Mittelschule 1914, Nr. ib.
Die bekannte gute Erdkunde von Fischer-Geistbeck hat A. Müller, Magde-
bürg, als Grundlage für eine „Erdkunde für Mittelschulen" benutzt. Von dem
eifrigen Vorkämpfer der Lehrerschaft im Geographenbunde haben
wir etwas Gutes erwartet und es ist etwas Vorzügliches geworden.
Daß er hier praktisch zeigt, wosür er so oft eingetreten ist, für Anwendung der
neuzeitlichen Ideen im Erdkundeunterricht, ist selbstverständlich. Wir
brauchen hier nicht ncch einmal aufzuzählen. Allerliebst hat er klar gemacht,
wie er sich das Prinzip des Arheitsunterrichts verwirklicht denkt,
z. B. Bd. I, S. 61, wo er aus dem Spruche: Es grüne die Tanne. . . seinen Merk-
satz herleitet; oder Bd. II, S. 67, wo er einen Spaziergang durch Ungarn mit den
— 3 —
Schülern unternimmt und zusammenfassend finden läßt: Ungarn ist ein großes
Weizen-, Wein- und Weideland. Vergleiche, besonders mit dem Heimatland,
sind sehr oft angewandt. Überhaupt zieht ein warmes deutsches Empfinden
durch das ganze Werk, eine Begeisterung für deutsche Arbeit, deutschen
Fleiß und deutsches Wesen. Diese Vergleiche sind nicht in öden Zahlen ausge-
drückt, sondern neue Dinge sind mit bekannten, besonders aus Deutschland, zu-
sammengestellt. Die Aufgaben, deren eine Fülle als Muster gegeben
ist, regen wiederum zu selbständigem Erarbeiten an. Über Hervor-
Hebung einzelner Sätze im Druck ist man verschiedener Meinung. Ich halte sie
für den Schüler durchaus angebracht. Bei Wiederholungen, beim Überblicken
nach geleisteter Arbeit sind sie ausgezeichnete Erinnerungsstützen. Diese kurzen
Sätze/für die Müller meist kurze, knappe Formen gefunden hat, prägen sich famos
ein. Wir wollen sie beileibe nicht auswendig lernen; wir wünschen auch die Frei-
heit des Lehrers gewahrt, er mag die Form wählen, die ihm und seinen mitarbeiten-
den Schülern paßt, aber für das nun einmal so notwendige Einprägen
sind die fettgedruckten Sätze, weil sie gut sind, von großem Werte.
Auch die kleinen, hier und da verstreuten Lesestücke, „Der Rhein als Handels-
und Verkehrsstraße Deutschlands". „Mesopotamien, das Land des Paradieses" usf.,
sind mit Verständnis gewählt. Kurz, wir haben hier ein Buch, an dem jeder-
mann seine Freude haben wird. Bravo!
3. pädagogische Iahresrunöschau 1913, Nr. 16.
Unter genauer Berücksichtigung der maßgebenden Bestimmungen für das
Mittelschulwesen in Preußen wurden die als vorzüglich bekannten und viel be-
nutzten Lehrbücher der Erdkunde von Fischer-Geistbeck von sachkundiger Hand neu
bearbeitet und für den Gebrauch an Mittelschulen eingerichtet. Die Neubearbei-
tung verdient dieselbe Anerkennung und warme Empfehlung wie die bisher be-
stehenden Ausgaben. Die Auswahl des Stoffes ist angemessen, die Darstellung
klar, korrekt und gut gegliedert, das Ergebnis der einzelnen Abschnitte durch den
Druck hervorgehoben. Dazu wird der Text reich und mannigfaltig illustriert und
veranschaulicht. Die Absicht des Verfassers, auf Grund der natürlichen ein lebendiges
Verständnis der wirtschaftlichen und staatlichen Verhältnisse der Gegenwart zu
erzielen, finden wir überall erreicht. Da auch die Ausstattung des Werkes tadellos
ist, können wir es als vortreffliches Hilfsmittel für den geographischen
Unterricht in Mittelschulen recht angelegentlich empfehlen.
4. ölätter für öie Schulpraxis 1913, Nr. 12.
...Die Vorzüge der Geistbeckschen Bücher: knappe Textfassung, die das Cha-
rakteristische unter leitenden Ideen darbietet, den Schwerpunkt der länderkund-
lichen Betrachtung auf die anthropo-geographische Seite legt, die nationalen
Bedürfnisse betont und die im engen Zusammenhange mit dem Text stehenden
zahlreichen Bilder und Kärtchen finden wir auch hier.
5. pädagogische öücherhalle, Seilage zur Rath. Schulzeitung für Noröüeutschlanö,
1913, Nr. 9.
...Müller ist in der geographischen Literatur kein Unbekannter. Seinem
geographischen Präparationswerke läßt er seine Erdkunde für Mittelschulen folgen,
die, wie der Titel sagt, eine Bearbeitung des Fischer-Geistbeckschen Werkes ist...
Der Art der stofflichen Erarbeitung, der Erschließung des Verständnisses für politische
und wirtschaftliche Verhältnisse durch Kenntnis der landschaftlichen Erscheinungen
muß man zustimmen. Aus der Mannigfaltigkeit des einzelnen wird stets das
bleibende Allgemeine, Typische herausgehoben und äußerlich durch kräftigen Druck
zum Leitgedanken für die Betrachtung gestempelt.
— 4 —
Recht groß ist die Zahl der aufgenommenen Skizzen und Abbildungen, unter
ihnen eine Reihe guter ganzseitiger Buntdrucke. Stoffliche Zuverlässigkeit, geschickte
Auswahl und klare Darstelluug machen das Werk in seiner Gesamtbetrachtung
zu einer erfreulichen Erscheinung des geographischen Lehrmittel-
Marktes.
6. Wissenschaftlich pädagogische Rundschau (Wochenbeilage des Deutschen Lehrer-
blattesj 1914, Nr. 9.
Die Ausführungen sind in jeder Beziehung als musterhaft zu be-
zeichnen und zeugen von praktischer Tüchtigkeit. Reicher Bilder-
schmuck, Diagramme und Karten sind den trefflichen Ausführungen beigegeben.
7. Neue Sucher, Literarische Seilage zu Wissenschaft und Schule 1913, Hr. 13.
Die Müllersche Erdkunde verdient bei der sinnenfälligen Anschaulichkeit des
Textes, den zahlreichen Abbildungen und den klassischen Schilderungen hervor-
ragender Forschungsreisender, die an einigen Stellen eingefügt sind, weiteste
Verbreitung.
S. Slätter für die Fortbildung öes Lehrers und der Lehrerin 1913, Heft ib.
Wir kommen auf Müllers Erdkunde zurück, weisen aber bereits heute sehr
empfehlend darauf hin.
9. Sucher- und Lehrmittelschau, Seilage zur Schulpfiege 1914, Nr. 1.
Der bekannte Verfasser der „Präparationen für den geographischen Unter-
richt" hat in dem vorliegenden Bändchen ein recht brauchbares Hilfsmittel ge-
schaffen, und der Verlag hat für eine vortreffliche Ausstattung mit Farben-
tafeln, Abbildungen, Kartenskizzen und Diagrammen vollauf Sorge getragen. .. .Der
Inhalt ist nach Anlage und Darstellung fast durchweg tadellos zu nennen—
10. pädagogisches Literaturblatt, Seilage der preußischen Lehrerzeitung, Spandau
1913, Nr. 7.
Übernommen ist von Fischer-Geistbeck das methodisch gut zusammengestellte,
technisch überaus schön ausgeführte reiche Veranschaulichungsmaterial, im ganzen
ein Drittel des Werkes; ferner Betonung des anthropo-geographischen Moments
und des Grundsatzes: mehr geographische Bildung als geographisches Wissen. Der
Verfasser, als Geograph und Methodiker hoch geschätzt, hat die
besten Grundsätze neuerer Bestrebungen verständig und glücklich
durchgeführt, namentlich auch die Idee des Arbeitsunterrichts,
deren Durchführbarkeit gerade er infeinen Präparationen zuerst
begründet hat. So verdient das prächtig ausgestattete Werk
warme Empfehlung.
11. hannoversche Schulzeitung 1913, Nr. 9.
... Bücher, die modern pädagogische Anschauungen für den Geographie-
Unterricht verwenden: Landschaftskunde; individuelle Behandlung jeder Unterrichts-
einheit; Betonung des Wesentlichen; kurze Absätze mit einer Zusammensetzung
am Schlüsse in Fettdruck; eine den Kindern verständliche Sprache; Bilder, teils
farbig, in Auswahl und Ausführung sehr schön; mit erläuterndem Text; Aufgaben
zum Vergleichen, Berechnen, Zeichnen, Modellieren, Erklären, Skizzen zum Be-
nennen. Es ist die gründliche Arbeit eines hervorragenden Met ho-
dikers.
12. Schulmuseum, Literarische Seilage zur Westpreußischen Schulzeitung 1914, Nr. i.
Was diese Erdkunde vor andern auszeichnet, ist, daß sie alle Länder
in Beziehung zum Deutschen Reiche bringt. Handelspolitische Jnter-
essen sind besonders hervorgehoben. Das Werk gehört zu den besten seiner
Art und kann warm empfohlen werden.
13. Lehrerzeitung für Westfalen, üie Nheinprovinz, Hannover, öraunschweig,
Walüeck-Pprmont unü üie Nachbargebiete 1913, Nr. 43.
Die geographischen Lehrbücher von Fischer-Geistbeck sind an höheren Schulen
weit und breit eingeführt, und es war der Wunsch ganz natürlich, sie auch für die
Mittelschulen durch eine Umarbeitung brauchbar zu machen. Wir freueu uns, daß
das nun in den beiden vorliegenden Büchern so geschickt und einsichtig
geschehen ist, und wir können ihnen nur eine möglichst weite Verbreitung
wünschen.
14. Allgemeines Schulblatt für öen Neg.-Sez. Wiesbaden 1914, Nr. 21.
Was Wissenschaft und Methodik in den letzten Jahren Brauchbares für die
Erdkunde errungen haben, ist hier von einem unserer a u g e s e h e n st e n
Schulgeog.raphen, Müller -Magdeburg, in tiefgründiger Weise
und faßlicher Darstellung verwertet. Nach großen Gesichtspunkten wird
den nationalen Bedürfnissen Rechnung getragen, werden die erdkundlichen Er-
scheinungen begründend erarbeitet, Geschichte und deutsche Literatur als treue
Stützen aufgegriffen. Nur ein erfahrener Schulmann, dessen Ziel nicht geographisches
Wissen, sondern geographische Bildung ist, kann seinen reichen Stoff so sorgfältig
sichten, so sachlich und doch für den Schüler so an mutend gliedern,
sich so bezeichnend ausdrücken, überhaupt den: Kinde so nahe
rücken, daß der Erfolg nicht ausbleiben kann.
Als besondere Vorzüge erachte ich das liebevolle Verweilen bei
wichtigen Erscheinungen, die kurze Erledigung von Gebieten, die
für das heutige Kulturleben keine Rolle spielen, die Berück-
fichtigung des deutschen wirtschaftlichen Schaffens, das Hin-
arbeiten jedermethodischen Einheit zu einer Erkenntnis, die stets
in einen: fettgedruckten Schlußsatz, einem kernigen Merksatz aus-
gedrückt i st.
Selbstverständlich ist in einem Buch von Müller, der sich um die erdkundliche
Darbietung schon hohe Verdienste erworben hat, auch das tiefere Karten-
Verständnis und die Selbstbetätigung des Schülers in Anspruch ge-
nommen. Ist ein größeres erdkundliches Gebiet bezwungen, so folgt noch ein Ab-
schnitt von Fragen und Aufforderungen an den Schüler, die Gelegenheit geben,
nach neuen Gesichtspunkten die erarbeiteten Stoffe zu verwerten, die neuen Vor-
stellungen mit früher erworbenen zu verankern.
Stets ist die Kulturbeziehung unseres Vaterlandes zur Fremde hervorgehoben.
Ein Drittel jedes Bandes nehmen vorzügliche Abbildungen ein. Ich wünsche
der treuen Arbeit die verdiente Verbreitung.
15. Gstfriefisches Schulblatt 1913, Nr. 15.
Wir haben es hier nicht etwa mit einem Auszuge aus dem Fischer-Geistbeck-
schen Werke zu tun, sondern mit der Beachtung der in diesen: befolgten Grund-
sätze... Gute Skizzen und Abbildungen zieren das Werk, das recht warm
empfohlen werden kann.
— 6 —
16. Schleiche Schulzeitung 1913, Nr. 44.
... Der Unterricht, an der Hand dieser Bücher erteilt, wird nicht totes geographi-
sches Wissen, sondern geographische Bildung erzeugen. Die stummen Karten-
skizzen sind leicht dem Arbeitsunterricht dienstbar zu machen... Die zahlreichen
Abbildungen sind hervorragend in ihrer Auswahl und bildlichen
Darstellung. Aus ihnen lernt der Schüler mehr als aus seitenlangem Text.
Die eingefügten klassischen Schilderungen hervorragender For-
schungsreisender halten wir für ein treffliches Mittel zur Belebung
und Ergänzung des geographischen Unterrichts. Recht brauchbar und
darum angelegentlichst empfohlen.
17. posener Schulmuseum, Liter. Beilage zur posener Lehrerzeitung 1914, Nr. 34.
Der neue Fischer-Geistbeck-A. Müller „Erdkunde für Mittelschulen" hat
meinen vollen Beifall, namentlich auch, weil er so erfreulich viel Eigenwuchs
zeigt. Ganz besonders gefällt mir — neben den anerkannten Vorzügen des Fischer-
Geistbeck — daß A. Müller Stoff und Wissen so maßvoll und treffsicher
zumißt, dabei uicht dürftig und nüchtern, so gar nicht leitfaden-
mäßig auch in der Darstellung wird und sich nicht so gesucht und
übertrieben wissenschaftlich und geistreich gebärdet. Gerade weil
der erfreuliche Fortschritt in der Methode des geographischen Unterrichts und in
den Fähigkeiten der Lehrenden diesbezügliche Gefahren auch für die geographischen
Hilfsbücher mit sich bringt, möchte ich dasMaßhaltenund die kluge,schöne
Ei nfachheit des Fischer-Gei st beck-A. Müll er besonders betonen und
rühmen. Ich empfehle das Buch sehr — auch für die Vorbereitung
des Lehrers an Volksschulen.
18. die Wacht 1914, Nr. 8.
Das Buch vermittelt wahrhaft geographische Bildung und sei darum warm
empfohlen.
19. Liter. Heilage zum Schulbl. sür üie Herzogtümer Sraunschweig unü Inhalt,
1913, Nr. 7.
Da der Name Albert Müller nicht nur an einen der gediegensten Geographen
und Methodiker erinnert, sondern geradezu ein Programm, nämlich das des
geographischen Arbeitsprinzips, bedeutet, so kann eine Ausgabe der präch-
tigen Erdkunde von Fischer-Geistbeck, von ihm für Mittelschulen bearbeitet, nur
freudig begrüßt werden. Sie ist natürlich weit entfernt von einem mechanischen
Zusammenstreichen des Stoffes, verlegt aber gleicherweise den Schwerpunkt der
länderkundlichen Darstellung auf die anthropo-geographische Seite und bringt gleich-
falls die reichen, köstlichen Bilder usw. zur Veranschaulichung. Verfasser wünscht mit
Recht mehr ein Verweilen bei einem geographischen Gedanken als ein Hasten nach
immer neuen Tatsachen, mehr ein Zusammenfassen unter weiten Gesichtspunkten
als ein fortgesetztes Aufzeichnen von Stoffmassen, mehr Denk-als Gedächtnisarbeit,
mehr geographische Bildung als geographisches Wissen. Meisterhaft ist überall
die Darstellung. An vielen Stellen finden wir neue, stets wertvolle Ge-
sichtspunkte.
20. Clsaß-Lothringische Schulzeitung 1913, Nr. 27.
Der durch seine Geographiemethodik bekannte Verfasser bietet hier ein treff-
liches Hilfsbuch für Mittelschulen, das sich kühn neben die kleineren Ausgaben
von Kerp und Harms stellen darf, ja diese durch Einfachheit und Klarheit noch über-
trifft. Der Bilderschmuck ist reichlich, der Preis angemessen. Zur Einführung
empfohlen!
— 7 —
21. Neue Slätter aus Süüöeutfchlanü für Crziehung unü Unterricht 1913, Nr. 6.
.. .Diese neue Bearbeitung von Fischer-Geistbeck sucht mit Glück das leben-
dige Verständnis der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse
der Gegenwart zu erwecken und der staatsbürgerlichen Erziehung
derJugend zu dienen. Sie bietet weniger geographisches Wissen als geo-
graphische Bildung, registriert nicht nur, sondern summiert und faßt unter leitenden
Ideen zusammen. Der Anschauung wird durch gute, auch viele schöne farbige Ab-
bildungen Vorschub geleistet; die Selbsttätigkeit der Schüler wird durch Aufgaben,
insbesondere fürs Zeichnen und Formen, reichlich angeregt.
22. Magazin für Pädagogik 1914, Nr. 4.
Müller-Magdeburg gilt als einer unserer ersten Geographiemethodiker,
und wenn er die bewährten Lehrbücher von Fischer-Geistbeck für die Mittelschulen zu
bearbeiten unternahm, konnte man zum voraus versichert sein, daß er nicht bloß
einen gedrängten Auszug aus einer einzelnen Ausgabe und noch weniger eine
bloße stoffliche Zusammenstellung aus allen seitherigen Ausgaben liefern würde.
Vielmehr bedeutet Müllers Arbeit eine sinngemäße Übertragung der Fischer-
Geistbeckschen Unterrichtsgrundsätze auf die einschlägigen behördlichen Bestim-
mungen für Mittelschulen. Er verlegt den Schwerpunkt der länderkundlichen Be-
trachtungen aus die anthropo-geographische Seite, deren Endziel ein lebendiges Ver-
standnis der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der Gegenwart auf Grund
der natürlichen Begebenheiten der Länder ist. Die Einzeltatsachen werden sodann
zu Allgemeintatsachen summiert und unter leitenden Ideen zusammengefaßt —
der beste Weg zu moderner geographischer Bildung. Dabei kommt
die Schulung im induktiven Denken wie auch die Pflege der Selbsttätigkeit der
Schüler auf ihre Rechnuug.
23. Literarische Seilage zum Württemb. Schulwochenblatt 1913, Nr. 40.
Die Bücher zeichnen sich durch reiches Maßhalten hinsichtlich des Stoffes
für gedächtnismäßiges Wissen, klare Hervorhebung des Einflusses der natür-
lichen Verhältnisse eines geographischen Gebiets auf seine kulturellen, Wirtschaft-
lichen und politischen Zustände, Betonung der wirtschaftlichen Beziehungen
Deutschlauds zu fremden Ländern, äußerst gelungene Illustration des Textes durch
Abbildungen, darunter farbige, Diagramme und Karten (letztere sind in ihrer ein-
fachen, markigen Darstellung vorbildlich für das Kartenzeichnen der Schüler) und
Einfügung klassischer Schilderungen hervorragender Forschungsreisender aus.
Sie sind für ihre Zwecke vortrefflich angelegt____
24. die deutsche Schule im Auslände 1914, Nr. 9. '
...Man hat seine helle Freude an dem Inhalt und der Aus-
stattung dieser ausgezeichneten Erdkunde.
25. Literarische Seilage zur Schweizerischen Lehrerzeitung 1913, Nr. 7/8.
.. .Nach Stoffumfang, Anschaulichkeit, leitenden Gesichtspunkten, Surgsalt
im einzelnen, ist das ein vorbildliches Lehrmittel.... Die reiche Aus-
stattung mit geographischen Skizzen, Karten, Ansichten, farbigen Landschaften,
läßt das Buch außerordentlich billig erscheinen.
26. Archiv für Pädagogik 1914, h. 1.
Als uns vor einiger Zeit der Direktor einer großen Chikagoer Schule erzählte,
in welcher Weise mit seinen Schülern der geographische Unterricht betrieben würde,
und dabei ausführte, daß ein großer Teil der Arbeit dem Hausfleiß der Schüler
im Anschluß an ein Lehrbuch überlassen würde, hörten wir das mit einigen Be-
— 8 -
denken an und konnten uns besonders von dem Lehrbuch keine rechte Vorstellung
machen, das zu Hause bis zu einem gewissen Grade den Lehrer ersetzen sollte.
Das vorliegende Werk hat unsere Bedenken vollständig zerstreut. Als Lehrbuch
für die Hand des Schülers gedacht, ist es ein Meisterstück an sorg-
fältiger Stoffauswahl, methodischer Durcharbeitung, guter Gliede-
rung und anschaulicher Darstellung. Wohlausgewählte bunte und ein-
farbige Abbildungen, instruktive Skizzen u. dgl. nehmen etwa ein Drittel des
Werkes ein. Die Preise des gediegen ausgestatteten Lehrbuches sind
recht mäßig.
27. Schaffende Arbeit unü Zäunst in üer Schule 1915, h. 10.
Müllers Lehrbuch ist in bezng auf den Text und die Fülle trefflicher Abbil-
düngen geradezu mustergültig.
28. Clfaß-Lothring. Schulblatt 1914, Nr. 16/17.
Ein Buch, das sich von der Leitfadenmanier fernhält, durch klassische
Schilderungen Leben zu wecken und durch Herstellung von Zusammen-
hängen und Aufdeckung von Beziehungen in systematisches Denken über
geographische Objekte einzuführen sucht.
29. Schulanzeiger für Unterkonten und flfchaffenburg 1914, Nr. S/9.
Die Fischer-Geistbeckschen Unterrichtsgrundsätze, die diesen Büchern ihre Be-
liebtheit verschafft, find samt allen berechtigten Neuerungen der erdkundlichen
Methodik in diesem Werk in ganz ausgezeichneter Weise verwertet. Auch zur
Vorbereitung für den Lehrer sehr geeignet.
30. Lit. Seilage üer Lehrerzeitung für Oft- unü Veftpreußen 1915, Nr. i.
Würdig, wie es zu erwarten war, reiht sich diese Ausgabe den uns bekannten
Fischer-Geistbeckschen Ausgaben an. Wir danken dem Verfasser für seine Tat!
ZI. päüagogifche Neuigkeiten 1914, Nr. 1.
Die von dem bekannten Methodiker Müller, Magdeburg, für Mittelschulen
bearbeitete Ausgabe -von Fischer-Geistbeck liegt fetzt abgeschlossen vor. Es ist dem
Verfasser trefflich gelungen, die wirtschaftsgeographischen Tatfachen aus den
natürlichen Bodenbedingungen abzuleiten und die geographischen Gedanken
herauszuschälen, die für Natur und Wirtschaft Deutschlands wertvoll sind. Farben-
«tafeln, Abbildungen und Diagramme unterstützen die von deutschen! Geist
getragenen Ausführungen.
32. Neue ölätter für Sie volksfchule üer Herzogtümer öremen unü verüen unü
ües Lanües haüeln 1914, Nr. 1.
Der trockene Leitfadenstil ist möglichst vermieden worden. Klassische Schilde-
rungen hervorragender Forschungsreisender sind an einzelnen Stellen eingefügt.
Skizzen und schöne farbige Abbildungen nehmen ein Drittel des Buches ein. Dem
Buch wird ein Erfolg beschieden sein.
33. „pharus", Rath, päüagogifche Monatsschrift, 1915, h. 3.
Von dem Büchlein gilt dasselbe, was kürzlich in diesen Blättern über dessen
Grundlage (Fischer-Geistbeck) gesagt wurde. Obgleich es in manchen Teilen ge-
kürzt, in anderen wesentlich geändert ist, hat es alle Vorzüge seiner Quelle
und kann durchaus empfohlen werden.
— 9 —
34. Sie Arbeitsschule. 28. Jahrgang, h. H.
Das Werk zeichnet sich durch klare Darstellung und einen reichen Jllu-
strationsschmuck aus.
35. öaperische Zeitschrift für das Nealschulwesen 191b, £>. 7.
Eine geschickte Um- und Ausarbeitung der Erdkunde von Fischer-
Geistbeck unternahm für Mittelschulen in norddeutschem Sinn A.Müller.
3b. ölatter für preußische Lehrerbildung 1914, Nr. 7.
Der Stosf ist geschickt ausgewählt und knapp, aber doch anschaulich dargestellt.
Vielfach kommen hervorragende Forscher selbst zu Wort. Die Länderkunde ist
vorwiegend anthropo-geographisch. Der staatsbürgerlichen Erziehung ist
durch eingehende Behandlung der deutschen Kolonien, des Deutschtums im Aus-
laude und der deutschen Wirtschaftsinteressen Rechnung getragen. Die Selbst-
tätigkeit des Schülers wird durch treffliche Aufgaben und die zahlreichen
Abbildungen — sie machen ein Drittel jedes Teils aus — weitgehend angeregt.
Der Verlag hat die Bücher gut ausgestattet und den Preis niedrig bemessen.
37. pädagogische Zeitung: ölatter für pädagogische Literatur 1914, Nr. 5.
Klare Herausarbeitung und präzise Formulierung weniger Hauptergebnisse,
Zusammenfassung des Einzelnen zu leitenden Ideen zeichnen das Werk aus. Ge-
mäß seinem schon früher dargelegten Standpunkte betont der Verfasser in der
Selbsttätigkeit des Schülers, die durch Zeichnen, Vergleichen, Erklären und Be-
gründen in Anspruch genommen wird, den geographischen Arbeitsunterricht.
Das Buch legt den Schwerpunkt auf die anthropo-geographische Seite und hier
wiederum im nationalen Interesse auf Deutschland. Jedes fremde Land
wird in seiner Bedeutung für unser Reich gewertet. Die Abbildungen
sind gut und nehmen einen großen Teil des Buches ein.
38. Rorrespondenzblatt für kath. Lehrer, Lehrerinnen und Schulfreunde 1913, Nr. ib.
Unter genauer Berücksichtigung der maßgebenden Bestimmungen für das
Mittelschulwesen in Preußen wurden die als vorzüglich bekannten und viel be-
nutzten Lehrbücher der Erdkunde von Fischer-Geistbeck von sachkundiger Hand
neu bearbeitet und für den Gebrauch an Mittelschulen eingerichtet.
Diese Neubearbeitung verdient dieselbe Anerkennung und warme Emp-
fehlung wie die bisher bestehenden Ausgaben. Die Auswahl des
Stoffes ist angemessen, die Darstellung klar, korrekt und gut gegliedert, das Er-
gebnis der einzelnen Abschnitte durch den Druck hervorgehoben. Dazu wird der
Text reich und mannigfaltig illustriert und veranschaulicht. Die Absicht des Ver-
fassers, auf Grund der natürlichen ein lebendiges Verständnis der Wirtschaft-
liehen und staatlichen Verhältnisse der Gegenwart zu erzielen, finden wir überall
erreicht. Da auch die Ausstattung des Werkes tadellos ist, können wir es als vor-
treffliches Hilfsmittel für den geographischen Unterricht in Mittel-
schulen recht angelegentlich empfehlen.
39. Österreichische Mittelschule 1915.
Der Schwerpunkt der länderkundlichen Betrachtungen liegt für Müller, dem
wir im „Geographischen Anzeiger" sehr hübsch zusammengestellte ständige Be-
richte über „Die Geographie in der pädagogischen Presse" verdanken, auf der
anthropo-geographischen Seite; sie soll „ein lebendiges Verständnis der Wirtschaft-
— 10 —
lichen und politischen Verhältnisse der Gegenwart auf Grund der natürlichen
Gegebenheiten der Länder" erzielen. Mehr geographische Bildung als geographi-
sches Wissen verlangt Müller, „darum werden die Einzeltatsachen zu Allgemein*
tatsachen summiert und unter leitenden Ideen zusammengefaßt." Durch zahl-
reiche Aufgaben soll ferner die Selbständigkeit des Schülers angeregt werden.
Trotz der Knappheit des Textes ist stets auf eine anschauliche Darstellung Bedacht
genommen. Soweit Referent beurteilen kann, entsprechen die Bände Vorzüge
lich den behördlichen Anforderungen.
40. Frauenbilöung, 14. Jahrg.
Das Buch ist nicht eine einfache Kompilation aus den bewährten Fischer-
Geistbeckschen Büchern, nicht eine neue Ausgabe unter den vielen, sondern stellt
auf der Grundlage dieser Bücher eine durchaus selbständige Leistung dar.
Das Deutsche Reich bildet den Mittelpunkt des Ganzen, die anderen
Staaten werden von diesem Gesichtspunkte aus behandelt. Deutsche Kolonien,
das Deutschtum im Auslande und die deutschen Wirtschaftsinteressen spielen eine
hervorragende Rolle. Klassische Schilderungen hervorragender Forfchungs-
reisender dienen neben den in reicher Anzahl und guter Auswahl dargebotenen
Abbildungen und Skizzen zur Veranschaulichung des Stoffes.
41. Die deutsche Schule 1914, h. 7.
Ein schönes Lehrbuch, -reich im Text gestaltet, bringt als empfehlenswerte
Neuerung Produktionen von typischen Bildern aus der Gemäldegalerie, aus
Ausstellungen usf., Müller befolgt zwar die Grundsätze des Hauptwerkes im großen
ganzen, geht aber auch eigene Wege, z. B. in der Anregung der Schüler-
selbsttätigkeit.
42. Schweizerische pädagogische Zeitschrift, 2b. ?ahrg. f>. 2.
Durch Beschränkungen in der Stoffauswahl ist es möglich geworden, für
einige klassische Schilderungen hervorragender Forschungsreisen den Raum
zu schaffen. Auch das Bildermaterial, mit dem die Fischer-Geistbeckschen
Lehrbücher ausgestattet sind, ist hier reichlich verwendet worden; die Jlln-
strationen nehmen gut ein Drittel des ganzen Buches ein.
43. Österreichischer Schulbote 1914, Nr. 5/6.
Die Darstellung steht durchaus auf der Höhe der neuen Wissenschaft
und wird in gewählter, klassischer Sprache gegeben. Eingefügte Auf-
guben verlangen Umrißzeichnungen von Seen, Zeichnungen von Flußläufen,
den Verlauf gewisser Bodenschichten, Zusammenstellungen, Begriffserklärnng,
Modellierungen, die Gründe gewisser Erscheinungen (der Quelleuarmut von
Kalkgebirgen, der Unbeständigkeit des Wetters in Mittel- und Nordeuropa, der
milchig-graueu Farbe eines Gletscherbaches) . . . Auf induktivem Wege wird die
allgemeine Charakteristik einer Gegend, einer Landschaft, eines Flusses, eines
Landes entwickelt. Wohltuend wirkt der nationale Sinn, der das ganze Buch
durchzieht. Die Ausstattung des Buches ist glänzend.
44. hamburgische Schulzeitung 1914, Nr. 13.
Es ist dem Verfasser gelungen, den umfangreichen Stoff mit Betonung
geographischer Leitgedanken recht übersichtig und klarzur Darstellung zu bringen.
Die Auswahl des 'Stoffes ist durchaus glücklich. Hervorzuheben ist die treffliche
kurze Charakterisierung der einzelnen Landschaften und die geschickte Heraushebung
des Wichtigsten aus dem Wirtschaftsleben.
- 11 —
45. Literarische Seilage zur Sächsischen Schulzeitung 19?4, Nr. ö.
A. Müller hat mit großem Geschick den überreichen Stoff der Erd-
künde gesichtet. Viel Neues und Eigenes bringt er besonders im I. und III Teil
Über 200 gute Bilder, Karten und Diagramme sind beigegeben. Mehr geographische
Bildung als geographisches Wissen, nationale staatsbürgerliche Erziehung, sinn-
voller, kraftbildender Arbeitsunterricht sind leitende Ideen in dieser Vorzug-
lichen neuen Ausgabe des Fischer-Geistbeck.
4b. Lehrerzeitung für Ost- und Vestpreußen, Liter, öeilage 1913, Nr. 1.
Das Buch ist vorzüglich. Es will mehr geographische Bildung als geographi-
sches Wissen vermitteln. Die zahlreichen Aufgaben fordern zum Zeichnen, Model-
lieren, Vergleichen, Zusammenstellen, Reisen usw. auf. Das ist alles Arbeits-
Unterricht. Das Buch wird den modernen Forderungen in der Me-
thodik der Erdkunde gerecht und verdient Anerkennung und Ver-
breitung.
47. Literarische Umschau, Seilage zu Erziehung und Unterricht 1914, Nr. i.
Wir finden m diesen Büchern den für die Mittelschulen bestimmten Stoff
übersichtlich geordnet und die neuesten Ergebnisse der geographischen
Forschungen dabei benutzt. Überall zeigen sich Anregungen zur Selbsttätigkeit
der Schüler, und die Abbildungen und Skizzen nehmen ein Drittel des Inhalts
der Bücher ein. Es füllt daher durchaus nicht schwer, sie sür Mittelschulen warm
zu empfehlen.
48. Literarischer Wegweiser, öeilage zum Schulblatt üer Provinz Sachsen 1914, Nr. 4.
Die Forderung der Bestimmungen vom 3. Februar 1910, daß „überall durch
Beziehung zur Heimat die Einsicht in deren erdkundliche Eigenart gefördert"
werde, findet in diesem Schulwerk des bekannten Verfassers der „Präparationen
für den geographischen Unterricht" eine geradezu glänzende Erfüllung. Syste-
matisch sind von Anfang an Fäden um Fäden von der Heimat in
die Ferne gesponnen, werden überall neben den allgemein-geographischen
Abhängigkeiten die nationalen Beziehungen und Bedürfnisse der Deutschen in
einfacher, doch zwingender Darstellung betont. Die Heimatkunde geleitet
so den ganzen Geographieunterricht, die Heimat selbst weitet sich
zur Welt. So liegt auf allen gewonnenen Erkenntnissen ein Gefühlston,
der noch eine breite Grundlage erhält durch die in dem Werk überall angewendete
selbsttätig schaffende Mitarbeit des Schülers, so daß durch Messen, Vergleichen,
Rechnen und Modellieren von selbst die am Ende jedes Abschnittes herausspringende
Erkenntnis fein unverlierbares Eigentum wird. Bedenkt man ferner, das die
künstlerisch wie geographisch eindrucksvollen, farbigen Schaltbilder, die zahlreichen
Schwarzdruckbilder und Skizzen, die fast ein Drittel des Buches füllen und durch
die ihnen beigegebenen Texte den Schüler zum Selbststudium herausfordern
und auf diese Weise der häuslichen Arbeit die dornenvollen Wege ebnen helfen,
so wird man zugeben müssen, daß die Müllersche Bearbeitung des Fischer-
Geistbeckschen Werkes mehr ist als eine bloße Überarbeitung: eine
glänzende Neuschöpfung, eine geographische Tat, die die Beachtung
aller in^ hohem Maße verdient, denen der Geographieunterricht ein treffliches
Mittel ist, Verständnis für die Weltstellung seines Volkes auf Grund seiner natür-
lichen Abhängigkeiten zu vermitteln, der staatsbürgerlichen Erziehung eine starke
Stütze zu leihen und den Blick zu öffnen für die Bedeutung der nationalen Arbeit.
— 12 —
49. Mecklenburgische Schulzeitung 1915, Nr. 5.
Das Müllersche Lehrbuch gehört zu den besten Hilfsmitteln des
erdkundlichen Unterrichts: Die Betrachtung nach natürlichen Landschaften
ohne Vernachlässigung der politischen Verhältnisse, die überaus klare Gliederung
des gesamten Stoffes, die Merksätze am Schlüsse eines jeden Abschnittes, die strenge
Zurückführung der Tatsachen auf Ursache und Wirkung, die sauberen Skizzen,
die anmutigen Buntdruckbilder, die regelmäßige Beziehung auf die Heimat, die
kräftige Betonung des Deutschtums auf der Erde und nicht zuletzt auch die Erziehung
der Kinder zur Selbsttätigkeit auf Grund des Arbeitsprinzips sind hervorstechende
Vorzüge dieses Buches.
50. Literaturbeilage üer preußischen Schulzeitung 1914, Nr. 25.
... Auf einen besonderen Vorzug des Buches muß noch hingewiesen werden:
Die einzelnen Abschnitte gipfeln in charakteristischen Leitgedanken, die
noch durch Fettdruck besonders hervorgehoben sind. Reich ist auch die bildliche
Ausstattung des Lehrbuches: Senkrechte Schnitte, Profile, einfache Zeichnungen,
Charakterbilder, wohlgelungene Abbildungen, einige auch in Farbendruck, dieuen
der Veranschaulichung. Wir wünschen dem vorzüglichen Buche die Beachtung,
die es verdient.
51. Zeitschrift für lateinlose höhere Schulen 191 Z/14, Nr. 4.
Der Lehrstoff ist übersichtlich gegliedert, die Angaben sind zuverlässig
und das Ganze wird durch zahlreiche gute, zum Teil neue Abbildungen
erläutert.
52. Sücherschau, Monatliches Literaturblatt öer Hommerschen ölätter für die
Schule 1914, Nr. 2.
A. Müller hat es verstanden, die Geistbeckschen Grundsätze auf die Bestimmungen
über das Mittelschulwesen sinngemäß und geschickt zu übertragen. Der
Schwerpunkt der länderkundlichen Betrachtung liegt auf der anthropo-geographi-
schen Seite. Zahlreiche Aufgaben regen zur Selbsttätigkeit an, und zwar finden
auch Zeichnen und Formen Berücksichtigung. Einen wertvollen Bestandteil des
Ganzen bilden die vielen, z. T. recht wertvollen Abbildungen und Skizzen. Der
Stoff ist vorzüglich gegliedert und klar und übersichtlich zur Darstellung
gebracht.
53. Schulanzeiger für Nieöerbapern 1914, Nr. 1 über Teil III.
Der Schulanzeiger hat schon früher (S. 355) auf diese illustrierte, sehr über-
sichtlich gegliederte Erdkunde aufmerksam gemacht. Der vorliegende,
soeben erschienene III. Band reiht sich den beiden ersten Bänden würdig an.
Er legt besonderes Gewicht auf das Verständnis des deutschen Wirt-
schaftslebens.
54. Zeitschrift für Jugenderziehung unü Jugendfürsorge 1914, Nr. 15.
Wir haben die beiden ersten Teile dieses Lehrbuchs als vorbildliche in et ho-
dische Arbeit den Geographielehrern bereits angelegentlich empfohlen. Wenn
auch der vorliegende 3. Teil der Hauptsache nach Deutschland behandelt, so bietet
er dennoch auch schweizerischen Lehrern reiche methodische Anregung. Die all-
gemeine und die mathematische Geographie kauu unmittelbar verwendet werden,
da Stoffwahl und Behandlung mustergültig sind. Wir halten die drei
Bändchen für das Beste unter der methodisch-geographischen Lite-
ratur, das uns seit langem zu Gesicht gekommen.
— 13 —
55. Zreie Schulzeitung 7914, Nr. 32.
Tie Bearbeitung nimmt stets aus Grund und Folge, Ursache und Wirkung
geographischer Tatsachen und wirtschaftlicher Erscheinungeu und der Volkseigenart
Bedacht, wobei auch die Kulturgeographie fremder Staaten durch Vergleiche
herangezogen und so das Verständnis für die Bedeutung Deutschlands geweckt
wird. Abbildungen, Diagramme und Karten unterstützen überall die Belehrungen.
Das Lehrbuch von A. Müller kann wegen seines gut gewählten und vor-
züglich bearbeiteten Stoffes als Schulbuch bestens empfohlen wer-
den.
5b. Neue Sahnen, Literarische Iahresschau 1913.
Diese Erdkunde will kein Buch zum Einprägen des Stoffes, sondern ein Buch
zun: besinnlichen Nachlesen und Durcharbeiten sein, und diesem Zwecke entspricht
es auch. In einfacher, klarer Darstellung verweilt das Buch bei dem
Wesentlichen, und in diesem Puukte scheint es mir eines der besten
Lehrbücher zu sein. Die Masse der toten Nebensachen ist vermieden.
Das Anthropo-geographische steht im Vordergrund, es wird aber immer auf Grund
der natürlichen Gelegenheiten dargestellt und die Naturverhältnisse erhalten die
gebührende Würdigung. Müller folgt der Erdkunde von Fischer-Geist-
beck in ihren Vorzügen. Was mir bei dieser als Mangel erscheint,
tritt aber bei Müller zurück. Die Ausstattung mit Bildern ist zweck-
entsprechend. Die Anlage des Buches folgt den Vorschriften für Mittelschulen.
57. Deutsche Slätter für erziehenden Unterricht 1913/14, Nr. 41.
Lebendiges Verständnis der wirtschaftlichen und politischen Zustände auf
Grund der natürlichen Verhältnisse der Länder unter Berücksichtigung unserer
nationalen Bedürfnisse ist das Endziel dieser gediegenen Erdkunde für Mittel-
schulen. Überall spürt man in dem Buche den erfahrenen Methodiker, der uuter
sinnvoller Verwertung der Fischer-Geistbeckschen Unterrichtsgrundsätze den preußi-
scheu Bestimmungen über das Mittelschulwesen vom 3. Februar 1910 gerecht wird.
Durch verständiges Maßhalten bezüglich des gedächtnismäßigen Wissens,
dessen Einprügung fettgedruckte Merksätze erleichtern, ist der Grundsatz: „Mehr
geographische Bildung als geographisches Wissen" beachtet worden.
Die knappe und dabei doch klare und anschauliche Darstellung
des Stoffes, welche durch vorzügliches, etwa den dritten Teil des Wer-
kes füllendes Anschauungsmaterial und durch klassische Schilde-
rungen hervorragender Forschungsreisender unterstützt wird, gewinnt aus den
geographischen Einzelerscheinungen leitende Ideen und schult dadurch die Schüler
im induktiven Denken. Durch Aufdeckung der Beziehungen zwischen
Fremde und Heimat wird die Einsicht in die erdkundliche Eigenart der
letzteren gefördert und der Blick immer wieder auf diese gelenkt. Neben der geisti-
gen Selbsttätigkeit der Schüler, welche durch die methodische Gestaltung
des Stoffes begünstigt wird, fördert das Werk durch zahlreiche Aufgaben (Messen,
Zeichnen, Modellieren!) auch die manuelle Selbstbetätigung der Kinder.
Unter der Menge der erschienenen erdkundlichen Unterrichtswerke für Mittel-
schulen ist dieses Buch unzweifelhaft eins der besten.
Georg-Eckert-Jnstltut
für internationale
Schulbuchforschung
ßraunschweig
Schulbuchbifelj^theU
— 14 —
Aus der großen Zahl von Zuschriften:
1. Rektor plattke, Wilhelmshaven.
In der Hochflut der erschienenen Unterrichtswerke für Erdkunde [teilt diesesBuch
unzweifelhaft eines der besten dar.
2. Mittelschulrektor Zöllner, Magdeburg.
Albert Müllers „Erdkunde für Mittelschulen" ist ein Mei stenucrf i n Aufbau
ii u b Darbietung des Stoffes.
Z. Rektor % Schmidt, Langensalza.
Ein vorzügliches Werk, welches [ich durch klare, knappe und doch anfchau-
liche Darstellung des Stoffes auszeichnet.
4. Rgl. Kreisschulinspektion Samotschin.
Das Buch wird sicherlich [einen Weg nicht nur in unseren Mittelschulen finden,
sondern auch an mehrklassigen Volksschulen gern und mit großem Erfolg in
Gebrauch genommen werden.
5. Rgl. Seminarlehrer Fritz Habbel, Naralene bei Insterburg.
Ein solches Werk, das durch die Gediegenheit seines Inhaltes uud
seiner Ausstattung wirkt und nach Anlage und Darstellung den besonderen Zielen
unserer Mittelschulen Rechnung trägt, verdient weiteste Verbreitung.
H. Matt, vertretender Leiter der Mittelschule in Saarunion.
Ich habe die Hefte nunmehr durchgearbeitet und praktisch erprobt und kann Ihnen
mitteilen, daß ich mit dieser Methode die besten Erfolge erzielt habe. . . . Ich werde
dahin zu wirken suchen, daß sie mit dem kommenden Jahrgange bei den neueiutreteudeu
Schülern eingeführt werden.
7. vr. Wilhelm Meper, Flensburg.
Fischer-Geistbeck-Müller, „Erdkunde für Mittelschulen" ist in seiner übersichtliche??
Art der Darbietung, klaren Darstelluugsweise und [einem Anschauungsmaterial ein
vortreffliches Werk, das dem modernen Geographieunterricht in jeder Hinsicht
gerecht wird.
8. vr. h. Müller, Gnesen.
Das an die neuen Bestimmungen für Mittelschulen sich eng anschließende
Lehrbuch ist bis in die kleinsten Einzelheiten hinein sehr sorgfältig gearbeitet
und verdient als ausgereifte Arbeit nach jeder Richtung uneinge-
schränktes Lob.
9. Mittelschulrektor Gerike, Magdeburg.
Das gesamte Werk ist nach Anlage, Darstellung und Ausstattung vorzüglich.
10. Mittelschullehrer p. Richter, Wittenberge.
Es ist ein guter Fortschritt in der altbewährten Richtung Geistbecks mit dieser
Neubearbeitung gemacht worden. Besonders wertvoll sind die Hefte wegen der
eingehenden Berücksichtigung der Heimatkunde. Lobenswert ist, daß
für die entbehrlichen Fremdwörter die guten deutschen Bezeich-
nungen gesetzt worden sind.
- 15 -
11. Lehrer T. Reinkemeper, Köln.
Es ist wohltuend, ein Buch in die Hand zu bekommen, das so sesten Schrittes
auf bewährten Psaden wandelt, ohne jemals das gesunde Neue außer acht zu lassen.
Beide Prinzipien sind so organisch ineinander verwoben, daß man nur erst einmal
unterrichtet haben muß, um zu merkeu, wie alles aus einem Guß kommt.
Der Verfasser verliert keinen Augenblick den Faden aus der Hand, die Schüler er-
halten durch die stilistisch musterhaften zusammenfassenden Sätze einen festen
Grundstock, der sich dem Gedächtnis um so leichter einprägt, weil er überall aus
anschaulichster und lebendigster Darstellung hervorgeht.
12. Mittelschullehrer 5. Poppe, Magdeburg.
Ich habe die Bünde sorgfältig geprüft und muß gestehen, daß mir ein gleich-
wertiges oder gar besseres Buch für den in Frage kommenden Zweck bis jetzt nicht
zu Gesicht gekommen ist. Müller vermeidet die Einseitigkeit und Schwächen aller
bisherigen Arbeiten, die von ihren Verfassern nach dem Erscheinen der Bestimmungen
über die Neuordnung des Mittelschulwesens in Preußen mit einer unverkennbaren
Hast auf den Büchermarkt gebracht wurden. Hervorheben möchte ich folgende
Vorzüge des Werkes:
1. Die Betonung des Arbeitsprinzips ist kein bloßes Schlagwort.
Die Selbsttätigkeit des Schülers wird in weitgehendstem Maße berücksichtigt.
2. Bei der Betrachtung der außerdeutschen Gebiete werden die Bezie-
Hungen zwischen dem Deutschen Reiche und den andern Län-
dern grundsätzlich in den Vordergrund gerückt.
3. Jeder Lehreinheit sind sorgfältig formulierte Aufgaben beigefügt,
die gemäß den neuen Bestimmungen auch „das Zeichnen und Formen
des Schülers im Unterrichte wie als Hausaufgabe als Mittel zur Einprä-
gung der Karte und zur Wiederholung" berücksichtigen.
4. Aus den Einzeltatsachen werden allgemeingültige erdkundliche
Leitideen entwickelt.
5. Das anthropo-geographische Prinzip wird in den Vordergrund gestellt;
die staatsbürgerliche Erziehung und die nationalen Bedürs-
nisse werden besonders betont.
6. Die Darstellung ist bei aller Knappheit in hohem Maße anschaulich.
7. Die äußere Ausstattung verdient volles Lob; eine wertvolle
Beigabe sind die zahlreichen farbigen Tafeln, Abbildungen und Skizzen.
13. Seminaroberlehrer Srechenmacher, Kottweil a. N. lwürtt.1
Den früher besprochenen beiden ersten Teilen ist rasch, der dritte Teil gefolgt,
der für die Geographielehrer an den Oberklassen wohl der wichtigste sein wird,
weil er eine wirklich sorgfältig durchgearbeitete Darstellung der allge-
meinen Geographie (Gesteinshülle der Erde, deren Wasserhülle und Lufthülle)
sowie der Himmelskunde gibt, welch letztere ja ein Schmerzenskind
unserer Schulen ist.
14. Mittelschullehrer h. Laue, Nowawes.
Das Urteil über das Werk hat mir jetzt Haack in: Januarheft des Geographi-
scheu Anzeigers aus dem Munde genommen. Ich kann und muß ihm bedingunas-
los zustimmen. Wer Albert Müller noch nicht aus anderen Arbeiten
kennt, der muß ihn aus dieser Erdkunde als Meister des Stoffes und
der Methode bewundern.
— 16 —
15. Rektor 5. Müller, Magdeburg.
Es bereitet Vergnügen, die Bücher einer Durchsicht zu unterziehen. Es ist
dem Verfasser gelungen, das Charakteristische der einzelnen Landschaften klar
herauszuschälen und lebendig vor die Seele zu führen, dabei alles Schematische
und Nebensächliche, das bisher dem Geographieunterricht ein wissenschaftliches
Gepräge geben sollte, ermüdend wirkte und oft nur als Anhängsel trockener Statistik
wirkte, erbarmungslos aus der Schule zu verbannen. Das Müllersche Buch
gehört zu den wenigen, denen man nach allen Seiten einen hohen Grad der
Vollkommenheit zusprechen muß.
Ib. Mittelschulrektor Hansen.
Die Erdkunde von Fischer-Geistbeck-Müller gilt allgemein für ein ganz vor-
zhgliches Lehrmittel.
!7.^Mittelschullehrer W. Orebes, Magdeburg.
Die Übersichtlichkeit, die hervorgehobenen Leitideen, die Betonung der all-
gemein-menschlichen und speziell-deutschen Interessen, die ausgiebige messende
und vergleichende Heranziehung des Atlasses, und nicht zuletzt die reiche Aus-
stattung mit Bildern, Karten Skizzen und Tabellen sichern dem Lehrbuch einen
Ehrenplatz in der Schulbuchliteratur.
Druck von N. Oldenbourg in München
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