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WKWM
Georg-Eckert-Institut BS78
t4ü£/y. SM
Handbuch
für den
Anschauungsunterricht
und die
Heimatskunde.
Mit besonderer Berücksichtigung des modernen Anschauungsunterrichts,
sowie im
Anschluß an die Winkelmannschen, Leutemannschen und Pfeifferschen Bilderwerke
in ausgeführten Lektionen methodisch bearbeitet und
mit vielen Erzählungen, Märchen, Rätseln usw. versehen
von
Heinrich Zimmermann,
Lehrer in Braunschroeig.
Achte, verbesserte und bedeutend erweiterte Auflage.
II. Band.
Mit 135 Zeichnungen.
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Braunschlveig
C. Appelhans Comp. G. m. b. H.
(Rud. Stolle & Tust. Roselieb)
1912.
. jj, ... Inventarisiert unter
{ärnatioM'a Se!.^;.{ , .IC-1-S3.....
Braunscii^g
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Alle Rechte vorbehalten.
Druck von E. Appelhans & Comp. G. m. b. H, (Rud. Stolle & Gust. Roselieb) in Braunschweig.
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A(
Inhaltsverzeichnis des II. Bandes.
(Die mit einem * versehenen Lektionen gehören dem modernen Anschauungs-
unterrichte an.)
6. Kapitel: Das Feld.
Seite
1. "Das Feld..................1
2. Die Getreidearten............7
3. Die Roggenernte.......12
4. "2Bie das Korn gedroschen wird 18
5. *Die Mühle.........27
6. *Die Kartoffel........37
Seite
7. "Die Kartoffelernte.....43
8. Die Lerche.........47
9. Wandersmann und Lerche
(B. v. Pf.).........51
10. "Die Bestellung des Feldes. . 56
7. Kapitel:
1. Das Wasser.........65
2. Quelle, Bach, Fluß, Strom, Meer 72
3. Die Fische..........75
Der Fluh.
4. Fischlein (B. v. Pf.).....82
5. Der Frosch.........88
6. "2lm Teiche.........94
8. Kapitel: Die Wiese.
1. Die Wiese.......... 100 4. Der Storch (B. v. L.) ... 108
2. Die Heuernte........ 104 5. Störche (33. v. Pf.).....119
3. Der Löwenzahn.......106
9. Kapitel: Der Wald.
1. Der Wald......... . 124 9. Der Wolf . . 172
2. Die Fichte . 133 10. Der Hase. . . . • . . . , . 175
3. Die Eiche......... 136 11. Die Hasenjagd..... . , 183
4. Der Fuchs........ . 140 12. Das Eichhörnchen . . ■ . , . 186
5. Fuchs und Ente (B. v. Pf.) , . 147 13. Der Kuckuck...... . . 191
6 "Das Reh........ . 150 14. "Knabe und Vogelnest
7. Der Hirsch......... , 156 OB- v. Pf.)....... . . 197
8. Der Bär (B. v. Pf.) . . . . . 161
10. Kapitel: Der Himmel.
1. Der Himmel.........207
2. Die Sonne.........209
3. Der Mond und die Sterne
213
11. Kapitel: Die Jahreszeiten.
1. Der Frühling........219
2. Der Sommer .... 225
3. "Unser Schulfest ......228
4. Der Herbst.........231
5. "Herbst auf unserer Straße . . 236
6. "Die Obstbäume im Garten und
an der Landstraße im Herbste . 239
7. "Nebel, Tau, Reif..... 251
8. "Die Wolken........253
9. "Der Regen ........255
— IV —
Seite
10. Der Winter........263
11. *Der erste Schnee......269
12. *Der Schneemann......274
13. *Das Schlittenfahren .... 280
14. Das Büblein auf dem Eise . , 285
15. *Das Schlittschuhlaufen . , . 289
16. Das Weihnachtsfest.....295
17. *(Ein Winterabend in unserer
Stube .........
18. *T)ie Not der armen Leute
19. Der Rabe.......
20. Der Rabe (B. v. Pf.) . .
21. Die Tiere im Winter .
22. Die Pflanzen im Winter .
Seile
12. Kapitel: Der Mensch.
1. Die Hauptteile des menschlichen 4. Das Ohr..........350
Körpers.......... 340 5. Der Mund........354
2. Der Kopf ................6. Die Hand.........358
3. Das Auge........ 344
13. Kapitel: Heimatskunde im III. Schuljahr.
1. Heimat und Fremde.....363
2. Der Horizont........366
3. Die Himmelsgegenden ... 368
4. Die Schulstube.......373
5. Der Plan der Schulstube . . . 376
6. Unser Stockwerk......379
7. Das Schulhaus.......382
8. Der Schulhof.......385
9. Die Schulstraße.......386
10. Die Nachbarstraßen.....389
11. Die Herberge zur Heimat . . 393
12. Die Sonnenstraße......397
13. Die Martinikirche......399
14. Der Altstadtmarkt......402
15. Orientierung auf dem Stadtplane404
16. Die elektrische Straßenbahn . 406
17. Der Kohlmarkt und seine
Umgebung.........410
18. Vom Kohlmarkt nach dem
Rathause......... . 420
19. Die Post..........426
20. Bahnhof und Eisenbahn . . . 429
21. Die Münzstraße.......433
22. Die Feuerwehr.......435
23. Die Polizei.........440
24. Das Gericht........442
25. Im Amtsgericht.......445
26. Die Wasserleitung . . . • . . 447
27. Die Bewohner des Ortes . . 451
28. Ein Gang um die innere Stadt 453
29. Die Gasanstalt.......463
30. Unsere Soldaten.......469
31. Aus Braunschweigs Feslungszeit 475
32. Wind und Wetter .....481
33. Bilder aus der Geschichte
Braunschweigs.......485
34. Der Berg.........490
35. Das Tal..........500
36. Die stehenden Gewässer . . . 502
Sechstes Kapitel.
Das Ueld.
1. Das Feld.
I. Der Weg ins Feld. (Der Lehrer bereite die Unterredungen
über das Feld durch mehrmalige Spaziergänge mit den Bindern
vor.)
Gestern haben wir einen Spaziergang ins Feld gemacht. Heute
will ich sehen, ob ihr noch recht viel von dem wißt, was ihr gesehen
habt. Wo haben wir uns versammelt? — Welche Straße sind wir
dann hinausgegangen? — Der Weg ins Feld: Brücke — die Oker
— Promenade. (Womit bestreut? — Hohe Kastanienbäume.) — Te-
legraphenstangen — Eisenbahn — Übergang — Wärterhäuschen.
Nun befanden wir uns nicht mehr zwischen den Häusern, wir waren
im Freien, im Felde. Wie weit konnten wir auf dem Felde nach
links schauen? Bis zum Walde. Und nach rechts? — Wie weit
geradeaus? Bis nach dem Dorfe —. Weshalb können wir in der
Stadt nicht so weit schauen? Da stehen so viele Häuser. Weshalb
können wir auf dem Felde so weit schauen? Keine Häuser.
II. Von den Wegen im Felde. Wir haben uns zuerst den Weg
angesehen, auf dem wir uns befanden. Wie ist der Weg hergestellt?
Viele kleine Steine sind auf den Weg geschüttet, mit Sand bestreut
und mil einer großen, schweren Walze (Dampfwalze) zusammen-
gedrückt. Dadurch ist der Weg fest und glatt (eben) geworden.
•— Eine Straße, die auf diese Weise hergestellt ist, nennt man
Chaussee. Erfragen! — Unsere Straße ist auch so gemacht. Vor
unserem Hause ist auch eine Chaussee. — Gewiß, vor den Toren
unserer Stadt gibt es viele Straßen, die Haussiert sind. Nach
welchem Dorfe führt uns die Chaussee, wenn wir auf derselben
immer geradeaus gehen? Nach dem Dorfe —. In — ist aber
die Chaussee noch nicht zu Ende! Sie geht bis nach dem Dorfe —.
Aber auch da ist sie noch nicht zu Ende, sie führt noch weiter, —
durchs ganze Land. Wie nennt man eine Straße, die durchs ganze
Land führt? Landstraße. Wo befanden wir uns also, als wir aus
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 1
- 2 —
der Stadt kamen? Wie breit ist die Landstraße nach dem Dorfe
(nach Schritten!)? — Schritte. Weshalb ist die Landstraße so
breit? Da fahren viele Wagen. Nennt einige! Bierwagen, die
Bier nach den Dörfern bringen. — Aus dem Dorfe kommen Bäcker-
wagen, die Brot nach der Stadt bringen (Landbrot). Wir kriegen
Landbrot. Unser Bäcker wohnt in Lehndorf. usw. — Schlachter-
wagen (Viehwagen). Die holen Kühe und Schweine und Schafe
aus dem Dorfe, die schlachten sie dann im Schlachtehause. — Manch-
mal kommen große Möbelwagen. — Autos fahren auch oft auf der
Landstraße. Die machen aber die Luft voll Staub. — Denkt an die
Leute im Dorfe! Ja, Ackerwagen. Die fahren Dünger nach dem
Felde, holen Futter vom Felde. Manche Bauern fahren Korn nach
der Stadt, usw. Auf der Landstraße trifft man auch viele Leute!
Arbeiter, die nach dem Felde gehen und da arbeiten wollen. (Tragen
Hacke, Sense. Was wollen sie auf dem Felde machen?) — Boten,
die zum Arzte oder zum Apotheker wollen. — Spaziergänger, die
den ganzen Tag in der Stube gewesen sind, und nun frische Luft
schöpfen und sich Bewegung machen wollen! Postboten usw. —
Wenn aber so viele Wagen auf der Landstraße verkehren, können
ja die Spaziergänger leicht überfahren werden! Nein, an beiden
Seiten der Landstraße sind Fußwege. Wir konnten aber nur auf der
einen Seite der Landstraße gehen. Weshalb? Auf der anderen lagen
Stein- und Sandhaufen. Da haben wir gesehen, woraus die Land-
straße gemacht wird. Sprich über die Größe der Steine! Die
sind alle nur so (Schüler zeigt mit den Fingern!) dick, — wie ein
Ei. Wie geht das zu, daß sie alle so klein sind? Die hat der Stein-
klopfer so klein geschlagen. Den Steinklopfer haben wir ja auch
gesehen. Erzähle uns von ihm! Der Steinklopfer saß auf einem
kleinen Schemel. Vor ihm lag ein großer Haufen Steine, die waren
alle so dick. Er nahm einen Stein nach dem anderen, legte sie auf
einen ganz großen Stein, den er zwischen seinen Beinen hatte und
klopfte sie mit seinem Hammer entzwei. Weshalb gingen wir nicht
in seine Nähe? Da flogen immer kleine Steinchen umher, die
konnten uns ins Auge fliegen. — Aber auch dem Steinklopfer! Der
hatte eine Drahtbrille auf, der kriegte so leicht keine in die Augen.
Weshalb haben wir den Steinklopfer erst gesehen, als wir dicht
bei ihm waren? Er hatte ein großes Holzgestell aufgerichtet, da
war lauter Schilf (Stroh) drin, da saß er unter. — Dann will
er am Ende Verstecken spielen! Nein, das tut er, damit ihn der Wind
nicht so treffen kann. — Auf den Fußwegen konnten wir auch im
Schatten gehen. Weshalb? Der Rand der Landstraße ist mit Obst-
bäumen bepflanzt. Wann gefallen uns die Obstbäume am besten?
Im Herbste, wenn die Äpfel reif sind. Herr Z., an der Chaussee
nach — stehen keine Apfelbäume, da stehen lauter Kirschbäume.
— Dann brauchen wir auf ihre Früchte gar nicht bis zum Herbste
zu warten! Nein, die Kirschen sind schon im Sommer reif. - Ich
habe euch darauf aufmerksam gemacht, daß die Landstraße nicht
— 3 —
überall gleich hoch ist! Was haben wir beobachtet? In der Mitte
ist sie am höchsten und an den Seiten niedriger. Weshalb wohl?
Damit das Regenwasser ablaufen kann. Bei den Straßen unserer
Stadt ist das auch so. Wo bleibt das Regenwasser in unserer Stadt?
Fließt in die Gosse und dann in den Kanal. Und auf der Land-
straße? Fließt es in den Straßengraben. Straßengraben? Ia, an
jeder Seite der Landstraße ist ein Graben. In dm' Graben darf
aber niemand gehen. Weshalb nicht? Im Graben steht Futter,
das wird abgemäht, das bekommen die Ziegen. Wenn uns der
Wegewärter (Chausseewärter) im Graben sieht, schreibt er uns auf,
dann müssen wir eine Geldstrafe bezahlen. Wir haben den Chaussee-
wärter gesehen. Woran erkennt ihr ihn? — Was machte er?
Machte ein Loch zu, besserte die Landstraße aus. Ihr habt gewiß
auch schon gesehen, daß er andere Arbeiten verrichtet hat. Nun?
Er hat das Kraut aus den Fußwegen gehackt und um die Bäume
einen kleinen Haufen Erde gemacht. Weshalb denn? Das Wasser
soll am Baumstamme stehen bleiben, damit der Baum ordentlich
trinken kann. — Ich habe einmal gesehen, wie er den Graben neu
gemacht (ausgestochen) hat. Die Erde warf er alle auf den Fuß-
weg. — Einmal hat der Wegewärter die Bäume ausgesägt. Da
lag unter den Bäumen eine Menge Holz. — Im Herbste muß er
auf die Bäume passen, damit die Äpfel nicht gestohlen werden usw.
Auf der Landstraße sind wir nicht geblieben. Wohin wären
wir sonst gekommen? Nach dem Dorfe —. Wir wollten gestern
aber nicht nach —. Wir betraten deshalb einen Weg, der von
der Landstraße abzweigt. Pergleiche ihn mit der Landstraße! Er
ist schmal, mit Gras bewachsen, an den Seiten stehen keine Obst-
bäume, kein Graben usw. Weshalb schlugen wir diesen Weg ein?
Der führte uns durch das Feld. — Und dahin wollten wir ja.
Wie nennen wir die schmalen Wege, die durch das Feld führen?
Die schmalen Wege, die durch das Feld führen, nennt man Feld-
wege. Warum sind die Febdwege schmäler als die Landstraße? Da
fahren nicht so viele Wagen, gehen nicht so viele Leute.
III. Früchte. Das Feld ist nicht mit Bäumen bewachsen wie
der Wald. Links vom Feldwege sahen wir ein kleines Feld (einen
Acker), auf dem lauter solche Pflanzen standen (Lehrer zeigt eine
Roggenpflanze.). Was wächst also auf dem Felde? Auf dem Felde
wächst Roggen. Was seht ihr hier an der Spitze des Roggens?
Ähre. Auch solche Pflanzen haben wir auf dem Felde gefunden.
Gib ihren Namen an! Weizen. Was wächst also auf dem Felde?
Auf dem Felde wächst Weizen. Diese Pflanzen kannten alle Kin-
der! Wie heißt sie? Kartoffel. Die Kartoffeln sind in Reihen
gepflanzt. Was haben wir noch gesehen? Rüben, Klee usw. Was
sieht man also auf dem Felde? Zusammenfassung: Auf dem Felde
steht man ^Roggen, Weizen. Kartoffeln usw.
Ein Feld, auf dem Roggen wächst, nennen wir Roggenfeld
(Roggenacker). Wie nennen wir aber ein Feld, auf dem Weizen
— 4 —
wächst? — Auf dem Kartoffeln wachsen? — Auf dem Rüben
wachsen? — Was wächst auf einem Kleefelde? — Auf einem Gersten-
felde? — Auf einem Flachsfelde? — Was für Felder gibt es also?
— Ich habe euch auf die langen Vertiefungen aufmerksam gemacht,
die immer zwischen gwei Äckern waren. Welchen Namen haben
diese langen Vertiefungen Zwischen zwei Äckern? Furchen (Acker-
furchen). Sie bilden die Grenze zwischen zwei Äckern. Wie sind
die Furchen entstanden? — Bei einem Garten ist die Grenze nicht
durch eine Furche bezeichnet. Wodurch denn? Zaun usw.
I V. Blumen. Wir haben uns gestern auch einen schönen Blumen-
strauß gebunden, aber nicht im Garten. Wo denn? Im Felde.
Wo wachsen also auch Blumen? Im Felde. Wie nennt man die
Blumen, die im Felde wachsen? Feldblumen. Ich habe euch meinen
Blumenstrauß mitgebracht und will sehen, ob ihr die Namen dieser
Feldblumen noch wißt. Wie heißt diese blaue Feldblume? Korn-
blume. Wie die violette? Kornrade. Und diese rote? Klatschmohn.
Zeige und benenne die einzelnen Feldblumen noch einmal! — Wo
haben wir sie gepflückt? Am Rande eines Getreidefeldes. Weshalb
am Rande? In das Getreidefeld darf man nicht hineingehen, wir
würden sonst viele Pflanzen zertreten und dadurch dem Bauer
Schaden zufügen. Wer achtet darauf, daß die Kinder nicht ins
Getreidefeld laufen (oder andere Früchte ausreißen)? Feldhüter.
Im Kartoffelacker haben wir auch noch Blumen gefunden. Diese
hier! Ackerwinde. Weiter! Hederich, Quecke, Melde. Wiederholung!
Alle diese Pflanzen hat der Bauer nicht gesät und auch nicht ge-
pflanzt. Wie sind sie denn aufs Feld gekommen? Die sind von
selbst gewachsen. — Der Wind hat den Samen auf das Feld ge-
weht, und daraus sind die Blumen gewachsen. Das stimmt.
Der Bauer mag alle diese Pflanzen nicht leiden, selbst diese
schönen nicht. Weshalb denn nicht? Weil sie den Früchten die
Nahrung wegnehmen. Er denkt, an der Stelle, an welcher eine
solche Blume wächst, könnte lieber ein Getreidehalm wachsen. Er
nennt sie deshalb Unkraut, d. h. unnützes Kraut. Was macht der
Landmann mit den Unkräutern? Er reißt sie aus, hackt sie ab,
wirft sie auf einen Haufen und verbrennt sie. (Pflanzen, die ohne
unsere Pflege wachsen, nennt man wild wachsende Pflanzen.
Alle Unkräuter sind wild wachsende Pflanzen.)
Von den wildwachsenden Pflanzen haben wir diese hier noch
nicht genannt. Wie heißt sie? Kamille. Die Kamille pflücken die
Leute ab, aber sie werfen sie nicht fort und verbrennen sie auch
nicht. Ich habe schon oft arme Kinder getroffen, die hatten einen
dicken (großen) Kamillenstrauß gepflückt. Was machen sie damit?
Sie gehen damit in die Häuser und wollen die Kamille verkaufen.
Wer wird denn aber einen Kamillenstrauß kaufen! Ich habe noch
nie einen ins Fenster gestellt. Die Leute stellen die Kamille auch
nicht ins Fenster, die trocknen sie, und dann kochen sie Tee davon
(Kamillentee). — Meine Mutter kauft auch immer Kamillentee.
— 5 —
Den trinkt sie, wenn sie mal Leibschmerzen hat. — Meine Mutter
war einmal krank, da habe ich ans der Apotheke Kamillentee
geholt. Den hat sie gekocht und dann getrunken. Da ist sie wieder
gesund geworden. — Weil die Kamille kranke Leute gesund macht,
darum ist sie eine Arzneipflanze. Erfragen! — Weshalb ist die
Mamille eine Arzneipflanze? — Wer kennt noch andere Arznei-
pflanzen? Pfeffermünze, Baldrian usw.
Aus dem Felde wachsen auch Pflanzen, vor denen wir uns
hüten müssen. Hier zeige ich euch eine solche Pflanze. Gib die
Farbe ihrer Beeren an! Sind ganz schwarz. Wofür halten kleine
Kinder sie oft? Kirschen. Es sind auch Kirschen, aber — Toll-
kirschen. Wenn ein Kind sie ißt, mutz es sterben. Was mag in den
Beeren sein, das dem Kinde den Tod bringt? Gift, •— die Tollkirsche
ist eine Giftpflanze. Hier zeige ich euch noch eine zweite Giftpflanze.
Was kannst du von der Farbe ihrer Früchte sagen? Sie hat auch
schwarze Beeren. Diese Pflanze heißt schwarzer Nachtschatten. Er-
fragen!Was geschieht, iwenn Kinder die Beeren des Nachtschattens
essen? Sterben. Welche beiden Gfitpflanzen habt ihr jetzt kennen
gelernt? — Wie wirst du dich verhalten, wenn du die Früchte
dieser Pflanzen findest? —
V. Tiere. Auf unserem Spaziergange durchs Feld haben wir
auch -allerlei Tiere gesehen. Welches Tier sollte Wilhelm fangen?
Warum .ist es ihm nicht gelungen? Der Hase lief schnell fort, er
machte ganz große Sprünge. Aber auf einmal hielt er still und
richtete sich auf. Er wollte sehen, ob wir kamen. Weshalb hält
sich ^der Hase auf dem Felde auf? Da findet er viel Futter (Klee,
Gras, ,Getreide, Rüben usw.). Weshalb schießt ihn der Jäger? —
Hier zeige ich euch ein Tier, das gern in den Getreidefeldern
wohnt? Wie heißt dieses Tier? Hamster. Gib seine Farbe an! Er
ist braun, gelb, weiß, schwarz, — bunt. Weshalb wohnt der Hamster
gern jm Getreidefelde? Er frißt gern die Körner aus den Ähren,
am liebsten Weizenkörner. Er frißt sich im Weizenfelde aber nicht
allein satt, er nimmt sich auch noch zwei Taschen voll Körner mit
nach Hause (in seine Höhle). Zwei Taschen voll? Hat denn der
Hamster M-ch Taschen? Ja, in seinen Backen, — Backentaschen.
Weshalb nimmt er das Getreide mit nach seiner Wohnung? Das
tut er in seine Speisekammer, das frißt er im Winter. Wer nimmt
ihm das aber sehr übel? Bauer. Was tut er, wenn er den Hamster
erwischt? Schlägt ihn tot. Herr Z., wie ich in den Ferien bei
meinem Onkel Wilhelm in Rh. war, da haben wir mal Hamster
ausgegraben. Wie der Hamster aus dem Loche sprang, schlug ihn
mein Onkel mit dem Spaten tot. In seiner Wohnung hatte er
eine ganze Menge Korn. Das haben wir dann mitgenommen.
Wir haben auf dem Felde auch kleine graue Tierchen gesehen,
aber wenn wir sie betrachten wollten, waren sie in den kleinen
Löchern verschwunden. Welche Tiere meine ich? Mäuse. Wo wohnt
auch die Maus? Im Felde. Welchen Namen hat sie erhalten,
— 6 —
weil sie im Felde wohnt? Feldmaus. Hier zeige ich euch eine
Feldmaus. Weshalb läuft sie nicht fort? Tot, ausgestopft. Wenn
ich eine Maus sehen will, brauche ich aber nicht erst nach dem Felde
zu gehen. Wo gibt's auch Mäuse? Im Hause, — Hausmaus.
Ich habe euch auch eine ausgestopfte Hausmaus mitgebracht. Welchen
Unterschied bemerkt ihr zwischen beiden in der Farbe? Die Haus-
maus ist schwarzgrau, und die Feldmaus gelbgrau. Wes-
halb mag der Bauer die Feldmaus nicht leiden? Auf welche Weise
sucht er sie zu vertilgen? Totschlagen, Fallen stellen, vergiften. Zu-
sammenfassung: Welche schädlichen Tiere wohnen auf dem Felde?
Welche ganz kleinen Tiere haben wir auf dem Felde getroffen?
Ameisen, Heuschrecken. Worüber freuten wir uns bei den Ameisen?
Daß sie so fleißig waren. Wodurch erfreuen uns die Heuschrecken?
Durch ihr munteres Hüpfen. Weiter: Schmetterlinge, Käfer, Raupen.
Auch manche Vögel leben auf dem Felde. Einen Vogel haben
wir beobachtet, als er in die Höhe flog. Nun? Die Lerche. Er-
zähle von der Lerche! Die Lerche stieg ganz gerade in die Höhe,
und dabei sang sie immerzu. Zuletzt war sie so hoch, daß man sie
kaum noch sehen konnte. Weshalb haben wir die Lerche so gern?
Wie ist der Landmann gegen sie gesinnt? — Und der Jäger?
Die Lerche braucht sich deshalb vor dem Landmann und auch vor
dem Jäger nicht zu fürchten. —
Ein Vogel wohnt aber im Felde, der fürchtet den Jäger gar
sehr, besonders im Herbste. Er ist unseren Hühnern ähnlich, nur
kleiner. Wer kennt ihn? Rebhuhn. Wo hast du schon ein Rebhuhn
gesehen? Einmal kam vor unserem Hause ein Jäger vorbei, der
hatte fünf Rebhühner an seiner Jagdtasche hängen, und in der Tasche
hatte er noch einen Hasen — Ich habe bei Rövers welche im Fenster
gesehen. Weshalb lagen die im Fenster? Die Leute sollten sie sehen
und kaufen, die kann man ja essen. — Wir haben einmal Rebhühner
gegessen, die hatte unsere Butterfrau mitgebracht. — Welche Vögel
wohnen also im Felde?
VI. Vergleichung des Feldes mit dem Garten. Was ist größer,
der Garten oder das Feld? Wo liegen die meisten Gärten? Im
Orte neben den Häusern. Wo liegt aber das Feld? Vor dem Dorfe
(der Stadt). Womit sind die Gärten umgeben? Zaun, Hecke, Mauer.
So ist es bei dem Felde nicht. Welche Pflanzen wachsen besonders
im Garten? Blumen, Sträucher, Kräuter, Bäume. Was habt ihr
besonders auf dem Felde gesehen? Roggen, Weizen, Kartoffeln usw.
Zugaben:
1. Der Bauer und sein Sohn.
Der Bauer steht vor seinem Feld Da kommt sein Knabe hoch beglückt,
Und zieht die Stirne kraus in Falten. Mit bunten Blumen reich beladen,
„Ich Hab' den Acker wohl bestellt, Im Felde hat er sie gepflückt,
Aus reine Aussaat streng gehalten; Kornblumen sind es, Mohn und Raden.
Nun seh' mir eins das Unkraut an. Er jauchzt: „Sieh, Vater, nur die Pracht.
Das hat der böse Feind getan." Die hat der liebe Gott gemacht."
(
— 7 —
2. Rätsel.
Was ist das für ein Körnerdieb? Da packt er's aus, als wär's das Seine,
Er geht auf Nachbars Acker aus, 1 Legt eins zum andern in die Scheune;
Stopft voll sich beide Taschen schnell Die Scheune liegt in Ackersgrund,
Und trägt's ganz wohlgemut nach Haus. . Die Taschen hat er in dem Mund.
2. Die Getreidearten.
1. Roggen. 1. Das Roggenfeld. Was habe ich euch hier mit-
gebracht? Roggenpflauze. Wo haben wir viele solche Pflanzen
gesehen? Feld, — Roggenfeld. Wie prächtig sieht jetzt das Roggen-
feld aus! Der Wind wehte durch das Roggenfeld — was tat er mit
den Roggenpflanzen? — Nicht wahr, das habt ihr alle schon ge-
sehen, wenn der Wind durch das Roggenfeld geht? — Wenn der
Wind über den Teich in unserem Dorfe (unserer Stadt) weht, was
bemerkt ihr dann auf der Oberfläche des Teiches? — Gerade so
ist es bei dem Roggenfelde, da entstehen auch Wellen. Wir sagen:
Das Roggenfeld wogt. — Über die Roggenpflanzen konnte ich gar
nicht! 'gut hinwegsehen; warum wohl nicht? — Wie waren sie
früher (im Frühlinge) ? — Der liebe Gott hat ihnen Regen und
Sonnenschein gegeben; nun sind sie so groß geworden.
2. Begriff. Wo ist diese Roggenpflanze gewachsen? — Was
wächst 'sonst noch auf dem Felde? — Auf jedem Acker (Felde) wächst
eine ändere Frucht. Wie nennen wir die Früchte, die auf dem Felde
wachsen? jFeldfrüchte. Was ist also der Roggen? Sprecht: Der
Roggen ist eine Feldfrucht. Warum? — Nennt andere Feldfrüchte!
Der Weizen ist eine Feldfrucht usw.
3. Teile. Das Ganze, was ich hier habe, ist eine Pflanze. Ich
habe sie aus der Erde gezogen; was seht ihr hier noch daran? Das
ist die Wurzel. Wo hat die Wurzel gesteckt? — Was ist aus der
Wurzel emporgewachsen? Stengel. Was wächst hier am Stengel?
Blätter. Was siehst du hier oben? Das ist die Ähre. Nenne alle
Teile des Roggens! Sprecht: Der Roggen hat Wurzeln, einen
Stengel, Blätter und eine Ähre.
a) Wurzel. Nun wollen wir von jedem Teile etwas aussagen.
Womit 'wollen wir wieder anfangen? Wurzel. Ihr könnt mir gleich
sagen, was für eine Wurzel der Roggen hat (denkt an das Beil-«
chen!). Run? Sprecht: Der Roggen hat Faserwurzekn. Welche
Pflanzen haben auch Faserwurzeln?
d) Stengel. Fühlt den Stengel des Roggens an! Er hat keine
Ecken und Kanten. Wie ist er vielmehr? Der Stengel ist rund.
Manche Knaben schneiden sich vom Stengel ein kleines Stückchen ab
und trinken durch dasselbe reines Wasser aus dem Bache. Wer von
euch hat das schon getan? — Wie muß da der Stengel sein? Der
Stengel des Roggens (Roggenftengelj ist hohl. Am Stengel be-
merken wir Absätze mit Knoten. Zeige sie! Wir sagen deshalb von
dem Stengel: er ist knotig. Wie ist der Roggenstengel? Der Roggen-
— 3 —
stengel ist knotig. Die Knoten bewirken, daß der Stengel fester steht.
Weht einmal ein starker Wind, was kann dann der nicht gleich? —
Was haben wir alles vom Stengel gesagt? Der Stengel ist hohl usw.
Sprecht: Der Stengel ist rund, hohl und knotig. Darum nennen
wir ihn anch noch Halm. Wie? — Sprecht.- Der Stengel des
Roggens wird auch noch Halm genannt. Warum? — Welche Pflan-
zen haben auch einen solchen Stengel? — Wie müssen wir deshalb
ihren Stengel auch nennen? <— Der Weizen hat einen Halm. Der
Hafer usw. (Wer nennt mir noch Pflanzen, die auch einen hohlen,
knotigen Halm haben? Gras. Alle Pflanzen, welche einen hohlen,
knotigen Halm haben, heißen Gräser. Sprecht: Der Roggen gehört
zu den Gräsern. Nennt andere Gräser! —)
c) Blätter. Was ist an jedem Knoten herausgewachsen? Blatt.
Was bemerkt ihr hier? Der untere Teil des Blattes umgibt den
Stengel. Er steckt in den Blättern drin, wie in einer Scheide. (Blatt-
scheide.) Dadurch bekommt der Stengel mehr Halt und knickt nicht
so leicht um. Erst weiter oben neigen sich die Blätter zur Seite und
hängen (im Vogen) herunter. Die Blätter wollen den Halm auch ein
wenig schmücken. ■— Was kannst du von der Länge der Blätter
sagen? — Von ihrer Breite? — Wie sind sie am Ende? Spitz. Zu-
sammenfassung: Die Roggenblätter sind lang, schmal und spitz. —
Wenn die Blätter nun ganz breit wären, würden dann mehr oder
weniger Roggenpflanzen zusammenstehen können? — Welchen Nutzen
hat es also, daß die Blätter so schmal sind?
6) Ähre. Was sitzt an der Spitze des Halmes? Die Ähre, —
Roggenähre. Aus der Ähre heraus wachsen steife Borsten. Zeige sie!
Das sind Grannen. Sprecht: Die Noggenähre hat Grannen. Aus
der Ähre schauen auch kleine grünliche Fasern hervor. Zeige sie!
Hängen diese kleinen Fasern so heraus, dann sagt man: Der Roggen
blüht. Habt ihr den Roggen schon blühen sehen? - Die Roggenblüte
sieht nicht schön aus, darum achten auch die kleinen Kinder nicht auf sie.
Wenn der Roggen geblüht hat, dann wachsen viele Körner —
Roggenkörner — in der Ähre. Wer von euch hat sie schon heraus-
gemacht? — Die Körner sind zuerst weich und weiß; in einigen
Wochen aber werden sie gelblich und hart. Dann ist der Roggen reif.
In welcher Zeit wird der Roggen reif? Nun ist aber auch der Halm
nicht mehr grün; wie ist er geworden? Gelb.
4. Nutzen. Hier zeige ich euch einige Roggenkörner. Wohin
werden die meisten Roggenkörner gebracht? Mühle. Was macht der
Müller daraus? — Sprecht: Der Roggen wird in der Mühle zu
Mehl gemahlen. Wie sieht das Mehl (Roggenmehl) aus? — Was
wird aus dem Roggenmehl gebacken? Brot, Roggenbrot (Schwarz-
brot). Wer tut das? >-— Sprecht: Der Bäcker bäckt aus dem Roggen-
mehl das Roggenbrot oder Schwarzbrot.
5. Aussaat. Wie ist der Roggen auf das Feld gekommen?
Gesät. Wann? Der gesäte Roggen wird noch im Herbste etwa so
(zeigen) hoch und steht den ganzen Winter über auf dem Felde. Des-
— 9 —
halb nennt man ihn auch Winterroggen. Wie? Warum? Wann
wird er gesät? Auch im Frühlinge sät man Roggen. Wann steht
dieser nur auf dem Felde? — Wie nennt man ihn deshalb? — Was
für Roggen gibt es also? Wann wird der Sommerroggen gesät?
Wann der Winterroggen? Sprecht: Der Sommerroggen wird im
Frühlinge, der Winterroggen im Herbste gesät.
II. Weizen. Dem Roggen sehr ähnlich ist der Weizen. Seht
euch den Weizen an! Welche Teile hat auch der Weizen? Der
Weizen hat auch Wurzeln, einen Halm usw. Vergleicht den Roggen-
Halm mit dem Weizenhalme! Welchen Unterschied hast du gefun-
den? Sprecht: Der Weizenhalm ist dicker und stärker als der Roggen-
Halm. Vergleicht nun die Blätter beider Pflanzen in bezug auf ihre
Breite! Sprecht: Die Weizenblätter sind etwas breiter als die Rog-
genblätter. Auch die Ähren dieser Pflanzen sind verschieden. Wer
findet einen Unterschied? Sprecht: Die Roggenähre ist flach, die
Weizenähre ist vierkantig. Wie heißen die langen Borsten, die aus
der Roggenähre herausschauen? — Findest du sie an dieser Weizen-
ähre auch? — Was ist auch dies für eine Ähre? — Was fehlt ihr?
Was für Weizenähren gibt es also? Sprecht: Es gibt Weizenähren
mit Grannen und ohne Grannen.
Was muß man tun, wenn man Weizen ernten will? Wann wird
der Weizen gesät? Im Herbst und Frühling. Wie nennen wir den
Weizen, der im Herbste gesät wird? Winterweizen. Warum? —
Wann ist der Winterweizen reif? Der Sommerweizen auch? .—
Was macht der Müller auch aus den Weizenkörnern? Mehl. .—
Weizenmehl. Das Weizenmehl ist viel feiner als das Roggenmehl.
Was bäckt der Bäcker aus dem Weizenmehl? Zusammenfassung:
Der Bäcker bäckt aus dem Weizenmehl Weißbrot, Semmeln, Kuchen
und noch viele andere Sachen.
III. Gerste. Neben Roggen und Weizen wächst auf unseren
Feldern auch Gerste. Hier seht ihr die Gerste. Ich stelle jetzt einen
Gerstenhalm neben einen Roggenhalm. Was kannst du von der Größe
des Gerstenhalmes sagen? Sprecht: Die Gerste hat einen kurzen
Halm. Was fällt euch an der Ähre auf? Sprecht: Die Gerstenähre
hat sehr lange Grannen (die Grannen der Roggenähre sind kürzer
und die der Weizenähre am kürzesten). Zwei Körner stehen sich .an
der Eerstenähre immer einander gegenüber. In wieviel Reihen oder
Zeilen stehen also die Körner? Sprecht: Die Körner der Gerste
stehen in zwei Zeilen (die Ähren sind zweizeilig).
Die Gerste wird bei uns nicht im Herbste, sondern im Früh-
linge gesät; sie steht nur den Sommer über auf dem Felde, sie ist
daher eine Sommerfrucht. Wann reif?
Was macht der Landmann mit der Gerste? Sprecht: Der
Landmann futtert mit der Gerste seine Hühner, Enten und Gänse.
Welche Tiere werden auch mit Gerste gefüttert? — Die Schweine
werden davon dick und fett (gemästet). Sprecht: Die Gerste dient
zum Mästen der Schweine. Andere Gerstenkörner wandern izur
10
Mühle. Manche werden in der Mühle geschält. Die abgerundeten
Körner heißen dann Graupen. Kennt ihr Graupen? Wo hast du
schon Graupen gesehen? Was kocht nämlich die Mutter aus den
Graupen? Schöne Graupensuppe. Wer braucht in unserer Stadt
auch sehr viele Gerste? Vierbrauer. Was machte (braut) er daraus? —
IV. Hafer. Jetzt sehen wir uns den Hafer an. Seht ihr am
Hafer dieselben Teile, die wir am Roggen, Weizen und an der Gerste
kennen gelernt haben? — Was ist anders? Der Hafer hat keine
Ähre, sondern eine Rispe. Zeige die Rispe! Sprecht: Der Hafer
hat keine Ähre, sondern eine Rispe. Nenne mir alle Teile des Hafers!
Zeige mir an der Rispe die Körner! Jedes Körnchen steht auf
einem eigenen Stiele. Seht euch die Haferkörnchen an! Sie sind
lang, dünn und spitz. Der Hafer ist auch eine Sommerfrucht. Wann
wird er also gesät? — Wann ist er reif? — Für welches Tier wird
der Hafer fast ganz allein gesät? — Was bekommt das Pferd
noch zu fressen? — Was frißt es aber am liebsten? —
Wiederholungsfragen! —
V. Begriff. Den Roggen, den Weizen, die Gerste und den
Hafer nennt man mit einem Worte Getreide. Was ist der Roggen?
Sprecht: Der Roggen ist ein Getreide. Ebenso: Der Weizen ist
ein Getreide usw.
VI. Nutzen des Strohes. Wenn man das Getreide gedroschen
hat, so bleiben nur die trockenen, gelben Halme übrig. Wie nennt
man sie? Stroh. Sprecht: Die trockenen Halme des Getreides
Roggenstroh. Vom Weizen? Weizenstroh usw. Was für Stroh
nennt man Stroh. Wie nennt man das Stroh vom Roggen?
Roggenstroh. Vom Weizen? Weizenstroh usw. Was für Stroh
gibt es also? Sprecht: Es gibt Roggenstroh, Weizenstroh usw.
Was macht man mit dem Stroh? Das Stroh streut man dem Vieh
in den Stall. Warum? — Was macht man noch mit dem Stroh?
Mit dem Stroh deckt man Dächer. Wie nennt man ein solches Dach?
— Gibt es in Braunschweig auch Strohdächer? Wo findet man zu-
weilen ein Strohdach? — Wer weiß noch etwas, das aus dem
Stroh gemacht wird? Strohhüte. Was willst du sagen? Stroh-
decken. Bienenkörbe. Aus dem Stroh macht man auch Strohhüte,
Strohdecken und Bienenkörbe. Wie nennt man kurz geschnittenes
Stroh? Häckerling (Häcksel). Was macht man mit dem Häckerling?
Mit Häckerling werden die Pferde und Kühe gefüttert. Es ist
doch gut, daß der liebe Gott Getreide wachsen läßt. Was hätten
wir sonst nicht? — Der Herr läßt Gras wachsen für das Vieh und
Saat zu Nutz dem Menschen.
Zugaben:
1. Ein Märchen.
Laß steh'n die Blume,
Geh' nicht ins Korn!
Die Roggenmuhme
Geht um da vorn.
Wen sie beim Pflücken
Sieht Halme knicken,
Wer Ähren zertritt,
Den nimmt sie mit.
— 11 —
2. Das tfittb am Meizenfelde.
jawohl, gar herrlich seid ihr all', Das Weizenkorn gibt Weizenmehl,
Ihr gold'nen Ährenfelder! Draus bäckt man allerorten
Am meisten doch, verzeiht es mir, Biskuit und Brezeln, weißes Brot
Lieb ich die Weizenfelder. Und buchen, süße Torten.
Drum, Landmann, sä' nur alle Jahr
Viel Weizen in 'die Äcker,
Dann lieben alle Binder dich
Wie einen Zuckerbäcker. (Fr. Wiedemann.)
3. Roggen, Weizen, Gerste, Hafer.
Der Roggen nähret uns als Brot
Und schützet uns jvor Hungersnot.
Vom Weizen gibt xs weiße Wecken,
Die Bindern ganz vortrefflich schmecken.
Und Eräupchen, Plinzen, Klotz und Bier,
Sie alle gibt die Gerste dir.
Den Pferden aber will vor allen
Allein der Hafer Wohlgefallen. (E. Lausch.)
4. Der Strohmann.
Ein Bauer hatte einen schönen Weizenacker; die Ähren waren voll Börner,
und die Körner waren voll Mehl, und sie waren beinahe reif. Da kamen die
bösen Spatzen und fielen ihm in seinen Weizen und jfraßen die halbreifen Börner,
und wenn sie es so fortgetrieben hätten, so hätte der Mann gar nichts be-,
kommen. Da ging ^er des Morgens in aller Frühe hinaus, um die Spitzbuben
zu schießen; allein >als er hinkam, waren sie schon dagewesen; denn die Spatzen
stehen noch früher .auf als die Bauern. Sie hatten ihm schon wieder ein Stück
Weizen ausgefressen und .saßen nun auf des Nachbars Kirschbaum und naschten
Kirschen und lärmten, -als ob sie sich über ihre Spitzbübereien frenten. Der
Bauer kratzte sich Hinter den Ohren und besann sich, was er tun sollte; denn
seinen guten Weizen wollte er ihnen doch nicht lassen. Auf einmal fiel ihm ein!
Mittel ein. Als nach Hause kam, nahm er einen Stock, so groß wie ein
Mensch, wickelte Stroh darum, .bis er dick genug war, und machte ihm zwei
Arme, zog ihm dann seinen alten Rock an, setzte ihm seinen alten Hut auf
und gab ihm eine große Peitsche in die Hand. Als die Spatzen schlafen ge-
gangen waren, nahm er dies Ungetüm, trug es hinaus und stellte es mitten in
seinen Weizenacker, gerade, als wenn es ein lebendiger Mann wäre. Den andern-
Morgen, sobald die Spatzen aufwachten, flogen sie eiligst nach dem Acker, wo
sie es fich 'gutschmecken lassen wollten, aber als sie hinkamen, siehe, da stand
schon der Bauer in seinem alten Rocke und in seinem alten Hute und drohte mit
der Peitsche. Da es so gefährlich aussah, getrauten sie sich nicht herbeizufliegen,
sondern lauerten in der Nachbarschaft, ob denn der Peitschenmann gar nicht nach
Hause gehen würde. Aber er ging nicht, sie mochten warten, so lange sie
wollten, er blieb .immer stehen, und wenn der Wind kam, so schwang er seine
Peitsche so hoch, .daß ihnen ernstlich bange wurde. Endlich flogen sie mit
hungrigem Magen nach Haufe. Sie hofften aber, vielleicht würde der Bauer, da
er so früh .in das Feld gegangen sei, sein Fenster offen gelassen haben, und
dann wollten sie ,sich über seinen Käse hermachen, welchen er gewöhnlich da«
trocknete. Aber das bekam ihnen noch übler. Als nämlich der Bauer die Spatzen
so nach seineni offenen Fenster lugen sah, versteckte er sich hinter der Türe, und
als nun die schlimmen Käsediebe hineingeflogen waren und eben meinten, einen
recht glücklichen Fund gemacht zu haben, da zog er das Fenster mit einem
Faden zu, und .siehe da, die Herren Spiatzen waren allesamt gefangen, und
es ging ihnen, wie es allen Spitzbuben gehen muß. (Curtman.)
— 12 —
5. Strohhalm, Kohle und Bohne.
In einem Dorfe wohnte eine arme, alte Frau, die hatte ein Gericht
Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie machte also auf ihrem
Herd ein Feuer Zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte, zündete sie
es mit einer .Handvoll Stroh an. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete,
entfiel ihr unbemerkt eine, die auf dem Boden neben einem Strohhalm zu liegen
kam; bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom Herde zu den beiden
herab. Da fing der Strohhalm an und sprach: „Liebe Freunde, von wannen
kommt ihr her?" Die Kohle antwortete: „Ich bin zu gutem Glücke dem
Feuer entsprungen, und hätt' ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so war mir
der Tod gewiß, ich wäre zu Äsche verbrannt." Die Bohne sagte: „Ich bin
auch noch mit heiler Haut davongekommen; aber hätte mich die Alte in den
Topf gebracht, ich wäre ohne Barmherzigkeit zu Brei gekocht worden wie
meine Kameraden." — „Wäre mir denn ein besseres Schicksal zuteil geworden?"
sprach das Stroh; „alle meine Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch auf-
gehn lassen, sechzig hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glück-
licherweise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft." — „Was sollen
wir aber nun anfangen?" sprach die Kohle. „Ich meine," antwortete die
Bohne, „,tDeiI wir so glücklich dem Tode entronnen sind, so wollen wir uns
als gute Gesellen zusammenhalten und, damit uns hier nicht wieder ein neues
Unglück ereilt, gemeinschaftlich auswandern und in ein fremdes Land ziehen."
Dieser Vorschlag gefiel den beiden andern, und sie machten sich miteinander
auf den Weg. Bald aber kamen sie an einen kleinen Bach, und da keine Brücks
oder Steg da war, so wußten sie nicht, wie sie hinüberkommen sollten. Der
Strohhalm fand guten Rat und sprach: „Ich will mich querüberlegen, so
könnt ihr auf mir wie auf einer Brücke Hinübergehn." Der Strohhalm streckte
sich also von einem Ufer zum andern, und die Kohle, die von hitziger Natur
war, trippelte auch ganz keck aus die neugebaute Brücke. Als sie aber in die
Mitte ^gekommen war und unter sich das Wasser rauschen hörte, ward ihr doch
angst; fie blieb stehn und getraute sich nicht weiter. Der Strohhalm aber
fing an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke und siel in den Bach. Die Kohle
rutschte nach, zischte, wie sie ins Wasser kam, und gab den Geist auf. Die
Bohne, .die vorsichtigerweise noch auf dem Ufer zurückgeblieben war, mußte
über die Geschichte lachen, konnte nicht aufhören und lachte so gewaltig, daßi
sie gerplatzte. Nun war es ebenfalls um sie geschehen, wenn nicht zu gutem
Glück ein Schneider, der auf der Wanderschaft war, sich an dem Bach ausge-5
ruht hätte. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so holte er Nadel und Zwirn
heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs schönste.
Aber da er schwarzen Zwirn gebraucht hatte, so haben seit der Zeit alle Bohnen
eine fchwarze Naht. (Grimm.)
6. Die Kornähren.
Ein Landmann ging mit seinem kleinen Sohne aus das Feld hinaus, er
wollte sehen, ob das Korn bald reif sei. „Sieh', Vater," sagte der Kwabe,
„wie aufrecht einige Halme den Kopf trugen. Diese müssen wohl recht vornehm
sein; die andern, die sich so tief vor ihnen bücken, sind gewiß viel schlechter."
Der Vater pflückte einige Ähren ab und sprach: „Törichtes Kind, da sieh' ein-
mal! Diese Ähre hier, die sich so stolz in die Höhe streckte, ift ganz taub und
leer; diese aber, die sich so bescheiden neigte, ist doll der schönsten Körner."
Trägt einer gar zu hoch den Kopf,
So ist er wohl ein ^eitler Tropf. / (Ch. Schmid.)
3. Die Roggenernte.
(Bild Nr. 2 von Meinhold oder Nr. 3 von Winkelmann.)
I. Ernteoorbereikmgen. Wir haben im Frühjahr das Roggen-
feld besucht. Wie groß war der Roggen im Frühjahr (zeige es!)?
— 13 —
Was für eine Farbe hatte er? Grüne Farbe. Die Roggenhälmchen
bleiben aber nicht so klein, alle Tage werden sie etwas größer. Wie
der Roggen jetzt aussieht, könnt ihr an diesen Halmen sehen, die ich
mitgebracht habe. Gib ihre Größe an! Sie sind beinahe so groß
wie ich. Was für eine Farbe haben Halme, Blätter und Ähren?
Gelbe Farbe. Jetzt ist der Roggen reif. Wann ist der Roggen reif?
Sprecht: Wenn der Roggen eine gelbe Farbe hat, dann ist er reis.
(Wann sind denn die Kirschen reif? — Die Äpfel usw.? —.) Nun
darf.der Roggen nicht mehr auf dem Felde stehen bleiben. Weshalb
nicht? ,(2)ie Halme lassen jetzt ihre Köpfchen längen. Weshalb?
Ähren.schwer. Was sitzt (befindet sich) in den Ähren? Körner. Zuerst
waren diese Körner weich und weiß. Nimm ein Korn zwischen deine
Finger und suche es zu zerdrücken! Wie ist jetzt das Korn? Hart,
gelb. Die heißen Sonnenstrahlen haben es reif gemacht. Jetzt fällt
es aber auch leicht aus der Ähre heraus. Weshalb darf also der
reife Roggen nicht mehr auf dem Felde stehen bleiben? —) Was
muß Mit ihm geschehen? Sprecht: Der reise Roggen muh gemäht
werden.
Nun gibt's für die Knechte und Mägde viel zu tun. Welche
Gerätschaften brauchen die Knechte beim Mähen? Sense. Beschreibe
die Sense! ^Langer Stiel, Zwei -Griffe zum Anfassen, unten ein großes,
gebogenes .Messer. Was machen die Knechte mit ihren Sensen,
damit sie gut schneiden? — Welches Gerät haben die Mägde nötig?
Harke. Beschreibe die Harke! — Die Mägde müssen am Tage vor
der Ernte auch noch Strohseile machen. Wer hat schon Strohseile
gesehen? — Wozu werden sie gebraucht? — Jetzt ist alles bereit,
und die Ernte kann beginnen.
II. Erntearbeit. Wann gehen die Leute schon hinauf aufs Feld?
— Warum so früh? — Was nehmen die Knechte mit? — Die
Mägde? — Jetzt sind sie bei dem Roggenacker angelangt. Was soll
geschehen? Ja, der Roggen soll heute abgeschnitten oder abgemäht
werden. Wie nennt man die Leute, welche den Roggen abmähen
oder abschneiden? Mäher» Schnitter. Wieviel Schnitter seht ihr
auf diesem Bilde? Das ist der Knecht Wilhelm und dies der Knecht
August. Zeigen! Womit schneiden sie den Roggen ab? Sense. Was
tut Wilhelm jetzt mit seiner Sense? Er fährt mit der Sense etwas
über der Erde durch die Roggenhalme und schneidet sie ab, — er
mäht. Wie muß die Sense sein, wenn sie gut schneiden soll? Scharf.
Wie wird sie aber durch das Schneiden? Stumpf. Was muß der
Schnitter dann tun? — Dem Knechte August ist die Sense stumpf
geworden- er hat gewiß schon recht fleißig gemäht. Was tut er jetzt?
Er macht seine Sense jetzt scharf — er schärft sie. Wie macht er das
(v?er hat es schon gesehen) ? Er streicht an der Klinge hin und her.
Der Stein (oder das Holz), womit er die Klinge streicht, nennt man
Streiche. Womit streicht er die Klinge? — Wie wird die Klinge
durch das Streichen? Sprecht: Der Knecht August schärft seine
Sense mit der Streiche. Die Sensen werden auch noch anders ge-
— 14 —
schärft. Wer hat das schon gesehen? Geklopft. Durch das Klopfen
werden sie schärfer als durch das Streichen. Wann klopft der
Schnitter seine Sense? Abends. Wo? — Was wird August tun,
wenn er seine Sense scharf gemacht (geschärft) hat? — Er bleibt
aber immer einige Schritte hinter dem Knechte Wilhelm zurück.
Warum wohl? — Hei, wie die langen Halme zu Boden sinken! Sie
fallen aber immer in geraden Reihen zur Erde nieder. Eine solche
Reihe wird Schwade genannt. Erfragen! — Wieviel Schwaden seht
ihr? — Zeige sie!
Wer folgt hier den Schnittern? Dies ist die Magd Grete und
dies die Magd Liese. Was tut Grete? — Womit bindet Grete die
Bündel zusammen? Strohseil. Wie nennt man die Getreidebündel?
Sprecht: Die Getreidebündel werden Garben genannt. Zeige ein
paar Garben! Bald liegt der ganze Acker voll Garben. Die Garben
bleiben aber nicht so liegen. Am Abend stellen die Mägde und
die Männer die Garben zusammen. Wieviel Garben werden immer
zusammengesetzt? 20. Einen solchen Haufen nennt man eine Stiege.
Erfragen! — Wo seht ihr auf unserem Bilde eine Stiege (zeige
sie!)? Sprecht: Das ist eine Stiege. Wieviel Garben sind das
also? —
Das Mähen ist eine schwere, saure Arbeit. Die Sonne steigt
immer höher und höher und scheint immer heißer. Den Mähern
rinnt der Schweiß von der Stirne. Da müssen die fleißigen Leute
einmal ausruhen. Sie setzen sich an eine Stiege in den Schatten und
verzehren das Frühstück, das sie sich mitgebracht haben. Was steht
hier hinter der Stiege? Ein Krug. Was mag wohl darin sein?
Wasser oder Bier (Erntebier). Die Mäher sind auch durstig ge-
worden. Was tun sie deshalb? — Ach, wie schmeckt den Leuten
das Frühstück und ein frischer Trunk! — Dann geht's wieder an
die Arbeit. Noch vor Abend ist das ganze Feld abgemäht. Was ist
von den Halmen bloß noch stehen geblieben? — Wie nennen wir ein
Feld, auf dem nur Stoppeln stehen? — Stoppelfeld. Nun Janrt
der Wind mit den langen Halmen nicht mehr sein lustiges Spiel
treiben; nun weht er bloß über die Stoppeln.
Die Roggenstiegen bleiben noch einige Tage im Felde stehen.
Die Körner in den Ähren kann man nämlich jetzt noch mit den
Fingern zerdrücken. Wie sind sie noch? Weich. Wie werden sie
aber in der Sonnenhitze? Hart. — Nach ein paar Tagen geht der
Bauer wieder nach dem Roggenacker hinaus. Wonach will er sehen?
Er fühlt die Garben an, ob sie schon trocken geworden sind. Richtig,
die Garben sind trocken und die Körner hart. Als er heimkommt,
sagt er zu seinen Knechten und Mägden: ,,Morgen wollen wir den
Roggen einfahren." Am anderen Morgen ziehen die Knechte einen
Wagen hervor, setzen große Leitern darauf, spannen zwei Pferde
davor und fahren ihn auf das Stoppelfeld. Wie nennen sie diesen
Wagen? ■— Ja, das ist der Erntewagen. Hier seht ihr den Ernte-
wagen. Der Bauer Köhler, dem der Acker gehört, ist auch mit auf
— 15 —
das Feld gegangen. Wo steht er? — Was hat er in der Hand?
Heugabel. Zeichnen der Heugabel! Das ist eine sehr große Gabel.
Wer hat schon eine Heugabel gesehen? Was machen die Leute da-
mit? <— Was macht aber Herr Köhler mit der Heugabel? Er reicht
eine Garbe nach der anderen auf den Wagen. Wer steht hier auf dem
Wagen? Knecht Johann. Was tut Johann? Er nimmt die Garben
an und legt sie auf dem Wagen zurecht. Herr Köhler und Johann
sind schon recht fleißig gewesen. Woran seht ihr das? Ist der
Wagen reichlich beladen, dann wird ein Baum darüber gelegt und an
beiden Enden festgebunden. Weshalb? Jetzt läßt der Knecht die
Peitsche knallen. Die Pferde ziehen an. Erst schneiden die Räder tief
ein. Warum wohl? — Jetzt aber ist er auf der festen Straße.
Munter schreiten die Pferde vorwärts. Wohin fahren sie den' Wagen?
— Der Wagen kann kaum zum Tore und in die Scheune hinein, so
breit und so hoch ist er geladen. Die Garben werden nun in die
Scheune gelegt und hier aufbewahrt. Wohin fährt der Knecht den
leeren Wagen? Aufs Feld. Weshalb? Er holt noch ein Fuder.
Wie oft wird der Knecht hinausfahren aufs Feld?
Die Magd Grete hat beim Binden der Garben viele Halme auf
der Erde liegen lassen. Diese muß die Magd Liese zusammen-
bringen. Zeige die Magd! Was hat sie in der Hand? — Was
macht sie damit? Sie harkt die Halme zusammen. Was macht
Herr Köhler mit den zusammengeharkten Halmen? —
III. Erntefest. Wenn das letzte Fuder eingefahren wird, dann
binden die Mägde von Ähren und Blumen einen Kranz und schmücken
ihn mit bunten Bändern. Wie nennen sie diesen Kranz? Ernte-
kränz. Die Knechte und Mägde setzen sich auf das Fuder, und eine
Magd trägt den Erntekranz auf ihrer Harke; auch die Pferde werden
wohl mit Blumen geschmückt. Im Hause überreichen die Knechte und
Mägde den Erntekranz ihrem Herrn und wünschen ihm Glück zu dem
Erntesegen. Der Herr gibt dann seinen Leuten ein Fest, das Ernte-
fest, an welchem alle recht gutes Essen und Trinken bekommen und
alle sehr fröhlich sind.
Wer hat denn den Menschen das Samenkorn geschenkt? — Wer
hat Regen und Sonnenschein gegeben, daß die Saaten lustig auf-
wachsen und reifen konnten? — Was dürfen die Menschen deshalb
nicht vergessen? Danken. Wo danken sie dem lieben Gott? Kirche.
Die Kirche wird^vorher gar schön mit Kränzen ausgeschmückt. Und
wenn dann am Sonntage die Glocken läuten, dann gehen die Land-
leute gar gern ins Gotteshaus und danken Gott für die reiche
Ernte. Sie feiern das Erntedankfest. Da spricht wohl jeder gern mit
dem Prediger: „Danket dem Herrn,- denn er ist freundlich, und
seine Güte währet ewiglich."
Wir wollen jetzt noch einmal zu unserem Stoppelfelde zurück-
kehren. Auf dem Stoppelfelde liegen, wenn der Landmann die
Stiegen fortgefahren hat, noch viele Ähren umher. Wer darf sich
die wohl einsammeln? Die Armen. Das ist dem lieben Gott gar
— 16 —
nicht recht, wenn etwa ein Bauersmann eine arme Frau oder ein
armes Kind, das sich die zurückgelassenen Ähren aufsammeln will,
vom Felde jagt. ,,Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht", sagt
der liebe Gott. —
Zugaben:
1. Rätsel.
a) Em langes Messer an einem Pfahl,
Ratet einmal! ((Senfe.),
b) Krummes Messer, gerader Stiel,
Wer's nicht ratet, weiß nicht viel. (Sichel.)
2. Die Ernte.
Gemähet liegt die ganze Schar
Der Halme, lang und schwer.
Der dicken Schwaden, Paar bei Paar,
Wie Wellen rings umher.
Juchhei! Jetzt kommt in vollem Lauf
Der Wagen angerollt.
Er nimmt die reiche Ladung auf
Und .glänzt von ihr wie Gold.
3. Erntelied.
Nun ist es reif das Ährenfeld,
Das ich so oft mit Freuden sah.
Der Schnitter mäht, die Ähre fällt,
Bald steht die dürre Stoppel da.
Doch, wird das Ährenfeld auch leer,
Die Scheuer füllt sich ja mit Garben,
Und Korn und Brot gibt's um so mehr;
Nun darf der Hungrige nicht darben.
(R. Reinick.)
4. Der faule Jockel.
Der Herr, der schickt den Jockel aus,
Er soll den Hafer schneiden.
Der Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr den Pudel aus,
Er soll den Jockel beißen.
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr den Prügel aus,
Er soll den Pudel schlagen.
Der Prügel schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der .Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr das Feuer aus,
Es soll den Prügel brennen.
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr das Wasser aus,
Es soll das Feuer löschen.
Das Wasser löscht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der ^Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr den Ochsen aus,
Er soll das Wasser saufen.
Der Ochse säuft das Wasser nicht,
Das Wasser löscht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der .Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da schickt der Herr den Schlächter aus,
Er soll den Ochsen schlachten.
Der Schlachter schlacht den Ochsen nicht,
Das Wasser löscht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel schneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nach Haus.
Da geht der Herre selbst hinaus
Und macht gar bald ein End' daraus.
Der Schlächter schlacht den Ochsen nun,
Der Ochse säuft das Wasser nun,
Das Wasser löscht das Feuer nun,
Das Feuer brennt den Prügel nun,
Der Prügel schlägt den Pudel nun,
Der Pudel beißt den Jockel nun,
Der Jockel schneid't den Hafer nun
Und kommt auch gleich nach Haus.
(Simrock.)
5. Der faule Jockel.
Ein Herr hatte einen faulen Knecht, der hieß Jockel. Als der Hafer reif
war, sagte der Herr: „Jockel, nimm flugs die Sichel, geh' auf den Acker; und
sobald du den Hafer abgeschnitten hast, kommst du wieder nach Hause." Der
Jockel nahm die Sichel und ging bis vor den Haferacker; und als er sah, dafr
viel zu schneiden war, getraute er sich nicht daran, setzte sich unter einen Baum,
gähnte und schlief ein. Als der Jockel gar nicht nach HMe kam, wurde es
dem Herrn zu lange; und weil er keinen Menschen hatte, schickte er seinen Pudel
hinaus, uni den Jockel zu beißen, bis er den Hafer abgeschnitten hätte und
nach Hause ging. Abtfr der Pudel war so böse nicht. Da er den Jockel schlafen
sah, dachte er: „Der macht es gescheit!" legte sich zu dem Jockel und schlief
auch ein. Nun war der Hafer nicht geschnitten, und der Jockel kam nicht nach
Hause, und der Pudel auch nicht. Da ward der Herr noch verdrießlicher und
sprach zu dem Prügel, der in der Ecke stand: „Prügel, beeile dich, lauf hin-
aus auf den Acker und prügele den Pudel, bis er den Jockel beißt, daß dieser
den Hafer schneidet, und daß ihr alle drei nach Hause kommt." Der Prügel
lief hin; weil er aber den Pudel schlafend fand, 'so dachte er, er könne ja
warten, bis dieser aufwache, und er könne ihn dann immer noch genug
prügeln. So legte er sich zu den andern und schlief auch. Da auch der Prügel
nicht nach Hause kam, riß dem Herrn endlich die Geduld. Voll Zorn machte er
sich selbst auf und sah mit Erstaunen den Hafer noch stehen und seine drei Ab-
gesandten daneben liegen und schlafen. „Jetzt will ich doch einmal sehen, ob
ich den Jockel nicht auf die Beine bringe," sprach er, ergriff den Prügel undi
prügelte damit den Pudel, der Pudel fuhr aus dem Schlafe auf und biß den
Jockel in die Beine, daß dieser au und weh schrie. Als er aber seinen Herrn er-
blickte, da fiel dem Jockel seine Arbeit ein. Hurtig nahm er die Sichel und machte
sich an den Hafer; und ehe es Abend war, war der Acker leer, und der Jockel,
der Pudel und der Prügel waren wieder zu Hause. Da sagte der Herr: „Ein
andermal will ich es gleich so machen." (Eurtman.)
Gesang:
Der Erntekranz.
V
1. Jetzt froh -- lich
mut
und schwin - get den
Hut I Spielt lu - slig zum Rei - gen mit Flö - len und
Rkr * -m- s- -1— f—tH
tW—|-"-- ' ' r W- *' - - ® —« - c- A-\
Gei-gen! Juch - hei * ja, juch - hei! Die Ernt' ist vor - bei-
2. Die Ernt' ist vorbei! Juchheisa, juchhei! Flink, Annchen, Mariannchen
und Kätchen und Hannchen und Heinrich und Fritz, zum Tanz wie der Blitz!
3. Zuni Tanz wie der Blitz! Franz, Heinrich und Fritz! Die ganze Ee-
meine muß jetzt auf die Beine! Juchheisa, juchhei! Die Ernt' ist vorbei!
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 2
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Malendes Zeichnen:
4. Wie das Korn gedroschen wird.
Wir wollen heute davon sprechen, wie das Korn gedroschen
wird.
I. Wozu die Scheune dient. Erzähle, was mit dem Getreide
gemacht wird, wenn es reif ist! Abgemäht, in Garben gebunden
und zu Stiegen zusammengestellt. Und wenn es trocken geworden ist?
Dann wird es in die Scheune gefahren. Wo befindet sich die
Scheune? Auf dem Hofe des Landmannes, neben dem Wohnhause.
— 19 —
Wir haben uns eine Scheune angesehen. Wodurch unterscheidet sie
sich vom Wohnhause? Sie hat keine Fenster, keinen Schornstein.
Warum braucht eine Scheune keinen Schornstein? — Was hat sie
statt der Fenster? Läden. Die Tür der Scheune fiel uns ganz
besonders auf. Weshalb? Sie war so groß und breit, hatte zwei
Flügel. Wie nennt man eine so große, breite Tür? Tor — Scheu-
nentor. Wie wird es geöffnet? — Nicht alle Scheunentore werden
so geöffnet! — Ich habe ein Tor gesehen, das hing an Rädern. Die
Flügel konnte man auseinanderschieben. — Solche Tore werden
an neuen Scheunen fast immer gemacht. Weshalb läßt der Land-
mann in seine Scheune ein großes Tor machen? Damit er mit dem
Erntewagen hineinfahren kann. Wir haben uns auch die Scheune
inwendig angesehen. In der Scheune sieht es ganz anders aus
als in einem Wohnhause! In der Scheune sind keine Mauern,
keine Stuben, keine Kammern, keine Treppen; man kann bis unter
das Dach sehen. Wie kommt man aber auf den Boden, wenn keine
Treppe da ist? In der Scheune steht eine große Leiter. Trotzdem
die Scheune keine Fenster hat, ist es doch etwas hell darin. Wie
geht das zu? In dem Dache sind kleine Fenster (Dachfenster), Glas-
ziegel. Die Läden werden aufgemacht, das Scheunentor auch. Der
Raum, in dem wir standen, war besonders abgeteilt. Woraus war
der Boden hergestellt? Lehm, Ton. Der Ton war aber festgestampft
und darum hart und glatt. Dieser Raum in der Scheune hat einen
besonderen Namen, er heißt die Tenne. Erfragen! Die Erntewagen
fahren durch das Scheunentor auf die Tenne. Was geschieht hier?
Das Getreide wird abgeladen. Der Knecht, der oben auf dem Fuder
sitzt, wirft die Garben herab. Die Mädchen nehmen die Garben
und legeil sie in die Räume (Fächer), die links und Rechts von der
Tenne sind, aber jede Getreideart an eine besondere Stelle: den
Roggen an eine Stelle, den Weizen an eine Stelle, die Gerste usw.
Was tut der Knecht, wenn er sämtliche Garben abgeladen hat?
Fährt nach dem Felde und holt noch ein Fuder. Kaum ist er vom
Hofe, fährt ein zweiter Erntewagen auf die Tenne. Was wird
auch mit dem gemacht? Abgeladen. Der Getreidehaufen in der
Scheune wird höher und höher. Bald ist er höher als der be-
ladene Erntewagen. Jetzt muß der Knecht mit der Heugabel die
Garben hinaufreichen. Wie hoch liegt das Getreide in der Scheune
oftmals? Bis unter das Dach. Das Getreide bleibt in der Scheune
eine ganze Zeitlang liegen, — es wird hier aufbewahrt. (Worin
bewahrt die Mutter deine Kleider auf? Im Kleiderschranke. Wo
werden die Kartoffeln aufbewahrt? Was wird noch im Keller auf-
bewahrt? —) Was aber in der Scheune? In der Scheune wird
das Getreide aufbewahrt.
Manchmal erntet der Landmann aber so viel Getreide, daß er
nicht alles in der Scheune unterbringen kann. Wo bleibt er nun
damit? Er legt es im Felde auf einen Haufen. Wo haben wir einen
solchen Getreidehaufen gesehen? — Wie waren die Garben auf-
2*
— 20 —
einandergepackt? Im Kreise, die Ähren waren alle in der Mitte.
Einen solchen Getreidehaufen nennt man eine Dieme. Erfragen!
Welche Form hat die Dieme oben? Spitz. Weshalb hat man sie
mit Stroh gedeckt? Damit das Regenwasser abläuft. Strohdach.
In unseren Nachbardörfern haben ganz alte Häuser manchmal ein
Strohdach. Ich habe euch auch das rote Schild an der Dieme ge-
zeigt. Was bedeutet das? —
Weshalb baut der Landmann so viel Getreide? Er will das
Korn (die Eetreidekörner) haben. Was macht er mit dem Korn? —
Wo sitzen die Eetreidekörner? In der Ähre. Hier zeige ich euch
eine Ähre. Du hast gewiß schon einmal die Körner einer Roggen-
oder Weizenähre gegessen. Du hast aber gewiß nicht ein Korn
nach denl anderen aus der Ähre herausgezogen! Nein, ich habe die
Ähren zwischen den Händen gerieben und die Schalen fortgeblasen.
Die Schalen nennt man die Spreu. Ich zerreibe diese Ähre. Was
tue ich jetzt? Blasen die Spreu fort. Weshalb läßt sich die Spreu
so leicht fortblasen? Leicht. Weshalb fliegen die Körner nicht fort?
Schwer. Der Bauer hat in seiner Scheune viele tausend Ähren liegen.
Ob er die auch zwischen den Händen zerreibt, wenn er das Korn
haben will? Nein, das Korn wird herausgeschlagen. Wir sagen:
das Getreide wird gedroschen. Der Bauer drischt das Getreide.
Wo geschieht das? — In der Scheune wird das Getreide aufbe-
wahrt und gedroschen.
II. Wie das Getreide allsgedroschen wird. Wenn der Landmann
sein Getreide eingefahren hat, muß er auf dem Felde noch viele Ar-
beiten verrichten. Welche? Er muß pflügen, säen, Kartoffeln roden,
Rüben roden usw. Wer muß bei diesen Arbeiten helfen? Knechte,
Mädchen. Der Bauer kann deshalb gar nicht daran denken, sein Ge-
treide gleich nach dem Einfahren auszudreschen. Er hat gar keine
Zeit dazu. Wann kann er aber auf dem Felde keine Arbeiten ver-
richten? Winter. Weshalb nicht? — Was tut der Landmann im
Winter? Er drischt sein Getreide aus. Auf diesem Bilde seht ihr,
wie das Getreide ausgedroschen wird. Ihr wißt schon, in welchem
Gebäude das geschieht! In der Scheune. Zeige auf diesem Bilde
die Scheune! — Woran erkennst du sie gleich? — Weshalb können
wir in die Scheune hineinsehen? Zeige die Tenne! — Wieviel
Männer siehst du auf der Tenne? — Es sind gewiß drei Knechte
(Oder: Der Bauer, sein Sohn und ein Knecht). Was machen die
Männer auf der Tenne? Dreschen Getreide aus. Die Knechte haben
eine Anzahl (vielleicht 20) Garben aus dem Fache geholt, die
Strohseile gelöst und das Getreide auf der Tenne ausgebreitet. Die
Halme liegen in zwei Reihen, alle Ähren in der Mitte. So! (An-
zeichnen!) Warum haben sie die Ähren in der Mitte zusammen-
gelegt? — Nun sollen die Körner herausgeschlagen werden. Dazu
können die Männer aber keinen Stock gebrauchen, damit würden
sie die Ähren nicht gut treffen. Ich will euch das Gerät, welches
die Männer beim Dreschen gebrauchen, an die Tafel zeichnen. So
— 21 —
sieht es aus. Man nennt es Flegel, — Dreschflegel. Was habe ich
zuerst vom Flegel gezeichnet? Den Stiel. Der ist so lang und so
dick wie ein Besenstiel. Hier oben am Stiele ist ein vierkantiges Stück
Holz befestigt, das ist so lang und so dick (zeigen!). Das Holz heißt
der Schlegel. Aus welchen beiden Teilen besteht also ein Dresch-
flegel? — Der Schlegel ist mit dicken Lederriemen am Stiele be-
festigt, er kann sich deshalb nach allen Seiten drehen. Womit wird
also das Getreide ausgedroschen? Mit dem Dreschflegel. (Wie nennt
man die Leute, welche dreschen? Drescher. Welche mähen? Mäher.)
Was tun die Börner, wenn die Drescher mit dem Flegel auf die
Ähren schlagen? Springen heraus. Die Drescher dürfen aber mit
ihren Dreschflegeln nicht alle zu gleicher Zeit auf die Ähren schlagen.
Weshalb nicht? Ein Flegel könnte leicht auf den andern schlagen und
einem der Drescher an den Kopf fliegen. Wie müssen sie schlagein?
Einer nach dem andern, hübsch im Takt. Robert, Rudolf und Erich
sollen uns vormachen, wie die Drescher zuschlagen müssen. Ich
gebe jedem ein Lineal (einen Stock) und lege einige Strohhalme
auf den Tisch. Nun schlagt hübsch im Takte auf die Halme! Wie
klingt das? Klipp, klapp, klapp; klipp, klapp, klapp. (Nun sollen
zwei Kinder dreschen. Wie klingt das? Klipp, klapp; klipp, klapp.
Wieviel Mann dreschen demnach, wenn es klingt: Klipp, klapp,
klapp? Drei. Wenn es klingt: Klipp, klapp? Zwei.) Die Drescher
sind fleißige Leute. Wenn ihr noch in eurem Bettchen liegt, sind
sie schon bei ihrer Arbeit, und weithin (im ganzen Dorfe) hört man
ihre lauten Schläge. Was tun die Körner, wenn die Drescher auf die
Ähren schlagen? Springen heraus. Was seht ihr hier am Eingange
der Scheune? Brett. Weshalb mögen die Drescher dieses Brett
hier aufgerichtet haben? Damit die Körner nicht fortspringen. Ein-
zelne Körner springen aber doch über das Brett hinweg auf den
Hof. Dort bleiben sie aber nicht lange liegen, denn sehr bald stellt
sich eine Schar kleiner Gäste vor der Tenne ein. Was für Gäste
meine ich? Vögel. Auch auf unserem Bilde haben sich mehrere
Vögel vor der Tenne eingefunden. Zeige sie! Was für Vögel sind
es? Drei Hühner, zwei Sperlinge. Zwei Sperlinge kommen noch
herbeigeflogen. Vielleicht sind es auch ein paar Haubenlerchen.
Was wollen sie hier? Körner suchen. Weshalb? Sind hungrig.
Wo halten sich die Lerchen und andere Vögel sonst auf? Auf dem
Felde. Warum sind sie nicht im Felde geblieben? Sie finden dort
kein Futter mehr, alles ist zugeschneit (mit Schnee bedeckt). Da
haben sie gewiß die lauten Schläge der Drescher gehört. Und was
haben sie da getan? — Nun sind sie da. Wenn sie sprechen könnten,
würden sie sagen:
Im Felde draußen da gibt's nichts mehr,
Der Schnee deckt alles weit umher.
Da hörten wir euern Drescherschlag
Und zogen dem lieben Klange nach.
Manch Körnlein springt wohl aus der Tennen,
Das könnt ihr uns armen Vöglein gönnen.
— 22 —
Weshalb sind die Vögel vor die Scheune gekommen? — Warum
Kommen sie gerade zur Scheune? — Welche Bitte richten sie an
die Drescher? — Ob die Drescher den Vögeln diese Körner wohl
überlassen? ■—
Die Drescher drin schlugen nach dem Takt,
Manch Scheffel ftorn ward eingesackt;
Das gab wohl Brot genug fürs Haus.
Manch Körnlein sprang auf den Hof hinaus;
Das ließen die Vögel auch nicht liegen,
Sie holten es schnell mit Hüpfen und Fliegen. (SB. Hey.)
Wie schlugen die Drescher? — Woraus sehen wir, daß der
Bauer viel Korn erhielt? — (In jeden Sack ging ein Scheffel
Korn.) Was wird mit dem Korn in der Mühle gemacht? — Was
backt man aus dem Mehl? — Manch Körnlein sprang auf den
Hof hinaus; warum kam's dem Bauer darauf nicht an? — Ihr
könnt euch schon denken, was nun geschah! — Wie waren die
Drescher gegen die kleinen Singvögel, weil sie ihnen so manches
Körnlein gönnten? Mitleidig, barmherzig. Wie müssen auch wir
im Winter gegen die Vögel sein? Mitleidig. Wie könnt ihr den
Vögeln in ihrer Not helfen? —
Nun aber zu unseren Dreschern zurück. Wie lange müssen sie
auf die Ähren (Halme) schlagen (dreschen)? Bis sie leer sind. Wie
nennt man die ausgedroschenen Halme? Stroh. Das Stroh bleibt
nicht auf der Tenne liegen. Was wird damit gemacht? Zusammen-
gebunden und in die Scheune gelegt, aber an eine besondere Stelle.
Was ist Quf der Tenne liegen geblieben? Körner. Das ausgedroschene
Korn wird auf der anderen Seite der Tenne zu einem großen Haufen
zusammengeschaufelt. Dann gehen die Drescher in das Fach (auf
den Boden), wo noch viel Getreide liegt, werfen Garben herunter,
breiten sie auf der Tenne aus und fangen wieder an zu dreschen.
III. Wie das Getreide gereinigt wird. Ich zerreibe zwischen
meinen Händen einige Ähren. Was siehst du zwischen den Körnern?
Schalen, — Spreu. Was ist auch zwischen den ausgedroschenen
Körnern? Schalen, leere Ähren, zerschlagene Grannen und Halme,
Staub usw. Das Korn ist also nicht rein. So kann^es der Müller
nicht gebrauchen. Was muß mit dem Getreide gemacht werden?
Gereinigt werden. Wenn die Drescher einen großen Haufen Korn
ausgedroschen haben, setzt sich einer derselben dabei und nimmt eine
solche Schaufel in die Hand, — Wurfschaufel. (Anzeichnen!) Da-
mit wirft er das unreine Korn nach vorn (wo das Brett steht).
Wir sagen: Das Korn wird geworfelt. Erfragen! — Wie weit
werden die schweren Körner fliegen? Bis vorn an das Brett. Wie
weit die leichte Spreu? Wir wollen probieren, ob es wahr ist.
Wirf dieses Korn nach jener Wand! Nun dieses Stückchen von
einer Ähre! Was seht ihr? — So ist es auch in der Scheune. Die
Körner liegen vorn am Brette und die Spreu in der Mitte der
Scheune. Die Spreu wird zusammengefegt und das Korn auf einen
— 23 —
Haufen geschaufelt. Unter den Eetreidekörnern sind jetzt aber noch
viele Samenkörnern von Unkräutern, die sind auch bis nach vorn
geflogen. Damit die Getreidekörner auch hiervon gereinigt werden,
schüttet man sie in ein Sieb. Ich habe euch in der Scheune ein
Sieb gezeigt. Ich zeichne es jetzt auf die Wandtafel. Es ist rund,
hat einen hölzernen Rahmen und einen von Draht geflochtenen
Boden. Die Löcher in dem Drahtboden sind so klein, daß roohl
der Unkrautsame, aber keine Getreidekörner hindurchfallen können.
Wird das Getreide in dem Siebe geschüttelt (so! vormachen!),
so sagt man: Das Getreide wird gesiebt. Was fällt dabei durch
die Löcher des Siebes? Unkrautsame. Was nicht? — Warum
nicht? — [Viele Bauern reinigen das Korn mit einer Maschine
(Klapper). Sie ist ungefähr so Hoch (zeigen!) und so breit. Auf
der Maschine ist ein großer Trichter. In diesen wird das Korn
geschüttet. Dreht man nun das Rad an der Maschine, dann kommen
an der einen Seite Spreu und Staub heraus, an der anderen aber
das gereinigte Getreides Das gereinigte Korn wird in Säcke ge-
schüttet und gewogen. Weshalb gewogen? — Wieviel schüttet der
Bauer in jeden Sack? Einen oder zwei Zentner. Wer kauft das
Getreide? — Was macht er damit? —
Was mit dein Getreide alles getan wird! Gesäet, gemäht,
eingefahren, in die Scheune gelegt, gedroschen, geworfelt, gesiebt,
gewogen, verkauft. Welche Geräte müssen in einer Scheune sein? —
IV. Wozu der Bauer das Stroh braucht. Was macht nun
der Bauer mit dem Stroh? Er streut es dem Vieh unter, damit
es hübsch weich liegt. — Wir streuen unserem Pferde auch Stroh
unter. — Mein Vater hat kein Stroh, der wirft Torfstreu in
unseren Pferdestall. — Wenn ihr ein Pferd habt, wirst du auch
wissen, wozu das Stroh noch gebraucht wird! Unser Pferd kriegt
Stroh zu fressen. Aber doch keine langen Halme! Nein, das Stroh
wird erst ganz kurz geschnitten. So kurz (zeigen!). Wie nennt man
so kurz geschnittenes Stroh? Häcksel. Wer schneidet bei euch den
Häcksel? Unser Knecht. — Wir haben eine Häckselschneidemaschine.
An der Maschine ist ein großes Rad, das wird rund gedreht. An
dem Rade sind aber zwei Messer, die schneiden das Stroh so ganz
klein. — Wir schneiden den Häcksel nicht selber. Der wird uns
ins Haus gebracht, immer ein paar große Säcke voll. Der Bauer
schneidet seinen Häcksel selber. Weshalb wohl? Muß viel Häcksel
haben, hat selber Stroh. Sind denn eure Pferde mit dem Häcksel
zufrieden? Zwischen den Häcksel wird erst noch Hafer getan. Was
fresse^ also die Pferde? Hafer und Häcksel. i
In der Scheune haben wir auch Garben gesehen. Womit war
jede Garbe zusammengebunden? Strohseil. Was wird also aus
dem Stroh noch gemacht? Strohseile. Dazu nimmt man gewöhn-
lich nur das lange Roggenstroh. Was für Hüte tragt ihr im Som-
mer? Strohhüte. Also? Aus Stroh werden Hüte gemacht <ge-
flochten). Eure Mutter leidet nicht, daß ihr mit schmutzigen Stiefeln
— 24 -
in die Stube geht! Ich mutz meine Stiefel aus der Decke abtreten
(reinigen). Was für eine Decke liegt vor eurer Tür? Vor unserer
Tür liegt eine Kokosdecke. Wir haben eine Strohdecke. Also? Aus
Stroh werden Decken geflochten. Ich kenne ein kleines Tier, das
hat manchmal ein Haus von Stroh! Ja, die Biene, die wohnt in
einem Bienenkorbe. Also? Aus Stroh werden auch Bienenkörbe ge-
flochten. Was wird sonst noch aus Stroh gemacht? Strohdächer.
Früher sah man viele Strohdächer, jetzt selten, nur auf ganz alten
Häusern. Weshalb macht man keine Strohdächer mehr? Brennen
leicht, gefährlich. Rückblick! —
V. Wie das Korn mit der Maschine gedroschen wird. Heute
blieben so viele Kinder an der Ecke der Broitzemer Straße (der Her-
berge zur Heimat gegenüber) stehen. Was gab es denn dort zu
sehen? Bei E...s wurde Getreide ausgedroschen. — Das haben
wir doch auf unserem Bilde gesehen. Bei E . . . s wurde es anders
gemacht, da haben sie mit einer Maschine gedroschen. •— Das habt
ihr gewiß zum ersten Male gesehen. Wie nennt man denn solche
Maschine? Dreschmaschine. Hoffentlich habt ihr euch die Dresch-
Maschine auch ordentlich angesehen. Wie sieht sie denn aus? Wie
ein großer Möbelwagen, aber sie ist rot angestrichen. Worin gleicht
sie noch einem Möbelwagen? Sie hat vier Räder, wird von Pfer-
den gezogen. Die Pferde müssen aber sehr stark sein, sonst kriegen sie
die schwere Maschine nicht von der Stelle. Erzählt mir nun, was
ihr gesehen habt! Bei der Dreschmaschine stand ein Fuder Korn.
Ein Knecht stand auf dem Fuder und warf immerzu Garben auf
die Dreschmaschine. Auf der Maschine standen mehrere Frauen,
die machten die Garben auf und schoben sie in die Maschine. Die
ging imwer sssss____ Das konnte man schon von weitem hören.
Weshalb schoben die Frauen das Getreide in die Maschine? Sie
sollte das Getreide ausdreschen. Das tut sie auch. Die Maschine
klopft alle Körner aus den Ähren, ja sie reinigt das Korn sogar von
aller Spreu und von allem Staube. Wo blieb das Korn? Das
kam hinten aus der Maschine aus Röhren. Unter die Röhren hatte
ein Mann Säcke gestellt und festgehakt. Da fiel das Korn gleich
hinein. Es dauerte gar nicht lange, dann war ein Sack voll. Die
vollen Säcke wurden ins Haus getragen (auf den Kornboden).
Wo bleibt denn nun das Stroh? Das kam vorn aus der Ma-
schine. Da standen Frauen, die faßten es gleich und banden es
zusammen. Dann wurde das Stroh in die Scheune gebracht. ■—
Ich habe schon Dreschmaschinen gesehen, die auch das Stroh noch
zusammenbanden. Dann brauchten die Frauen nur die Strohbunde
wegzutragen. Die Spreu blieb auch nicht in der Maschine! Ja, die
kam an der Seite heraus. Habt ihr darauf geachtet, wie das Zeug
der Männer und Frauen aussah? Das war ganz staubig. Der
Staub lag beinahe fingerdick auf ihrem Zeuge. Wie geht das zu?
Bei der Maschine war die ganze Luft voll Staub. Der kam unten
aus der Maschine. Zwischen den Rädern lag schon eine ganze Menge
— 25 —
Staub. Ist denn in der Maschine auch Staub^? Ja, in den Ähren
und an dem Stroh. Der fällt aber durch das Sieb. Weshalb hatten
die Frauen ein Tuch um den Kopf gebunden? Damit sie nicht
so viel Staub und Dreck in die Haare kriegten.
Wer drehte denn nun aber diese große Dreschmaschine? Das
tat eine Dampfmaschine, die stand da auch auf dem Hofe. Ihr
wißt schon, daß der Dampf eine riesige Kraft hat. Wo habt ihr
das schon oft gesehen? Auf dem Bahnhofe. Der Dampfwagen
kann eine ganze Menge Wagen ziehen. Wo kommt denn aber der
Dampf her, der die Maschine treibt? In der Dampfmaschine brennt
ein großes Feuer. -Über dem Feuer liegt ein großer Kessel mit
Wasser. Das Wasser fängt bald an zu kochen, und dann gibt es
viel Dampf. Das seht ihr alle Tage in eurer Küche! Ja, wenn
die Mutter Kaffee kocht. Der Dampf hebt immer den Deckel vom
Wasserkessel hoch, der fängt ordentlich an zu tanzen. Der Dampf
in der Dampfmaschine hat solche Kraft, daß er das große Rad
ganz schnell runddrehen kann. Wie kommt es aber, daß die Dresch-
Maschine in Bewegung gesetzt wird? Uber dem großen Rade ist
ein Riemen, der geht nach der Dreschmaschine und dreht da ein
kleines Rad, und dann geht die ganze Dreschmaschine. Wann drehte
sich das Rad an der Dampfmaschine nicht? Wenn kein Dampf, kein
Feuer in der Maschine ist. Bei der Dampfmaschine war ein Mann,
der mußte immer nach dem Feuer sehen. Was hatte er denn zu
tun? Kohlen aufwerfen, das Feuer mit einer eisernen Stange schüren.
Wie nennt man den Mann? Heizer. Die Dampfmaschine hat auch
einen hohen Schornstein. Was ist euch daran ausgefallen? Der
hat ganz oben ein Drahtsieb. Weshalb wohl? Damit keine Funken
aus dem Schornsteine kommen. Weshalb ist das beim Dreschen
sehr gefährlich? Das Stroh fängt leicht an zu brennen.
Kinder dürfen nicht zu nahe an eine Dreschmaschine herantreten.
Wenn eure Hand zwischen die Räder oder Riemen kommt, kann
sie gleich gequetscht oder abgerissen werden. Auch die Frauen, die
auf der Maschine stehen, müssen bei ihrer Arbeit sehr vorsichtig
sein. Wenn sie mit den Füßen oder Armen in die Öffnung auf der
Maschine kommen, gibt es ein großes Unglück! Was meint ihr? —
Manchmal wird die Maschine gleich ins Feld neben eine Dieme
gefahren. Dann drischt der Bauer sein Korn gleich im Felde aus. —
Warum dreschen manche Bauern mit der Maschine? Geht schnell.
Das können aber auch nur solche Bauern, die sehr viel Getreide
haben. Was tun die Bauern, die nur wenig Getreide haben? —
Zugaben:
Rätsel.
Es rüttelt sich und schüttelt sich
Und streut ein Häuflein unter sich. (Sieb.)
— 26 —
Gesang:
Spatz und Bauer.
1 Bäu-er-lein, Bäu-er-lein tick, tick, tack, hast 'nen gro-ßen Ha-ber-!aa>
hast viel Wei-zen und viel Kern, Bäu-er-lcin, Hab'dich gar zu gern!
2. Bäuerlein, Bäuerlein, tick, tick, tack, komm zu dir mit Sack und Pack,
komm zu dir nur, daß ich lern', wie man ausdrischt Korn und Kern.
3. Bäuerlein, Bäuerlein, tick, tick, tack, ei, wie ist denn der Geschmack von
dem Korn und von dem Kern, daß ich's unterscheiden lern'?
4. Bäuerlein, Bäuerlein spricht und lacht: Finklein, nimm dich nur in
acht, daß ich. wenn ich dresch' und klopf', dich nicht treff auf deinen Kopf!
5. Komm herein und such' .und lug', bis du satt hast und genug, daß du
nicht mehr hungrig bist, wenn das Korn gedroschen ist. (Friedr. Güll.)
Malendes Zeichnen:
27
Ttt
hbw n
5. Die Mühle.
I. Wozu die Mutter Mehl braucht. Ihr alle habt schon Mehl
gesehen und in der Hand gehabt. Wie sieht^das Mehl aus?
Weiß. Was sieht auch beinahe wie Mehl aus? Salz, feiner Zucker,
weißer Sand. Wodurch unterscheidet sich das Mehl von diesen
Dingen? Es ist feiner, weicher,- wir kriegen weiße Finger (weiße
Kleider), wenn wir es anfassen. Was für Mehl hast du schon ge-
holt? Weizenmehl. Was hat deine Mutter mit dem Weizenmehl ge-
macht? Meine Mutter hat Kuchen daraus gebacken (Zuckerkuchen).
Wir haben Semmeln gebacken. Zum Eierkuchen nimmt meine Mutter
auch Weizenmehl. Wir haben Mehlsuppe gekocht usw. Was für
Mehl kennt ihr noch? Roggenmehl. Wer hat schon Roggenmehl
zum Kuchenbacken geholt? Aus Roggenmehl kann man keinen Kuchen
backen, da kann man bloß Brot aus backen. — Ich habe einmal
Roggenmehl geholt, wie mein Vater unsere Stube tapezieren wollte.
„Daß du aber ja Roggenmehl bringst", sagte meine Mutter, „ich
will Kleister kochen/' — Unser Schuhmacher hat auch solchen Kleister.
Wozu wird also das Roggenmehl gebraucht? — Wie unterscheidet
sich das Weizenmehl vom Roggenmehl? Ist weißer. Wer kennt
noch anderes Mehl? —
II. Wie das Getreide gemahlen wird. Woraus wird das
Weizenmehl bereitet? Aus Weizenkörnern. Und das Roggenmehl?
Aus Roggenkörnern. Hier zeige ich euch Weizen- und Roggen-
körner. Wodurch unterscheiden sie sich voneinander? — Wie wird
aus diesen Körnern nun Mehl bereitet? Die Körner werden in der
Mühle gemahlen. Wir wollen heute hier in der Schule einmal
Weizenmehl bereiten! Das geht hier nicht, wir haben ja keine
Mühle. Doch, hier ist sie! Das sind ja nur zwei Steine. Damit
kann ich aber doch die Weizenkörner Fermahlen. Seht euch die
— 28 —
Steine an! Jeder hat eine glatte Seite. Die glatten Steine paffen
schön aufeinander. Was streue ich jetzt zwischen die Steine? Weizen.
Und was tue ich jetzt? Den untersten Stein halten Sie fest und
den obersten drehen Sie rund, — ich mahle. Ahmt mit euren
Händen das Mahlen nach! — Nun seht, was aus meinen Weizen-
körnern geworden ist! Die Körner sind ganz sein und weiß, —
sie sind zu Mehl geworden. Je länger ich mahle, je feiner wird
das Mehl. Jetzt tue ich das Mehl in einen Beutel und schüttle, —
ich siebe das Mehl. Was auf dieses Papier fällt, ist reines Weizen-
mehl. Was ist im Beutel zurückgeblieben? Schalen. Weshalb sind
sie nicht mit auf das Papier gefallen? Die Löcher im Beutel sind zu
klein. Nun erzähle mir noch einmal, wie wir dieses Weizenmehl
bereitet haben! Seht euch unser Weizenmehl an! Es ist nur ein
ganz kleines Häufchen. Ob wir wohl einen Sack voll Weizenmehl
mahlen können? Das geht nicht, das geht viel zu langsam, das
kann man nur in einer „richtigen" Mühle. Wo gibt es denn ,,rich-
tige" Mühlen? Ich habe dicht bei Broitzem •— Lehndorf usw.
eine Mühle gesehen, Windmühle. Ich habe schon eine Wasser-
mühle gesehen, wie ich bei meinem Onkel in — war.
III Wie sich die Binder eine Windmühle machen. Hier habe ich
euch eine kleine Windmühle mitgebracht. Wo habt ihr eine solche
schon gesehen? Im Garten, im Kirschbaume. — Wenn sie rund
geht, klappert sie, ,die Sperlinge sollen fortfliegen. Was dreht
sich an dieser Mühle? Die 4 Flügel. Zeige die 4 Flügel! —
Wann drehen sich ,die Flügel? Wenn der Wind weht. Manchmal
drehen sich ihre Flügel schnell, manchmal langsam. Wie geht das
zu? Wenn bloß ein bißchen Wind da ist, dann drehen sich die
Flügel langsam, wenn der Wind aber tüchtig bläst (weht), dann
drehen sie sich schnell. Die Mühle sieht aber nicht immer nach der-
selben Seite. Manchmal sieht sie mit ihrem „Gesichte" nach dieser
Seite, manchmal nach der Seite usw. Wie kommt das? Sie
dreht sich selbst nach dem Wwde, damit er immer ihr Gesicht
trifft. Kommt der Wind von dieser Seite, dann wendet die Mühle
ihr Gesicht auch nach der Seite, so! Jetzt kommt aber der Wind
von rechts! Dann dreht sich die Mühle auch nach rechts. Seht
so! — Usw. !Achtet auch darauf, wie die Flügel hier befestigt sind!
Sie stehen nicht gerade, sondern schräg. Wir machen jetzt eine
Windmühle. Ich schneide ,aus dieser Kartoffel (diesem Korke) eine
dicke Scheibe und stecke 4 Gänsefedern (Hölzchen, Pappstreifen) hin-
ein. Seht so ,(etwas schräg)! Durch die Mitte der Kartoffelscheibe
stecke ich eine Stricknadel, auf der sich dann — wenn nötig, mit Hilfe
einer Federspule — die Windmühle drehen kann. Ich halte sie
aus dem Fenster. Seht nur, wie schnell sich ihre Flügel drehen.
Wir können auch aus Papier (dem Deckel eines Schreibheftes)
eine Windmühle machen. Dieses (quadratische) Stück Papier (dessen
Seite etwa 12 ,cm mißt) schneide ich von allen vier Ecken nach
der Mitte zu ein, bis hierher (zeigen!), (etwa einen Zentimeter vom
— 29 —
Mittelpunkte entfernt. Dadurch entstehen vier Dreiecke, die in der
Mitte zusammenhängen.). Ich biege nun die (vier rechten oder vier
linken) Ecken der Dreiecke auf die Mitte, durchsteche die überein-
anderliegenden Zipfel und den Mittelpunkt des Papieres mit einer
Stecknadel und befestige.biefe an einem Stocke. Nun ist unsere Mühle
schon fertig. Ich bewege den Stock schnell durch die Luft. Was
bemerkt ihr? Dreht.sich. Ich halte sie aus dem Fenster. Seht nur,
wie lustig sie .sich dreht. Nun erzähle, wie du aus Papier eine
Windmühle machst! Mache aus diesem Papier eine Windmühle! —
IV. Besichtigung einer Windmühle. Heute wollen wir uns
eine „richtige" Windmühle ansehen. Gang aus der Stadt nach
der nächsten Windmühle. Jetzt sehen wir sie schon. Wie klein
sie aussieht! Ich weiß es, das kommt davon, weil sie so weit weg
ist. Du hast recht. Je näher wir kommen, je größer wird sie.
Jetzt sehen wir sie schon ganz deutlich. Von dem nächsten Dorfe sehen
wir nur die Dächer. Weshalb können wir die Mühle so schön
sehen? Die liegt auf einem Berge, — auf einem Hügel. Weshalb
hat man sie.auf einen Hügel gebaut? — Jetzt sind wir am „Fuße"
des Hügels angekommen, nun den „Abhang" hinauf, und wir sind
oben. So groß habt ihr euch die Windmühle wohl doch nicht
vorgestellt. Vergleicht sie mit dem Wohnhause des Müllers! Sie
ist höher als das Wohnhaus. Sie ist auch ganz anders gebaut als
ein Wohnhaus! Ja, sie ist mit Brettern benagelt. Und denkt euch,
sie steht gerade so, wie ich jetzt stehe. Nun? Auf einem Bein.
Weshalb kann dieses Bein aber doch die große Mühle tragen?
Es ist dick, .stark, aus Eichenholz, wird von allen vier Seiten gestützt.
Nun seht euch .die Windmühlenflügel an! Weshalb dürft ihr nicht
in ihre Nähe kommen? Sie würden uns fassen, — totschlagen.
Weshalb können sie euch fassen? Sie reichen ja beinahe bis auf
die Erde. Seid also recht vorsichtig! Was wißt ihr von den
Flügeln zu sagen? Sie stehen auch etwas schräg; sie sehen aus
wie eine Leiter; zwischen die Sprossen ist (starke) Leinwand ge-
spannt. Da kann der Wind gut hineinfassen und die Flügel drehen.
Wenn der Wind .zu stark weht, schiebt der Müller die Leinwand
zusammen. Weshalb wohl? .Dann saust der Wind durch die Flügel
und kann sie nicht so schnell drehen. Manche Windmühlen haben in
den Flügeln Brettchen, .die sich auf- und zuklappen lassen wie die
Jalousien in den Fenstern. Wann wird der Müller sie aufklappen?
Zuklappen? — Nach welcher Seite sind die Flügel dieser Mühle
gerichtet? — Weshalb nach dieser Seite? Da kommt der Wind
her. Der Wind .komlnt aber nicht immer aus dieser Richtung,
er kann auch von jener Seite kommen. Ob sich dann die Flügel
auch drehen? Nein, .dornt stehen sie still. Das ist aber doch recht
schlimm für den Müller, dann kann er ja nicht mahlen! Ich weiß
es. Der Müller dreht seine Mühle dann auch nach der Seite. Ist
denn das möglich? Ja, hinter der Mühle ist ein langer Baum, daran
kann sie gedreht werden. Richtig, da ist der Baum. Er heißt der
— 30 —
Mühlenschwan;. Wie dreht -also der Müller seine Mühle? Er zieht
unten an dem Mühlenschwanze, und dann dreht sich die Mühle. —
Aber nur der große tasten mit den Flügeln dreht sich, das „23ein"
steht fest.
Unter der Mühle ,gibt's auch noch etwas zu sehen. Was
meine ich? Da .liegen große, runde Steine, mit einem runden Loch
in der Mitte. ;Das sind Mühlsteine, die müssen das Korn zermahlen.
Beseht sie genau! ;Sie haben Rinnen. Solche Rinnen sind in jedem
Mühlsteine,- wenn er .die nicht hat, mahlt er nicht gut. (Von
Zeit zu Zeit werden die Rinnen vertieft, — der Stein wird ,,ge-
schärft".) Wieviel Steine haben wir in unserer Klasse zum Korn-
mahlen gebraucht? Zwei. Wieviel muß der Müller haben? Der
muß auch zwei haben. Und was denkt ihr über ihre Lage? Sie
liegen übereinander. Weiter! Der unterste liegt fest und der oberste
dreht sich. Weshalb hat der Mühlstein aber ein Loch in der Mitte?
Da wird gewiß das Korn hineingeschüttet. Richtig. Aber in ein
so kleines Loch läßt sich das Korn nicht gut hineinschütten. Wie
hilft sich da wohl der Müller (denkt daran, wenn der Kaufmann
in eine Flasche Petroleum gibt!)? Er nimmt einen Trichter. Richtig;
über den Mühlsteinen ist ein größer, hölzerner Trichter. Wozu dient
er? Da wird das Getreide hineingeschüttet. Weiter! Dann fällt
es durch das Loch zwischen die Steine. Der oberste Stein dreht
sich. Sie zerreiben die Körner zu Mehl.
Wer dreht aber den oberen Mühlstein? Hört: Die Flügel
der Windmühle sind an einer dicken Welle befestigt, die in die
Mühle geht. An dieser Welle sitzt (in der Mühle) ein großes
Rad mit vielen, vielen hölzernen Zähnen; das dreht sich so (senk-
recht). Die Zähne dieses Rades fassen in die Zähne eines großen
wagerecht liegenden Rades. Dieses Rad dreht wieder viele kleine
Räder, und eins von diesen dreht den Mühlstein. Als ich unsere
Handmühle eine Zeitlang gedreht hatte, kam das Mehl bald zum
Vorschein. Wo denn? An den Seiten, zwischen den Steinen heraus.
So ist es auch bei den Mühlsteinen in dieser Mühle. Also? Das
Mehl kommt an den Seiten heraus. Das kann man aber nicht
sehen, denn die Mühlsteine liegen in einem (runden) Kasten, —
dem Mahlkasten. Wohin fällt das Mehl also zuerst? In den Mahl-
kästen. So sieht das Mehl aus, wenn es zum ersten Male in den
Mahlkasten kommt. (Probe vorzeigen!) Was fällt euch daran auf?
Es sieht grau aus, .— gerade wie das Mehl, welches wir in der
Schule gemahlen haben. Woher kommt das? Die Schalen sind
noch dazwischen. Was haben wir deshalb mit dem Mehle gemacht?
Gesiebt. Der Müller will auch reines Mehl haben! Dann muß er
das Mehl auch sieben. Er braucht es aber nicht selber zu tun,
das besorgt die Mühle ganz allein. In großen, runden Sieben,
die sich fortwährend drehen, wird das graue Mehl tüchtig gerüttelt
und geschüttelt. Was fällt nicht durch das Sieb? Schalen. Die aus-
gesiebten Schalen nennt man Kleie. Das reine Mehl fällt in den
— 31 —
Mehlkasten und wird dann in Säcke getan. Wer kauft das Mehl?
Bäcker. Was macht er damit? —
Woran könnt ihr den Müller gleich erkennen? Er sieht ganz
weiß aus; Mütze, Haar, Gesicht, Kleider, alles ist weiß. Wie geht
das zu? Er faßt das Mehl an, trägt die Mehlsäcke. — Das kommt
auch von dem Mehlstaube, der in der Mühle herumfliegt. Wenn
wir nun in die Mühle hineingehen? Dann werden wir auch so
weiß. Welcher Handwerker sieht auch so weiß aus wie der Müller?
Bäcker. Wir haben auch von einem Knaben gesprochen, der ein
Müller werden wollte. Wie hieß der Knabe? Hänschen. Warum
wollte Hänschen kein Müller werden?
Ich bin vorhin in der Mühle gewesen und habe dort mit dem
Müller gesprochen, konnte aber kaum verstehen, was er sagte! In
der Mühle herrscht ein lautes Geräusch: die Mühle klappert.
V. Was es für Mühlen gibt. Dicht vor unserem Nachbardorfe
Broitzem haben wir auch eine Windmühle gesehen. Wodurch unter-
scheidet sie sich von dieser Windmühle? Sie steht nicht auf einem
Bein, sondern gleich auf der Erde; sie ist achteckig; nach oben hin
wird sie dünner; man hat ihr eine Kappe -aufgesetzt. Diese ist
nur viel größer als die eurige. Man kann diese Kappe zwar nicht
abnehmen, aber doch herumdrehen. Sie stellt sich selbst nach dem
Winde (gerade wie unsere kleine Klappermühle). Eine solche Mühle
heißt eine holländische Mühle.
Was für Mühlen kennt ihr sonst noch? Kaffeemühlen, Wasser-
mühlen. Wodurch wird eine Wassermühle getrieben? — An der
Hohentorbrücke (der Polizeistation gegenüber) steht eine Mühle, die
weder durch Wind noch durch Wasser getrieben wird. Ich weiß es,
das ist eine Dampfmühle, die wird durch eine Dampfmaschine ge-
trieben (gerade wie die Dreschmaschine). Wer hat schon eine Säge-
mühle gesehen? — Erzähle! — Eine Ölmühle? — Was wird in der
Ölmühle gemacht? Ol gepreßt' (Mohnöl usw.) Was für Mühlen
gibt es also? —
VI. Wie ein Wasserrad aussieht. Was hat bei der Windmühle
der Wind zu tun? Die Flügel drehen. Aber bei der Wassermühle
das Wasser? Muß das Wasserrad drehen. Jede Wassermühle hat
ein großes Wasserrad. Wenn wir uns eine Wassermühle ansehen,
werdet ihr euch wundern, wie groß es ist. Heute zeige ich euch
ein ganz kleines Wasserrad, das ich selbst gemacht habe. Hier ist
es. In der Mitte befindet sich die Welle. Zeigen! Diese Hölzer
kennt ihr schon, die sitzen in jedem Rade. Ja, die heißen Speichen.
Zählt sie! Acht. Auch an dieser Seite der Welle sitzen acht Speichen.
Wodurch sind die Speichen miteinander verbunden? Durch Hölzer.
Sie bilden einen Kreis, einen Reifen. (Ihr schlagt doch manchmal
^onnenreifen?) Zeige beide Reifen! Was habe ich zwischen den
Reifen befestigt? Kleine Kasten. In diesem Gestell dreht sich mein
Wasserrad. Ich lege hier oben eine Bleikugel in einen Kasten. Was
geschieht? Das Rad dreht sich herum. Unten fällt die Kugel her-
— 32 —
aus. Weshalb? Unten stellen sich die tasten auf den Kopf. Nun
steht das Rad wieder still. Was mutz ich tun, wenn das Rad im
Gange bleiben soll? — Auch durch Wasser kann ich das Rad in
Bewegung setzen. Wir gehen auf den Hof und halten das Rad
unter den Hahn der Wasserleitung. Sobald das Wasser in die Kasten
kommt, drückt es sie nieder. Unten fließt es heraus. Seht nur, wie
das Rad herumfliegt! Jetzt schließe ich den Hahn etwas. Was hat
das zur Folge? Das Rad geht langsam. — Hier ist noch ein
zweites Wasserrad. Was vermißt ihr daran? Kasten. Zwischen
den Reifen sind nur gerade Bretter. Diese Bretter nennt man
Schaufeln. Zeige und zähle die Schaufeln! — Auf dieses Wasserrad
fällt das Wasser nicht von oben herab, es soll hier unten dagegen
fließen. Wenn wir auf unserem nächsten Spaziergange an einem
Bächlein vorüberkommen, wollen wir dies Rad ins Wasser halten.
Wann wird es sich drehen? Wenn das Wasser gegen die Schaufeln
fließt.
VII. Besichtigung einer Wassermühle. Die Wassermühle liegt
dicht am Dorfe an einem Bache (Flusse). Der Müller hat das
Bächlein in eine Holzrinne geleitet. Das Wasser stürzt aus der
Holzrinne auf das Wasserrad. Das Wasserrad ist viel größer als ein
Wagenrad, noch größer als ein Mann. Es hat eine dicke Welle.
An der Welle sitzen dicke Speichen und Reifen. Dazwischen sind
viele lange Kasten. Das Wasser stürzt hinein und dreht das Rad.
Was hört ihr? Das Wasser rauscht. Die Welle des Wasserrades
geht durch die Mauer in die Mühle hinein und setzt viele große
und kleine Räder in Bewegung. Die Räder treiben die Mühlsteine.
Die Mühlsteine mahlen das Korn. Wohin schüttet der Müller
das Korn? In den großen Trichter, der über den Mühlsteinen
ist. In dem Trichter ist auch eine kleine Glocke. Wenn der Trichter
leer ist, fängt das Glöcklein an zu läuten. Was tut dann der
Müller? Schüttet Korn hinein. Man hört die Mühle schon von
weitem. Die Mühle klappert. Wir können das Klappern nach-
machen, indem wir in die Hände klatschen und sprechen: klipp,
klapp. Macht es einmal so! — Was tun wir des Nachts? Schlafen.
Die Mühle klappert oft auch bei Nacht. Wann denn? Wenn der
Müller viel Korn gu mahlen hat. Wozu hat er dann keine Zeit?
Zum Schlafen. Er muß wachen.
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach: Klipp, klapp,
Bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach: Klipp, klapp!
Was wird aus dem Korn (Roggen), das der Müller mahlt?
Mehl. Was bäckt der Bäcker aus dem Mehl (Roggenmehl)? Brot.
Ob wir wohl Not leiden müßten, wenn wir keinen Kuchen zu essen
hätten? Nein, wir könnten ja Brot essen. Was würdest du aber
sagen, wenn wir kein Brot hätten? Das wäre schlimm.
Er mahlet uns Korn zu dem kräftigen Brot,
Und haben wir dieses, so hat's keine Not!
Klipp, klapp, klipp, klapp, Klipp, Klapp!
— 33 —
Das große Mühlrad draußen läuft langsam. Was kannst du
aber von den Rädern sagen, die im Innern der Mühle sind? Lausen
schnell. Welche Arbeit haben sie zu tun? Drehen den Mühlstein.
Wobei helfen sie also mit? Beim Mahlen. Jetzt mahlen sie ein
anderes Getreide als Korn (Roggen)! Sie mahlen Weizen. Wozu?
Zu Mehl.
Flink lausen die Räder und drehen den Stein: Klipp, klapp!
Und mahleu den Weizen zu Mehl uns so fein: Klipp, klapp!
Was bäckt der Bäcker aus dem Weizenmehl? Weißbrot, Kuchen,
Zwieback. Wie schmeckt euch das Brot (Schwarzbrot), wenn ihr
hungrig seid? Gut. Aber Zwieback und Kuchen? Besser, — be-
sonders gut.
Der Bäcker dann Zwieback und Kuchen draus bäckt,
Der immer den Kindern besonders gut schmeckt.
Klipp, klapp, klipp, klapp, Klipp, Klapp!
Wo wachsen die Körner? Auf dem Felde. Ein solches Feld
heißt Ackerfeld. Ob das Ackerfeld wohl jedes Jahr gleich viele
Körner trägt? Nein, einmal trägt es viele Körner, ein andermal
weniger. In welchem Jahre müssen sich die Mühlräder besonders
flink drehen? Wenn das Ackerfeld viele Körner getragen hat.
Wenn reichliche Körner das Ackerfeld trägt: Klipp, klapp,
Die Mühle dann slink ihre Räder bewegt: Klipp, klapp!
Wer schenkt uns eigentlich das Brot? Der liebe Gott. Wieso?
Er läßt das Korn wachsen. Und was kannst du von uns sagen,
so lange wir Brot haben? So lange wir Brot haben, leiden wir
keine Rot. un5 der Himmel nur immerdar Brot,
So sind wir geborgen und leiden nicht Not.
Klipp, klapp, klipp, klapp, Klipp, Klapp!
Trage das ganze Lied vor! Jetzt wollen wir es singen. (Me-
lodie unter den Zugaben.)
Formen: Mühlstein, Mehlsack.
Zugaben:
1. Rätsel.
3) Ich gehe oft und habe Flügel
Und bleibe doch an einem Ort;
Mein Aufenthalt ist stets ein Hügel,
Da bin ich tätig fort und fort.
b) Ich stehe meist auf Hügeln,
Doch auch aus flachem Land,
Flieg' nie mit meinen Flügeln
Von meinem festen Stand.
c) Wind und Wasser geben
Mir allein das Leben.
Speise nehm' ich nie zu mir,
Stoff zu Brot bereit ich dir.
d) Wann ist der Müller ohne Kopf in der Mühle?
e) Weshalb tragen die Müller weiße Mützen?
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. Z
— 34 —
2. Die Windmühle.
Die Mühle die braucht Wind, Wind, Wind,
Sonst geht sie nicht geschwind, schwind, schwind.
Das Korn wird Mehl, das Mehl wird Brot,
Und Brot tut allen Menschen not.
Drum braucht die Mühle Wind, Wind, Wind,
Sonst geht sie nicht geschwind, schwind, schwind.
3. Der Windmüller.
Windmühle auf dem Hügel steht,
Schau, wie der Wind die Flügel dreht!
Die sausen immer auf und ab,
Und in der Mühle klingt's: klipp, klapp.
Windmüller schaut durchs Fensterlein
Sehnsüchtig in das Tal hinein.
„Bring' mir nur Korn, du Bauersmann,
Damit ich fleißig mahlen kann!"
Da schleicht ein Esel stumm daher,
Trägt einen Sack gar voll und schwer.
„Willkommen, Freund, nun hat's nicht Not,
Du bringst mir Korn und bringst mir Brot!"
(F. Wiedemann.)
4. Die Mühlenzwerge.
In einer Mühle trieben die Zwerge einstmals eine heillose Wirtschaft»
so das? der Müller nicht weiterkommen konnte. Des Nachts kamen sie in die
Mühle, jagten und balgten sich, machten einen Lärm, der das Klappern der
Mühle und das Brausen der Räder überbot, neckten die Knechte, rissen die Säcke
auf und streuten Korn und Mehl umher, daß sie durch den Dampf und Staub
einander selbst nicht sehen konnten. Hatte der Knecht den Mehlkasten eben
vollgeschüttet und nickte ein bißchen ein, flugs klingelte das Elöcklein, und wenn
der Knecht auffuhr und nachsah, so war das Korn noch nicht halb durchg^e-
laufen. So hörten die Knechte denn die Glocke klingeln und dachten: „Das ist
wieder ein Schabernack!" und gingen nicht, um Korn aufzuschütten, und die
Steine rieben sich selbst ab. Die ewigen Possen wurden dem Müller zu bunt;
er ließ deshalb Korn und Mehl in eine Scheuer bringen und glaubte nun
sicher zu sein. Aber am ersten Morgen lag Korn und Mehl auch in der Scheuer
durcheinander, und so wurde, weil die neue Einrichtung auch nichts half, alles
wieder in den alten Stand gebracht. Die Zwerge trieben nach wie vor ihren
Unfug in der Mühle, und der Müller mußte sich in Geduld schicken.
Da kamen eines Tages Bärenführer zu dem einsamen Hause und baten
um ein Nachtlager. Der Müller bewilligte ihnen die Bitte, und die Bären-
führer legten sich, weil gerade kein besserer Platz vorhanden war, mit ihren
Bären in der Mühle nieder. In der Nacht kamen die Zwerge wieder, jagten
und balgten sich, streuten Mehl, Korn und Säcke umher, sprangen auf die
Bären und wälzten sich vor Wohlbehagen. Aber da kamen sie schön an! Die
Bären ließen sich das Springen einmal gefallen; aber als es nicht nachließ,
schnappten sie ein paar toon den kleinen Kerlen und schluckten sie hinunter.
Da konnten die andern Beine machen, und im Umsehen waren sie zur Mühle
hinaus. Lange Zeit ließ sich kein Zwerg wieder spüren; aber nachher kam
einstmals solch ein kleiner Kerl wieder, steckte den Kopf in die Tür und fragte,
ob sie noch von den Katzen hätten. „Von den Katzen?" fragte der Müller,
„o ja, die hätte er noch; ob sie eine haben wollten?" — „Ja nicht!" rief
der Zwerg, lief davon, Und seitdem war die Mühle von den Ruhestörern
befreit. (Harrys.)
35 —
i
Heitcr.
t
1. Die Mühle.
Voirsweyc.
fe ~—f~= —#—z=
pi:j
=t?=
Es klap - pert die Müh - le am ran - schen - den Bach, klipp
Bei Tag itnb bei Nacht ist der Mül - ler stets wach, klipp
mm
v-
klapp!
=t?:
Cr mäh - let uns Korn z>t dem kräf - ti - gen
M7=P:
MMMWM
Brot, und ha - Den wir die - ses, so hat's kei - ne Not! Klipp
EE&Ej
klapp, klipp klapp. klipp klapp!
2. Flink laufen die Räder und drehen den Stein. Klipp, klapp! Und
mahlen den Weizen zu Mehl uns so fein. Klipp, klapp! Der Bäcker dann
Zwieback und Kuchen draus bäckt, der immer den Kindern besonders gut schmeckt.
Klipp, klapp, klipp, klapp, Klipp, Klapp!
3. Wenn reichliche Körner das Ackerfeld trägt, klipp, klapp! die Mühle
dann flink ihre Räder bewegt. Klipp, klapp! Und schenkt uns der Himmel
nur immerdar Brot, so sind wir geborgen und leiden nicht' Not. Klipp, klapp,
klipp, klapp, klipp, klapp! (Ernst Anschütz.)
(In diesem Spiele wird das Klappern der Mühlräder dadurch nachge-
ahmt, daß die Kinder im ersten Verse mit den Zeigefingern beider Hände ab-
wechselnd auf die Schultafel schlagen und das ,,klipp, klapp" durch Hände»-
klatschen nachahmen. Bei den Worten ,,Er mahlet" legen die Schüler ihre
Handflächen aufeinander und ahmen die Bewegung der Mühlsteine nach. Beim
Beginne der zweiten Strophe: „Flink laufen die Räder" machen sie Kreis-
schwingungen mit dem rechten oder linken Arm oder mit den geballten Händen
umeinander, je nachdem es vorher bestimmt worden ist. Auch das Backen,
Kneten des Teiches usw. kann dargestellt werden.)
ZW
2. Zwei Mühlen.
£
1. Mül - ler. hast du nichts ;u mah - len? Dei - ne Müh - le
HHiÜ
steht fast still.
Du mußt mir den Rog
rf:
gen mah - len;
*=gz.lTj-f '=*=-• N==^a=4l
ei, so mah - le doch ge-schwind; ei, so mah - le doch ge - schwind!
2. Mutter, hast du nichts zu mahlen? Deine Mühle steht fast still. Ich will
dir den Kaffee mahlen; sieh, ich mahle schon geschwind!
3*
— 36 —
3. Müller, hast du nichts zu schlagen? Deine Mühle steht ja still.
Du mußt mir noch Öl heut schlagen; ei, so schlage doch geschwind.
4. Müller, hast du nichts zu sägen? Deine Mühle steht ja still. Du
mußt doch den Pacht erlegen; ei, so säge doch geschwind.
(Die Kinder stehen im Kreise, ohne sich anzufassen. Im Takte des
Liedes reiben sie ihre flach aufeinander gelegten Hände zusammen. Bei den
Worten: „(Ei, so mahle doch geschwind!" bewegen sie die geballten Hände
schnell umeinander. Bei der Kaffeemühle wird die geballte rechte Hand schnell
wagerecht herumbewegt; bei der Ölmühle wird taktmäßig mit den Füßen ge-
stampft; bei der Sägemühle werden die Hände aus- und abbewegt.)
Malendes Zeichnen:
— 37 —
6. Die Kartoffel.
I. Wie die Kartoffeln zubereitet werden. Was habt ihr gestern
mittag gegessen? Mohrrüben und Kartoffeln. Und vorgestern?
Linsen und Kartoffeln. Weißt du auch, was ihr heute eßt? Zwet-
schen und Kartoffeln. Deine Mutter kocht also nicht alle Tage
Mohrrüben, nicht alle Tage Linsen usw.! Nein, sie kocht immer
'was anderes. Aber etwas kocht sie fast jeden Mittag. Was meine
ich? Kartoffeln. Ich habe euch ein paar Kartoffeln mitgebracht.
Möchtest du hineinbeißen und sie kosten? — Weshalb nicht? Die
kann man so nicht essen, die müssen erst gekocht (gebraten) werden.
Wie nennt man die Kartoffeln, die noch nicht gekocht oder gebraten
sind? Roh. Also: Wir essen keine rohen Kartoffeln, sondern nur
gekochte oder gebratene. Nennt Speisen, die man auch noch roh
essen kann! Rohe Eier, rohes Fleisch, rohe Mohrrüben usw. Er-
zähle, was deine Mutter alles tut, wenn sie Kartoffeln kochen
will! Meine Mutter geht in den Keller und holt einen Korb voll
Kartoffeln herauf. Manchmal muß ich sie auch holen. Sie legt
mehrere Kartoffeln auf ihren Schoß und schält sie. Wie macht sie
das? Sie nimmt in die linke Hand eine Kartoffel und in die rechte
Hand das kleine Küchenmesser. Damit schneidet sie die Schale ab,
aber immer bloß so breit. Die linke Hand dreht dabei die Kartoffel
rund. Die Schale hängt zuletzt ganz lang herunter. Wenn ich
schäle, dann werden es immer bloß kurze Enden. Du kannst auch
schälen? Ja, aber nur langsam; so schnell wie meine Mutter kann
ich noch nicht, so dünn auch nicht. Meine Mutter sagt immer: Du
schälst viel zu dick. Wer von euch kann denn auch Kartoffeln schälen?
Dann will ich doch mal sehen, ob ich's auch kann. (Der Lehrer
schält eine Kartoffel.) Seht, ich kann's so gut wie die Mutter.
Was habe ich denn von der Kartoffel abgeschnitten? Die Schale.
Was ich hier noch habe, ist das Fleisch der Kartoffel. Aus welchen
beiden Teilen besteht also die Kartoffel? Aus Schale und Fleisch.
Welche Früchte haben auch Schale und Fleisch? Apfel, Kirsche
usw. Aber nun soll Wilhelm erzählen, was seine Mutter mit den
geschälten Kartoffeln macht! Die geschälten Kartoffeln wirft meine
Mutter in einen Napf; die dicken schneidet sie vorher erst einmal
durch. Wenn sie genug geschält h'at, hält sie den Napf unter die
Leitung und läßt Wasser darauflaufen. Dann wäscht sie die Kar-
toffeln und tut sie in den Kochtopf. Weshalb wäscht sie die Kar-
toffeln vor dem Kochen? Das Fleisch der Kartoffeln wird beim
Schälen schmutzig. An den Kartoffeln sitzt immer noch ein bißchen
Erde, wenn sie aus dem Keller kommen. — Seht, meine Kartoffel
ist auch schmutzig geworden beim Schälen. So, wie diese Kartoffel
jetzt ist, wirft sie deine Mutter aber noch nicht in den Napf. Wes-
halb nicht? Da sitzen noch die ganzen Augen drin. Hat denn
eine Kartoffel auch Augen? Ja, das sind die kleinen Löcher, die
darin sitzen. Zeige sie mir! — Zeige du sie an dieser noch nicht
— 38 —
geschälten Kartoffel! — Herr Z., wenn meine Schwester Kartoffeln
schält, die läßt auch immer so viele Augen sitzen. Beim Essen sagt
dann mein Vater: ,,Na, die Kartoffeln gucken einen aber wieder
an. Die hat gewiß Anna geschält." Was will dein Vater damit
sagen? Meine Schwester hat die Augen nicht ausgestochen. —
Wenn meine Schwester Kartoffeln geschält hat, dann sieht meine
Mutter imwer erst nach, ob noch Augen darin sind. Dann macht
sie die noch raus. Womit denn? Mit der Messerspitze. — Seht
so! — Nun kann uns diese Kartoffel auch nicht mehr angucken.
Die Kartoffeln werden aber nicht immer vor dem Kochen ge-
schält. Wann nicht? Wenn toir Pellkartoffeln essen wollen, schälen
wir sie nicht, dann werden sie gleich mit der Schale gekocht. Die
Schale machen wir dann beim Essen ab. Ihr eßt aber die Pell-
kartoffeln nicht eitel! Nein, wir essen immer Hering dazu. — Wir
haben gestern abend Pellkartoffeln und Speck und Zwiebeln gegessen.
Den Speck und die Zwiebeln hat meine Mutter aber erst kleinge-
schnitten und gebraten. — Wir essen immer Senf zu den Pellkar-
toffeln und dann noch 'ne saure Gurke. — Die essen wir auch oft.
Manchmal kocht die Mutter Kartoffeln mit der Schale, und
ihr eßt doch keine Pellkartoffeln! Dann macht sie Salat davon.
Was ißt du gern dazu? Ich esse am liebsten Salat und Leber. —
Wir haben gestern Salat und Eierkuchen gegessen. — Ich esse gern
Salat und Schmorwurst. — Zum Salat sucht sich die Mutter Kar-
toffeln aus! Ja, die kleinen. — Meine Mutter braucht keine kleinen
Kartoffeln auszusuchen, wir haben Salatkartoffeln, die sind alle
klein. — Meine Mutter sucht kleine Kartoffeln aus, wenn sie welche
braten will. — Wir braten bloß die Kartoffeln, die beim Essen
übergeblieben sind.
Die Mutter braucht aber auch die dicken Kartoffeln! Die dicken
Kartoffeln nimmt sie, wenn sie Klöße (Klump) kocht. Herr Z.,
wir essen heute Kartoffelklöße und geschmorte Zwetschen. Ich kann
schon zwei Klöße essen. !— Mein Vater ißt fünf Klöße. — Zu welcher
Speise nimmt die Mutter auch gern dicke Kartoffeln? Zum Puffer.
Weshalb denn? Die dicken Kartoffeln kann sie besser reiben, da reibt
sie sich die Hände nicht so leicht kaput. — Wir reiben unsere Kar-
toffeln immer in der Reibemaschine, da kommt man mit den Fingern
gar nicht an die Reibe.
Wie eßt ihr die Kartoffeln auch gern? Als Salzkartoffeln.
Wenn wir gebratenes Fleisch essen, dann kocht meine Mutter immer
Salzkartoffeln dazu. — Ich esse gern Kartoffelbrei. Da tut meine
Mutter aber noch gebratenen Speck drauf. — Wir kriegen immer
braune Butter auf den Kartoffelbrei. Das schmeckt auch schön.
Ihr bekommt nicht alle Tage Gesottenes und Gebratenes, die
Mutter kocht auch Gemüse. Z. B.? Kartoffeln und Kohl, Kartoffeln
und Mohrrüben usw. Kartoffeln bringt die Mutter also fast jeden
Tag auf den Tisch. Ihr freut euch auch, wenn die Kartoffeln auf
dem Tische dampfen. Weshalb? Essen sie gern. Nicht ihr allein!
— 39 —
Alle (ober doch viele) Leute essen sie gern. Da ist es doch gut, daß
der liebe Gott alle Jahre recht viele Kartoffeln wachsen läßt.
Wie 'würde es uns ergehen, wenn in einem Jahre keine Kartoffeln
wachsen? —
II. Woher wir die Kartoffeln kriegen. Wo kauft deine Mutter
im Sommer die Kartoffeln? Bei Frau Iacobi in der Sonnenstraße
(Gemüseladen). And ihr? Bei Schapers in der Eoslarschenstraße
usw. Wieviel holt ihr jedesmal? — Was kostet ein Pfund (Vier-
faß)? — In dieser Zeit (im Herbste) kaufen die meisten Leute gleich
eine ganze Menge Kartoffeln, viele Säcke voll. Wißt ihr auch,
weshalb? — Nun, dann will ichs euch sagen. Wenn man soviel
auf einmal kauft, bekommt man die Kartoffeln billiger. Wessen Eltern
haben schon Kartoffeln gekauft? Wir haben 10 Zentner Kartoffeln
gekauft. — So viele Kartoffeln gibt's ja gar nicht im Gemüseladen!
Die haben wir auch nicht im Gemüseladen gekauft, die haben wir
von unserem Kartoffelbauer gekriegt. Der wohnt in Wendeburg.
Vor den Ferien war er bei uns und fragte meine Mutter, wieviel
Kartoffeln wir nötig hätten. Da sagte meine Mutter: Bringen
Sie uns wieder 10 Zentner, damit reichen wir so lange, bis es
wieder neue gibt. Dann ging er noch nach Buchheisters und Fin-
kensteins, 5ie in unserem Hause wohnen, und fragte da auch, wieviel
sie brauchen. Die kriegen auch immer Kartoffeln von ihm. —
Nun erzähle uns noch, wie euch der Bauer die Kartoffeln gle-
bracht hat! Die hat er uns in den Ferien gebracht. Da kam er
mit einem großen Wagen voll Kartoffeln vor unser Haus. Vor den
Wagen hatte er zwei Kühe gespannt, die mußten ihn ziehen. Der
Bauer band einen Sack auf, nahm ihn auf den Rücken und trug ihn
in unseren Keller. Da haben wir große Kisten. Da kommen die Kar-
toffeln hinein. Der Bauer stellte sich vor eine Kiste, bückte sich
und ließ die Kartoffeln dann in die Kiste rollen. Die weißen Kar-
toffeln kommen allein und die roten auch. Wie er alle gebracht
hatte, gab ihm meine Mutter das Geld. Was kostet denn der
Zentner? — M. Wieviel hat deine Mutter dem Bauer geben
müssen? — Das ist viel Geld, aber sie hat sich doch gefreut, daß
sie schöne Kartoffeln im Keller hat. Nicht wahr? Ja, und wie
mein Vater des Mittags kam, mußte er sich gleich die Kartoffeln
ansehen. Was sagte denn dein Vater zu den Kartoffeln? Der freute
sich auch. Er sagte: Wenn wir nun erst noch Kohlen haben, dann
kann der Winter dreist kommen. Was meint er denn damit? Dann
brauchen wir nicht zu hungern und zu frieren. Wie oft holt ihr
Kartoffeln aus dem Keller? Alle Tage. Dann wird der große
Haufen nach und nach immer kleiner. — Von wem kauft ihr eure
Kartoffeln für den Winter? — Und ihr? — Wann habt ihr
sie bekommen? — Und ihr? — Warum kaufen alle Leute gerade
jetzt, im Herbste, Kartoffeln? — Daß jetzt alle Leute Kartoffeln
kaufen, sieht man auf einem Gange durch die Stadt. Woran? In
allen Straßen trifft man Wagen mit Kartoffeln.
!
— 40 —
III. Wie die Kartoffeln gepflanzt werden. Wessen Eltern kaufen
denn keine Kartoffeln? — Weshalb nicht? Wir ernten selbst Kar-
toffeln. — Wir auch. Wir haben an der Bahn ein Stück Land.
— Unser Land (Acker) ist am Broitzemerwege. — Die Kartoffeln
wachsen aber nicht von selbst im Acker! Die müssen vorher ge-
pflanzt werden. Wann geschieht das? Ende April, Mai (im Früh-
jähr). Welche Arbeiten verrichtet dein Vater auf dem Acker, ehe er
die Kartoffeln hineinlegt? Zuerst fährt er Mist (Dünger) auf
den Acker und streut ihn auseinander, — er düngt den Acker. Wes-
halb? Damit die Kartoffeln besser wachsen, groß und dick werden.
Weiter! Dann pflügt mein Vater den Acker. Erzähle, wie er das
macht! Mein Vater hat einen Pflug. Der hat vorn zwei Räder
und hinten ein breites, scharfes Messer. Nach hinten stehen auch
noch zwei Griffe in die Höhe. (Zeichnen!) Das Messer schneidet
die Erde durch und kippt die Erde um. Die Erde, die oben ist,
kommt unten hin, und der Mist auch. — Das wird deinem Vater
doch gewiß recht sauer, wenn er mit dem großen Messer die Erde
durchschneiden muß! O nein, er spannt doch unsere Pferde vor den
Pflug. Wenn die ziehen, geht das Messer (die Pflugschar) ganz
schnell durch die Erde. Weshalb pflügt dein Vater den Acker? Die
Erde soll locker werden; dann können die Wurzeln tiefer in die Erde
wachsen. Da unten finden sie mehr Nahrung (Wasser). Herr Z.,
wir pflügen unser Land nicht, wir graben es mit dem Spaten um,
dann wird es auch locker. — Weshalb gräbt denn dein Vater seinen
Acker nicht um (dann hätte er gar keine Pferde nötig)? Das geht
nicht, wir haben einen ganz großen Acker, das dauerte zu lange.
Wann gräbt man den Acker um? Wenn man einen kleinen Acker
hat. — Was für Geräte nimmt dein Vater mit, wenn er seinen
Acker gräbt? Spaten und Harke. Weshalb denn eine Harke?
Damit drückt er die Erdklumpen kaput. Harkt dein Vater euren großen
Acker auch? Nein, der wird nur geeggt. Geeggt? Mein Vater hat
zwei große Eggen. Die Egge besteht aus mehreren großen Harken
mit langen Zähnen (Zacken). Wo haben wir die gesehen? Zeich-
nen! Unsere Pferde müssen die Eggen über den Acker ziehen, dann
werden die Erdklumpen auch zerkleinert.
Nun können die Kartoffeln gepflanzt werden. Erzähle uns,
wie ihr die Kartoffeln pflanzt! Meine Mutter sucht im Keller
schöne Saatkartoffeln aus (die recht viele Augen haben) und tut
sie in einen Sack. Auf unserem Handwagen fahren wir die Kar-
toffeln nach unserem Felde. Hier macht meine Mutter mit dem
Spaten Löcher in die Erde, aber immer gleich weit auseinander.
Sie achtet auch darauf, daß die Löcher eine gerade Reihe bilden. Ich
nehme einen Korb und tue Kartoffeln hinein aus dem Sacke. Nun
werfe ich in jedes Loch eine oder zwei Kartoffeln. Wenn meine
Mutter in der zweiten Reihe Löcher macht, dann wirft sie mit
der Erde, die sie da rausnimmt, die Löcher in der ersten Reihe zu.
So macht sie es bei jeder neuen Reihe. — Wir machen es anders.
— 41 —
Mein Vater hebt die Erde bloß hoch, ich werfe eine Kartoffel hin-
ein, und dann läßt er die Erde darüberfallen. — Nun soll Wilhelm
erzählen, wie seine Eltern Kartoffeln pflanzen! Mein Vater zieht
mit dem Pfluge eine Furche über den ganzen Acker. Dahinein legt
unser Mädchen die Kartoffeln, auch gleichweit auseinander. Wenn
er dann die zweite Furche macht, dann wirft der Pflug die Erde
in die erste Furche und deckt alle Kartoffeln zu. So geht es immer
weiter. Weshalb pflanzt ihr die Kartoffeln mit dem Pfluge? Das
geht schneller.
IV. Wie die Kartoffeln wachsen. Nun liegen die Kartoffeln
in der Erde wie in einem Grabe. Die Kartoffeln werden aber in
ihrem Grabe lebendig. Was meine ich damit? Sie fangen an zu
wachsen. — Sogar nach unten und nach oben! Könnt ihr euch
das denken? Nach unten wachsen die Wurzeln und nach oben die
Stengel. An dieser Kartoffel könnt ihr sehen, woher die Stengel
kommen! Aus den Augen. — Im Frühjahr kommen sie sogar im
Keller aus den Augen. Wie nennt ihr sie? Keime. — Unsere Kar-
toffeln haben im Keller auch Keime gekriegt. — Unsere auch. So
lang sind sie, und ganz weiß schen sie aus. (Das kommt davon,
daß es im Keller so dunkel ist.) In unserer Kiste sitzen die Kar-
toffeln ganz fest zusammen, wir müssen sie ordentlich losreißen.
— Wenn meine Mutter Kartoffeln schält, macht sie vorher erst
die Keime ab. — Ich habe auch schon Kartoffeln abgekeimt. —
Solche Keime kommen auch aus den Kartoffeln, wenn sie in der
feuchten Erde liegen. Sie wachsen so schnell, daß sie nach 14 Tagen
oder drei Wochen schon aus der Erde heraussehen. Nun sieht der
Kartoffelacker aber anders aus! Jetzt sieht er schön grün aus. Wie
geht das zu? Die Keime bekommen grüne Blätter. Wenn der liebe
Gott dem Kartoffelacker Regen und Sonnenschein schickt, und wir be-
suchen ihn nach 14 Tagen (3 Wochen) noch einmal, dann erkennen
wir die kleinen Keime gar nicht wieder. Weshalb nicht? Sie
sind groß geworden. Aus den Keimen sind Stengel geworden. Wie
groß waren sie bei unserem letzten Besuche? — Sie stehen da wie
die Soldaten. Weshalb kann ich das von den Kartoffelpflanzen
sagen? —
V. Wie die Kartoffeln gepflegt werden. Nach einiger Zeit
wird's zwischen den Kartoffelpflanzen grün, — sie haben nämlich
Besuch bekommen. Besuch? Was meine ich damit? Zwischen den
Kartoffelpflanzen ist Unkraut gewachsen. Welche Unkräuter haben
wir im Kartoffelacker gefunden? Ackerwinde, Hedrich, Diesteln usw.
Weshalb sieht dein Vater diese Unkräuter nicht gern auf dem
Kartoffelacker? Sie nehmen den Kartoffeln Nahrung, Luft und
Licht weg. Weshalb ist das nicht gut für die Kartoffeln? Sie
können dann nicht so schnell wachsen und werden nicht so dick. Was
sagt dein Vater, wenn er das Unkraut sieht? Wir müssen unsere Kar-
toffeln hacken, da steht so viel Unkraut zwischen. Wer besorgt bei
euch diese Arbeit? Meine Mutter. Ich habe aber auch schon mit
— 42 —
geholfen. Und bei euch? Unser Knecht und unsere beiden Mädchen
hacken unsere Kartoffeln. Wie machen sie das? Sie hacken zwischen
den Reihen und rings um jeden Kartoffelbusch herum die Erde auf.
(Nachahmendes Tun: Das Hacken des Kartoffelackers!) Wie wird
die Erde durch das Hacken? Locker. (Wir können jetzt den Finger
leicht in die Erde bohren, vorher nicht!) Weshalb ist es gut
für die Kartoffelpflanzen, wenn der Acker gelockert wird? Der Regen
kann schnell in die Erde dringen und die Pflanzen tränken. Wie er-
geht es den Unkräutern bei dem Hacken? Die werden abgehackt,
fallen um und sterben. Wie entfernt deine Mutter das Unkraut,
wenn es mitten im Kartoffelbusche steht? Reißt es mit der Hand
heraus, — der Kartoffelacker wird gejätet. Also: Der Kartoffel-
acker wird gehackt und gejätet.
Wie alt ist dein jüngster Bruder? — Kann der auch schon
so viel Essen wie du? Nein. Wann kann er auch mehr essen? Wenn
er größer wird. So geht's auch den Kartoffelpflanzen. Je größer
sie werden, — was will ich wohl sagen? Desto mehr können sie
essen. Woher nehmen sie ihre Nahrung? Aus der Erde. Wie stillt
denn nun aber dein Vater ihren großen Hunger? Er gibt ihnen
noch mehr Erde. Wie macht er das? Er hackt die Erde, die zwischen
den Reihen ist, dicht an die Kartoffelbüschel heran, erst von der
einen Seite, dann von der anderen. — Das machen meine Eltern
auch so, die ziehen auch die Erde an die Kartoffelbüsche. — Mein
Vater macht das immer mit einem kleinen Pfluge (Häufelpfluge).
Wenn dein Vater das tut, dann häufelt er die Kartoffeln. Also:
Die Kartoffeln werden gehäufelt. Weshalb geschieht das? — Woran
merkt man bald, daß es den Kartoffeln jetzt an Nahrung nicht
fehlt? Sie werden groß. Wie groß sind eure Kartoffelnbüsche?
VI. Blüten und Früchte. Im Juni hat uns das Kartoffelfeld
am besten gefallen. Weshalb denn? Da blühten die Kartoffeln.
Welche Farbe hatten die Blüten? Manche sahen weiß aus, manche
blau und manche rötlich. Wenn die Leute am Kartoffelacker vor-
überkamen, blieben sie oft stehen und sahen sich die vielen schönen
Blüten an.
Was entsteht aus der Apfelblüte? Apfel. Aus der Kirschblüte?
Kirsche. Äpfel und Kirschen sind Früchte. Was entsteht also aus den
Blüten? Früchte. So ist's auch bei der Kartoffel. Also? Aus den Kar-
toffelblüten werden auch Früchte. Ich habe euch die Früchte der Kartoffel
mitgebracht. Hier sind sie. Wie sehen sie aus? Beinahe wie Kirschen,
sie haben aber eine grüne Farbe. — Was eßt ihr vom Kirsch-
bäume? Die Kirschen, — also die Früchte. Was vom Apfelbaume?
Die Äpfel, — also wieder die Früchte. Vom Stachelbeerstrauche?
— Vom Himbeerstrauche? — Immer die Früchte. Wer hat denn
schon die Früchte der Kartoffelpflanze gegessen? — — Niemand?
Weshalb nicht? Die kann man nicht essen, die schmecken nicht schön,
die sind ungenießbar (sind giftig). Weshalb pflanzen wir denn
— 43 —
aber die Kartoffeln, wenn wir ihre Früchte nicht genießen können?
Wir wollen auch die Früchte nicht, wir wollen bloß die Kartoffeln
haben, die unten an den Wurzeln sitzen, — die Knollen. Die
Knollen sind das Wichtigste an der ganzen Pflanze. Anfangs sind
sie ganz klein, klein wie ein Weizenkörnchen. Nach und nach werden
sie immer dicker. Wie dick sind eure Kartoffeln?
Formen: Kartoffel, Kartoffelhacke, Karst, Spaten, Kartoffel-
sack (gefüllt darzustellen).
Zugaben:
I. Rätsel.
9?ater Kind, wer bin ich, wer?
Ich wohne wie der braune Bär
In einer Höhle in der Erd',
Doch nur, so lang' der Sommer währt.
Denn kommt der Herbst, so gräbt man
mich
Aus meiner Höhle sicherlich.
Man sperrt mich in den Keller ein,
Dort lieg' ich still bei Bier und Wein.
Da lieg ich still und rühr' mich nicht'
Doch zieht -m«n^ endlich mich an's Licht,
Dann macht man mir ein Bad so warm.
Da schwitz' ich sehr, das Gott erbarm'?
Drauf nimmt das Kind mich in die
Hand
Und zieht mir aus mein braun Gewand
Und..spielt mich an die Gabel fein
Und stecket mich in den Mund hinein.
2. Kartoffellied.
Schön rötlich die Kartoffeln sind
Und weiß wie Alabaster;
Verdau'n sich lieblich und geschwind
Und sind für Mann und Frau und Kind
Ein rechtes Magenpflaster. (Claudius.)
7. Die Kartoffelernte.
I. Wie die Kartoffeln geerntet werden. Was für eine Farbe
haben die Kartoffelpflanzen im Frühjahr und Sommer? Eine schöne
grüne Farbe. Sie bleiben aber nicht immer so schön grün. Was
haben Äir beobachtet? Im Herbste werden sie gelb, lassen die
Köpfchen hängen und fallen um. Zuletzt werden sie braun und
schwarz. Das Kartoffelkraut ist dürr geworden, die Kartoffeln sind
reif. Nun gibt's für deine Eltern (für den Bauer) auf dem Kar-
toffelacker wieder etwas zu tun. Was denn? Sie müssen die Kar-
toffeln ausmachen, ausgraben, ausroden, ernten. Die Kartoffelernte
beginnt. Erzähle, wie deine Mutter die Kartoffeln ausgräbt! Wenn
meine Mutter Kartoffeln ausgräbt (rodet), dann muß ich immer
helfen. Ich ziehe zuerst unseren kleinen Handwagen aus dem Stalle.
Aus dem Keller hole ich den Spaten, den Korb und einen Sack und
lege alles in den Wagen. Meine Mutter setzt noch meine kleine
Schwester hinein, die fahre ich dann nach dem Felde. Da muß sie
spielen. Meine Mutter gräbt nun die Kartoffeln heraus. Sie
— 44 —
sticht mit dem Spaten dicht am Busche in die Erde und drückt den
Griff ganz hinunter. Dann geht der Busch hoch. Meine Mutter
faßt ihn mit der (linken) Hand und zieht ihn 'raus. Die Rai--
toffeln, die an den Wurzeln hängen, schüttelt sie ab und wirst
das Kraut an die Seite. >Dann gräbt sie in dem Loche nach, ob
noch Kartoffeln darin sind. Die wirft sie mit dem Spaten her-
aus. Wenn keine mehr drin sind, macht sie das Loch zu. Dann
gräbt sie den folgenden Busch heraus. Ich lese die Kartoffeln in
den Korb, und wenn der Korb voll ist, dann muß ich den Sack
aufhalten, und meine Mutter schüttet die Kartoffeln hinein. Den
Sack lassen wir aber im Wagen stehen. Wenn wir ihn an die
Erde stellen und schütten ihn da voll, dann kriegen wir ihn nicht
wieder in den Wagen hinein. Wenn der Sack voll ist, binden wir
ihn zu und fahren ihn nach Hause. Auf dem Acker müssen wir aber
tüchtig ziehen, da gehen die Räder tief in die Erde. Auf der Chaussee
fährt der Wagen ganz leicht, da kann ich ihn beinahe allein ziehen.
Wir fahren den Wagen auf unseren Hof und lassen ihn da stehen,
bis mein Vater von der Arbeit kommt. Bei wem werden die Kar-
toffeln auf andere Weise geerntet? Wir machen die Kartoffeln mit
einer Hacke aus, an der lange Zinken sind (mit einem Karst). ■—
Mein Onkel gräbt die Kartoffeln immer mit einer Mistgabel aus. —
Herr Z., wir haben in den Ferien Kartoffeln gerodet. Da haben
aber unsere Mädchen, unser Knecht und noch zwei Frauen mit ge-
holfen. Mein Vater hat uns schon des Morgens nach dem Felde
gefahren. Unser Knecht, eine Frau und mein Vater haben die Kar-
toffeln ausgegraben und wir anderen haben sie aufgelesen. Es
dauerte gar nicht lange, da waren viele Säcke voll. Dann setzten
wir uns hin und aßen Frühstück. Das hatten wir uns mitgenom-
men. Das schmeckte aber schön im Freien. Darauf gingen wir wieder
an die Arbeit. Als es Mittag war, schickte uns meine Mutter einen
großen Topf voll Essen. Sie hatte Birnen und Kartoffeln ge-
kocht. Da haben wir tüchtig gegessen. Mein Vater sagte: ,,So
'was esse ich lieber als Braten." Nach dem Essen sind wir wieder
fleißig gewesen. Am Nachmittag um 5 Uhr waren alle Säcke
voll und standen in langer Reihe da. Nun wurden sie zugebunden,
auf den Wagen geladen und nach Haus gefahren. Als der Wagen
auf der Landstraße war, setzten wir uns alle oben auf die Säcke.
Weshalb denn da erst? — Nun fuhren wir nach Haus. Auf
unserem Hofe blieb der Wagen stehen.
II. Wie die Kartoffeln verlesen (sortiert) werden. Was habt
ihr mit euren Kartoffeln zuerst gemacht? Die haben wir zuerst
verlesen (sortiert), damit die schlechten dazwischen raus kamen. Die
schlechten? Ja, beim Ausgraben werden viele Kartoffeln durch-
stochert, manche haben auch Löcher. Das sind die schlechten Kartoffeln.
Die werden herausgesucht, und die ganz kleinen auch. Wie kommt
es, daß manche Kartoffeln Löcher haben? Die haben die Enger-
linge hineingefressen. Was macht ihr mit den schlechten Kartoffeln?
-- 45 —
Die kriegen die Schweine, die werden damit gefüttert, — das
sind Fntterkartoffeln. Und was macht ihr mit den guten Kar-
tofseln? Die essen wir. — Das sind Speisekartoffeln. Ihr könnt
aber eure Speisekartoffeln nicht allein verzehren! Nein, wir ver-
kaufen eine ganze Menge. Es sind schon viele Leute bei uns gewesen
und haben gefragt, ob sie Kartoffeln von uns kriegen könnten. —
Die Kartoffeln, die dein Vater behält, sind aber nicht alle zum Essen
bestimmt! Wir suchen auch welche aus, die wir im Frühjahr wieder
pflanzen. Wie nennt sie dein Vater? Saatkartoffeln. Dazu sucht
er ganz schöne aus.
III. Wo die Kartoffeln aufbewahrt werden. Nun soll uns
Wilhelm erzählen, wo die Kartoffeln geblieben sind, die er mit seiner
Mutter vom Felde geholt hat! Die haben wir bis zum Abend auf
dem Hofe stehen lassen. Als mein Vater kam, nahm er den Sack
auf den Rücken und trug ihn in unseren Keller. Hier schüttete er die
Kartoffeln in eine große Kiste. — Karl, erzähle, was ihr mit euren
Kartoffeln gemacht habt! Mein Vater hat die Kartoffeln auch in
den Keller getragen! — Nun Hermann! Wir haben unsere Kar-
toffeln auch in den Keller geschüttet. Wir haben sie aber nicht die
Treppe ^runtergetragen, wir haben sie gleich auf eine Rutschbahn
geschüttet, die wir ins Kellerfenster gelegt hatten. Da rollten die
Kartoffeln von selbst in den Keller. Wessen Eltern haben die Kar-
toffeln auch in den Keller gebracht? — (Fast alle Kinder melden
sich.)
Nuu möchte ich gern wissen, warum die Kartoffeln gerade in
den Keller gebracht werden. — — Warum läßt man sie nicht auf
dem Hofe liegen? Da können sie gestohlen werden. Oder? (Denkt
an den Winter!) Im Winter können sie da erfrieren. Im Keller
nicht? Nein, da ist es im Winter nicht so kalt wie auf dem Hofe.
Das ist aber merkwürdig. Im Sommer, so wissen wir, ist es im
Keller viel kühler als draußen. Woher wissen wir das? Im Som-
mer bringen die Leute die Butter in den Keller, damit sie nicht
so weich wird. Wir bringen immer unser Bier hinein, damit es kühl
bleibt usw. Und was behauptet ihr vom Keller im Winter? Da
ist es im Winter wärmer als draußen. Ich habe aber doch schon
manchmal gehört, daß auch im Keller die Kartoffeln erfroren sind!
Ja, aber bloß, wenn es ganz, ganz kalt ist. (Wenn die Fenster in
der warmen Stube nicht abtauen, wenn der Schnee unter den Füßen
knirscht, wenn unsere Ohren frieren usw.) Auf welchem Wege mag
denn die Kälte in den Keller dringen? Fenster, Tür. Wann kann
die Kälte leicht durch Fenster und Türen kommen? Wenn sie offen
stehen. Welche Vorsicht muß man also gebrauchen? Fenster und
-Lüwi schließen. Die Leute machens der Kälte auch noch auf andere
Weise schwer, durch die Fenster in den Keller zu kommen! Sie
stopfen die Fenster mit Stroh zu und machen ein Brett davor. —
Mein Vater wirft im Winter vor die Kellerfenster einen großen
Haufen Mist, «aber bloß auf unserem Hofe. Der Mist hält warm, sagt
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mein Vater. — Wir machen unsere Kellerfenster nicht zu, wir legen
aber Säcke (Stroh) auf die Kartoffeln, wenn es recht kalt ist.
Warum schützt man die Kartoffeln so sorgsam gegen Kälte? Er-
frieren leicht. Warum sehen die Eltern das nicht gern? Schmecken
dann wie Seife (seifig), süßlich. Es ist auch ungesund, sie zu essen!
IV. Wie die Kinder ein Kartoffelfeuer machen. Was bleibt
auf dem Kartoffelacker zurück, wenn die Kartoffeln geerntet sind?
Aber nicht immer! Mein Vater holt es auf dem Wagen vom
Felde und streut es unseren Schweinen (dem Vieh) unter. Was
andere Leute damit machen, haben wir auf unserem Spaziergange
gesehen. Was denn? Die verbrennen es. Wer hat schon ein Kar-
toffelfeuer angezündet? Erzähle, wie ihr ein Kartoffelfeuer ge-
macht habt! Wie meine Eltern Kartoffeln rodeten, da trugen wir
das ganze Kartoffelkraut auf einen Haufen. Der wurde so groß.
Dann holten wir vom Stoppelfelde ein bißchen Stroh und legten
das unter das Kartoffelkraut. Mein Vater steckte das Stroh an, und
da fing auch das Kraut an gu brennen. Das wurde ein großes Feuer,
beinahe so groß wie ein Osterfeuer. Der Rauch zog lang über das
Feld hin. Als das Feuer tüchtig brannte, da haben wir uns Kar-
toffeln darin gebraten. Und dann? Als sie gar waren, haben wir
sie verzehrt. Meine Eltern haben auch ein paar gegessen. Die
schmecken schön, die kann man ohne Butter essen. — Das machen wir
auch immer so, wenn wir unsere Kartoffeln roden. Beim Zu-
sammentragen des Krautes habt ihr gewiß oft in die Hände ge-
haucht (so!). Warum denn? Es ist jetzt schon ein bißchen kalt.
Jetzt ist der Herbst da. Als das Feuer lustig brannte, da habt ihr
gewiß nicht mehr in die Hände gehaucht! Nein, da haben wir uns
unt das Feuer herumgestellt und unsere Hände daran gewärmt.
Vom Kartoffelkraut war aber bald nichts mehr zu sehen. Weshalb
nicht? Das war zu Asche verbrannt. Was habt ihr mit der Asche
gemacht? Die hat mein Vater auseinandergeworfen. Die düngt
gut, sagte er.
Zugaben:
1. Das Brot der Armen.
Wenn die runden, dicken Knollen j Freuen sich die armen Leut',
Aus dem Herbstesacker rollen, Jubeln wohl sogar von Freud';
Und ein Korb voll nach dem andern Eott sei Dank! Nun hat's nicht Not,
Kann zum leeren Keller wandern, Denn wir haben wieder Brot.
2. Die Kartoffelernte.
Lustig brennt das Feuerlein ,,Die Kartoffeln hurtig bringt,
Auf der grünen Weide, Werft sie in die Kohlen,
Und die Kinder, groh und klein, Und ihr andern lauft und springt,
Steh'n dabei voll Freude. Dürres Holz zu holen!
Ei, das ist ein gut Gericht,
Ein Kartoffelbraten!
So was hat der Kaiser nicht, —
Wenn sie nur geraten!" (E. Chr. Diefenbach.)
— 47 —
8. Die Lerche.
I Name. Welche Vögel haben wir im Felde gesehen? — Welcher
Vogel stieg singend in die Luft? Lerche. Auf den Straßen und
Dächern der Stadt oder auf den Bäumen im Garten sehen wir die
Lerche selten. Wo hat die Lerche ihre Wohnung? Feld. Wie nennt
man diese Lerche, weil sie auf dem Felde wohnt? Feldlerche. Wir
wollten sie gern in der Nähe bettachten. Weshalb gelang uns das
nicht? Sie flog hoch in die Luft. Sie kommt nicht so nahe an
uns heran wie der Sperling und der Star. Damit ihr euch die
Feldlerche genau ansehen könnt, habe ich euch eine ausgestopfte
mitgebracht. Hier ist sie. Hier seht ihr noch eine zweite. Was fällt
euch an ihrem Kopfe auf? — Ja, die hat einen schönen Kopfputz
— eine hübsche Haube — auf. Wie nennen wir sie deshalb?
Haubenlerche. Wodurch unterscheidet sich die Feldlerche von der
Haubenlerche? —
II. Wegzug und Wiederkehr. Die Feldlerche ist nicht das ganze
Jahr bei uns. Wann verläßt sie uns? Herbst. Wohin fliegt sie?
— Wann komMt sie wieder? — Was für ein Vogel ist deshalb die
Lerche? Zugvogel. Die Lerche stellt sich von allen Zugvögeln
zuerst wieder ein. Sie kommt häufig schon zu uns, wenn Schnee noch
die Felder bedeckt. Welche Jahreszeit kündigt sie uns an? — Sie
gehört auch zu den Boten des Frühlings. Sprecht: Die Lerche ist
ein Frühlingsbote. Wir können sogar noch das Wort ,,erste" hinzu-
fügen. Wie heißt dann der Satz? — Sprecht ihn alle! — Die Lerche
sQgt selbst. Ich bin die erste alle Jahr;
Der Himmel ist schon blau und klar,
Die Erde, die wird auch schon grün,
Die Bäume fangen an zu blüh'n.
O Lust nach Winterleid und Pein
In blauer Luft und Sonnenschein
So wohlgemut sich schwingen,
Den Frühling einzusingen,
Tireli, tireli,
Der Frühling ist schon hie! (I. v. Rodenberg.)
Nennt noch ein paar Frühlingsboten! -— Es gibt auch unter den
Blumen Frühlingsboten. Welche kennt ihr?
III. IGröße. Mit welchem Vogel ist die Lerche beinahe von gleicher
Größe? Sperling. Sprecht: Die Lerche ist so groß wie ein Sper-
ling. (Oder: Die Lerche hat die Größe des Sperlings. Lerche und
Sperling sind beinahe von gleicher Größe. Die Lerche ist etwas größer
als der Sperling.)
IV. Farbe und Feinde. Nun betrachten wir das Federkleid der
Lerche. Welche Farbe hat es? Sprecht: Das Federkleid der Lerche
ist graubraun. Welcher Vogel hat fast dieselbe Farbe? Sperling.
Wir haben im Felde eine Lerche beobachtet, die herniederflog. Wohin
setzte sie sich? Auf den frischgepflügten Acker. Ganz leise, leise
schlichen wir näher und schauten immer nach der Stelle, an der sie
- 43 —
niedergekommen war. Es dauerte aber lange, bis alle Kinder sie
entdeckt hatten. Was sagten einige Kinder? Ich kann sie gar nicht
finden. — Ich sehe sie ja gar nicht. Weshalb ist die Lerche so schwer
zu finden? Weil sie gerade so aussieht wie der Acker. Die Lerche
kann froh sein, daß ihr der liebe Gott ein solches Röcklein gegeben
hat. Warum denn? Wird nicht so leicht gesehen, kann nicht so
leicht gefangen werden. Wer wird denn aber ein so niedliches
Tierchen fangen wollen! Nun, wir haben den Räuber im Felde
schleichen sehen. Wer ist der Räuber? Katze. — Manchmal kommt
auch der Fuchs aus dem Walde und sucht sich im Felde was zu
fressen. Wenn der eine Lerche packen kann, frißt er sie auf. Manch-
mal kommt der Räuber auch oben aus der Luft! Wer mag der
Räuber sein? Ein großer Vogel. •— Es gibt große Vögel, die solche
kleinen fressen. Wie nennt man sie? Raubvögel. Ach, wenn ein
solcher heranfliegt, dann kommt die arme Lerche in große Angst.
Da sucht sie sich schnell auf der Erde zu verstecken. Weshalb sieht
sie der Raubvogel da nicht so leicht? Weil sie gerade so aussieht
wie das Feld. Nun könnt ihr euch auch denken, weshalb die Lerche
so gern im Felde wohnt. Nun, weshalb? —
V. Flügel und Beine. Auf demselben Spaziergange haben wir
einen Taubenschwarm beobachtet, der auf dem Acker Futter suchte.
Was taten die Tauben, als sie uns bemerkten? Flogen fort. Gib
mit deinem Finger die Richtung an, in der sie hochflogen! — Wie
fliegt der Sperling in die Höhe? — Der Rabe? Was ist uns aber
bei der Lerche aufgefallen, als sie in die Höhe flog? Sie stieg ganz
gerade (senkrecht) in die Höhe. Wie hoch flog sie (denkt an unser
Schulhaus!)? Höher als das Schulhaus. Denkt an den Kirch-
türm! — Was haben wir dabei beobachtet? Sie wurde immer
kleiner; zuletzt sah sie bloß noch wie ein kleiner Punkt aus. Wie
kommt es, daß die Lerche sich so hoch in die Luft schwingen kann?
Die Lerche hat zwei lange Flügel. Wir haben auch gesehen, wie
die Lerche wieder herabkam! Sie kam ganz langsam herunter. Zu-
letzt flog sie aber ganz schnell und setzte sich aufs Feld. Wir mußten
da lange warten, bis die Lerche wieder auf der Erde war. Wie
kann die Lerche fliegen, da sie zuletzt nur noch wie ein Punkt aus-
sah? Hoch. Was wirst du sagen, wenn du daran denkst, daß wir auf
ihre Rückkehr so lange warten mußten? Die Lerche kann lange
fliegen. Sage beides! Die Lerche kann hoch und lange fliegen.
Was kannst du mir antworten, wenn ich frage: Wie kann die
Lerche fliegen, da sie so hoch und so lange fliegt? Gut. Weshalb
sagst du: Die Lerche kann gut fliegen? Weil sie so hoch und so
lange fliegen kann.
Ihre Beine sind ziemlich hoch. Wieviel Zehen sitzen an jedem
Fuße? — Wieviel sind nach vorn gerichtet? — Wieviel nach hinten?
— Was fällt euch an der Hinterzehe auf? Richtig, da hat die Lerche
einen sehr langen Nagel — einen Sporn (Lerchensporn). Sprecht:
Die Lerche hat an der Hinterzehe einen sehr langen Sporn. Welcher
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Vogel trägt auch einen Sporn? Hahn. Weshalb mag die Lerche
nur solchen langen Sporn am Fuße haben? Nun, denkt einmal
daran, wo die Lerche uncherläuft! Wo denn? Auf dem gepflügten
Lande. Ihr seid vielleicht auch schon über ein gepflügtes Land ge-
gangen. Weshalb kommt man auf demselben nur langsam fort?
Man sinkt ein. Was für ein Gegenstand sinkt denn eher ein, ein
schmaler oder ein breiter? — Weshalb mag nun wohl die Lerche
die lange Zehe haben? Damit sie nicht so leicht in den lockeren
Erdboden einsinkt.
VI. Wohnung und Nahrung. Nun möchten wir auch gern
wissen, wo die Lerche wohnt, und was sie den ganzen Tag macht,
Welcher Vogel wohnt in dem kleinen Kästchen, das an unserer
Turnhalle hängt? Star. Wo haben wir noch ein Vogelnest ent-
deckt? In dem Baume auf unserem Schulhofe. Welcher Vogel
hat es gebaut? •— Welchen Vogel haben wir auch beim Nestbau
beobachtet? Sperling. Wohin hat der sein Nest gebaut? Unter
das Dach. Woraus konnten wir schließen, daß er sein Nest unter
das Dach baute? Er hatte Strohhalme im Schnabel und kroch
damit unter das Dach. Wenn er zurückkam, hatte er sie nicht
mehr im Schnabel. Wohin bauen also einige Vögel ihr Nest?
Kasten, Baum, Dach. Wo hält sich die Lerche den ganzen Tag
auf? Im Felde. Wo siehst du die Feldlerche niemals? In der
Stadt. Nun überlegt, ob die Lerche ihr Nest auch an solche Orte
bauen kann, wie der Star usw.? Nein. Weshalb nicht? — Welcher
Ort bleibt ihr zum Nestbau nur übrig? Feld, die Erde. — Mitten
ins Kornfeld, weitab vom Wege baut die Lerche ihr Nest. Wes-
halb weit ab vom Wege? — Weshalb ins Kornfeld? — Hier
suchen sie sich eine kleine Vertiefung, ein kleines Loch, daß der Fuß
des Landmannes oder der Huf des Pferdes in dem weichen Erdboden
hinterlassen hat und bauen da ihr Nest hinein. Was finden sie auf
dem Felde zum Nestbau? Dürre Halme, welke Grasblättchen, Federn,
Härchen vom Pelz des Hasen. Diese Sachen sammeln sie gar emsig,
tragen sie in die Vertiefung, und bald ist das Nest fertig. Das Weib-
chen legt 4 bis 5 Eier hinein. Auch diese haben eine Bodenfarbe.
Und was machen sie mit den Eiern? — Nach 14 Tagen kommen
junge Lerchen aus den Eiern. Was haben die Alten nun zu tun?
— Womit füttern die Lerchen ihre Jungen? — Sie durchstreifen
deshalb rastlos die Flur. Jede Scholle wird sorgsam gemustert,
jedes Körnchen geprüft. Da liegt ein Samenkorn unbedeckt, — das
schmeckt der Lerche gut; da schaut ein Würmchen neugierig hervor,
es wird verzehrt; hier kriecht eine Schnecke, eine Raupe — auch
diese Tierchen munden der Lerche; dort wachsen saftige Blättchen,
—^ das ist ihr Salat. Und welche Tiere fängt sie im Fluge ?
Fliegen, Mücken. Wiederhole, was die Lerche alles frißt! —
VII. Stimme. Sobald die Jungen laufen können, verlassen sie
das Haus ihrer Eltern (auch wenn sie noch nicht ordentlich fliegen
können). Da ist es gut, daß sie grau und braun aussehen wie der
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 4
— 50 —
Acker. Warum wohl? — Wenn sie dann fliegen können, schwingen
sie sich fröhlich in die Luft hinauf und singen den ganzen Tag. Und
wißt ihr, was sie singen? Lirilirili, schön ist's in der Früh'. Wir
sagen: Die Lerche trillert. Sprecht das zusammen! Wie haben wir
die Vögel genannt, welche schöne Lieder singen? — Zu welchen
Vögeln müssen wir auch die Lerche zählen? Die Feldlerche ist ein
'Singvogel. Sie singt schon am Morgen, wenn die Sonne noch nicht
aufgegangen ist, sie singt $u jeder Zeit des Tages. Sie singt, twenn es
in der Nähe auch blitzt und donnert, und wenn es bei Regenwetter
nur ein wenig aufhört zu regnen, hört man auch schon wieder
den Lerchengesang. Die meisten Singvögel singen nur im Frühjahr,
wenn sie Nester bauen, Eier legen und diese ausbrüten. Wenn sie
die Jungen zu pflegen haben, oder diese groh geworden sind, singen
sie nicht mehr: schon in der Mitte des Sommers hört man draußen
nur noch wenige Vögel singen, und am Ende des Sommers schweigen
fast alle. Die Lerche singt schon in den ersten Frühlingstagen, wenn
noch kein anderer Vogel singt, sie singt den ganzen Sommer hin-
durch bis in den Herbst hinein. Die Lerche ist unter den Vögeln die
fleißigste Sängerin. Wo befindet sich die Nachtigall, wenn sie singt?
— Der Kanarienvogel? — Aber die Lerche? — Wann singt sie
niemals? —
Leider kann die Lerche nicht das ganze Jahr bei uns bleiben.
Weshalb nicht? — Der böse Winter treibt sie fort. Wann ver-
lassen sie uns? Die Haubenlerche bleibt auch im Winter bei uns.
Wo hält sie sich im Winter auf? — Wo nicht? Feld. Weshalb
nicht? — Zu welchen Vögeln können wir sie deshalb nicht rechnen?
Zugvögel. Was für ein Vogel ist die Haubenlerche? Standvogel.
Zugaben:
1. Die Lerche.
Erau ist der Lerche Federkleid,
Doch ihre Stimme hört man weit;
Sie fliegt so hoch und singt so schön,
Als könnt' den lieben Eott sie sehn. (A. Klauwell.)
2. Die Lerche.
Die Lerche in den Lüften schwebt Gar hoch kann sie sich schwingen,
Und singt den Morgen an; Daß man's kaum sehen mag;
Vom grünen Feld sie sich erhebt Dabei hört man sie singen,
Und grüßt den Ackersmann. Eott loben Tag für Tag.
(Des Knaben Wunderhorn.)
3. Kind und Lerche.
Kmd: O, liebe Lerche, sag' nur an,
Was dich so lustig machen kann?
Du säest nicht, du erntest nicht,
Und sammelst in die Scheunen nicht
Und fliegst so hoch und singst so gern,
Als sähst du Eott den Herrn.
51 —
Lerche: Der Vater droben sorgt für mich,
Drum sing' ich ihm mein Lied,
Doch vielmehr sorgt er noch für dich,
Drum komm' und singe mit.
(R. Reinick.)
4. Die gefangene Lerche.
„Herzeleid, ach Herzeleid!
Schöne, goldne Frühlingszeit!
Ach, gefangen, eingeschlossen^
Schau ich durch die engen Sprossen!
Über mir
Steigt ein Schwesterlein und singet,
Datz ,es durch die Wolken klinget!
Ich allein traur: hier in bitt'rer Pein!
Herzeleid, ach Herzeleid!
Schöne, .goldne Frühlingszeit!
Hannchen stand am Vogelbauer,
Hört der armen Lerche Trauer,
Öffnet schnell das kleine Haus —
Jubelnd flog die Lerch' hinaus.
„Seligkeit, o Seligkeit!
Schöne, goldene Frühlingszeit!"
Sang sie und stieg immer /weiter
Auf der blauen Himmelsleiter,
Bis im goldnen Wolkenflor
Hannchen ihre Spur verlor.
(Agnes Franz.).
9. Wandersmann und Lerche.
(Bild von Kehr-Pfeiffer.)
I. Das Bild im allgemeinen. Wir haben kürzlich einen Gang
durch das Feld gemacht. Was haben wir im Felde gesehen? —
Auf diesem Bilde ist ein Feld abgemalt. Was seht ihr hier links
auf den: Bilde? Roggen — ein Roggenfeld. Welche Farbe hat
der Roggen? Gelbe Farbe. Wie sah er früher aus? Grün. Wie
ist der Roggen, wenn er eine gelbe Farbe hat? Reif. Was kann
nun mit dem Roggen geschehen? Gemäht werden. Wie nennen wir
die Leute, welche den Roggen (das Getreide) mähen? — Wohin wird
der Roggen dann gebracht? —
Seht euch die rechte Seite des Bildes an! Was seht ihr hier?
Gras, Blumen. Wo wachsen Gras und Blumen? Auf der Wiese.
Was ist also auf der rechten Seite des Bildes abgemalt. Wiese.
Sprecht ° Auf der rechten Seite des Bildes ist eine Wiese abgemalt.
Seht nur, wie üppig das Gras darauf steht! Und dann die bunten
Blumen, welche die Wiese schmücken! Welche Blumen seht ihr auf
der Wiese? — Welche seht ihr zwischen den Roggenhalmen?
Was zeige ich euch hier? Schafe •— viele Schafe — eine Schaf-
herde. Was ftessen die Schafe gern? Gras. Wo möchten deshalb
diese Schafe gern sein? Auf der Wiese. Warum können sie nicht
auf die Wiese kommen? Sind noch in der Hürde. Wer hat die
Schafe in die Hürde gebracht? Schäfer. Zeige den Schäfer! —
Wo mag er nur sein? Richtig, er schläft in diesem Karren. Wann
steht er auf? — Wohin führt er dann die Schafe? — Wie lange
bleiben sie auf der Weide? — Wann kommen sie in die Hürde? —
Rechts von der Herde stehen mehrere Bäume. Zähle sie! —
Womit sind sie bedeckt? Mit schönem, grünem Laube. Was für
Bäume mögen es sein? — Wer wird sich wohl auf diesen Bäumen
eine Wohnung suchen?
4*
— 52 —
Was seht ihr hier hinten auf dem Bilde (im Hintergrunde)?
Häuser, Kirche — ein Dorf! Was liegt im Hintergrunde des Bil-
des? — Sprecht das im Chore! —
Zwischen dem Roggenfelde und der Wiese befinde sich ein Weg.
Zeige den Weg! — Wohin führt der Weg? Dorfe. Wie ist er
nur? Schmal, krumm. Womit ist er bewachsen? Gras. Dieser
Weg ist ein Feldweg. Ich sehe noch einen anderen Weg, der
nach dem Dorfe führt. Wer sieht ihn auch? Zeige ihn! — Wie
nennen wir diesen Weg? Chaussee. Woran erkennt ihr die Chaussee?
— Wer geht jetzt auf dem Feldwege? Ein junger Bursche. Be-
trachtet ihn! Er ist jung, groß und stark. Was trägt er auf
dem Kopfe? Hut. Was für eine Farbe hat der Hut? — Was
für ein Hut ist es? Strohhut. In welcher Zeit trägt man einen
Strohhut? Sommer. Was hält der Bursche in der rechten Hand?
Stock. In der linken? Pfeife. Was trägt er auf dem Rücken?
Ranzen — Tornister — Felleisen. Seht euch seine Kleidung an!
Dieses ist kein Rock, sondern ein Kittel, ein grauer, leinener Kittel.
Warum ist er mit einem leichten Kittel bekleidet? Weil es warm
ist. Wenn es kühl wäre, müßte er einen anderen Kittel anlegen.
Wo bewahrt er noch andere Kleider auf? Felleisen. Was hat er
sonst noch in dem Felleisen? — Was seht ihr oben an den Seiten
des Felleisens? Stiefel. Für diese war kein Platz mehr im Fell-
eisen. Könnt ihr euch nun denken, was dieser Bursche sein mag?
Handwerksbursche. In dem Dorfe seiner Eltern war er bei einem
Meister in der Lehre. Was für ein Handwerk mag er wohl er-
lernt haben? Schlosserhandwerk. Angabe anderer Handwerke. Zu-
sammenfassende Wiedergabe: Die Schlosserei, die Bäckerei, die Schnei-
derei usw. sind Handwerke. Was war dieser Bursche, solange er
noch bei seinem Meister in der Lehre war? Lehrling. Was für
ein Lehrling war er, weil er die Schlosserei erlernte? — Wie lange
dauerte wohl seine Lehrzeit? Vier Jahre. Seine Lehrzeit ist aber
nun beendet. Was ist er geworden? Geselle. Wie nennt man den
Mann, bei dem er in der Lehre war? Meister. Warum durfte er
jetzt seinen Meister verlassen? Hat ausgelernt. Was möchte auch
dieser Bursche einst werden? — Ist er jetzt schon in seinem Hand-
werk tüchtig genug, um ein Meister sein zu können? Nein, er muß
noch vieles lernen. Bisher hat er in seinem Heimatsdörfchen ge-
arbeitet. Wohin geht (wandert) er jetzt? Stadt. Was sucht er
in der Stadt? Arbeit. Findet er aber keine, dann muß er wieder
weiter wandern zur nächsten Stadt. Wie nennen wir ihn, weil er
von einem Orte zum andern wandert? Wanderer, Wandersmann.
Womit reisen andere Leute? Eisenbahn, Post. Weshalb geht dieser
Bursche zu Fuß? Gewiß kein Geld.
II. Das Bild in Beziehung zur Fabel. Unser Wandersmann
hat heute morgen schon ganz früh sein Gasthaus verlassen und seine
Reise nach der nächsten Stadt (dem nächsten Dorfe) angetreten.
Woran seht ihr, daß es noch früh am Morgen ist? Die Sonne ist
- 53 —
noch nicht aufgegangen. Es dämmert noch; deshalb können wir auch
das nächste Dorf nicht genau erkennen. Im Felde ist noch alles
still. Der Schäfer schläft noch in seinem roten Häuschen. Die
Schafe sind noch in der Hürde. In der Stadt raucht noch kein
Schornstein. Weshalb hat der Wandersmann seine Reise so früh
angetreten? Am Tage ist es zu warm. Wann besonders? Mit-
tags. In dieser Zeit ruht sich der Wandersmann aus. Wann kann
man im Sommer am besten marschieren? Morgens oder abends.
Obgleich der Wandersmann heute sehr früh aufgestanden ist, hier
im Felde ist er doch noch nicht der erste, denn plötzlich erhebt sich
dicht neben ihm eine Lerche. Wohin fliegt sie? — Wohin schaut
deshalb der Wandersmann? Zeige die Lerche! Wer hat schon ein-
mal versucht, einer aufsteigenden Lerche mit den Augen zu folgen?
— wie schien es fast? Bis zur Sonne — Morgensonne. Wem
fliegt die Lerche entgegen? Der Morgensonne. Sie jauchzt dabei.
Wie ist der, der jauchzt? Fröhlich. Wie ist auch die Lerche, weil
sie jauchzend der Morgensonne zufliegt? Der Wandersmann ist
sehr verwundert, daß die Lerche schon so früh fröhlich singend em-
porsteigt, und er richtet an sie daher die Frage:
„Lerche, wie früh schon fliegest du
Jauchzend der Morgensonne zu?"
Und die Lerche ließ den Wandersmann mit ihrer Antwort
nicht lange warten. Sie sagt:
„Ich will dem lieben Gott mit Singen
Dank für Leben und Nahrung bringen."
Was will die Lerche mit ihrem Singen? — Beim Beginn der
Schule pflegen wir auch zu singen. Wofür danken wir dem lieben
Gott durch unser Singen? — Wofür will auch die Lerche dem lieben
Gott durch ihr Singen danken? Leben und Nahrung. Auf welche
Weise konnte sie ihr Leben verlieren, wenn sie Gott nicht beschützte?
Sie konnte krank werden und sterben. Die Katze konnte sie fangen.
Böse Buben konnten sie töten. --Der Blitz konnte sie erschlagen.
Weshalb dankt sie dem lieben Gott für ihre Nahrung? Er hat ihr
Fliegen und Mücken, Käfer und Würmer zum Verzehren geschickt.
Was verdankt also die Lerche dem lieben Gott? Leben und Nah-
rung. Was will sie ihm jetzt dafür bringen? Dank. Womit? Mit
Singen. Also das ist der Grund, weshalb sie schon früh so fröhlich
singt. Wie können wir ihr Lied nennen, da sie Gott durch dasselbe
danken will? Danklied.
Aber vielleicht singt sie bloß heute ein Danklied, weil ein be-
sonders schöner Morgen ist. Wenn >der Wandersmann das gedacht
hat, so hat er sich geirrt; denn die Lerche sagt weiter:
„Das ist von altersher mein Brauch."
Von wem hat die Lerche das Danken schon gelernt? Eltern.
Seit wann hat sie dem lieben Gott schon Danklieder gesungen,?
Jugend. Das Danken ist ihr zur Gewohnheit geworden, sie kann
— 54
gar nicht anders. Ohne ihr Morgenlied kann sie nicht leben. Darum
konnte sie auch sprechen: Das ist von altersher mein Brauch. Was
meint die Lerche mit diesen Worten? — Und nun fragt sie den
Wandersmann i
„Wandersmann, deiner doch wohl auch?"
Sie meint.- Ist es auch dein Brauch, deine Gewohnheit, Gott zu
danken? Gebete hatte der Wandersmann in seiner Jugend gelernt.
Von roem gewiß das erste? Mutter. Wann hat er täglich beten
müssen? Vor dem Schlafengehen, in der Schule usw. Ob das Beten
auch jetzt sein Brauch noch ist? Unser Schlossergeselle gibt auf diese
Frage der Lerche keine Antwort. Wer kann die Frage der Lerche
beantworten? Ja leider, er hatte das Beten, das Danken ganz ver-
gessen. Wer muß ihn erst daran erinnern? Lerche. Da muß er
sich doch wirklich vor der Lerche schämen. Weshalb denn? Sie
bringt Gott ein Danklied, er hat heute noch nicht gebetet, hat dem
lieben Gott noch nicht gedankt für den Schlaf der Nacht, für die
Gesundheit und Kraft, die er ihm verliehen. Er hat sich an Gott
noch nicht gewendet mit der Bitte: „Unser täglich Brot gib uns
heute!" und: „ . . , ~ , <
J „Latz deinen Segen auf mir ruhn,
Mich deine Wege wallen,
Und lehre du, o Herr, mich tun
Nach deinem Wohlgefallen."
Unter den Sorgen des Lebens hatte er den himmlischen Vater
vergessen, der auch für ihn den Sommermorgen so schön gemacht und
Hm Arbeit und Kraft, Glück, und Segen in reichem Maße geben
kann. Aber jetzt faltet er seine Hände, und während die Lerche ihr
Liedchen in den Lüften jauchzt, betet der Wandersmann still ein
frommes Morgengebet, das ihn seine Mutter gelehrt. Welches viel-
leicht? •— Und dann macht er's wie die Lerche; was tut er also?
— Welches schöne Morgenlied stimmt er gewiß an? Wach auf, mein
Herz, und singe usw. Ja, jetzt kann er auch wieder singen. Wie ist
der, der singt? — Wie ist auch der Wanderer, da er singt? -
Was hat ihn so fröhlich, .so froh gemacht? — Wir haben jetzt zwei
fröhliche Geschöpfe vor uns. Welche sind es? Lerche und Wan-
dersmann, Was singt man wohl, wenn man froh ist? — Wie geht
man, wenn man froh ist? — An hellen, lichten Tagen pflegt man
froh zu sein, an trüben Tagen, wenn sich die Sonne hinter grauen,
dicken Wolken verbirgt, ist das nicht so. An hellen Tagen („im
lieben, klaren Sonnenschein") ist's, als wär's auch in uns selbst
hell. Wie war es auch dem Wandersmann und der Lerche im
Sonnenschein? — Lernt:
„Und wie so laut in . der Luft sie sang,
Und wie er schritt mit munterm Gang,
Ward es so froh, so hell den Zwei'n,
Im lieben, klaren Sonnenschein."
Unser Handwerksbursche aber fand an demselben Abend noch
gute Arbeit und reichen Lohn und stand deshalb am andern Morgen
— 55 —
mit gar fröhlichem Herzen vom Lager auf. Von nun an sang er
jeden Morgen und Abend sein Danklied. Von wem hatte er das
gelernt? Lerche. Was tat auch die Lerche? — Und wie nahm der
liebe Gott ihr Danklied auf? — Ja:
„(Sott, der Herr im Himmel droben,
Hörte gar gern ihr Danken und Loben."
III. Verwertung. Was können wir von der Lerche lernen? —
Ja, liebe Kinder, ich frage euch, ist es auch euer Brauch, wenn ihr
des Morgens fröhlich aufsteht, wenn ihr euch zu Tische setzt, daß ihr
dem lieben Gott idankt? ■— Wann betest du? — Sagt mir ein Mor-
gengebet! — Nennt ein Tischgebet! .— Ein Abendgebet! — Wofür
sollen wir danken? — Wer hat seine Freude an dankbaren Menschen?
— Nennt ein Mittel, wie man fröhlich werden kann, wenn man
traurig ist! —
Gesang:
Wanderlied.
Munter. Volksweise.
Einzelne, von allen wiederholt. \ \ \
'II
). Die Luft ist so blau und das Feld ist so grün,
Einzelne. alle.
t'-j-f— —ß—ß— —t~^T— r>—
^ U £ li ~
lieb Müt-ter- lein, laß in die Frem- de mich ziehu, lieb
F#=8=, =?=# f-+—t— 1-1 F=
( —--—'—j-S—Z—0- v f—tr~~ r z r -w :--
Müt-ter - lein, laß in die Frem-de mich zielm?
2. Ich schnüre mein Bündel, dann zieh' ich hinaus, den Stab in der
Hand und am Hute den Strauß.
3. Ich wandre durch Deutschland und komm' an den Rhein, bei tüchtigen
Meistern da sprech' ich dann ein.
4. Und sitzt dann das Mütterlein abends und spinnt, denkt traurig: „Wo
weilt doch mein einziges Kind?" — (Bemerkung: Die zweite Reihe dieses
Verses langsamer.)
5. Da klopft es gar lustig ans Fensterlein klein, da tritt zu der Türe
der Wanderbursch' ein:
6. „Eott grüß' dich, lieb' Mutter! Schau, bist ja noch frisch!" und
schüttelt ihr jauchzend sein Geld auf den Tisch.
7- ^,Jch lernte mein Handwerk, es bringt mir was ein, bald werd' ich
nun Meister, wie wirst du dich freu'n!"
(Rosalie Koch.)
- 56 -
10. Die Bestellung des Feldes.
I. Die Felder sind leer. Auf unseren Spaziergängen, die wir
im Sommer durchs Feld machten, haben wir uns immer über die
herrlichen Früchte gefreut, die wir dort gesehen haben. Welche
Feldfrüchte habt ihr in diesem Sommer kennen gelernt? — Welche
von ihnen standen gestern noch im Felde? — Wo ist das Getreide ge-
blieben? Abgemäht und in die Scheune gepackt. Die Kartoffeln?
Ausgegraben und in den Keller gebracht. Die Zuckerrüben? Ee-
rodet und nach der Zuckerfabrik gefahren usw. Wie sind jetzt die
Felder? Leer. Was ist auf den Getreidefeldern von den langen
Halmen stehen geblieben? Stoppeln. Wie nennt man ein Feld,
auf dem noch die Stoppeln stehen? Stoppelfeld.
II. Wie der Acker gedüngt wird. Nun hat der Landmann
auf dem Felde gewiß nichts mehr zu tun! O doch, der pflügt
jetzt schon wieder seinen Acker. Woher weißt du das? Das haben
wir gestern auf unserem Spaziergange gesehen. Da waren Leute,
die pflügten das Feld. — Wir sind gestern über verschiedene Felder
gegangen, über Kartoffelfelder und Stoppelfelder, aber den Acker,
den der Landmann pflügte, wollte keiner betreten. Weshalb nicht?
Da lag allerwärts Mist (Dünger) drauf. — Aber keine großen
Haufen! Nein, der Mist war ganz dünn auseinandergestreut. Wie
mag der Mist auf den Acker gekommen sein? Der Landmann hat
ihn dahingebracht. Er hat auf seinem Hofe einen großen Haufen
Mist liegen. Wer hat dir das gesagt? Das haben wir in Broitzem
(Nachbardorf) gesehen. Da hat jeder Bauer auf seinem Hofe einen
großen Haufen Mist liegen. — Mein Onkel in W. hat auf seinem
Hofe auch viel Mist liegen. Den holt er aus seinen Ställen (aus
dem Pferde-, Kuh-, Schweine und Schafstalle). — Wie kommt
er aber aufs Feld? Der Bauer ladet den Mist auf seinen Wagen.
— Aber nicht mit der Hand! Nein, mit der Mistgabel. — Auch
nicht allein! Sein Knecht und seine Magd helfen ihm. Wenn der
Wagen vollgeladen ist, dann spannt der Bauer seine Pferde vor
den Wagen und fährt ihn aufs Feld. Mit dem Misthaken zieht
er einen kleinen Haufen Mist herunter. Dann fährt er ein kleines
Stück weiter. Da zieht er wieder einen kleinen Haufen Mist her-
unter. Dann fährt er wieder weiter usw. Wenn der Wagen leer
ist, holt er ein neues Fuder Mist. Was macht er auch damit? —
Nun liegen auf dem ganzen Acker lauter kleine Misthaufen. Die sollen
aber so nicht liegen bleiben! Nein, der Knecht (die Magd) kommt
und streut den Mist mit einer großen Gabel (Mistgabel) auseinander.
Weshalb läßt denn der Landmann den Mist auf den Acker fahren?
Damit die Pflanzen gut wachsen. — Statt: Der Landmann fährt
Mist auf den Acker, sagt man auch noch: Der Landmann düngt den
Acker. Wiederholen! ■— Dein Vater will in seinem Garten auch
schöne, große Früchte ernten. Was muß er dann tun? Den Garten
düngen. Woher bekommt ihr den Dünger? Von unserer Ziege.
— 57 -
Mein Vater kauft immer einen kleinen Wagen voll Pferdedünger,
den bringen uns große Jungen, die sammeln den auf der Straße.
III. Wie der Acker gepflügt wird. Ihr habt mir vorhin schon
gesagt, daß der Landmann seinen Acker pflügt. Was braucht er
dazu? Pflug. Wir haben uns den Pflug ordentlich angesehen.
Was kannst du vom Pfluge erzählen? Der Pflug hat vorn zwei
Räder. Hinten am Pfluge stehen ztoei lange Griffe in die Höhe.
An den Griffen hält der Landmann den Pflug fest. Unten am Pflug
sitzt ein großes (breites) Messer. Merkt euch: das große Messer
nennt man die Pflugschar. Erfragen! — Was ist euch an der Pflug-
schar aufgefallen? Sie war so rund (Schüler macht eine entsprechende
Handbewegung), ganz blank, glänzte ordentlich, wenn die Sonne
darauf schien. Was machte der Landmann nun mit dem Pfluge?
Er pflügte damit den Acker. Wie er das machte, habt ihr alle
gesehen. Erzähle! Er faßte den Pflug an den Griffen und setzte ihn
erst zurecht. Dann rief er: Hü, Mar! Da zog das Pferd den
Pflug weiter. Der Landmann drückte auf die Griffe. Da ging die
Pflugschar in die Erde hinein und schnitt einen Streifen Erde ab.
Wo blieb die abgeschnittene Erde? Die wurde so ganz herumge-
worfen. Was oben war, kam unten hin. Das Pferd lief aber
nicht so schnell wie die Droschkenpferde! Nein, es ging langsam.
Es mußte tüchtig Ziehen, der Erdboden war hart, es beugte den
Kopf tief nieder, es nickte mit dem Kopfe. Womit lenkte der
Landmann das Pferd? Mit einem langen Stricke. Den hatte er
sich um die Hand gewickelt. Wenn das Pferd zu langsam ging, rief
er: Hü, Mar! Dann ging es schneller. — Vorhin habt ihr gesagt,
die Pflugschar ist blank. Das wundert mich; sie befindet sich beim
Pflügen doch immer in der Erde! Da wird sie gerade so blank
von, sie scheuert sich blank. Wenn ich mein Messer mit Erde oder
Sand abreibe, wird es auch blank. (Zugabe: Die beiden Pflüge.)
Wir haben darauf geachtet, wo der Landmann beim Pflügen ging.
Er ging nicht auf dem gepflügten .und auch nicht .auf dem iungepflügten
Acker! Der ging in der Furche, die der Pflug gezogen hatte. —
Mit dem Pfluge wird eine Furche über den ganzen Acker gezogen.
Was tat der Landmann, als er am Ende des Ackers angelangt war?
Da hob er den Pflug aus der Erde. Er zog an dem Stricke, damit
sich das Pferd umdrehte. Er drehte den Pflug auch um und pflügte
an der anderen Seite zurück. Wir sahen wieder, wie sauer dem
Pferde das Ziehen wurde. Herr Z., wenn mein Vater pflügt,
dann spannt er immer zwei Pferde (zwei Ochsen) vor den Pflug,
dann brauchen sie nicht so zu ziehen. — Ich habe einmal gesehen,
wie ein Pferd und eine Kuh den Pflug ziehen mußten. — Erzähle,
wie das Pferd wieder bei uns ankam! Das Pferd kam ganz auf
den Weg. Da mußten wir zurückgehen. Der Landmann wandte
das Pferd und den Pflug wieder um. Er setzte den Pflug neben die
Furche. Er pflügte wieder einen Streifen Erde von dem Acker ab.
Die abgeflügte Erde fiel in die vorige Furche. Da war sie nicht
— 58 —
mehr zu sehen. Er zog eine Furche neben die andere, bis der ganze
Acker umgepflügt war. — Ihr habt eure Finger in den gepflügten
und in den nichtgepflügten Acker gebohrt. Welchen Unterschied habt
ihr dabei bemerkt? In den nichtgepflügten Acker konnten wir den
Finger nicht hineinbohren, der ist hart; in den gepflügten Acker
gingen die Finger tief hinein, der ist weich. Wir können auch
sagen: locker. Wodurch ist der Acker locker geworden? Also: Durch
das Pflügen wird der Acker locker.
Wenn der Landmann pflügt, besuchen ihn verschiedene Vögel.
Welche haben wir gesehen? krähen, Raben (Storch, Bachstelze).
Wo saßen sie? Furche. Weshalb gehen sie da spazieren? Sie
suchen sich etwas zu fressen. Was sie in der Furche finden, habe ich
euch gezeigt. Was denn? Engerlinge (die Larve des Maikäfers),
Würmer, Nacktschnecken. Alle diese Tiere lassen sie sich gut schmecken.
Manchmal erhaschen sie auch ein Mäuschen und verspeisen das.
IV. Wie der Acker -geeggt wird. Wenn der Acker gepflügt ist,
sieht er nicht schön aus; er ist gar nicht glatt, gerade. Weshalb
nicht? Es liegen so viele Erdklumpen (Schollen) darauf. Wenn
dein Vater im Garten gräbt, liegen auch Erdklumpen auf dem
umgegrabenen Beete. Womit zerkleinert dein Vater die Erdklumpen?
Harke (Rechen). Die Erdklumpen auf dem Acker werden auch zer-
kleinert, aber nicht mit einer Harke. Weshalb nicht? Das dauerte
zu lange, viele Tage. Ich habe euch das Gerät gezeigt, mit dem
der Landmann die Erdklumpen zerkleinert. Es lag noch auf dem
Wagen, der neben dem Acker stand. Wie heißt das Ackergerät?
Egge. Wie sieht die Egge aus? Wie mehrere große Harken.
Die Egge hat ein Holz- oder Eisengestell. Unten stecken Zähne
(Zinken) darin. (Zeichnen!) Vergleiche sie mit den Zinken der Harke!
Sind viel länger und dicker, unten sind sie spitz. Wir haben auf
einem Nachbaracker gesehen, wie die Egge gebraucht wurde. Er-
zähle! Der Unecht hatte drei Eggen aneinander gemacht und zwei
Pferde (Ochsen) davorgespannt. Die zogen die Eggen über den
Acker. Der Knecht lenkte die Pferde mit einem langen Stricke. Den
hatte er sich um die linke Hand gewickelt. In der rechten Hand
hatte er einen Haken. Damit hob er die Eggen manchmal hoch. Wann
denn? Wenn so viel Unkraut zwischen den Zinken saß, das sollte
auf dem Acker liegen bleiben (und vertrocknen). Auf dem Acker
konnten wir deutlich sehen, wo die Egge schon gewesen war. Woran
denn? Da hatten die spitzen Zinken alle Erdklumpen zerkleinert,,
da war die Erde glatt und fein. Die Eggen zerkleinern die Erd^
klumpen und reinigen den Acker von Unkraut. Wenn der Land-
mann mit der Egge über den Acker fährt, dann sagt man: Der
Landmann eggt den Acker.
V. Wie das Korn gesät wird. Wir haben den Landmann ge-
fragt, weshalb er den Acker düngt, pflügt und eggt. Was hat er
uns gesagt? Er wollte Roggen (Korn) säen. Den Roggen hatte
er schon mitgebracht. Am Wege stand ein großer Sack voll Roggen.
— 59 —
Wir haben uns die Roggenkörner (den Samen) angesehen. Wie
sehen sie aus? Länglich, an einem Ende rund, am anderen spitz,
haben eine kleine Furche. Nun erzähle, wie der Landmann das
Säen machte! Er band sich ein großes, weißes Laken um. Das
hielt er so mit der linken Hand fest (beinahe wie eine Schürze). In
das Laken tat er Roggen hinein. Dann ging er über den Acker,
immer in gleichem Schritt und Tritt. Dabei nahm er immer eine
Handvoll Körner aus dem Laken und streute sie so (der Schüler
macht eine entsprechende Handbewegung) auf den Acker. (Nach-
ahmendes Tun: das Säen des Samens.) Wo lag denn nun der
ausgesäte Samen? Oben auf der Erde. Weshalb darf er da nicht
liegen bleiben? Da fressen ihn die Tauben und Sperlinge weg. —
Herr Z., da flogen schon immerzu Tauben herum. — Auf dem einen
Felde saßen schon Tauben und pickten. Denkt euch einmal, die
Tauben pickten den ganzen Samen auf! Dann könnte auf dem Acker
nichts wachsen. — Der Landmann könnte nichts ernten. — Wir
haben gesehen, was der Landmann gemacht hat, damit ihm die
Tauben die Roggenkörner nicht wegpicken können. Was denn? Er
hat den Acker noch einmal geeggt. Die Zinken kratzten die Körner
in die Erde hinein. Das gesäte Korn wird untergeeggt. Nun sollt
ihr ein Rätsel raten:
Mit vielen scharfen, spitz'gen Krallen
Tanzt's auf dem Feld die Kreuz und Quer,
Und wenn des Sämanns Körner fallen,
Gleich ist es hinterher.
Doch nicht ein Körnlein kann es fressen,
Es scharrt sie alle ein.
Hieraus nun könnt ihr leicht ermessen,
Ein Heer von Spatzen kann's nicht sein.
Was ist gemeint? — Weshalb können die Spatzen nicht ge-
meint sein? —
Der Same wird nicht immer mit der Hand ausgesät! Mein
Vater sät auch nicht mit der Hand, der sät immer mit der Sämaschine.
— Bei uns im Dorfe (Lehndorf) säen die Bauern alle mit der
Sämaschine. — (Der Bauer sät — drillt — den Roggen. Drill-
maschine.) Erzähle uns, was du von der Sämaschine weißt! —
Die meisten Körner bringt die Drillmaschine in die Erde, aber nicht
alle. Was tut der Bauer deshalb? Er eggt sie unter. Was wird
aus den Körnchen, die auf der Erde liegen bleiben? Die picken die
Tauben auf.
Nun liegen die Körner in der Erde. Die Erde ist ihr Bett.
Woraus besteht ihr Deckbett? Auch aus Erde. Wenn dich deine
Mutter ins Bett legt, dann drückt und stopft sie dein Deckbett rings-
herum fest. Der Landmann macht's mit dem Samenkorn auch so.
Also? Drückt das Deckbett (die Erde) fest aufs Samenkorn. Das
macht der Landmann aber nicht mit der Hand, sondern mit dem Ge-
rät, welches neben dem Wagen lag. Wie heißt das Gerät? Walze
— Ringelwalze. Weshalb heißt sie wohl Ringelwalze? — Wie-
- 60 -
viel Walzen waren hintereinander? Zwei. Worin waren sie be-
festigt? Holzgestell. Wie kann der Landmann mit der Walze das
Deckbett des Samenkorns niederdrücken? Er spannt die Pferde vor
die Walze, und die müssen sie dann über den Acker ziehen. Wenn
die Walze über den Acker gezogen wird, dann sagen wir: Der Acker
wird gewalzt. Nach dem Walzen ist der Boden nicht mehr so locker.
Weshalb nicht? Die Walze drückt den Boden wieder fest zusammen.
Wie geht das zu? Die Walze ist sehr schwer, sie ist ja aus Eisen
gemacht. Also: Durch das Walzen wird die lockere Erde etwas
zusammengedrückt. Wenn nun ein tüchtiger Wind kommt, dann kann
er den Samenkörnern das Deckbett nicht entreißen.
Der Landmann mag wohl streuen
Den Samen auf das Land;
Doch Wachstum und Gedeihen,
Das kommt aus Gottes Hand.
Der sendet Tau und Regen
Und Sonn- und Mondenschein,
Der gibt zur Saat den Segen.
Ohne Gott kann nichts gedeih'n.
(Matthias Claudius.)
VI. Wie das Samenkorn wächst. Wir gehen jetzt in den Schul-
garten und wollen da Sämann spielen. (Man kann auch in Blumen-
topfe Roggenkörner säen.) Samenkörner hat uns der Landmann
geschenkt: Roggenkörner und Weizenkörner. Zeige die Roggenkör-
ner! Woran erkennst du sie? (Siehe oben!) Dies sind die Weizen-
körner. Sie sind rund und länglich. Ich säe aber nicht wie der Land-
mann. Ich mache drei Furchen in die Erde. Aber was ist das?
Regenwurm. Nun ist er schon fort. Wo ist er geblieben? In die
Erde gekrochen. Wenn den ein Huhn oder eine Ente gesehen hätte?
Gleich aufgefressen. Hier habe ich noch etwas gefunden. Was denn?
Nacktschnecke. Ich habe schon Schnecken gesehen, die trugen ihr Häus-
chen auf dem Rücken. — Ich auch usw. — Nun sind alle drei Furchen
fertig (die Betten für die Samenkörnchen). In die erste Furche
streue ich Roggen, in die beiden anderen Weizen. Was müssen
wir jetzt tun? Mit Erde zudecken, sonst kommen die Vögel und
fressen die Körner auf. Hört! Eine Furche mit Weizenkörnern
wollen wir „zum Spaß" offen lassen, die beiden anderen Furchen
aber decken wir zu. So, nun haben sie ein schönes Deckbett be--
kommen.
(Nach 14 Tagen.) Jetzt wollen wir nachsehen, wie unsere
Samenkörnchen in ihrem Bette schlafen. Aber was ist das? Die
offene Furche ist ja leer! Den Weizen haben die Spatzen gefressen.
Ich habe gesehen, wie sie dahingeflogen sind. — Das habe ich mir
doch gleich gedacht, daß den die Spatzen holen würden. Nun, so
dumm wollen wir nicht wieder sein. Jetzt grabe ich von den zu-
gedeckten Körnern ein paar aus der Erde. Was seht ihr? Aus
dem Korn ist ein kleiner Keim gekommen (gewachsen). Der Keim
sieht weiß aus und ist oben spitz. Und was seht ihr hier unten?
— 61 —
Drei kleine Wurzeln. Die Wurzeln sind weiß und so dünn wie ein
Zwirnfaden. Was ist also alles aus dem Samenkorn hervorge-
wachsen? Em Keim und drei kleine Wurzeln.
Wer merkt's am Samenkorn so klein,
Daß drin ein Leben könnte sein?
Kaum Hab' ich's in das Land gesteckt,
Da ist auch seine Kraft erweckt.
Da dringt es aus der Erde vor,
Da steigt es in die Luft empor.
Da treibt's und wächst und grünt und blüht;
Da lobt den Schöpfer, wer es sieht. (Hey.)
Dieses Roggenkörnchen hat noch nicht in der Erde gelegen.
Suche es zu zerdrücken! Es geht nicht, ist ganz hart. Zerdrücke dies
gekeimte Korn! Es geht, ist weich. Was ist denn da herausge-
kommen? Etwas Weißes, das sieht aus wie Schmierkäse (Quark).
Das ist „Mehl".
(Zehn Tage später.) Roggen und Weizen sind aufgegangen.
Die Pflanzen sind aber noch ganz klein. Der Roggen hat rötliche
Spitzen, der Weizen grüne. Ich grabe ein paar Pflänzchen aus der
Erde und spüle sie im Wasser ab. Sie haben noch neue Würzelchen
bekommen, die Würzelchen sind auch länger geworden. Das Körn-
chen ist noch daran; es ist aber kleiner und ganz weich geworden.
Das „Mehl" darin hat das Pflänzchen verzehrt. Aus der rötlichen
Spitze kommt bald iem kleines, grünes Blättchen hervor. — Wenn
wir dann aufs Feld gehen, sieht der Acker, den der Landmann be-
stellte, ganz anders >aus, — wie eine grüne Wiese. Wie lang sind
die Pflänzchen nun schon? Wie unser Finger, fingerlang. Die
fingerlangen Pflänzchen nennt man Saat, und das Feld Saatfeld.
VII. Wie Gott die Saat im Whtter schützt. Den Pflänzchen ge-
fällt es bis jetzt noch sehr gut auf dem Felde. Die Sonne scheint
noch warm. Aber so schön bleibt es nicht! Nein, der Winter kommt
bald. Der bringt den kalten Wind mit. Hu, wie bläst der kalt
durch die Bäume und über das Feld! Wie mag's der jungen Saat
ergehen? Sie friert in ihrem dünnen Kleide. Sie zittert vor Kälte.
Das sieht der liebe Gott, und er spricht zum Wintersmann i „Die
armen Pflänzchen frieren zu sehr bei deinem kalten Winde. Lege
eine Decke über sie!" Was macht da wohl der Wintersmann?
Bald tanzen die .Schneeflocken lustig hernieder. In kurzer Zeit ist
die Decke fertig. Nun ist von der jungen Saat nichts mehr zu sehen.
Manchmal schaut aber doch noch ein Blättchen aus dem Schnee. Wes-
halb gefällt es dem Pflänzchen unter dem Schnee? Der kalte Wind
kann sie nicht mehr treffen, sie frieren nun nicht mehr. Aber dunkel
ist es unter der Schneedecke, ganz dunkel. Und weil nun die Pflänz-
chen nichts mehr sehen können, machen sie die Äuglein zu und —
nun, was meint ihr? Sie schlafen ein.
Singt Gottes Lob im Winter auch,
Er ist so treu und gut;
Er nimmt vor Frost und Sturmeshauch
Die Saat in seine Hut.
62
Er deckt sie mit dem Schnee so dicht,
So weich und sicher zu;
Sie merkt den harten Winter nicht
Und schläft in stiller Ruh'. (W. Hey.)
Manchmal werden sie aber doch im Schlafe gestört. Wer stört
sie? Da kommt ein hungriger Hase, kratzt den Schnee weg und
frißt die kleinen Pflänzchen. — Die Rehe gehen auch aufs Feld
und fressen von der jungen Saat. Die übrigen Pflänzchen aber
schlafen weiter. Wie lange? Bis der Winter vorüber ist. Welche
Jahreszeit kommt nun? Frühling. Wie scheint dann die Sonne
wieder? Nun wachen die Pflänzchen auf und wachsen fröhlich weiter.
Zugaben:
1. Der Bauersmann.
Wie nützlich ist der Bauersmann!
Er bauet uns das Feld.
Wer eines Bauern spotten kann,
Der ist ein schlechter Held.
Im Schweiße seines Angesichts
Schafft er für alle Brot;
Wir hätten ohne Bauern nichts,
Die Städter litten Not.
2. Der Landmann im Frühlinge.
Mit dem Pfluge, mit der Egge,
Zieht der Landmann auf das Feld,
Schaffet dort 'vom frühen Morgen,
Bis den Acker er bestellt.
Hoffend streut er seinen Samen
In der Erde lockren Grund,
Fleht dann um des Himmels Segen,
Denn wit Eott steht er im Bund.
Und der Herr, voll Macht und Güte,
Tränkt den Acker früh und spat,
Sendet Sonnenschein und Regen,
Und es grünt die junge Saat.
3. Was braucht der Landmann?
Zum Ackern einen Pflug
Zum Samenstreun ein Tuch,
Auch Eggen, Hacken, Rechen,
Einen Spaten, um zu stechen;
Und später nach dem Säen,
Die Sense, um zu mähen;
Auch Wagen braucht er früh und spät
Dies ist des Landmanns Feldgerät.
4. Das Leben des Bauern.
Ich bin das ganze Jahr vergnügt,
Im Frühling wird das Feld gepflügt,
Da steigt die Lerche hoch empor
Und singt ihr frohes Lied mir vor.
Und kommt die liebe Sommerzeit,
Wie hoch wird da mein Herz erfreut,
Wenn ich vor meinem Acker steh'
Und so viel tausend Ähren seh!
Im Herbst seh' ich die Bäume an,
Schau Äpfel, Birnen, Pflaumen dran,
Und sind sie reif, so schüttl' ich sie;
So lohnet Gott des Menschen Müh'.
Nun kommt die kalte Winterszeit,
Da ist mein Häuschen überschneii;
Das ganze Feld ist kreideweiß,
Und auf den Wiesen nichts als Eis.
So geht's jahraus, jahrein mit mir,
Ich danke meinem Eott dafür
Und habe immer frohen Mut
Und denke: Eott macht alles gut.
— 63 —
5. Die beiden Pflüge.
In einer Scheune lag versteckt ein Pflug, schon ganz mit Rost bedeckt; er
lag vergessen und unbeacht't und sah mit Neid und stillem Gram, wenn blank
und glänzend jede Nacht sein Bruder heim vom Felde kam.
Da fragt er einst mit trübem Sinn: „Wie kommt's, daß ich so rostig
bin, indes du glänzest voller Pracht? Wir sind von gleichem Stoff gemacht".
— ..Wie's kommt, fragst du?" versetzte der; „mein Glanz kommt von der
Arbeit her." (Castelli.)
Gesang:
Der Bauer.
MäßiZ Volksweise.
-irfedJ- £ s-5 r~ =3-i t - a . » f • '
- 4 y= : t? fi= ä 9 h- : & C?—:
Wollt ihr wis - sen, wie der Vau-er, wollt ihr wis-seu, wie der
m i jll*--*.- ' - 1 > — *• T * » 1
3 r- * - - - n
Bau - er sei - nen Ha - ser aus - fä t ? Seht, so, so sät der
i
Bau - er, seht, so. so sä t der Vau-er sei. neu Ha - ser ins Feld.
2. Wollt ihr wissen, wie der Bauer seinen Hafer abmäht? Seht so, so
mäht der Bauer seinen Hafer vom Feld.
3. Wollt ihr wissen, wie der Bauer seinen Hafer ausdrischt? Seht so, so
drischt der Bauer seinen Hafer im Feld.
4. Wollt ihr wissen, wie der Bauer seinen Hafer verkauft? Seht, so
verkauft der Bauer seinen Hafer für Geld.
5. Wollt ihr wissen, wie der Bauer seinem Gott dafür dankt? Seht so, so
bringt der Bauer seinem Gott dafür Dank.
Anmerk: Bei dem Worte „so" werden die entsprechenden Handbewegungen
(Säen, Mähen usw.) aus „1" im Takt gemacht.
Malendes Zeichnen:
— 64 —
"ii //r/v
VT '
Siebentes Kapitel.
Der Fluh.
1. Das Wasser.
I. Eigenschaften. Womit ist dies Glas gefüllt? Wasser. Wenn
ich den Finger in das Wasser halte und ihn wieder herausziehe,
dann seht ihr es ihm an, daß er im Wasser gewesen ist. Woran
seht ihr das? Der Finger ist naß geworden. Wir sagen: Das
Wasser macht najj. Wiederhole! Sprecht alle den Satz! — Das
hat auch ein kleiner neugieriger Knabe erfahren. Hört zu!
Es sitzt ein Knab' am 'Bach'
Und sieht den Wellen nach.
Sie sprudeln nnd sie rauschen;
Er denkt: „Ich mutz doch lauschen,
Was sll' die Wellen plaudern".
Und's Anäblein ohne Zaudern,
Es bückt sich zu dem Quellchen.
Da kommt ganz flink ein Wellchen
Gesprudelt und gerauscht. —
Was hat es da gelauscht!
Doch kann es nichts verstehen,
Und eh' es sich's versehen,
Bückt es sich tiefer hin —
Und liegt im Wasser drin.
Zum glücke war der Bach
Ganz hell und klar und flach;
Schnell sprang der Knab' heraus
Und sah ganz lustig aus.
Und als ich ihn gefragt,
Was (ihm der Bach gesagt,
Da sagt' er: Wißt ihr, was? —
„Das Wasser, das macht naß!"
(R. Reinick.)
Wo saß der Knabe? — Was wollte er gern wissen? — Was
tat er, als ein Wellchen kam? — Was geschah aber? — Warum
konnte der Knabe leicht wieder herauskommen? — Was hatte ihm
denn nun das Wellchen gesagt? — Ja, das Wasser, das macht naß.
Dies habt ihr alle schon an euch selbst gesehen, wenn ihr in eine
Pfütze tretet oder im Regen geht. Wie werden eure Stiefel, wenn
ihr in eine Pfütze tretet? — Eure Kleider, wenn ihr im Regen
geht? — Wie geht das zu? — Was tun wir darum, wenn wir im
Regen gehen müssen? Regenschirm. Weshalb? —
Ich halte einen Stift in das Wasser. Kannst du ihn sehen? -—
Würdest du den Stift auch sehen, wenn Milch oder Tinte in dem
Glase wäre? •— Warum nicht? — Den Stift sehen wir im Wasser.
Durch was müssen wir also hindurchsehen können? Wasser. Wie ist
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 5
— 66
das Wasser, da wir hindurchsehen können? — Sprecht: Das Wasser
ist durchsichtig. Die niedlichen Goldfischchen, welche manche Leute
haben, kann ich genau hin- und herschwimmen sehen. Wie geht das
zu? — Die Fische in unserer Oker kann man freilich nicht immer
deutlich sehen. Wie geht das zu? — Es ist manchmal unrein,
trübe. Wenn das Wasser nicht durchsichtig ist, wie ist's dann auch
nicht? Rein. Welches Wasser ist immer durchsichtig? Sprecht: Das
reine Wasser ist immer durchsichtig.
Welche Farbe hat die Milch? Weiß. Welche Farbe hat die
Tinte? Schwarz. Der Himbeersaft? Rot. Nun seht euch das Wasser
in diesem Glase an! Welche Farbe hat denn das wohl? (Hilfs-
fragen, wenn nötig: Sieht es weiß aus wie die Milch? Schwarz
wie die Tinte? Rot wie der Himbeersaft? Redet!) Es sieht nicht
so aus wie Milch, auch nicht so wie die Tinte oder der Himbeer-
saft. Welche Farbe kann es da auch nicht haben? Es kann nicht
weiß, schwarz oder rot aussehen. Welche Farbe hat eigentlich das
Wasser, da alles nicht patzt? Es hat gar keine Farbe. Wie ist
also das Wasser, weil es gar keine Farbe hat? Sprecht: Das
Wasser ist farblos. Was kannst du auch von dem Wasser in der
Oker sagen? — Wie sieht aber das Okerwasser aus, wenn es
mehrere Tage geregnet hat? Gelb, schmutzig. Wovon bekommt es
die gelbliche Farbe? ■■— Der Regen führt viel lehmige Erde in die
Oker, und die Erde färbt das Wasser gelb. Wie wird es aber nach
einigen Tagen wieder? — Was für eine Farbe hat es nun auch nicht
mehr? — Wie ist es wieder? — Wie ist das reine Wasser immer?
Sprecht: Das reine Wasser ist farblos.
Ihr habt schon verschiedene Flüssigkeiten gekostet. Wie schmeckt
der Essig? Sauer. Die Milch? Süß. — Was für einen Geschmack
hat das Bier? — Trinke einmal von diesem Wasser? Schmeckt es
süß? — Sauer? — Bitter? Es schmeckt nicht sauer wie Essig,
nicht süß wie Milch, auch nicht bitter wie Bier. Welchen Geschmack
hat denn eigentlich das Wasser, da alles nicht stimmt? Das Wasser
hat gar keinen Geschmack. Wie ist es also? Geschmacklos. Wie ist
das Wasser seinem Geschmacke nach? Sprecht: Das Wasser ist
geschmacklos. Was muß ich hineinschütten, wenn es süß schmecken
soll? — Wenn es salzig schmecken soll? —
Wir wollen jetzt untersuchen, was für einen Geruch das Wasser
hat. Manche Flüssigkeiten riechen angenehm. Welche z. B.? Kaffee,
Limonade. Manche riechen auch unangenehm. Nennt Flüssigkeiten,
die unangenehm riechen! — Wilhelm K. soll jetzt an das Wasser
riechen! Oskar B. auch! Nun, wie riecht das Wasser? Das Wasser
riecht gar nicht, hat gar keinen Geruch. Wie ist das Wasser, weil es
keinen Geruch hat? Sprecht: Das Wasser ist geruchlos.
(Das Wasser hat keine Farbe, keinen Geschmack und keinen
Geruch. Oder: Das Wasser ist farblos, geschmacklos und geruchlos.)
Ich halte meinen Finger noch einmal in das Wasser und ziehe
ihn wieder heraus. Was ist hier unten an dem Finger hängen ge-
— 67 —
blieben? Ja, das ist ein Teilchen vom Wasser, ein Tropfen, — ein
Wafsertropfen. Was für einen Tropfen sähet ihr an meinem
Finger, wenn in diesem Glase Milch wäre? — Wenn Bier darin
wäre? Was für Tropfen hängen des Morgens am Grase sehr
häufig? — Was für Tropfen fallen vom Himmel? — Ein Gegen-
stand, der Tropfen bildet, heißt tropfbar. Das Wasser bildet
Tropfen. Wie ist also das Wasser? Sprecht: Das Wasser ist tropf?
bar. Warum? — Welche Dinge sind auch tropfbar? Warum
kannst du von der Milch sagen, daß sie tropfbar ist? — Was kannst
du auch vom Weine sagen? ■— Warum? —
Ich habe hier Wasser auf den Tisch gegossen und halte diesen
etwas schräg; daß Wasser bleibt nicht auf dem Tische stehen. Was
tut es vielmehr? Es fließt herunter. Bleibt der Regen auf dem
Dache? Nein, er fließt herunter. Was aber fließt, nennen wir
flüssig. Wie ist auch das Wasser, «weil es fließt? Sprecht: Das
Wasser ist flüssig. Das Wasser ist eine Flüssigkeit. Nennt noch
andere Dinge, die flüssig sind! — Nenne du auch eine Flüssigkeit!
— (Das Wasser ist tropfbar-flüssig.)
II. Veränderungen. Was geschieht mit dem Wasser, wenn es
recht kalt ist? Sprecht Das Masser gefriert zu Eis. Jetzt ist es
nicht mehr flüssig, sondern fest. Vorhin habt ihr mir gesagt, daß es
im Sommer manchmal regnet. Wenn es recht kalt ist, dann regnet
es nicht. Was tut es 'dann? Schneit. Da gefrieren die Wasser-
tropfen schon in den Wolken. Was fällt dann aus den Wolken
herab? Schnee. Zu was gestiert das Wasser also auch? Sprecht:
Das Wasser gefriert auch zu Schnee. Zusammenfassung! — Schnee
und Eis bleiben aber nicht immer liegen. Wann verschwinden sie?
— Zu was werden Eis und Schnee wieder? Wasser. Man sagt
alsdann: Eis und Schnee schmelzen. Wann geschieht dieses? Sprecht:
Im Frühjahr schmelzen Eis und Schnee.
Die Mutter braucht das Wasser zum Kochen. Sie gießt es in
einen Topf und stellt diesen über das Feuer. Wie wird das Wasser
bald? — Und dann? — Was tut das Wasser zuletzt? Sprecht:
Das Wasser siedet oder kocht! Was steigt vom siedenden Wasser
auf? Dampf. Wenn tncm das Wasser fortsieden läßt, so wird das
Gefäß zuletzt leer. Wie geht das zu? Das Wasser wird zu Dampf.
Wir sagen: Das Wasser verdampft! Sprecht alle den Satz! —
Wir stellen ein Gefäß mit Wasser ins Freie (in die Sonne). Wenn
wir nach einigen Tagen danach sehen, so finden wir das Gefäß
(namentlich im Sommer) leer. Wie geht das zu? — Die Sonne hat
das Wasser in feinen Dunst aufgelöst, und wir sagen: Das Wasser
ist verdunstet. — Sprecht alle den Satz! — Regnet es, so wird
draußen alles^naß, — der Erdboden, das Gras, die Bäume usw.
Nach einigen Stunden ist aber von dem Regenwasser nichts mehr zu
sehen. Wo ist es geblieben? Es ist verdunstet. Wann verdunstet
das Wasser sehr rasch? —
5*
— 68 —
Zusammenfassung: Das Wasser verdampft oder verdunstet.
Dampf und Dunst steigen in die Luft und bilden Nebel und Wolken.
III. Nutzen und Schaden. In der Pause nehmt ihr eure Becher
mit auf den Hof. Weshalb? Was trinkt ihr denn? Wozu dient
also das Wasser? Sprecht: Das Wasser dient zum Trinken. Wenn
du getrunken hast, dann bist du nicht mehr durstig. Wir sagen: Das
Wasser stillt oder löscht den Durst. Erfragen! Was wir trinken, ist
ein Getränk. Was ist auch das Wasser? — Warum? Nennt andere
Getränke! — Warum ist die Milch ein Getränk? — Der Wein?
— Das Bier? — Den Wein trinken nur die reichen Leute. Warum?
— Wasser kostet kein Geld. Jedes Kind, auch das ärmste, kann
Wasser haben. Das Wasser ist das billigste Getränk. Wer müde
und durstig ist wird durch einen Trunk Wasser wieder kräftig und
frisch, auch der Kranke trinkt das Wasser. Das Wasser ist ein ge-
sundes Getränk. Zusammenfassung: Das Waffer ist ein billiges
und gesundes Getränk für die Menschen. Darum heißt es auch
in einem Sprüchlein:
Der Hefte Wein für Kinder,
Der Meitze ist's fürwahr,
Der aus der Felsenquelle
So lustig fließt und klar.
Er fließt durch grüne Auen,
Ihn trinken Hirsch und Reh'
Und Lerch' und Nachtigallen,
Er macht den Kopf nicht weh.
Und ist er gut für Kinder,
Der klare, weiße Wein,
Mich dünkt, er muß nicht minder
Auch gut für Große sein.
(F.v. Pocci.)
Aber nicht bloß die Menschen, auch die Tiere stillen ihren Durst
durch das Wasser. Wohin führt der Landmann seine Kühe, Schafe
usw., wenn sie durstig sind? Tränke. Warum? — Die Tiere in
Feld und Wald bekommen auch Durst. Wo stillen (löschen) sie ihren
Durst? Am Bache. Welche Tiere trinken am Bache? — Wem
dient also das Wasser auch zum Trinken? Sprecht: Das Wasser
dient auch den Tieren zum Trinken.
Aber auch die Pflanzen werden durstig; auch sie wollen Wasser.
Warum müssen sie Wasser haben? Sie können ohne Wasser nicht
wachsen. Die Pflanzen können es aber nicht machen wie die Tiere,
daß sie an den Bach gehen und trinken. Warum nicht? Festge-
wachsen. And doch bekommen sie auch Wasser. Der liebe Gott sorgt
auch für die Pflanzen. Was schickt er ihnen? Regen. Wie wird
der Boden, wenn es regnet? Feucht. Aus dem feuchten Boden saugen
die Pflanzen das Wasser ein. Womit tun sie dieses? Wurzeln.
Wem dient also das Wasser auch zum Trinken? Sprecht: Das
Wasser dient auch den Pflanzen zum Trinken. Wenn es im Sommer
lange nicht geregnet hat, wie wird dann der Boden? — Was können
dann die Pflanzen nicht mehr einsaugen? — Wie werden sie dann?
Trocken. Wenn aber "die Früchte des Feldes verdorren, wer hat
dann nichts zu essen? Menschen. Wenn das Gras auf den Wiesen
verdorret, wer muß dann hungern? Tiere. Das Wasser ist demnach
sehr nötig: kein Mensch, kein Tier und keine Pflanze kann ohne
— 69 —
Wasser leben. Das Wasser dient den Menschen, den Tieren und
den Pflanzen zum Trinken.
Was kocht deine Mutter des Mittags? — Des Abends? —
Worin kocht deine Mutter die Kartoffeln? Im Wasser. Worin die
Bohnen? — Das Fleisch? — Die Eier? — Was braucht deine
Mutter auch, wenn sie Brot backen will? — Wenn sie Kaffee oder
Tee kochen will? — Wir sagen deshalb: Das Wasser dient zur
Vereitung vieler Speisen und Getränke. (
Das Wasser hat noch einen anderen Nutzen. Was tust du jeden
Morgen vor dem Kaffeetrinken? Ich wasche mich. Womit wäschst du
dich? Wasser. Was nimmt das Wasser weg? -— Wie seid ihr dann?
Rein. Schmutzige Kinder sehen häßlich aus. Wäschst du dich gern,
oder fürchtest du dich vor dem Wasser? Hört einmal, wie es einem
Knaben erging, der das Wasser fürchtete:
Das Büblein fürchtet das Wasser sehr
Und hat ein schmutzig Gesicht;
Das Bächlein sieht's und läuft ihm nach,
Das Bübleiu gefällt ihm nicht.
Das Büblein schreit und springt davon,
Das Bächleiu hat's beim Beine schon,
Es gieht das Büblein ganz herein
Und wäscht und fegt es sauber und rein. (Staub.)
Wie sah das Büblein aus? — Was wollte es nicht mit sich tun
lassen? — Wem gefiel das schmutzige Büblein nicht? — Was tut das
Bächlein deshalb? — Warum konnte der Bach das Büblein recht
tüchtig waschen? Er hatte viel Wasser. Wozu dient also das Wasser?
Sprecht: Das Wasser dient zum Waschen unseres Körpers.
Wenn ihr eure Hemden einige Tage getragen habt, dann sind
sie schmutzig. Was muß die Mutter dann mit den Hemden machen?
Waschen. Was hat die Mutter zum Waschen nötig? Wasser. Was
wäscht die Mutter auch noch mit Wasser? Fenster, Fußböden, Tassen,
Teller und andere Sachen. Wie werden diese Sachen durch das
Waschen? Wir wollen deshalb ganz kurz sagen: Das Wasser dient
zum Reinigen vieler Sachen.
Zusammenfassung: Das Wasser dient zum Waschen unseres
Körpers und zum Reinigen vieler Sachen.
Vor einiger Zeit brach in unserer Stadt Feuer aus. Schnell eilte
die Feuerwehr mit ihren Spritzen herbei. Hast du schon eine Feuer-
spritze gesehen? — Was machen die Leute mit der Feuerspritze? —
Weshalb? — Was geschah auch bald? — Wir sagen: Das Wasser
löscht das Feuer. Sprecht das zusammen! — Veränderter Ausdruck:
Das Wasser dient zum Löschen des Feuers.
Draußen bei E. steht am Wasser (an der Oker) eine Mühle.
Wie nennt man eine Mühle, die am Wasser steht? — Weshalb baut
man die Mühle ans Wasser? Das Wasser treibt die Räder der
Mühle (Wassermühle). Sprecht: Das Wasser treibt die Räder der
Wassermühle. Was gibt es noch für Mühlen? — Wer treibt die
Windmühle? —
— 70 —
Was sieht man sehr häufig auf dem Wasser (auch hier auf
unserer Oker)? — Die Schiffe schwimmen auf dem Wasser. Wir
könnten nicht nach fremden Ländern — nach Amerika — kommen
und Baumwolle, Kaffee und Petroleum holen, wenn das Wasser
nicht die Schiffe trüge. Sprecht: Das Wasser trägt Schiffe und
Kähne.
Im Wasser leben auch viele Tiere. Welche Tiere leben im
Wasser? Fische. Welche Fische kennst du? — Welche Tiere leben
noch im Wasser? Krebse, Frösche usw. Die Fische können nicht eine
Viertelstunde ohne Wasser leben. Was geschieht mit ihnen, wenn
sie aus dem Wasser genommen werden? — Weshalb fangen wir
die Fische? — Die Krebse? — Was für Tiere sind es also? —
Nützliche Tiere. Wo leben sie? — Sprecht deshalb: Im Wasser
leben viele nützliche Tiere.
So und noch viel mehr nützt das Wasser, und es ist gar gut,
daß uns der liebe Gott diese Gabe in so großer Menge verliehen
hat. Zuweilen richtet das Wasser freilich auch großen Schaden an.
Manche Bäche und Flüsse haben nur niedrige Ufer; tauen nun im
Frühlinge der Schnee und das Eis auf, oder regnet es einmal recht
lange und stark, so tritt das Wasser über die Ufer und überschwemmt
die nächste Umgegend, es entsteht eine Überschwemmung. Das
Wasser dringt in die Häuser, reißt diese wohl gar um und nimmt
manche Sachen mit fort. Ja, selbst Menschen und Tiere kommen zu-
weilen dabei um. Glücklicherweise geschieht das aber doch nicht oft.
Zugaben
1. Rätsel.
Was ist das für ein edler Wein?
Es trinken ihn die Kinderlein,
Es trinken ihn die Gänschen all,
Es trinkt ihn Ochs und Kuh im Stall.
Er kostet nichts und schmeckt doch gut,
Macht klar den Kopf und leicht das Blut. (Diefenbach.)
2. Am Brunnen.
Ein Trunk aus kühlem Brunnen Ihr Alten und ihr Jungen,
Beim Heißen Sonnenschein — Trinkt alle nach Begehr!
Das schmeckt, das kühlt, das labet
Als Wie der beste Wein.
Hier «dürft ihr euch satt trinken!
Ihr Durst'gen, kommt herbei
Und trinkt nur mit Behagen,
Ihr habt den Trunk ja frei.
Hier dürft getrost ihr zechen,
Dies Fählein wird nicht leer.
Doch etwas müßt ihr zahlen
Dem, der den Trunk euch schenkt.
Dankt unserm Gott im Himmel,
Ter liebend euer denkt.
(Diefenbach.
3. Martha kommt.
Wehj, da kommt sie mit dem Schwämme Nein, ich kann es nicht begreifen,
Und dem großen Wasserkrug, Wie ihr das Vergnügen macht,
Mit der Seife, mit dem Kamme, Mich zu rumpeln und zu seifen,
Ach, -und mit dem Zotteltuch! Und warum sie immer lacht.
Wenn doch einer was erfände,
Daß das Wasser nicht so naß,
Und man trocken wusch' am Ende;
Eine rechte Lust war' das! (Julius Lohmeyer.)
4. Vom fleißigen Bächlein.
Was eilst du so, du Bächlein froh,
Durchs grüne Tal dahin?
So bleib' doch hier und spiel' mit mir,
Weil ich so gut dir bin!
Das Bächlein spricht: „Das kann ich
nicht,
Dazu Hab ich nicht Zeit,'
Hab' viel zu tun und darf nicht ruhn,
Muß heute noch gar weit!
Muß hurtig gehn, das Mühlrad drehn
Da Lunten in dem Tal;
Muß tränken auch nach altem Brauch
Die Blümlein allzumal.
Die Schäflein klein dort warten mein,
Schrein dürstend schon nach mir;
Drum bring' ich schnell vom frischen
Quell
Das Wasser ihnen hier.
Dann muß ich hin zur Bleicherin,
Muß gießen dort ihr Tuch,
Bis daß es weiß und rein mag sein,—
Hab ich nicht Müh' genug?
Leb' wohl, mein Kind, ich muß geschwind
Nun an die Arbeit gehn;
Zum Meer ist's weit, Hab' keine Zeit,
Bei dir hier lang zu stehn."
(Diefenbach.)
Gesang:
Der beste Trank.
Lebhaft.
Volksweise: „Ich bin der Doktor Eisenbart."
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1. Das Was-fer ist so hell und klar, kluck,kluck,kluck.kluck,kluck;sein
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Al - ter ist sechstau-send Jahr,kluck,kluck, kluck, kluck,kluck! Man
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Pa - ra -dies, kluck, kluck, kluck, kluck,
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kluck, kluck, kluck; beim Dur - ste schmeckt es wun-der-süß,
v
:t=
i
kluck, kluck, kluck, kluck, kluck!
2. Im Sommer macht es frisch und kühl, kluck, usw',. Im Winter macht's
ein warm Gefühl, kluck ulsw. und immer setzt es gutes Blut, kluck usw. und tut
in allen Gliedern gut, kluck usw.
3. Es ist nicht, daß es trunken macht, kluck usw., es ist, genossen mit Be-
dacht, kluck usw., gar heilsam für Gesund' und Krank', kluck usw., es ist und
bleibt der beste Trank, kluck usw. '
(Aus: I. M. Seling's Mäßigkeitslieder.)
— 72 —
2. Quelle, Vach, Fluh, Strom, Meer.
Wir haben uns auf der Wiese das Bächlein angesehen. Einmal
stand ein Knabe am Bächlein und sprach:
„Du Bächlein, sielberhell und klar,
Du eilst vorüber immerdar;
Am Ufer steh' ich, sinn und sinn:
Wo kommst du her? Wo gehst du hin?"
Wie redet der Knabe das Bächlein an? — Was für ein Bächlein
ist es? — Was tut es? — Wo swnd der Knabe? — Was sagte er
dort von sich? Er sinnt — er hat den Finger an die Stirn gelegt
und denkt nach. Worüber? Wie lautet seine erste Frage? — Seine
zweite? — Was will er wissen? — Hast du nicht auch schon so
gefragt? — Nun, wo kommt denn unser Bächlein her? Droben auf
dem Berge, im Walde, da sprudelt oder quillt es hervor aus der
Erde, ganz lustig und munter. Wie nennen wir den Ort, an dem
das Wasser aus der Erde quillt? Quelle. Was hat also der Bach?
Sprecht: Der Vach hat eine Quelle. Bei der Quelle fängt der Bach
an, die Quelle ist der Anfang des Baches.
Wie nennen wir das Wasser einer Quelle? Quellwasser. Das
Quellwasser bleibt nun nicht ruhig bei der Quelle stehen. Was tut
es vielmehr? Fließt weiter. Wie denn, — wohl das eine Tröpfchen
hierhin und das andere dorthin? Nein, alle zusammen in dem Bache.
Wie kommt es, daß die Tropfen nicht nach allen Seiten auseinander-
laufen? Sie fliehen in einer Rinne, einem Graben,'— in einem Bette.
Worin fließt der Bach? Sprecht: Der Bach fließt in einem Bette.
Jetzt könnt ihr auch folgendes Rätsel lösen:
Ohne dah ich Füße hätte,
Eil' ich doch im schnellsten Laus,
Höre Tag und Nacht nicht aus
Und bin doch fast stets im Bette.
Wer ist gemeint? — Wer hat auch ein Bett? Menschen. Wann
legen sich die Menschen ins Bett? — Wie ist das Bächlein aber nicht,
wenn es in seinem Bette ist? — Woran kann man das merken?
Es springt fröhlich fort. Wie nennst du das Bett des Baches?
Bachbett, Wasserbett. Und wer hat's ihm gemacht? Er sich selbst.
Was haben wir am Rande des Bächleins gepflückt? — Wie
nennt man den Rand des Bächleins mit einem anderen Worte?
Ufer. Wieviel Ufer hat der Bach? Zwei. Wie mögen die heißen?
Sprecht: Der Vach hat zwei Ufer, ein linkes und ein rechtes. Auf
dem Spaziergange haben wir auch gelernt, wie man leicht heraus-
bringen kann, welches das linke und welches das rechte Ufer eines
Baches ist. Wie muß man denn das machen? Man stellt sich so an
den Bach, daß man hinter dem fortfließenden Wasser drein schaut,
dann ist das Ufer, welches rechts liegt, das rechte Ufer und das
andere das linke.
— 73 —
Weiter fließt der Bach. Auf einmal sieht er dicht vor sich ein
Brüderchen. Der Bach sagt zu seinem Brüderchen: „Nimm mich
mit!" Was wird das Brüderchen antworten? — Es spricht: „Komm
her, Brüderchen, fließe an meiner Seite!" Und was tut nun der
Bach? Habt ihr gesehen, wie der eine Bach in den anderen fließt?
Die Stelle nennen wir die Mündung des Baches. Was hat also
der Bach? Sprecht: Der Bach hat eine Mündung. Bei der Mün-
dung ist unser Bach zu Ende.
Wenn wir nun wissen wollten, wie lang unser Bach wäre, wo
müßten wir anfangen zu messen und wo aufhören? Von der Quelle
bis zur Mündung. Das ist der Laus des Baches. Der Lauf des
Baches ist aber ganz sonderbar. Wenn wir einen Weg von der
Quelle bis zur Mündung bauen wollten, wir würden es ganz
anders machen. Wie denn? Wir würden den Weg gerade bauen.
Was müssen wir aber vom Laufe des Baches sagen? Ist krumm,
hat Krümmungen. Sprecht: Der Laus des Baches hat viele Krüm-
mungen.
Wer von euch hat schon genau in den Bach geschaut? — Nun,
was war das Sonderbarste das ihr in ihm gesehen habt? Himmel,
Sonne, Wolken. Habt ihr nicht kleine Buben in dem Bache ge-
sehen? Wen denn? Mich selber. Hast du dich anderswo auch schon
gesehen? Spiegel. Was ist also das Wasser im Bach? Spiegel.
Wie können wir diesen sonderbaren Spiegel wohl nennen? Wasser-
spiegel.
Durch den Bach kann man waten. Wie ist der Bach nur?
Flach. Ein guter Springer kann an den meisten Stellen auch hin-
überspringen. Wie ist der Bach nur? Sprecht: Der Vach ist flach
und schmal.
Je länger der Bach aber fließt, desto breiter und größer wird
er; rechts und links nimmt er immer neue Bäche auf, er wird zu
einem Flusse. Was entsteht also nach und nach aus vielen Bächen?
Sprecht: Aus vielen Bächen entsteht ein Fluh. Wer ist größer, der
Fluß oder der Bach? — Warum muß der Fluß größer sein? —
Jeder Fluß hat einen Namen. Welchen Namen hat unser Fluß?
Oker. Was ist also die Oker? Sprecht: Die Oker ist ein Fluh.
Wer kennt noch andere Flüsse? •— Was muß der Fluß auf seinem
Rücken tragen? •— Wo hast du das gesehen? — Der Fluß sieht auf
seinem Laufe viele Städte und Dörfer. Möchtet ihr wohl mit
ihm gehen? — Die Menschen haben Brücken über den Fluß gebaut,
und er muß ruhig unter ihnen hinziehen.
Weiter und immer weiter wandert unser Fluß, nimmt noch
andere Brüder auf und wird immer breiter und tiefer. Nun erhält
er den Namen Strom. Wie nennen wir einen großen Fluß? Sprecht:
Einen großen Fluß nennen wir Strom. Oder: Der Strom ist ein
großer Fluß. Wer kennt einen Strom? Der Rhein ist ein Strom
usw. Unsere Oker auch? — Warum nicht? — Der Strom trägt
auf seinem Rücken viele große und kleine Schiffe, Dampfschiffe und
— 74 —
Segelschiffe mit MastbäuMen. Bald kommen die Schiffe an ein
großes Wasser, das größer ist als hundert Ströme; so weit man
sehen kann, erblickt man Wasser. Wie heißt das große Wasser?
Meer. Ach, und wie tief ist das große Meer! Unseren Kirchturm
könnte man vielmal übereinander in das Meer stellen, und dann
würde er doch noch nicht hervorgucken. — Wo bleibt also der
Strom? Sprecht: Der Strom flieht ins Meer. Er sagt zum Meere:
„Hier bringe ich dir die Quellen, Bäche und Flüsse, die mit mir
gereist sind, und die Schiffe, die ich aus meinem Rücken getragen habe.
Nimm sie auf, liebes Meer! Ich bin müde und will mich ausruhen."
Vielleicht bekommen manche von euch das Meer einmal zu
sehen. Die Leute, die von hier nach Amerika auswandern, müssen
über das große Meer fahren. Eine Reise nach Amerika dauert
mehrere Wochen. Die Schiffe, die nach Amerika fahren, sind so
groß wie manche Wohnhäuser. Im Meere leben die größten Fische.
Welche? — Das Wasser im Meere schmeckt salzig, man kann es
nicht trinken. (Salzwasser, Süßwasser.) Alles Wasser auf der Erde
fließt in das Meer. Ob das Meer nicht zuletzt einmal überläuft?
Nein, es läuft nie über. Die Sonne zieht mit ihren Strahlen die
Wassertropfen unsichtbar in die Höhe (verdunstet sie.) Dort bilden
sie Wolken. Diese werden vom Winde über Berge und Täler geführt
und befeuchten als Regen und Schnee die Erde. Das Wasser dringt
in den Boden ein und beginnt als Quelle seinen Lauf von neuem.
Wie wunderbar ist dieser Kreislauf! Wie groß muß der Herr sein,
der ihn schuf! —
Das Wasser in einem Bache fließt ohne Aufhören weiter,
der Vach ist ein fließendes Gewässer. Was ist der Bach? — Warum
ist er ein fließendes Gewässer? — Nennt andere fließende Ge-
wässer! Der Fluß ist usw. Der Strom ist usw. Das Wasser in
einem Teiche oder Brunnen dagegen fließt nicht weiter, es bleibt
stehen, — der Teich ist ein stehendes Gewässer. Sprecht das zu-
sammen! — Warum ist der Teich ein stehend es Gewässer? —
Nennt andere stehende Gewässer!
Zusammenfassung: Es gibt fliehende und stehende Ge-
wässer. Was ist der Fluß? — Der Teich? — Das Meer? — Der
Bach? — Der Brunnen? — Der Strom usw.
Zugaben:
1. Das Tröpflem.
Tröpflein muh zur Erde fallen, ! Muh im Bach die Mühle schlagen,
Muß das zarte Blümlein letzen, Muh int Strom die Schiffe tragen.
Muh mit Quellen weiter wallen, Und wo wären denn die Meere,
Muh das Fischlein auch ergötzen, Wenn nicht erst das Tröpflein wäre?
2. Des Wassers Rundreise.
Blumen sprachen zu der Welle:
,,O du eiliger Geselle,
Eile doch nicht von der Stelle!"
75
Doch die Welle sagt dawider:
„Ich muß in die Lande nieder,
Weithin auf des Stromes Pfaden,
Mich im Meere jung zu baden;
Aber dann will ich vom Blauen
Wieder auf euch niedertauen."
3. Büchlein
Bächlein, wohin so munter?
Immer den Berg hinunter,
Immer ins Tal hinein!
Bin noch so jung und klein,
Möchte gern größer sein,
Möcht' gern auf Erden
Ein Fluh noch werden.
und Knäblein.
Knäblein, wohin so munter?
Immer die Treppe hinunter,
Immer zur Schule hinein!
Bin noch so jung und klein,
Möchte gern größer sein,
Möcht' gern auf Erden
Was Rechtes werden.
(Dr. Gärtner.)
4. Das Schifflein.
Ein Schifflein Hab' ich mir geschnitzt Sein Mastbaum ist ein Hölzchen nur,
Von leichtem Tannenholz, Das Segel von Papier.
Und wenn auch niemand drinnen sitzt, Ich zieh's an einer dünnen Schnur,
Fährt's doch dahin gar stolz. Es folget gerne mir.
Ich geh' im Wasser nebenher
Und bin dabei recht froh!
Was wollte ich denn nun noch mehr?
Hätt' es nur jeder so!
5. Die Brüder.
Einst fiel ein Knäblein in den Bach,
Weil unter ihm das Steglein brach.
Sein ält'ster Bruder rief und schrie
Und sank vor Schrecken auf die 5\nie.
Der andre eilte fort nach Haus
Und rief die Mutter gleich heraus.
Der jüngste sprang dem Bruder nach
Und zog ihn mutig aus dem Bach.
Nun denke nach und sag' mir an,
Wer wohl das Beste hat getan. (I. Staub.)
3. Die Fische.
I. Aufenthaltsort. Was zeige ich euch hier? Fisch. Wo habt
ihr schon lebendige Fische gesehen? — Wo kann der Fisch nur leben?
Wasser. Was geschieht mit ihm, wenn wir ihn längere Zeit aufs
Trockene legen? Stirbt. Die Menschen können nur kurze Zeit im
Wasser untertauchen. Was geschähe mit uns, wenn wir längere Zeit
unter dem Wasser bleiben müßten? — Wo können wir also nicht
leben? Wasser. Wo nur? Luft. Wo kann aber der Fisch nur
leben? — Sprecht: Der Fisch kann nur htt Wasser leben. Wo nicht?
II. Älchere Körperteile. Nennt die wichtigsten Teile, aus denen
er besteht! (Ich zeige sie euch.) Das ist der Kopf. Das ist der
Rumpf usw. Nenne alle Teile des Fisches in einem Satze!
— 76 —
Was siehst du am Kopfe des Fisches? Zwei Augen, ein Maul.
Wo befinden sich die Augen? An den Seiten des Kopfes. Du kannst
deine Augen schließen und öffnen. Tue es! Womit schließen wir
unsere Augen?—Die Fische haben keine Augenlider. Was können
sie deshalb auch nicht? — Tag und Nacht stehen sie offen. Warum
kann der Fisch seine Augen nicht schließen? Sprecht: Die Augen
der Fische haben keine Augenlider. Der Fisch muß mit offenen
Augen schlafen. Welches Tier auch? Hase.
Seht euch die Fische in diesem Glase an! Welche Bewegung
machen sie mit ihrem Munde fortwährend? Sie öffnen und schließen
ihren Mund (ihr Maul). Was läuft ihnen beim Öffnen immer ins
Maul? Wasser. Haben denn die Fische so großen Durst, daß sie fort
und fort Wasser trinken? — Hier, wo der Kopf aufhört, hat der
Fisch zwei harte Deckel, die er auf- und zumachen kann. Wenn er
die Deckel ausmacht, dann kommt das Wasser heraus, welches er oer-
schluckt hat. Unter den Deckeln liegen rote, bewegliche Fleischlappen;
diese heißen Kiemen. Durch die Kiemen atmet der Fisch die Luft ein,
die er nötig hat. Wodurch atmen die Fische? Sprecht: Die Fische
atmen durch Kiemen. > Wodurch atmen wir? Lunge.
Welche Teile fallen euch am Kopfe des Esels besonders auf?
Ohren. Wieviel Ohren hat der Fisch? Keine Ohren. So sieht's
allerdings aus; aber es ist nicht so. Ein Mann hatte in einem Teiche
eine Menge Fische, große und kleine. Wenn er sie füttern wollte, so
läutete er mit einer Glocke, die in der Nähe des Teiches aufgehängt
war. Gleich kamen die Fische an die Stelle des Teiches, wo ihnen
an jedem Tage das Futter gegeben wurde. — Wodurch rief der
Mann die Fische an den Fütterungsplatz? Glocke. Woher wußten
sie es aber, daß geläutet worden war? Sie hatten es gehört.
Was können also die Fische? Hören. Was müssen sie also auch
haben? Ohren. Wir können sie aber nicht sehen. Faßt an euer
Ohr! Wie heißt der Teil des Ohres, den ihr jetzt in der Hand
habt? Ohrmuschel. Dieser Teil fehlt den Fischen. Was fehlt den
Fischen? — Sprecht deshalb: Die Fische haben Ohren, aber keine
Ohrmuscheln. Welche Tiere haben auch keine Ohrmuscheln? Vögel.
Was können sie.aber doch?
Wir sprechen jetzt von diesem Teile des Fisches. Wie heißt
dieser Teil? Rumpf. .Wie heißt der obere Teil des Rumpfes?
Rücken. Und der .untere Teil? Bauch. Ich halte jetzt das Pennal
neben den Rumpf des Fisches. Wie ist das Pennal? Rund. Der
Rumpf des Fisches ist nicht rund; es sieht aus, als wäre er von
beiden Seiten zusammengedrückt. Wie sieht der Rumpf des Fisches aus?
Der Rumpf des Fisches sieht aus, als wäre er (von beiden Seiten)
zusammengedrückt.
Du warst, ehe Äu zur Schule kamst, zu Hause. Wie bist du
hierher gekommen? Gegangen. Was brauchst du zum Gehen? Mit
deinen Beinen kommst .du vorwärts, kannst du dich fortbewegen.
Was haben die .Pferde, um sich fortzubewegen? Beine. Die Vögel
— 77 —
haben außer den Beinen noch etwas anderes, womit sie sich fort-
bewegen können. Was.meine ich? Flügel. Womit können sich also
Tiere fortbewegen? Beine, Flügel. Was vermissen wir aber am
Rumpfe des Fisches? Und doch kann sich der Fisch fortbewegen,
nach allen Seiten, schnell und langsam. An mehreren Stellen des
Rumpfes sitzen nämlich Häute. Hier seht ihr sie. Diese Häute heißen
Flossen. Wieviel Flossen hat dieser Fisch? Zwei am Rücken, zwei
an der Brust, Zwei am Bauche, eine am Schwänze. Wie heißen die
Flossen ani Rücken? Rückenflossen. An der Brust? usw. — Mit den
Flossen bewegt sich ber Fisch fort. Wie nennen wir _ diese Be-
wegungen des Fisches? Schwimmen. Wozu dienen also die Flossen?
— Wodurch bewegt sich also der Fisch fort? Durch Schwimmen.
Was kann er über nicht? — Was hat er statt der Beine oder
Flügel? — Sprecht: Der Fisch hat keine Beine oder Flügel, sondern
Flossen.
Wo sitzt die größte Flosse? Am Schwänze. Wie heißt sie des-
halb? Schwanzflosse. Wieviel Spitzen hat sie? Mittels der Schwanz-
flösse kann sich ,der Fisch nach rechts und nach links bewegen, er kann
mit ihr steuern Wie der Schiffer mit dem Steuerruder, sie dient ihm
als Steuer. Wie heißt die Schwanzflosse deshalb auch noch? Sprecht:
Die Schwanzflosse heißt auch noch Steuerflosse. Warum? —
III. Bedeckung. Womit bedeckst du deinen Körper, um dich vor
der Kälte zu schützen (um nicht zu frieren)? Mit Kleidern. Womit
ist das Schaf bedeckt? Wolle. Was für ein Kleid hat also das
Schaf? Wollkleid. Was für ein Kleid hat der Vogel? Federkleid.
Womit ist aber der Fisch bedeckt? Schuppen. Was für ein Kleid
trägt also der Fisch? Sprecht: Der Fisch trägt ein Schuppen Neid.
Die Schuppen habt ihr gewiß schon gesehen, wenn ihr Hering gegessen
habt. Sie sind dünn und rundlich und liegen wie die Dachziegel
übereinander. Was für eine Farbe haben die Schuppen dieses
Fisches? — Was für Schuppen hat aber dieser Fisch? Rötliche
Schuppen. Sie glänzen wie Gold. Wie heißt deshalb dieser Fisch?
Sprecht: Der Goldfisch hat rötliche Schuppen.
IV. Eigenschaften. Wer hat schon einen Fisch in der Hand ge-
habt?! Im Walsser tann man ihn kaum festhalten. Weshalb nicht?
Sprecht: Die Fische sind glatt und schlüpfrig. Und woher kommt
das? Ihr Körper ist mit Schleim überzogen.
V. Innere Teile. Deine Mutter kauft oft einen Fisch. Was
macht ihr^ mit dem Fische? — Was eßt ihr aber nur vom Fische?
Fleisch. Im Fleische des Fisches sitzen viele kleine Knochen, sie sind
spitzig und heißen Gräten. Erfragen! — Sprecht: Im Fleische des
Fisches sitzen Gräten. Kleine Gräten bleiben beim unvorsichtigen
Essen öfters im Halse stecken. Kinder müssen deshalb beim Fischessen
recht vorsichtig sein.
Wenn der Fischer einen Fisch gefangen hat, dann schlachtet er
chn. Wer hat das schon gesehen? — Wie macht er das? — Was
— 78 —
fließt dann aus dem Körper des Fisches? Blut. Wie sieht das Blut
aus? Rot. Ja, es ist rot, aber ganz kalt. Wie ist das Blut der
Fische? — Sprecht: Die^ Fische haben rotes, kaltes Blut. Was
für Blut haben aber die Säugetiere? — Die Vögel? — Wir Men-
schert? — Wie fühlen sich deshalb auch die Säugetiere an? — Die
Vögel? — Wer hat schon einen lebenden Fisch in der Hand gehabt?
Wie fühlt er sich an? — Woher kommt das? — Sie frieren deshalb
auch im kältesten ^Eiswasser nicht. Welches Tier hat auch kaltes
Blut? —
VI. Nahrung. Was Müssen die Fische haben, damit sie nicht
verhungern? — Wer hat die Fische in der Oker schon gefüttert? —
Was hast du.ihnen ins Wasser geworfen? Brotkrümchen. Was taten
die Fische? — Was fressen sie also? — Was fressen die Fische auch
sehr gern? Würmer. .Oft kommen Fliegen und Mücken dem Wasser
recht nahe. Schnapps! .springt das Fischlein in die Höhe und fängt
die Fliege. Wer hat das schon gesehen? — Wenn es regnet, läuft
von den Feldern und Wiesen das Wasser in den Teich oder in den
Fluß. Da wird mancher Käfer und manche Fliege mit fortge-
schwemmt. Wer findet die Fliegen und Käfer im Wasser? — Was
tun sie? Was fressen also die Fische auch? •— Zusammenfassung:
Die Fische fressen Vrot, Würmer, Fliegen und Käfer. Winter
fressen die Fische nichts, sie stehen ruhig beisammen und warten auf
den Frühling. — Manche Fische haben im Munde scharfe Zähne
(z. B. der Hecht). Diese Fische fangen andere Fische und fressen sie.
Man nennt solche ,Fische Raubfische. Der Hecht ist ein Raubfisch.
Warum? — Es gibt sehr große Fische, die sogar Menschen fressen.
Das sind die bösen Haifische, die aber nicht im Bache oder Flusse
sondern im weiten, .tiefen Meere wohnen. Wo leben die bösen Hai-
fische? ■— Was fressen sie sogar? Menschen. — Der Hafisch ist auch
ein Raubfisch. Wer Fennt noch andere Fische? — Der Hering wohnt
auch im Meere.
VII. Fischfang. Wer fängt nun aber die Fische? Fischer. Wo-
mit fängt er .sie? Angel. Die Angel ist ein kleiner, eiserner Haken.
Woran ist der Haken befestigt? Schnur. Und woran ist die Schnur
festgemacht? ■— Stange, Stab. Was befestigt der Fischer an dem
Haken? Wurm. Nun hält der Fischer die Angel mit dem Wurm
ins Wasser. Wer .sieht den Wurm bald? Ein Fischlein. Es denkt:
„Ei, das ist ein recht schöner Braten, den will ich mir einmal gut
schmecken lassen!" Welchen .Teil der Angel sieht das Fischlein aber
nicht? Den Haken. Was tut es deshalb? — Was verschluckt es mit
dem Würmchen? — .Der spitze Haken aber fährt dem Fischlein tief in
das Fleisch. Was muß das Fischlein nun erleiden? — Wie gibt der
Hund seinen Schmerz zu erkennen? — Was hört man von der Katze,
wenn sie Schmerzen erdulden muß? — Wodurch äußert der^Vogel
seinen Schmerz? — Wodurch kann aber der Fisch seinen schmerz
nicht äußern? Der Fisch ist stumm. Sprecht das zusammen! —
— 79 —
Was tut das Fischchen an der Angel, weil ihm die Wunde im Halse
viele Schmerzen bereitet? Zappelt. Was tut der Fischer, wenn er
merkt, daß ein Fischlein an seiner Angel zappelt? — Das mit der
Angel gefangene Fischlein wird vom Fischer sogleich getötet, damit es
nicht weiter Schmerzen erleidet. Womit fängt der Fischer die Fische?
Sprecht: Der Fischer fängt die Fische mit der Angel. Aber nicht
immer; viel häufiger -werden sie mit einem Netze gefangen. (Fisch-
netz.) Wer hat schon ein Fischnetz gesehen? — Woraus ist es ge-
macht? Bindfaden. Die Netze werden am Abend in das Wasser
gestellt. Die Fische kommen und schwimmen hinein. Wenn sie aber
darin sind, können sie nicht wieder heraus. Am andern Morgen zieht
der Fischer das Netz in die Höhe und nimmt die gefangenen Fische
heraus. Womit werden bie Fische also auch noch gefangen? Sprecht:
Die Fische werden auch mit dem Netze gefangen. Die im Netze
gefangenen Fische werden nicht sogleich getötet. Worin bewahrt er sie
auf? Fischkasten. Wo befindet er sich? — Der Fischkasten ist auf
allen Seiten mit Löchern versehen. Wozu dienen diese? Nun bleiben
die gefangenen Fische im tasten lebendig.
VIII. Nutzen. Was macht nun der Fischer mit den vielen ge-
fangenen Fischen? Verkauft sie. Hat deine Mutter auch schon Fische
gekauft? — Was macht sie zuerst damit? — Dann? — Sprecht: Die
Fische werden gekocht oder gebraten. Welche Fische werden ge-
kocht? — Gebraten? >— Sie sind nun eine angenehme Speise. Welche
Fische eßt ihr am häufigsten? Heringe. Die Heringe werden nicht
gekocht oder gebraten. Was hat man mit ihnen getan? Eingesalzen.
Manchmal werden sie auch geräuchert. Wie nennt man geräucherte
Heringe? Bücklinge. Sprecht: Die Heringe essen wir gesalzen oder
geräuchert. Was eßt ihr zu den Heringen? — Was zu den Bück-
lingen? — Die Fische sind nützliche Tiere.
Zugaben:
I. Fisch erleben.
Einer: Fischer, dem ist wohl zu Mut
Auf dem Fluß und auf dem Lande,
Ob er schifft auf klarer Flut,
Ob er steht in Schlamm und Sande.
Macht ihn auch das Wasser naß,
Macht die Luft ihn wieder trocken;
Lockt's ihn auf die Wasserstraß',
Weiß er dorten auch zu locken;
Was wohl?
Alle: Hasen im Büschlein?
Einer: Nicht doch!
Alle: Schnecken im Müschlein?
Einer: Nicht doch!
Alle: Silberne Fischlein?
Einer: Ei wohl! (H. Dittmar.)
80 —
2. Die Geschichte vom Daumenlang.
Es war einmal vor langer Zeit
Ein Mann, berühmt wohl weit und breit,
Den alle, die ihn kannten,
„Herr Daumenlang" nur nannten.
Sein Kopf war wie ein Kirschenkern,
Sein Leib war wie ein Mandelkern,
Am Stäubchen Mehl atz er sich voll,
Ein Tröpfchen Wein macht ihn schon toll.
Von 'diesem kleinen Herrlein
Ergähl' ich nun ein Meutern.
Einmal trinkt's Männlein wieder Wein
Da wird es froh; da fällt ihm ein,
Ins Freie zu spazieren
Und dort sich zu lustieren.
Wie es nun wandelt seinen Weg,
Da kommt es an den schmalen Steg
Und tut — wer wagt desgleichen! —
Auf das Geländer steigen.
Doch "da geht's bald dem Männlein
schlecht
Und das geschieht ihm wirklich recht;
Es taumelt, fällt hinunter
Und das war wohl kein Wunder.
Ein Bach fließt unterm Stege hin,
Das Männlein liegt und zappelt drin;
Doch ach! es kann nicht schwimmen,
Kann's Ufer nicht erklimmen:
Sein NöKlein ist schon wacker nah,
Sein rotes Köpfchen wird schon blaß,
Sein Herz schlägt schon beklommen:
Da kommt ein Hecht geschwommen
Und schnappt — ein Hecht, der spaßt
nicht viel —
Den "kleinen Mann mit Stumpf und
Stiel
Auf einen Schluck hinunter
Und schnalzt dabei ganz munter.
Am Bächlein stellt schon manchen Tag
Dem Hecht ein schlauer Fischer nach
Und kann ihn nicht bekommen,
Weil er gar schnell geschwommen.
Doch nun macht ihn das Männlein schwer;
Er schwimmt ganz einfach hin und her;
Kaum kann er sich mehr drehen,
So tut der Fraß ihn blähen.
Der Fischer schleichet her ganz sacht
Und früher, als er selbst gedacht,
Hat er in seinem Hamen
Schon Hecht und Mann beisammen.
Der Fischer geht zum Markte hin
Und denkt dabei in seinem Sinn:
„Den Hecht verkauf' ich teuer;
Es gibt nicht viele heuer."
Und wie er denkt, so ist's geschehn.
Er darf kaum fünf Minuten stehn,
So kommt die Magd gelaufen,
Um Fische einzukaufen.
Der Fischer nimmt den Hecht heraus,
Die Köchin zahlt zehn Batzen aus
Und trägt den Kauf nach Hause
Zum guten Festtagsschmause.
Die Köchin holt bald aus dem Topf
Den Hecht und schlägt ihn auf den
Kopf
Mit einem großen Hammer;
Das war dem Hecht ein Jammer.
Nun wetzet sie das Messer auch,
Und wie sie schneidet in den Bauch,
Da hüpft beim ersten Schnitte
Das Männlein aus der Mitte.
Die Magd hat keinen kleinen Schreck;
Sie läßt vor Angst aus seinem Fleck
Hecht, Messer, Topf und Hammer
Und läuft in ihre Kammer.
An Arm und Beinen zittert noch
Die Magd und guckt 'durch's Schlüsselloch
Und will dadurch nur sehen,
Was weiter wird geschehen.
Allein das Märchen ist nun aus.
Der Daumenlang ist ja heraus;
Er macht sich auf die Beine,
Trinkt nimmer viel vom Weine;
Und ist er nicht gestorben doch,
So lebt er sicher heute noch.
(Wich.)
3. Die drei Goldfischchen.
Ein guter Mann hatte einst drei Eoldfischlein, die niedlichsten kleinen
Fische von der Welt. Er hatte sie in einen klaren Teich gesetzt und hatte großes
Wohlgefallen an ihnen. Oft setzte er sich am Ufer hin und brockte Semmel-
krumen ins Wasser, und da kamen denn die niedlichen Fischchen und ließen sich's'
wohlschmecken. Dann rief er ihnen beständig zu: „Fischchen, Fischchen, nehmt
euch ja in acht vor zweierlei, wenn ihr immer so glücklich leben wollt, wie ihr
jetzt lebt! Gehet nie durchs Eitt'er in den großen Teich, der neben diesem kleinen
ist, und schwimmt nicht oben auf dem Wasser, wenn ich nicht bei euch bin."
Aber die Fischchen verstanden ihn nicht. Da dachte der gute Mann:
„Ich will's ihnen wohl verständlich machen," und stellte sich neben das Gitter.
81
Wenn dann eins von ihnen kam und durchschwimmen wollte, so plätscherte er
mit einem Stöckchen im Wasser, daß das Fischchen davor erschrak und zurück-
schwamm. Ebeu das tat er auch, wenn eins von ihnen oben aufs Wasser
kam, damit es wieder hinunter auf den Grund ginge. „Nun," dachte er,
„werden sie mich wohl verstanden haben," und ging nach Hause. Da kamen
die drei niedlichen Eoldfischchen zusammen, schüttelten die Köpfchen und konnten
nicht begreifen, warum der gute Mann nicht haben wollte, daß sie oben auf dem
Wasser schwimmen sollten. „Geht er doch selbst da oben," sagte das eine,
„warum sollten wir nicht auch ein wenig höher kommen dürfen?" — „Und
warum sollten wir eingesperrt sein?" fragte das zweite. „Warum kann es uns
schaden, wenn wir zuweilen in den großen Teich gehen?" — „Er ist gewiß ein
harter Mann," sagte das erste wieder, „der uns nicht lieb hat und nicht gern
will, daß wir uns freuen sollen." — „Ich werde mich nicht an ihn kehren,"
setzte das zweite hinzu. „Ich will sogleich eine kleine Lustreise in den großen
Teich vornehmen." — „Und ich," rief das erste wieder, „will unterdes ein
wenig oben auf dem Wasser in der Sonne spielen."
Das dritte Goldfischchen allein war klug genug, zu denken: „Der gute
Mann muß doch wohl seine Ursachen haben, warum er uns das verboten hat.
Daß er uns liebt und uns gern Freude gönnt, ist gewiß. Warum käme er
sonst so oft und gäbe uns Semmelkrümchen und freute sich so, wenn wir sie
aufessen? Nein, er ist gewiß nicht hart, und ich will tun, was er haben will,
ungeachtet ich nicht weiß, warum er es so will." Das gute Fischchen blieb also
auf dem Grunde.
Die andern aber taten, was sie gesagt hatten. Das eine schwamm durchs
Gitter in den großen Teich, und das andere spielte oben auf dem Wasser im
Sonnenschein, und beide lachten ihren Bruder aus, daß er es nicht ebensogut
haben wollte.
Aber was geschah? — Das erste war kaum in dem großen Teiche ange-
kommen, so sprang ein Hecht herbei und verschlang es. Das andere, das sich
auf der Oberfläche des Wassers belustigte, bemerkte ein Raubvogel, schoß auf
dasselbe herab, sing es und fraß es auf. Nur das kluge und folgsame Gold-
fischchen blieb allein übrig.
Der gute Mann freute sich über seine Folgsamkeit und brachte ihm alle
Tage 'das beste Futter. So 'lebte es immer recht vernügt und erreichte ein
hohes Alter. (Campe.)
Malendes Zeichnen:
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band.
6
— 82
4. Fischlein.
(Bild von Kehr-Pfeifer.)
I. Das Bild im allgemeinen. Heute habe ich euch wieder ein
schönes Bild mitgebracht. Seht es euch an! Was zeige ich euch hier?
Kirche. Woran erkennst .du, daß dieses Haus eine Kirche ist? —
Was siehst du hier? Haus. Zeige noch ein paar Häuser! — Was
machen die Häuser mit dem Kirchlein zusammen aus? Dorf. Wo-
ran siehst du, daß auf diesem Bilde ein Dorf abgemalt ist? — Wir
sehen aber nicht das ganze Dorf, sondern nur einen Teil desselben.
Was ist auf .diesem Bilde abgemalt? Auf welcher Seite unseres
Bildes werden wohl die übrigen Häuser stehen? —
Wir betrachten zuerst .die rechte Seite unseres Bildes. Was
steht auf diesem Hügel? Mühle. Wie heißen diese langen Arme
der Mühle? Flügel. Wieviel Flügel hat die Mühle? Vier. Die
Flügel drehen sich auch. Wann denn? — Wann nicht? — Wodurch
wird also diese Mühle in Bewegung gesetzt? Wind. Was für eine
«Mühle ist es deshalb? Windmühle. Sprecht: Auf der rechten
Seite des Bildes sehen wir eine Windmühle.
Was steht hier links von der Windmühle? Haus. Was seht
ihr neben dem Hause? Bach. Was ist hier an der Seite des
Hauses angebracht? Rad. Das Rad hat Schaufeln. Zeige die
Schaufeln! — Die Schaufeln tauchen ins Wasser. Das Wasser fließt
gegen die Schaufeln. Was tut das Rad, wenn das Wasser gegen
die Schaufeln fließt? Dreht sich. Wodurch wird dieses Rad in Be-
wegung gesetzt? Wasser. Die Achse dieses Rades dreht ein paar
große Steine, die in diesem Hause übereinander liegen und Getreide
mahlen sollen. Was tun die beiden Steine, die dieses Rad in Be-
wegung setzt? Mahlen Getreide. Wie nennen wir ein Haus, in dem
Getreide gemahlen wird? Mühle. Was für ein Haus liegt also an
diesem Bache? Mühle. Wodurch wird diese Mühle getrieben?
Wasser. Was für eine Mühle ist es deshalb? ■— Sprecht: An
diesem Bache liegt eine Wassermühle.
Wie nennen wir den Mann, der das Korn mahlt? Müller. Der
Müller wohnt in diesem Hause neben der Mühle. Dies ist das Wohn-
haus des Müllers. Was habe ich eben gezeigt? Sprecht: Neben
der Wassermühle steht das Wohnhaus des Müllers.
— 83 —
Wir betrachten jetzt die linke Seite unseres Bildes. Wie kommen
wir über diesen Bach? Brücke. Zeige die Brücke! Woraus ist die
Brücke gebaut? Stein. .Was für eine Brücke ist es deshalb? Was
für eine Brücke führt über diesen Bach? Sprecht: Über diesen Vach
führt eine steinerne Brücke. Was für Brücken gibt es noch? —
Wo? —
Welches große Gebäude schaut hinter diesen Bäumen hervor?
Kirche. Wann versammeln sich die Leute in der Kirche? Wen
loben und preisen sie darin? — Wer predigt? — Was tut man noch
in der Kirche? >— Was ist am höchsten an der Kirche? — Was be-
findet sich am Turme? Welche Teile der Uhr sehen wir? — Was
gibt sie uns .an? — Welche Zeit gibt sie jetzt an? Erzähle, was
wir von der Kirche gesagt haben!
Die Ahr zeigt also 6V2 Uhr. Um diese Zeit wird es (im Herbste)
schon dunkel, der Abend kommt. Das könnt ihr auch auf unserem
Bilde sehen. Welche Farbe hat der Himmel? Rot-gelb. Zu welcher
Zeit färbt sich .der Himmel rot-gelb. Des Abends. Welche Tages-
zeit ist also auf unserem Bilde? — Deshalb können die Leute auf
dem Felde und .im Walde nicht mehr arbeiten. Weshalb nicht? —
Was tun sie .deshalb? — Wir sehen auf unserem Bilde mehrere
Leute, welche vom Felde und aus dem Walde heimkehren. Diesen
Mann kennt ihr alle. Was ist dieser Mann? Hirt. Welche Tiere
hütet er? Kühe. >— Kuhhirt. Wie ist der Kuhhirt gekleidet? —
Was hat er m der rechten Hand? Stab, Hirtenstab. Wozu dient
der Hirtenstab? — Was hat der Kuhhirt in der linken Hand?
Pfeife. Ja, er raucht aus einer kurzen Pfeife. Was hat er sich über
den Rücken gebunden? Peitsche. — Er hat sie aber selten nötig,
weil seine Tiere gut gezogen sind und ihm aufs Wort gehorchen.
Seht nur, wie behaglich sie neben- und hintereinander ins Dorf
marschieren! Wer sitzt hinter dem Kuhhirten? Hund. Gib ihm einen
Namen! — Karo hält den Tag über die Herde zusammen usw. Wo,
sind die Kühe >den ganzen Tag gewesen? Wiese. Was haben sie
auf der Wiese gemacht? Warum treibt sie der Hirt jetzt ins Dorf?
— Hier an diesem Garten bleibt der Hirt .gewöhnlich stehen und
läßt die ganze Herde an sich vorüberziehen. Wir können uns schon
denken, warum er «das tut. Weshalb wohl? Er will sich genau
überzeugen, daß ja feine Kuh fehlt. Wem gehören denn diese
Kühe? — Wem nicht? — Die Bauern wissen, wann der Hirt mit
den Kühen kommt, öffnen frühzeitig das Tor vor dem Hofe, und die
Kühe kennen ihren Stall und laufen in denselben hinein. Selten kommt
es vor, daß eine Kuh sich verläuft. Hier in diesem Eärtchen steht
eine junge Frau und hat ihr Bübchen auf dem Arme. Was will
sie dem Bübchen Zeigen? — Eine braune Kuh bleibt vor dem Gärt-
chen stehen, sie meint wahrscheinlich, der kleine Bursche wolle ihr
einen ganz absonderlichen Leckerbissen reichen. Rückblick! —
Welcher Mann nähert sich von der rechten Seite der Brücke?
Förster. Woran erkennst du den Förster? Grüne Kleidung, Gewehr,
6*
— 84 —
Jagdhund. Wo ist der Förster gewesen? Walde. Was hat er im
Walde gemacht? — Wohin geht er jetzt? Nach Hause. Weshalb? —
Erzähle, was wir vom Förster gesagt haben!
Welcher Mann grüßt den Förster? — Wo sitzt der Bauer? —
Welches Gerät ziehen die Pferde? Pflug. Wo sind sie gewesen?
Was haben sie auf dem 'Felde gemacht? — Warum kehrt der Bauer
jetzt heim? — Erzähle, was wir von diesem Bauer und seinen Pfer-
den gesagt haben! ;•—
Hier auf dieser Brücke sehen wir eine Bauernfrau. Wo ist sie
gewesen? Felde. Was hat sie im Felde gemacht? Gras gemäht.
Auf welchem Gefährt bringt die Frau das Gras heim? — Wer ist
ihr dabei behilflich? Ihr Knabe. Was tut der Knabe? Hilst
ziehen. So macht's das hemdärmelige Bürschlein recht: gute Kinder
erweisen sich den Eltern für all das empfangene Gute besonders da-
durch dankbar, daß sie ihnen helfen und Freude zu bereiten suchen,
wo sie nur können.
Was trägt die Frau, die vor den beiden schreitet, auf dem
Kopfe? Gras. In dieser blauen Schürze hat sie wahrscheinlich ein
Gericht wohlschmeckender Kartoffeln. Wer hat hinten an das Kleid
der Frau gefaßt? Ihr Bübchen. Es ist zu klein, um schon Helsen
zu können, aber es wollte die Mutter wenigstens begleiten.
Welche Zeit gibt die Turmuhr an? — Welche Tageszeit ist «also
schon gekommen? — Was tun nun die Leute, welche fort Felde und
im Walde arbeiten?— Welche Leute seht ihr hier auf diesem Bilde
heimkehren? Sie alle haben vom frühen Morgen an rastlos ge-
arbeitet und sind deshalb müde geworden. Was wollen sie nun zu
Hause tun? — Nur einer kehrt nicht heim, ein Knabe. Zeige den
Knaben! — Er hat sich ins grüne Gras gelegt, und die Strahlen
der untergehenden Sonne übergießen ihn mit rot-gelbem Lichte. Seht
euch den kräftigen, kraushaarigen Knaben an! Was für eine Hose
trägt er? Blaue Hose. Wie sieht seine Jacke aus? — Sein Haar?
— Womit beschäftigt sich dieser Knabe? — Richtig, er angelt nach
Fischen, welche zu vielen Hunderten da unten im klaren Wasser
schwimmen. Was steht hinter dem Knaben im Grase? Gelte. Was
will er in die Gelte tun? — Was liegt neben der Gelte? Hut mit
Hahnenfeder. Weshalb mag er den Hut hier ins Gras gelegt
haben? —
Mit welchem Gerät will dieser Knabe Fische fangen? Angel.
Zeige die Angel des Knaben! — Welchen Teil der Angel hat der
Knabe in der Hand? Stock, Stange. Was ist am Ende der Stange
befestigt? Schnur. Zeigen? — Was hängt unten an der Schnur?
Spitzer Haken. Auf die Schnur wird auch ein durchbohrter Kork-
stöpsel gezogen. Wenn die Schnur ins Masser gehalten wird, schwimmt
der Korkstöpsel auf der Oberfläche. Wo seht ihr den Kork auf
unserem Bilde? — Der Kork muß so geschoben werden, daß der
Haken nicht auf den Grund sinkt, sondern etwas über dem Grunde
schwebt, damit ihn die Fischlein leicht sehen können. Was steckt der
— 85 —
Knabe an den Haken, wenn er angeln will? Wurm. Wohin legt
er die Schnur mit dem Würmchen am Haken? Worauf wartet er?
— Was soll das Fischchen tun, wenn es den fetten Bissen sieht? —
Welchen Teil der Angel kann das Fischlein nicht bemerken? Was
tut es deshalb? — Was verschluckt das Fischchen mit dem Würm-
chen? Der spitze Haken aber fährt dem Fischchen tief ins Fleisch.
Was tut das Fischchen an der Angel, weil ihm die Wunde im Halse
viel Schmerzen bereitet? — Was tut der Knabe, wenn er merkt,
daß ein Fischlein an seiner Angel zappelt? ■— Der abscheuliche
Haken sitzt so fest im Halse des armen, hilftosen Tierchens, daß der
Knabe ihm bei dem Versuche, den Haken wieder los zu bekommen,
förmlich den Hals aufreißt. Das Fischlein blutet, ist vor Schrecken
und Schmerz halbtot, — Der Knabe aber achtet nicht darauf, son-
dern wirft es gleichgültig in sein Gefäß und steckt statt des abge-
bissenen einen anderen unglücklichen Wurm an seine Angel. So
treibt er's fort, bis die Nacht sinkt und die Fischlein schlafen ge-
gangen sind. Jetzt eilt er freudestrahlend mit feiner Beute, zehn
kleinen, meist schon toten Fischen, nach Hause, um sie in der Pfanne
backen >zu lassen. (Der Lehrer hebe in dieser Unterredung noch ganz
besonders hervor, daß das Angeln eine abscheuliche Quälerei und
Grausamkeit j[t.)
II. Das Bild in Beziehung zur Fabel. Wohin blickt unser
Knabe fortwährend? — Er hat nur Augen für das, was mit seiner
Angel vorgeht. Da sieht er plötzlich, wie ein Fischlein ganz in die
Nähe seiner Angel schwimmt. Zeige das Fischlein! — Ein Mann,
der eben vorübergeht, sieht, wie das Fischlein auf die gefährliche
Angel des Knaben zuschwimmt und danach schnappt. Das Fischlein
tut ihm leid; er hebt den Finger in die Höhe und warnt es. Wie
wird der gute Mann zu d^m Fischlein sprechen? Fischlein, schnappe
ja nicht nach der Angel! Lernt:
,^Fischlein, Fischlein, du armer Wicht,
Schnappe nur ja nach der Angel nicht!"
(Das Fischlein war nur ein kleines Tier, darum nennt er es
einen Wicht. Warum nennt er es armer Wicht?)
Wohin geht die gefährliche Angel dem Fischlein ganz schnell,
wenn es zuschnappt? ••— And was tut sie im Halse des Fischleins?
Sie reißt das Fischlein blutig. Was fühlt dieses davon? Pein oder
große Schmerzen. Lernt:
„Geht dir so schnell zum Hals hinein,
Reißt dich blutig und macht dir Pein."
Aus wen wird der Mann zeigen? Knaben. Wie wird er das
Fischlein fragen? Siehst du den Knaben nicht? Wozu wird er das
Fischlein noch einwal dringend auffordern? Fischlein, schwimme schnell
fort! Sprecht:
„Siehst du nicht sitzen den Knaben dort?
Fischlein, geschwinde schwimme fort!"
— 86 —
Das Fischlein gehorcht nicht. Warum wohl? Es hat Hunger.
Es glaubt dem guten Manne nicht und will es besser wissen. Wo-
nach sah es nur? Nach dem Würmchen, dem fetten Bissen. Sprecht:
„Fischlein mocht es wohl besser wissen,
Sah nur nach dem fetten Bissen."
Was meinte oder dachte es von dem Knaben mit seiner Schnur?
Er wollte nur iln Wasser spielen und säße nur zu seinem Vergnügen,
zum Spaße da. Sprecht:
„Meinte, der Knabe mit seiner Schnur
Wäre hier so zum Scherze nur."
Was tat das Fischlein, u!m den fetten Bissen zu bekommen?
Schwamm herbei. Und dann? Es schnappte zu. Und wie geht es
da dem armen Dinge? Es fängt sich. Nun suchte es von der Angel
wieder losjzubekommen; was tat es? Zappelt. Wie mag es das wohl
gemacht haben? — Sprecht:
„Da schwamm es herbei, da schnappt' es zu,
Nun zappelst du, armes Fischlein, du."
III. Verwertung. Als das Fischlein nach der Angel schwamm,
warnte es der Mann am Ufer. Weshalb tat er das? Es dauerte
ihn, er hatte Mitleid mit dem Fischlein, war mitleidig. Was tut
die Angel, wenn sie in den Hals des Fischleins hineinkommt?
Reißt ihn blutig. Was muß das Fischlein dadurch leiden? Schmer-
zen. Wir fühlen es alle, wie weh es dem armen Fischlein tut.
Wer allein fühlt diesen Schmerz nicht mit? Knabe. Wie ist des-
halb der Knabe? Gefühllos, hartherzig, roh. Warum folgte das
Fischlein lieber dem Knaben? Hält ihm Leckerbissen hin. Es hatte
Lust, ihn zu fressen, — es war lüstern, naschhaft. Wie nennen wir
es, weil es nicht auf die Warnung des Mannes hörte? Ungehorsam.
Was geschah dem Fischlein, weil es ungehorsam war? — Was
sehen wir daraus? Wer ungehorsam ist, wird bestraft. Dies wollen
wir uns in einem Sprüchlein merken: „Wer nicht hören will, muß
fühlen." Warum kann man das von dem Fischlein sagen? Wollte
nicht hören, mußte fühlen, wie weh die Angel tat. Welche bibli-
schen Geschichten zeigen uns, daß der Ungehorsame bestraft wird?
— Wie wird der Gehorsame in der Schule belohnt? — Wie zu
Hause? — Wieso ist der Knabe, der angelt, ein Tierquäler? Wir
nehmen uns deshalb auch vor, niemals zu angeln, weil es grausam
und gefährlich ist. Fische fangen mögen verständige Männer, da
diese Tiere nun einmal vom lieben Gott uns mit zur Nahrung an-
gewiesen sind, dann aber nicht mit Angeln, sondern mit Netzen,
worin sie nicht unnütz gequält werden.
Zugaben:
1. Das Fischlein.
Das Fischlein wohnte im klaren Bach
Und hätte können zufrieden sein,
87 —
Da ihm an Nahrung es nicht gebrach;
Doch war ihm das Bächlein bald zu klein,
Das Futter zu schlecht
Und alles nicht recht.
Dünn zog es fort in den großen Teich,
Wollt' werden ein feiner, vornehmer Fisch,
Wollt leben dem reichen Fischkönig gleich
Und Hausen und schmausen verschwenderisch;
Genügsam zu sein,
Das fiel ihm nicht ein.
Ein fettes Mücklein schwamm daher;
Das Fischlein schnappt' es gierig auf.
Doch ach, wie zappelt's nun so sehr!
Schnell zog der Fischer die Angel herauf.
Es half da kein Flehn!
Es war jetzt geschehn.
2. Das treue Fischlein.
(Enslin.)
Saß ein Fischer an dem Bach,
Wollte Fischlein fangen;
Doch es blieb den ganzen Tag
Leer die Angel hangen.
Endlich zuckt' es, und er sah
Fischlein zappelnd schweben;
Goldenrötlich hing es da,
Fleht' ihn um sein Leben.
„Lieber Fischer, laß mich los!"
Sprach's mit glatten Worten;
„Laß mich in der Wellen Schoß,
Bis ich groß geworden!"
„Fischlein, das kann nicht gescheh'n,
Hier hilft kein Beklagen;
Ließ' ich dich jetzt wieder geh'n,
Möcht' zu viel ich wagen."
„Denke doch, wie klein ich bin,
Hast ja kaum drei Bissen;
Laß mich in die Flut dahin,
Wirst mich nicht vermissen!" —
„Weil du gar so niedlich bist,
Und so jung am Leben,
Sei dir eine kleine Frist
Noch von mir gegeben.
Wirst du aber größer sein,
Denk' an deine Worte,
Stelle dich zum Fange ein
Hier an diesem Orte!" —
Fröhlich sprang das Fischlein hin
In die Wellenkühle,
Trieb mit heiterm, frohem Sinn
Seine lust'gen Spiele.
Als ein Jahr vorüber war,
Dacht' es seiner Worte,
Stellte sich dem Fischer dar
An dem alten Orte.
Doch der sprach: „Weil du so treu
An dem Wort gehangen,
Lass' ich dich auf immer frei,
Will dich niemals fangen."
(ft. W. Ramler.)
3. Das treue Fischlein.
In einem silberhellen Bache lebte ein junges Fischlein, so schön als man
nur eines ^ sehen konnte. Seine Schuppen glänzten wie Gold im Sonnenscheins
und es spielte so lustig im Wasser, wie der Vogel in der Luft. Aber der Fischer
hatte sich eine Angel gemacht und ein Würmchen daran gesteckt und hielt sie
ganz ruhig in das Wasser, daß ihn die Fische nicht merkten. Dia kam >unser,
Eoldfischchen geschwommen, und weil es Hunger hatte und nichts Schlimmes
ahnte, schnappte es nach dem Würmchen, und sieh, es war gefangen. Schnell
zog es der Fischer an das Land und wollte es in seine Tasche stecken. Aber das
schöne Fischlein bat ihn gar beweglich: „^Lieber Fischer, laß mich doch leben,
ich bin ja noch so jung und möchte noch so gern im Wasser spielen! Jetzt hast
du ja auch nicht einen Nutzen von mir; wenn ich größer bin, dann kannst du
— 88 —
mich wieder fangen und schlachten." Der Fischer hatte Mitleid mit dem jungen,
schönen Tierchen und sagte: „Nun, wenn ich mich auf dein Wort verlassen
kann, daß du zu rechter Zeit wieder hierher kommst, so will ich dich noch aus]
ein Jahr frei lassen. Aber denke daran und halte dein Wort!" Das Fischlein
versprach es und war bald wieder im Wasser. Hier schwamm es wie!der wie
früher, fröhlich auf und ab, spielte und ward immer größer. Als aber die
zwölf Monate des Jahres um waren, da erinnerte es sich seines Versprechens,
und ob es gleich hätte in eine andere Gegend fliehen können, so wollte es
doch lieber sterben, als sein Wort brechen. Und an dem bestimmten Tage war
es wieder an dem Platze, wo der Fischer angelte, und sprach: „Hier bin ich.
Fischer! Du hast' mir vor einem Jahre das Leben geschenkt, jetzt ist die Zeit
um, mache nun mit mir, was du willst." Der Fischer erstaunte, daß ein Fisch
so treu sein könnte, und sprach: „Eoldfjschchen, du hast treu und brav Wort"
gehalten. Gott bewahre mich, daß ich dich umbringe. Schwimme du wieider
hin, wohin du willst, solche Fische fange ich nicht; es gibt unter euch genug
untreue, die ich fangen kann." (Curtman.),
5. Der Frosch.
I. Name. Ihr alle kennt die munteren Tiere, die in den
warmen Frühlings- und Sommernächten an Gräben und Teichen ohne
Aufhören ihr einförmiges Konzert hören lassen. Welche sind es?
Frösche. Hier zeige ich euch einen solchen Musikanten. Ich habe
ihn gestern in einew Wassergraben gefangen. Wo wohnt er also?
— Wo noch? Ja, er hält sich fast imwer in Teichen oder Sümpfen
(also im Wasser) auf; deshalb heißt er Wasserfrosch, und weil er ein
grünes Röcklein an hat, wird er auch noch grüner Wasserfrosch ge-
nannt. Was für ein Tier zeige ich euch hier? Sprecht: Sie zeigen
uns den grünen Wasserfrosch. Warum heißt er Wasserfrosch?^
Warum grüner Wasserfrosch? —
II. Aufenthaltsort. Wo sitzt er jetzt? Auch im Wasser. Wo
muß er also auch leben können? Im Wasser. Was würde mit
dir geschehen, wenn du solange im tiefen Wasser sitzen solltest? Er-
trinken. Die Frösche bleiben aber nicht immer im Wasser. Wohin
hüpfen sie sehr oft? Ans Land. Wo können sie also auch leben?
— Zusammenfassung: Die Frösche können im Wasser und auf dem
Lande leben. Wo kann der Fisch nur leben? — Der Sperling?
— Die Katze? — (Weil nun der Frosch sowohl im Wasser als auch
auf dem Lande leben kann, nennt man ihn ein ,,Wasserlandtier" oder
auch ein ,,beidlebiges Tier". Was will man durch „Wasserlandtier"
oder durch ,,beidlebiges Tier" ausdrücken? — Die Wasserlandtiere
oder beidlebigen Tiere nennt man mit einem fremden Worte Amphi-
bien. Was ist also der Frosch? Sprecht: Der Frosch ist eine
Amphibie. Der Frosch gehört zu den Amphibien. Wie heißt die
Einzahl? — Wie die Mehrzahl? —)
III. Bedeckung und Farbe. Womit ist der Hund bedeckt? ■—
Womit der Sperling? — Der Frosch hat keine Haare und keine
Federn. Womit ist er nur bedeckt? Sprecht: Der Frosch ist nur
mit einer nackten Haut bedeckt.
— 89 —
Welche Farbe hat die Haut? Grüne Farbe. Das Äleib des
Frosches sieht aus tote das Schilf, in dem er lebt. Das Meid ist
aber nicht ganz grün. Was für Streifen seht ihr auf dem Rücken?
Gelbe Streifen. Wieviel? Drei. Mit was für Flecken ist es be-
setzt? Mit schwarzen. Wie sieht er unter dem Bauche aus? Weiß
oder gelblich. Beschreibe das Kleid des Wasserfrosches nach seiner Farbe!
IV. Körperteile. Nennt die Hauptteile, aus denen der Wasser-
frosch besteht! Kopf, Rumpf, Gliedmatzen. Er hat zwei Körper-
teile weniger als der Hund oder der Sperling. Welche fehlen ihm?
Hals und Schwanz.
Seht euch zuerst den Kopf an! Welche Teile bemerkt ihr am
Kopfe. — Wie ist das Maul des Frosches? Sprecht: Das Maul
des Frosches ist groß und breit. Deshalb kann er es auch weit auf-
klappen. Der Wasserfrosch hat in seinem Maule (im Oberkiefer und
am Gaumen) kleine Zähne. Diese dienen aber nicht zum Kauen,
sondern zum Festhalten der Nahrung. Was hat der Frosch im
Maule? — Wo sitzen sie aber nur? — Wozu dienen sie? — Wozu
nicht? Sprecht: Die Zähne des Wassersrosches dienen nicht zum
Kauen, sondern zum Festhalten der Nahrung.
Was seht ihr noch im Maule des Frosches? Zunge. Wo
ist unsere Zunge festgewachsen? — Wo auch bei den meisten Tieren?
— Bei dem Frosche ist es umgekehrt. Wo ist also die Zunge des
Frosches festgewachsen? Vorn. Welches Ende ist frei? Hinterende.
Der Frosch kann deshalb seine Zunge wie die Klinge eines Taschen-
messers herausklappen. Wiederhole! Sprecht: Die Zunge des
Frosches ist vorn angewachsen und kann herausgeklappt werden.
Seht euch die Augen an! Wo stehen sie? An den Seiten. Wie
sind sie nach ihrer Größe? Groß. Unsere Augen liegen in einer
Höhle, der Augenhöhle. Was können wir von den Augen des
Frosches nicht sagen? — Was tun sie vielmehr? Sprecht: Die
großen Augen des Wassersrosches treten weit aus dem Kopfe hervor.
Wieviel Beine hat der Frosch? Vier. Welche sind am längsten?
— Deshalb will ihm auch das Gehen nicht gelingen. Wodurch be-
wegt er sich auf dem Lande fort? — Welche Tiere haben auch lange
Hinterbeine und kurze Vorderbeine? Hase, Eichhörnchen. Was müssen
sie deshalb auch tun? — Sprecht: Der Frosch bewegt sich auf
dem Lande durch Hüpfen fort. Das wird ihm aber recht sauer, und
wenn er zwei oder drei Sprünge gemacht hat, dann muß er sich
schon ausruhen („verpusten"). ■— Was bemerkt ihr zwischen den
Zehen der Hinterfüße? — Wie heißen diese Häute? Schwimmhäute.
Bei welchen Vögeln haben wir schon Schwimmhäute kennen gelernt?
Gans, Ente. Weshalb heißen diese Häute Schwimmhäute? •—
Wenn der Frosch schwimmen will, dann breitet er die Schwimm-
häute auseinander, stößt mit den Hinterbeinen gegen das Wasser
und rudert leicht fort. Wodurch bewegt sich der Frosch im Wasser
fort? Sprecht: Der Frosch bewegt sich im Wasser durch Schwimmen
fort. Welche Tiere auch? —
— 90 —
Wer hat schon einen Frosch in der Hand gehabt? — Wie fühlt
er sich an? — Und wenn ihr ihn auch an einem heißen Tage an-
faßt, er ist immer kalt. Woher mag das kommen? — Sprecht:
Die Frösche haben rotes, kaltes Blut. Welche Tiere haben auch
rotes, kaltes Blut? — Wie fühlen sie sich deshalb auch an?
V. Nahrung. Der grüne^Wasserfrosch hält sich am liebsten im
Wasser aus. Wenn aber die Sonne warm scheint, dann steckt er den
Kopf zum Wasser heraus und guckt zum blauen Himmel hinauf. „Ei,
wie schön mutz es draußen sein!" denkt er, und hopps! da sitzt er
am Ufer und läßt sich von der Sonne bescheinen.
Unser Frosch hat aber Hunger bekommen; er setzt sich deshalb
auf die Lauer. Jetzt sieht er einen Käfer (eine Spinne, Schnecke)
oben am Grashalme. Was tut der Frosch? Er springt zu, ergreift
das Tier und schluckt es ganz (ungekaut) hinunter. Was tut er also
vorher nicht? Kaut nicht. Wozu dienen seine Zähne nur? — Doch
fängt er nur die Tiere, die lebendig sind und sich regen; tote oder
auch nur regungslose Tierchen rührt er nicht an. Kleine Insekten
fängt der Frosch gewöhnlich nicht im Sprunge. Naht sich ihm eine
Mücke oder eine Fliege, flugs schlägt er seine Zunge heraus, das
Tier ist gefangen und muß in den kalten Froschmagen wandern.
Manchmal fängt sich der Frosch auch ein kleines Fischlein und läßt
es sich gut schmecken. Was frißt also der Frosch? Sprecht: Der
Frosch frißt Würmer, Käfer. Fliegen, Spinnen und Fische.
Rückblick: Habt ihr euch gemerkt, was der Frosch den ganzen
Tag macht? — Wann kommt er zum Vorschein? — Was tut er
dann? — Wovon lebt der Frosch? — Wie fängt er Käfer, Spinnen
usw.? •— Auf welche Weise fängt er die kleinen Insekten? — Was
für Tiere frißt er nicht? Tote Tiere.
VI. Stimme. Die Frösche sind auch tüchtige Musikanten. Wann
geben sie ihre Konzerte? Des Abends. Wer hat gestern abend zu-
gehört? — Wie nennen wir ihre Musik? Sprecht: Die Frösche
quaken. Sie haben auch ein Musikinstrument. An jeder Seite des
Kopses befindet sich nämlich eine dünne Haut. Diese füllt sich
während des Quakens mit Luft und bildet dann eine kleine, kugel-
förmige Blase. Dieselbe verstärkt den Schall. Wie heißt sie deshalb
auch? Schallblase. Dem Froschweibchen fehlen die Schallblasen. Was
folgt daraus? Es kann nicht laut quaken. Seine Stimme klingt
wie ein Grunzen. Wer kann aber desto lauter quaken? Das Männ-
chen. Warum? Sprecht: Das Männchen hat an jeder Seite des
Kopfes eine Schalldlase.
An warmen Frühlings- und Sommerabenden lassen sie ohne Auf-
hören ihr einförmiges Konzert hören. Ein alter Frosch macht den Anfang,
aber dann stimmen sie alle mit ein, und lustig klingt es weit ins Dorf
hinein: Quak, quak, quak, geck, geck, geck!" Das ist ein Ohrenschmaus.
Die Vögel singen freilich viel schöner als die Frösche, aber die
fleißigen Sänger im Teiche machen uns doch Spaß. Nur soll sich der
Frosch aus seinen Gesang nicht viel einbilden. Hört ein Liedchen!
— 91 —
Der Frosch sitzt in dem Rohre,
Der dicke, breite Mann,
Und singt sein Abendliedchen,
So gut er singen kann. —
Quak! Ouak!
Wer ist der dicke, breite Mann im Schilfrohre? — Was tut er
da? Wie klingt sein Sang aber nicht? — Hört aber, was der
Frosch denkt! ^ meint, es klingt gar herrlich,
Könnt's niemand so wie er;
Er bläst sich auf gewaltig,
-Meint Wunder, was er wär'. —
Quak! Ouak!
Was meint der Frosch? — Er bläst sich auf gewaltig; er bildet
sich auf seinen Gesang gar viel ein; er denkt, alle Leute müßten ihn
bewundern und loben. Darum singt er auch so fleißig.
Das ist ein ewig Quaken,
Er wird es nimmer müd,
Solange noch ein Blümchen,
Im Wiesengrund nur blüht. —
Quak! Ouak!
Wollen wir aber dem Sänger etwa böse sein? Nein, nein! So
rufen Iwir. Herr Frosch, nur zu gesungen!
Er ist ein lust'ger Mann! ,
Im Lenz mutz alles singen,
So gut es singen kann!
Quak! Ouak!
VII. Winterschlaf. In welcher Jahreszeit hören und sehen wir
keine Frösche? Im Winter. Am Ende sind sie auch fort wie die Zug-
vögel: was meint ihr? Der Frosch bleibt hier bei uns; aber hört,
was er macht! Wenn es anfängt, kalt zu werden, dann springt er
ins Wasser, schreit nochmals sein Quak als gute Nacht und geht
schlafen. Er kriecht nämlich in den Schlamm hinein oder unter einen
Stein, streckt die vier Füße aus und schläft, schläft einen Tag, zwei
Tage, eine Woche, ja den ganzen Winter. Er ißt nichts, er trinkt
nichts, ja er atmet lange Zeit hindurch nicht; er ist wie tot.
— Wo sind die Frösche im Winter? — Was machen sie da? —
Wie lange schlafen sie? — Wir sagen: Die Frösche halten einen
Winterschlaf. Wiederhole! — Sprecht alle den Satz! — Warutrt
konnten die Frösche auch gar nicht herauskommen aus dem Wasser?
— Was würden sie im Winter auch gar nicht finden? Spmnen^
Mücken usw. Da ist es also gut, daß sie den ganzen Winter schlafen.
Was hat der nicht nötig, welcher schläft? Essen. Das wissen wir an
uns selbst. Wann wachen die Frösche wieder auf? — Was macht
der Frühling mit der Eisdecke? „So öffnet er den Fröschen ihr Haus
— ihr Wasserschloß. Welche Tierchen weckt der Frühling auch auf?
— Kleine Käfer kriechen wieder auf den Blättern und an den Gräsern,
und bald treiben Fliegen und Mücken über dem Wasser und an den
Gräsern ihr Spiel. „Wacht auf, ihr Langschläfer drunten!" So
— 92 —
ruft der Frühling den Fröschen zu. „Es ist alles für euch bereit."
Was tun nun die Frösche? Sie wachen auf, strecken die Glieder und
kommen herauf. Das Schwimmen haben sie nicht verlernt. Und
richtig, als sie nun die i^öpfe herausstrecken, was finden sie da? —
Es ist wieder grün geworden, die Sonne scheint warm, und der gute
Frühling hat ihnen richtig das Tischlein gedeckt." (Grüllich.)
VIII. Fortpflanzung. Im Frühjahre legen die Frösche Eier,
aber nicht in ein Nest wie die Vögel, sondern in das Wasser. Die
Eier sind ungefähr so groß wie eine Erbse und werden Laich, Frosch-
laich, genannt. Sprecht: Die Eier des Frosches nennt man Frosch-
laich. Der Froschlaich schwimmt oben auf dem Wasser. Der Frosch
kann seine Eier aber nicht selbst ausbrüten; denn er ist ja immer kalt.
Das besorgt die Sonne. Deshalb legt das Froschweibchen seine Eier
immer an solche Orte im Wasser, wohin die Sonne so recht warm
scheint. Nach wenigen Tagen kriechen aus den Eiern kleine Tiere aus,
welche aber gar nicht wie Frösche, sondern wie kleine Fische aussehen.
Hier seht ihr sie. Kopf und Leib ist rund, fast wie eine Kugel, und
hinten haben sie einen Schwanz. Sie heißen jKaulanappen. Aus
ihnen entstehen nach und nach kleine Frösche.
Wann legt das Froschweibchen Eier? — Wie nennt man die
Froscheier? •— Wohin legt es seine Eier? — Wer brütet die Eier
aus? — Warum brütet der Frosch seine Eier nicht selbst aus? —
Wie heißen die kleinen Tierchen, die aus den Froscheiern kriechen?
— Wie sehen die Kaulquappen aus? — Was wird nach und nach
aus einer Quappe? — (Es ist sehr zu empfehlen, wenn der Lehrer
die ganze Verwandlung des Frosches von den Kleinen beobachten
läßt; dies ist sehr leicht möglich, wenn er einige Quappen fängt
und in einem Glase aufbewahrt, welches fleißig mit frischem Wasser
versorgt 'wird.)
IX. Feinde. Welcher Vogel frißt gern Frösche? Storch. Er
ist der Hauptfeind aller Frösche. Er sucht sie selbst im Wasser auf
und ist so grausam, sie mit seinem Schnabel zu spießen, um sie seinen
Jungen zu bringen oder selbst zu verzehren. Und 15 bis 20 Stück
kann er mit Leichtigkeit fressen, kehrt sich auch gar nicht daran, wenn
ihm die Frösche noch etwas im Halse krabbeln, bevor sie in den
finstern Kerker kommen. Tritt der Storch ins Wasser, so fliehen alle
Frösche, die in der Nähe sind, so eilig, wie ihnen irgend möglich ist.
Der Storch aber ist ein pfiffiger Geselle; fast unbeweglich bleibt er
mit seinen roten Beinen im Wasser stehen, und da die Frösche über
alles das Rote lieben, so kehren sie bald wieder zurück, schwimmen
aus die roten Beine los und werden so doch eine Beute des Storches.
— Wer kennt noch einen Feind des Frosches? Hecht, Rabe usw.
Auch der Mensch fängt Frösche. An manchen Orten bereitet man
aus den Hinterschenkeln ein gutes Essen. Habt ihr Appetit danach?
— Schlagt den Frosch nicht mutwilliger Weise tot, werft nicht mit
Steinen nach ihm! Du sollst kein Tier quälen.
— 93 —
Was für Frösche gibt es außer dem Wasserfrosch noch? Gras-
frosch, Laubfrosch.
Zugaben:
1. Der Frosch.
Wer badet sich dort nackt in unserm großen Teiche?
Es ist der kleine Quak-Quak in seinem nassen Reiche.
Pfui, schäme dich, du kleiner Mann,
Und zieh sogleich dein Hemdchen an!
2. Was die Frösche sich erzählen.
Morgen back ik, morgen back ik, morgen back ik.
Ik, ff, ik of; ik, ik, ik ok; ik, ik, ik oh.
Borg mint Trog; borg mint Trog; borg mirn Trog.
3. Das unfolgsame Fröschlein.
Der Storch ging an dem Sumpf spazieren,
Wollt dort sein Frühstück schnabulieren.
Voll Angst sah dies die Froschmama.
„Quak! Quak! Ihr Kinderlein, bleibt da,
Versteckt 'euch, laßt euch ja nicht seh'n,
Sonst, Kinder, ist's um euch geschehen!"
Sie ducken all' sich hurtig unter,
Ein 'Fröschlein nur hüpft frech und munter
Ganz 'nahe zum Herrn Storch heran,
Daß es ihn recht beschauen kann.
Herr Storch entdeckt's, und mit dem Schnabel
Spießt er es auf wie mit der Gabel.
Des armen Fröschleins Not ist groß,,
Allein Herr Storch läßt es nicht los.
Er fliegt vergnügt mit ihm nach Haus,
Bringt's seinen Kinderlein zum Schmaus.
Da feht ihr, wie's dem Frosch geschah,
Der nicht gefolgt hat der Mama! (Aus: Fürs kleine Volk.)
4. Das Fröschlein und der Peter.
Peter sollte in die Schule gehen; allein der Taugenichts dachte: „Ich
gehe lieber zum Bache, und da will ich Fischlein fangen." Als er zum Bache
kam, sah er gar viele Fröschlckn darinnen schwimmen, aber keine Fische. Nun,
das gibt auch einen Zeitvertreib," dachte er und fing sich ein Fröschlein. Er
band ihm eine Schnur an den Fuß und ließ es am Rande des Baches auf
dem Sande hüpfen. Da sprach das Fröschlein: „Lieber Knabe, ich habe Durst,
laß mich doch wieder ins Wasser!" „Ei," lachte Peter, „wirst es wohl noch
ein bißchen aushalten können." Sprach das Fröschlein: „Ich habe keine
Schühlein an; der Boden ist so hart; laß mich doch wieder auf den weichen
Grund!" „Ei," lachte» Peter, „mußt nur leise auftreten, dann tun dir die Füße
nicht weh." Sprach das Fröschlein: „Die Sonne scheint so heiß, und ich habe
kein Hütlein auf." „Hättest eins aufsetzen sollen," sagte Peter. „Doch höre,
wenn du einen Ringeltanz tanzest, so will ich dich frei lassen." Da jammerte das
Fröschlein: „Ach, ich kann nicht tanzen; das hat mich meine Mutter nicht ge-
lehrt." Da sagte Peter: „So will ich dich's lehren"; und er schwang nun
das Fröschlein an der Schnur im Kreise herum, so daß ihm das Füßlein weh
tat, und es laut um Hülfe schrie. Das horten seine Brüder im Wasser, und sie
hielten Rat, wie sie es retten möchten. Und als Peter einmal nahe zum Bache
kam, sprangen wohl hundert Fröschlein aus dem Bache, packten die Schnur
— 94 —
und zerrten und rissen daran, bis der Peter ins Wasser purzelte. Hier hielten
sie alle die Schnur fest, und Peter konnte nicht mehr loskommen. Da sprach
er jammernd: „Liebe Fröschlein, ich ertrinke, laßt mich doch wieder an die
Luft." Sprachen die Fröschlein: „Wirst es wohl noch ein bißchen aushalten
können." Sprach der Peter: „Der Boden ist so schlüpfrig, ich möchte auf die
Straße." „Ei," lachten alle, „mußt nur fest auftreten, fällst dann nicht." Da
bat der Knabe gar jämmerlich: „Meine Kleider werden ja ganz naß; lasset
mich doch an die Sonne, daß ich mich trockne." „Ei," lachten die Fröschlein,
„hättest du vorher die Kleider ausgezogen! Doch höre, wenn du ein Stündchen
mit uns unter dem Wasser schwimmst, so geben wir dich frei." „Ach," weinte
Peter, „das kann ich nicht, das hat mich niemand gelehrt." Da riefen die
Frösche: „So wollen wir dich's lehren!" Und nun fingen sie an zu zerren,
und der Peter fing an zu schreien. Ja, ja, es hätte ihm schlimm gehen können.
Da kamen aber zum Glück eben die Buben aus der Schule und liefen zum
Bache und sahen den Peter, wie ihn die Frösche unter das Wasser rissen.
Einer von den Buben sprang mit dem Messerlein in den Bach und schnitt die
Schnur entzwei und zog den Peter heraus. Er war pudelnaß, und die Knaben
lachten ihn tüchtig aus. Der Peter aber hat diese Geschichte nimmer vergessen,
und in seinem ganzen Leben hat er nie wieder auf leichtsinnige Weise einem
Tierlein etwas zuleide getan. (Staub.)
5. Der Frosch und der Ochse.
Neben einem Sumpfe, in welchem sich mehrere Frösche aufhielten, weidete
ein Ochse. Ein Frosch, der ihn sah, sprach zu seinen Kameraden: „So groß
wie dieser Ochse kann ich auch werden." Nachdem er sich eine Weile mit aller
Kraft aufgeblasen hatte, fragte er seine Kameraden: „Bin ich jetzt so groß?"
Als diese ihn auslachten, blies er noch heftiger und fragte abermals: „Bin ich
nun so groß?" — „Nein, noch lange nicht," riefen die andern Frösche. „Dann
will ich's euch zeigen," schrie er und blies sich so heftig auf, daß er platzte.
(Nach Asop.)
Gesang:
Der Storch.
<I. Lemke.
c
1--h
1- Der Frosch sitzt in dem Roh - re. der dik - ke, brei - te
3
=t
t=£
3=*=
Mann, und singt sein A - bend-lied-chen, so gut er sin-gen
kann. Quak, quak, quak, quak, quak, quak!
3. Mit seinem breiten Maule fängt er sich Mücken ein, guckt mit den dicken
Augen froh nach der Sonne Schein. Quak, quak! (Strophe 2, 4. und 5.
Seite 91.)
6. Am Teiche.
I. Vom Teiche. Gestern haben wir einen schönen Spaziergang
nach 'dem Bürgerparke gemacht. .Gib den Weg an, den wir ge-
gangen sind! — Im Bürgerparke begegneten uns viele Leute. Was
— 95 —
machten sie im Parke? Gingen spazieren. Weshalb gerade im
Parke? Da sind schöne Wege, große Rasenplätze, Blumenbeete,
Bäume, 'Sträucher, Bänke zum Ausruhen usw. Da ist auch schöne
Luft. Wo haben wir uns am längsten aufgehalten? Am Teiche.
Wieviel Teiche sind im Parke? Drei. Wo befinden sie sich? Einer
ist beim Wasserturme, einer beim Restaurant und einer an der
Wolfenbüttlerstraße. Welcher von den dreien ist am größten? Der
an der Wolfenbüttlerstraße. Von diesem wollen wir sprechen.
Wir standen alle am Rande des Teiches. Ich habe euch gesagt,
wie man den Rand des Teiches nennt! Sch. Den nennt man Ufer.
Wo standen wir also? Wir standen am Ufer des Teiches. Das
Ufer 'war aber nicht nur da, wo wir standen! Sch. Es ging um den
ganzen Teich herum. Womit war das Ufer bewachsen? Gras,
Bäume, Sträucher. Wir merken: Um den Teich ist ein Ufer.
Am Ufer wachsen Bäume, Sträucher uznd Gras.
Als wir über die Brücke im Park gingen, warf ich ein Stück
Papier auf die Oker. Bald sahen wir es nicht mehr! Sch. Es war
weggeschwommen. Warum blieb es nicht bei der Brücke stehen? Das
Wasser steht auch nicht still, das fließt immer weiter. Das Wasser
nimmt das Papier mit. Ich habe auch auf den Teich ein Stück
Papier geworfen. Was habt ihr da beobachtet? Das floß nicht
weiter, das blieb auf derselben Stelle stehen. Warum? Das Wasser
im Teich steht still. Wie geht das zu? Es kann nicht weiter-
fließen, weil das Ufer um den ganzen Teich geht. Wir merken:
Das Wasser im Teiche fließt nicht, sondern steht still.
Wir haben uns ganz dicht an den Teich gestellt und dann in
das Wasser hineingeschaut. Was hast du gesehen? Ich habe mich
(mein Bild) gesehen. Ich habe die Bäume, — den Himmel, —
die Wolken, — die Sonne gesehen. Was ist euch an den Büschen
und Bäumen, die ihr im Wasser sähet, aufgefallen? Die standen
auf dem Kopfe (mit der Spitze nach unten). Das habe ich noch
gar nicht gewußt, daß unter dem Wasser ein Himmel ist, daß da
Bäume nach unten wachsen usw.! Sch. Das sieht nur so aus, das
Wasser ist gerade so wie eilt Spiegel. Wenn man hineinschaut,
sieht man sich. Ihr habt zu Hause auch einen Spiegel. Woraus
ist der gemacht? Aus Glas — Glasspiegel. Woraus ist der Spiegel
int Teiche?, Aus Wasser. Wie können wir ihn deshalb nennen?
Wasserspiegel. Was spiegelt sich im Teiche? Bäume, Sträucher usw.
Wir merken: Das Wasser ist ein Spiegel. Im Teiche spiegeln sich
die 'Bäume, die Sträucher, das Ufer, der Himmel, die Sonne und
die Wolken.
Manchmal ist der Wasserspiegel des Teiches so glatt und eben
wie diese Tischplatte. Wann wohl? Wenn kein Wind ist. Was
geschieht aber, wenn der Wind über den Teich fährt? Dann bewegt
es sich. Was sieht man auf dem Wasser, wenn es sich bewegt?
Wellen. Wir haben auch Wellen auf dem Teiche gemacht. Wie denn?
Wir haben einen Stein ins Wasser geworfen. Die Wellen, die der
— 96 —
Stein macht, sahen aber anders aus als die Wellen, die der Wind
macht! Sch. Unsere Wellen waren rund — es waren Kreise. Wie
waren die Kreise zuerst? Zuerst waren die Kreise klein. Und dann?
Dann wurden sie immer größer, zuletzt kamen sie bis an das Ufer.
Auch die Tiere können das Wasser bewegen! Sch. Wenn der Schwan
durch den Teich schwimmt, gibt es links und rechts einen Streifen,
gerade so wie beim Kahn. Wir merken: Der Wasserspiegel ist
glatt und eben. Wenn der Wind weht, entstehen Wellen. Wenn
wir einen Stein ins Wasser werfen, gibt es Kreise. Wenn der
Schwan schwimmt, gibt es Streifen.
II. Von den Fischen im Teiche. Wir haben dann die Fische
im Teiche beobachtet. Was machten sie da? Die Fische schwammen
hin und her, es sah aus, als wenn sie miteinander spielten. — Manche
Fische standen ganz still und ließen sich von der Sonne bescheinen
(sie sonnten sich), r— Ihr Maul machten sie immer auf und zu.
Die Flossen bewegten sie hin und her. — Einmal sprang ein Fisch
aus dem Wasser hoch. Der wollte wohl Kunststücke machen? Der
wollte gewiß eine Mücke schnappen, die über dem Wasser spielte.
Dann haben wir aber ein Leben zwischen die Fische gebracht. Wo-
durch? Wir haben ein Stück Brot ins Wasser geworfen. Erzähle,
was ihr da beobachtet habt! Die Fische kamen angeschwommen
und schnappten nach dem Brote. Jeder biß sich ein Stückchen ab.
— Sie zankten sich um das Brot, jeder wollte zuerst anbeißen. Sie
drängten sich ganz dicht heran. Manchmal hoben sie das Brot in
die Höhe. Sie stießen es hin und her. Das Brotstück wurde immer
kleiner. Da faßte es ein großer Fisch und fraß es auf. Nun hatte der
Zank ein Ende.
Zusammenfassung: ^rt dem Teiche sind viele Fische. Die schwim-
men hin und her. Manche Fische stehen ganz still und sonnen sich.
Wenn wir ein Stück Brot ins Wasser werfen, kommen die Fische und
fressen >davon. Sie zanken sich um das Brot und werfen es hin
und her. Wenn sie es verzehrt haben, ist der Streit aus.
III. Von den Schwänen auf dem Teiche. Ich habe den Fischen
dann noch einmal Brot ins Wasser geworfen. Weshalb bekamen
sie aber nichts davon? Die Schwäne kamen ganz schnell ange-
schwömmen und fraßen es auf. Wieviel Schwäne waren auf dem
Teiche? — Erzähle, wie sie sich verhielten, wenn ich ihnen Brot
ins Wasser warf! Sie kamen ganz schnell angeschwommen, sie
drängten sich heran, .'sie machten ordentlich Sätze. Sie faßten gleich
das ganze Stück, tauchten es ins Wasser und fraßen es auf. Als sie
aber kein Brot mehr bekamen! Sch. Da kamen sie ganz dicht ans
Ufer. Sie guckten uns groß an. Sie wollten noch Brot haben; da
haben wir uns die hungrigen Gäste ordentlich angesehen. Erzählt,
was ihr von ihnen wißt! Der Schwan ist ein großer Vogel. Er
schwimmt auf dem Teiche. Wenn er schwimmt, bewegt er die Füße.
Er hat ganz weiße Federn. Seine Flügel hebt er ein bißchen in die
Höhe. Das sieht hübsck aus. Er hat einen sehr langen Hals.
— 97 —
Der ist schön gebogen (wie ein 8). Am Kopfe hat er einen roten
Schnabel. Aus dem Schnabel sitzt noch was Schwarzes (ein schwarzer
Höcker). — Habt ihr gestern auch junge Schwäne gesehen? Nein.
Herr Z., im vorigen Jahre waren junge Schwäne auf dem Teiche.
Wer hat die auch gesehen? Ich; ich auch. Wie sahen die jungen
Schwäne aus? Sie waren grau. Ich habe aber gestern keine grauen
Schwäne gesehen! Sch. Die jungen Schwäne sind jetzt schon groß.
Wenn sie groß werden, kriegen sie weiße Federn.
Wir haben einige Schwäne ans Ufer gelockt. Wodurch? Wir
haben Brot ins Wasser geworfen. Nun konnten wir auch ihre
Füße sehen. Die sind ganz anders als die Füße des Huhnes oder
der Taube. Was ist euch an den Füßen des Schwanes besonders
aufgefallen? Di,e haben eine Haut zwischen den Zehen. Weshalb
denn? Damit sie hesser schwimmen können. Welchen Namen hat
diese Haut bekommen? Schwimmhaut. Sage, weshalb der Schwan
eine Schwimmhaut hat! — Ihr habt euch auch über den Gang
des Schwanes gewundert! Der Schwan wackelt beim Gehen hin
und her. Geht auch einmal wie der Schwan! — Diesen Wackelgang
nennt man Watscheln. Sage, was der Schwan beim Gehen tut!
Der Schwan watschelt. Welche Tiere gehen auch so wie der Schwan?
Ente, Gans. Was kannst du auch von diesen Tieren sagen? Sie wat-
schein. Erkläre es! — Der Schwan, die Gans und die Ente sind
„schlechte Fußgänger", aber geschickte Schwimmer.
Das Brot, welches wir den Schwänen ins Gras geworfen
hatten, war eins, zwei, drei verzehrt. Die Schwäne waren aber
noch hungrig. Woran sahen wir das? Sie fraßen Gras. Wie
machten sie das? Sie hielten den Kopf schief, faßten das Gras
mit ihrem Schnabel und rupften es ab. L. Sie dachten: „Das
soll zu dem Brote unser Salat sein!"
Weshalb flüchteten die Schwäne auf einmal schnell in den Teich?
Ein kleiner Hund kam angelaufen und bellte die Schwäne an. Die
Schwäne erschraken. Was taten sie dann aber? Sie sperrten den
Schnabel auf, streckten den Hals nach vorn und zischten. Macht das
Zischen nach! — Was taten sie dann? Sie liefen in den Teich hinein.
Und der Hund? Der lief ans Ufer und bellte noch immer hinter
den Schwänen her. Sein Herr rief ihn aber zurück und zankte
ihn aus. Erzähle, wie der Hund die Schwäne in den Teich jagte! ■—
Manchmal steckten die Schwäne den Kopf tief ins Wasser. Ob
sie Verstecken spielen wollten? Nein, Jte suchten sich was zu fressen
im Wasser. Ich habe euch gezeigt, was die Schwäne im Wasfer
finden! Sch. Kleine Fische, Wasserkäfer, Wasserschnecken usw. Alle
diese Tiere lassen sie sich gut schmecken. Aber von dem Brot, welches
die Spaziergänger im Parke den Schwänen zuwerfen, und von den
Fischen, Käfern und Schnecken werden sie nicht satt. Wer muß
die Schwäne alle Tage füttern? Parkwärter. Wer hat das schon
gesehen? Womit füttert er sie? — Erzähle, was die Schwäne
ftessen!
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 7
— 98 —
Kleine Kinder fürchten sich, wenn die großen Schwäne dicht ans
Ufer kommen. Weshalb fürchten sie sich? Sie denken, die Schwäne
beißen. Was wird die Mutter zu einem solchen Kinde sagen? Du
brauchst dich vor den Schwänen nicht zu fürchten, die tun dir nichts.
Die wollen nur ein Stück Brot haben. — L. Die Schwäne können
aber auch böse werden! -— Sch. Ja, wenn man sie neckt. Wer
hat schon gesehen, daß ein böser Knabe einen Schwan geneckt hat?
Erzähle! Ein Knabe zeigte dem Schwane ein Stück Brot, aber
dann warf er ihm immer einen Stein ins Wasser. Zuletzt wurde
der Schwan böse und zischte! .— L. Ein böser Schwan geht auch
aus einen Knaben (Menschen) los. Was kann er ihm denn tun?
Er kann ihn beißen, er hat einen großen Schnabel. Weiter! Er
kann ihn mit seinen großen Flügeln schlagen. — L. Ein Schwan
kann mit seinen starken Flügeln ein Kind zu Boden schlagen. Was
müßt ihr deshalb niemals tun? Schwäne nicht necken. (Siehe Zu-
gäbe Nr. 2.) Nun will ich euch erzählen, wie es einem Manne
ging, der auch einmal einen Schwan neckte. Hört: Ein Mann hielt
einem Schwane ein Stück Brot hin; kam aber der Schwan ge-
schwömmen und wollte das Brot mit seinem Schnabel ergreifen, so
nahm der Mann das Brot weg und hielt statt desselben seinen
Hut hin. Als er dies einigemal getan hatte, wurde der Schwan
zornig, riß dem Manne den Hut aus der Hand, schwamm mit dem-
selben auf eine Insel in dem Teiche und legte den Hut in sein Nest.
Der Mann wurde von den anderen Leuten, welche gesehen hatten,
wie er den Schwan neckte, ausgelacht und mußte ohne Hut nach
Hause gehen. Wiedergabe!
Wir haben an dem Teiche auch gesehen, wie der Schwan auf
dem Wasser schläft. Erzähle von dem schlafenden Schwane! Der
Schwan saß ganz ruhig auf dem Wasser. Sein langer Hals lag
auf dem Rücken. Der Schnabel steckte unter dem rechten Flügel.
Die Augen hatte er zugemacht. Die Beine hatte der Schwan an
seinen Leib gezogen. Eins von ihnen guckte unter den Federn her-
vor. So schlafen die Schwäne. Das Wasser ist ihr Bett. Wenn's
dunkel wird, schlafen die anderen Schwäne auch so auf dem Teiche,
ein Häuschen haben sie nicht. Erzähle auch, wie die Schwäne schlafen!
Zugaben:
1. Schwan und Kind.
Kind, dort, was scheust du dich?
Gar nicht so bös' bin ich,
Schwimme daher ganz sacht,
Daß es keine Wellchen macht;
Möchte dich nur fragen eben:
,,Willst du ein Stückchen Brot mir geben?"
Das Kind trat zu dem Teich heran
Und freute sich über den schönen Schwan;
Wie rein und weiß war sein Gefieder,
Wie sanft er schwamm so hin und wieder!
Es wurde bald mit ihm bekannt,
Ließ das Brot ihn nehmen aus seiner Hand. (W. Hey.)
2. Schwan.
„Höre du, Knabe, am Ufer da,
Komm meinen Kindern nicht zu nah'!
Du, laß das böse Werfen nun!
Ich mag sonst niemandem übel tun;
Doch nun lauf schnell; sonst sollst du sagen,
Wie derb ich kann mit den Flügeln schlagen."
Der Knabe sprang geschwind davon,
Er fürchtete sich vor dem bösen Lohn.
Der Schwan lief ihm nach ein kleines Stück,
Kam schnell dann zu seinen Kindern zurück;
Er mochte sich lieber an ihnen freun,
Als jagen so hinter jenem drein. (W. Hey.)
Malendes Zeichnen:
/
Achtes Kapitel.
Die Wiese.
1. Die Wiese.
I. Lage. Wohin haben wir gestern unseren Spaziergang ge-
richtet? Wiese. Weshalb sieht die Wiese so schön grün aus?
Auf der Wiese steht lauter Gras. Auch im Grasgarten wächst
Gras. Warum nennen wir die Wiese nicht auch einen Garten? —
Womit ist der Garten umgeben? Das ist bei der Wiese nicht der
Fall. Die Wiese ist ein freiliegendes Stück Land. Was wächst im
Garten (außer dem Grase)? -— Was wächst aber auf der Wiese nur?
Sie ist überall mit Gras bewachsen. Woran könnt ihr also eine
Wiese erkennen? — Hinter der Wiese war ein großes Wasser, ein
Fluß. Wie heißt der Fluß? Oker. Wenn wir an diesem Flusse
(an der Oker) weiter gehen, dann sehen wir noch viele andere
Wiesen. Wo liegen die Wiesen meistens? Sprecht: Die Wiesen
liegen gewöhnlich an einem Flusse.
II. Beschaffenheit. Was sahen wir an der rechten Seite der
Wiese? Graben. An der linken Seite? — Vorn? — Was ging
auch mitten durch die Wiese? — Womit sind die Gräben angefüllt?
Wasser. Woher kommt es? Aus der Oker. Wie wird diese Wiese
durch das viele Wasser? Feucht. Wie sind die Wiesen, die an einem
Flusse liegen, fast immer? Sprecht: Die Wiesen an einem Flusse
sind immer rocht feucht.
III. Pflanzen auf der Wiese. Auf feuchten Wiesen wächst das
Gras ganz prächtig, und wenn im Frühjahr die Sonne anfängt,
wärmer z,u scheinen, dann kommen viele, viele Grasspitzen auf der
Wiese zum Vorschein. Könnt ihr die vielen Graspflänzchen zählen,
die auf der Wiese stehen? — Weshalb nicht? — Wie weit stehen
die Pflänzchen auseinander? — Sprecht: Auf der Wiese stehen viele
tausend Graspflänzchen dicht nebeneinander. Wie sieht das Gras
aus? Erün. Welche Farbe hat deshalb auch die Wiese? —
Auf der Wiese wachsen aber nicht bloß Grashalme. Was guckt
zwischen den Grashalmen hervor? Viele schöne Blümchen. Wie
nennen wir die Blumen, die auf der Wiese wachsen? Wiesenblumen.
Könnt ihr mir schon einige Wiesenblumen mit Namen nennen?
Am meisten erfreute uns das Vergißmeinnicht, und von diesem will
ich euch ein kleines Liedchen sagen, das sollt ihr in der nächsten Stunde
singen lernen. Es heißt:
Ein kleines, blaues Blümchen spricht
Am Murmelbach: „Vergiß mein nicht."
Was bittet also das Blümchen Vergißmeinnicht? Wir sollen es
nicht vergessen. Ich will euch nun erzählen, wie das Blümchen zu
seinem Namen gekommen ist. Als der liebe Gott die Blumen ge-
schaffen hatte, gab er jeder einen besonderen Namen. Bald bemerkte
er, daß ein kleines Blümchen bitterlich weinte. Er fragte es nach
der Ursache seiner Traurigkeit, und es sagte: „Ich habe meinen
Namen vergessen". Da sah der Herr das Blümchen freundlich an
und rief ihm zu: „Vergiß mein nicht". Und den Namen hat es be-
halten. Wer kann die kleine Geschichte auch erzählen? — (Der
Lehrer hilft durch Fragen, wo es nötig ist.)
Welche Wiesenblumen haben wir gestern noch gepflückt? Sprecht
deshalb: Auf der Wiese stehen auch viele schöne Blumen.
Ein Kind, das vor einer Wiese stand, sagte:
Viel' tausend Blumen stehen
Im Sonnenglanze hier,
Kann sie nicht alle sehen,
Wünsch' aber alle mir.
Möcht' alle Blumen bringen
Den lieben Eltern mein,
Zu ihnen lustig springen
Mit hundert Sträußelein!
Hätt' ich doch tausend Augen
Und Hände ohne Zahl!
Könnt sie wohl alle brauchen,
Die Wiesen pflückt' ich kahl.
Ied's Blümchen freundlich nicket,
Als wollt's mit mir nach Haus.
Ich habe schon gepflücket
Den allerschönsten Strautz. (Enslin.
Wieviel Blumen stehen auf der Wiese? — Warum kann sie das
Kind nicht alle sehen? — Welche Blümchen verstecken sich gern? —
Warum wünscht sich das Kind „tausend Augen" und „Hände ohne
Zahl"? — Was will es damit tun? — Was will es aus den
Blumen verfertigen? — Wem will es dann die Blumen bringen?
— Was will es seinen Eltern damit bereiten? — Und das Kind
springt auf die Wiese und pflückt einen schönen Strauß. Als es
mit demselben nach Hause geht, nicken ihm die übrigen Wiesenblumen
zu. Was wollen sie damit sagen? — Was antwortet das Kind
darauf? •—
Wenn recht viele Blumen auf der Wiese stehen, dann sieht sie
aus wie ein bunter Teppich. Wer von euch hat schon einen Teppich
gesehen? — Wohin legt man einen Teppich? — Wie sehen Teppiche
auch aus? Bunt.
IV. Tiere auf der Wiese. Auch an Tieren fehlt es auf der
Wiese nicht. Ein großer Vogel mit langen Beinen und langem
Schnabel stellt sich oft auf der Wiese ein; was für ein Vogel ijt
das? Storch, Welche Tiere fängt der Storch? Frösche. Frösche
gibt es auf der Wiese in Menge; da ist also sein Tisch reichlich ge-
— 102 —
deckt. Auch ein Pferdchen hüpft auf der Wiese umher; es kann große
Sprünge machen. Welches Pferdchen meine ich? Heupferdchen.
Welche Tierchen besuchen die Blüten der Wiesenblumen? Schmetter-
linge, Bienen. Welche Tiere leben sonst noch auf der Wiese? —
Zusammenfassung! —
V. Nutzen. Welchen Nutzen gewährt das Feld den Menschen? —
Aber auch die Wiese ist Don großem Nutzen. Was mächst auf ihr?
Gras und Blumen. Wozu dient das Gras? Das Gras dient als
Futter für das Vieh. Die Pferde, Kühe, Ziegen usw. fressen Gras.
Wohin treibt man im Sommer das Vieh? Weide. Womit füttert
man dasselbe im Winter hauptsächlich? Heu. Woraus wird das Heu
gewonnen? Aus Gras. Das Gras wird abgemäht und getrocknet.
Wie nennt man das trockene Gras? — Rätsel: Wer von euch kann
getrocknetes Gras mit drei Buchstaben schreiben? —
VI. Vergleichamg mit dem Felde. Wir wollen nun noch fest-
stellen, wodurch sich die Wiese von dem Felde (Acker) unterscheidet.
In welcher Höhe lag der Acker im Vergleich zu der Land-
straße? Ebenso hoch oder auch höher. In welcher Höhe liegt aber
die Wiese? Sie liegt niedriger als der Weg. Was habt ihr an
euren Schuhen bemerkt, als wir ein Stückchen durch die Wiese
gingen? Sie waren «naß geworden. Wie bleiben aber eure Schuhe
oder Stiefel auf dem Acker? Trocken. Wodurch unterscheidet sich
also die Wiese von dem Acker? Die Wiese ist naß, der Acker ist
trocken. Wie wird der Acker bearbeitet? Er wird gedüngt, ge-
pflügt, geeggt und besät. — Die Wiese wird nur im Frühlinge
geebnet und nur zuweilen gedüngt; die anderen Arbeiten sind nicht
nötig. Was wird auf dem Felde angebaut? — Was wächst aus
der Wiese? —
Zusammenfassung: Wie unterscheidet sich die Wiese von
dem Acker a) in der Lage? — b) in der Bearbeitung.? — c) durch
die Pflanzen, die darauf wachsen? —
Zugaben:
1. Das Vergißmeinnicht.
Es blüht ein schönes Blümchen Es weißt nicht viel zu reden,
Auf uns'rer grünen Au', Und alles, was es spricht,
Sein Aug' ist wie der Himmel, Ist immer nur dasselbe,
So heiter und so blau. Ist nur „Vergißmeinnicht".
2. Heupferdchen.
Halt, halt, du muntres Tierchen du!
Du hüpfst ja so flink und ohne Ruh'!
Komm, sei mein Pferdchen, o nimm mich mit!
Das wäre ein lustiger, lustiger Ritt!
Ein Blättlein als Sattel, ein Dörnlein als Sporn,
Ein Hälmlein als Peitsche und Iägerhorn!
So reiten wir in die weite Welt,
Galoppieren durch Wald und Wiese und Feld!
Ei, Eäulchen, du hüpf'st ja vorüber allein!
Ich bin dir zu groß? — So bist du mir zu klein! (Enslin.)
— 103 —
Die Wiese ist ein grüner Wald,
Die Gräslein sind die Bäume;
Es schlüpft als Hirsch das Käferlein
Hin durch die engen Säume.
3. Das Mägdlein auf der Wiese.
Und Vöglein sind die Schmetterlinge
Mit ihren bunten Schwingen;
Sie schweben lustig hin und her;
Nur schad', daß sie nicht singen.
Doch sorgt die Grill' für Sang und Klang;
Sie streicht die Violine;
Die Hummel brummt den Baß dazu;
Dazwischen singt die Biene.
Auch Schlößlein stehn in diesem Wald,
Gar wundersam bemalet;
Sie schimmern durch die Bäume hell
Vom Sonnenschein bestrahlet.
Dort kehrt das Bienchen fleißig ein,
Den Honigwein zu trinken,
Und läßt zum Danke dann dafür
Ein schönes Lied erklingen.
Ich bin das Riesentöchterlein,
Wenn ich den Wald durchschreite;
Ich brech' die schönsten Schlößlein ab
Dem Mütterlein zur Freude.
(Schneyer.)
4. Mitten auf der Wiese.
Mitten auf der Wiese
Sitzt die kleine Liese
Im grünen, grünen Gras.
Sie träumt sich sacht in Schlummer;
Da kommt ein großer Brummer
Und fliegt ihr auf die Nas'.
Weg, weg! du alter Brummer!
Störst mich in meinem Schlummer!
Willst weg! Was soll denn das?
Der Brummer brummt gemütlich:
„Ach, Lieschen, sei doch friedlich;
Ich mache ja nur Spaß."
(E. Weber.)
5. Zum Blumenpflücken.
Brichst du Blumen, sei bescheiden,
Nimm nicht gar so viele fort!
Sieh, die Blumen müssen's leiden,
Doch sie zieren ihren Ort.
Nimm ein paar, und laß die andern
Stehn im Gras und an dem Strauch!
Andre, die vorüberwandern,
Freun sich an den Blumen auch.
Nach dir kommt vielleicht ein müder
Wandrer, der des Weges zieht
Trüben Sinns, — der freut sich wieder,
Wenn er auch ein Röslein sieht. (I. Trojan.)
6. Die Grasprinzessin.
Auf der Wiese, wo das grüne Gras steht und die bunten Blumen wachsen,
lebt eine kleine Prinzessin in einem niedlichen Schlößchen, das so klein ist,
daß selbst das Gras darüber hinreicht. Wenn die Sonne aufgeht, und die
Vögelchen erwachen, dann wacht die Prinzessin auf und springt munter aus
ihrem Bettchen. Darauf geht sie hin zum Tautröpfchen und sagt: „Ich will
mich waschen." Und sogleich sagt die Blume: „Ich will dein Waschnäpfchen
sein." Und wenn sie sich gewaschen hat, geht sie zum Brünnchen, das sagt:
„Ich will dein Spiegelchen sein." Und wenn sie sich frisiert und geputzt hat,
und so rein und so schön ist, dann sagt das Blättchen: „Ich will dein Sonnen-
schirm sein." Die Prinzessin ist es zufrieden und geht auf der Wiese spazieren.
Da kommt der Schmetterling und sagt: „Du sollst nicht gehen, ich will dein
Pferdchen sein", und der Schmetterling nimmt sie auf seinen Rücken und fliegt
auf die Blumen und auf die Halme und auf die Blätter und schaukelt sie so
lange hin und her, bis sie müde und hungrig ist. Dann trägt er sie nach
Hause. Nun bringt das Bienchen Honig auf ihren Tisch, und der Goldkäfer
trägt ein goldenes Löffelchen herbei, womit sie ißt. Dann macht ihr das Gras
Schatten, und die Vöglein singen, daß sie schlafen kann, bis die Hitze vorüber
ist. So geht es des Vormittags, und des Abends geht es fast noch schöner zu.
(W. Curtman.)
— 104
2. Die Heuernte.
In welcher Jahreszeit stehen wir? Sommer. Wie ist jetzt das
Wetter (die Luft)? Warm. In der großen Wärme wachsen und
reifen die Pflanzen. Was wächst auf den Wiesen? Gras. Wie ist
es jetzt schon geworden? Lang, hoch. Was sitzt oben in den Hal-
men? Körner, Samenkörner. Welche Farbe hatte das Gras im
Frühjahr? Erün. Und jetzt? Gelb, gelblich. Das Gras ist reif
geworden. Deshalb sagt der Bauer zu seinen Knechten: „Morgen
müssen wir nach der Wiese und das Gras abmähen." Am andern
Morgen stehen die Knechte ganz früh a,uf, nehmen ihre Sensen
und gehen zum Dorfe hinaus nach der Wiese. Da beginnen sie ihre
Arbeit. Was werden sie tun? — Womit? Sprecht: Die Knechte
mähen das Gras mit einer Sense ab. (Beschreibung der Sense in der
Lektion: Die Roggenernte.) Die Sense fährt zischend durch das
Gras und durchschneidet die Halme und die Blumen. In langen
Reihen liegt das Gras auf der Wiese. Die Reihen heißen Schwaden.
Sprecht: Das abgemähte Gras liegt in Schwaden.
Wie nennt man die Leute, welche das Gras abmähen? Mäher,
Schnitter. Wer geht gewöhnlich hinter den Schnittern her? Mäd-
chen, Frauen. Was haben sie in der Hand? Harke. Was machen
sie mit der Harke? — Weshalb? — Sprecht: Die Mädchen harken
das Gras (die Schwaden) auseinander, damit es schneller trocken
wird. Hat die Sonne einige Stunden recht warm auf das Gras ge-
schienen, so wird es von den Frauen gewendet oder gekehrt. Wes-
halb? Damit die Sonne das Gras von allen Seiten treffe. An
einem Tage wird das Gras aber nicht trocken. Es wird Abend.
Feuchter Nebel steigt aus der Erde empor. Wie wird der Boden da-
durch? Feucht. Deshalb lassen die Mädchen das Gras nicht aus-
gebreitet liegen. — Was tun sie mit dem Grase? — Sprecht: Des
Abends harken die Mädchen das Gras zu kleinen Haufen zusammen.
Wer hat die Haufen (Heuschober) schon gesehen? — Was haben
die Mädchen am andern Morgen wieder zu tun? Gras ausein-
anderharken, wenden. Bleibt gutes Wetter, und scheint die Sonne
recht heiß, so wird das Gras bald ganz trocken. Wie nennt man
trockenes Gras? Sprecht: Trockenes Gras nennt man Heu.
Ist das Heu vollständig trocken, dann spannt der Knecht die
Pferde vor den großen Leiterwagen (Heuwagen) und fährt ihn auf
die Wiese hinaus. Der Vater nimmt eine große Gabel — Heu-
gabel — und reicht damit das Heu auf den Wagen. Der Knecht
nimmt es von der Gabel und legt es auf dem Wagen zurecht.
Endlich ist der Wagen ganz hoch beladen, es geht gar nichts mehr
hinauf. Nun wird ein Baum (Heubaüm) über das Heu gelegt
und an beiden Seiten festgebunden. Weshalb? — Wohin wird das
Heu gefahren? — Was macht der Bauer mit dem Heu? Füttert
es. Heu ist gutes Viehfutter. In welcher Jahreszeit gibt der Bauer
seinem Vieh hauptsächlich Heu? Winter. Welche Tiere fressen gern
— 105 —
Heu? — Welche Tiere bekommen das meiste Heu? Kühe. Was
geben uns die Kühe, wenn sie recht viel Heu bekommen? Die sütze
Milch, welche die Kinder so gern trinken. — Wenn das Heu einge-
fahren wird, dann haben wir die Heuernte.
Nun sind die Wiesen leer. Wenn aber der liebe Gott einen er-
quickenden Regen schickt, dann kommen überall wieder grüne Haini-
chen herauf und der Teppich ist wieder fertig. Diesmal sieht er aber
gar nicht bunt aus. Wie geht das zu? Blumen fehlen. Die wachsen
und blühen in diesem Jahre nicht wieder. Wann erst? Im Herbste
wird das Gras wieder abgemäht und getrocknet. Das zweite Gras
nennt man getrocknet Nachheu oder Grummet.
Was für Wetter wünscht sich der Landmann zur Heuernte? —
Wie wird das Heu, wenn es lange im Regen liegt? — Wie darf
es nicht eingefahren werden? Feucht. Weshalb nicht? —
Zugabe:
Früh ging ein Mäher mähen
Aufs Feld den reisen Klee,
Da schnitt er mit der Sense
Hart an ein Nest — o weh! —
Drin lagen sieben Vöglein,
Sie lagen nackt und bloß.
„O könntet ihr schon fliegen,
Und wäret ihr schon groß!"
Dem Mäher tat's so wehe,
Er sann wohl her und hin. —
Da kam dem guten Mäher
Noch Hoffnung in den Sinn.
Malendes Zeichnen:
Der gute Mäher.
Er mähete bedächtig
Weit um die Stelle her
Und trug den Klee von dannen
Und störte da nicht mehr.
Die alten Vögel flogen
Nun wacker ab und zu,
Sie fütterten die Kinder
In ungestörter Ruh.
Bald wuchsen ihre Flügel,
Sie flogen froh davon.
Der Mäher aber fühlte
Im Herzen süßen Lohn.
(v. Kamp.)
///A\av - -
' f 'r%!\
— 106 —
3. Der Löwenzahn.
I. Name. Ihr sollt heute diese Blume näher kennen lernen. Wo
habe ich diese Blume gepflückt? Wiese. Wenn die Kühe auf die Wiese
kommen, dann rupfen sie sich diese Blume ganz besonders gern ab.
Weshalb? — Welche Tiere fressen also diese Wiesenblume gern?
Davon hat sie ihren Namen erhalten. Wie heißt sie nämlich? Kuh-
blume. Weshalb heißt diese Blume Kuhblume? — Manche Leute
nennen sie auch Butterblume. Weshalb wohl? —
Mit den Stengeln der Kuhblume spielt ihr gern. Was macht ihr
daraus? Ketten. Wie wird deshalb die Kuhblume auch noch ge-
nannt? Sprecht: Die Kuhblume wird auch noch Kettenblume ge-
mannt. Wer hat aus den Stengeln der Kuhblume schon Ketten ge-
macht? — Wie machst du das? — Dann bist du ein kleiner Schmied
gewesen. Wo war deine Werkstatt? Wiese, Garten. Woraus hast
du deine Ketten aber nicht gemacht? Eisen, Stahl. Welche Werk-
zeuge hattest du beim Kettenmachen auch nicht nötig? Hammer,
Zange. Womit arbeitet ihr nur? Hand. So spricht der kleine
Kettenschmied:
Mama, ein kleiner Schmied bin ich?
Komm', in den Garten führ' ich dich.
Dort, wo die gelben Blümlein steh'n,
Da sollst du meine Werkstatt seh'n.
Ich brauche Stahl und Eisen nicht,
Auch keinen Hammer von Gewicht,
Mein Feuer brennt schon ganz allein^
Es ist der liebe Sonnenschein.
Mein' Zang' und Hammer ist die Hand,
Damit schmied' ich gar kunstgewandt
Viel Ketten schön und Ketten lang,
Die sind wie lauter Gold so blank.
Ich sitz' dabei im weichen Moos
Und Hab' die Blümlein in dem Schoß,
Denn aus den Blumenstengelein
Mach' ich die langen Kettchen fein.
Ein Schmied kann seine Arbeit nicht allein verrichten, er muß
einen Gesellen haben, der ihm hilft. Wer war dein Geselle?
Schwester. Was mußte dein Schwesterlein tun? — Hört nur, was
der Kettenschmied weiter zu seiner Mutter sagte!
Und mein Geselle — ja, Mama,
Auch ein Geselle ist mit da! —
Der pflückt die gelben Blümelein
Zu meinen gold'nen Kettchen sein.
Der pflückt die gelben Köpfchen ab,
Daß immer ich zu schmieden Hab', —
Kennst du wohl den Gesellen klein?
Es ist mein liebes Schwesterlein.
Wem Host du deine Kette geschenkt? Schwester. Was machte
sie damit? — Wer bekam aber gewiß die schönste? Mama. Was
hast du von der Mama dafür bekommen? —
— 107 —
Ich und mein liebes Schwesterlein,
Wir schmieden manches Kettchen fein;
Das schönste ist für dich, Mama. —
Bekommen wir ein Küßchen, ja? — (Lausch.)
II. Teile. 1. Wurzel. Nun wollen wir uns die Kuhblume
von unten bis oben ordentlich ansehen. Was zeige ich euch hier?
Das ist ein Wurzelstock. Untersucht ihn genauer! Welche Farbe hat
er? — Wie sieht er inwendig aus? Zusammenfassung!
Die Kuhblume hat einen Wurzelstock. Dieser ist schwarzbraun und
innen weih.
Was ist aus dem Wurzelstocke hervorgewachsen? Viele Blätter
und ein Stengel.
2. Blätter. Die Blätter stehen rings um den Stengel herum;
sie bilden einen Kranz von Blättern, — einen Blätterkranz. Seht
dieses einzelne Blatt an! Was ist über die Größe desselben zu
sagen? Sehr lang. Was bemerkt ihr an beiden Seiten? Jedes
Blatt ist an beiden Seiten sehr tief eingeschnitten. Dadurch sind große
Zähne entstanden. Zeige sie! Zusammenfassung: Die Blätter der
Kuhblume sind sehr lang und an beiden Seiten mit großen Zähnen
verschen. Wodurch sind die Zähne entstanden? — Ich kenne ein böses
Tier, das hat so große Zähne wie das Blatt der Kuhblume, — der
Löwe. Welchen Namen hat deshalb die Kuhblume noch erhalten?
Sprecht: Die Kuhblume heiht auch noch Löwenzahn. Weshalb
nennen wir sie so? Ihr braucht euch vor den Zähnen nicht ßu
fürchten; weshalb nicht? — :
3. Stengel. Was kommt zwischen den Blättern hervor? Stengel.
Ich habe ein kurzes Endchen vom Stengel abgeschnitten. Ihr könnt
hindurchsehen. Wie ist der Stengel inwendig? Hohl. Was kommt
aus dem Stengel heraus, wenn ich ihn zerschneide? Saft. Wie sieht
der Saft .aus? Weiß, wie Milch, — Milchsaft. Dieser Milchsaft
ist klebrig. Wischt ihn nicht auf eure Kleider, er verursacht Flecke in
denselben. Zusammenfassung: Der Stengel ist hohl und enthält einen
klebrigen Milchsaft.
4. Blute. Was trägt der Stengel an der Spitze? Blüte.
Welche Farbe hat die Blüte? Gelb. Sie sieht aus wie lauter Bold,
— sie ist goldgelb.
Nun möchte ich doch wissen, wieviel Blütenblätter sie hat.
Zupft ein solches heraus! Betrachtet es! Oben ist es ganz schmal.
Unten ist ein ganz kleines Röhrchen. Und was ist darin? Staub-
gefäße. Und was ist das? Stempel. Was sind also diese kleinen
Röhrchen, da sie Staubgefäße und Stempel haben? Kleine Blüten.
Wieviel mögen deren hier zusammenstehen? Viel. Wir dürfen also
nicht sagen: Dies ist die Blüte des Löwenzahns; wie muß es heißen?
Das sind die Blüten des Löwenzahns. Sprecht: Die Vlumenkrom
des Löwenzahns besteht aus vielen goldgelben Blüten. Wovon
werden sie eingeschlossen? Von einem grünen Kelche.
Die Blumenkrone des Löwenzahns bekommt sehr häufig Besuch.
Wer mag sie nur besuchen? Käfer, Bienen. Was machen sie in der
— 108 —
Blumenkrone? — Der Löwenzahn macht seine Blumenkrone aber
nur bei schönem Wetter auf. Wenn es regnet oder wenn es Nacht
wird, schließt er sie zu. Ost bleiben die kleinen Gäste zur Nacht in
der Blumenkrone, legen sich mitten hinein, wie in ein weiches Bett
und schlafen, bis die warmen Sonnenstrahlen sie wieder zu neuem
Schmause wecken.
Hier zeige ich euch eine Blüte, welche verblüht ist. Was ist von
der Blüte denn noch übrig? Kelch. Und was ist dies? Das sind
lauter kleine, feine Härchen. Zupft eins heraus! Was befindet sich
unten an dem Härchen? Ein kleines Börnchen. Was mag das sein?
Samenkörnchen. Jedes Samenkorn ist mit einem Federchen gekrönt.
Wie mag dieser Schmuck deshalb wohl heißen? Sprecht: Jedes
Samenkorn ist mit einem Federkrönchen geschmückt.
Ihr habt schon oft mit diesen schönen, weißen Kügelchen ge-
spielt. Was macht ihr gern mit ihnen? Ihr blast hinein und wollt
so erfahren, wie lange ihr noch leben werdet. Die kleinen Federchen
fliegen dann in alle Winde. Was nehmen sie aber mit? Die
Samenkörner. Wohin fliegen denn aber die Samenkörnchen? Richtig;
das eine bleibt an einem Wege hängen, das andere auf der Mauer,
ein drittes auf der Wiese usw. Auf der Wiese lassen sich die meisten
Samenkörner nieder. Dort halten sie sich fest an der Erde. Nun
kommt der Wind und streut Staub über das Börnchen, der Regen
befeuchtet es, und es dauert nicht lange, da ist aus dem Samen--
körnchen ein kleines Pflänzchen geworden. Welchen Namen führt
dieses Pflänzchen? —
III. Nutzen. Der Landmann sieht den Löwenzahn gern auf der
Wiese, denn er ist für sein Vieh ein treffliches Futter. Welches Tier
frißt den Löwenzahn besonders gern? Kuh. — Im Mai ist schon
manches Kind hinausgezogen auf die Wiese mit einem Körbchen und
einem Messer. Es gräbt die Kuhblume mit den Wurzeln aus. Da-
heim werden aus der Wurzel bittere Tropfen gepreßt, welche die
arme Mutter von der bösen Krankheit befreien, die ihre Wangen
bleichte. Was für eine Pflanze ist deshalb die Kuhblume? Sprecht:
Die Kuhblume ist eine nützliche Pflanze.
4. Der Storch.
(Bild von Leutemann.)
I. Name. Heute sollt ihr zuerst ein Rätsel raten:
Auf unserer Wiese gehet was,
Watet durch die Sümpfe.
Es hat ein schwarz-weiß^ Röcklein an,
Trägt auch rote Strümpfe,
Fängt die Frösche schnapp, ivapp, wapp,
Klappert lustig klapperdiklapp!
Wer kann das erraten?
II. Begriff. Hier auf unserem Bilde seht ihr Störche. Wieviel
Störche seht ihr? Drei. Zeige sie! Was für ein Tier ist der Storch?
— 109 —
Vogel. Warum nennst du den Storch emen Vogel? Weil er einen
Schnabel, zwei Flügel usw. hat. Welche Vögel haben wir schon be-
sprachen? — Vergleiche den Storch mit dem Sperlinge (nach der
Größe)! — mit dem Huhne! — mit der Gans! — Was für ein
Vogel ist deshalb der Storch (seiner Größe nach)? Sprecht: Der
Storch ist ein großer, stattlicher Vogel. Wie würde der Storch
sagen, wenn er reden könnte? ■— Ich bin usw. ,
III. Körperteile. Ich zeige euch jetzt die Hauptteile des Storches.
Der Storch hat einen Kopf usw. Welche Teile seht ihr am Kopfe?
— Am Rumpfe?
1. Kops. Seht euch zuerst den Kops an! Der Storch ist groß.
Wie ist aber sein Kopf nur? Sprecht: Der Storch hat einen kleinen
Kops. Was fällt euch an dem Kopfe besonders auf? Schnabel.
Was für einen Schnabel hat der Storch? — Welche Farbe hat der
Schnabel? — Sprecht: Der Storch hat einen langen, roten Schnabel.
(Oder: An dem kleinen Kopfe sitzt ein langer, roter Schnabel.) Aus
welchen beiden Teilen besteht der Schnabel? Ober- und Unterkiefer.
Zuweilen schlägt der Storch beide Kiefer fest zusammen, so daß man
es weithin hören kann. Wir sagen dann: Der Storch klappert. Wie
nennt ihr den Storch, weil er klappert? Klapperstorch.
2. Hals. Welchen Teil des Storches zeige ich euch jetzt? Hals.
Hier fängt er an, hier hört er auf. Wie ist sein Hals also? Sprecht:
Sein Hals ist sehr lang. Welche Vögel haben auch einen langen
Hals? ■—
3. Rumpf. Nun kommen wir zu dem Rumpfe. Mit welchem
bekannten Dinge hat der Rumpf seiner Form nach Ähnlichkeit?
Ei. Wie ist er daher? Sprecht: Der Rumps des Storches ist ei-
förmig. Nenne die Teile des Rumpfes! Zeige die Brust! usw.
4. Flügel. Nun seht euch noch seine Flügel an! Zeige, wo sie
anfangen! — Wo sie zu Ende sind! — Wie sind also seine Flügel?
Lang. Wie wird er deshalb auch fliegen können? Sprecht: Der
Storch hat lange Flügel, deshalb kann er gut fliegen. Welche
Vögel können auch gut fliegen?
5. Beine. Welche Teile des Storches sind ganz besonders lang?
Beine. Welche Farbe haben sie? — Sprecht: Der Storch hat lange,
rote Beine. Es sieht aus, als ginge er auf Stelzen. (Wer hat
Stelzen? Was macht ihr damit?) Wir nennen deshalb die Beine
des Storches Stelzbeine. Wie? Sprecht: Der Storch hat Stelzbeine.
Mit seinen Stelzbeinen kann er dreist ins Wasser steigen, sein Kleid
wird so leicht nicht naß. Ihr könnt das an dem zweiten Storche
sehen. Wo steht er jetzt? Im Wasser. Das Wasser ist aber gar
nicht hell und klar, sondern schmutzig, trübe; hier ist ein Sumpf. Wo
geht dieser Storch spazieren? Im Sümpfe. Das tun alle Störche
gern^ Weshalb? Da gibt es viele Frösche. Was für ein Vogel ist
der Storch, weil er gern durch Sümpfe watet? Sprecht: Der Storch
ist ein Sumpfvogel. Nun seht euch seine Füße an! Was bemerkt
ihr an ihnen? Zählt die Zehen! Wieviel sind nach vorn gerichtet?
— 110 —
Wieviel nach hinten? Sprecht: An jedem Fuße stehen drei Zehen
nach vorn und eine nach hinten. Zwischen den drei Vorderzehen
ist eine kleine Haut. Welcher Vogel hat auch eine Haut zwischen den
Vorderzehen (und zwar eine große)? Gans. Wie nennen wir diese
Haut? Schwimmhaut. Was hat auch der Storch zwischen den
Zehen? — Wie ist sie aber nur? Sprecht: Zwischen den Vorderzehen
hat der Storch eine kurze Schwimmhaut. Der Storch kann deshalb
aber doch nicht schwimmen. Wozu mag er denn nun aber die
Schwimmhäute haben? Hört! Die Sümpfe haben nämlich einen
sehr weichen Boden. Was geschieht mit unseren Füßen, wenn wir
auf diesen weichen Boden treten? Sinken tief ein. Wo blieben
unsere Füße stecken? Dem Storche würde es ebenso gehen, aber die
Schwimmhaut läßt ihn nicht tief einsinken. Weshalb hat also der
Storch eine Schwimmhaut zwischen den Vorderzehen? —
6. Schwanz. Welcher Teil ist hinten am Rumpfe? Schwanz.
Ihr seht ihn kaum. Wie ist er nur? Sprecht: Der Storch hat einen
kurzen Schwanz.
IV. Bedetfung und Farbe. Woraus ist unser Kleid gemacht?
Zeug. Woraus besteht aber das Kleid des Storches? Federn. Was
für ein Kleid hat also der Storch? Federkleid. Wir nennen das
Federkleid auch Gefieder. Wie ist das Gefieder des Storches ge-
färbt? Weiß. Aber nicht überall. Welche Farbe seht ihr noch am
Storche? Schwarze Farbe. Welche Teile sind schwarz? Sprecht:
Der Storch hat ein weißes Gefieder, nur der Schwanz und die Flügel
sind schwarz. r
V. Nahrung. Wo befindet sich dieser Storch jetzt? Wiese. Auf
der Wiese sehen wir den Storch sehr häufig. Warum besucht er die
Wiese so oft? Da gibt's viele Frösche. Der Storch hat sich auf ein
Bein gestellt und schaut bedächtig nach allen Seiten. Da erblickt er
im Grase einen Frosch. Schnell ergreift er ihn mit seinem langen
Schnabel. Mag der arme Sumpfmusikant noch so sehr zappeln, er
wird ohne Barmherzigkeit verschluckt. Der Storch hat einen guten
Appetit: er kann wohl 20 Frösche fressen, ehe er satt ist. Die Frösche
sind seine Leibspeise. Sprecht: Der Storch frißt am liebsten Frösche.
Wo verstecken sich die Frösche, wenn sie den Storch sehen. Weshalb
kann er sie leicht vom Grunde holen? Weil er lange Beine und einen
langen Schnabel hat.
Der Storch geht weiter auf der Wiese. Jetzt hat er ein Mäuse-
loch entdeckt. Da steht er ganz' still und wartet, bis das Mäuschen
herauskommt. Jetzt ist es da. Was tut der Storch? — Der Storch
frißt auch Mäuse.
Am Maulwurfshaufen geht er auch nicht vorbei. Worauf wartet
er? Daß der Maulwurf die Erde aufstößt. Was tut der Storch
dann? Der Storch frißt auch Maulwürfe.
Weiter geht der Storch auf der Wiese. Mit seinem Schnabel
stößt er bald nach dieser, bald nach jener Blume. Ob er auch Blumen
frißt? Nein, aber auf den Blumen sitzt oft ein Käfer oder eine Biene.
— 111 —
Mit der Schnabelspitze ergreist er diese Tiere, wirst sie in die Höhe
und fängt sie geschickt in seinem Schnabel. Welche Tiere verzehrt der
Storch also auch? Der Storch verzchrt auch Bienen und Käser.
Ein kleiner Knabe sah eines Tages den Storch auf der Wiese.
Da sagte er zu ihm:
Ei, lieber Storch, was suchst du hier,
Wo bunte Blumen sprießen?
Du pflückst wohl einen Strauß wie wir,
Drum kommst du zu den Wiesen?
Was wird der Storch antworten? Er sprach:
Ach, liebe Kinder, weit gefehlt! Vom frühen Morgen bis zur Nacht
Schaut nur nach meinem Häuschen, Mutz ich nach Futter wandern,
Ob ihr nicht dort vier Störchlein zählt; Und Hab' ich eines satt gemacht,
Was soll mir da ein Sträßchen? So schreien schon die andern.
Man muß sich wohl den ganzen Tag
Für seine Kleinen plagen;
Und wer's von euch nicht glauben mag,
Soll nur die Eltern fragen. (G. Lang.)
Sonst frißt der Storch auch noch Würmer und Eidechsen. Zu-
weilen holt er sich auch eine junge Ente oder einen kleinen Hasen.
Wer nimmt ihm das aber sehr übel?
Zusammenfassung! —
VI. Wohnung. Wohin baut^die Grasmücke ihr Nest? — Der
Sperling? — Wer hat schon ein Storchnest gesehen? — Wo saß es?
Dach. Zeige mir das Dach! Es war in einem Dorfe. Wer hat
hier in B. schon ein Storchnest gesehen? Also niemand. In der
Stadt wohnen sie nicht gern. Wo wohnen sie viel lieber? Dorf.
Wohin bauen sie dort ihr Nest? Auf das Dach des Landmannes.
Sprecht: Der Storch baut sein Nest gern auf das Dach des Land-
inannes. Die Landleute sehen es gern, wenn der Storch auf ihrem
Dache sein Nest baut. Warum sehen sie es gern? Sie meinen, er
bringe Glück in das Haus. Wie nennt man den Storch deshalb
auch? Glücksvogel. Damit der Storch sein Nest bequem bauen kann,
legt ihm der Landmann ein altes Wagenrad auf die Spitze seines
Daches. Der Storch weiß auch, daß das Rad auf dem Dache für ihn
bestimmt ist. Was tut er, wenn er im Frühjahr nach seiner Rückkehr
ein solches Rad auf dem Dache erblickt? — Was brauchen die
Störche Zum Nestbauen? Reiser, Dornen. Welcher Vogel baut auch
sein Nest aus Reisern? Rabe. Diese Reiser legen die Störche aber
nicht lose auf das Rad. Was würde geschehen, wenn ein starker
Wind käme? Herabwehen. Was müssen die Störche tun, damit
der Wind das Reisig nicht forttragen kann? Festmachen, befestigen.
Die Störche machen ihr Nest wie ein geschickter Korbmacher seine
Körbe. Wie wird ein Korb gemacht? Geflochten. Was tut auch
der Storch beim Nestbauen? Sprecht: Wenn die Störche ihr Nest
bauen, dann flechten sie Reisig fest zusammen. Womit wird das
Nest ausgepolstert? Gras, Moos, Federn. Weshalb? Damit es
— 112 —
weich wird. Ist das Nest fertig, dann legt die Störchin vier bis
fünf weiße Eier hinein und brütet sie ganz allein ans. Wer brütet
also nicht mit? — Womit muß er aber sein Weibchen versorgen,
solange es brütet? Futter, Nahrung. Und das tut er gern. Was
kriecht nach drei Wochen aus den Eiern hervor? — Nun ist es im
Neste lebendig. Wieviel Junge liegen manchmal in einem Storch-
riefte ? — Wer hat jetzt viel Arbeit? — Was bringen sie ihren
Jungen? Frösche, Schnecken. Das sind die feinsten Leckerbissen für
die kleinen Störche. Worin schleppen denn die Alten diese Tiere
herbei? Schnabel. (Am Unterschnabel haben sie nämlich einen kleinen
Sack, — Kehlsack; in diesem bringen sie ihren Kindern sogar Trink-
wasser.) Und wie freuen sich die kleinen Störche, wenn die Alten mit
Futter nach Hause kommen! Wodurch geben sie ihre Freude zu er-
kennen? Klappern. Wenn die kleinen Störche erst groß geworden
sind, stellen sie sich auf den Rand des Nestes und probieren .das
Fliegen. Anfangs geht es etwas ungeschickt, ja, es geschieht nicht
selten, daß sie dabei vom Dache fallen und auf den Hof stürzen. Sie
werden aber mit jedem Tage geschickter; nach einiger Zeit fliegen
sie davon und suchen sich selbst ihre Nahrung. Rückblick! —
Nun muß ich euch noch eine Geschichte erzählen, wie lieb die
alten Störche ihre Jungen haben.
,,Auf dem Strohdache eines alten Bauernhofes wohnte ein
Storchenpaar schon seit vielen Jahren. Allemal, wenn es Frühling
war, kamen sie wieder. Da sangen die Kinder im Dorfe:
„Hurra, hurra, hurra!
Der Storch ist wieder da.
Er bessert aus fem Nestelein
Und legt vier große Eier d'rein,
Und eh' wir's uns versehen,
Im Nest vier Störchlein stehen
Und rufen: Klapp, klapp, klapp!
Mama, gib einen Frosch uns ab!"
Und richtig, es dauerte nicht lange, da guckten vier Störchlein
über den Rand des Nestes hinaus.
Aber denkt euch! Eines Tages entsteht in dem Hause, auf dem
das Nest sich befindet, Feuer. Weiter und weiter greifen die Flam-
men. Der Bauer, dem das Haus gehört, rettet nur mit Mühe und
Not seine Sachen. Jetzt erfaßt das Feuer auch das Dach. „Ach, das
Storchnest!" rufen da die Leute. ,,Die armen, kleinen Störche!
Sie müssen verbrennen. Wir können ihnen nicht helfen." —
Auf einmal kommt von der Wiese her die alte Störchin geflogen.
Ach, wie ist sie ängstlich! Sie fliegt um den Rauch herum und zuletzt
— denkt euch! — hindurch zum Neste. Jetzt kommt sie zurück . . .
und was trägt sie im Schnabel? Ein Junges. Sie legt es an
einem Baume nieder. Und wieder fliegt sie zum Neste. Auch ihr
zweites Kindlein bringt sie glücklich heraus. Aber schon sind ihre
Federn (das Gefieder) versengt. Nochmals wagt sie sich durch Rauch
und Flammen hindurch; aber sie kehrt nicht mehr zurück. Sie hat
— 113 —
mit ihren beiden Jungen den Tod in den Flammen gefunden. Die
arme, gute Störchin!"
Was mag nun aber aus den anderen beiden Störchlein geworden
sein? Ein Bauer nahm sich ihrer an, fütterte sie, und sie wurden
groß. Klappernd schritten sie oft auf dem Hofe umher. Ob sie
wohl ihr Mütterlein werden vergessen haben? Die Leute im Dorfe
vergaßen die Storchmutter nicht, weil sie ihre Kinder so lieb gehabt
hatte.
Gewöhnlich wohnt auf einem Bauernhause nur ein Storchpaar;
dieses leidet nicht, daß sich noch ein anderes Paar in der Nähe ein
Nest baut. Wenn sich noch ein Paar anbauen will, so klappern sie
mit ihren Schnäbeln und drohen damit den Ankömmlingen. Wenn
diese dann noch nicht fortfliegen, werden sie arg gebissen. Den Sper-
lingen aber erlauben sie, sich in ihrem großen Neste ein Nestchen zu
bauen.
VII. Wegzug und Wiederkehr. Wann finden die Störche bei
uns keine Frösche mehr? Winter. Wo sind im Winter die Frösche?
Da müssen wohl die Störche verhungern? In welcher Jahres-
zeit ziehen die Störche fort? Sie nehmen aber vorher Abschied von
ihrem Hauswirte, von ihrem Dache, ihrem Dorfe usw.
Wer klappert am Dache, mein Kindlein? Horch, horch!
Ade, lieber Bauer! so rufet der Storch.
Nun ade denn, du Dorf und ihr fleißigen Leut',
Ihr Wiesen, ihr Sümpfe, wir scheiden ja heut'.
Eott segne das Hüttchen, auf dem wir gewohnt,
Cr lass' es von Feuer und Stürmen verschont.
Wenn lauer im Frühling die Lüfte dann weh'n,
Dann gibt es ein freudiges Wioderseh'n! t
Ade! Abc!
Auf einer Wiese versammeln sich alle Störche, heben sich dann
in die Höhe, fliegen noch einmal über die geliebte Heimat hin, und
dann geht es fort in die weite Welt. Die Reise dauert mehrere Tage.
Zuletzt müssen sie noch über ein großes Meer fliegen, und dann sind
sie in Ägypten. Wer hat schon etwas von Ägypten gehört? Erzähle!
Joseph wurde nach Ägypten verkauft usw. Nach welchem Lande
ziehen also die Störche im Herbste? Sprecht: Tie Störche ziehen in?
Herbste nach Ägypten. Wann kommen sie wieder? Im Frühlinge.
Wessen Bote ist er? — Gewöhnlich trifft der Storchpapa zuerst ein.
Das aber gibt eine Freude für jung und alt, wenn der alte Haus-
freund wieder auf dem Dache klappert. Namentlich jubeln die Kin-
der, wenn sie ihn zum ersten Male erblicken. ,,Papa, Mama, der
tetorch ist wieder da!" rufen sie hocherfreut den Eltern zu. Einige
^.age später stellt sich auch die Frau Störchin ein, und die erste Arbeit
des Storchpaares ist es, daß sie ihr Nest besichtigen und, wenn es
nötig ist, ausbessern.
storch und Störchin treiben nun wieder ihr Wesen wie im
vorigen Jahre.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Tand. 8
— 114 —
Zugaben:
1. Rätsel.
Es geht ein Mann im Grase, hat eine lange Nase,
Hat rote Stiesel an und dreht sich wie ein Edelmann.
2. Kmderrerme.
a) Storch, Storch, Langbein,
Bring mir auch ein Brüderlein!
Storch, Storch, bester,
Bring mir eine Schwester!
d) Storch, Storch, stipp die Bein',
Trag mich auf dem Rücken heim.
Kannst du mich nicht tragen,
Leg mich auf den Wagen!
Kannst du mich nicht ziegen,
Ei, so laß mich liegen!
3. Der Storch.
Klipp, klapp! Was ist denn das? Horch, horch!
Klipp, klapp! Das ist gewiß der Storch.
Ja freilich, springt nur schnell heraus!
Da droben sitzt er aus dem Haus.
Der ist gekommen über Nacht
Und hat den Frühling uns gebracht. (Güll.)
4. Der Storch und die Kinder.
Der Storch ließ auf dem Dach sich nieder,
Und sprach: „Da, Kinder, bin ich wieder!
Nun saget mir: Was ist gescheh'n,
Seit ich das Dörfchen nicht geseh'n?"
„Ei," sprach der Hans, „in diesen Tagen,
Da hat sich vieles zugetragen:
Mein Vater kaufte eine Kuh
Und meiner Schwester neue Schuh'.
Ich Hab' an Größe zugenommen
Und jetzt auch Stiefel und Hosen bekommen.
Weihnachten kriegte ich ein Schwert
Und ein sehr wildes Schaukelpferd,
Und in die Schule geht, mein Bester,
Jetzt auch die Suse, meine Schwester.
Und weil sie neulich nichts gewußt,
Hat sie nachbleiben schon gemußt." —
,,Pfui, Hans!" begann der Storch zu klappern,
„Man darf nicht aus der Schule plappern." (Löwenstein.)
5. Des Storches Wiederkehr.
Der Paul ruft den Peter, der Peter den Hans,
Der Hans ruft die Grete, die Grete den Franz,
Der Franz holt die Liese, die Liese den Fritz,
Die kommen gelaufen so schnell wie der Blitz.
„Was gibt es? Was ruft ihr? Was ist denn gescheh'n?"
„Wir haben Herrn Storch und Frau Störchin geseh'n."
„Ist's möglich? Wo sind sie? Wir seh'n sie ja nicht!
Ihr wollt uns nur necken!" — Doch Paul, der spricht:
— 115 —
„Nein, wirklich, ich sah ihn ganz genau,
Den Storch mit seiner lieben Frau.
Es schauten das Weibchen und der Mann
Ihr Nest vom vor'gen Jahr sich an.
Sie prüften, ob auch roarm und fest
Geblieben war' das alte Nest,
Und er befand ganz gut den Bau;
Doch hat den Kopf geschüttelt die Frau,
Als wollte sie zu dem Manne sagen:
Wir müssen noch Holz zusammentragen;
Mir will das Nest nicht richtig scheinen,
Ich muß ja sorgen schon für die Kleinen.
Und ach, der Winter hat arg gehaust
Und unfern Bau gar stark zerzaust.
Hier fehlt ein Reis und dort ein Ast,
Hier fehlen Blätter und dort der Bast.
Wir müssen uns an die Arbeit schicken
Und unser Häuschen flicken und schmücken.
Drauf haben sie prüfend das Nest umzogen
Und sind dann auf und davon geflogen."
Drob freuten sich Peter, Fritz und Franz,
Die Grete, die Liese und der Hans,
Und während sie blickten zum Dache hinauf
Da kamen herbei im schnellen Lauf
Die Kinder alle, die es vernommen,
Daß heut' der Storch wär' angekommen.
Da plötzlich rief die kleine Liese:
'„Da kommt ein Storch ja von der Wiese,
Ein Storch und noch einer hinterdrein;
'Das wird gewiß Frau Störchin sein." —
„Ja wohl!" so riefen mit lautem Schalle,
„Sie sind's! Sie sind's!" die Kinder alle.
Das ganze Dörfchen rief: „Hurra!
Der Storch, der Storch ist wieder da." (Löwenstein.)
6. Sto
Storch, Storch, Klappermann,
Hat ein schwarzweiß Röcklein an,
Steht auf unserm Scheunendach
Und klappert mir mein Kindchen wach.
Was hat er denn zu klappern,
Mit seiner Frau zu plappern?
7. Was der
,,Was plappert und was klappert, horch!
Ich glaube gar, es ist der Storch!
Gott grüß' dich, Storch! wo kamst
du her;
Ich sah dich gar so lang nicht mehr;
Ich sah dich nimmer rveit und breit
Die liebe, lange Winterszeit."
„Ei," spricht der Storch, „das glaub'
ich, Kind!
Denn ich war, wo die Mohren sind."
Von den grünen Wiesen,
Wo die Bächlein fließen,
Von den grünen Schlupfen,
Wo die Fröschlein hupfen,
Von dem Teich, den niemand find't,
Wo die Wickelkinder sind.
(Viktor Blüthgen.)
Storch erzählt.
„Was," ruft das Kind, „in Afrika?
Erzähl' mir doch, wie sieht es da!"
Und Storch, der weitgereiste Mann,
Fing also zu erzählen an:
„Das Afrika, das ist ein Land,
Voll Berg und Tal und Wüst' und Sand;
Da strahlt die Sonne glühend heiß;
Da reifen Datteln, Mais und Reis;
Da blüht die schöne Aloe,
Das Zuckerrohr und der Kaffee.
8*
— 116
Da wachsen gar, so hoch und stolz
Der Palmenbaum, das Ebenholz,
Es grünt und blüht, du glaubst es kaum,
Allda sogar der Butterbaum!
Und Vögel flattern mancherlei,
So auch der Schwätzer Papagei.
Da wohnt der schmutz'ge Hottentot,
Der glaubt nicht an den einen Gott;
Der Kaffer, Kopte und Fellah,
Und viele Neger wohnen da.
So Hab' ich ferner oft geseh'n,
Wie da die Pyramiden steh'n,
Gebäude aus uralter Zeit,
Die oben spitz und unten breit.
Da geht der Elefant umher,
Der Löwe brüllt, es brummt der Bär;
Langhalsig streckt sich die Eiraff,
Und in den Wäldern schreit der Äff."
„Du lieber Gott," so ruft das Kind,
,,Mein Störchlein, sag'mir doch geschwind,
Kamst du denn niemals in Gefahr
Bei dieser wilden Tiere Schar?"
Da macht der Storch ein ernst Gesicht
Und alsogleich er weiter spricht:
„Mein Kind, du nahmst mir dieses Wort
Gerade von dem Schnabel fort.
In Afrika ist auch der Nil
Und in dem Nil das Krokodil,
Und eben dieses böse Tier,
Das Krokodil, verschlang mich schier;
Denn als ich im Ägyptenland
Jüngsthin im sumpf'gen Delta stand
Bei einer schönen Froschmusik,
Da kam das Untier, lang und dick;
Aus seinem großen Rachentor
Streckt es den scharfen Zahn hervor
Und haut und schnappert schon nach mir,
O, dickes, langes Ungetier!
Doch entkanl ich noch zur rechten Zeit
Und flog davon und flog bis heut,
Und das ist noch das beste dran,
Daß 's Krokodil nicht fliegen kann."
„Ei," ruft das Kind verwundert aus:
„Du Storch bist ein gelehrtes Haus!
Und seit ich das erfahren Hab',
Zieh' ich vor dir mein Käppchen ab!"
3. Storch und Spatz.
Es hat der Storch sein Nest gebaut,
Und als er froh umher nun schaut,
Hoch über allen Häusern,
Da sitzt vor ihm ein kleiner Spatz
Und bittet um ein wenig Platz
Zum Nestchen in den Reisern.
Da spricht der Storch: Mein Nest ist groß,
Du bist ein kleines Vöglein bloß,
Ich tu' dir nichts guleide;
Du bist in gutem Schutz bei mir,
Auch nehm' kein Mietgeld ich von dir,
Platz ist ja für uns beide!"
Das Spätzlein dankt und baut sich an;
Der Storch hat ihm kein Leid getan
Und hat ihn nicht verstoßen.
So wohnten beide lange Zeit
In Frieden und in Einigkeit,
Der Kleine bei dem Großen.
(K. Enslin.
9. Die Störche.
Kind: Ihr lieben Störche, was habt ihr im Sinn,
Warum fliegt ihr alle zur Sonne hin?
Störche: Es wird so kalt und schaurig hier;
Uns friert, drum ziehen von dannen wir.
Kmd: Fliegt hin denn mit eurem leichten Gefieder;
Doch, Störche, das bitt' ich, kommt recht bald wieder!
Und wie sie waren fortgeflogen,
Da kam der Wmter hergezogen.
Das leere Nest auf dem Dache droben,
Das streut' er mit Federn voll bis oben.
Doch mocht' es ein kaltes Lager sein,
Da konnte sich wohl kein Storch dran freun. (W. Hey.)
Gesang:
— 117 —
1. Rätsel.
üolfärui'ije.
j l Auf untrer Wie - se ge - het was, wa - tet durch die
l Es hat einschwarzweißRöcklein an, tragt auch ro - te
«rr
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Süm-pfe Strüm-pfe, fängt die Frö - fche schnapp, wapp, wapp,
F3£ig=ifrz:=ft--fr—ds--—-—.—ß~\
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klap-pert lu - stig klap-per di klapp! Wer kann das er - ra - ten?
2. Ihr denkt: Das ist der Klapperstorch, watet durch die Sümpfe. Er
hat ein schwarzweißl Röcklein an, trägt auch rote Strümpfe, fängt die Frösche
schnapp, wapp, wapp, '.klappert lustig Klapper di Klapp! Nein, es ist Frau Störchin.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
2. Alles hat seine Zeit.
Mäßig bewegt.
Volksweise
HRi-B—-fH n !=;j=£=3 \ * ß 0~
f—4- * •—1 l-v—r—-—' 5=1
1. Geht ein Storch dort an dem Müh-len-bach. geht spa-
-iLk9-—-•-ß-M- -m t -I
bf£_ d: t—K "C? p 3
zie - ren fein
ge - mach.
Kaum be-
merkt's ein Frosch, und er mu - si
—z=£=trz
ziert, und da
■•zz=*=zw^=b=^
£= -Q =d =*=—»_-T=td
-p
hat der Storch ihn gleich ver-schna-bu-liert^ Geht ein
Storch dort an dem Müh - len - bach, geht spa-
"fr—f-r~ —«— ß ß - ^ri-
t —V— V 1
zie - ren fein ge - mach.
2- Als von fern das nun ein andrer sieht, duckt er still, still sich ins
Ried: ,,Hätt'st geschwiegen du doch zu rechter Zeit, konnt'st du musizieren auch
noch _ anderweit." Als von fern das nun ein andrer sieht, duckt er still, still
sich ins Ried. (Hoffmann v. Fallersleben.)
Mäßig.
3. Bei des Storches Wiederkehr.
Volksweise,
y> —i—)y—l—i— —i -#—lg— —J-^ f—t—^
-(w—^1—w— It1 # 4 _J—#
j sHabt ihr ihn noch nicht ver-nom-men? Auf dem Da - che
{ Un - ser Storch ist heim - ge-kom-mcn. hört doch, hört den
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fro^ hen Ton! } Klap-pre du, klappre du. klapp, klapp.klapp!
r-6-- -h-tj-N-i -N->-N-r-rn
"fo #--- -».-0-0- -^-->-^ —ä'—0-#— \
Klapp, klapp,klapp! Klap-pre du, klap-pre du im - mer zu!
2. Ja, du bist nun eingetroffen nach so langer Winternacht, hast er-
füllet unser Hoffen und den Frühling mitgebracht. :,: Klappre du, klappre
du, klapp, klapp, klapp!
3. Ach, wie tönt in unsre Ohren doch so süß der frohe Ton: Ja, wir
sind wie neu geboren, denn der Winter ist entflohn. :,: Klappre du, usw. :,:
(Hoffmann v. Fallersleben.)
4. Der Störche Wanderlied.
(SfJZelobie: Band I, S. 387.)
1. Fort, fort, fort und fort, an einen andern Ort! Nun ist vorbei die
Sommerzeit, drum sind wir Störche jetzt bereit von einem Ort zum andern
zu wandern.
2. Ihr, ihr, ihr und ihr, ihr Bauern, lebet wohl! Ihr gabt zur Herberg'
euer Dach und schütztet uns vor Ungemach; drum sei euch Glück und Frieden
beschieden.
3. Du, du, du und du, leb wohl, du schöner Teich: Du hast an deinen
Ufern oft verliehn, was unser Herz gehofft. Dein denken wir von ferne
noch gerne.
4. Ihr, ihr, ihr und ihr, ihr Frösche, lebet wohl! Ihr habt uns oft
Musik gemacht und uns mit manchem Schmaus bedacht. Lebt wohl auf
Wiedersehen! wir gehen.
5. Fort, fort, fort und fort usw. (wie Strophe 1.) i
(Hoffmann von Fallersleben)
Malendes Zeichnen:
— 119 —
5. Störche.
(Bild von Kehr-Pfeiffer.)
I. Das Bild im allgemeinen. Heute wollen wir dieses schöne
Bild miteinander betrachten. Was gefällt euch auf diesem Bilde am
besten? Störche. Wieviel Störche seht ihr? Zwei. Welcher von
beiden mag der Herr Storch sein? — Zeige ihn^ — Wie werden
wir den anderen Storch nennen müssen? Frau Störchin. Wo be-
finden sich diese beiden Störche? Im Neste. Zeige ihr Nest! —
— Woraus ist es gebaut? — Wohin haben die Störche ihr Nest
gebaut. Dach. Ihr könnt aber nicht das ganze Dach sehen, auch
nicht das ganze Gebäude, auf dem das Dach ist. Zeige, was du
von dem Dache siehst! Dies Dach befindet sich auf keinem Wohn-
Hause, sondern auf einer Scheune. Wie nennen wir das Dach einer
Scheune? Scheunendach. Wohin haben also diese Störche ihr Nest
gebaut? Sprecht: Diese Störche haben ihr Nest auf ein Scheunendach
gebaut.
Weshalb kann das Storchnest so leicht nicht vom Dache herab-
fallen? Die Störche haben es zwischen zwei Bretter gebaut, welche
am Giebel des Daches in die Höhe stehen. Was seht ihr an den
Enden der Bretter? Pferdeköpfe. In manchen Gegenden sind solche
Pferdeköpfe sehr häufig an den Giebeln der Bauernhäuser ange-
bracht. Wer hat schon ein Haus gesehen, dessen Giebel mit solchen
Pferdeköpfen verziert waren? — Wo stand das Haus? Ölper
(Nachbardorf).
Was seht ihr neben diesem Hause hier? (Der Lehrer zeigt die
anderen Häuser des Bildes.) Häuser. Was befindet sich zwischen
den Häusern? Bäume. Wo wachsen denn die Bäume? In Gärten.
Was bilden nun mehrere Häuser, die von Gärten umgeben sind?
Dorf. Was sehen wir also auf unserem Bilde? Dorf. Woran
sehr ihr noch, daß auf diesem Bilde ein Dorf abgemalt ist? Auf
dem Bilde sind nur einige Häuser. Weiter! Die Häuser sind klein.
Sie sind nicht dicht nebeneinander gebaut. Die Häuser stehen nicht
in gerader Reihe. Die Straße ist nicht gepflastert usw. Was ist
deshalb auf diesem Bilde abgemalt? Wo wohnen unsere Störche
also? Dorf. Dort wohnen sie am liebsten. Sprecht: Die Störche
wohnen am liebsten in einem Dorfe. Weshalb wohnen sie nicht
gern in der Stadt? Die Leute dulden die Störche nicht auf dem
Dache; sie werden hier gestört, auch ist es ihnen hier gewiß zu ge-
räuschvoll.
Viele von den Häusern auf unserem Bilde sind auch bewohnt.
Vor dieses Haus hier ist noch etwas vorgebaut, es hat einen Vor-
bau (Balkon). Wer steht hier auf dem Vorbau? Frau mit ihren
drei Kindern. Wo erblickt ihr noch einen Knaben? Straße. Männer
sieht man gar nicht in diesem Dorfe. Wo sind sie gewiß? Auf dem
Felde. Was machen sie dort? — Zusammenfassung: In diesem
— 120 —
Dorfe sehen wir nur eine Frau und vier Kinder. Die meisten Leute
sind auf dem Felde beschäftigt.
Wie sieht es links auf unserem Bilde aus? Grün. Was mag
das Grüne sein? Wald. Was seht ihr also an der linken Seite
des Dorfes? Sprecht: An der linken Seite des Dorfes sehen wir
einen Wald. In welchem Walde seid ihr schon gewesen? — Was
sähest du darin? Bäume, Sträucher, Blumen, Beeren, Vögel,
Schmetterlinge usw. Alles dieses ist auch in diesem Walde vor-
Händen.
Auch hinter dem Dorfe sieht es grün aus. Was mag das
Grüne sein? Sprecht: Hinter dem Dorfe sind große Wiesen. Wie
muß der Boden einer Wiese sein, wenn sie uns recht saftiges Gras
geben soll? Feucht. Deshalb ist es gut, wenn ein Bach oder
Graben die Wiese durchfließt. Welche Tiere siehst und hörst du
auf den Wiesen? Frösche. Wer frißt die Frösche gern? Storch.
Welches wird also wohl der Lieblingsaufeuthalt des Storches sein?
Wiese.
II. Das Bild in Beziehung zur Fabel. Nun seht euch die
Bäume in den Gärten an! Wie sehen sie aus? Grün. Womit sind
sie wohl bedeckt? Blätter. Was seht ihr zwischen den Blättern?
Blüten. Welche Jahreszeit haben wir, wenn die Bäume mit Blättern»
und Blüten bedeckt sind? Frühling. Welche Jahreszeit zeigt also
unser Bild? — Woran seht ihr noch, daß es Frühling ist? Zug-
vögel sind wieder da. Nenne Zugvögel, die wieder da sind! Störche.
Wann haben uns die Störche verlassen? — Warum gefällt es
ihnen im Winter nicht bei uns? Zu kalt. Weiter! Sie finden
keine Frösche, Mäuse und andere Tiere. Wie wäre es den Störchen
ergangen, wenn sie hier geblieben wären? — Wohin sind sie des-
halb gezogen? — Ja, nach einem Lande, weit, weit von hier, wo
es nicht friert und nicht schneit, wo immer Sommer herrscht, wo
es das ganze Jahr Frösche, Fische und Eidechsen die Fülle gibt.
Woran fehlt es ihnen also in dem fernen Lande nicht? An Nah-
rung. Dort hätten sie also immer bleiben können. Weshalb bleiben
sie aber nicht in dem fernen Lande? Bei uns gefällt es ihnen am
besten; denn bei uns sind sie geboren und groß geworden, bei uns1
ist ihre Heimat. Es geht den Störchen gerade so wie den Menschen.
Wo sind sie auch am liebsten? Heimat. Wie lange bleiben die Störche
in der Fremde? Bisses hier Frühling wird. Wer sagt es aber den
Störchen, daß der Frühling bei uns eingekehrt ist? Der liebe Gott.
Als bei uns die Teiche und Bäche auftauten und die Blümelein wieder
blühten, da sagte der liebe Gott zu den Störchen: ,,Nun fängt in
eurer Heimat der Frühling wieder an". Und was taten die Störche
sogleich? — Nun sind sie wieder da. Frühmorgens sind sie ange-
kommen und haben glücklich ihr altes Nest wiedergefunden. Die
Bauernfrau im Nachbardorfe war eben dabei, für ihre Kinderchen
Kaffee zu kochen, da vernimmt sie das Geklapper der Störche, und
schnell läuft sie zu ihren Kleinen in die Stube und ruft: ,,Die Störche
- 121 —
sind wieder da!" Schnell springen dieselben von ihren Plätzen und
eilen auf den Vorbgu, um sich die längst erwarteten Gäste ansehen
zu können. Wieviel Kinder erblickt ihr? Drei. Gib jedem Kinde
einen Namen! — Wie hält die kleine Hedwig die Arme? — Was
möchte sie am liebsten tun? Die Störche umarmen. Otto ruft ihnen
einen freundlichen Gruß zum Willkommen zu. Was sagt er viel-
leicht? — Auch die kleine Marie freut sich schon über die neuen
Gäste. Woran seht ihr dgs? Hier unten auf der Straße sehen wir
noch einen kleinen Jungen. Er sollte Brot vom Bäcker holen. Was
hört er da? D,as Klappern der Störche. Sofort bleibt er stehen.
Wohin schaut er? — Wohin hat er seine Hände gelegt? — Was
wird er zu den Kindern sagen, die noch angelaufen kommen? „Hurra,
unsere Störche sind wieder da! Gebt acht, gleich klappern sie!"
Jetzt wißt ihr schon, weshalb die Störche wiedergekommen sind.
Sage es noch einmal! Es war aber auch gerade ein Tag, wie er
den Störchen wohl gefallen konnte. Wie schien die Sonne? Welche
Jahreszeit kommt dann bald? Sommer. Der Sommer ist schon
nahe. Die Störche sahen die Kinder an, als ob sie ihnen erklären
wollten, warum sie da wären. Was werden sie dann sagen müssen?
Die Sonne scheint, der Sommer ist schon nahe, da sind wir Störche
wiedergekommen. So sprachen sie:
„Die Sonne scheint, der Sommer ist nah,
Nun sind auch wir Störche wieder da."
Wiederhole noch einmal, was die Störche sagen! Du auch!
Alle! — Es gibt Leute, die ihre Heimat vergessen, wenn sie einmal
in ein fernes Land gezogen sind. Was kannst du aber von den
Störchen nicht sagen, die im fernen Lande waren? Sie haben ihre
Heimat und ihr Vaterhaus (das Nest) nicht vergessen. Auch das sagen
sie den Kindern. Wiederhole es noch einmal! Wir waren wohl in
einem fernen Lande, aber wir haben unser Nest nicht vergessen. So
sprachen sie:
„Wir haben im fernen Land unterdessen,
Nicht unser liebes Nest vergessen."
Einprägen! — Worüber haben sich die Störche gefreut, als sie
wieder ins Dorf kamen? Daß ihr Nest noch da war. Was hätte
der Sturm mit dem Neste tun können? Herabreißen. Was haben
die Störche vielleicht gesagt, als sie ihr Nest von ferne sahen? Da
steht es noch. Aber so, wie das Nest bei ihrer Ankunft war, konnten
sie es doch nicht bewohnen. Was mußten sie erst tun? Reinmachen,
ausbessern. Oder: Sie mußten es putzen. Was war dann erst mög-
lich? Dann erst konnten sie darin wohnen. Was wollte dann die
Störchin tun? Eier hineinlegen. Weiter! Die Eier ausbrüten. Was
werden also die Störche noch zu den Kindern sagen? Wir freuen
uns, daß das Nest noch da ist. Wir wollen es putzen und dann
darin wohnen. Ich lege Eier hinein, die wollen wir ausbrüten.
Hört, was sie sagten:
— 122 —
„Da steht's noch - nun wollen rvir's putzen und hüten
Und still drin wohnen und fröhlich brüten."
Einprägen! — Nun wollen wir alles wiederholen, was die
Störche den neugierig zuschauenden Kindern erzählt haben. — Chor!
Was die Störche sich vorgenommen, daß haben sie auch sogleich
getan. Zuerst wurde das Nest gründlich untersucht. Dabei fand
denn das Storchenpaar, daß der Sturm an ihrer Wohnung arg ge-
rüttelt und geschüttelt hatte. An mehreren Stellen hatte der Sturm
Reisig losgerissen. Was taten die Störche? Sie holten neue Reiser
und besserten das Nest aus. Seht die Frau Störchin an! Was hat
sie in ihrem Schnabel? Reiser. Was tut sie also schon? Wer wird
ihr beim Ausbessern fleißig helfen? — Nun wurde das Stroh
untersucht. Wie sah es mit dem alten Stroh aus? Das alte Stroh
war faul und schmutzig geworden. Weiter! Sie warfen das alte
Stroh fort, holten neues Stroh und fütterten damit das Nest aus.
Zeige das neue Stroh! Seht nur, wie gelb und sauber es aussieht!
Die Störche begannen ihre Arbeit schon am frühen Morgen. Wann
hörten sie erst auf? Abend. Wie arbeiteten sie deshalb? Fleißig.
— eifrig. Weshalb arbeiteten sie so eifrig? Das Nest sollte bald
fertig werden. Wer fleißig arbeitet, der ist auch froh gestimmt.
Wie waren auch unsere Störche bei ihrer Arbeit? Froh. Ich will
euch kurz sagen, was sie alles taten und wie sie waren:
„Sie bauten es aus mit Holz und Stroh,
Sie waren so eifrig dabei, so froh."
Einüben! — Was tat die Störchin, als das Nest fertig war?
Legte Eier hinein. Und zwar so viele (die Hand heben). Wieviel
also? Fünf. Und nun saß sie Tag und Nacht auf den Eiern und
wärmte sie. Dafür sagen wir: Sie brütete auf den Eiern. Wie
lange mußte die Störchin auf den Eiern brüten? Drei Wochen. Was
tat der Herr Storch während dieser Zeit? Holte Futter für seine
Frau, leistete ihr Gesellschaft usw. Was geschah nach drei Wochen?
Die jungen Störche krochen aus. Nun hörte man bald gar mancher-
lei Klang vom Storchneste her. Wer machte den Klang? Die jungen
Störche. Womit machten die jungen Störche gar mancherlei Klang?
Lernt:
„Frau Störchin saß drauf drei Wochen lang,
Da hörte man bald gar mancherlei Klang."
Einüben! — Wieviel junge Störche lagen im Neste? Fünf.
Jetzt gab es für die alten Störche viel zu tun. Was denn? Futter
holen für die Jungen. Was brachten die alten Störche ihren
Kindern? Frösche. Wenn der alte Storch mit einem Frosch im
Schnabel angeflogen kam, dann konntet ihr auch die jungen Störche
sehen. Was taten diese dann? Reckten die Köpfe in die Höhe und
sperrten die Schnäbel auf. Weshalb reckten sie ihre Köpfchen so
hoch? Jeder wollte zuerst Futter haben. Und weshalb sperrten sie
ihre Schnäbel auf? Hungrig. Lernt:
— 123 —
„Fünf Störchlein reckten die Köpfchen herauf,
Und sperrten die hungrigen Schnäbel auf."
Einüben! — Chor! —
III. Verwertung. Weshalb sind die Störche nicht im fernen
Lande geblieben? Die Störche haben ihre Heimat lieb. Weshalb?
In der Heimat ist es schöner als in der Fremde. Ihr habt auch eine
Heimat. Wie heißt deine Heimat? Warum habt ihr die Heimat
lieb? — Wie kannst du zeigen, daß du deine Heimat lieb hast?
„Wenn du noch eine Heimat hast, so danke Gott und sei zufrieden."
Als die Störche von ihrer Reise zurückkehrten, fingen sie gleich
vom frühen Morgen bis zum späten Abend an zu arbeiten. Wie
waren die Störche bei ihrer Arbeit? Fleißig, fröhlich. Auch dieses
wollen wir den Störchen nachtun. Bei all unserer Arbeit in der Schule
und im Hause wollen wir munter und froh, vergnügt und fröhlich
sein. Gern wollen wir unsere Schularbeiten anfertigen, aber ebenso-
gern wollen wir unserer Mutter in Küche und Stube helfen. •—
Welches war die erste Arbeit der Störche, als sie zurückgekehrt
waren? Sie besserten ihr Nest aus. Warum tun sie das? Sie sind
ordentlich. Wie kannst du zeigen, daß du ordentlich bist? —
Neuntes Kapitel.
Der Wald.
1. Der Wald.
I. Bäume. Hat euch der Spaziergang, den wir gestern gemacht
haben, gefallen? — Dann will ich einmal hören, was ihr noch
davon wißt. (Der Weg nach dem Walde nach ganz bestimmten,
von allen .Rindern gekannten Merkmalen.) Die Sonne schien gar
warm. Wie freuten wir uns da, als wir in den Wald traten!
Warum denn? — Wie war's im Walde? Sprecht: Im Walde ist
es kühl und schattig. Wer gab uns den kühlen Schatten? Bäume.
Im Walde gibt es viele Bäume, wir können sie gar nicht alle zählen.
Wo stehen nicht so viele Bäume nebeneinander? Garten. Im Garten
stehen die Bäume weit auseinander. Wie stehen sie im Walde?
Sprecht: Im Walde stehen viele Bäume dicht beieinander. Die
Äste und Zweige gehen oben zusammen und bilden ein Dach. Welche
Farbe hat das Dach? — Wogegen schützt das schöne, grüne Dach?
Regen, Sonnenstrahlen. Darum ist es auch so kühl im Walde.
Wir haben uns verschiedene Bäume im Walde angesehen. Ich
zeigte euch zuerst einen recht großen, dicken Baum; er hatte eine
rissige Rinde, und seine Zweige breitete er recht weit aus. Wie heißt
der Baum? Eiche. Hier seht ihr ein paar Blätter von der Eiche.
Wozu gebraucht man sie oft? Zum Guirlandenwinden. An welchem
Baume wachsen diese Blätter? Eiche. Was für Bäume gibt es also
im Walde? Sprecht: Im Walde gibt es Eichbäume. Neben den
Eichen standen noch viele andere Bäume,- sie waren auch recht groß
und hatten eine glatte, graue Rinde. Was für Bäume sind das?
Buchen. Sprecht: Im Walde wachsen auch Buchen. (Zusammen-
fassung: Im Walde wachsen Eichen und Buchen.) Ich zeigte euch
noch ein anderes hübsches Bäumchen; schon von weitem schimmerte
sein weißer Stamm und sein hellgrünes Älcib durch die Zweige.
Welches Bäumchen ist das? Birke. Die Birke kennt ihr doch ge-
wiß alle. Ich erinnere nur an die Rute. Aus was für Reisern wird
sie gemacht? Wo wächst auch die Birke? Sprecht: Im Walde
125 —
wachsen auch Birken. (Zusammenfassung: Im Walde wachsen
Eichen, Buchen und Birken.)
Die Eiche ist mit schönen grünen Blättern geschmückt. Die Blätter
nennt man auch noch Laub. Wie nennt man die schönen grünen
Blätter? — Was trägt auch die Buche? Laub. Und die Birke? —
Alle Bäume, welche Laub tragen, nennen wir Laubbäume. Zu
welchen Bäumen gehört also die Eiche? — Warum? Zu welchen
Bäumen gehört auch die Buche? Warum? — Die Birke? —
Sprecht: Die Eichen, Buchen und Virken gehören zu den Laub-
bäumen. Wer kennt noch andere Laubbäume? —
Wir haben auch Bäume gesehen, welche kein Laub tragen. Sie
hatten zwar Blätter, aber diese waren ganz schmal und spitz, so daß
man sich damit stechen konnte. Wie nennen wir diese schmalen,
spitzen Blätter? Nadeln. Welche Bäume tragen Nadeln? Tannen-
bäume. Am Rande des Waldes sahen wir viele kleine Tannenbäume,
lauter hübsche kleine Ehristbäumchen. Seht euch dies Ästchen vom
Tannenbaume an! Wo stehen die Nadeln? Zu beiden Seiten an
den Zweigen. Was siehst du auf der unteren Seite einer jeden
Nadel? Zwei silberweihe Streifen. Hier zeige ich euch noch ein paar
Äste mit Nadeln. Wo habe ich auch diese Äste gepflückt? — Welches
Ästchen hat die längsten Nadeln? Kiefer. Wieviel Nadeln stehen
bei der Kiefer immer beieinander? Zwei. Woran kannst du also
die Kiefer erkennen? — Wieviel Nadeln sitzen an diesem Ästchen
nebeneinander? Eine. Die Nadeln sitzen einzeln rund um die Zweige.
Von welchem Baume habe ich dieses Ästchen gepflückt? Fichte
Woran erkennt ihr die Fichte? — Welche Bäume wachsen also auch
im Walde? Sprecht: Im Walde wachsen Tannen, Fichten und
Kiesern. Unterscheide sie! Zeige das Tannenästchen! usw.
Was tragen diese Bäume für Blätter? Nadeln. Wie nennt
man die Bäume, welche Nadeln tragen? Nadelbäume. Was für ein
Baum ist also die Tanne? — Warum? — Die Fichte? — Warum?
Die Kiefer? Warum? — Sprecht: Die Tanne, die Fichte und
die Kiefer sind Nadelbäume. Es gibt also zweierlei Bäume im
Walde. Welche? Laub- und Nadelbäume. Welchen Namen müssen
wir nun allen diesen Bäumen geben, weil sie im Walde wachsen?
Waldbäume. Die Eiche ist ein Waldbaum. Die Tanne usw.
In manchen Wäldern stehen nur Eichen. Wie nennen wir einen
Wald, in dem nur Eichen stehen? Eichenwald. Wie wird ein Wald
genannt, in dem nur Tannen, — Buchen, — Birken wachsen? -—
II. Sträucher. Im Walde wachsen auch Sträucher. Was für
Sträucher habe ich euch gezeigt? Haselsträucher, Himbeer- und Brom-
beersträucher usw. Sprecht: Im Walde wachsen Haselsträucher, Him-
beerfträucher, Brombeersträucher und viele andere Sträucher. Warum
gefällt euch der Haselnußstrauch so gut? — Der Himbeerstrauch?
Wie sehen^die reifen Himbeeren aus? Rot. Aber die reifen Brom-
beeren? schwarz. Weshalb pflückt ihr auch die reifen Brombeeren
gern? Eßbar. Weshalb müßt ihr aber beim Pflücken der Brom-
— 126
beeret! vorsichtig sein? Sticht. — Nennt andere eftbare Waldbeeren!
— Wo gibt's auch Sträucher? Garten. Welche? An einigen Stellen
standen die Sträucher so dicht oder dick im Walde, daß wir kaum
hindurchgehen konnten. Wir sagen: Die Sträucher bilden ein Dickicht.
Was bilden die Sträucher, wenn sie so dicht oder dick stehen? Sprecht:
Wenn die Sträucher dicht beieinander stehen, so bilden sie ein Dickicht.
In einem Dickicht können wir uns gut verstecken. Welche Tiere
verstecken sich gern im Dickicht? —
III. Blumen, Gras. Moos.Erdbeerbüsche.Heidelbeerbüsche,Farn-
kräuter, Pilze. Im Walde gibt's auch Blumen. Wie nennen wir alle
Blumen, die im Walde wachsen? Waldblumen. Welche Waldblume
haben wir gepflückt? Schlüsselblume. Welches andere Blümchen
fanden wir auch noch? Maiblümchen. Sprecht: Die Schlüsselblume,
die Maiblume usw. sind Waldblumen. Nennt andere Waldblumen!
— Manche Plätze im Malde sehen aus wie eine Wiese. Weshalb?
Was wächst also auch im Walde? Gras. Auf dem Boden im
Walde geht sich's oft sehr weich. Niemand hört euch auftreten.
Warum nicht? Da liegen (Tannen-) Nadeln, da steht Moos. Hier
zeige ich euch Moos. Wie sieht es aus? Grün. Es sind lauter
kleine Pflänzchen, die stehen dicht beieinander und bilden eine weiche,
grüne Decke. Im Walde wächst Moos. Zwischen dem Moose stehen
grüne Sträuchlein: Erdbeerbüsche, Heidelbeerbüsche, Farnkräuter
(wie Palmen). Wir sahen auch kleine Männlein; sie standen auf
einem Beine und hatten einen großen Hut auf dem Kopfe. Pilze.
Im Walde wachsen Pilze. Wer hat schon Pilze gegessen? (Den
gelben Pfifferling, den Steinpilz.) Was kann man also mit den
Pilzen tun? Essen. Aber nicht alle Pilze sind genießbar. Es gibt
auch giftige Pilze, z. B. den Fliegenpilz mit seinem schönen, roten
Hute. Zusammenfassung: Im Walde finden wir Blumen,
Gras, Moos, Erd- und Heidelbeerbüsche und Pilze.
IV. Tiere. Jetzt sollt ihr mir auch Tiere nennen, die sich im
Walde aufhalten; zuerst recht große? Hirsch, Reh. Diese Tiere
wohnen gewöhnlich in recht großen Wäldern. Welche Tiere wohnen
in dem Walde, den wir besucht haben? Fuchs, Dachs, Hase, Eich-
Hörnchen. Alle diese Tiere sind nicht zahm wie unsere Pferde und
Kühe; sie fürchten sich vor den Menschen, laufen eiligst davon, wenn
sich ihnen jemand nähert. Solche Tiere nennt man wilde Tiere.
Sprecht: Die Waldtiere nennt man wilde Tiere (oder Wild).
In den Bäumen des Waldes wohnen viele Vögel. Wodurch
haben uns die Vögel erfreut? Gesang. Welcher Vogel singt am
schönsten? Nachtigall. Welche singen auch sehr schön? Amsel, Drossel.
Welcher Vogel ruft seinen eigenen Namen? Kuckuck. - Wie heißt
der Zimmermann unter den Vögeln? Specht. Wir haben den Specht
bei der Arbeit gesehen. Wie arbeitet er? — Weshalb hackt er
Löcher in die Rinde? Käfer, Maden. Wie nennt man alle Vögel,
die im Walde wohnen? Waldvögel. Was für ein Vogel ist also
der Kuckuck? Nennt andere Waldvögel! —
— 127 —
Auch an kleineren Tieren fehlt es im Walde nicht. Einige fliegen
im Walde umher, sind aber doch keine Vögel. Welche meine ich?
Schmetterlinge, Fliegen, Mücken. Zwischen dem Laube und Moose
liefen auch viele kleine Tiere umher. Welche? Käfer. Nennt einige
Käfer! Wie heißen die Käfer, die so schnell laufen können? Lauf-
käfer. Nenne den größten Käfer! Hirschkäfer. Woran erkennt ihr
den Hischkäfer? — Ein langes, graues Tierchen, so dick wie mein
Finger, hat einige Knaben recht erschreckt. Wie heißt dieses Tier-
chen? Eidechse. Weshalb hatten sie Furcht vor der Eidechse? Sie
meinten, sie wäre giftig. Das ist aber nicht wahr, die Eidechse tut
euch nichts zuleide. Was tut sie vielmehr, wenn sie euch sieht? —
Weshalb? Fürchtet sich. Aber ein giftiges Tier gibt es in unseren
Wäldern. Wer weiß, wie es heißt? Kreuzotter. Hier in diesem
Glase seht ihr eine Kreuzotter! Welche Gliedmaßen fehlen ihr?
Beine. Am besten könnt ihr die Kreuzotter an diesem dunklen, zick-
zackförmigen Streifen auf dem Rücken erkennen. Langsam und be-
dächtig schlich ein anderes Tierchen über den Weg. Man sah kaum,
daß es von der Stelle kam. Welches Tier meine ich? Schnecke.
Von ihr sagte Karl:
Ei, wie langsam, ei, wie langsam Ei, wie langsam, ei, wie langsam
Kommt die Schnecke von ihrem Fleck. Steigt die Schnecke im Gras daher.
Sieben volle Tage braucht sie, Potz! da wollt' ich anders laufen,
Von der Eck zur andern Eck. Wenn ich so ein Schnecklein war!
(Fr. Güll.)
Niemand wollte die Schnecke angreifen. Weshalb nicht? Schlei-
mig. Rückblick! —
V. Gehölz. Einen kleinen Wald nennt man ein Holz oder
Gehölz!. Wie? — Sprecht das zusammen! — Welches Holz liegt in
unserer Nähe? — Wer ist schon im P.'schen Holze gewesen? — Wer
kennt noch einen kleinen Wald oder ein Holz? —
VI. Menschen im Walde. Zuweilen steht ein Haus im Walde.
Wie heißt ein Haus, das im Walde oder Forste liegt? Forsthalls.
Wer wohnt im Forsthause? Förster. Wer hat schon einen Förster
gesehen? Woran erkennt man den Förster? — Was hat der Förster
zu tun? Er sieht darauf, daß kein Holz gestohlen und kein Baum
beschädigt wird; er läßt alte Bäume abhauen (fällen). Das Fällen
der Bäume besorgen die Waldarbeiter (Holzhacker). Die kommen
mit Säge und Beil, und bald liegen die Bäume umgehauen a*m
Boden. Die Äste werden abgehackt und nach Hause gefahren, die
ge!ben schönes Brennholz. Der Stamm aber wird nach der Säge-
mühle gebracht und in Bretter zersägt. ■— Der Förster läßt auch
junge Bäume anpflanzen.
Unter vielen Bäumen liegen trockene Zweige. Woran erkennst
du die trockenen Zweige? — Wie kommen sie unter die Bäume?
Wind a'bgeweht. Da bleiben sie nicht lange liegen! Arme Leute
kommen und sammeln sie, nehmen sie mit nach Hause. — Ich
habe eine Frau gesehen, die hatte ihre Kiepe ganz voll Holz ge-
128 —
packt. — Im Monat Mai gehen auch viele Leute in den Wald!
Die suchen Maiblumen. Ich bin mit meinem Vater auch da ge-
Wesen, wir haben einen dicken Strauß gepflückt. Arme Kinder
holen Maiblumen aus dem Walde und verkaufen sie dann. — Am
lebendigsten ist es im Walde zur Zeit der Heidelbeerernte. Erzähle
von den Leuten, die Heidelbeeren sammeln! — Beim Heidelbeer-
sammeln kann man aber die Näscher erkennen. Weshalb?
Wo bin ich gewesen?
Wo bin ich gewesen! Nun rat einmal schön!
Im Wald bist gewesen, das Kann ich ja fel)n.
Spinnweben am Kleidchen, Tannnadeln im Haar,
Das bringt ja nnr mit, wer im Tannenwald war.
Was tat ich im Walde? Sprich, weißt du das auch?
Hast Beerlein gepickt vom Heidelbeerstrauch.
O, sieh nur, wie blau um das Mündchen du bist!
Das bekommt man ja nur, wenn man Heidelbeeren ißt.
Im Sommer gehen die Menschen gern in den Wald. Warum?
Im Walde ist es kühl. Im Walde ist gesunde Luft. Gesang der
Vögel usw. Nach welchem Walde oder Holze gehen deine Eltern?
— Nehmen sie dich mit? — Was macht ihr im Holze? — Kleine
Kinder dürfen nicht allein in den Wald gehen. Warum nicht?
Zusammenfassung: Im Walde treffen wir den Förster, den Holz-?
Hacker, die Holzleser, die Veerer^ucher und Spaziergänger.
VII. Vergleich mit dem Garten. Wir wollen jetzt den Wald
mit einem Garten vergleichen. Zuerst wollen wir zusehen, in welchen
Stücken beide einander gleichen. Welche Pflanzen findet man im
Walde und im Garten? Bäume, Sträucher, Blumen. Welche Früchte
findet man in beiden? Erdbeeren, Himbeeren. Welche Tiere haben
wir in beiden gefunden? Vögel, Käfer, Schmetterlinge. Gib an, in
welchen Stücken Wald und Garten einander gleichen!
Nun wollen wir zusehen, worin beide voneinander verschieden
sind. Was für Bäume stehen im Walde? — Was für welche imi
Garten? — Wo sind weit mehr Bäume vorhanden? Wald. Sie
stehen im Walde aber nicht immer gleich weit voneinander entfernt.
Was weißt du darüber zu sagen? Bald dicht zusammen, bald weit
auseinander. Man sagt: Die Bäume des Waldes stehen unregel-
mätzig. Erfragen! Was meint man damit? Wie sind dagegen
die Obstbäume im Garten gepflanzt? In Reihen, gleichweit von-
einander entfernt. Dafür sagen wir auch noch: Sie sind regelmäßig
gepflanzt. Erfragen! — Was meint man damit? — Wie ist der
Boden des Waldes? Uneben, bergig. Wie ist dagegen der Boden
des Gartens? Eben. Womit ist der Garten gewöhnlich umgeben?
Zaun. Den finden wir am Rande des Waldes nicht. Welche Tiere
leben nur im Walve? Das Wild. Was für Häuser findet man im
Walde? — Was für welche im Garten? Rückblick!
VIII. Rätsel. Nun sollt ihr noch ein Rätsel raten. Hört (Strophe
1 bis 4)!
129
Die Wege, die sind weit und breit
Mit bunten Blumen überstreut;
Das Pflaster, das ist sanst und weich,
Und seine Färb' den Häusern gleich.
Es wohnen viele Leute dort,
Und alle lieben ihren Ort.
Ganz deutlich sieht man dies daraus,
Daß jeder singt in seinem Haus.
Ich weiß euch eine schöne Stadt,
Die lauter grüne Häuser hat.
Die Häuser, die sind groß und klein,
Und wer nur will, der darf hinein.
Die Straßen, die sind freilich krumm,
Sie führen hier und dort herum,
Doch stets gerade fortzugehn,
Wer findet das wohl allzuschön?
Nun, was ist unter der Stadt gemeint? — Unter den grünen
Häusern? — Was haben wir unter den Straßen und Wegen zu ver-
stehen? Die Gänge zwischen den Bäumen. Wie sind diese beschaffen?
ftrumm. Um was muß man oft herumgehen? — Woraus besteht
das weiche, grüne Pflaster? Gras, Moos. Wer sind die Bewohner
des Waldes? — Welche von ihnen sind besonders froh? — Woran
merken wir das? —
Die Leute, die sind alle klein;
Denn es sind lauter Vögelein,
Und meine ganze grüne Stadt
Ist, was den Namen „Wald" sonst hat.
Formen: Pilz, Baumstumpf, Iägerhut, Hirschfänger, Flinte.
Zugaben:
1. Rätsel.
Der arme Tropf
Hat einen Hut und keinen Kopf,
Und hat dazu
Nur einen Fuß und keinen Schuh. (Fr. Güll.)
2. Des Kindes Sehnsucht.
,,Heisa! der Vater geht mit mir zum Wald!
Vater, ich warte schon, — kommst du bald?
Wie denk' ich mir den Wald so schön!
Ich Hab' noch nie einen Wald geseh'n.
Da blühen Blumen, so viel und groß,
Da wachsen Beeren und weiches Moos,
Da singen Vögel; — ward mir gesagt —
Drum frisch zum Walde den Schritt gewagt!
Ist's, lieber Vater, noch weit zum Wald?" —
„Nur ruhig, Kind! — wir seh'n ihn bald.
Siehst dort du die hohen Bäume steh'n?" —
,,Ia, lieber Vater, die sind recht schön!
Und hinter den Bäumen, nicht wahr, dann bald,
Dann wird er kommen, der liebe Wald?
Ach, Bäume und immer Bäume nur —
Und von dem Walde noch keine Spur!
Ach, bester Vater, das ist nicht schön,
Daß wir vor Bäumen den Wald nicht seh'n!"
Des Menschen Schauen — ist Kindes-Blick,
Des Menschen Hoffen — ist Kindes-Glück.
Er weiß nicht, wenn die Natur ihn küßt,
Daß er schon mitten im Himmel ist. (Seltzsam's Lesebuch.)
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. g
130
3. Besen und Rute.
Der Besen, der Besen, Die Rute, die Rute,
Was macht man damit? Was macht man damit?
Man kehrt damit die Stuben. Man klopft damit die Buben.
Warum nicht die Mädchen?
Das war' eine Schand',
Die folgen schon von selber
Und spinnen Gewand.
4. Waldkonzert.
Konzert ist heute angesagt
Im frischen, grünen Wald!
Die Musikanten stimmen schon —
Hört, wie es lustig schallt!
Das jubiliert
Und musiziert,
Das schmettert und das schallt!
Das geigt und singt
Und pfeift und klingt
Im frischen, grünen Wald!
Der DiestelfinK spielt keck vom Blatt
Die erste Violin,
Sein Vetter Buchfink nebenan
Begleitet lustig ihn.
Frau Nachtigall, die Sängerin,
Die singt so hell und zart,
Und der Herr Hänfling bläst dazu
Die Flöt' nach bester Art!
Die Drossel spielt die Klarinett',
Der Rab', der alte Mann,
Streicht den verstimmten Brummelbatz,
So gut er streichen kann.
Der Kuckuck schlägt die Trommel gut,
Die Lerche steigt empor
Und schmettert mit Trompetenklang
Voll Jubel in den Chor!
Musikdirektor ist der Specht,
Er hat nicht Rast noch Ruh',
Schlägt mit dem Schnabel, spitz und lang,
Gar fein den Takt dazu.
Verwundert hören Has' und Reh
Das Fiedeln und das Schrei'n.
Und Biene, Mück' und Käferlein,
Die stimmen surrend ein.
Das jubiliert
Und musiziert,
Das schmettert und das schallt!
Das geigt und singt,
Das pfeift und klingt
Im frischen, grünen Wald!
(Diefenbach.)
5. Waldmännchen.
Es wollt' ein Knäblein in den Wald
Gar munter und geschwind;
Die Mutter sprach : „Komm wieder bald
Und nasche nicht Beeren, mein Kind!"
Da sprang das Knäblein fort und fort
Und trieb sein lustiges Spiel;
Gedachte nicht der Mutter Wort
Und naschte der Beeren gar viel.
Und als die dunkle Nacht begann,
Da schlich es müd' nach Haus.
Die Mutter sprach : ,,Was hastdu getan?
Du siehst ja so kümmerlich aus!"
6. Was den Kindern
Zwei Kinder gehen ganz allein
Frühmorgens in den Wald hinein.
Da springen sie wohl hin und her
Nach mancher Erd- und Heidelbeer'
Und essen sich gemütlich satt
Das Knäblein sagt: „Wie sollt ich sein?
Ich bin ja frisch und gesund;
Waldmännchen hat Kirchen ohne Stein,
Die schmeckten so sütz mir im Mund."
Da ward vor Schreck die Mutter bleich
Und wandte hinweg ihr Gesicht;
Doch barg sie die Furcht und lächelte gleich
„Waldmännchen, Kind, gibt es ja nicht."
Nicht schlief die Mutter die ganze Nacht,
Wach hielt sie Kummer und Harm;
Und als am Morgen der Tag erwacht,
Hielt tot sie den Knaben im Arm."
im Walde passiert ist.
Und werden endlich müd' und matt.
Die Hitze ist auch gar zu groß!
Sie legen nieder sich aufs Moos —
Kein Bettchen könnte weicher sein;
Nicht lange währt's, sie schlafen ein.
131 —
Da kommen aus dem dichten Wald
Hervor die Tiere mannigfalt.
Wie sie die beiden Kinder sehn,
Da bleiben sie verwundert stehn:
„Nehmt euch in acht! Nur nicht zu nah!
Was für Eeschöpschen schlafen da?
Sie sind so nett und zart und fein!
Was mögen das für Tierchen sein?"
Der Hase sagt: „Beseht euch doch
Die allerliebsten Naschen;
Die Ohren wachsen ihnen noch,
Dann sind's die schönsten Häschen."
Eichkätzchen spricht: „Gebt einmal acht,
Da sind' ich ein paar Vettern,
Sie werden, sind sie aufgewacht,
Mit mir zusammen klettern."
„Ei," sagt das Reh, „was schwatzt ihr da !
Das sind ja dumme Faxen.
Rehkälbchen sind's, man sieht es ja,
Wie nett sind sie gewachsen!"
Rotkehlchen ruft: „Ich sah noch nie
Im Walde solche Gäste,
Ich nähm' sie mit, hätt' ich für sie
Nur Raum in meinem Neste."
Da kommt ein Käfer angesummt,
Der sieht die kleinen Schläfer
Und fliegt herum um sie und brummt:
„Hu! Was für große Käfer!"
So schwatzten sie noch vieles mehr
Und laufen eifrig hin und her,
Besehn sich alles mit Bedacht,
Bis daß die Kinder aufgewacht.
Hast du gesehn! Mit einem Husch
Ist alles fort in Wald und Busch.
Und alle rufen: „Fort von hier!
Das kann uns nimmer taugen,
Im ganzen Wald kein einzig Tier
Hat ja so große Augen.
Das können keine Tierchen sein!
Schnell, flüchtet in den Wald hinein!"
Die beiden Kinder sehn sich an:
„Was man doch alles träumen kann!
Soeben war's im Traume mir,
Als stände alles Waldgetier
Um uns herum —
Jetzt ist ringsum
Nichts mehr zu sehn.
Komm, komm, laß uns nach Hause gehn,
Da wartet schon indessen -
Die Mutter mit dem Essen;
Und sind wir nicht zur Zeit zu Haus,
Schilt sie uns aus."
Da machen sie sich auf alsbald
Und gehn zusammen durch den Wald.
Wie ist nun alles still umher,
Kein einz'ges Tierchen zeigt sich mehr!
Allein ein Kuckuck, — seht nur, seht,
Sitzt oben auf der Tanne
Und ruft: „Kuckuck, da unten geht
Der Eottlieb mit der Hanne!"
(I. Trojan.)
7. Der Widerhall.
Der kleine Georg wußte noch nichts von dem Widerhalle. Einmal war
er auf einer Wiese, an die ein hoher, dichter Fichtenwald anstieß. Er sprang
lustig umher und rief in seiner Freude: „Ho, hopp!" Sogleich rief's im
nahen Walde auch: „Ho, hopp!" Er rief verwundert: „Wer bist du?" Die
Stimme rief auch: „Wer bist du?" Er schrie: „Du bist ein dummer Junge!"
— „Dummer Junge!" hallte es aus dem Wäldchen zurück. Jetzt ward Georg
ärgerlich und rief immer ärgere Schimpfnamen in den Wald hinein. Alle
hallteil getreulich wieder zurück. Er suchte hierauf den vermeinten Knaben im
ganzen Wäldchen, um sich an ihm zu rächen, konnte aber niemand finden.
_ Hieraus lief Georg heim und klagte es der Mutter, wie ein böser Knabe
sich ini Wäldchen versteckt und ihn geschimpft habe.
Die Mutter sprach: „Diesmal hast du dich selbst angeklagt. Du hast nichts
vernommen, als deine eigenen Worte. Hättest du ein freundliches Wort hinein-
gerufen, so wäre dir auch ein freundliches Wort zurückgekommen.
Wie du hineinrufst in den Wald,
Die Stimme dir entgegenhallt.
(Chr. v. Schmid.)
8. Das Abenteuer im Walde.
Es regnete, was herunter wollte. Die Tannen schüttelten den Kopf usw.
(3- Trojan.)
9*
132
Gesang:
Mäßig bewegi.
1. Ein Männlein steht im Walde.
ilr sjJ
Volksweise.
N
1. Ein Männlein steht im Wal-de ganz still und stumm, es hal von lau-ter
=f±
"tf"
Pur-pur ein Mänt-lein um. Sagt, wer mag das Männlein sein, das da
- -
.
steht im Wald al - lein mit dem pur-pur-ro - ten Man - te - lein?
2. Das Männlein steht im Walde auf einem Bein und hat auf seinem
Haupte schwarz Räppelein. Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht
im Wald allein mit dem kleinen, schwarzen Räppelein.
(W. Hey.)
m
Munter.
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2. Im Walde.
Oecresc.
£
Lolkswcise.
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1. Im Wal- de möcht' ich Ic - bcn zur hei - ßen Som-mer-
mj vresc. < | ^ (leer esc.
zeit! Der Wald, der kann uns ge - ben viel Lust und Fröhlich-
mj ercsc. _ i _ IS I /
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feit. Der Wald, der kann uns
; m_; »__
ae - ben viel
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i: < il
Lust und Fröh- lich - feit-
2. seine kühlen Schatten winkt jeder Zweig und Ast; das Blümchen
auf den Matten nickt mir: Komm, lieber Gast!
3. Wie sich die Vögel schwingen im hellen Morgenglanz, und Hirsch
und Rehe springen so lustig wie zum Tanz!
4. Von jedem Zweig und Reise, hör nur, wie's lieblich schallt! Sie singen
laut und leise: Kommt, kommt in grünen Wald!
(Hoffmann v. Fallersleben.)
133
2. Die Fichte.
„Es ist ein Bäumlein gestanden im Wald,
In gutem und schlechtem Wetter;
Das hat von unten bis oben
Nur Nadeln gehabt statt Blätter."
1. Namen. Welcher Baum hat Nadeln statt Blätter? — Hier
habe ich einen Tannenzweig mit Nadeln. Dieser Zweig ist von der
Fichte. Ans unserem Spaziergange haben wir sehr viele Fichten ge-
sehen. Wie sieht die Rinde der Fichte aus? — Deshalb wird die
Fichte auch Rottanne genannt. Sprecht: Die Fichte wird auch noch
Rottanne genannt.
II. Teile. 1. Wurzel. Wo wächst die Fichte? Wald. Was
für ein Baum ist die Fichte, weil sie im Walde wächst? Waldbaum.
Wir sind in einem Walde gewesen, in dem nur Fichten standen.
Wie nennt man einen solchen Wald? Fichtenwald. Ach, wie wandert
sich's schön durch einen Fichtenwald! Und welch eine gesunde Luft
weht darin! Es tat uns leid, als wir den schönen Wald verlassen
mußten. Wenn man aber durch einen Fichtenwald wandert^ muh
man vorsichtig sein. Karl und Fritz sind im Fichtenwalde gefallen.
Wie ging das zu? Wurzeln ragen aus der Erde hervor. Die Wur-
zeln der Fichte gehen nicht sehr tief in die Erde hinein und breiten
sich wagerecht unter der Oberfläche aus. Was tun sie sogar an vielen,
Stellen? — Deshalb stehen die Fichten auch nicht sehr fest. Was
tut ein starker Wind sehr oft? — Sprecht: Ein heftiger Sturm kann
die Fichtenbäume leicht entwurzeln.
2. Stamm. Wie heißt der Stengel eines Baumes? Stamm.
Wie ist der Stamm der Fichte gewachsen? Schlank. Ist er krumm
oder gerade? — Ja, kerzengerade wächst er in die Höhe. Sprecht:
Der Stamm der Fichte wächst schlank und kerzengerade in die Höhe.
Womit ist der Stamm eines Baumes umgeben? Rinde. Wie
sieht die Rinde der Fichte aus? Sprecht: Die Rinde der Fichte hat
eine rotbraune Farbe.
3. Äste. Welche Teile des Baumes sitzen am Stamme? Äste.
Wo beginnen die Äste bei der Tanne gewöhnlich erst? In der Mitte
des Stammes. Wo bei der Eiche? — Wo beginnen sie aber bei der
Fichte? Dicht über der Erde. Deshalb können wir leicht auf eine
Fichte klettern. Sprecht: Bei der Fichte beginnen die Äste dicht
über der Erde.
Die Äste stehen in Form eines Quirls — quirlförmig — um den
Stamm herum. Wo sind die Äste am längsten? Unten am Stamm.
Wie werden sie nach oben zu? — Welche Richtung haben die Äste?
— Sprecht: Die Äste stehen wagerecht vom Stamme ab. Was
bilden die Äste und Zweige eines Baumes? Krone. Die Krone der
Fichte sieht gar prächtig aus. (Die Krone der Fichte ist Pyramiden-
förmig.)
— 134 —
4. Nadeln. Das Grüne an diesen Zweigen sind die Blätter.
Brich ein paar Blätter ab! Warum mutz man die Blätter der Fichte
vorsichtig anfassen? Sie stechen. Warum stechen sie? Sie sind schmal
und spitz. Wie werden diese Blätter deshalb genannt? — Was trägt
also die Fichte an ihren Zweigen? Sprecht: Die Fichte trägt an
ihren Zweigen grüne Nadeln. Welche Bäume tragen auch Nadeln?
— Wie nennen wir die Bäume, welche Nadeln tragen? Zu welchen
Bäumen gehört auch die Fichte? — Seht euch diesen Zweig an! Wie-
viel Nadeln stehen immer beieinander? — Wieviel sitzen am Fichten-
zweige beieinander? Immer nur eine, sie sitzen einzeln rund um die
Zweige. Sprecht: Die Nadeln der Fichte sitzen einzeln rund mit die
Zweige. Welche Farbe haben die Blätter der Laubbäume?
Welche Farbe bekommt das Laub im Herbste? — Was geschieht im
Herbste mit den welken Blättern? Fallen ab. Welche Bäume be-
halten auch im Winter grüne Blätter? — Wie sehen die Fichten
deshalb auch im Winter aus? Sprecht: Die Fichten sind auch im
Winter grün. Ja, die Fichte grünt auch im Winter, wenn es schneit.
Haben wir da nicht ein hübsches Liedchen gelernt? — Laßt es uns
singen!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
Wie treu sind deine Blätter ufro.
5. Zapfen. Außer den Nadeln seht ihr noch etwas an diesem
Fichtenzweige. Was denn? — Hier seht ihr mehrere Tannenzapfen.
Wie sehen diese aus? — Und diese? — Die grünen Zapfen sind
jung, die grauen (oder braunen) sind alt. Wie sehen die jungen
Zapfen aus? — Wie die alten? — Sprecht: Die jungen Zapfen
sehen grün aus, die alten aber grau.
Nun beseht einen alten Fichtenzapfen genau! Was nehmt ihr an
demselben wahr? Er hat viele Blättchen. Diese harten Blättchen
heißen Schuppen. Warum wohl? Fischschuppen. Zähle die Schuppen!
Sprecht: An den Zapfen sitzen viele, viele Schuppen. Hier habe
ich einige Schuppen abgeschnitten. Beseht die beiden Seiten der
Schuppen! Sie haben auf der einen Seite zwei kleine Löcher —
zwei kleine Grübchen. In jedem Grübchen liegt ein Samenkörnchen.
Wieviel Samenkörnchen liegen also unter jeder Schuppe? Sprecht:
Unter jeder Schuppe liegen zwei Samenkörnchen. Seht euch diese
Samenkörnchen an! Was fällt euch an denselben auf? An denselben
sitzt ein dünnes Häutchen. Womit hat das Ähnlichkeit? Mit dem
Flügel einer Biene. Welchen Namen hat es darum wohl? Flügel.
Sprecht: Die Samenkörnchen haben Flügel. Darum kann sie der
Wind leicht forttragen. Wohin trägt sie der Wind? — Es geht ihnen
wie dem Samen des Löwenzahns., Inwiefern?
III. Gäste. Die Fichte ist auch ein Gasthaus. Was für Gäste
mögen bei ihr einkehren? Vögel. Besonders der Buntspecht kehrt gern
bei ihr ein. Was wird er bei ihr speisen wollen? — Dann erscheint
bei ihr auch ein lustiger Turner. Wer ist das? — Was wird das
Eichhörnchen wollen? —
— 135 —
IV. Nutzen. Im Walde haben wir auch viele kleine Fichten
gesehen. Wenn der^kalte Winter da ist, werden viele derselben ab-;
gehauen und in unsere Häuser gebracht. Sie sollen uns eine Freuds
bereiten. Wann denn? — Am Weihnachtsabend schmücken wir sie
mit Zuckerwerk, vergoldeten Nüssen, Lichtern usw. Wie nennen wir
diese geschmückten Bäumchen? — Sprecht: Die jungen Fichten dienen
als Christbäume. Was legen die Eltern unter den Christbaum? —
Ach, wie freut sich da jung und alt über das Christbäumchen!
„O Tannenbaum, o Tannenbaum,
Du Kannst mir sehr gefallen;
Wie oft hat schon zur Weihnachtszeit
Ein Baum von dir mich hoch erfreut!"
Was wird mit den Fichten gemacht, wenn sie groß sind? Um-
gehauen. Der Stamm wird vielleicht auf den Zimmerplatz gefahren.
Was macht der Zimmermann mit dem Stamme? — Manchmal
wird der ganze Stamm der Fichte in die Sägemühle gefahren und
in Bretter zerschnitten. Wer kauft die Bretter? Tischler. Was
macht er daraus? «— Wie ist das Holz, weil so viele schöne Sachen
daraus verfertigt werden? Nützlich. Darum nennen wir es Nutzholz.
Sehr häufig wird der Stamm der Fichte im Walde in kleinere
Stücke zersägt. Wozu brauchen wir dann das Holz? Wie nennt
man das Holz, das zum Brennen dient? Brennholz. Zusammen-
fassung: Die Fichte gibt uns Nutzholz und Brennholz. (Nutz- und
Brennholz.)
Formen: Fichtenzapfen.
Zugabe:
Vom Bimmlein, das andere Blätter hat gewollt.
Es ist ein Bäumlein gestanden im Wald in gutem unl) schlechtem Wetter;
das hat vou unten bis oben nur Nadeln gehabt statt Blätter; die Nadeln, die
haben gestochen, das Bäumlein, das hat gesprochen:
Alle meine Kameraden haben schöne Blätter an, und ich habe nur Nadeln,
niemand rührt mich an; dürft' ich wünschen, wie ich wollt', wünscht' ich mir
Blätter von lauter Gold.
Wie's Nacht ist, schläft das Bäumlein ein, und früh ist's aufgewacht; da
hatt' es goldene Blätter fein, das war eine Pracht! Das Bäumlein spricht:
Nun bin ich stolz; goldene Blätter hat kein Baum im Holz.
^ Aber wie es Abend war, ging der Jude durch den Wald, mit großem
Sack und großem Bart; der sieht die goldenen Blätter bald; er steckt sie ein,
geht eilends fort und läßt das leere Bäumlein dort.
Das Bäumlein spricht mit Grämen: Die goldnen Blättlein dauern mich,
ich muß vor den andern mich schämen, sie tragen so schönes Laub an sich; dürft'
ich mir wünschen noch etwas, so wünscht' ich mir Blätter von hellem Glas.
Da schlief das Bäumlein wieder ein, und früh ist's wieder aufgewacht;
da hatt' es gläserne Blätter fein, das war eine Pracht! Das Bäumchen spricht:
Nun bin ich froh, kein Baum im Walde glitzert so.
Da kam ein großer Wirbelwind mit einem argen Wetter, der fährt durch
alle Bäume geschwind und kommt an die gläsernen Blätter; da lagen die Blätter
von Glase zerbrochen in dem Grase.
136
Das Bäumlein spricht mit Trauern: Mein Glas liegt in dem Staub,
die andern Blätter dauern mit ihrem grünen Laub; wenn ich mir noch was
wünschen soll, wünsch' ich mir grüne Blätter wohl.
Da schlief das Bäumlein wieder ein, und wieder früh ist's aufgewacht;
da hatt' es grüne Blätter fein. Das Bäumlein lacht und spricht: Nun Hab'
ich doch Blätter auch, daß ich mich nicht zu schämen brauch'.
Da kommt mit vollem Euter die alte Geis; gesprungen; sie sucht sich
Gras und Kräuter für ihre Jungen; sie sieht das Laub und fragt nicht viel, sie
frißt es ab mit Stumpf und Stiel.
Da war das Bäumlein wieder leer, es sprach nun zu sich selber: Ich be-
gehre nun keiner Blätter mehr, weder grüner, noch roter, noch gelber! Hätt'
ich nur meine Nadeln, ich wollte sie nicht tadeln.
Und traurig schlief das Bäumlein ein, und traurig ist es aufgewacht; da
besieht es sich im Sonnenschein und lacht und lacht. Alle Bäume lachen's aus;
das Bäumlein macht sich aber nichts daraus.
Warum hat's Bäumlein denn gelacht, und warum denn seine Kameraden?
Es hat bekommen in einer Nacht wieder alle seine Nadeln, daß jedermann es
sehen kann; geh' 'naus, sieh's selbst, doch rühr's nicht an! Warum denn nicht?
Weil's sticht. (Rückert.)
Gesang:
Der Tannenbaum.
SOoIfKlw!?.
<3
#* -
-T-
I. 0 Tan-nenbaum, o Tannenbaum, wie treu sind dei - ne
Blät-ter! Du grünst nicht nur zur Som-mers-zeit, nein,
auch im Win - ter, wenn es schneit, o Tan - nen-baum, o
*__~
ffcc—•'-P---D- -
Tan- nett -bäum, wie treu sind dei - ne Blät - ter !
2. O Tannenbaum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen! Wie oft
hat schon zur Weihnachtszeit ein Baum von dir mich hoch erfreut! O Tannen-
bäum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen.
3. £) Tannenbaum, o Tannenbaum, dein Kleid will mich was lehren: Die
Hoffnung und Beständigkeit gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit! O Tannen-
bäum, o Tannenbaum, dein Kleid will mich was lehren. (Ernst Anschütz.)
3. Die Eiche.
I. Name und Begriff. Wir wollen heute vom Eichbaume
sprechen. Eine Eiche kennt ihr alle. Wo wächst die Eiche?
Im Walde. Was für ein Baum ist die Eiche, weil sie im Walde
— 137 —
wächst? Waldbaum. Nennt noch andere Waldbäume Z — Die Eiche
schaut über alle diese Bäume hinweg. Wie muß sie da wohl sein?
— Sprecht: Die Eiche ist ein großer Waldbaum. (Oder: Die Eiche
ist viel größer und stärker als alle anderen Waldbäume. Wie nennt
man denn die Menschen, welche viel größer und stärker sind als ge-
wöhnliche Menschen? Riesen. Wie kann man also die Eiche nennen?
— Sprecht: Die Eiche ist der Riese unter den Waldbäumen.)
II. Teile. 1. Wurzel. Dort im Walde steht die Eiche schon
viele, viele Jahre in Regen und Wind. Woher kommt es, daß sie
der Sturm nicht umwirft? Sie hält sich mit den Wurzeln fest.
Recht, besonders mit dsr dicken, die wie ein Pfahl senkrecht in die
Erde dringt. Diese Wurzel heißt Pfahlwurzel. Warum wohl? —
An der Pfahlwurzel sitzen noch Wurzeln, die wie Arme nach allen
Seiten greifen, — Seitenwurzeln. Die Seitenwurzeln sind auch sehr
stark. Wie sind die Seitenwurzeln? — Was haben wir von den
Wurzeln der Eiche gesagt? Sprecht: Die Eiche hat eine Pfahlwurzel
und starke Seitentvurzeln.
2. Stamm. Was kommt aus der Wurzel hervor? Stamm.
Wir haben schon gesagt, daß die Eiche über alle Bäume hinwegschaut.
Wie muß ihr Stamm da wohl sein? Hoch. Wir können ihn mit
beiden Armen nicht umfassen. Wie ist er deshalb? Dick. Sprecht:
Der Stamm der Eiche ist sehr hoch und dick. Eine hohe, dicke Eiche
ist aber auch sehr alt, viel älter als ein sehr Mer Mann, denn dieser
ist noch nicht hundert Jahre alt, aber eine sehr dicke, alte Eiche ist
wohl fünfhundert Jahre alt und manchmal noch älter.
Der Stamm hct auch ein Kleid an, damit er im Winter nicht
erfriert. Was meine ich mit dem kleide? Rinde. Hier seht ihr
Eichenrinde. Diese ist von einem jungen Stämmchen. Sie i,st dünn
und glatt. Wie aber ist diese hier? — Von was für einem Stamme
mag sie sein? — Sprecht: Die Rinde der Eiche ist dick und hat viele
Risse. An dem zerrissenen Kleide könnt ihr es auch sehen, daß die
Eiche schon viele Jahre alt ist.
3. Krone. Was wächst oben aus dem Stamme hervor. Äste.
Nach allen Seiten hin breiten sich die Äste aus. Und wenn der Sturm
kommt und schüttelt sie, dann brechen sie nicht ab. Warum nicht?
Stark. Sie haben an manchen Stellen rauhe Auswüchse. Die Aus-
wüchse heißen Knorren. Hier habe ich einen Ast mit solchen Knorren.
Wie ist dieser Ast? Knorrig. Zusammenfassung: Die Äste der Eiche
sind stark und knorrig. Was befindet sich an den Ästen? — Und
an den Zweigen? Blätter, Blüten, Früchte.
4. Blätter. Wie werden die Blätter der Eiche gewöhnlich ge-
nannt? Eichenlaub. Sehen wir einmal ein Blatt näher an. Was
kannst du über seine Größe sagen? — Der Rand hat mehrere Ein-
schnitte. Wieviel Einschnitte hat dieses Blatt? — Solche runden
Einschnitte nennt man Buchten. Und wie können wir das Blatt
nennen, weil es Buchten hat? Buchtig. Sprecht: Das Eichenblatt
ist sehr groß und buchtig. Das Eichenlaub sieht sehr schön aus.
— 138 —
Was macht man deshalb auch daraus? Kränze, Euirlanden.,
Sprecht: Aus dem Eichenlaub bindet man Kränze und Guirlanden.
Der Sieger im Wettkampfe (3, B. beim Sedanfeste) erhält einen
Eichenkranz. Der Eichenkranz gilt als Ehrenzeichen. (Wer von unserer
Schule hat beim Sedanseste einen Eichenkranz erhalten? — Wo
werden die Kränze aufbewahrt? In der Turnhalle.)
Alle Teile des Eichbaumes sind darauf eingerichtet, den Sturm
auszuhalten, selbst die Blätter. Wodurch zeigen sie das? Sie sitzen
noch an den Zweigen, wenn die Blätter der anderen Bäume längst
abgefallen sind. Ja, manche Eichenblätter bleiben den ganzen Winter
hindurch an den Zweigen. Wann fallen sie erst ab? Frühling.
5. Blüten und Früchte. Im Frühlinge sehen wir an den
Zweigen der Eiche auch Blüten. Diese sind aber gar nicht schön,
darum achten auch die Menschen auf sie gar nicht, und die meisten
Kinder haben sie wohl noch gar nicht wahrgenommen. Die Blüten
sitzen in Kätzchen. Was bildet sich aus den Kätzchen? Früchte. Der
mächtige Eichbaum trägt gar kleine Früchte. Wie heißen die Früchte
der Eiche? Sprecht: Die Früchte der Eichen heihen Eicheln. Hier
zeige ich euch einige Eicheln. Wir wollen sie genauer betrachten.
Schneidet eine Eichel durch! Was findet ihr? Sprecht: Die Eichel
hat eine harte Schale und einen Kern. (Welche Früchte haben
auch eine harte Schale und einen Kern? Walnüsse, Haselnüsse, —
alle Nüsse. Was ist auch die Eichel? —) Worin steckt diese Eichel?
Schale. Diese sieht wie ein kleiner Napf aus und wird daher auch
Näpfchen genannt. Worin steckt also die Eichel? Sprecht: Die
Eichel steckt in einem Näpfchen. Zusammenfassung: Die Eichel hat
eine harte Schale und einen Kern und steckt in einem Näpfchen. —
Ihr spielt gern mit den Früchten der Eiche. Ihr benützt die Näpfchen
als Backformen und aus dem Eichelkern schneidet ihr euch Körbchen
und Ohrringe. Im Herbste haben die Eicheln eine braune Farbe.
Nun sind sie reif und fallen ab. Wann fallen die Eicheln ab? Die
Eicheln fallen im Herbste ab.
III. Nutzen. Manche Leute sammeln die Eicheln. Ob sie auch
damit spielen wollen? — Nein, sie geben sie den Schweinen. Wenn
die Schweine viele Eicheln zu fressen bekommen, dann werden sie
recht fett. Sprecht: Mit den Eicheln werden die Schweine gemästet.
In manchen Gegenden werden die Schweine in den Wald getrieben.
Was suchen sie sich dann? —
Die Menschen bereiten aus den Eicheln den Eichelkaffee. Dieser
schmeckt wohl etwas bitter, wird aber für manche Kranke als Arznei
gebraucht.
Am meisten nützt uns die Eiche durch ihr Holz. Hier habe ich
ein Stückchen Eichenholz. Es läßt sich nicht, wie das Tannenholz,
mit dem Messer spalten. Warum nicht? Es ist hart, fest. Wenn
Tannenholz längere Zeit im Wasser liegt, wird es faul. Das Eichen-
holz fault im Wasser gar nicht, es wird immer fester, hält sich sehr
lange darin, ist dauerhaft. Wie ist das Eichenholz? Sprecht: Das
— 139 —
Eichenholz ist fest und dauerhast. Deshalb benutzt man es auch
zum Bauen. Was baut man aus Eichenholz? — Häuser, Mühlen,
Brücken, Schiffe. Warum nimmt man zu den Schiffen Eichenholz?
— Warum zu den Brücken? —
Auch die Rinde der Eiche bringt uns großen Nutzen. Sie wird
getrocknet und gemahlen; nun erhält sie den Namen Lohe. Sprecht:
Die gemahlene Eichenrinde nennt man Lohe. Wer braucht die
Lohe? Gerber. Wozu? — Durch die Lohe werden die Häute viel
dichter und fester. Wozu braucht also der Gerber die Lohe? Sprecht:
Der Gerber braucht die Lohe zum Gerben.
Welchen Nutzen haben wir also von der Eiche? — Was für ein
Baum ist sie deshalb? — Sprecht: Die Eiche ist ein sehr nützlicher
Baum.
IV. Die Eiche ist auch ein großes Gast- und Familienhaus.
Der Hirschkäfer nährt sich von dem Safte der Eiche. Der Maikäfer
läßt sich das Eichenlaub gut schmecken. Dem Spechte bietet die
rissige Rinde stets einen gedeckten Tisch. Er hackt ein Loch in die Rinde
und zieht die Insekten und Würmer hervor. Wer hält seine Mahl-
zeit in der Eiche, wenn die Eicheln reif sind? Eichhörnchen. Uud
wer schnappt die großen Raupen von den Blättern der Eiche? Nicht
selten klettert auch ein Marder den rauhen Stamm hinauf, um droben
im Gipfel die Vogelnester zu plündern.
V. Ausgabe: Vergleiche die Eiche und die Fichte!
Formen: Eichel, Eichenblatt.
Malendes Zeichnen:
Zugabe:
Der Kürbis und die Eichel.
Ein Bauersmann lag in dem Schatten einer Eiche. Er betrachtete die
Kürbisstaude an dem nahen Gartenzaune. Da schüttelte er den Kopf und sagte:
c -as gefällt mir nicht! Die kleine Staude dort trägt so große,
prächtige Früchte; der Eichbaum hier bringt aber nur so kleine Früchte hervor.
— 140 —
Wenn ich die Welt erschaffen hätte, so hätte mir der Eichbaum lauter große
Kürbisse tragen müssen. Das wäre eine Pracht gewesen!"
Kaum hatte er das gesagt, so fiel ihm eine Eichel vom Baume so stark
auf die Nase, datz sie blutete. ,,O weh!" rief jetzt der erschrockene Mann, „da
habe ich für meine Naseweisheit einen derben Nasenstüber bekommen! Wenn
die Eichel ein Kürbis gewesen wäre, so hätte er mir die Nase ganz zerdrückt."
Mit Weisheit und mit Wohlbedacht
Hat Gott die ganze Welt gemacht. (o. Schnitt).)
4. Der Fuchs.
I. Gestalt. Von welchem Tiere wollen wir heute sprechen?
Fuchs. Ich habe euch einen .ausgestopften Fuchs mitgebracht. Mit
welchem (euch bekannten) Tiere hat der Fuchs Ähnlichkeit? Sprecht
darum: Der Fuchs hat die Gestalt eines Schäferhundes (hat Ähn-
lichkeit mit einem Schäferhunde). Betrachtet zuerst den Kopf? usw.
Sprechstoff.
Der Kopf des Fuchses ist klein und hat eine zugespitzte Schnauze.
Das Maul ist sehr weit gespalten.
Die Zähne des Fuchses sind sehr scharf. (Der Fuchs hat usw.)
Die Augen sind graugrün und liegen schief. (Der Fuchs hat usw.)
Die Ohren des Fuchses stehen aufrecht und sind zugespitzt.
Der Leib des Fuchses ist schlank. (Der Fuchs hat usw.)
Der Schwanz ist lang, buschig und hängt herunter. (Der Fuchs
hat usw.)
An den Füßen hat der Fuchs stumpfe Krallen.
Der Gang ist ein leichter und schleichender. (Sprichwort: „Er
schleicht wie ein Fuchs.")
Tätigkeiten: Der Fuchs kann gut gehen, laufen, springen,
kriechen, hören, sehen und riechen.
II. Bedeckung und Farbe. Der Fuchs friert auch im kalten
Winter nicht. Warum nicht? Er hat einen dichten Pelz. Der
Fuchs sieht deshalb aber doch nicht aus wie ein Struwwelpeter;,
denn wie ist sein Pelz? Glatt. Der Pelz sieht aus, als wäre er glatt
gebürstet. Was sagte ich eben? — Was sollt ihr des Morgens auch
tun? — Streiche einmal über den Pelz! Wie fühlt er sich an?
Weich wie Sammet. Sprecht: Sein Pelz ist glatt und weich wie
Sammet.
Welche Farbe hat sein Pelz? Rot, — braun, — rotbraun (fuchs-
rot). Welche Teile des Fuchses sind weiß? Kehle, Bauch, Schwanz-
spitze. Zusammenfassung: Der Pelz des Fuchses hat eine rotbraune
Farbe; nur Kehle, Bauch und Schwanzspitze sind weiß. (Pferde,
welche eine rotbraune Farbe haben, werden Füchse genannt.)
III. Wohnung. Ihr Kinder habt gewiß noch keinen lebenden
Fuchs gesehen. Wo wohnt denn der Fuchs? Im Walde. Der
Fuchs macht sich im Walde ein tiefes Loch in die Erde, eine Höhle,
141 —
und darin wohnt er. Der Jäger nennt diese Höhle den Fuchsbau.
Zu der Höhle führen mehrere Eingänge; einer davon geht senkrecht
in die Erde; durch diesen stürzt sich der Fuchs in seine Höhle, wenn
er verfolgt wird. Andere Eingänge gehen schräg zu seinem Lagers
diese benutzt der Fuchs, wenn er aus der Höhle herausgeht; denn
in dem senkrechten Gange kann er nicht in die Höhe klettern.
Es gibt noch ein anderes Tier im Walde, welches sich auch in
der Erde eine Höhle gräbt, — den Dachs. Wie nennt man die
Höhle des Dachses? Dachsbau. Der Fuchs ist nun ein fauler Ee-
selle und gräbt sich seine Wohnung nicht gern selbst. Wenn er eine
Wohnung haben mutz, und er findet einen Dachsbau, gleich geht er
hinein und jagt den schwächeren aber fleißigen Dachs hinaus. —
Wenn es stürmt, regnet, recht kalt oder recht heiß ist, dann liegt der
Fuchs in seiner Wohnung. Auch wenn er Zunge hat, bleibt er gern
zu Hause. Aber immer kann er freilich nicht zu Hause bleiben;
warum denn nicht? Rückblick: Wo wohnt der Fuchs? Walde.
Was macht er sich in der Erde? Höhle. Wie nennt man diese
Höhle? Fuchsbau. Erzähle von den Ein- und Ausgängen des
Fuchsbaues! Wann benutzt der Fuchs den senkrechten Eingang?
Wann die übrigen? — Warum ist der Fuchs ein fauler Ee-
selle? — Wann liegt der Fuchs in seiner Wohnung? — Wann ver-
läßt er sie? ■—
IV. Nahrung. Wir wollen den Fuchs einmal auf seiner Jagd
begleiten. Wenn die Sonne eben untergegangen ist, verlätzt er seine
Höhle und geht in den Wald. Da begegnet ihm ein Mäuschen.
Was tut der Fuchs? — Aber etwas anderes frißt der Fuchs lieber
als ein Mäuschen. Da sieht er ein Häslein im Lager liegen. Er
schleicht sich heran und fällt über das arme Tier her. Weiter geht's
in den Wald hinein. Da sitzt ein Kaninchen und verzehrt sein
Abendbrot. Was geschieht? — Der Fuchs hat seinen Hunger schon
längst gestillt, aber doch schleicht er schmunzelnd weiter. Plötzlich sieht
er im Gebüsch ein Rehkälbchen. Es ist ganz allein, seine Mutter
ist ein Weilchen fortgegangen. Der Fuchs benutzt diese Gelegenheit,
springt mit einem gewaltigen Sprunge auf das arme Tierchen und
beißt es tot. Wann hätte er das kleine Kälbchen gewiß nicht ge-
würgt? Wenn die Rehkuh dagewesen wäre. Was tut die Rehkuh,
wenn der Fuchs ihr Kind stehlen will? Treten und stoßen. Der
Fuchs fängt sich auch gern ein Hirschkälbchen. Zusammenfassung:
Der Fuchs fängt im Walde Mäuse, Hasen. Kaninchen, Reh- und
Hirschkälbchen.
Der Fuchs sucht sich seine Nahrung aber nicht allein im Wälde.
Manchmal schleicht er sich ins Dorf und sieht zu, ob es auch hier
etwas für seine Zunge gibt. Da steht er vor einem Hofe und möchte
gern hinein, aber wau! wau! bellt der treue Hofhund. Was wird
da der ^uchs machen? — Er kehrt geschwind um und sucht sich einen
anderen Hof, wo kein treuer Wächter ist. Kann er in den Hühner-
stall kommen, so werden alle Hühner, die im Stalle sind, erwürgt.
— 142
Im Gänsestalle macht er es ebenso. Er beißt allen Gänsen die 5töpfe
ab, und die beste Gans nimmt er mit nach Hanse. Ja, sogar in die
Taubenhäuser dringt der Schlingel und mordet hier nach Herzens-
lust. Oft trägt er sich auf drei bis vier Tage Fraß in seine Höhle.
Welche Haustiere stiehlt also der Fuchs? Sprecht: Der Fuchs stiehlt
Hühner, Gänse und Tauben.
Wenn er nicht in den Hühner- oder Eänsestall gelangen kann,
dann geht er in den.Garten. Was holt er sich denn aus dem Garten?
Sprecht: Aus dem Garten holt sich der Fuchs Birnen, Pflaumen
und Weintrauben.
Wenn der Fuchs gar nichts Gutes findet, so frißt er in der Not
auch Frösche, Schlangen, Eidechsen, Maikäfer usw. (Nach Erümch.)
Welche Waldtiere fängt sich der Fuchs? — Welche Haustiere
stiehlt er? ■— Welche Gartenfrüchte frißt er gern?
Am liebsten frißt der Fuchs natürlich Fleisch. Ihr eßt zu Hause
auch Fleisch. Woher bekommt ihr das Fleisch? — Auf welche Weise
bekommt es der Fuchs? — Er fängt schwächere Tiere, zerreißt und
frißt sie. Das nennt man rauben. Tiere, welche rauben, nennt man
Raubtiere. Was für ein Tier ist deshalb der Fuchs? Sprecht:
Der Fuchs ist ein Raubtier. Weshalb nennst du den Fuchs ein
Raubtier? — Nennt noch andere Raubtiere! — Warum ist dieKatze
ein Raubtier? — Warum ist usw.? —
Zu welcher Zeit geht der Fuchs auf Raub aus? — Also zu der
Zeit, da die meisten Räuber und Spitzbuben ihr Handwerk treiben.
Was macht er am Tage? — Wenn recht schönes Wetter ist, legt er
sich auch manchmal auf einen alten Baumstamm oder auf einen Stein
und ruht aus wie ein Hund.
V. Eigenschaften. Alle Tiere, welche wir vorhin nannten, kennen
den Fuchs sehr wohl als ihren Feind. Und doch weiß er sie in seine
Gewalt zu bekommen. Er stellt sich zuerst ganz freundlich (er
schmeichelt), bis er das Tier erwischen kann. Der Fuchs ist ein listiges
Tier. Sprecht das zusammen! Warum nennst du den Fuchs so? -
Die gefangenen Mäuse tötet der Fuchs nicht gleich, sondern spielt
erst längere Zeit mit ihnen, martert sie so nach und nach zu Tode.
Das ist recht unartig von ihm. Der Fuchs ist ein grausames Tier.
Sprecht das zusammen! Weshalb nennst du den Fuchs ein grau-
sames Tier? — Welches Tier martert die gefangene Maus auch? -
Was für ein Tier ist.auch die Katze? —
Was tut der Fuchs, wenn er in einen Hühner- oder Gänsestall
kommt? — Auch nicht ein Huhn oder eine Gans läßt er am Leben.
Wenn er auch vollständig gesättigt ist, so mordet er zum Vergnügen
weiter. Er muß Blut sehen, er ist begierig nach Blut. Wir sagen
deshalb: Der Fuchs ist blutgierig. Sprecht das zusammen!
Nennt noch ein blutgieriges Tier! Wolf.
Zusammenfassung: Der Fuchs ist ein listiges, grausames
und blutgieriges Tier.
— 143 —
VI. Feinde. Weil der Fuchs ein so böses Tier ist, so wird er
aus allerlei Weise verfolgt. Wer verfolgt ihn am meisten? Jäger.
Er schießt ihn nieder, wo er nur kann. Ist der Fuchs in seiner Höhle,
so schickt der Jäger feinen Dachshund in dieselbe, damit dieser ihn
heraustreibt. Es setzt einen heftigen Kampf unter der Erde, aber
endlich muß der Fuchs weichen und sucht durch einen Seitengang zu
entwischen, wird aber hier im vorgespannten Netze gefangen oder
vom Jäger niedergeschossen. Der Jäger sucht den Fuchs auch in der
Falle zu fangen. Doch Meister Reinecke läßt sich nicht so leicht er-
wischen. Die reiche Lockspeise, womit die Falle umlegt ist, macht
ihn mißtrauisch und doppelt vorsichtig. Aber die Leckerbissen duften
doch gar zu lieblich. Leise umschleicht er den Köder, spät umher,
horcht, steht still, legt sich nieder, springt wieder auf, um noch ein-
mal niederzukauern. Mit funkelnden Augen und unbeschreiblicher
Lüsternheit schaut er längere Zeit nach dem Bissen hin; da kann er
sich aber nicht mehr halten. Mit einem Satze stürzt er auf die Lock-
speise, — in demselben Augenblicke aber sitzt sein Fuß^ schon fest in
der Falle. Doch er verliert den Mut nicht. In aller Stille beißt er
den Schenkel ab und läuft auf drei Beinen davon. Ist ihm aber
die Flucht unmöglich, so greift er zur List. Er stellt sich tot, um
bei passender Gelegenheit zu entwischen. Auf diese Weise ist mancher
Fuchs dem Jäger schon entkommen. Rückblick! •—
VII. Nutzen. Ganz ohne Nutzen ist der Fuchs auch nicht. Er
vertilgt viele schädliche Tiere. Welche? Mäuse, Maikäfer usw. Das
Fleisch des Fuchses essen wir nicht. Was wird aber vom erlegten
Fuchs benutzt? Fell. Das Fell gibt (namentlich wenn der Fuchs
im Winter geschossen ist) einen guten Pelz, der häufig als Fußdecke
in Zimmern zu sehen ist. Was für ein Tier ist deshalb der Fuchs?
Ein nützliches Tier. Weshalb ist der Fuchs ein schädliches Tier? —
VIII. Die Fuchsfamilie. Der Fuchsbau hat eine mit Laub und
Moos weich ausgepolsterte Kammer für die kleinen Füchslein. Die
Fuchsfamilie hat drei bis sieben Kinder. Die Fuchskinder sehen an-
fänglich ziemlich plump aus und tragen ein wolliges Kleid. Sind sie
etwas herangewachsen, so wagende sich schon vor den Bau. Hier
spielen sie in stillen, ungestörten Stunden allerliebst miteinander wie
kleine Katzen. Die Alten pflegen ihre Kinder mit großer Sorgfalt
und großer Liebe. Sie tragen ihnen die besten Leckerbissen zu und
schleppen sie, wenn Gefahr droht, im Maule 'davon. Wenn die Jungen
größer werden, unterrichtet sie der alte Fuchs in allen Jagdkünsten.
Er trägt ihnen z. B. lebende Mäuslein zu, damit sie sich im Fangen
derselben üben usw. Sehr bald sind die Kleinen so weit vorgeschritten,
daß sie selbst auf die Jagd gehen können, und im Herbst legen sie
sich dann auch ihre eigene Wohnung an.
Rückblick! —
IX. Vergleichs Mischen Hase und Fuchs. 1. Ähnlichkeiten: Hase
und tfuchs sind Säugetiere, — mit einem Pelze bedeckt, — ver-
urjachen uns Schaden, — werden gejagt.
— 144 —
2. Verschiedenheiten: Der Hase ist ein Nagetier, der Fuchs ein
Raubtier. Der Hase ist kleiner als der Fuchs. Der Pelz des Hasen
ist braungelb, der des Fuchses rot. Der Hase hat einen rundlichen
^opf, der Fuchs einen Kopf mit spitzer Schnauze. Der Hase hat
einen kurzen, der Fuchs einen langen, buschigen Schwanz. Die Ohren
und die Hinterbeine des Hasen sind länger als die des Fuchses. Der
Hase ist furchtsam, der Fuchs schlau und listig.
Zugaben:
1. Der Jäger und der Fuchs.
Der Jäger pirscht mit seiner Büchs', Jetzt zaust man dich bei deinem Schwanz.
Da schleichen übers Feld die Füchs'. Du hast geschüttelt manchen Hahn,
Er fackelt nicht und spannt den Hahn Jetzt packt mall dich beim Kragen an.
Und legt die Büchse sicher an. Du hast gefressen manche Taube,
Piff, paff! da prasseln hm die Schrot',
Und plumps! der alte Fuchs ist tot.
Der Jäger spricht: ,,He, Feldmann, flugs
Und apportiere mir den Fuchs!"
Der Feldmann sucht mit seiner Schnauz'
Und hat ihn schon, den alten Kauz.
,,Du hast gerupft so manche Gans,
Jetzt sitzen wir dir auf der Haube!"
So schleppt ihn Feldmann hin zum Herrn,
Der streichelt ihn und hat ihn gern
Und sagt: ,,So, Feldmann, das war gut !'•
Geht weiter dann mit frohem Mut
Und steckt den Fuchs in seinen Sack
Und schmaucht ein Pfeifchen Rauchtabak.
(Fr. Güll.)
2. Der Hahn, der Hund und der Fuchs.
Ein Hund und ein Hahn schlössen Freundschaft und wanderten zusammen
in die Fremde. Eines Abends konnten sie kein Haus erreichen und mußten im
Walde übernachten. Der Hund fand endlich eine hohle Eiche, worin für ihn
eine vortreffliche Schlafkammer war. ,,Hier wollen wir bleiben," sagte er zu
seinem Reisegefährten. „Ich bin es zufrieden," sagte der Hahn, „aber ich schlafe
gern in der Höhe." Damit flog er auf einen Äst, wünschte dem andern gute
Nacht und setzte sich zum Schlafen. Als es Morgen werden wollte, fing der
Hahn an zu krähen, denn er dachte: „Es ist bald Zeit zum Weiterreisen." Das
Kikeriki hatte der Fuchs gehört, dessen Wohnung nicht weit davon war, und
schnell war er da. um den Hahn zu fangen. Denn ihr wißt ja, daß der Fuchs
ein Hühnerdieb ist. Da er den Hahn so hoch sitzen sah, dachte er: „Den muß
man durch gute Worte herunterlocken, denn so hoch kann ich nicht klettern!"
Gut! Mein Füchschen macht sich ganz höflich herbei und spricht: ,,Ei guten
Morgen, lieber Herr Vetter! Wie kommen Sie hierher? Ich habe Sie ja gar
lange nicht gesehen. Aber Sie haben sich da eine gar unbequeme Wohnung
gewählt; und wie es scheint, haben Sie auch noch nichts gefrühstückt. Wenn
es Ihnen gefällig ist, mit in mein Haus zu kommen, so werde ich Ihnen mit
ganz frisch gebackenem Brote aufwarten." Der Hahn kannte aber den alten Schelm
und hütete sich wohl, herunterzufliegen. „Ei," sagte er, „wenn Sie ein Vetter
von mir sind, so werde ich recht gern mit Ihnen frühstücken; aber ich habe noch
einen Reisegefährten, der hat die Türe zugeschlossen. Wollen Sie so gefällig
sein, diesen zu wecken, so können wir gleich zusammen mitgehen." Der Fuchs,
welcher meinte, er könne noch einen zweiten Hahn erwischen, lief schnell nach der
Öffnung, wo der Hund lag. Dieser war aber wach und hatte alles angehört,
was der Fuchs gesprochen hatte, um den Hahn zu betrügen, und freute sich
sehr, den alten Betrüger jetzt strafen zu können. Ehe der Fuchs es sich versah,
sprang der Hund hervor, packte ihn an der Kehle und biß ihn tot. Dann rief
er seinen Freund vom Baume herunter und sagte: „Wenn du allein gewesen
wärest, so hätte dieser Bösewicht dich umgebracht. Aber laß uns eilen, daß
wir aus dem Walde kommen!" (W. Eurtman.)
— 145 —
3. Der Fuchs und der Bock.
Ein Fuchs war einmal in den Brunnen gestiegen und konnte nicht wieder
heraus, weil der Brunnen zu tief war. Da all sein Klettern und Springen
nichts half, so sann er nach, wie er glücklich wieder herauskäme. Da kam
ein Ziegenbock mit seinem langen Barte daher und guckte in den Brunnen. „Was
machst du da unten, Freund Fuchs?" rief der Bock. „Ei," antwortete der
listige Fuchs, „hier ist gut sein. Hier ist's kühl und gibt's vortreffliches Wasser
zum Trinken. Ich war heiß und durstig und mag jetzt gar nicht wieder fort,
so schön ist's hier. Willst du es nicht auch so gut haben? Es ist noch Platz
genug da."
Der Bock, den auch der Durst plagte, war es zufrieden und machte einen
tüchtigen Sprung hinein. „Daß dich ... du Plumphans!" rief der Fuchs,
du hast mich über und über naß gemacht. Nun kannst du mir auch helfen, daß
ich hinaufkomme und mich trockne. Wart einmal, stelle dich mit deinen Vorder-
füßen wider die Wand, daß ich über deinen Rücken hinaufklettre!" Der Bock
tat es, und hops war der Fuchs oben und sprang lustig um den Rand herum.
„Wie komm ich denn hinauf, wenn ich fertig bin?" fragte endlich der Bock.
„Warte nur, bis ich wieder hinunterkomme!" antwortete der Fuchs, „dann
kletterst du gerade so über meinen Rücken, wie ich über den deinigen geklettert bin."
Der Bock wartete lange auf den Fuchs; aber der kam nicht, und er wartete,
glaube ich, noch, wenn der Hirt nicht gekommen, wäre und ihn herausgezogen hätte.
Zu deni Bocke sagte der Hirt: „Dir war es recht geschehen, warum bist du
so einfältig. Aber dem Fuchse will ich doch auch seine Bosheit gedenken; begegnet
er mir wieder, dann soll er meinen Stock fühlen." (W. Curtman.)
Gesang:
1. Der Gänsedieb.
Munter, Eout
Volksweise.
5F t—2- r r r E —J—f=j
u-4- e=*=* —- V 9 0 0 u - ^—5-
w . ... , . . . u her,
2. Sei - ne gro - ße lan - ge Flin-te schießt auf dich den Schrot,
3. Lie - des Füchslein, laß dir ra - t en, sei doch nur kein Dieb,
1. gib sie wie - der her! Sonst wird dich der Jä - ger ho - len
2. schießt auf dich den Schrot, daß dich färbt die ro - t e Tin - te,
3. sei doch ja kein Dieb! Nimm, sdu brauchst nicht Gän-se - bra-ten)
:: f* k "N r. j Laut. —p -fv-*c- -5-IS-!\--N—
0 " —-0-0-0- - » J—
1. mit dem Schießge - wehr!
2. unddannbist du to t!
3. mit der Maus für = lieb!
Sonst wird dich der Ja - ger ho > len
Daß dich färbt die ro - t e Tm > te.
Nimm, du brauchstnichtGän - sc - bra - ten.
I
mit dem Schieß-ge - wehr,
und dann.dist du to t.
mit der Maus für - lieb
Anschuhe
Zimmermann. Anschauungsunterricht. II, Band.
10
— 146 —
2. Der Gänsedieb.
SchnM
Volkslied
-#—0—#—s>~ f- ß—* r»i
=/—v—u—ü:4-^=i=
Wer mit die Gans qe= üoh-len hat. der ist ein Dieb, der
-8-1*-0-jy ^ ^ 4--^- ----
[^=g£=r=P=±5=t=P=p^—=J=JZ
17^1
ist ein Dieb. Wer mir sie a- der wieder qibt. den Hab' ich herz-lich
" I 7~* 9 »{»-{-;—-—g—r-F^HI
lieb Xo steht der Gän- se- dieb. da steht der Gär, se dieb!
((firtc gerade Anzahl von Bindern tanzt singend im Kreise herum: der
,,Gänsedieb" steht in der Mitte. Der erste Teil des Liedes wird so oft wieder-
holt, bis der „Gänsedieb" am Schlüsse des Teiles ein Kind aus dem Kreise
erhascht und mit demselben einige Male herumtanzt. Jetzt müssen alle Kinder
paarweise tanzen. Das Kind, welches übrig bleibt, mutz als „Eänsedieb" in die
Mitte treten und wird mit dem 2.»Teile des Liedes angesungen.)
(Mühe, Rowoldt usw., Liederbuch.)
3. Das Füchslein.
Ziemlich schnell. Volksweise
u. ■ "t*—h—>—K —N r 1 ' . , -f—r ~~t—
fad — 0-0—s-J- . / .
Wer ist in un - ser Hüh-ner - Haus e - ben doch ge-gan-gen?
Wer will sich dort zu ei - nemSchmaus ei - ne Hen-ne ian-gen^
/t\ ? * | 1
«fcs Füchs - lein. Fü —#-»—s— >— chs- lein, mach' dich so =iEE=F=* ' a——*L- rt! Fuchsie in. sag. was
willst du dort. dort bei un - fern Hüh-nern?
2. Das Füchslein aber bleibet da ohne Furcht und Bangen; doch eh'
er's selber sich versah, wird mein Fuchs gefangen. Füchslein, Füchslein bangt
dir nicht? Füchslein, jetzo vors Gericht! denn du bist gefangen.
3. Dem Fuchse ward zur Stelle dort gleich sein Recht verliehen; er mutzte
nach des Richters Wort seinen Pelz ausziehen. Füchslein, Füchsleiu, wohl-
gemut! Füchslein, traun, es ruht sich gut auf des Kürschners Stange!
(Der Fuchs hat sein Loch, eine abgemarkte Stelle; der übrige Spielraum
ist der Hühnerstall; bei der 1. Strophe sucht der Fuchs mit dem Plump-
sacke, stets auf einem Beine hüpfend, ein Hühnchen zu treffen. Gelingt ihm dies,
so ist er abgelöst, und der erste mutz ins Fuchsloch; die 1. Atrophe beginnt
aufs neue. Sobald aber der Fuchs mit der beginnenden 2. Strophe sich nicht
ins Loch geflüchtet, sondern, ohne ein Huhn getroffen zu haben, noch im
Hühnerstall verweilt, wird er gefangen, und beim Absingen der 3. Strophe erhält
er von jedem einen sanften Plumpsackstreich und mutz aufs neue die Probe des
gewandten Fuchses bestehen.) (Mühe, Rowoldt usw., Liederbuch.)
147 —
Malendes Zeichnen:
5. Fuchs und Ente.
(Bild von Kehr-Pfeiffer.)
I. Vorbereitung. Welche beiden Tiere siehst du auf dem Bilde?
Fuchs und Ente. Wo siehst du die Ente? Teich. Was tut sie?
Schwimmt. Wo befindet sich der Fuchs? Ufer. Woher wird er
gekommen sein? Wald. Schon früh, ehe die Sonne aufgegangen
war, hatte er seine Höhle verlassen. Wie wird er zu dieser Zeit wohl
gewesen sein? Hungrig. Den größten Teil des Waldes hat er durch-
streift, doch wie mag es ihm dieses Mal wohl ergangen sein? Nichts
gefangen. Wohin ist er deshalb gekommen? Teich. Gar vorsichtig
— sich schmiegend und biegend — ist er dort am Felsen vorüber an
das Ufer gelangt. Welche Tiere hat er sogleich erblickt? Enten.
Wie viele Enten waren gerade auf dem Teiche? Fünf. Diese haben
ihn nicht sehen können. Worin hat er sich versteckt gehalten? Im
Schilfe und Grase. Worauf hat er gewiß gehofft? Die Enten sollten
an das Ufer kommen. Doch was er so sehnlich erwartete, geschah
nicht. Nun meinte er mit Schlauheit und List ein Entlein .einzusaugen.
Frank und frei tritt er deshalb an das Ufer. Aber o weh! Was
tun die Enten? Fliegen fort. Doch nicht alle. Was sehen wir viel-
mehr? Die eine bleibt. Alle haben sofort den Räuber gesehen. Wie
sind sie geworden? Ängstlich. Was befürchten sie von ihm? Er
wird sie fangen. Nur diese große Ente ist nicht so ängstlich. Warum
wird sie wohl nicht gleich weggeflogen sein wie die übrigen? Sie
weiß, daß der Fuchs nicht schwimmen kann. Was meinte der Fuchs
wohl gerade von dieser Ente? Sie ist dumm. Er sagt sich vielleicht:
i o*
— 148 —
„Diese bekommst du ganz gewiß, wenn du es nur recht schlau an-
fängst." Darum rief er ihr zu:
IZ. Besprechung. 1. Was der Fuchs spricht:
„Frau Ente, was schwimmst du dort auf dem Teich?
.ftorrtm' doch einmal her an das Ufer gleich;
Ich Hab' dich schon lange was wollen fragen."
Wie redet der Fuchs die Ente an? Frau Ente. So macht es
auch deine Mutter gar oft, wenn sie die Frau des Nachbars anruft.
Sie sagt dann nicht: „Nachbarin!", nein, wie spricht sie? „Frau
Nachbarin!" Wie ist die Mutter gegen die Nachbarin? Höflich. Wie
hat der Fuchs nun die Ente auch angeredet? Frau Ente. Was sagst
du auch von ihm? Er ist höflich, freundlich. Das kommt ihm sicher
nicht aus dem Herzen. Er stellt sich nur so. Was sagst du von ihm,
da er sich ganz anders stellt als er's meint? Er ist falsch. Von wem
dürfen wir es ebenfalls sagen? Vom Fuchse. Das zeigt sich in allen
seinen Worten. Wie fragt er so ganz harmlos? „Was schwimmst
du dort auf dem Teich?" Was hätte der Fuchs ja auch viel lieber
gesehen? Wenn sie am Ufer wäre. Mit welchen Worten fordert er
sie dazu auf? „Komm doch einmal her an das Ufer gleich!" Er
sagt: „Komm gleich!" Setze dafür ein anderes Wörtchen! Rasch,
schnell. Er stellt sich, als habe er es sehr, sehr eilig. In Wahrheit
ist's gar nicht so; was zeigt sich hier wiederum? Er ist falsch. Der
Fuchs sagt ihr auch, warum er sie zu sprechen wünscht. Welchen
Grund gibt er an? „Ich Hab' dich schon lange was wollen fragen."
Er tut so, als habe er ihr etwas sehr Wichtiges mitzuteilen. Welches
Wort deutet darauf hin? Lange. Er sagt aber auch nicht, was
er eigentlich fragen will. Wie soll die Ente dadurch werden? Neu-
gierig.
Was denkt er damit um so leichter zu erreichen? Sie soll ans
Ufer kommen. Wie fängt er es offenbar an, um sie zu fangen?
Schlau. Er sagt: „Ich will dich was fragen!" Er tut also, als
wisse er etwas nicht. Wer soll ihm darüber Auskunft geben? Ente.
Was wird er dieser hierdurch wohl sagen wollen? „Du bist klug."
Was für Worte sind es also überhaupt, die der Fuchs gebraucht?
Freundliche. Wie nennen wir die Leute, die nur freundliche
Worte für uns haben? Schmeichler. Der Fuchs gebraucht auch
nur freundliche Worte. Was sagen wir deshalb von ihm eben-
falls? Schmeichler.
Zusammenstellung: Der Fuchs redet die Ente höflich an. Er ist
falsch und schlau. Er ist ein Schmeichler.
2. Was die Ente antwortet:
> Möge es nun allen falschen Leuten und Schmeichlern ergehen,
wie unserem Fuchse! Die Ente antwortete ihm nämlich:
,,Herr Fuchs, ich wüßte dir nichts zu sagen.
Du bist mir so schon viel zu klug,
Drum bleib' ich dir lieber weit genug."
— 149 -
Der Fuchs hatte gesagt: „Frau Ente". Wie beginnt darum auch
die Ente? „Herr Fuchs". Wie ist sie auch gegen den Rotrock?
Höflich. Sie macht ihm die Schmeichelei nach. Wie fährt sie nun
aber fort? „Ich wüßte dir nichts zu sagen." Sie hat's auch gar
nicht nötig, ihm noch irgend etwa^ mitzuteilen. Wie. sagt sie das?
„.Du bist mir so schon viel zu klug." Sie sagt nicht nur: „Du bist
mir viel zu klug", nein, welche beiden Wörtchen fügt sie noch ein?
„So schon". Was hatte doch der Fuchs zuletzt zu ihr gesagt? „Ich
Hab' dick schon lange was wollen fragen." Was antwortet ihm
gerade darauf die Ente? „Du bist mir so schon viel zu klug". Wie
hätte sie dies wohl auch ausdrücken können? Du bist schon viel zu
klug, ohne daß ich dir noch etwas mitteile. Was will sie deshalb
auch nicht tun? kommen. In welchen Worten gibt sie es dem
schlauen Verführer deutlich zu verstehen? „Drum bleib' ich dir lieber
weit genug." Sie ist wohl auf ihrer Hut, sie sieht sich vor. Wie
können wir von ihr sagen? Vorsichtig. Anfangs, als sie blieb,
während die übrigen wegflogen, dachte der Fuchs: „Diese Ente ist
recht dumm." Was zeigte sie ihm aber durch ihre Antwort? Sie
ist klug.
Wiederhole die Antwort der Ente! Erzähle mit deinen Worten,
was die Ente geantwortet hat! Welche Eigenschaften lernen wir an
der Ente kennen? Klug und vorsichtig.
3. Was uns von dem Fuchse noch erzählt wird.
Was nun wohl der Schlauberger beginnt!
„Herr Fuchs, der ging am Ufer hin
Und war verdrießlich in seinem Sinn."
Wir sehen, mit seiner Schlauheit war er für dieses Mal am
Ende. Er wußte nichts zu entgegnen. Er sah ein, daß er erkannt war.
Wie war er darüber geworden? Verdrießlich. Was kannst du da-
für auch sagen? Ärgerlich. Das konnte man ihm gewiß ansehen.
Vorher leuchteten seine Augen, spitzte er seine Ohren, hielt er den
Kopf hoch empor. Wie wird's nach der Antwort der Ente wohl
damit sein? Doch nicht etwa aus Scham darüber, daß er von der
Ente erkannt ist, war er so verdrießlich, nein, nein! Er hat einen
ganz anderen Grund. Wir hören:
„Es lüftete ihn nach einem Braten."
An welches Wort erinnert uns „lüftete"? Lust. Was ist dem-
nach mit den Worten: „Es lüftete ihn nach einem Braten" gemeint?
Er hatte Lust dazu. Wer hatte dieses Gelüste des Fuchses auch
gleich erraten? Ente. Darum wird hinzugefügt:
„Das hatte die Ente gar wohl erraten."
Ach, so gern hätte er heute Entenbraten gegessen! Die Ente
war so nahe, und doch konnte er sie nicht erreichen. Was allein
hinderte ihn daran? Wasser. Welcher Wunsch wird da wohl in
ihm rege geworden sein? „Ach, könnte ich doch heute schwimmen!"
Darum vernehmen wir:
150 —
„Heut' hätt' er so gerne schwimmen können."
Was hätte er dann sicherlich getan? Ente zerrissen. Wir sagen
auch: Er hätte ihr das Leben genommen. Aber er bringt's nicht
fertig. Wohl läuft er am Ufer lange auf und ab, sinnt hin und
her, was mufc. er endlich doch tun? Fortgehen. Beschämt und mit
hungrigem Magen schleicht er von bannen? Alles dies fassen mir in
die Worte zusammen:
„Nun mußt' er ihr doch das Leben gönnen."
Welches Wort dürfen wir für ,,gönnen" hier auch gebrauchen?
,, Lassen".
Stelle zusammen, was vom Fuchse erzählt wird!
Er war ärgerlich. Es lüftete ihn nach einem Braten. Er wünschte sich,
schwimmen zu können. Verdrießlich ging er fort. Er muhte der Ente das Leben
lasse».
III. Anwendung, Unserem Fuchse gleichen viele Menschen. Sie
möchten gern ihren Mitmenschen Geld und Gut wegnehmen. Was
für Worte gebrauchen sie dazu ebenfalls (wie der Fuchs)? Freund-
liche Worte. Wie nennen wir solche Leute deshalb? Schmeichler.
Ihre schönen Worte kommen ihnen auch nicht aus dem Herzen. Wie
sind sie also auch? Falsch. Sie richten — gerade wie der Fuchs
ihre Rede so ein, daß wir es fast nicht merken, was sie eigentlich
wollen. Wie verfahren sie demnach auch? Schlau. Welchem Tiere
sind sie also ganz und gar ähnlich? Dem Fuchse. Wie nennt man
deshalb einen schlauen und falschen Menschen auch noch? Einen
Fuchs. Auch zu dir kommt vielleicht einmal ein solcher. Er wird
dir gar schöne und glatte Worte vorschwatzen. Dann sei klug und
vorsichtig wie die Ente! Traue keinem Schmeichler!
(5- Heinemann, Braunschroeig.)
6. Das Reh.
Vorbemerkung. Auf unterrichtlichen Spaziergängen, die sich
planmäßig dem Unterricht einfügen, sind die Binder in den kleinen
Holzungen in der Nähe der Stadt heimisch geworden. Rehe haben
jedoch einzelne noch nicht gesehen, obwohl sie hier nicht unschwer zu
beobachten sind. — Benutzt wird das Bild aus dem Verlag von
Wachsmuth: Rehfamilie im Walde. — — Die nachfolgende
Lektion soll ein Beispiel für erzählenden Anschauungsunterricht sein;
sie soll zeigen, wie das Vorstellungsmaterial der Schüler
benutzt wird, wie Fragen der Schüler als Unterrichtsimpulse dienen
und wie die Schüler frühzeitig im selbständigen Ausdruck geübt werden,
L.: Heute wollen wir zusammen nochmals in den Wald
geben! Aber tüchtig Brot eingepackt, vor Abend kommen wir
nicht zurück, denn wir gehen weit über Kummerfeld hinaus
in den großen Wald, den wir neulich von der Mühle
aus sahen. — (Beschreibung des Weges durch Schüler, die ihn
kennen.) Wir sind durch's Dorf. Dort am Knick ruhen wir aus.
Brot heraus und gefüttert; Brombeeren gibt's dazu. Drüben liegt
— 151 —
der große Wald; Menschen werden toir dort wohl heute nicht treffen.
--So, da wären wir mitten drin. Leise auftreten! Vorsichtig
die dürren Äste meiden! Nicht gesprochen! — Husch — da hüpft
eine Schwarzdrossel aus dem Gebüsch, — dort — ein wildes Ka-
ninchen mitten im Wege. Sieh' da, ein Specht! — er sieht uns
nicht. Dort am Stamm der hohen Kiefer ein flinkes Eichhörnchen.
Es zeigt uns seine Kletterkünste — nun springt es zur Buche hin-
über und schaut auf uns herab ganz neugierig — mit großen Augen.
Da noch eins; höher hinauf; beide spielen Haschen. — Dort liegt
eine Wiese, rings herum hohe Bäume. Leise! Seht ihr dort im
hohen Gras das 'Tier? — Nein? — Ein Kopf ragt dort in der
Richtung der dicken Eiche hervor; weg ist's. Die meisten sehen es
nicht. Leise, Schritt für Schritt, hinter mir her; o wie dunkel ist
es hier im Gebüsch! <3ch—t! Dort — bei dem dicken Eichbaum
aus der freien Stelle! — Was seht ihr dort? — (Das Bild wird
umgedreht! Die Spannung löst sich in ein freudiges: ah! Nun
geht's Erzählen los, jeder darf reden und mitteilen, was er weiß;
einer Aufforderung bedarf es nicht erst.)
H.: Das ist eine ganze Rehfamilie. Das ist der Vater, dabei
steht die Mutter, und das ist das Junge.
F.: Ich habe neulich erst zwei gesehen, als ich mit Vater und Mutter
am Abend durchs Wiesental nach dem Peinerhof ging. Die waren aber
so flink wie die Hasen und sprangen über den breiten Graben weg.
A.: Als ich in den Ferien bei meinem Großvater war, und
er mich wieder nach der Bahn fuhr, da sah ich eins im Gebüsch. Es
war gar nicht bange. Es guckte gerade so mit seinen großen Augen,
wie das dort auf dem Bilde. Es lief nicht weg, weil mein Grvß-
vater keinen grünen Hut auf hatte und auch keinen grünen Rock trug.
Es hatte keine Hörn er.
R.: Hörner heißt es nicht! Hörner haben Kühe und Ziegen.
Die Rehe tragen Geweihe; aber nur der Vater trägt ein Geweih,
der heißt ein Rehbock. Wir haben zwei solche in der Stube hängen,
die hat mein Vater früher einmal mitgebracht, und da hat er
draufgeschrieben, wann er die Rehböcke geschossen hat. —
N.: Ich war einmal bei unserem Nachbar in der Stube. Der
ist nun nicht mehr Förster, weil er so alt ist; der hat eine ganze
Stube voll Geweihe^ auch von großen Hirschen.
M.: Ein kleines Rehkalb habe ich aber noch niemals gesehen.
--- Was fressen die Rehe eigentlich? —
(Nachdem noch einmal genau festgestellt ist, wer schon Rehe
gesehen hat, benutze ich die obige Frage des Schülers, und wir gehen
auf die Lebensweise ein.
L.: Also was die Rehe fressen? Was meint ihr wohl? Sch.:
©ras, Klee, Korn, saftige Blätter von den Zweigen. L.: Wo treffen
wir darum die Rehe? Sch.: Im Gehöh, Gebüsch, Wiesen, Korn-
feldern. L.: In unserem Walde bei der Stadt sahen wir bei
unseren Spaziergängen noch niemals Rehe. Warum nicht? Sch.:
152 —
Die Rehe sind so bange (£.: scheu!), es mag nicht da sein, wo
Menschen und Hunde oft hinkommen. (L.: es ist menschenscheu).
L.: Warum aber sahen wir bisher noch keine, wenn wir weitere
Schulausflüge machten? Wir können doch gut sehen! Sch.: Ja,
das Reh kann aber noch besser hören! Es hört jeden Laut; es hört
gleich, wenn ein Mensch kommt. L.: Woran denn? — — Auch
kann es gut riechen; wenn wir noch über 200 Schritte entfernt sind,
merkt es schon: es sind Menschen hier. Dann hält es den Kopf
hoch! Sieh hier den Rehbock (Bild)! Er lauscht mit den spitzen
Ohren, er dreht den Kopf langsam — gleich hat er uns entdeckt
er stampft kräftig mit den Vorderbeinen — öng! — und weg sind
er und seine Familie! — Kann das kleine Kalb denn mitkommen?
L.: Es läuft schon ganz flink mit, wenn es so klein ist und springt
lustig durch's hohe Gras. Als ich noch zur Schule ging, waren mein
Bruder und ich im Felde und sahen so ein kleines Rehkälbchen; wir
beide flink hinterher; bald hätten wir es gehabt; ängstlich lockte die Mut-
ter, im Augenblick war es in den jungen Tannen verschwunden! - - -
L.: Wohin müssen wir also gehen, wenn wir Rehe belauschen
wollen? (—) Am besten machen !wir's, wenn wir morgens oder
abends nach einer Wiese am Walde gehen. Warum denn? Sch.:
Dann ist es noch schummerig (£.: dämmerig, Dämmerung). Warum
denn gerade nach der Wiese? — — £.: Manchmal stehen sie auch
im Kornfeld. Der Bauer sieht sie dort aber nicht gern; warum nicht?
(--) £.: Wenn sie dann satt sind, schreiten sie wieder nach dem
Walde zurück, legen sich in dichtem Gebüsch nieder (Kennt ihr solche
dichte Stelle?) und — kauen nochmals. (Erinnerung an Kühe und
Ziegen; früher beobachtet! Wiederkäuer.) Warum sieht man sie
aber so selten im Walde? Sch.: Sie fliehen, wenn sie uns be-
merken. — Zwischen den Bäumen ist es dunkel. — Es sieht so braun
aus in seinem Fell, fast wie die braunen Blätter. Sch.: Hat das
Reh dort ein Nest oder eine Höhle? L.: Was meint ihr dazu? —
£.: Nun schaut nochmals her auf diese Familie! Klapp mit
den Händen! — Weg sind sie. Sch.: Sie können flink laufen und
springen. L.: Wir wollen doch mal darüber sprechen, warum die
Rehe schneller sind als «andere Tiere! Sch.: Das Reh hat schlanke,
dünne Beine! — (Vergleiche mit Kuh, Schwein). Es springt so
leicht durch das hohe Gras, huscht mit einem Satz durch den Knick,
setzt mit einem Sprung über den Wassergraben. Immer Sprung
auf Sprung! Körper ist schlank und leicht. (Schwein plump!) £.:
Muß das Reh denn oft laufen? Sch.: Wenn der Jäger kommt.
Wenn es nach der Wiese rennt. — L.: Sinkt es dort nicht ein
mit seinen zierlichen Füßen? (Besprechung ergibt: An jedem Fuße
zwei Hufe, — gespalten — verhindern tiefes Einsinken. Zweihufer).
L.: Es muß oft durch dichtes Gebüsch, wo die Zweige uns nicht
durchlassen! (vergleiche mit Schaf!) Sch.: Es hat ein glattes Fell
mit steifen Haaren); darum kann es leicht durchschlüpfen. Die Zweige
und Tannennadeln ritzen seine Haut nicht. (Weiter ausführen!)
— 153 —
£.: Dies ist die ganze Familie. Die Mutter ist sehr lieb zu
ihrem Kälbchen. Sie steht oft still und leckt es. Holt es ihm auch
Gras und Klee? — Sch.:---(Ergebnis: es trinkt Milch
bei der Mutter wie die kleinen Lämmer, Füllen usw. Säugetier. —
Später frißt es selber). L.: Ängstlich paßt die Mutter aus, daß
es nicht verloren geht. Wer wird dem kleinen niedlichen Tierchen
denn Böses tun? — Sch.: Hunde, Jäger! £.: Nein, der Jäger
gewiß nicht; warum nicht? — Ich will's euch erzählen, wer der
Feind ist! —
In den letzten Ferien war ich mit meinen Kindern verreist;
da fanden wir im Walde eine Fuchshöhle mit drei Ausgängen.
Es waren gewiß Junge darin, und die Mutter hatte tüchtig für sie
gesorgt. Da lagen Flügel von Vögeln, ein Kopf von einem Hasen,
— und was war das, was mein Jüngster in der Hand hielt? Fast
wie ein brauner Stock, aber mit zwei blanken Hufen! — Arme Reh-
mutter, der Fuchs hatte hinter dem Wall gelegen, als du nach
der Wiese sprangst; das Kälbchen spielte und sah nicht die lauernden
Augen! Ein Sprung -— und die scharfen Zähne saßen in seinem
Halse. Die Rehmutter kam, — der Fuchs lief einige Schritte weg,
denn er fürchtete die Hufe. Aber da lag des Kälbchen und rührte
sich nicht; bald speisten vier hungrige Füchse dran. — Zusammen-
fassendes Erzählen am Schlüsse dieser Stunde und zu Beginn
der nächsten Stunde: Wo Rehe leben! Warum sie so scheu sind!
Wie es ein tüchtiger Renner ist! Was seine Speise ist! Vom
kleinen Rehkalb! Wie der Fuchs ein Rehkalb fing! usw. —
Neuer Stoff der zweiten Stunde: Das Reh in Angst
und Gefahr. — Wie meine ich das? Wilhelm war mit seinem
Vater in den Ferien bei dem Onkel auf Besuch. ,,Hast du wohl Lust,
einen Rehbock zu schießen?" sagte der Onkel eines Tages zum
Vater; ,,bei meinem Kleefelde, das -am Walde liegt, da, wo die
beiden weißen Virken im Knick stehen, kannst du nur aufpassen!"
Ob Wilhelms Vater wohl Lust hatte? Er ging gar zu gern einmal
aus die Jagd. Am Abend nach dem Abendbrot stand er schon mit
der Doppelflinte des Onkels am Gartentor und ging dem Walds
zu. O wie gerne wäre Wilhelm mit dabei gewesen! Aber der
Vater erlaubte es nicht. Dort kommt noch ein Knecht vom Felde;
Kühe und Pferde grasen still. Dort leuchten die Birkenstämme. Der
Wald wird dunkel, .— es ist schon 8 Uhr. Das Gras wird feucht,
und am Bach zieht weißer Nebel auf. Der Vater steht unbeweglich,
das Gewehr im Arm, den Hahn daran gespannt. Sein Auge schaut
eifrig umher, sein Ohr lauscht. Horch! Da knackt es im Walde,
ach, es war nur ein Raubvogel, der herauskam. Da bewegt sich
etwas! Ein Sprung! — Da steht der Rehbock! Kopf hoch —
wieder ein Sprung! Jetzt steht er einen Augenblick und lauscht. Da
kommt er an den schmalen Graben, — nur der Kopf ist noch zu
sehen. Da kracht ein Schuß aus der Flinte; weißer Rauch Zieht
davon, und donnernd klingt der Schuß aus dem Walde zurück.
154
Hipp — hipp! — — springt der Rehbock fort; der Schuß war
fehlgegangen. Der Vater kehrt ärgerlich heim. Morgen abend wird
er hier vergeblich warten. -—•„ — — Die Klasse atmet auf. — „Wie
freue ich mich, daß er vorbeischoß!" — „Junge, Hütt' er ihn aber
getroffen, dann hätte es einen feinen Braten gegeben." — — „Wenn
das Reh nun aber doch am Bein ein wenig getroffen und verwundet
ist!"--Schluß für heute.
Im Anschluß an Wiederholungen in späterer Stunde erzähle
ich noch das Märchen von Grimm: Brüderchen und Schwesterchen.
Nachschrift: Unterrichtliche Spaziergänge haben in der Regel
dem nachfolgenden Unterricht vorzuarbeiten. Das halte ich auch so.
Doch kann gelegentlich die umgekehrte Reihenfolge von gutem Er-
folge sein. — Etwa zwei Wochen nach Behandlung der obigen
Lektion gingen wir nach einem sumpfigen Gehölz, in dem ich den
Aufenthalt von Rehen festgestellt hatte. Weder Brombeeren noch
Nüsse lenkten heute ab; das Gespräch der Kinderschar drehte sich
nur um die Rehe. Wie sie suchten, die kleinen Naturforscher! Und
wie leise sie auftraten! Da glückte es, einen Wildpfad im Gebüsch
zu finden und auf kurzer Strecke zu verfolgen. Manche Erinnerung
aus der Unterrichtsstunde wurde lebendig; in allen Kindern das Ge-
fühl hochgesteigerter Erwartung und Spannung. Weiter ging's durch
Gebüsch und Gestrüpp. Schon wieder ein Wildpfad! Alle Augen
suchten am Erdboden; ein scharfes Auge entdeckte die ersten frischen
Spuren in weicher Erde. Hier hat tatsächlich heute morgen noch
eins gesprungen. Deutlich sind die Eindrücke beider Hufe zu sehen.
„Sehen sie dort bei der Kiefer — das Braune!" Richtig, da lag
ein Reh, fünfzig Schritte nur von uns, genau wie das Rehkalb
auf unserem Bilde. Es hob sich und blickte uns verwundert an.
„Da steht noch eins!" Nun sprangen sie auf und flohen erschreckt.
Verschwunden sind sie in jener Richtung, — rasch, quer hindurch.
Drüben auf der Lichtung rennen sie wieder, — im Dickicht sind sie
jetzt unseren Blicken verborgen. — —
Selten sind wir so fröhlich und angeregt heimgekehrt als von
diesem Schulausflug; noch lange wird die Schar daheim und in
der Schule erzählen von unserer „Rehjagd". Sie wird sicherlich zu
den dauernden Schuleindrücken dieser Kleinen gehören.
(Pädagogische Warte*)
Zugabe:
Reh und Rehchen.
Es war einmal im Walde ein Reh, das ging mit seinem Kinde, einem nied-
lichen Rehchen, spazieren. Da hörten sie ein heiseres Krächzen über sich, und
das Reh sagte: „Das ist der Adler. Jetzt, mein Kind, nimm dich in acht und
bleib' ja unter den Sträuchern, denn wenn du hinaus ins Freie gehst, so kommt
er, packt dich mit seinen Klauen und trägt dich fort." Das hörte das Rehchen
und folgte eine ganze Weile. Aber als sie zu einer kleinen Wiese kamen, die mitten
*) Pädag. Warte, Zeitschrift für wissenschaftliche Pädagogik, Lehrerfortbildung,
Konferenzwesen, Tagesfragen und Pädagogische Kritik. Herausgegeben von K. O.
Beetz und Ad. Rüde. Verlag von A. W. Iickfeldt in Osterwieck.
155 —
im Walde lag. da stand drüben auf der Wiese eine schöne, schöne Blume. Die
hätte das Rehchen gar zu gern besehen und berochen, und es dachte: „Der
Adler wird ja nicht'gleich kommen, die Wiese ist ja nicht groß, und ich bin
geschwind," und ehe Mama rufen konnte: „Kind, Kind, bleib' hier, da fliegt
der Adler!" war das Rehchen mit drei Sätzen bei der Blume. O wie schön
sah sie aus! Und wie schön roch sie! Rehchen vergaß darüber ganz den Adler,
und daß es geschwind wieder kommen wollte. Da rief Mama noch einmal:
„Komm Kind, komm schnell!" Und Rehchen wollte nun schnell umkehren, aber
schon rauschte es dicht über ihm in der Luft, und ehe Rehchen den dritten Satz
tun konnte, war der Adler da, faßte es mit seinen scharfen Klauen an seinem
kleinen Rücken und trug es in die Luft. Ach, wie schrie da das arme Tierchen
um Hilfe, aber Mama konnte ihm nicht helfen, denn schon schwebte der Adler
mit ihm über den Bäumen.
Das alte Reh konnte aber sein Rehchen doch nicht vergessen/ und da es sah,
daß der Adler nur langsam aufsteigen konnte, denn das Rehchen war doch schwer
für ihn, so lief es geschwind, den Jäger zu suchen. Dieser war im Walde bei
den Holzhackern, wo er seine Flinte an einen Baum gelehnt hatte und sich eben
eine frische Pfeife anzündete. Da rief das Reh schon von weitem: „Ach, Herr
Jäger, Herr Jäger, der Adler trägt mein Kind fort!" „Wo ist der Adler?"
fragte der Jäger und sah sich um. „Da! da!" rief das Reh, denn man |ah ihn
eben hoch in der Luft vorüberfliegen. Da war der Jäger mit einem Sprunge bei
seiner Flinte, legte sie an, zielte und schoß. Puff! Da fiel der Adler neben
dem Felsen in einen Busch, und der Jäger sagte: „Gut getroffen!" Das Reh
aber lief schnell nach seinem Rehchen. Aber ach, was mußte es da sehen! Die
Kugel, die von unten auf in den Leib des Adlers geschossen wurde, hatte auch
das Rehchen mit getroffen, es sah seine Mutter noch einmal mit mattem Blicke an,
als wollte es sagen: „Ach, Mutter! Mutter! Hilf mir!" Dann starb es, und
das alte Reh klagte: „Ach, mein Rehchen, mein Rehchen! Hättest du doch
deiner Mutter gefolgt, so wärest du nicht tot!" (Petermann.)
Malendes Zeichnen:
— 156
7. Der Hirsch.
1. Namen. Seht euch dieses Bild an! Was für Tiere seht ihr
hier? Zwei Hirsche. Dieses Tier ist das Männchen,- wir nennen das-
selbe kurzweg Hirsch. Dieses Tier ist das Weibchen oder die Hirsch-
kuh. Sprecht: Aus dem Bilde sehen Wir einen Hirsch und eine
Hirschkuh. Zeige den Hirsch! — Die Hirschkuh! —
II. Teile. 1. Das Geweih. Was fällt euch am Kopfe des
Hirsches auf? Hörner. Das sind aber keine Hörner wie bei der Kuh
oder der Ziege. Wieviel Spitzen haben die Hörner der Kuh? —
Wieviel Spitzen oder Zacken seht ihr hier? Man sagt deshalb: Der
Hirsch hat ein Geweih. Füge noch das Wort „schön" hinzu!
Setze statt „schön" das Wort „stattlich"! — Was trägt aber die
Ziege auf dem Kopfe? — Die Kuh? — Und der Hirsch? — Seht
euch die Hirschkuh an! Was vermißt ihr auf dem Kopfe derselben?
Geweih. Was trägt (aIfo die Hirschkuh nicht? Sprecht: Der Hirsch
trägt ein Geweih auf dem Kopfe, die Hirschkuh aber nicht. — Ver-
gleiche beide Tiere nach ihrer Größe! Der Hirsch ist größer als die
Hirschkuh.
Der Hirsch ist schlank gebaut.
Seine Ohren sind groß und zugespitzt.
Die Augen sind groß und lebhaft.
Der Schwanz ist nur kurz.
Die Beine sind schlank und kräftig.
2. Veine. Wieviel Hufe hat der Hirsch an jedem Fuße? —
Welche Farbe haben die Hufe? Schwarze Farbe. Zu welchen Tieren
gehört der Hirsch, weil er an jedem Fuße zwei Hufe hat? Sprecht:
Der Hirsch gehört zu den Zweihufern. Welche Zweihufer haben
wir schon besprochen?
Die Hirsche können mit ihren Beinen sehr schnell laufen, schneller
als die meisten Pferde. Sie können über einen Graben springen, der
so breit ist wie unsere Schulstube,- sie können auch über Hecken oder
Mauern springen, welche noch höher sind als ein Mann. Was kann
also der Hirsch sehr gut? Sprecht: Der Hirsch kann sehr gut laufen
und springen.
III. Bedeckung und Farbe. Womit ist der Hirsch bedeckt? Mit
kurzen Haaren. Beim Männchen sind die Haare am Halse etwas
länger (mähnenartig). Was für eine Farbe haben die Haare? Braune.
Farbe. Diese Farbe haben sie aber nur im Sommer. Im Winter
werden sie grau. Was habe ich über die Farbe des Hirsches gesagt?
Sprecht: Der Hirsch hat im Sommer eine braune und im Winter
eine graue Farbe. Es gibt auch weiße Hirsche, aber diese sind sehr
selten. Für den Jäger ist es deshalb eine Ehre und ein Glück, einen
weißen Hirsch zu schießen. Ms nun einmal ein solcher von den Forst-
leuten in einem Walde aufgespürt wurde, da nahmen sich drei
Jäger vor, den weißen Hirsch zu erlegen. Hört nur:
Es gingen drei Jäger wohl auf die Birsch,
Sie wollten erjagen den weißen Hirsch.
Sie legten sich unter den Tannenbaum,
Da hatten die drei einen seltsamen Traum.
„Mir hat geträumt, ich klopft' auf den Busch,
Da rauschte der Hirsch heraus, husch, husch!"
„Und als er sprang mit der Hunde Gekläff,
Da brannt' ich ihm auf das Fell, piff, paff!"
„Und als ich den Hirsch an der Erde sah,
Da stich ich lustig ins Horn, trara!"
So lagen sie da und sprachen die drei,
Da rannte der weiße Hirsch vorbei.
Und eh' die drei Jäger ihn recht geseh'n,
So war er davon über Tiefen und Höh'n.
Husch, husch! piff, paff! trara! (Uhland.)
Was hatten sich die drei Jäger vorgenommen? — Stunden-
lang durchstreiften sie den Wald nach allen Richtungen hin, den
weißen Hirsch fanden sie nicht. Wie sind die Jäger von dem Umher-
laufen geworden? -— Wohin legen sie sich? -— Was geschieht auch
bald? Schlafen ein. Wovon träumen alle drei? — Aber es ist
seltsam, daß ihre Träume so hübsch zueinander passen. Denn was
träumt der erste? — Und was der zweite? — Und was der dritte?
Als sie erwachen, erzählen sie sich ihre Elücksträume. Wer saust
da plötzlich an ihnen vorbei? — Wozu kommen sie gar nicht? Zum
Schießen. Weshalb nicht? — Durch Schlafen und Erzählen ihrer
Träume hatten sie die Hauptsache, die Jagd des weißen Hirsches,
verabsäumt.
IV. Aufenthalt. In unserer Nachbarschaft wohnen keine Hirsche,
weil es hier nur kleine Wälder gibt. In was für Wälder wohnen
die Hirsche nur? Sprecht: Die Hirsche wohnen nur in großen
Wäldern. (Harz!) Sie haben sich im Gebüsch ein Lager zurecht--
gemacht und bleiben hier den ganzen Tag- Wo sind die Hirsche am
Tage? Sprecht: Am Tage verstecken sich die Hirsche im Dickicht des
Waldes.
V. Nahrung. Am Abend suchen sich die Hirsche ihre Nahrung.
Sie fressen Gras, Blumenknospen und allerlei Kräuter. Was fressen
sie? — Nicht selten besuchen sie die Felder und fressen hier die Früchte
ab. Welche? Korn, Klee usw. Wer nimmt ihnen das aber sehr
übel? — In welcher Jahreszeit fehlt es den Hirschen nicht an Nah-
rung? Sommer. Wann müssen sie aber oft Hunger leiden? Winter.
Weshalb? — Was frißt der Hirsch nun im Winter? Er schält den
jungen Bäumen die Rinde ab. Welche Tiere tun das auch? Hasen.
In manchen Gegenden werden oie Hirsche (und Rehe) im Winter
von den Menschen gefüttert, z. B. im Harze (Molkenhaus). Der
Jäger bringt ihnen Rüben, Kartoffeln oder Heu in den Wald und
legt es auf bestimmte Plätze (Futterplätze). Die Hirsche merken sich
die Futterplätze und besuchen sie jeden Tag. Sie sind hier sehr zu-
traulich und fressen nicht selten dem Wärter aus der Hand. Man bläst
auch wohl auf einer Trompete, wenn man den Hirschen das Futter
Der erste:
Der zweite:
Der dritte:
— 158
hingelegt hat. Die Hirsche erkennen an dem Blasen, daß ihr Tisch
gedeckt ist und kommen schnell nach den Futterplätzen.
Die Hirsche kauen ihre Nahrung nicht gleich ganz klein, sondern
schlucken sie halb zerkaut hinunter. Wenn sie satt sind, suchen sie ihr
Lager auf, legen sich ruhig nieder, bringen das Futter aus ihrem
Magen wieder in das Maul amd kauen es erst jetzt klein; sie kauen
es wieder. Welche Tiere kauen auch das Futter wieder? Ziege, Kuh.
Wie nennen wir die Tiere, die das Futter wieder kauen? — Zu
welchen Tieren gehört also der Hirsch? Sprecht: Der Hirsch gehört
zu den Wiederkäuern. Nennt andere Wiederkäuer!
VI. Eigenschaften. Gewöhnlich wohnen immer mehrere Hirsche
zusammen. Eine solche Gesellschaft von Hirschen nennt man ein Rudel.
Der Hirsch will also nicht allein sein. Was liebt er vielmehr? Ge-
sellschaft. Wir sagen deshalb: Die Hirsche sind gesellige Tiere.
Sprecht das zusammen! — Weshalb nennen wir die Hirsche gesellig?
— Welche Tiere leben auch gesellig? — Welche nicht?
Wenn die Hirsche den Kraut- und Rübenacker besuchen wollen,
so kommen sie stets sehr langsam aus dem Walde hervor. Ein alter,
kluger Hirsch geht voran und sieht sich nach allen Seiten um, ob
etwa ein Jäger in der Nähe ist. Wenn sie auf dem Felde fressen,
dann steh: ein alter Hirsch Schildwache. Wittert er nun Gefahr, so
schlägt er mit den Vorderfüßen auf die Erde, um die anderen zu
warnen. Die Hirsche find sehr vorsichtige Tiere. Sprecht das zu-
sammen! — Weshalb nennen wir die Hirsche vorsichtige Tiere?
Ich habe euch schon gesagt, daß die Hirsche den jungen Bäumen
die Rinde abschälen und auf dem Felde die Früchte abfressen. Ein
Rudel Hirsche vermag in einer einzigen Nacht ein ganzes Feld zu ver-
wüsten. Was für Tiere sind deshalb die Hirsche? Sprecht: Die
Hirsche sind schädliche Tiere.
VII. Nutzen. Vor wem fürchten sich die Hirsche am meisten?
Jäger. Warum? — Weshalb schießt der Jäger die Hirsche?
Sprecht: Das Fleisch des Hirsches wird gegessen. (Wildbret.) Vor-
her wird dem Hirsch die Haut abgezogen. Wer kauft die Haut?
Gerber. Was macht er daraus? Sprecht: Der Gerber oerarbeitet die
Haut zu Leder. Das Leder ist weich und zart und wird vom Hand-
schuhmacher zu Handschuhen verarbeitet. Auch das Geweih wird be-
nutzt. Der Drechsler macht Messerhefte und Griffe zu Stöcken und
Hirschfängern daraus. Oft findet man auch wohl ein ganzes Geweih
als Zierat in den Häusern aufgehängt. Vor dem Försterhause prangt
gewöhnlich ein stattliches Hirschgeweih über der Haustür. Was be-
nutzen wir also vom Hirsche? Fleisch, Haut, Geweih. Sprecht: Wir
benutzen vom Hirsche das Fleisch, die Haut und das Geweih. Was
für ein Tier ist deshalb der Hirsch? —
VIII. Hirschjagd. Die Hirsche werden vom Jäger geschossen.
Wohin muß der Jäger gehen, wenn er einen Hirsch schießen will?
Was nimmt er mit? Gewehr, Pulver, Kugel. iIagdrechtlich wird
der Hirsch nur mit der Kugel erlegt.) Der Jäger stellt sich am Rande
— 159 —
des Waldes hinter einen Baum, nimmt die geladene Büchse in die
Hand und wartet ganz ruhig, bis die Hirsche aus dem Walde kommen.
Endlich rauscht es im Laube; mehrere Hirsche kommen aus dem
Dickicht, stehen am Rande des Waldes still und schauen sich nach
allen Seiten um. Was tut jetzt der Jäger? — Die Kugel hat einen
Hirsch getroffen, er stürzt nieder und ist tot. Was tun die anderen
Hirsche? — Wenn der Jäger auf diese Weise einen Hirsch zu
schießen sucht, sagt man: der Jäger geht auf den Anstand. Welche
Tiere werden auch auf dem Anstände geschossen? Rehe, Hasen, wilde
Kaninchen.
Zuweilen gehen viele Jäger zusammen auf die Hirschjagd. Sie
stellen sich auf der einen Seite des Waldes in einer Reihe auf. Wenn
die Jagd beginnen soll, dann wird auf einem Horn geblasen. Von der
gegenüberliegenden Seite des Waldes kommen nun viele Leute
(Treiber), jagen die Hirsche aus ihrem Lager auf und jagen sie nach
der Gegend, in welcher die Jäger stehen. Kommt ein Hirsch in die
Nähe eines Jägers, so wird er von diesem geschossen. Eine solche
Jagd nennt man eine Treibjagd. Weshalb? — Die Jagdhunde müssen
die Hirsche auch verfolgen, daß sie in die Nähe des Jägers laufen.
Wenn der Hirsch den Ton des Jagdhorns und das Hundegebell
hört, dann spitzt er die Ohren und horcht, als wollte er sagen:
War das nicht des Jagdhorns Ton?
Sieh', da kommen die Hunde schon;
Ach, und der Jäger dort hinter den Bäumen,
Da ist keine Zeit zu versäumen.
Jetzt an ein Laufen muß es geh'n;
Nun, ihr Beine, nun laßt euch seh'n!
Was tut der Hirsch jetzt? Er läuft schnell fort. Was tut aber
der Hund? Der Hund sprang nach mit großer Gewalt;
Warte nur, Hirsch, jetzt Hab' ich dich bald!
Aber der Hirsch rief: Sachte, mein Lieber,
Hier ist ein Graben; ich spring hinüber,
Tust du mir's nach? Nein, nimm dir Zeit,
Dir ist er wohl etwas zu breit. (W. Hei).)
Der Hund dachte schon, er hätte den Hirsch eingeholt. Wohin
kommen sie da? An einen breiten Graben. Was tut der Hirsch ? —
Wer kann ihm nicht mehr folgen? — Weshalb nicht? — Wodurch
hat sich der Hirsch gerettet?
Zugabe:
Der Hirsch am Bache.
Ein Harsch trank aus einem klaren Gewässer und erblickte in demselben sein
Bild. „Fürwahr," rief er aus, „die Natur meint es nicht böse mit mir,
wenigstens mit meinen^ Kopfe nicht. Wie prächtig ist das Geweih, das ihn
schmückt! Nur meine Schenkel könnten etwas besser ein, und ich würde dann an
vortre^Iicher Gestalt allen Tieren Trotz bieten."
judem er noch dieses sprach, hörte er Jagdhörner in der Ferne tönen und
sah die Hunde schon, die mit Bellen auf ihn zueilten. Er flog über die Felder
^nb Tt-Ck ^ine Verfolger weit hinter sich zurück. Jetzt kam er in den
' ■ mdem er sich ins Dickicht retten wollte, blieb er mit dem Geweihe
an den Ajten eines Baumes hängen; die Hunde kamen herbei und rissen ihn nieder.
160
,.Ach!" seufzte er ku^ vor seinem Verscheiden, „ich Unglücklicher habe
törichterweise meine Freunde für Feinde und meinen Feind für einen Freund ge-
halten. Die Schenkel, die ich tadelte, hatten mich beinahe schon gerettet, aber
das Geweih, das ich pries, hat mich ins Verderben gestürzt." (Meißner.)
Gesang:
1. Hirschlein und Häslein.
Muntc^
$
ß-
$
1. Die Hirsch -lein und Häs - lein. die lau - feit im Wald, und
2. Die Hun - de des Ja - gers, die het - zen das Tier mit-
3. Drum Hirsch lein und Häs-lein, drum riih - ret euch flink und
ritt
öe
:±:
m
—p:
1. wenn nun die Büch - se des Jä - gers er - stallt, da lau - fet das
2. un - ter durchs gro . ße und wei > te Re - vier, und fan - geu sie
3. lau - fet und springet, sonst wird's ein bös Ding! Ver.bergteuch im
^ zögern. schnell
:&=
1. Hirsch-lein, da sprin . gel der Has'.
2. ei - nes, dann ist es ge - scheh'n,
3. Hol - ze, ver . bergt euch im Wald,
Das
wird
da
ist
sei
mit
auch für
ne Kam-
euch der
d:
1. Hirfchlein und Häs - lein kein Spaß,
2. ra - den wohl nicht wie - der - sehn.
3. Jä - ger nicht schie > ßet so bald.
2. Das Hirschlein.
1. Hirsch-lein gi ng im Wald spa
zie - ren,
trieb all-da sein ar - tig Spiel,
daß es al - len an-dern
Tieren als ein lust'-ger Freund ge - fiel.
2. Aber hinter einer Linde hielt ein Jäger und sein Hund, und der Jäger
mit der Flinte schoß das arme Tierchen wund.
3. Hirschlein kann nun nicht mehr springen, denn sein wundes Bein tut
weh. Aber wenn die Vöglein singen, legt sich's weinend in den Klee.
(Friedrich de la Motte-Fouque.)
— 161 —
8. Der Bär.
(Bild von Kehr-Pseiffer.)
1. Vorbereitung.
3) Gewinnung des Stoffes: Ich will euch einmal ein
Rätsel aufgeben; weiß ich doch von meinen Kleinen, daß sie gar
schön raten können. Wer das Rätsel erraten hat, hebt ruhig seinen
Finger in die Höhe und verrät nichts. — Doch nun hört:
Es läuft auf Vieren,
Tanzt auf Zwei'n,
Brummt oft in seinen Bart hinein.
Welches von den Tieren,
Ihr Kinder klein,
Mag dieser brummige Gesell wohl sein? (M. S.)
Einige sehe ich, welche das Rätsel nicht raten können; diesen
will ich es ganz leicht machen (Anstellen des Bildes). Seht, auf
unserem schönen Bilde könnt ihr das Tier erblicken. Karl, komm
und zeige uns das Tier! Wie heißt es? Das Tier heißt Bär. Auf
wieviel Beinen steht unser Bär? Wieviel Beine hat der Bär?
Was tut der Bär auf zwei Beinen? Wer steht neben dem Bären?
Wie groß ist der Bär, wenn er sich auf zwei Beinen aufrichtet?
Wie groß ist der Bär, wenn er auf allen vieren läuft? — Wenn
sich der Bär aufrichtet, ist er so groß wie ein Mann. — Wenn der
Bär läuft, ist er halb so hoch wie ein Mann. —■ Womit ist der
Bär bewachsen? Nenne andere Tiere, die auch mit Haaren bewachsen
sind! — Ich kenne ein Tier, welches in Wald und Feld lebt, sehr
lange Ohren hat und schnell laufen kann. Wie heißt dieses Tier?
Der Hase liefert uns einen schmackhaften Braten. Manche von euch
werden schon gesehen haben, wie die Mutter einen Hasen zubereitet.
Was zieht sie ihm erst ab? Was ist auf der Haut festgewachsen?
Wie nennt man die Haut mit den Haaren? Wie heißt das Fell
des Hasen? Hasenfell. Auch dem Bären kann man die Haut mit
den Haaren abziehen. Was erhält man, wenn es geschieht? Wie
nennst du das Fell des Bäven? Ihr habt alle Haare auf dem Kopfe.
Wie sind bei einem ordentlichen Kinde die Haare, wenn es zur
Schule kommt? Sind die Haare nicht gekämmt, so sagt wohl der
Lehrer: „Du siehst ganz zottig aus". Unser Bär kämmt sich sein
langhaariges Fell nicht, unordentlich hängen die Haare durchein-
ander. Was für ein Fell hat der Bär? — Der Bär hat ein zottiges
Fell. Welche Farbe hat das zottige Fell? — Das zottige Fell hat
eine braune Farbe. — Seht euch nun einmal die Füße des Bäre^
genau an! Was hat der Bär an den Füßen? Füße mit starten
Krallen nennt man Tatzen. Wieviel Tatzen hat der Bär? Der Vär
hat vier Tatzen. — Wenn wir in das Maul des Bären hineinsehen
könnten, so würden 'wir darin sehr scharfe und spitze Zähne er-
blicken. Nennt mir ein Haustier mit scharfen Zähnen! Katze. Was
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 11
fängt die Katze? Die Maus ist ein Tier. Alle Tiere, welche scharfe
Zähne haben, fressen meist andere lebendige Tiere., Man nennt sie
Raubtiere. Auch der Bär frißt Rehe, Hirsche und Schafe. Was für
ein Tier ist er deshalb? Der Bär ist ein Raubtier. — Wer von.
euch hat nun schon einen Bären bei uns im Walde oder im Felde
gesehen? Keiner meldet sich. Wo gibt es keine Bären? Vielmehr
lebt der Bär in Gegenden, wo es Wälder gibt, durch die man
stunden- und sogar tagelang wandern kann, ohne hinauszukommen.
Was für Wälder sind dies? In was für Wäldern lebt der Bär?
Der Bär lebt in sehr großen Wäldern. — Hier ruht er am Tage
in einer Höhle, nachts aber geht er auf Raub aus. Sehr gern sucht
der Bär Plätze auf, wo es Bienen gibt. Weshalb mag er dies wohl
tun? Honig leckt der Bär am liebsten. Auch ihr mögt gewiß alle
gern den süßen Honig speisen. Nenne mir noch etwas, was du am
liebsten speist! Wie heißen die Speisen, die wir am liebsten essen?
Was für eine Speise ist also der Honig für den Bären? — Der,
Honig ist die Lieblingsspeise für den Bären. Ear oft läßt der Bär
im tiefen dunklen Wälde seine Stimme hören. Was tut dann der
Bär? — Der Bär brummt. — In seiner Höhle bekommt der Bär
auch Junge. Die alten Bären haben sehr schmackhafte Schinken,
auch benutzt man das Fell zu schönen warmen Decken. Der Jäger
will die Schinken und das Fell gern haben. Was muß er tun?
Warum läßt sich wohl ein alter, wilder Bär nicht lebendig fangen?
(Schilderungen einer Begegnung mit einem Bären.) Manchmal hat
der Bärenjäger das Glück, einen ganz jungen Bären zu finden.
Dieser ist ein gutherziger Gesell. Der Jäger braucht ihn nicht zu
schießen. Wie kann man junge Bären fangen? — Junge Bären kann
man lebendig fangen. — Solche jungen Bären nehmen die Leute in
den Gegenden, wo dieselben leben, in ihr Haus, und der junge Bär
verliert dann viel von seiner Wildheit, wenn er auch groß wird.
Wie nennt man Tiere, welche nicht wild sind? Wie wird der Bär
bei dem Menschen? — Bei dem Menschen wird der Bär fast ganz
zahm. — Die Tiere, welche die Menschen im Hause haben, müssen
meist etwas tun. (Gib die Tätigkeit des Pferdes, des Hundes usw.
an!) Was muß der zahme Bär lernen? — Der zahme Bär mutz
tanzen lernen. — Damit man ihn hierbei gut regieren kann, hat
man ihm einen Ring durch die Nase gezogen. Was ist an dem
Ringe befestigt? Was fühlt der Bär, wenn an der Kette gezogen
wird? Was gibt man dem Bären beim Tanzen in die Vorder-
tatzen? Warum tut man dieses? ' ;
b) Zusammenfassung:*) Wenn der Vär tanzt, ist er so groß wie
ein Mann; läuft der Vär, so ist er halb so hoch wie ein Mann. Ter Bär hat
ein zottiges Fell. Das Fell ist braun. An den Füßen hat der Vär starke
*) Dic Ergebnisse werden von den Kindern auf gestellte Fragen als Ant-
warten erlangt. Auf jede Einzelantwort folgt ein Nachsprechen im Chore. Von
geförderteren Schülern verlange man die Ergebnisse im Zusammenhange so gut
es eben geht. — Übungen im Schreiben.
— 163 —
Krallen Die Füße des Bären nennt man Tatzen. Der Bär ist ein Raubtier.
Er lebt in großen Wäldern. Der Bär frißt Hirsche, Rehe und Schafe. Der
Honig ist die Lieblingsspeise des Bären. Der Bär brummt. Junge Bären
kann man lebendig fangen. Bei dem Menschen wird der Bär zahm. Der zahme
Bär lernt tanzen.
2. Das Bild.
A. Allgemeiner Überblick über das Bild.
a) Gewinnung des Stoffes. Soeben haben wir uns er-
zählt, daß man junge Bären lebendig fängt und sie tanzen lehrt:
aus dem wilden, brummigen Gesellen kann der Mensch einen gar
drolligen Tanzmeister macheu. Auch mit unserem Bären erging es >0.
Wo lebte der Tanzbär in seiner Jugend? Nun seht einmal unser
Bild recht aufmerksam an! Wo befindet sich jetzt der Bär? Der
Tanzbär befindet sich in der Stadt. Woran siehst du das? In der
Stadt stehen die Häuser oft in langen Reihen. Was bilden zwei
Häuserreihen, die nicht weit voneinander stehen? Unseren Bären sehen
wir aber nicht etwa auf einer Straße, sondern auf einem Platze.
Nenne mir Plätze in unserer Stadt! Was wird auf manchen dieser
Plätze allwöchentlich mehrere Male abgehalten? Wie nennt man
einen Platz, auf welchem Markt abgehalten wird? Auch auf dem
Platze, wo unser Bär tanzt, hält man alle Woche Markt ab.
Wo tanzt also der Bär in der Stadt? Der Bär tanzt in der Stadt
auf dem Marktplätze. — Ihr könnt mir glauben, daß Freund Tanz-
meister nicht von selbst in die Stadt auf den Marktplatz gelaufen
kommt, um seine Künste zu zeigen. Fritz, komm her und zeige uns
den Mann, der den Bären herführte! Wie heißt der Mann, welcher
den Bären führt? Wer hat den Bären in die Stadt geführt? Der
Bärenführer hat den Bären in die Stadt geführt. — Nun wissen
meine Kleinen schon, daß auch die Menschen tanzen, wenn sie fröh-
lich sind. Man braucht das Tanzen oft gar nicht zu sehen und kann
doch wissen, daß in einem Hause, an dem man gerade vorübergeht,
getanzt wird. Warum? Was gebrauchen also die Menschen zum
Tanzen? Auch ich mache manchmal Musik. Was gebrauche ich
dazu? Die Geige nennt man deshalb ein Musikinstrument. Welche
Musikinstrumente gebraucht man, um Tanzmusik zu machen? Auch
unser Bär will Musik beim Tanzen haben. Wilhelm, zeige uns den
Musikanten! 'Wunderbar sieht sein Instrument aus. Womit kann
man es vergleichen? Sack. Man nennt es einen Dudelsack. Wie
heißt der Mann, welcher den Dudelsack pfeift? Was macht der
Dudelsackspfeifer für den Tanzbären? — Der Dudelsackspfeifer macht
für den Tanzbären die Tanzmusik. — Gar nette Gesellschaft hat
der Dudelsackspfeifer. Welche Tiere sind bei ihm? (Einfaches Nennen
der Tiere.) — Doch, wer fehlt da nicht, wo es etwas zu sehen gibt?
(Auf die Zuschauer werde gezeigt!) Was tun diese Leute? Wie neunt
man die Leute, welche zuschauen? — Wem schauen die Zuschauer
11*
— 164 —
zu? — Die Zuschauer schauen dem Tanzbären zu. — Erzähle mir
von Dingen, denen du schon zugeschaut hast!
b) Zusammenfassung: Ter Tanzbär befindet sich in der Stadt.
Er tanzt auf dem Marktplatze. Ter Bärenführer hat den Bären in die Stadt
geführt. Ter Dudelsackspfeifer macht dem Bären die Tanzmusik. Bei dem
Tudelsackspfeifer sind drei Hunde, ein Affe und ein Esel. Die Zuschauer schauen
dem Tanzbären zu.
B. Die einzelnen Gruppen des Bildes.
a) Der Bärenführer und der Bär.
1. Gewinnung des Stoffes: Doch, nun wollen wir uns
die Menschen und Tiere auf unserem Bilde einmal etwas genauer
ansehen. Ihr seht hier zunächst den Bärenführer mit seinem Bären.
Vorhin erzählte ich euch schon, daß es bei uns keine Bären gibt,- sie
leben vielmehr weit, weit von uns in großen Wäldern. (Rußland
und Polen.) Ein ebenso fremder Gesell wie der Bär ist auch sein
Führer. Welche Farbe hat sein Gesicht? In welcher Jahreszeit be-
kommt ihr auch eine braune Gesichtsfarbe? Wodurch bekommt ihr
ein braunes Gesicht? Der Bärenführer kommt aus einem Lande,
in welchem die Sonne noch viel heißer scheint als bei uns; dies
schöne Land heißt Italien. In Italien ist der Bärenführer geboren,
und dort hat er als Kind gelebt Wie heißt das Land, in welchem
wir geboren wurden und aufwuchsen? Nenne unser Vaterland!
Wie nennt man die Menschen, deren Vaterland (Heimat) Deutsch-
land ist? Diejenigen, deren Vaterland Italien ist, heißen Italiener.
Was für ein Landsmann ist also unser Bärenführer? Zwar ist er
schon lange Jahre fort aus seiner schönen Heimat, aber noch immer
trägt er eine gar fremdartige Kleidung. Was für einen Hut hat er
auf dem Kopfe? Der Rock des Bärenführers reicht nur bis zu den
Hüften herab. Wie ist also der Rock? Was hat der Bärenführer
mit seiner Hose getan? Wann tun wir dies wohl? Der Bären-
führer mußte mit seinem Genossen, dem Dudelsackspfeifer, und mit
seinen vierbeinigen Künstlern eine weite Wanderung auf einer
schmutzigen Landstraße machen, bis er in die Stadt kam, in welcher
er nun seine „Vorstellungen" gibt. Haben sich hier die armen Leute
ein wenig Geld verdient, so ziehen sie weiter nach einem anderen
Ort. Oft geht die Reise sogar durch die dunkle Nacht; und wenn
ihr in eurem warmen Bettchen schlaft und träumt, dann ziehen die
Männer durch Sturm und Wetter dahin. Wir können wohl Mit-
leid mit den armen Menschen haben, die sich so ihr Brot verdienen.
Doch sind sie an dies Leben gewöhnt. Guten Mutes raucht der Bä-
renführer in Sturm und Regen sein Pfeifchen. Wo steckt dasselbe?
Dicke Rauchwolken bläst er auch aus demselben hervor, wenn Freund
Tanzmeister seine Kunststückchen beendet hat. Was hält der Bären-
führer unter dem rechten Arme? Woraus besteht eine Peitsche?
Wann gebraucht der Bärenführer die Peitsche? Was hält er in der
linken Hand? Woran ist der starke Lederriemen befestigt? Ein
— 165
Zug an dem Riemen, und der Ring verursacht dem Bären einen
argen Schmerz; aus dem unwilligen Brummbären wird sofort ein
gehorsamer Tanzmeister. Doch wenn der Bär auch einen Nasenring
hat, wodurch kann er trotzdem doch sehr gefährlich werden? Was
schützt gegen die scharfen Zähne des Bären? Was mutz man aber
noch mehr fürchten als die Zähne des Bären? Da die Tatzen scharfe
Krallen haben, so werden dieselben von Zeit zu Zeit beschnitten.
Wie werden die Krallen durch das Beschneiden? Nenne noch ein-
mal dreierlei, wodurch sich der Bärenführer gegen die Wildheit des
Bären schützt! Der Bärenführer schützt sich durch den Nasenring,
durch den Maulkorb und durch das Beschneiden der Krallen des
Bären gegen die Wildheit desselben. — Nachdem nun so der Bär
keinen Schaden mehr anrichten kann, heißt es tanzen. Auf welchen
Beinen tanzt der Bär? Was hält er mit den Vordertatzen? Warum?
Unbeholfen hebt er ein Hinterbein nach dem anderen in die Höhe;
beide zugleich wird ihm schwer; statt dessen bewegt er seinen Körper
auf und nieder; dabei geht der Bärenführer im Kreise herum, und
der Bär dreht sich langsam mit. Doch scheint die ganze Sache unserem
Tanzmeister nicht sonderlich zu gefallen. Was für ein Gesicht macht
er? Und wenn ihr einmal einen Tanzbären zu sehen bekommt, so
werdet ihr sicherlich auch ein verdrießliches Brummen vernehmen.
2. Zusammenfassung:") Erzähle von der Heimat des Bärenführers!
Was weißt du von seiner Kleidung? Erzähle, wodurch sich der Bärenführer
gegen die Wildheit des Bären schützt! Beschreibe den Bärentanz!
b) Der Dudelsackspfeifer und seine vierbeinigen Künstler.
1. Der Dudelsackspfeifer.
2) Gewinnung des Stoffes: Welcher Mann ist der Be-
gleiter des Bärenführers? Dudelsackspfeifer und Bärenführer wollen
wir einmal miteinander vergleichen. Wer von den beiden Männern
ist der ältere? Woran siehst du das? Womit hat der Dudelsacks-
pfeifer seinen Kopf bedeckt? Wie trägt er seine Hose? Was tut der
Dudelsackspfeifer? Der Dudelsack ist ein wunderbares Ding. Was
siehst du an demselben? Der Sack ist aus dünnem Ziegenbockleder
gefertigt. Wieviel Röhren befinden sich an dem Ledersacke? Wozu
benutzt der Dudelsackspfeifer die kurze Röhre? Was kommt dadurch
in den Ledersack hinein? Wie wird der Sack durch das Hineinblasen?
(Zu geigen an dem aus einer Holzröhre und einer Gummiblase be-
stehenden Spielzeuge.) Wo kann die Luft nur wieder hinaus?
Dadurch hören wir Töne. Was sieht man an der langen Röhre?
Was macht der Dudelsackspfeifer mit den Löchern? Gerade so macht
es der Flötenbläser bei seiner Flöte, um hohe und tiefe Töne heraus-
zubringen. (Zu zeigen an einer Flöte.) Doch die Musik des Dudel-
sacks ist bei weitem nicht so schön, wie die einer Geige oder einer
*) SBcgett der mehr beschreibenden Form dieses Abschnittes kann man die
(^rgebnls>e derselben sehr wohl in kleinen zusammenhängenden Teilen verlangen.
Hilfe gebe man stets durch Fragen!
— 166 —
Flöte, aber dem Tanzbären gefällt sie, wahrscheinlich, weil der Dudel-
sack ebenso brummt wie er selbst. — Was für eine Gesichtsfarbe hat
der Dudelsackpfeifer? Wie sieht sein Haar aus? Überhaupt kommt
uns auch dieser Mann gar fremdländisch vor! Was für ein Lands-
mann mag er wohl sein?
d) Zusammenfassung: Ter Dudelsackspseifer ist ein junger Mann. Gib
an, was an der Kleidung des Tudelsackspseifers anders ist als an der Kleidung
des Bärenführers! Der Dudelsack besteht aus einem Ledersacke und aus zwei
Röhren. Erzähle, wie man auf dem Tudelsack Musik macht! Der Dudelsacks-
pfeifer ist auch ein Italiener.
2. Die vierbeinigen Künstler: Der Affe.
a) Gewinnung des Stoffes: Wer ist das kleine Bürsch-
chen im blauen Rock? Wem sieht das Äffchen in seiner Kleidung
ähnlich? Doch ihn scheint der bunte Anzug wenig zu freuen; denn
ebenso trübselig wie der Tanzmeister blickt unser kleiner Husar in die
Welt; weiß er doch ganz genau, daß an ihn die Reihe kommt, wenn
der Bär seine Kunststücke beendet hat. Was tun die Husaren? Wer
ist das Reitpferd des Affen? Vergleicht diesen Hund einmal mit einem
fetten Mopse! Wie sieht dieser Hund aus? Woran hält ihn der
Dudelsackspseifer? Ruhig steht der Hund da. Was hat man ihm
auf den Rücken geschnallt? Sobald für den kleinen Husaren die Vor-
stellung beginnt, wird der Hund von der Leine befreit. Mit ge-
hobenem Kopfe läuft er im Kreise herum; denn zuerst muß Äffchen
seine Reitkunst zeigen. Was weiter von ihm verlangt wird, das sehen
wir an den Sachen, die es an sich trägt. Was hängt an seiner Seite?
Was tut der Affe mit dem Säbel? Oft gibt ihm der Dudelsackspseifer
ein kleines Gewehr in die Hand. Der schwarze Pudel aus unserem
Bilde wird Zum Tode verurteilt, er soll erschossen werden. Geduldig
setzt er sich auf die Hinterbeine. Der Affe legt sein Gewehr an wie
ein Soldat; dann ruft der Dudelsackspseifer ,,Feuer!" und unser
Pudel sinkt wie tot ftur Erde. Die zuschauenden Kinder machen bei
dem ernsten Spiele ein trauriges Gesicht, doch bald hört man meist
ein fröhliches Lachen; denn auf einen Wink des Dudelsackspfeifers
springt der Pudel auf, läuft zu seinen Kameraden und macht ein Ge-
ficht, als freue er sich über den Spaß. Womit ist das Gewehr des
kleinen Husaren nicht geladen gewesen?
b) Zusammenfassung: Ter Affe ist wie ein Husar gekleidet. Be-
schreibe seinen Anzug! Ter Hund ist das Reitpferd des Affen. Auf den Rücken
des Hundes hat man einen Sattel geschnallt. Ter Affe kann reiten, fechten
und schießen.
Die beiden Hunde, a) Gewinnung des Stoffes: Freund
Pudel, von dem wir eben erzählten, hat noch einen Kameraden. Wie
sieht der Rock dieses Hundes aus? Welche Farbe hat der Rock des
Pudels? Was liegt vor den Hunden an der Erde? Wozu gebraucht
man die Reisen? Wo hast du schon diese Kunststücke gesehen? Wer
hält den Reisen? Wie hält der Dudelsackspseifer die Reifen zuerst?
Wie dann? Doch auch ohne Reifen können die Hunde gar artige
— 167 —
Kunststücke machen. Welche? Am niedlichsten sieht es aus, wenn der
Dudelsackspfeifer dem Pudel die Mütze gibt. Der gelehrige Hund
nimmt dieselbe am Schirm Zwischen die Zähne und läuft damit nach
den Zuschauern. Warum?
t>) Zusammenfassung: Die beiden kleinen Hunde müssen durch Reifen
springen und auf den Hinterbeinen gehen. Der Pudel sammelt Geld von den
Zuschauern. Erzähle, wie er dies macht!
Der Esel. 2) Gewinnung des Stoffes: Von welchem Tiere
auf unserem Bilde haben wir uns noch nichts erzählt? Wie sieht
das Haarkleid des Esels aus? Woran erkennst du den Esel? Wo
hast du schon einen Esel gesehen? Vor dem Wagen muß der Esel oft
mit der Peitsche oder dem Stocke angetrieben werden, wenn er vor-
wärts kommen soll. Aber selbst Peitsche und Stock können ihn nicht
aus seinem langsamen Gange herausbringen. Was für ein Tier ist
der Esel? Ein Faulpelz kann auch keine Kunststücke machen; unserem
Esel würde das Tanzen und Springen erst recht schwer werden. Was
trägt er auf dem Rücken? Als Packesel ist er für Bärenführer und
Dudelsackspfeifer von großem Nutzen; denn in den Kisten befindet
sich die Nahrung für den Bärenführer und den Dudelsackspfeifer,
auch ist darin Futter für ihre vierbeinigen Künstler; ja selbst Koch-
töpfe sind darin, damit draußen im Walde ein warmes Mahl be-
reitet werden kann.
b) Zusammenfassung: Der Esel hat ein graues Haarkleid. Die Ohren
des Esels sind lang. Der Esel ist faul. Erzühle, was der Esel auf seinem
Rücken trägt!
c) Die Zuschauergruppe.
1. Gewinnung des Stoffes: Das war einmal eine Neuig-
keit, als unser Tanzmeister seinen Einzug in die Stadt gehalten hatte!
Wer ist bald zum Zuschauen herbeigekommen? Wo stehen die meisten
Zuschauer? Wo erblickst du noch Zuschauer? (Zeigen des auf die
Mauer kletternden Knaben.) Was tut dieser Knabe? Nicht nur
Kinder sind die Zuschauer. Was für Leute sind noch darunter? Was
für große Leute erblickst du? Welche verschiedenen Kinder zeigt unser
Bild? Was tragen die Knaben unter dem Arme? Wo sind die
Knaben gewesen? Wie nennen wir Knaben, welche in die Schule
gehe,n? Was trägt dieser größere Junge am Arme? Was ist er?
Ja, selbst ganz kleine Kinder sind unter den Zuschauern. Fritz, zeige
mir ein solches! Was tut die Mutter mit dem kleinen Mädchen?
Warum tut sie dieses! — So ist groß und klein herbeigekommen, NM
das Wunder zu schauen. Doch, wo es etwas zu sehen gibt, da
drängen sich die Menschen; denn jeder will vorn stehen. Welcher
Knabe drängt denn so recht unartig die anderen Zuschauer zurück?
Was ist ihm dabei vom Kopfe gefallen? Die dabeistehende Frau
aber schiebt dennoch ihr kleines Mädchen vor und wird jedenfalls
mit dem unartigen Drängor gescholten haben. Ein Mann nur steht
ganz ruhig im Gedränge. Zeige mir denselben! Wieviel Ecken hat
sein Hut? Ein Hut mit drei Ecken heißt ein Dreimaster. Zu dem
— 168 —
sonderbaren, dreieckigen Hute trägt der Mann einen langen Rock mit
großen, blanken Knöpfen. In der Stadt haben die Leute solche
Tracht nicht. Woher mag der Mann wohl gekommen sein? Wie
nennen wir die Menschen, welche auf dem Dorfe wohnen? Unser
Bauer hat in der Stadt Korn verkauft und wollte schon wieder
heimfahren, da aber erblickte er den Bären. Schnell springt er vom
Wagen und läßt diesen samt dem Pferde hier hinten an der Kirche
stehen, um der Vorstellung der Künstlergesellschaft zuschauen zu
können. Was wird der Bauer jedenfalls tun, wenn er heimkommt?
— Wie träumend schaut der Schusterjunge zu. Wem soll er Stiefel
bringen? Heute aber dauert dies sehr lange. Wer wartet auf den
Schusterjungen in der Werkstatt? Jedenfalls gibt es für das lange
Ausbleiben tüchtige Schelte.
2. Zusammenfassung: Auf dem Marktplatze stehen viele Zuschauer.
Eine Frau steht mit ihrem kleinen Mädchen am Fenster. Unter den Zuschauern
sind Männer, Frauen und Kmder. Unter den Kindern erblicken wir größere
Knaben und kleine Mädchen. Die Knaben sind aus der Schule gekommen. Die
vielen Leute drängen sich. Der Bauer steht ruhig. (Erzähle von seiner Klei-
düng, und wie er dazu kam, der Vorstellung beizuwohnen!) Unter den Zu-
schauern ist auch ein Schusterjunge. Der Schusterjunge vergißt die Stiefel aus-
zutragen.
C. Das Bild in Beziehung zur Fabelt)
Wo es etwas zu sehen gibt, da gibt's auch zu erzählen. Ganz
erstaunt und laut rief die Frau aus dem Fenster:
„Was kommt denn da für ein Tanzmeister her?"
Wiederhole! Alle! Die erste Abteilung spreche diese Worte
allein! Der junge Bursche, welcher mit erhobener Hand hinter dem
Esel steht, antwortet freudig:
„Willkommen, willkommen, du lieber Bär!"
Wiederhole! Alle! Zweite Abteilung! Zwiegespräch der ersten
und zweiten Abteilung.
Selbst der Bauer, welcher so ruhig dasteht, muß einige Worte
zu dem Tanzmeister sagen. Er spricht:
„Was du doch alles für Künste verstehst,
Wie zierlich du auf zwei Beinen gehst!"
Wiederhole! Alle! Dritte Abteilung! Wechselgespräch zwischen
den drei Abteilungen.
Der Schusterjunge steht am nächsten bei dem Bären. Bärchen
macht ein gar verdrießliches Gesicht. Daß ihm das Tanzen nicht viel
Spaß bereitet, kann man nicht nur sehen, sondern auch hören. Was
tut der Bär beim Tanzen? Zwar darf er es nicht laut, sonst kommt
die Peitsche, aber das leise Brummen erlaubt der Bärenführer. Wer
kann nun dieses leise Brummen am besten hören? Ihm will es gar
nicht zu seinem fröhlichen Mute passen, darum spricht er:
*) Zur Einübung der ersten Strophe der Fabel teile man die Kinder in vier
Abteilungen.
— 169 —
„Nur schade noch, Bärchen, höre du:
Du brummst so gar verdrießlich dazu."
Wiederhole! Alle! Vierte Abteilung! Wechselgespräch zwischen
den vier Abteilungen. (Damit die Kinder nicht nur Bruchstücke sicher
lernen, lasse man die einzelnen Abteilungen bald diese, bald jene
Worte der ersten Strophe sprechen.)
An den fröhlichen Gesichtern der Zuschauer können wir sehen,
welch großes Vergnügen ihnen der Tanzmeister mit seinen Künsten
macht. Wem war's aber nicht .zum Lachen?*)
„Dem Bären war's freilich nicht zum Lachen."
Einüben! Die Zuschauer können ruhig stehen und sich die Vor-
Stellung ansehen. Was mußte aber der Bär machen?
„Er mußte hier seine Sprünge machen."
Einüben! Zusammenfassung!
Wo wäre der Bär jedenfalls viel lieber? Wo schläft er dort
am Tage? Darum können wir weiter von ihm sagen:
„Viel lieber wär' er im Walde zu Haus'
Und schlief in seiner Höhle aus."
Einüben! Laßt uns nun wiederholen, was wir bis jetzt von
dem Bären gesagt haben! Dem Bären usw.
Nun, dies möchte noch alles gehen, wenn es nur mit dem Futter
besser stünde! Wenige Pfennige sind es oft nur, die Pudelhündchen
und Bärenführer von den Zuschauern einsammeln. Von dem Brote,
welches für die kleine Summe gekauft wird, essen sich häufig Bären-
führer und Dudelsackspfeifer kaum satt. Für wen bleibt dann erst
recht wenig übrig? Welche Lieblingsspeise bekommt der Bär über-
Haupt nicht? Wir können deshalb von ihm sagen:
„Hier muß er hungern den halben Tag;
Viel lieber ging er dem Honig nach."
Einüben! Zusammenhängende Wiederholung der zweiten Strophe
und der ganzen Fabel.
Nun, liebe Kinder, wünsche ich euch, daß auch ihr einmal einen
Tanzbären zu sehen bekommt, und habt ihr dann ein paar Pfennige
in der Tasche, so gebt sie gern hin, wenn der Bärenführer darum
bittet, denn er ist ein armer Mann. Bedenkt auch immer das
Sprüchlein:
„Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert."
(M. Salomon-Braunschweig.)
Zugaben:
1. Der Bär.
Das ist der schwarze ^Zottelbär, ! Jetzt muß er auf zwei Beinen steh'n,
^m Walde lief er wild umher; Muß hungern und muß betteln geh'n,
Er schlief im Schatten, kühl und dicht, Im Walde, da war's bess're Zeit,
lind Honig war sein Leibgericht. ' Der arme Schelm, er tut mir leid.
(E. Weiland.)
*) Die Antworten lassen sich leicht in die Worte der Fabel umformen. Bei
der zweiten Strophe fällt das abteilungsweise Einüben fort.
— 170 —
2. Der Bär und die Bienen.
In Polen brummt ein wilder Bär:
„Ihr Bienen, gebt mir den Honig her!
Ich bin so groß und ihr so klein,
Ihr soll! mir wahrhaftig nicht hinderlich sein."
Und eh' die Bienen sich's versahn
So klettert er den Baum hinan.
Er klammert sich fest und brummt und brummt;
Das Bienlein summt, das Bienlein summt.
,,Jhr Bienen, gebt mir den Honig her!"
„Es wird nichts, Herr Bär! Es wird nichts, Herr Bär!"
Der Bär steckt schon die Nase hinein:
„Weg da, ihr Bienen, der Honig ist mein!"
Die Bienlein stechen frisch drauf los:
„Sind wir gleich klein, und du bist groß,
Doch soll's deiner Nase gar schlimm ergeh'n,
Läßt du nicht gleich den Bienenstock steh'n."
Der Bär wird bös. Es hilft ihm nicht.
Er knurrt und brummt; das Bienlein sticht.
Wie juckt's ihn auf Zunge, auf Nase und Ohr!
Er muh entlaufen, der arme Tor!
Die Bienlein jubelten: „Summ, summ, summ!"
Der Bär, der knurrte: „Brumm, brumm, brumm!"
Und als er floh, rief's Bienchen ihm zu:
Soll's dich nicht jucken, laß and're in Ruh'!" (©. Dinter.)
3. Der Tanzbär.
Ei, Herr Bär, Herr Brummelbär,
Ei, bist du gefangen?
Mußt nun zieh'n im Land umher
Mit der langen Stangen.
Brumm, brumm, brumm, Herr Honig-
fresser;
Gelt, int Walde war' es besser?
Ei, Herr Bär, du warst zu faul,
Mochtest gar nicht schaffen;
Jetzt nun muß dein Leckermaul
Tanzen mit den Affen.
Brumm, brumm, brumm, Herr Honig-
fresser;
Eelt, in Rußland wär' es besser?
| Mach nur schöne Kompliment
Vor den Herrn und Frauen!
Und laß deine Künste schnell
Vor den Leuten schauen!
Brumm, brumm, brumm, Herr Honig-
fresser;
j Eelt, in Polen wär' es besser?
Ei, Herr Bär, Herr Zottelbär,
Hättest nicht genaschet,
Hätte man dich nimmermehr
Als den Dieb erhaschet.
Brumm, brumm, brumm, Herr Honig-
fresser;
Gelt, im Walde wär' es besser?
(Staub.)
4. Der Bär.
In eineni dichten Walde hielt sich ein ungeheurer Bär auf. Arnold und
Hubert, zwei Iägerburschen, hörten davon und sagten: „Den wollen wir bald
haben!" Sie gingen alle Tage in den Wald und lauerten auf den Bären; des
Abends aber gingen sie ins Wirtshaus und tranken vom besten Wein. „Der
Bär," sagten sie zum Wirte, „muß unsere Zeche mit seiner Haut bezahlen."
Eines Tages, als sie wieder den Wald durchstrichen, kam der Bär fürchterlich
brummend auf sie zu. Arnold schoß vor Schrecken fehl und kletterte eilig auf
einen Baum. Hubert, dem sein Gewehr nicht losging, legte sich aus die Erde
— 171 —
und stellte sich tot. Der Bär beroch ihn und trabte weiter, weil er den
Menschen für tot hielt. Als die beiden wieder in Sicherheit waren, fragte
Arnold: „Was hat dir denn der Bär ins Ohr gesagt?" — „Er meinte nur,"
sagte Hubert, „wir sollten künftig die Bärenhaut nicht verkaufen, bevor wir
den Bären hätten." (Fechner nach Eurtman.)
5. Ter große Hund.
In dem Wirtshaus einer kleinen Stadt saß der Bärenführer und verzehrte
sein Abendbrot Der Bär stand draußen hinter dem Holzstoß angebunden, der
arme Petz, der keiner Seele etwas zuleide tat, wenn er auch grimmig genug
aussah. Oben im Eckzimmer spielten drei kleine Kinder im Mondenschein. Das
ältejts mochte sechs Jahre alt sein, das jüngste nicht mehr als zwei. Klatsch!
Klatsch! kam es die Treppe herauf — wer konnte das wohl sein? Die Tür
sprang auf — es war der Petz, der große, zottige Bär. Er hatte Langeweile
gehabt unten im Hofe, hatte die Kette zerrissen und nun den Weg zur Treppe
hinauf gefunden. Die Kinder erschraken sehr über das große, zottige Tier.
Jedes kroch in seinen Winkel. Der Bär fand sie alle drei und beschnüffelte sie,
tat ihnen aber nichts.
„Das ist gewiß ein großer Hund," dachten sie, und dann streichelten sie
ihn. Der Bär legte sich auf den Fußboden. Der kleinste Junge kletterte auf
ihn hinauf und spielte mit seinem goldlockigen Köpfchen Verstecken in dem dichten,
schwarzen Pelze. Jetzt nahm der älteste Knabe seine Trommel und schlug dar-
auf, daß es dröhnte. Der Bär erhob sich aus seine Hinterfüße und fing an zu
tanzen. Es war allerliebst anzusehen. Jeder Knabe nahm jetzt sein Gewehr,
auch der Bär mußte eins haben, und er hielt es recht ordentlich fest. Es war
ein prächtiger Kamerad, den sie gefunden hatten, und dann marschierten sie:
Eins zwei! Eins zwei!
Da ^griff jemand an die Tür, sie ging auf, es war die Mutter der
Kinder. Ihr hättet sie sehen sollen, ihren lautlosen Schreck, das kreideweiße
Gesicht, den halbgeöffneten Mund, die starren Augen! Aber der kleinste Junge
nickte seelenvergnügt und rief ganz laut in seiner Sprache: „Wir spielen nur
Soldaten!" —
Und dann kam der Bärenführer. (Hans Christian Andersen.)
Malendes Zeichnen:
— 172 —
9. Der Wolf.
I. Name, Welche Geschichte habe ich euch in der vorigen Stunde
erzählt? — Welches Tier hatte der Fuchs bei sich? Wolf. Einen
Wolf habt ihr gewiß noch nicht gesehen. Wie er wohl aussehen
mag? — Auf diesem Bilde seht ihr einen Wolf. Wir wollen ihn
betrachten.
II. Größe. Mit welchem Tiere hat der Wolf Ähnlichkeit? Mit
dem Hunde. Und zwar mit einem Schäferhunde. Welches Tier hat
auch Ähnlichkeit mit einem Schäferhunde? Fuchs. Der Wolf gleicht
dem Schäferhunde auch in der Größe; er ist so groß wie ein großer
Schäferhund. Wie groß ist der Wolf? Sprecht? Der Wolf ist so
groß wie ein Schäferhund.
III. Körperteile.
Sprech [t off:
Der Wolf hat eine spitze Schnauze. (Die Schnauze des usw.)
Der Wolf hat einen großen Rachen.
Im Maule sehen wir große Reißzähne.
Die Augen des Wolfes stehen schief. (Der Wolf hat schiefstehende
Augen.)
Der Leib ist dürr (eingezogen).
Der Schwanz ist buschig und hängt bis auf die Fersen herab.
(Der buschige Schwanz usw.)
Die Beine sind hoch und dürr.
An den Pfoten sind Zehen mit scharfen Krallen.
Der Wolf hat eine graue oder gelbliche Farbe.
IV. Aufenthalt. Wer hat schon einen Wolf gesehen? — Hier
bei uns gibt's feine, Wölfe. Aber weit, weit von uns nach Morgen
hin (in Polen und Rußland) gibt es sehr viele Wölfe. Am Tage hält
sich der Wolf im Walde verborgen; er wohnt aber nicht, wie der
Fuchs, in einer Höhle in der Erde, sondern er hat sein Lager im
dichten Gebüsch. Des Nachts geht er auf Raub aus. Wo versteckt
sich der Wolf am Tage? •— Welche Tiere tun das auch? — Wann
geht der Wolf auf Raub aus? — Welches Tier auch? Fuchs.
V. Nahrung. Des Nachts verläßt der Wolf sein Lager und
durchstreift den Wald. Die Tiere, die ihm begegnen, zerreißt und frißt
er. Welche Tiere können ihm im Walde begegnen? Hirsche, Rehe,
Hasen, Füchse. Er packt die Tiere an der Gurgel und tötet sie. Welche
Tiere raubt der Wolf im Walde? Sprecht: Der Wolf raubt im
Walde Hirsche. Rehe, Hasen und Füchse.
Der Wolf kommt auch des Nachts zu den Wohnungen der Men-
schen und sucht in die Ställe einzudringen. Was mag er da wollen?
— Welche Tiere frißt er gern? — Zuweilen läuft er mit einem
Schafe, das er geraubt hat, so schnell davon, daß ihn ein Mensch
nicht einholen kann. Welche Haustiere raubt also der Wolf? Sprecht:
Der Wolf raubt Schafe. Ziegen und andere Haustiere.
— 173 —
Wenn der Wolf recht großen Hunger hat, raubt ^und frißt er
auch Menschen. Wann raubt und frißt er Menschen? Sprecht: Der
Wolf raubt und frißt auch Menschen, wenn er großen Hunger hat.
Manchmal scharrt er auf den Kirchhöfen Leichen aus der Erde und
verzehrt sie. Wie mag er dann auch wohl sein? —
Rückblick: Welche Tiere raubt und frißt der Wolf im Walde?
— Welche Haustiere raubt er? — Wann raubt und frißt er auch
Menschen? — Wie froh können wir sein, daß es hier keine Wölfe
gibt! —
Der Wolf macht's wie die richtigen Räuber und Spitzbuben: am
Tage versteckt er sich, in der Nacht raubt er. Zu welchen Tieren ge-
hört er deshalb? — Sprecht: Der Wolf ist ein Raubtier. Warum?
— Welches Raubtier haben wir schon kennen gelernt? Fuchs. Welches
von beiden ist das schlimmste? — Warum?
VI. Eigenschaften. Gewöhnlich leben viele Wölfe beisammen (sie
leben in Rudeln); sie lieben die Gesellschaft. Die Wölfe sind gesellige
Tiere. Wenn sie zusammen auf Raub ausgehen, dann laufen sie nicht
nebeneinander, sondern hintereinander her (machen einen Gänsemarsch).
Wenn sie auf ihrer Wanderung ein Pferd, eine Kuh usw. an-
treffen, was geschieht? — Die Wölfe möchten am liebsten immer
fressen, sie sind gefräßige Tiere/ Sprecht: Die Wölfe sind gefräßige
Tiere. Darum sagt man auch von einem Menschen, der recht hungrig
ist: ,,er hat Hunger wie ein Wolf."
Entsetzliche Verwüstungen richtet der Wolf namentlich im Schaf-
stalle an, wo er in einer einzigen Nacht oft die Hälfte einer großen
Herde erwürgt und sich an ihrem Blute satt trinkt. Der Wolf ist ein
blutgieriges Tier.
Der Jäger schießt auch Wölfe. Was können wir von den Wölfen
benutzen? ,Pelz. Der Wolfspelz leistet den Menschen im Winter gute
Dienste., Aber deshalb ist der Wolf doch kein nützliches Tier. Warum
nicht? — Was 'für ein Tier ist er vielmehr? Sprecht: Der Wolf ist
ein schädliches Tier.
VII. Vertilgung. Weil die Wölfe so schädliche Tiere sind, so
sucht man sie auf allerlei Weise zu töten. Die Jäger gehen auf die
Wolfsjagd. Was tun sie, wenn sie Wölfe antreffen? Sprecht: Die
Wölfe werden geschossen.
; Häufiger tötet man 'die Wölfe durch Gift. Man nimmt ein totes
Schaf, zerschneidet an einzelnen Stellen das Fleisch und streut in die
Ritzen und Wunden Gift; dann wirft man das Schaf den Wölfen
hin. Die hungrigen Wölfe finden das Schaf. Was tun sie? •— Was
geschieht mit den Wölfen, die das vergiftete Fleisch gefressen haben?
Sterben. Womit hat man sie also getötet? Mit Gift — hat sie ver-
giftet. Sprecht: Die Wölfe werden häufig oergiftet.
Man gräbt auch wohl eine (etwa 4 m) tiefe Grube, überdeckt sie
mit einem losen Dach aus Moos und Zweigen und befestigt in der
Mitte des Daches ein Stück Fleisch oder ein lebendiges Tier, etwa eine
Ente. Ringsum wird die Grube mit einem meterhohen Zaun um-
— 174
geben, damit der Mols nicht lange Untersuchungen anstellen kann.
Sobald er das Fleisch oder das Tier (bie Ente) wittert, setzt er mit
einem Satze über den Zaun und fällt in die Grube, die so tief ist, daß
er nicht wieder herauskommen kann. Dann kommt der Jäger und
schießt ihn tot oder verkauft ihn an eine Tierbude, in der er für Geld
gezeigt wird. Erzähle, wie man den Wolf fangen kann! — Wie
nennt man eine Grube, in der man Wölfe fängt? Wolfsgrube.
Sprecht: Die Wölfe fängt man in Gruben.
Zusammenfassung: Die Wölfe werden geschoben, vergiftet
oder in Gruben gefangen.
VII. Stimme. Ob der Wolf auch eine Stimme hat? Sprecht:
Der Wolf heult. Wann 'heult er'besonders laut? Wenn er Hunger
hat. Welches Tier heult auch? — Was tut aber der Bär? — Der
Storch? usw.
Zugaben:
1. Kinderreime.
Wolf, Wolf, friß mich nicht,
Hundert Taler geb' ich dir nicht;
Zehn will ich dir geben,
Laß mich nur am Leben. (Simrock.)
2. Ter Wolf und der Mensch.
Der Fuchs erzählte einmal dem Wolfe von der Stärke des Menschen,
kein Tier könnte ihm widerstehn, und sie müßten List gebrauchen, um sich vor
ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf: „Wenn ich nur einmal einen
Menschen zu sehen bekäme, ich wollte doch auf ihn losgehen." — „Dazu kann
ich dir helfen," sprach der Fuchs; „komm nur morgen früh zu mir, so will ich
dir einen zeigen." Der Wolf stellte sich frühzeitig ein, und der Fuchs brachte
ihn hinaus auf den Weg, den der Jäger alle Tage ging. Zuerst kam ein alter
abgedankter Soldat. „Ist das ein Mensch?" fragte der Wolf. „Nein," ant-
wortete der Fuchs, „das ist einer gewesen." Danach kam ein kleiner Knabe,
der zur Schule wollte. „Ist das ein Mensch?" — „Nein, das will erst einer
werden." Endlich kam der Jäger, die Doppelflinte auf dem Rücken und den
Hirschfänger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf: „Siehst du, dort
kommt ein Mensch, auf den mutzt du losgehen,' ich aber will mich fort in meine
Höhle machen."
Der Wolf ging nun auf den Menschen los; der Jäger, als er ihn erblickte,
sprach: „Es ist schade, daß ich keine Kugel geladen habe," legte an und schoß
dem Wolfe das Schrot ins Gesicht. Der Wolf verzog das Gesicht gewaltig,
doch ließ er sich nicht schrecken und ging vorwärts; da gab ihm der Jäger die
zweite Ladung. Der Wolf verbiß den Schmerz und rückte dem Jäger zu Leibe.
Da zog dieser seinen blanken Hirschfänger und gab ihm links und rechts ein paar
Hiebe, daß er, über und über blutend, mit Geheul zu dem Fuchse zurück lief.
„Nun, Bruder Wolf," sprach der Fuchs, „wie bist du mit dem Menschen
fertig geworden?" — „Ach," antwortete der Wolf, „so Hab' ich mir die Stärke
des Menschen nicht vorgestellt; erst nahm er einen Stock von der Schulter und
blies hinein, da flog mir etwas ins Gesicht, das hat mich ganz entsetzlich ge-
kitzelt. Danach pustete er noch einmal in den Stock, da flog mir's um die
Nase wie Blitz und Hagelwetter, und wie ich ganz nahe war, da zog er eine
blanke Rippe aus dem Leibe, damit hat er so auf mich losgeschlagen, daß ich
beinahe tot wäre liegen geblieben." — „Siehst du," sprach der Fuchs, „was
du für ein Prahlhans bist!" (Grimm.)
— 175 —
10. Der Hase.
(Bild von Leutemann.)
I. Gröhe. Seht euch dieses Bild an! Wie heißen die Tiere,
die ihr auf diesem Bilde seht? — Wieviel Hasen zählt ihr? — Wir
wollen sie jetzt genau betrachten. Wer hat schon einen Hasen in der
Hand gehabt? Wie groß war der Hase? Sprecht: Der Hase wird
etwas größer als eine Katze.
II. Körperteile. Nenne die wichtigsten Körperteile des Hasen!
Der Kopf ist dick. Was fällt euch an dem Kopfe des Hasen be-
sonders auf? Ohren. Warum gerade die Ohren? Sehr lang. Wie
nennt der Jäger die langen Ohren des Hasen? Sprecht: Die langen
Ohren des Hasen werden vom Jäger Löffel genannt. Weshalb
wohl Löffel? — Was kann der Hase mit den Ohren? Sein Gehör
ist sehr scharf (fein). Wie, hält dieser Hase seine Ohren? Aufrecht.
Wir sagen: Er spitzt die Ohren. Erfragen! Wann spitzt der Hase
die Ohren? Wenn er ein Geräusch hört. Weshalb spitzt er dann
die Ohren? Dann kavn er besser hören. Wenn der Hase läuft,
legt er seine Ohren auf den Rücken. Welcher Hase auf diesem Bilde
läuft? .— Wie trägt er deshalb seine Ohren? —
Wer kann von "den Augen etwas sagen? Sie sind groß. Wie
nennt sie der Jäger? Sprecht: Die großen Augen des Hasen nennt
der Jäger Lichter. Weshalb? — Womit schließen wir unsere Augen,
wenn wir schlafen? — Wie heißen diese beiden Häute an den Augen?
Augenlider. (Anschreiben!) Ob das Häslein keine Augenlider hat?
Ja, es hat welche. Aber sie sind recht kurz. Was ist ihm deshalb
nicht möglich? Die Augen ganz zu schließen. Das kann er selbst
dann nicht, wenn er schläft. Wir sagen deshalb: Der Hase schläft
mit offenen Augen. Erfragen! Weshalb muß er mit offenen Augen
schlafen? — Sprecht: Der Hase schläft mit offenen Augen, weil er
sehr kurze Augenlider hat. Der Hase kann mit seinen Augen nicht
gut sehen. Und was sollte man doch gerade glauben? — Weshalb?
Weil seine Augen so groß sind. Er geht oft gerade auf den Menschen
los, weil er ihn für einen Baumstamm hält.
Beseht die Schnauze des Hasen! Was seht ihr an derselben?
Lange Haare. Welches Tier hat auch solche langen Haare an der
Schnauze? Katze. Wie heißen sie? Schnurrhaare. Und so heißen
auch diese Haare.
Was hat der Hase im Maule? Zähne. Was kann der Hase
mit den Zähnen gerade so wie ihr? — Vorn im Maule hat err zwei
lange, scharfe Zähne; "damit kann er gut nagen. Er beißt von den
Früchten nicht gleich große Stücke ab, sondern ganz kleine, immer
ein otüachen nach dem andern, gerade so wie es das Mäuschen
macht. Wir sagen: Der Hase nagt. Erfragen! — Wie nennen wir
die Zähne, mit denen der Hase nagt? Nagezähne. Welches Tier
hat ebenfalls Nagezähne? — Wie nennen wir alle Tiere, welche
Nagezähne haben (welche Nagen) ? — Zu welchen Tieren müssen
wir auch den Hasen rechnen? — Weshalb? — Sprecht: Der Hase
ist ein Nagetier. Nennt andere Nagetiere! -—
Ter Rumpf ist langgestreckt.
Der Schwanz ist kurz. Der Jäger nennt den Schwanz Blume.
Nun beseht die Beine! Wieviel Vorder- und Hinterbeine hat
der Hase? — Vergleicht sie miteinander! Sprecht: Die Hinterbeine
find viel länger als die Vorderbeine. (Oder: Der Hase hat lange
Hinterbeine und kurze Vorderbeine.) Was wird er deshalb recht gut
tun können? — Ja, er läuft und springt ausgezeichnet und kann
einen Berg besser hinaus- als herunterlaufen. Wenn er bergab läuft,
dann schlägt er leicht Purzelbäume. Langsam (gleichmäßig) gehen
kann der Hase aber nicht gut. Ergötzlich ist es, zu sehen, wie unge-
schickt und tölpelhaft er sich dabei anstellt. Der Hase hüpft. Welche
Tiere auch? —
Ein törichtes Häschen tadelte eines Tages seine langen Hinter-
beine:
Wie ungeschickt ist doch mein Gang,
Sprach's Häschen auf dem Rain,
Die Hinterbeine sind zu lang,
Sie sollten kürzer sein.
Da kani dort von der grünen Au
Ein „Nero" angehetzt,
Mit eineni tollen wau, wau, wau!
Er nach dem Häschen setzt.
Das aber feget pfeilgeschwind
Hin über Flur und Feld,
Bis es ein sichres Obdach find't
Im düft'ren Waldeszelt.
Der Nero holt es nimmer ein,
Kehrt keuchend drum zurück.
Gott Lob! die langen Hinterbein',
Sprach's Häschen, sind mein Glück!
(F. Wiedemann.)
Weshalb tadelte das Häschen «zuerst seine Hinterbeine? — Was
tat es aber zuletzt? Lobte sie. Weshalb? —
Der Jäger nennt die Beine des Hafen Läufe. Wie? — Wes-
halb? — Sprecht alle den Satz! — Nennt alle Teile des Hasen in
der Jägersprache! (Blut = Schweiß.) Nun könnt ihr dieses Rätsel
raten: Der Jäger kennt ein Tier,
Es lebt und hat kein Blut,
Es hört und hat keine Ohren,
Es läuft und hat keine Beine.
Der Hase kann auf seinen Hinterbeinen auch sitzen. Welches Tier
auch? Hund. Welcher Hase auf unserem Bilde hat sich auf seine
Hinterbeine gesetzt? Richtig, er hockt auf den Hinterbeinen, läßt die
Vorderpfoten wie Hände herabhängen, streckt Kopf und Ohren in die
Höhe und zieht das Schnäuzchen krumm, so daß sein Bärtchen hin
und her zuckt. Wenn der Hase so sitzt, sagt man: Er macht ein
Männchen. Erfragen! Wem will er also gleichen? Sprecht: Dieser
Hase macht ein Männchen.
III. Bedeckung und Farbe. Womit ist der Körper des Hasen
bedeckt? — Wie sieht sein Fell (Pelzrock) oben und an den Seiten
aus? Braun. Wie am Bauche? — Wo sieht es ebenfalls weiß aus?
Unter dem Schwänze. Zusammenfassung! ■— Wer hat schon einmal
einen Hasen angefaßt? — Wie fühlt sich sein Pelz an? Weich.
Was hat er also für einen Pelz? —.
— 177 —
Wer von euch hat schon im Felde einen Hasen aufgejagt? -
Hattest du denn den Hasen gesehen, ehe er aufsprang? Warum denn
nicht? Er hatte sich auf den Boden geduckt. Wenn nun aber der
Hase einen weißen Pelz hätte, ob du ihn dann auch nicht gesehen
hättest? — Weshalb entdeckt man den Hasen nicht leicht, wenn er
sich geduckt hat? — Wie sieht nämlich der Boden auch aus? —
Seine Farbe gewährt ihm einen Schutz gegen seine Feinde.
IV. Stimme. Für gewöhnlich läßt der Hase seine Stimme nicht
hören; wenn er aber in Angst ist, so tut er es wohl. Vom Hunde
sagt man, er bellt, vom Löwen, er brüllt, vom Schafe, es blökt. Wie
sagt man vom Hasen? Sprecht: Der Hase guiekt.
V. Wohnung. Wo hast du schon einen Hasen gesehen? Im
Felde. Wo du? Im Walde. Wo lebt also der Hase? — Sprecht:
Der Hase lebt auf dem Felde und im Walde.
Die Wohnung des Hasen habt ihr gewiß noch nicht gesehen.
Ich will sie euch beschreiben. Er sucht oder gräbt sich eine Vertiefung,
im Walde unter dem Gebüsch, im Felde in einer Furche oder unter
großen Krautblättern. Diese Vertiefung füttert er mit Gras und
Moos aus. Ja, er legt auch Haare von seinem eigenen Pelze mit
hinein. Diese Wohnung heißt man Lager. Erzähle, was ich euch von
der Wohnung des Hasen gesagt habe! —
Am Tage liegt der Hase in seinem Lager und schläft. Dann
singen die Kinder wohl (Melodie: Band I, Seite 13)
Häschen in der Grube saß und schlief, Häschen in der Grube nickt und weint.
Armes Häschen, bist du krank, Doktor, komm geschwind herbei
Daß du nicht mehr hüpfen kannst? Und verschreib' ihm Arzenei.
Häschen, hüpf! Häschen, schluck!
Häschen in der Grube hüpft und springt.
Häschen, bist du schon kuriert?
Hui, das rennt und galoppiert!
Häschen, hopp! (5\. (Enslin.)
VI. Nahrung. Am Abend verläßt der Hase sein Lager, macht
einen Spaziergang durch das Feld und sucht sich sein Futter. Unsere
beiden Hasen haben auch ihr Lager im Walde verlassen. Zeige den
Wald! — Wo sind sie nun? — Weshalb find sie auf das freie
Feld herausgekommen? — Was fressen die Hafen gern? Grüne
Saat, Gras, Klee, Rüben. In welcher Jahreszeit ist ihr Tischchen
reich damit bedeckt? Sommer. Der Sommer ist die goldene Zeit
für die Häschen. Da gibt os grüne Saaten, saftige Kräuter, Gras
und Klee in Hülle und Fülle. Was fressen die Hasen gern? — Aber
der Sommer mit seiner Herrlichkeit vergeht und auch bald der
Herbst. Welche Jahreszeit folgt? Winter. Welche Jahreszeit ish
auf diesem Bilde? Winter. Woran seht ihr das? Feld und Wald
mit Schnee bedeckt, Bäume und Sträucher kahl. Warum ist das recht
schlimm und traurig für die armen Hasen? — Nun beginnt ihre
Not. Womit stillen sie im Winter ihren Hunger? — Sie nagen
die Rinde von den jungen Bäumen, fressen die Knospen von den
Zimmermann. Anschauungsunterricht. \2
— 178 —
Strauchern, wagen sich des Nachts in die Gärten und tun sich an
dem Kohle gütlich.
VII. Schaden und Nutzen. Dadurch, daß der Hase so unsere
Felder bestiehlt und die Saat und die jungen Bäume benagt, wird
er uns schädlich. Was für ein Tier ist deshalb der Hase? Sprecht:
Der Hase ist ein schädliches Tier. Aber auch ein nützliches Tier ist
der Hase. Dein Vater, N., hat schon oft einen Hasen geschossen.
Was hat deine Mutter mit dem Hasen gemacht? — Hasenbraten.
Wer von euch hat schon Hasenbraten gegessen? — Wie schmeckt
der Hasenbraten? — Ihr eßt ihn gewiß alle gern. Wenn die
Mutter einen Hasenbraten machen will, dann zieht sie dem Hasen
zuerst den Pelz aus. Was macht sie mit dem Pelze? Verkauft ihn.
Aus den Hasenhaaren macht man feinen Filz zu Hüten, und der
Kürschner macht für das Kind aus dem Pelze ein Paar warme
Handschuhe. Was gebrauchen wir in der Schule vom Hasen?
Was machen wir damit? —* Wodurch nützt uns also der Hase?
Zusammenfassung! Der Hase nützt uns durch fein Fleisch usw. Wo-
durch schadet er uns? —
VIII. Eigenschaften. Vernimmt der Hase ein Geräusch, dann
streckt er seine langen Ohren in die Höhe und horcht. (Welche Tiere
spitzen auch die Ohren, wenn sie horchen?) Wenn er nun merkt,
daß sich ihm jemand nähert — es braucht nicht gerade ein Jäger
zu sein — so läuft er eiligst davon. Weshalb? Fürchtet sich. Was
für ein Tier ist deshalb der Hase? Sprecht: Der Hase ist ein furcht-
sames Tier. Nennt andere furchtsame Tiere! — Einen ängstlichen
und furchtsamen Menschen nennt man wohl ,,einen Hasen", oder man
sagt: er hat ein Hasenherz, ist ein Hasenfuß. Ist von euch auch einer
ein Hasenfuß? —
Wird der Hase von einem Hunde verfolgt, und er findet kein
Gebüsch, in das er schlüpfen kann, dann sucht er zu entkommen,
indem er sich plötzlich niederduckt. Der Hund setzt dann über ihn
hinweg, und der Hase läuft seitwärts davon. Um den Jäger und
die Jagdhunde irre zu führen, geht er nie geraden Weges nach seinem
Lager, sondern auf allerhand Umwegen und mit kleinen Seiten-
sprüngen. Dann können die Hunde seine Spur nicht so leicht finden.
Dadurch rettet er gar oft sein Leben. Der Hase ist auch ein schlaues
Tier. Sprecht das zusammen! — (Hier kann benutzt werden: ,,Der
Hase und der Fuchs" von Bechstein.)
Es ist aber notwendig, daß er sich durch List und Schlauheit
retten kann; denn womit wollte er sich wehren? Ein Ding, womit
man sich wehrt, heißt eine Waffe. Welche Waffe hat das Pferd?
— Der Ochs? — Der Hahn? — Wie rettet sich die Katze vor der
Verfolgung des Hundes? — Das Eichhörnchen? — Wie verteidigt
sich die Katze? — Was kann der Hase aber nicht? Nicht kratzen,
beißen, schlagen usw. Der Hase kann sich also nicht wehren. Welche
Eigenschaft müssen wir ihm deshalb beilegen? Sprecht: Der Hase
ist wehrlos. Welche Eigenschaften haben wir vom Hasen genannt?
— 179 —
— Sage diese Eigenschaften des Hasen in einem schönen Satze! Der
Hase ist furchtsam, schlau und Wehrlos.
IX. Feinde. Der Hase hat auch viele Feinde.
Menschen, Hunde, Wölfe, Luchse,
Katzen, Marder, Wiesel, Füchse,
Adler, Uhu, Raben, Krähen,
Jeder Habicht, den wir sehen,
Elstern auch nicht zu vergessen,
Alles, alles will ihn — fressen.
Welch< Tiere wollen den Hasen fangen und fressen? — Sein
bösester Feind ist der Fuchs, der durch die Felder schleicht und die
Hasen inl Schlafe zu überrumpeln sucht. Wen fürchtet der Hase
aber am meisten? Jäger. (Siehe folgende Lektion.)
Zugaben:
Rätsel.
1.
a) Wann tun dem Hasen die Zähne weh? (Wenn der Hund ihn beißt.)
b) Welche Blume wächst auf einem Tiere? —
c) Wer schläft immer mit offenen Augen? —
d) Ich möchte wissen, wer das ist,
Der immer mit zwei Löffeln frißt.
e) Warum sieht sich der Hase um, wenn er verfolgt wird? (Weil er
hinten keine Augen hat.)
2.
Ohren hat's lang, ein Schwänzchen hat's klein;
Wie der Wind läuft es in den Wald hinein;
Der Jäger mit Hund und Flinte hinterdrein.
In seiner Tasche bringt er's nach Haus;
Die Köchin zieht ihm das Pelzchen aus
Und macht einen köstlichen Braten daraus. —
3.
Kind, sag, was ist das wohl?
Es frißt gern grünen Kohl, .
Läuft über Feld und Wiesen,
Der Jäger möcht's gern schießen.
4. Kmderreim.
Rische rasche tusche, i Rusche rasche tische,
Der Hase sitzt im Busche. Der Hase sitzt bei Tische.
Woll'n wir mal das Leben wagen? Siehst du dort im grünen Kohl ihn?
WoN'n wir mal den Hasen jagen? ! Flink, nun lauf mal hin und hol ihn!
Nische rusche rasche,
Hast ihn in der Tasche?
Was? Er ist ins Feld gegangen?
Ätsch! Kann nicht mal Hasen fangen! (G. Falke.)
5. Volksreim.
Ringel-Ringel-Reihe!
Der Hase läuft ins Freie.
Der Hase läuft durchs Stoppelfeld,
Am besten ihm der Kohl gefällt.
12*
— 180 —
Da setzt er auf zwei Beine sich
Und frißt sich satt ganz ordentlich. '
Doch kommt von fern ein Jägersmann,
Wie spitzt der Has' die Ohren dann:
„Duck mit dem Kopf!
Daß dich der Jäger nicht kriegt beim Schopf".
6. Ter Hase.
Seh' mir einer den Hasen an,
Sitzt er nicht stolz da wie ein Mann?
Schaut sich so trotzig um und um,
Zieht das bärtige Schnäuzchen krumm.
Daß ja nur niemand ihm kommt zu nah;
Er wäre wohl gleich mit Schlägen da.
Ja, wäre er ganz allein in der Welt,
Er bliebe gewiß ein rechter Held.
Nun hört er von fern eine Peitsche Knallen,
Da ist ihm gleich der Mut gefallen,
Sieht nicht erst noch einmal näher zu,
Läuft auf und davon in einem Nu.
(W. Hey.)
7. Ter Hase.
Der Hase springt lustig im Feld umher,
Macht Männchen und streckt sich und schaut sich um;
Er putzt sich das bärtige Schnäuzchen rein,
Er will ein artiger Hase sein.
Da bellen die Hunde! o weh! o weh!
Er duckt sich tief in den grünen Klee.
Doch schießt ihn, piff, paff, der Jäger tot,
So gibt er ein gutes Mittagbrot. (©. Weiland.)
8. Der Hase im Kohl.
An dem Dach viel blanke Zapfen,
In dem Schnee viel kleine Tapfen,
Alle laufen nach dem Kohl!
Häschen, oas gefällt dir wohl?
Nächtlich bei des Mondes Schimmer
Sitzt es dort zu schmausen immer,
Knusperknäuschen, gar nicht faul:
Ei, du kleines Leckermaul!
Häschen ist es schlecht bekommen,
Vater hat's Gewehr genommen,
Eines Abends ging es „Summ!"
Bautz, da fiel das Häschen um!
Kannst du wohl das Ende raten?
Heute gibt es Hasenbraten,
Apfelmus mit Zimt dazu.
I Ach, du armes Häschen du! —
(Heinrich Seidel.)
9. Fuchs und Hase.
Fuchs: ,,©uten Morgen, lieber Hase!
Ei, wie eilig in der Früh'?"
Hase: ,,Jch besuche meine Base."
Fuchs: „Sei so gut und grüße sie!
Ei, fast hätt' ich es vergessen:
Die Hab' ich ja schon aufgefressen."
10. Ter Hase und der Fuchs.
Ein Hase und ein Fuchs reisten beide miteinander. Es war Winterszeit,
grünte kein Kraut, und auf dem Felde kroch weder Maus noch Laus. „Das
ist ein hungriges Wetter," sprach der Fuchs zum Hasen, „mir schnurren alle
Gedärme zusammen." — „Jawohl," antwortete der Hase. „Es ist überall
Dürrhof, und ich möchte meine eigenen Löffel fressen, wenn ich damit ins Maul
langen könnte."
So hungrig trabten sie miteinander fort. Da sahen sie von weitem ein
Bauernmädchen kommen, das trug einen Handkorb, und aus dem Korbe kam dem
Fuchs und dem Hasen ein angenehmer Geruch entgegen, der Geruch von frischen
Semmeln. „Weißt du was," sprach der Fuchs, „lege dich hin der Länge
lang und stelle dich tot! Das Mädchen wird seinen Korb hinstellen und dich
— 181
aufheben wollen, um deinen armen Balg zu gewinnen, denn Hasenbalge geben
Handschuhe; derweilen erwische ich den Semmelkorb, uns zum Tröste."
Der Hase tat nach des Fuchsen Rat, fiel hin und stellte sich tot, und
der Fuchs duckte sich hinter eine Windwehe von Schnee. Das Mädchen kam,
sah den frischen Hasen, der alle viere von sich streckte, stellte richtig den Korb hm und
bückte sich nach dem Hasen. Jetzt wischte der Fuchs hervor, erschnappte den
Korb und strich damit querfeldein; gleich war der Hase lebendig und folgte eilend
seinem Begleiter. Dieser aber stand gar nicht still und machte keine Miene,
die Semmeln zu teilen, sondern ließ merken, daß er sie allein fressen wollte. Das
vermerkte der Hase sehr übel.
Als sie nun in die Nähe eines kleinen Weihers kamen, sprach der Hase
zum Fuchs: „Wie wär' es, wenn wir uns eine Mahlzeit Fische verschafften?
Wir haben dann Fische und Weißbrot wie die großen Herren! Hänge deinen
Schwanz ein wenig ins Wasser, so werden die Fische, die jetzt auch nicht viel
zu beißen haben, sich daran hängen. Eile aber, ehe der Weiher zufriert!"
Das leuchtete dem Fuchs ein; er ging hin an den Weiher, der eben zu-
frieren wollte, und hing seinen Schwang hinein, und eine kleine Weile, so war
der Schwanz des Fuchses fest angefroren. Da nahm der Hase den Semmel-
korb, fras? die Semmeln vor des Fuchses Augen ganz gemächlich, eine nach der
andern, und sagte zum Fuchs: „-Warte nur, bis es auftaut; warte nur bis ins
Frühjahr; warte nur, bis es auftaut!" und lief davon, und der Fuchs bellte
ihm nach wie ein böser Hund an der Kette. (Ludwig Bechstein.)
Gesang:
Erzählend.
1. Jäger und Hase.
I. Jäger: Gestern abend ging ich aus,ging wohl in denWald hinaus.
-0--e—J- —>—
Saß ein Häs - lein in dem Strauch, guckt' mit seinen Äuglein 'raus.
Kommt das Häs-leindichther-an, daßmir'swas er - zäh-lenkann.
2. Häs lein: Bist du nicht der Jägersmann, hetzt auf mich die Hunde
an? Wenn dein Windspiel mich erkappt, hast du, Jäger, mich erschnappt. Paff!
Da schießt du mich mit Schrot, und ich armer Schelm bin tot.
3. Jäger: Armes Häslein, bist so blaß! Geh dem Bauer nicht ins Gras,
geh dem Bauer nicht ins Kraut, sonst bezahlst's mit deiner Haut; sparst dir
manche Not und Pein, kannst mit Lust ein Häslein sein!
(Volkslied.)
®fdijiQ btioeiir.
2. Häslein im Mondenschein.
Moritz Vogt l.
1
1. Als der Mond schien hel - le, kam ein Häs-chen schnel-le.
I
such- te sich sein A-bend-brot,hu! der Jä-ger schoß mitSchrot.
— 182
2. Traf nicht flinkes Häslein, weh! er sucht im Täschlein, ladet Blei und
Pulver ein, Häslein soll des Todes sein.
3. Häslein läuft voll Schrecken hinter grüne Hecken, spricht zum Mond:
Lösch aus dein Licht, daß mich sieht der Jäger nicht.
4. Und der Mond, der helle, zog die Wolken schnelle, groß und klein
vor sein Gesicht, ward zur Finsternis das Licht.
5. Häslein ging zur Ruhe, zog aus Rock und Schuhe, legte sich aufs
weiche Moos, schlief wie auf der Mutter Schoß. ^rl Wilhelm Rüdiger.)
3. Zwischen Berg und tiefem Tal.
Volksweise
MW
1. Zwischen Berg und tie-fem, tie - fein Tal saßen einstzwei
-Ö-4——i—l-i—^
0 J ✓ J J J < | ^
Ha -sen, fra-ßen ab das grü- ne. grü- ne Gras, fraßenabdas
5 s z z {- J j--z*=±ljl=zz
1 v U '
grü- ne, grü- ne Gras
bis
auf den Ra-sen.
2. Als sie sich nun satt gefressen hatten, setzten sie sich wieder, bis daß,
der Jäger, Jäger kam, bis daß der Jäger, Jäger kam, und schoß sie nieder.
3. Als sie sich nun aufgerappelt hatten und sich besannen, daß sie noch
Leben, Leben hatten, daß sie noch Leben, Leben hatten, liefen sie von dannen.
(Volkslied.)
Malendes Zeichnen:
— 183 --
11. Die Hasenjagd.
I. Die Hasen haben wir gern; denn sie nützen uns durch ihr
Fleisch und durch ihr Fell. Wie bekommen wir denn aber die Hasen?
Werden geschossen. Wie heißt der Mann, der Hasen (und andere
Tiere) jagt und schießt? Jäger. Hier auf diesem Bilde (von Leute-
mann) seht ihr einen Jäger. Wie ist dieser Jäger gekleidet? Er
hat einen grünen Rock an, aus dem Kopse trägt er eine Mütze, an
den Beinen Stiefel mit langen Schäften. Was hat der Jäger in der
Hand? Flinte (Gewehr). Was trägt er an der Seite? Jagdtasche.
Zeige die Jagdtasche! Sprecht: Dieser Jäger trägt ein Gewehr und
eine Jagdtasche. Wer begleitet den Jäger (der Lehrer geigt auf
den Hund)? Sein Hund. Warum begleitet ihn sein Hund? — Wie
heißt ein solcher Hund? — Woran erkennt ihr jetzt den Jäger? —
II. Wo befindet sich dieser Jäger? Feld. Weshalb ist er aufs
Feld gegangen? Häslein schießen. Was hat er dazu nötig? Gewehr.
Was braucht er noch (zum Schießen? Wo hat er Pulver und Schrot?
Pulver ist ein feiner, schwarzer Sand. Hütet euch davor! ^chrot
habe ich hier, es sind kleine, bleierne Kügelchen. Damit spielt ihr -gern.
Wenn der Jäger ein Häslein schießen will, dann steckt (ladet) er
Pulver und Schrot in sein Gewehr und schießt es heraus. Was hört
man, wenn der Jäger schießt? — Was sieht man? — Was kommt
aus dem Gewehr heraus? Feuer und Schrot. Die Bleikügelchen
fliegen schnell durch die Luft, treffen das Häschen und fahren durch
das Pelzchen in das Fleisch. Das Häschen stürzt und stirbt.
III. Wie unser Jäger im Felde dahin geht, da kommt auf ein-
mal dieses Häschen aus dem Gebüsche gesprungen. Es sieht den
Jägersmann. Was tut es deshalb? —- Woran seht ihr, daß es
läuft? — Was tut aber der Jäger? Zeige, wie der Jäger das
Gewehr gefaßt hat! — Wir sagen: Der Jäger hat (das Gewehr)
angelegt. Erfragen! Was muß der Jäger tun, damit er den Hasen
auch trifft? Zielen. Wie macht er das Zielen? — Das tut dieser
Jäger auch. Zusammenfassung: Dieser Jäger hat angelegt und zielt.
Was tut er dann? Drückt los (schießt). Der Jäger wird den Hasen
gewiß treffen; die Schrotkörner werden den Hasen entweder gleich
töten oder doch verwunden, daß er nicht schnell mehr laufen kann.
Wie spricht dann der Jäger zu seinem Hunde? — Und Karo läuft
schnell hin, faßt das Häschen mit den Zähnen und legt es seinem
Herrn vor die Füße. Der Jäger streichelt den Hund. Wie spricht er
dabei? — Wo läßt der Jäger den Hasen? Er steckt ihn in seine
Jagdtasche und trägt ihn nach Hause. Dann wird er den Hasen ver-
kaufen, oder seine Frau macht einen Braten daraus. Wie nennen wir
einen solchen Braten? — Wer von euch hat schon Hasenbraten ge-
gessen? —
Int Sommer haben die Häslein es gut, da tut ihnen kein Mensch
etwas zuleide. Auch vor dem Jäger braucht es sich nicht zu fürchten;
— 184 —
denn in der Sommerzeit darf dieser keinen Hasen schießen. Wann
dürfen die Hasen erst gejagt und geschossen werden? —
3tn Herbst und Winter ist darum für die Häslein die schlimmste
Zeit. Der Jäger geht dann häufig vor den Wald, versteckt sich hinter
einem Busche oder Baume und paßt auf, ob nicht ein Häslein
kommt, das sich Futter suchen will. Wenn der Jäger das tut, dann
sagen wir: Der Jäger geht auf den Anstand. Erfragen! — Wann
suchen sich die Häschen Futter? Wann geht der Jäger deshalb auf
den Anstand? Sprecht: Der Jäger geht des Abends auf den An-
stand. Der Jäger steht (oder sitzt) ganz ruhig und rührt sich nicht.
Weshalb? — Endlich kommt ein Häschen. Der Jäger sieht es, legt
an und zielt. Da möchten wir dem Häschen zurufen:
Horch! Häschen, merkst du was?
Hinterm Busch dort, was ist das?
Kommt dort nicht der Jäger her
Mit dem großen Schießgewehr?
Husch, mein Häschen, husch
In den dichten Haselbusch!
Jäger zieht den Hahn schon auf,
Liebes Häschen, lauf doch, lauf!
Das Häschen sieht aber den Jäger nicht und bleibt ruhig sitzen.
Ach, jetzt legt er an und knallt,
Daß es durch die Büsche schallt.
Aber der Jäger hat das Häschen nicht getroffen, er hat gewiß
nicht ordentlich gezielt. Da hättet ihr sehen sollen, wie das Häschen
davonlief.
Schau, wie's Häschen laufen kann,
Hat doch keine Stiefel an. (Eckelmann.)
Nicht so kam ein anderes Häschen davon, das auf dem Felde
spielte. Die Kinder riefen:
Häslein, nimm dich doch in acht,
Hund und Jäger schleichen sacht!
Eh' du's denkst, da zuckt es rot,
Und die Kugel schießt dich tot.
Es hört aber nicht darauf, es spielt ruhig weiter. Seht nur, es
hat sich jetzt
Wie ein Männlein hingesetzt,
Schaut nicht auf und schaut nicht um.
,,Pst! Wer kommt so still und stumm
Dort durch Busch und Dorn und Korn
Mit dem Stutz und Pulverhorn?
Ha, der Jäger ist es schon!
Häslein, Häslein, spring' davon!"
's ist zu spät, es blitzt und pufft,
Und der Rauch steigt in die Luft,
Und das Häslein liegt, o weh!
Totgeschossen in dem Klee.
Im Herbste und Winter werden oft auch große Hasenjagden ab-
halten. Dann gehen viele Jäger zusammen auf die Jagd, toie
nehmen noch Leute mit, die ihnen die Hasen zutreiben; diese werden
Treiber genannt, und eine solche Jagd heißt Treibjagd. Jetzt beginnt
ein Treiben. Laut ertönt das Geschrei und das Klappern der Treiber
und das Bellen der Hunde. Die Hasen erschrecken und wollen davon-
laufen; aber überall sind sie von Jägern umgeben, die mit ihren
Gewehren auf sie zielen. Fast kein Häschen entgeht dem Tode. Die
Hunde springen hin und holen die getroffenen Hasen. Die geschossenen
Hasen werden an Stangen gehängt und auf einem Wagen nach der
Stadt gefahren. In der Stadt werden die Hasen verkauft und
wandern nun in die Küche. Was wird hier mit ihnen gemacht? —
Zugaben:
1. Rätsel.
Ein Schaft und ein Rohr, ein Schloß liegt davor,
Ein Stock steckt daran, greif ja es nicht an!
2. Der Knabe und der Hase.
Häslein kam fröhlich aus dem Busch,
Hüpfte durch das Stoppelfeld, husch! husch!
Da sagte der Knabe so in sich hinein:
,,Möchte doch auch wohl ein Häschen sein,
Spränge dann im Feld und Wald umher,
Jetzt muß ich viel lernen, das ist so schwer."
Da kam der Jäger mit blankem Gewehr.
Häslein spitzte die Ohren sehr,
Puff! ging's, da lag das arme Tier im Blut.
Dem Knaben ward so weh zu Mut,
Lief hurtig ins Haus zu dem Mütterlein.
Da mocht' er wohl kein Häschen mehr sein.
(I. H. Chr. Schmidt.)
3. Häschen.
Unterm Tannenbaum im Gras
Gravitätisch sitzt der Has',
Wichst den Bart und spitzt das Ohr,
Duckt sich nieder, guckt hervor,
Zupft und leckt sich,
Rupft und reckt sich.
Endlich macht er einen Sprung.
Hei, was bin ich für ein Jung'!
Schneller noch als Hirsch und Reh
Spring' ich auf und ab die Höh'.
Wer ist's, der mich fangen kann?
Tausend Hund' und hundert Mann,
Gleich will ich's mit ihnen wagen,
Soll mich keiner doch erjagen.
Und der Gras auf seinem Schloß
Hat im ganzen Stall kein Roß
Und auch keinen Reitersknecht,
Der mir nachgaloppen möcht'.
Häslein, nimm dich ja in acht,
Hund und Jäger schleichen sacht!
Eh' du's denkst, da zuckt es rot,
Und die Kugel schießt dich tot.
Aber's Häslein hat sich jetzt
Wie ein Männlein hingesetzt,
Schaut nicht auf und schaut nicht um.
Bst! wer kommt so still und stumm
Dort durch Busch und Dorn und Korn
Mit dem Stutz' und Pulverhorn?
Ha, der Jäger ist es schon!
Häslein, Häslein, spring davon!
's ist zu spät, es blitzt und pufft,
Und der Rauch steigt in die Luft,
Und das Häslein liegt, o weh!
Totgeschossen in dem Klee.
— 186 —
Malendes Zeichnen:
I. Namen. Heute sollt ihr einen geschickten Turner und Nuß-
knacker kennen lernen. Hier ist er. (Der Lehrer zeigt ein ausge-
stopftes Eichhörnchen.) Wie heißt dieses Tierchen? Sprecht: Das
ist ein Eichhörnchen. Wer hat schon ein Eichhörnchen gesehen? Wo
saß es? Eiche. Welchen Namen hat das Eichhörnchen erhalten, weil
es auf der Eiche sitzt? Eichhörnchen. Weshalb heißt dieses Tier
also Eichhörnchen? — Wenn wir ein Eichhörnchen aus der Ferne
sehen, könnten wir -wohl meinen, es hätte zwei Hörner, zwei Hörnchen.
Zeige die beiden Hörnchen! — Es sind aber keine Hörnchen. Was
hat N. vielmehr gezeigt? Ohren. Wie sehen die Ohren aus, wenn
man sie von weitem sieht? Wie zwei Hörnchen. Welchen Namen
hat dieses Tier deshalb erhalten? Eichhörnchen. Weshalb heißt
dieses Tier Eichhörnchen? — Wie groß ist das Eichhörnchen un-
gefähr? Wie eine junge Katze. Wie wird das Eichhörnchen des-
halb noch genannt? Sprecht: Das Eichhörnchen wird auch noch
Eichkätzchen genannt.
II. Körperteile. Nennt die Hauptkörperteile des Eichhörnchens!
Sprechstoff:
Der Kopf ist dick und läuft plötzlich spitz zu.
Die Ohren sind lang und stehen aufrecht.
Die Ohren haben lange Haarbüschel.
— 187 —
Die Augen sind groß und lebhaft.
Das Eichhörnchen kann mit seinen Augen sehr gut sehen.
Nun seht euch seine Zähne an und zwar die Vorderzähne. Sie
sehen aus wie ein Meißel, sind meißelartig. Mit diesen Zähnen
kann das Eichhörnchen in kurzer Zeit die härteste Nuß zernagen.
Wozu dienen also die Vorderzähne? Zum Nagen. Wie werden sie
deshalb genannt? Nagezähne. Wieviel Nagezähne seht ihr? —
Sprecht: Das Eichhörnchen hat oben und unten zwei Nagezähne.
Welche Tiere haben auch Nagezähne? Hase. Maus. Wie heißen
alle Tiere, welche Nagszähne haben? — Was für ein Tier ist also
auch das Eichhörnchen? — Sprecht: Das Eichhörnchen ist ein Nage-
tier. Was kannst du auch von der Maus, — vom Hasen sagen? —
— Sage es von allen drei Tieren! —
Das Eichhörnchen hat auch einen Schnurrbart (Spürhaare).
Zeige die Spürhaare! Welche Tiere haben auch solche Spürhaare?
Der Rumpf ist schlank und geschmeidig.
Die Vorderbeine sind kürzer als die Hinterbeine.
Deshalb kann das Eichhörnchen auf der Erde nicht so gehen
wie der .Hund oder die Katze; es muß vielmehr hüpfen. Welches
Tier muß auch hüpfen? Hase. Warum? —
An den Füßen hat das Eichhörnchen lange Zehen und scharfe
drallen. Wobei kann das Eichhörnchen die scharfen drallen gut
gebrauchen? — Mit den langen, scharfen Krallen häkelt es sich in die
Baumrinde ein, und so kann es sicher und schnell am Baumstamme
hinaufklettern^ leicht und schnell huscht es auf den dünnen Zweigen
hin. Was kann das Eichhörnchen sehr gut? Sprecht: Das Eich-
Hörnchen kann sehr gut klettern. Es versteht auch noch andere Turner-
stückchen. Was z. 23.? Springen. In weiten Sätzen springt es oft
von Ast zu Ast, von Baum zu Baum, selbst von dem Wipfel des
Baumes auf die Erde, ohne sich zu verletzen. Was kann das Eich-
Hörnchen also sehr gut? Sprecht: Das Eichhörnchen kann sehr gut
springen. Zusammenfassung: Das Eichhörnchen kann sehr gut klettern
und springen.
Das Eichhörnchen hat einen langen, buschigen Schwanz. Welches
Tier hat auch einen langen, buschigen Schwang? Fuchs. Wie trägt
der Fuchs seinen Schwanz? — Wie trägt ihn das Eichhörnchen ge-
wöhnlich (ihr seht es an diesem ausgestopften Tierchen)? Es legt
ihn (beim Sitzen) auf den gekrümmten Rücken. Wenn es aber springt
oder klettert, dann streckt es ihn gerade nach hinten aus. Wie hält
das Eichhörnchen den Schwanz, wenn es springt oder klettert? —
Wie hält es ihn, wenn es sitzt? —
III. Farbe. Jetzt wollen wir uns seinen schönen Pelz einmal
ansehen. Wie ist er gefärbt? — Sprecht: Der Pelz des Eichhörnchens
ist rötlich gefärbt. Aber nicht überall ist er rötlich gefärbt. Wie
sieht er am Halse und am Bauche aus?
IV. Wohnung. Das Eichhörnchen wohnt nicht, wie der Fuchs,
in einer Höhle unter der Erde, auch nicht, wie der Hase, auf ebener
— 188 —
Erde. Wo wohnt es vielmehr? Sprecht: Das Eichhörnchen wohnt
auf den Bäumen des Waldes. Welche Tiere wohnen auch auf
Bäumen? Vögel. Wie neunt man die Wohnungen der Vögel?
Nest. Auch die Eichhörnchen bauen auf den Bäumen Nester und
zwar da, wo die Zweige recht dicht sind, manchmal in einer Gabel,
manchmal auch in einer Baumhöhle. Der Boden des Nestes wird
aus Reisern hergestellt; darüber bauen sie aus Moos und Heu ein
festes, kegelförmiges Dach. Die kleinen Ritzen und Spalten zwischen
den Reisern werden mit Moos verstopft, damit Regen, Wind und
Kälte nicht eindringen können. Das Nest hat zwei kleine Löcher.
Das eine dient zum Ein- und Ausgehen, das andere ist das Flucht-
loch. Wann wird das Eichhörnchen das Fluchtloch benutzen?
Wann ist das Eichhörnchen immer im Neste? Nachts. Es huscht
aber auch am Tage hinein, um Schutz zu suchen vor rauhem, un-
freundlichem Wetter. Besonders scheut es heftige Gewitter, starken
Regen und Schneegestöber. Auch den Wind kann es nicht leiden;
wenn daher der Wind von der Seite kommt, in welcher in dem Nest
die Haustür (Öffnung) ist, stopft es diese zu und macht sich einen
Ausgang an der anderen Seite, und kommt der Wind von dieser,
so stopft es wieder diese zu. Es spricht:
^,,Huhu! wie bläst du kalt, Herr Wind!
Mein Türchen stopf' ich zu geschwind
Und tu mir ein anderes auf da drüben."
Antwortet der Wind:
„Ich blase auch dort nach Belieben,"
so entgegnet das Eichhörnchen:
,,So mache ich jene wieder zu
Und rufe vergnügt: bleib draußen, du!"
Der Wind, der machte ein bös Gesicht,
Das Eichhorn sah es eben nicht.
Der Wind, der schüttelte an dem Baum,
Das Eichhorn drinnen merkt' es kaum,
Es ließ ihm draußen seinen Laus
- Und knackte sich ein Nüßchen auf. (W Hey.)
Im Winter bleibt es tagelang im Neste und schläft; es kommt
nur hervor, wenn es hungrig ist.
Das Eichhörnchen hat aber an einem Neste nicht genug. Da es
oft den ganzen Wald bereist, so hat es sich an verschiedenen Stellen
des Waldes Elster- und Rabennester zu Wohnungen eingerichtet.
Wenn es auf seiner Reise müde wird, so ruht es sich in diesen
Nestern aus.
Rückblick: Wo wohnt das Eichhörnchen? — Welchen 'Tieren
gleicht das Eichhörnchen im Bau seines Hauses? Den Vögeln.
Warum? — Wohin baut das Eichhörnchen sein Nest? — Woraus?
— Wodurch unterscheidet sich das Nest des Eichhörnchens von dem
der Vögel? — Wann sucht das Eichhörnchen sein Nest auf?
Welches Wetter scheut es besonders? — Was tut es, wenn ihm der
— 189 —
Wind in die Haustür bläst? — Wann ist das Eichhörnchen ein Lang-
schläfer? — Warum ist es ein reicher Herr? — Weshalb hat es so
viele Nester gebaut? —
Wen hat das Eichhörnchen auch mit im Neste? Seine Jungen.
Werden die Alten nun in dem einen 'Neste irgendwie gestört — Wollen
gottlose Buben etwa ihre Kinder rauben — so tragen sie dieselben
im Maule in das zweite und wenn nötig, in das dritte Nest. Sie
haben ihre Jungen auch lieb.
V. Nahrung. Wann sucht sich der Fuchs seine Nahrung? —
Wann das Eichhörnchen? — Kaum ist die Sonne aufgegangen, da
huscht es aus dem Nejte und klettert munter am Baume hinauf.
Jetzt pflückt es etwas von den Zweigen. Was mag es sein? —
Was pflückt es sonst noch? — Was frißt also das Eichhörnchen?
Das Eichhörnchen friht Haselnüsse, Eicheln und Bucheckern. Haselnüsse
sind seine Lieblingsspeise. Es sieht allerliebst aus, wenn es die
Haselnüsse verzehrt; es setzt sich auf die Hinterbeine und gebraucht
die Vorderfüße als Hände. Es nagt zunächst an dem spitzen Ende
ein Loch in die Nuß, drückt dann die beiden Vorderzähne hinein und
— knacks, springt die Schale in Hälften voneinander. Was kann
das Eichhörnchen also sehr gut? — Sprecht: Das Eichhörnchen ist
ein geschickter Nußknacker.
Im Herbste, wenn die Haselnüsse, Eicheln und Bucheckern reif
sind, hat das Eichhörnchen gute Zeit; es feiert alle Tage Erntefest.
Wann findet es keine Nüsse usw. im Walde? Winter. Damit es
im Winter nicht zu hungern braucht, so sammelt es im Herbste •
Nüsse, Eicheln usw. und versteckt sie in Nestern, Baumlöchern oder
Erdhöhlen. Was tut das Eichhörnchen im Herbste? Sprecht: Das
Eichhörnchen sammelt im Herbste Vorräte für den Winter. Wo ver-
steckt es diese Vorräte? — Erwacht es nun in der schlimmen Winters-
zeit einmal aus seinem Schlummer, so sucht es die Vorräte auf und
verspeist sie. Freilich vergißt es dann auch oft, wo es seine Schätze
versteckt hat, oder der Schnee verhindert das Auffinden. Da muß es
hungern, und manches Eichhörnchen verhungert.
Endlich kommt der Frühling. Den Waldtieren ist der Tisch
wieder reichlich gedeckt. Du glaubst vielleicht, die Not des Eichhörn-
chens hat nun auch ein Ende. Aber — fehlgeschossen; denn nun
geht sie gerade erst recht an. Weshalb? Es gibt keine Nüsse, Eicheln
usw. Es muß sich mit Knospen und Baumrinde begnügen. Hier
und da holt es sich auch die Samen aus den Tannenzapfen. Aber
—- es weiß sich zu helfen. Der Hunger macht es zum Diebe und
Räuber. Es sucht die Nester der Vögel auf und frißt die Eier. Auch
die kleinen, noch nackten Jungen verschmäht es nicht. Und wie eine
Katze springt es nach den alten Vögeln, erwürgt und verspeist sie.
Womit stillt das Eichhörnchen im Frühjahr seinen Hunger?
— Warum ist es ein Dieb und Räuber? —
VI. Feinde. Das Eichhörnchen hat auch seine Feinde. Der
schlimmste Feind ist ein Raubtier, — der Marder. Der kann auch
— 190 —
so gut klettern wie das Eichhörnchen. Der verfolgt das arme Eich-
Hörnchen von Ast zu Ast, von Baum zu Baum. Endlich wird das
Eichhörnchen matt und ist verloren. Manchmal rettet es sich aber
durch einen kühnen Sprung. Es klettert hinauf bis Zum Wipfel
des Baumes und springt dann mit einem Sprunge bis auf den
Boden. Ach, wie ist es froh, wenn es dem bösen Marder ent-
gangen ist!
Wer fängt das Eichhörnchen auch? Der Mensch. Warum wohl?
— Manche Leute halten sich ein Eichhörnchen im Hause. Sie setzen
es in ein kleines Häuschen und geben ihm Brot, Obst und Zucker zu
fressen. Wenn sie auch noch so gut gepflegt werden, sie sind doch nie
so fröhlich wie die Eichhörnchen, welche im Walde umherspringen.
Malendes Zeichnen:
Zugaben:
jj
fr
1. Rätsel.
Es hat sein Nest aus den Bäumen, hüpft auf den Bäumen und ist doch
kein Vogel. (Simrocks Kinderbuch.)
2. Das Eichhörnchen.
Eichhörnchen Klettert den Baum hinan,
Es springt vergnügt in den Zweigen.
Es pflückt sich Nüsse und Knackt sie auf,
Als wären sie alle sein eigen.
Es schlüpft behend um denLtammherum,
Als wollt es sich mit mir necken^
Doch seh' ich das buschige Schwänzchen
Das Kann es nicht verstecken. [noch,
So nimm dir nur Nüsse und isz dich satt;
Doch trag' sie nicht alle zu Neste!
Wir brauchen auch noch ein Säckchen voll
Zum lieben Weihnachtsfeste.
— 191 —
3. Eichhörnchen.
Häuschen Eichhorn heiß' ich,
Was ich gelernt Hab', weiß ich.
Heißa, wer tanzt mit mir?
Lustig und munter
Kopfüber, kopsunter,
Mit Manier,
Immerfort
Von Ort zu Ort,
Jetzo hier,
Jetzo dort! Hopp!
Ohne Ruh', ohne Rast,
Vom Zweig auf den Ast,
Vom Ast auf den Wipfel hoch in die Luft,
Im Blättersäusel und Blütenduft!
(Hoffmann v. Fallersleben.)
Ein Kätzlein Hab' ich heut' gesehn
Im grünen Wald so wunderschön;
Es ist ganz klein und rot wie Blut,
Das Schwänzchen wallt wie'n Federhut
4. Das Eichhörnchen.
„O liebes Kätzchen," sprach ich drauf,
„Heb' du doch recht viel Nüsse auf;
Ich kenn' manch artig Mägdelein,
Das knackt auch gern ein Nüßchen fein."
Ich fragte Kätzlein in dem Strauch:
„Fängst du hier graue Mäuschen auch?"
„O nein, an Nüssen ich mich freu',
Nußknacker brauch' ich nicht dabei."
Das Kätzchen rief: „Das soll geschehn,
Doch muß ich noch zuvor erst sehn,
Ob wohl die lieben Mägdelein,
Auch kennen rotes Kätzchen fein."
(Kritzinger.)
13. Der Kuckuck.
I. Name. Wie heißt der Vogel, der immer seinen Namen ruft?
Kuckuck. >
II. Begriff. In welchen Jahreszeiten hören wir den Kuckuck
nicht rufen? Herbst und Winter. Warum nicht? — Wann kommt
er wieder? Frühling. Der Kuckuck soll den Frühling anmelden, er
ist ein Bote des Frühlings, ein Frühlingsbote. Sprecht: Der Kuckuck
ist ein Frühlingsbote. Welche Frühlingsboten haben wir schon kennen
gelernt? — Nennt andere Frühlingsboten! —
III. Gröhe. Wer hat schon einen Kuckuck im Walde gesehen?
Niemand? Nun, so will ich euch jetzt einen zeigen. (Der Lehrer zeigt
einen ausgestopften Kuckuck vor.) Beseht ihn genau! Welchem Vogel
gleicht er in der Größe? Sprecht: Der Kuckuck ist so groß wie eine
Taube. Nennt die Hauptteile seines Körpers!
Sprech st off.
IV. Körperteile. Der Kuckuck hat einen dünnen, etwas gebogenen
Schnabel. (Der dünne Schnabel ist etwas gebogen.)
Der Kuckuck kann seinen Schnabel sehr weit öffnen.
Die Augen sind gelb. (Der Kuckuck hat gelbe Augen.)
Die Flügel sind sehr lang. (Der Kuckuck hat sehr usw.)
Der Kuckuck kann schnell und geschickt fliegen.
Der Schwanz ist sehr lang und am Ende abgerundet (keilförmig).
Die Füße sind kurz und gelb.
Zählt die Zehen, die an den Füßen sitzen! — Wie sind sie ge-
richtet? Drei Zehen stehen nach vorn und eine nach hinten. Diese
äußere Zehe kann der Kuckuck auch nach hinten wenden. Wieviel
Zehen stehen dann nach vorn? Zwei. Wieviel nach hinten? Auch
— 192 —
Zwei. Wie mag diese Zehe heißen, weil der Kuckuck sie nach vorn
und hinten wenden kann? Sprecht: Der Kuckuck hat an jedem
Fuße eine Wendezehe.
V. Farbe. Das Federkleid des Kuckucks sieht aschgrau aus.
Am Unterleibe hat es dunkle Streifen (Querlinien).
VI. Nahrung. Was macht der Kuckuck nur den ganzen Tag?
Schon am frühen Morgen fliegt er durch den Wald, durch die Wipfel
der Bäume, oder über die Waldwiese und sucht sich Nahrung. Was
frißt denn der Kuckuck? Käfer, Raupen, Fliegen.
Unter den Käfern sucht er sich gerade recht große aus. Welche?
Maikäfer. Das sind rechte Leckerbissen für ihn. Hat denn ein so
großer Käfer in dem kleinen Schnabel Platz? Der Kuckuck kann
seinen Schnabel sehr weit öffnen. Und noch einen anderen Lecker-
bissen sucht er sich. Hier ist er. Was ist das? Eine große Raupe.
Was ist Sonderbares an derselben? Sie ist mit langen Haaren be-
wachsen. Sie hat ordentlich einen Zottelpelz. Wer hat auch einen
Zottelpelz? Bär. Es gibt also auch Bären unter den Raupen. Wie
heißen sie wohl? Bärenraupen. Und die frißt der Kuckuck mit ganz
besonderer Vorliebe und zwar mit Haut und Haaren. Und er ver-
zehrt deren so viel, daß sein Magen ordentlich mit Haaren ausge-
polstert wird. Was frißt also der Kuckuck am liebsten? Sprecht:
Der Kuckuck frißt am liebsten Maikäser und Värenraupen.
VII. Eigenschaften. Wo wird der Kuckuck deshalb auch seine
Wohnung haben? — Weshalb im Walde? — Er hält sich am liebsten
in den dichten Baumwipfeln auf. Hören wir einen Kuckuck rufen,
so möchten wir ihn auch gern näher besehen; wir gehen dahin, woher
der Ruf kam. Aber noch ehe wir hinkommen, ist er schon fort-
geflogen und ruft von einer anderen Seite: Kuckuck! Er fürchtet, •—
scheut den Menschen. Was für ein Vogel ist deshalb der Kuckuck?
Sprecht: Der Kuckuck ist ein scheuer Vogel. Nenne einen dreisten
Vogel! Sperling.
Welche Vög?el sitzen gern zusammen und plaudern? Gänse,
Enten. Welche Vögel unterhalten sich auch gern? — Die Kuckucke sind
keine geselligen Tiere; es wohnt in einer Gegend immer nur ein
Paar, und der Kuckuck betrachtet die Gegend, in welcher er sich be-
findet, als sein Reich, in welchem kein anderer Kuckuck wohnen darf.
Läßt sich ein anderer hören, flugs ist er da. Nun gibt es einen
Kampf,- die beiden Kuckucke hacken sich mit den Schnäbeln, daß die
Federn umherfliegen; der schwächste muß weichen und dem stärkeren
die Gegend überlassen. Der Kuckuck ist ein zänkischer Vogel. Welche
Tiere sind auch zänkisch? Hahn.
Was frißt der Kuckuck? — Er ist aber nicht mit zwei oder drei
Raupen usw. zufrieden, er frißt diese Tiere vielmehr in großer Menge
(wohl 30—50 Raupen in der Stunde); er frißt vom Morgen bis gum
Abend, — er ist ein gefräßiges Tier. Sprecht das zusammen!
— 193 —
Nennt noch ein paar gefräßige Tiere! — (Der Kuckuck ist ein
Nimmersatt.)
Wo sitzen die Maikäfer und Raupen, die der Kuckuck frißt? —
Was machen sie da? — Die Bäume werden dann krank und ver-
dorren. Der arme Waldbaum, dessen grünes Kleid von den Raupen
zerfressen wird, freut sich gar sehr, wenn er den Kuckuck hört. Der
hilft ihm. Und der Förster, der durch seinen lieben Wald schreitet,
freut sich auch darüber. Er läßt den Kuckuck ungestört den Wald
durchstreifen; er schießt ihn nicht. Der Kuckuck ist ein nützlicher Vogel.
Weshalb ist der Kuckuck ein nützlicher Vogel? —
VIII. Des Kuckucks Hausstand. Wir haben vorhin schon gesagt,
daß der Kuckuck ein Zugvogel ist. Nennt andere Zugvögel! — Wenn
die Zugvögel (Schwalben usw.) zurückgekehrt sind, dann sind sie gar
emsig und fleißig. Was machen sie denn? Sie bauen sich ihre Nester
oder richten sich ihre alten Wohnungen wieder ein. Warum tun sie
das? Eier legen, brüten. Ob der Kuckuck auch so fleißig ist? —
Denlt nur, der Kuckuck baut sich kein Nest. (Er ist der einzige Vogel
bei uns, der das nicht tut.) Er brütet auch nicht, und doch gibt's in
jedenl Jahre eine ganz ordentliche Anzahl junger Kuckucke. Das ist
doch sonderbar. Woher mögen denn die kommen? Nun, ganz einfach,
aus dem Kuckucksei. Das Weibchen legt nämlich alle Jahre 5—6
Eier; aber da es sie selber nicht ausbrüten mag, so legt es dieselben
in die Nester anderer Vögel. Wenn ein Rotkehlchen oder ein anderer
kleiner Vogel sein Nest fertig und Eier gelegt hat und nun brüten
will, paßt der Kuckuck auf, bis das Vöglein einmal von dem Neste
fliegt, um etwas zu fressen zu suchen, oder um einmal zu trinken.
Dann fliegt das Kuckuckswetbchen leise herbei, wirft oft mehrere Eier
aus dem Neste und legt ein Kuckucksei hinein. Das Vöglein kommt
wieder, sieht nicht die heruntergeworfenen Eier und merkt nicht, daß
ein fremdes Ei im Neste liegt. Es setzt sich auf sein Nest und brütet
ruhig weiter. Nach einigen (3 bis 10) Tagen sucht sich der Kuckuck
wieder ein Nest, legt wieder ein Ei hinein, und so macht er es
wohl 5 bis 6 mal. Die Vögel brüten nun die Eier aus, und es
liegen nun junge Rotkehlchen und ein Kuckuck in dem Neste. Die
alten Rotkehlchen füttern den jungen Kuckuck wie ihre eigenen Kinder.
Der junge Kuckuck ist aber ein Nimmersatt. Wenn es Futter gibt,
dann steckt er seinen Kopf zuerst aus dem Neste, und seinen Schnabel
reißt er am weitesten auf. Deshalb bekommt er auch immer die
meisten Bissen, seine Nistbrüder aber müssen oft recht großen Hunger
leiden. Und wenn er größer geworden ist, wirst er gar eins oder
zwei von den jungen Rotkehlchen zum Neste hinaus, damit nur er
Platz genug bekommt. Sind ihm endlich Federn und Flügel ge-
wachsen, so schlüpft er aus dem Neste, hüpft von Zweig zu Zweig,
und seine Pflegeeltern tragen ihm, trotz seiner Unart, emsig noch
Futter zu, bis er selbst sich seine Nahrung suchen kann. So müssen
die kleinen Vögel des Waldes dem alten Kuckuck die Kinder erziehen,
ohne Danl dafür zu ernten.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band, 13
- 194 —
Rückblick! — Der Kuckuck ist ein rechter Faulpelz. Warum
müssen wir ihn so nennen? — Er will kein Nest bauen, seine Eier
nicht ausbrüten und seine Jungen nicht füttern.
IX. Stimme. Der Kuckuck kann nicht singen wie die Nachtigall,
nur schreien kann er. Was schreit er denn immer? — „Cr wird es
nimmer müd', zu singen stets das alte Lied: Kuckuck! Kuckuck!
Kuckuck! Wenn die Kinder ihn hören, dann sprechen sie:
Kuckuck, Kuckuck, sag' mir an,
Wie lange ich noch leben kann!
und zählen die einzelnen Rufe, die er wohl 20 bis 100 mal hinter-
einander wiederholt. Manchmal schreit sich der Kuckuck heiser. Das
Weibchen kann nicht rufen. Wann verläßt uns der Kuckuck? Im
August. Wann kommt er wieder? Im Frühjahr. Wir freuen uns
herzlich, wenn wir im Frühjahr seinen Ruf zum erstenmal ver-
nehmen. Gleich denken wir an unser hübsches Liedchen. Laßt es uns
noch einmal singen. Kuckuck, Kuckuck! ruft aus dem Wald usw.
Zugaben:
I. Rätsel.
Ei, sagt mir doch den Vogel an,
Der seinen Namen rufen kann! (ftucluck.) (Lausch.)
2. Rätsei.
Wenn der Sommer kehret wieder, Und ich muh dann immer wandern
Kehr' auch ich ins Land zurück; Ohne Nest und heimatlos,
Singen dann die Vögel Lieder, , Doch es zieh'n mir gern die andern
Sing' auch ich mein Meisterstück. Meine eig'nen Binder groß.
Könnt' ich lesen nur und schreiben,
Schrieb ich meinen Namen noch,
Aber nein, ich laß es bleiben,
Mein Gesang verrät mich doch. (Kuckuck.)
(Hoffmann v. Fallersleben.)
3. Kinderreime.
Der Kuckuck auf dem Zaune saß. Kuckuck!
Es regnete, und er ward naß. Kuckuck!
Es kam ein warmer Sonnenschein,
Da ward der Kuckuck hübsch und fein.
Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck.
4. Der i
Dieser Kuckuck, der mich neckt,
Tief im Waldgesträuch versteckt,
Rechts und links und überall
Hör' ich seinen fernen Schall:
5. Kind
Geh' ich im grünen Wald,
Hör' ich den Kuckuck bald;
Laufe ihm hurtig nach,
Wünsche ihm guten Tag.
ckende Kuckuck.
Wo ich komme, geht er fort,
Bin ich hier, so ist er dort —
Ei, so sei er, wo er sei!
Lieblich ist von fern sein Schrei.
(F. Rückert.)
und Kuckuck.
Seh'n möcht ich sein Gesicht;
Aber er zeigt sich nicht.
Sitzt er im Birkenbusch, —
Komm' ich, entflieht er, husch!
— 195 —
Jetzt ist er wieder nah, —
Schon ist er nicht mehr da;
Fern hat er sich versteckt,
Schon wieder mich geneckt.
Aber ii
Wieder
Kuckuck,
Wünsch«
Wie er nun ruft und schreit!
Kuckuck, bist nicht gescheit?
Da ich dich doch nicht seh',
Geh' ich nach Haus. Ade!
h komme bald
zum grünen Wald,
und lauf' dir nach,
! dir guten Tag!
6. Neues
Kommt mit mir in den Wald hinaus,
Es grünet Berg und Tal;
Ich wohn' im schönsten Sommerhaus
Und rufe tausendmal: Kuckuck!
Bei meinem ersten Namensschall
Tragt hübsch im Beutel Geld;
Dann ist's in Zukunft überall
Mit euch gar wohl bestellt: Kuckuck!
Doch treiben si>
Mach' ich das
„Daß dich der K
Du kleine wilde
Kuckuckslied.
Verstecken spiele ich im Busch
Recht — für mein Leben — gern
Doch, sucht mich einer, bin ich — husch —
Von ihm wer weiß wie fern: Kuckuck!
Den Kindern bin ich herzlich gut
Und fopp' sie, wo ich kann;
Hab' ich, wie sie, doch fröhlich Blut,
Das hört mir jeder an: Kuckuck!
s's zu bunt und toll,
Sprichwort wahr:
uckuck holen soll",
Schar: Kuckuck! (H. Hoffmeister.)
7. Der Kuckuck.
Der Kuckuck sprach mit einem Star,
Der aus der Stadt entflohen war.
„Was spricht man," fing er an zu schreien,
,,Dort über unsre Melodeien?
Was spricht man von der Nachtigall?"
„Die ganze Stadt lobt ihre Lieder."
„Und von der Lerche?" rief er wiede'.
„Die halbe Stadt lobt ihrer Lieder Schall."
„Und von der Amsel?" fuhr er fort.
„Auch diese lobt man hier und dort."
„Ich muß dich doch noch etwas fragen.
Was," 'rief er, .„spricht man denn von mir?"
„Das," sprach der Star, „kann ich nicht sagen;
Denn keine Seele red't von dir."
„So will ich," fuhr er fort, „mich an dem Undank rächen
Und ewig von mir selber sprechen." (Eellert.)
3. Der unzufriedene Kuckuck.
Als der liebe^ Gott die Vögel geschaffen hatte^ wies er jedem einen
Wohnort an: dem Storche das Dach, der Ente das Wasser, der Lerche den Acker,
der Schwalbe das Haus. Alle waren mit ihrem Wohnorte zufrieden, nur der
Kuckuck nicht. Das Dach war ihm zu luftig, das Wasser zu naß, der Acker zu
fest, das Haus zu dumpf.
Da wurde Gott unwillig und sprach: So suche dir nun selbst einen Ort,
der dir gefällt! Und seitdem wandert der Kuckuck von Ort zu Ort, von Land
zu Land, und er hat noch keine Gegend gefunden, wo es ihm länger als einen
Sommer, gefallen hätte. Er schläft jede Nacht auf einem anderen Baume; von
seinen Eiern legt er das eine hierhin und das andere dorthin, und er geht wieder
fort und kennt seine Kinder nicht, und seine Kinder kennen ihn nicht.
(Nach Eurtman.)
13*
— 196 —
Gesang:
Bewegt,
Volksweise.
1. Frühlingsbotschaft.
( ruft ans dem Wald: Las - fet uns sin - gen.
1—3. Sluf = fucf. Stuf= fucf läßt nicht seinSchrei'u Komm in die Fcl - der,
(. Ueff - Ii - cher Held, was du ge - siin - gen
rä—
J. tau - zen und sprin-geii! Früh-ling, Früh-liug wird es nun bald.
2. Wie - seil und Wiil - der! „ „ ., „ frei - le dich ein.
3. ist dir ge - luu-gcu: Wiu-ter, Wiu - ter räu-iuet das Feld.
sHoffmann von Fallersleben.)
2. Wettstreit.
Nach Zelter.
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1. Der
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Kuk - kuck und der E
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Streik, wer
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-ä-\~*--
wohl am be - sten sän -
wer
=q=r=
wohl am be - sten
? H
san - ge
schö-nen Maien - zeit. zur schönen Mai - en - zeit.
2. Der Kuckuck sprach: „Das kann ich," und fing gleich an zu schrein.
„Ich aber kann es besser," :,: fiel gleich der Esel ein.
3. Das klang so schön, so lieblich, so schön von fern und nah. Sie
sangen alle beide „Kuckuck, Kuckuck, ia!"
(Hoffmann von Fallersleben.)
/ 3/
3. Der rätsechafte Vogel.
Volksweise.
t Wer ist der Po - gel in dem Wald, dess'Ruf zur schon-sten Zeit l
l so lieb- lid) uns ent-ge - gen schallt und jung und alt er-sreut?/
V-
*—,—J—fr
l=t3bzfr
fr*—»—,
-0—
Sein Na - me fällt vielleicht dir ein, hörst du den lust-gen Vo-gel schrein:
EjiF^C
U-
&
Kuk - kuck la la. Kuk - kuck la la. Kuk kuck, Kuk - kuck la la.
2. Doch willst du 'mal den Vogel sehn, so foppt er dich gar sehr, magst
noch so leis gum Baume gehn, du findest ihn nicht mehr. Der lose Vogel sitzt
schon weit von dir aus einem Baum und schreit: Kuckuck la la, Kuckuck la la,
Kuckuck, Kuckuck la la.
— 197 —
3. 'S ist mit betn Glücke ebenso; man hält es oft für nah', und sucht man
es nur irgendwo, so ist es nimmer da, Twch läßt's uns keineswegs in Ruhs
und ruft uns neckend wieder zu: : Kuckuck la la, Kuckuck la la, Kuckuck?, Kuckuck
la la. (Theophil Bittkow.)
14. Knabe und Vogelnest.
(Bild von Kehr-Pfeiffer.)
I. Das Bild im allgemeinen. 1. Hans, der Wildfang. Aufgabe:
Wie sollen wir gegen die Vögel sein, das laßt uns heute lernen!
(Wird zweimal vom Lehrer langsam und deutlich vorgesprochen.)
Was wollen wir lernen? Wie wir gegen die Vögel sein sollen.
(Diese Aufgabe wird bank- und reihenweise, im Chor und einzeln
eingeprägt; es versteht sich dabei von selbst, daß die Schüler voll-
ständig zu antworten haben.)
Ich kenne einen Knaben, der Zeigt uns das so schön. Auf unserem
Spaziergange habt ihr von ihm gesungen. Wie heißt er doch gleich?
Hänschen.*) > Gesungen habt ihr schon oft vom Hänschen, aber ge-
sehen habt ihr den Knaben bis- heute noch nicht. Soll ich ihn euch
einmal geigen? Ich habe ihn auf einem großen Bilde mit in die
Schule gebracht. Wer will ihn gern sehen? (Fast alle Schüler heben
die Hand.) Paßt auf! — Jetzt kommt er. Eins, zwei — — drei!
(Das Bild wird aufgehängt.) Zuerst zeigt mir einmal unseren Lieb-
ling! 'Komme vor! Hier hast du meinen Stab dazu! (Schüler
zeigend und sprechend:) Das ist unser Hänschen. Schaut ihn euch
von unten bis oben recht genau an! (Dabei zeigt der Lehrer auf
den bloßen Kopf, auf die Hemdärmel und auf den einen Hosenträger.)
Zeigt auf seine Mütze! Er hat gar keine aufgesetzt. Warum
denn nicht? (Hilfsfrage: Wohin seid ihr heute früh gegangen?)
Weil Hänschen in den Wald geht. Da denkt er, er braucht keine
Mütze. Worüber müssen wir uns noch wundern? (Schaut nur hin!
Auf die Hemdärmel deutend.) (Hilfsfrage: Was hat er nicht einmal
angezogen?) Jacke. Warum nicht? (Auf den Himmel zeigend.)
(Hilfsfrage: Was für ein Tag mag es wohl sein?) Ein heißer Tag.
Also keine Mütze aufgesetzt, keine Jacke angezogen; so ein Bursche!
— Dazu kommt aber noch etwas. Ich glaube nämlich, Hänschen ist
so schnell fortgesprungen, daß er sogar unterwegs etwas verloren
hat; schaut wieder hin! (Auf den einen Hosenträger deutend.) Was
mag das sein? (Hilfsfrage: Wie heißt man das Band, welches die
Hose trägt?) Hosenträger. (Vor das Wandbild hintretend.) Ei!
— Ei! (mit Gesten.) — Du bist ein schöner Wildfang! Deine Eltern
werden zanken, wenn du heute heimkommst! Na, na! — Wie habe
ich unser Hänschen jetzt nennen müssen? Wildfang. Wer von euch
ist auch schon einmal so genannt worden? >— Von wem? — Warum ?
— Auch in unserer Klasse haben wir einen Wildfang. Wißt ihr es
*) Das Lied ,,Hänschen klein" ist als das erste von der Klasse gelernt
worden und wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit gesungen.
— 198 —
noch? — Dort sitzt er! (Ein Schüler hatte seinem Mitschüler vor
einiger Zeit die Mütze versteckt.) — Jetzt wieder dorthin geschaut!
Warum verdient denn aber unser Knabe, heute so genannt zu
werden? Wir hatten ihn doch immer so gern! — H. ist ein Wild-
fang. Er hat keine Mütze aufgesetzt, auch keine Jacke angezogen.
Er ist fort in den Wald gesprungen und hat auch noch einen Hosen-
träger verloren. Von wem haben wir jetzt nur erzählt? Vom H.
Fasse du das über H. Gelernte auch noch einmal zusammen! Ge-
schieht. Soll ich es auch einmal erzählen? Ich spreche so: (Sich
wieder vor das Bild hinstellend und zu dem Knaben sagend.)
Hans, du bist heute ein Mner Wildfang. — Du bist hinaus in
den Wald gesprungen, ohne deine Mütze aufzusetzen. — Du hast
ja nicht einmal eine Jacke angezogen, und dazu hast du noch unter-
wegs einen Hosenträger verloren?! Du bist mir ein netter Bursche!
Wer will mir es denn einmal von euch so erzählen? — (Einige
der besseren Schüler brachten diese Übung sofort fertig und machten
es auch gern; weil sie sich dabei unter ihresgleichen versetzt fühlten.)
2. Der Wald und seine Pflanzen. Übergang: Wenn ich Häns-
cheid auch jetzt habe auszanken müssen, böse kann ich ihm deswegen
doch nicht sein. Ihr werdet euch noch alle mit mir über ihn freuen.
Sollt einmal sehen! — Patzt nur hübsch auf! —
Nun laßt uns den grünen Ort anschauen, an dem wir Hänschen
treffen! Wo finden wir ihn!
Im Wald und auf der Heide,
Da sucht er seine Freude!
Warum er nur so gern dorthin geht? — Ich weiß es! — (Was
suchen denn Knaben so gern im Walde wie auch ihr auf unserem
Spaziergange?) Beeren. Kirschen, Birnen und Äpfel wachsen auf
Bäumen. Auf was für Pflanzen stehen aber saftige Beeren? Schaut
nur auf das Bild! Auf Sträuchern. Zeige sie auf dem Bilde! Hier
wachsen Sträucher. (Dazu zeigend.) Was mögen das für Sträucher
sein? Ihr kennt sie gleich an den roten Beeren! (N. N. hatte sie
auf unserer Wanderschaft zuerst entdeckt.) Himbeersträucher. Gleich
daneben wachsen auch noch andere Sträucher mit anderen Blättern
und Beeren. Wie sahen diese Beeren der Farbe nach aus? (Ihr
habt davon gekostet.) Schwarz. Wie nannten wir ihre Sträucher?
Brombeersträucher. Zeigt auch sie auf unserem Bilde! Hier stehen
Brombeersträucher. Warum geht also Hänschen so gern in den
Wald? Er sucht sich saftige Himbeeren und Brombeeren. Ob nur
Himbeer- und Brombeersträucher die einzigen Pflanzen sind, die
draußen im schönen grünen Walde wachsen? (Seht dort hinten!)
Es wachsen auch Bäume im Walde. Und wie viele! — Niemand
von uns kann sie Zählen. Kennst du noch einige? Auf dem Spazier-
gange habe ich euch mehrere mit Namen genannt. Eichen, Tannen,
Fichten. Hinter den Sträuchern steht auch auf dem Bilde ein Wald-
bäum. Zeit ihn! Geschieht. Aber nicht nur größere, auch kleinere
Pflanzen als Sträucher gibt es im Walde. Sucht sie mit dem
— 199 —
Stabe! Hier stehen noch kleinere Waldpflanzen als Sträucher. Als
wir dort im Walde vor solchen Pflanzen angekommen waren, sagte
ich euch: „Sehen diese nicht gerade so aus wie kleine Palmen?!"
— Wie nannte ich sie? Farnkräuter. Wir nahmen uns von ihnen
einen prächtigen Wedel mit in die Schule. Wer trug ihn doch gleich?
— Jetzt faßt mir auch dieses zweite Stück zusammen über den Wald
mit seinen verschiedenen Pflanzen! Wir treffen Hänschen im Walde.
Dort findet er Himbeeren und Brombeeren. Auch ganz hohe Pflanzen
wachsen im Walde, das sind die Bäume. Vorn sehen wir einige
Farnkräuter mit schönem Wedel. — Nun will ich es euch wieder er-
zählen. Hört zu! (Anrede an den Knaben — auf dem Bilde.)
Jetzt wissen wir, Hans, warum du so gern hinaus in den schönen
Wa^d springst. — Du fuchst dir saftige Beeren. Du pflückst dir
dort rote Himbeeren und schwarze Brombeeren. Die schmecken dir so
gut! Aber du freust dich auch noch über andere Pflanzen, die den
Wald verschönern. Manchen hohen Waldbaum und manches prächtige
Farnkraut schaust du dir gewih mit Lust an; ja, im Wald und
aus der Heide, da suchst du deine Freude!
Wer kann es so erzählen? Geschieht. Nun möchten wir aber
auch einmal beide Teile zusammen erzählen. Von wem sprachen
wir zuerst? Von Hans, dem Wildfang. Wovon dann? Vom schönen
Wald und seinen Pflanzen. Fange an zu erzählen! Du fängst an
Zu zeigen!
3. Der Fund im Busche. Übergang: Ob nur das das Brave
an Hänschen war, worüber wir uns freuen wollten? Was meint
ihr? (Freie Aussprache der Kinder.) — Ich glaube es nicht. Etwas
ganz besonders Schönes habe ich bis jetzt an Hänschen noch nicht ge-
sehen. Oder denkt ihr anders? — Das, was uns erquicken wird,
wird gleich kommen. Gebt hübsch acht! —*)
Wahrend unser Hans so emsig nach Beeren umherschaut, bleibt
er plötzlich stehen und lauscht (mit Kopfbewegungen). Warum? Er
hat etwas gehört. Was war das? — Seht nur dort im Gebüsch!
Er hat Vögel Zwitschern gehört. ,,Piep, piep," so klingt es heraus.
Um was wird er sich nun nicht mehr gekümmert haben? Um die
Beeren. Mit dem Beerensuchen war es jetzt vollständig vorbei.
Wonach forscht er nun bloß noch? Nach den Vögeln. Was biegt
er deshalb auseinander? — Hingeschaut! Die Zweige der Sträucher.
Und was entdeckt da unser Hans? Ein Nest. Ach, wie niedlich!
In den Büschen, auf den Ästchen
Ein allerliebstes Vogelnestchen!
Wie das dorthin gekommen sein mag? — Ein Vogel hat es
sich gebaut. Unsere Wohnungen sind aus Steinen und Holz gebaut.
Was benutzt aber ein Vogel zum Bauen? Heu und Stroh. Was
u x- br.a!ld)t keineswegs zu fürchten, daß diese Überleitung, da sie die
erste förmlich wiederholt, die Kleinen langweile. Die Erfahrung hat gelehrt,
< asz durch diese Zweite Spekulation das Interesse nur noch gesteigert wird.
— 200 —
verwendet er noch, damit es im Neste weich und warm wird?
Wolle, Moos und Federn. Wer kann mir den Vogel zeigen, der
sich das Nest dorthin gebaut hat. (Zeigend und sprechend.) Hier
sitzt der Vogel. Wißt ihr auch, wie er heißt? Einige Waldvögel
habe ich euch damals auf dem Rückwege gezeigt und genannt. Die
Drossel wohnt im Walde. Der Fink — —. Die Grasmücke — —.
Was ist nun das dort für einer? — Sein Kleid besteht aus grauen
Federn, und singen kann er, wie einer der besten Sänger. Seht
ihn einmal recht genau an! Es ist eine Grasmücke. Aber nicht nur
für sich hat die Grasmücke ihr Nest gebaut, wer wohnt noch mit
darin? Es wohnen noch junge Vögel mit darin. Ach, wie zierlich!
Zeigt und zählt doch einmal die Kleinen! 1, 2, 3, 4, 5. Wie sehen
denn ihre Schnäbel aus (der Farbe nach)? Gelb. Wer mag nur
die kleinen Gelbschnäbel pflegen? Denkt einmal an euch, als ihr noch
kleine niedliche Geschöpfe wäret! — (Wer hat denn euch versorgt
und auferzogen?) Unsere Mutter. Seht, so ist es auch hier.
Kern Vögelein ist so jung und klein,
Es hat sein liebes Mütterlein!
Das bringt ihm 'Fliegen, Mücken und Brot,
Damit es nicht leidet Hunger und Not.
Von wem werden also die Kleinen auch gepflegt? Von ihrer
Mutter. Zeigt mir ihr Mütterlein! Hier, das ist die Vogelmutter.
Wovon haben wir jetzt erzählt? Faßt nun das ganze dritte Stück
zusammen! Redet zuerst von dem Fund im Gebüsch und darauf von
den Bewohnern des Nestes! Geschieht. Wer hat denn nun noch zu
erzählen (Verierfrage) ? Der Lehrer. Also ich bin wieder daran.
Nun gut! Jetzt will ich so erzählen, als ob unser Hans selbst spräche:
Als ich draußen tm Walde nach Beeren suchte, hörte ich auf ein-
mal dicht nebeln mir ein leises Piepen. Ich biege die Zweige der
Sträucher auseinander, und was sehe ich?! Ein reizendes Vogelnest!
Denkt euch nur! Eine Grasmücke hatte es sich aus Heu, Stroh und
Federn gebaut. In dem Neste sahen fünf kleine Gelbschnäbel.
Rückblick: Laßt uns nun alle drei Teile zusammenstellen! Wovon
erzählt der erste Teil? Hans, der Wildfang. Der zweite Teil? Der
Wald und seine Pflanzen. Der dritte Teil? Der Fund im Gebüsch.
ll. Das Bild in Beziehung zur Fabel. Jetzt zurück zu unserem
Hans! Schaut ihm nur einmal ins Gesicht! Was für Augen macht
er? Sehr große Augen. Was könnt ihr an den großen, hellen
Augen sehen? Er freut sich. Worüber freut er sich? Über das
schöne Nestchen und über die kleinen Vögelchen. Das ist alles so
schön, daß der Knabe immer stehen bleiben möchte, um das Nest
mit den Jungen anzusehen.
Wer sitzt nicht weit vom Neste? Der alte Vogel. Wen sah der
alte Vogel kommen? Den Knaben. Auf was ging der Knabe los?
Nest. Wer sah das? Alte Vogel. Was tut er nun mit seinen
Flügeln? Flattert (zeigen durch Handbewegung). Wie ist der alte
Vogel? '— Woran merkt ihr das noch? Er sperrt den Schnabel auf.
— 201 —
Was denkt der alte Vogel? Der Knabe würde das Nest wegnehmen.
Und was würde er mit den kleinen Vögeln machen? Quälen. Was
würden die Vöglein leiden müssen? Schmerzen. Und was würde er
den Kleinen zuletzt nehmen? Leben. Gewiß, es gibt böse Buben,
die den armen Vögeln ihre Zungen aus dem Neste nehmen. Das
weiß der arme Vogel. Um was bittet und bettelt er wohl bei dem
Knaben? — Wie sehr wird er bitten? So sehr oder so gut er
kann. Merkt nun, was der alte Vogel spricht:
„Knabe, ich bitt' dich, so sehr ich kann,
O, rühre mein kleines Nest nicht an!"
Wer liegt denn im Neste? Die kleinen Vögel. Was sind sie
von dem alten? Seine Kinder. Vor wem werden die sich fürchten?
Knaben. Was für Augen hat der Knabe? Große. Was für Augen
sind die kleinen Vögel nicht gewöhnt? Große Augen. Denn wer hat
nicht solche großen Augen? Alte Vogel. Was für Augen hat der
alte Vogel? Kleine. Wer ist diese kleinen, freundlichen Augen nur
gewöhnt? Die jungen Vögel. Was würden denn die jungen Vöge-
lein tun, wenn sie auf einmal die großen Augen des Knaben sähen?
Sie würden erschrecken und ängstlich schreien. Was soll darum der
Knabe nicht einmal tun? Er soll nicht hineinblicken. Das wollen
wir so lernen:
„£>, sieh' nicht mit deinen Blicken hin;
Es liegen ja meine Kinder drin,
Die werden erschrecken und ängstlich schrei'n,
Wenn du schaust mit den großen Augen hinein."
Wer wollte das verhüten? Alte Vogel. Denn wie hatte er seine
Kinder? — Was täte der Knabe gar gu gern? Er sähe das Nestchen
gern ganz nahe. Was tut er jedoch, als er den Vogel so ängstlich
bitten hörte? Ging nicht an das Nest. Er erfüllt also die Bitten
des Vogels. Was tat! er nicht? (Denkt an die erste Bitte!) — Was
tat er auch nicht? (Denkt an die zweite Bitte!) — Wo blieb er
stehen? Ein Stück davon, von fern. Wie stand er von fern? Ganz
still — behutsam. — Er^hütete sich, die Vöglein zu erschrecken,' er
trat gern noch ein paar Schritte zurück und begnügte sich damit, die
kleinen Gelbschnäbel aus der Ferne anzusehen. Lernt:
,,Wohl sähe der Knabe das Nestchen gern;
Doch stand er behutsam still von fern."
Unser Hans ist also kein böser Junge; er ist ein Springinsfeld
und ein Wildfang, aber er hat doch kein schlechtes Herz. Was merkte
auch der alte Vogel jetzt? Daß Hans kein böser Bube war, der
Vogelnester ausnimmt. Vorhin war der Vogel ängstlich und flattert
unruhig; wie ist er nun geworden? Ruhig. Wohin fliegt er jetzt
wieder? Auf das Nest. Womit wird er die Kleinen zudecken? —
Weshalb? — Sprecht:
„Da kam der arme Vogel zur Ruh,
Flog hin und deckte die Kleinen zu."
— 202 —
Nach Wem wird er aber immer noch geschaut haben? Knaben.
Jetzt aber nicht ängstlich und unruhig; wie wird er ihn angeschaut
haben? Freundlich. Ich weiß sogar noch etwas, was er in seiner
Freude getan hat. Wer kann es sich denken? (Hilfsfrage: Was
darf man denn niemals vergessen, wenn uns jemand Freude und
Lust bereitet? Danken.) Wie wird er da gesprochen haben? Hab'
Dank. Wofür denn? Daß er den jungen Vögeln kein Leid getan
hat. Sprecht:
And sa,h so freundlich den Knaben an:
,,Hab' Dank, daß du ihnen kein Leid getan!"
Wie ist der Vogel also? — Wohin wird Hans wieder gehen?
— Weshalb? — Ob er seiner Mutter erzählt, daß er im Walde ge-
wesen ist? — Nun, später hat er seiner Mutter die Geschichte doch
erzählt. Da hat die Mutter mit ihm gezankt. Weshalb? — Sie
hat ihn aber auch gelobt. Weshalb gelobt? —
III. Verwertung. Was können wir von unserem Häuschen ler-
nen? — Unser Hans hat den Vögeln nichts getan. Was für ein
Herz hat er da, trotzdem wir ihn im Anfange einen Wildfang
nannten? Er hat ein gutes Herz. Wißt ihr, wie er da ist? Mit-
leidig. Barmherzig. Merkt euch dieses Wort! Sagt es zusammen,
wie Hans in seinem Herzen ist! Hans ist barmherzig. (Emprägung.)
Soll 'denn aber nun Hans der einzige barmherzige Junge auf
Erden sein? — Denkt einmal an euch! Auch wir wollen barm-
herzig sein. Gewiß, ihr und ich, wir wollen alle mit helfen, Barm-
Herzigkeit auf Erden auszubreiten. Könnt ihr denn aber auch schon
barmherzig sein, ihr seid doch noch so klein? Auch wenn man klein
ist, kann man schon barmherzig sein. Ihr habt recht! Wann bist
du denn barmherzig? — Wenn ich auch kein Vogelnest ausnehme.
Du kannst ein Vogelnest finden, wo du willst, auf der Erde oder auf
dem Baume, am Bache oder im Busche, was darfst du niemals tun?
Ein Vogelnest zerstören. An wen mußt du da gleich denken? An
den barmherzigen Hans. Wer Vögel stört oder nimmt, was muß
der für ein Herz haben? Ein böses, schlechtes Herz. Ich nenne
einen solchen Knaben einen Bösewicht. Wie kann es ihm niemals
gehen? Gut, glücklich. Wer straft ihn? Gott. Wie ergeht es
aber den Barmherzigen? Gut, glücklich. Wie wird es ihnen der-
einst im Himmel ergehen?! Sie werden selig!.*) Da kenne ich auch
ein Sprüchlein, darin steht das. Es heißt so: Selig sind die Barm-
herzigen.**) Steht auf! - (Wird chor- und bankweise eingeprägt.)
Wer will es zu Hause weiter probieren? Sagt es eurem Vater,
eurer Mutter, allen, die ihr kennt!
Schlußwort. Nun, mein liebes Hänschen (zum Bilde ge-
wendet), so lebe wohl, bleibe stets ein barmherziger Knabe gegen
*) Der Begriff selig ist bei der Geschichte Abraham und Lot bereits klar-
gelegt worden. (Selig sind die Friedfertigen.)
**) Die Fortsetzung dieses Spruches wird bei der Behandlung des barm-
herzigen Samariters gelernt.
— 203
die Vögel wie dieses Mal, aber nicht klotz im Sommer, nein auch
im Winter, wenn es schneit! — Und ihr, meine lieben Kleinen,
wenn ich euch doch allen Barmherzigkeit in euere Herzen pflanzen
könnte, damit auch iht, wo ihr geht und steht, niemals eines Vög-
leins Nest zerstört! (Nach der deutschen Schulpraxis).
Zugaben:
1. Neckmärchcn.
Mein Vater kaufte sich ein Haus,
An dem Hause war ein Garten,
In dem Garten war ein Baum,
Auf den: Baume war ein Nest,
> In "dem Neste war ein Ei,
In dem Ei, 'da war ein Dotter,
In "dem Dotter war ein Hase,
Der beißt dich in die Nase.
2. Das Nest.
In die Büsche auf die Ästchen
Baut der Vogel sich ein Nestchen,
Legt hinein zwei Eierlein,
Brütet aus zwei Vögelein.
Diese rufen: „Piep, piep, piep,
Mütterchen, du bist uns lieb."
3. Das Nest.
Vöglein sitzt aus seinem Nest
Und brütet froh die Eier aus,
Und wenn man es in Ruhe läßt,
So werden kleine Vöglein draus.
Die piepen dann: O, liebe Mutter,
Bring Tutter uns, o bring' uns Futter
4. Lustiges Leben.
Es steht im grünen Busche
Ein Nestchen schmuck und fein,
Und in dem Nestchen liegen
Vier kleine Vögelein.
Sie können fröhlich lachen,
Sie haben's fein und gut,
Kein Kindlein in der Wiege
So warm und prächtig ruht.
Der Wind geht durch die Zweige,
Wiegt sanft die Vögelein,
Und hold und freundlich schlafen
Die kleinen Kinder ein.
Und wenn sie froh erwachen
Aus ihrer süßen Ruh',
Trägt jedem Kind die Mutter
Den besten Braten zu.
Ihr Vöglein in dem Neste,
Wie habt ihr's doch so fein!
Wer möchte nicht auch gerne
Ein kleines Vöglein sein.
(W. Hoffmann.)
5. Knabe und Fink.
Michel war zum. Wald gegangen,
Wollte sich den Finken sangen;
Doch der Finke flog, husch, husch,
Gar geschwind von Busch zu Busch.
Michel wollte in den Büschen
Noch das arme Tier erwischen;
Doch er stolpert in dem Gras':
Patsch! — Da lag er auf der Nas'!
Michel sah sich nun betrogen,
Fink war auf den Baum geflogen,
Sah herab und sang so schön:
,,Euter Michel, laß mich gehn!"
(Dr. H. Lohse.)
204
6. Vom listigen Grasmücklein ein lustiges Stücklein.
Klaus ist in den Wald gegangen, Prr! da flattert's: Husch, husch, husch!
Weil er will die Vöglein sangen; Leer ist's Nest und leer der Busch;
Aus den Busch ist er gestiegen, Und die Vöglein lachen Klaus
Weil er will die Vöglein kriegen. Mit dem großen Prügel aus.
Aber's Vögelein, das alte,
Schaut vom Nestlein durch die Spalte,
Schaut und zwitschert: Ei, der Daus!
Kinderlein, es kommt der Klaus! —
Zornig ist er heimgegangen,
Weil er gar nichts hat gefangen,
Mürrisch ist er heimgestiegen,
Weil er könnt kein Vöglein kriegen.
(Nach Fr. Güll.)
7. Laß die Vöglein in Ruh'!
Ei, du schlimmes Büblein, du!
Laß die Vöglein doch in Ruh'!
Schau, sie sind so schwach und klein,
Haben noch kein Federlein.
Zittern sehr und fleh'n dich an,
Haben dir ja nichts getan!
Hörest du ihr Mütterlein?
Hörst du's hoch am Himmel schrei'n?
Hörst du, wie es weint und klagt,
Und 's dem lieben Herrgott sagt? —
Büblein, leg' du auf der Stell'
In das Nest die Vöglein schnell!
Geh' dann brav und gut nach Haus,
Such' ein besser Spielzeug aus!
Büblein, Büblein, folg' geschwind,
Wärest sonst ein böses &ind!
,,Grasmücke, sag', was flatterst du
So um das Nest umher?
Du klagst und zirpest immerzu,
Ist dir das Herz so schwer?"
8. Ter Bekehrte.
Der Knabe nahm die Jungen aus;
Jetzt ward ihm bang' und schwer,
Er rennet hurtig fort nach Haus
Und holt sie wieder her.
,,Mein Kind, o sieh' ins Nest hinein,
Dann weißt du meinen Gram.
Wie kann die Mutter fröhlich sein,
Der man die Kindlein nahm?"
„Dran Hab' ich wahrlich nicht gedacht;
Verzeih es mir, verzeih!
Es war nicht recht, was ich gemacht, —
Da hast du alle drei!"
(Hoffmann o. Fallersleben.)
9. Wie Gustav vom Baume fällt.
Hoch auf dem Wipfel eines Baumes, der nahe am Wasser stand, hatte
ein Vogel sein Nest gebaut. Aus dem Neste aber sahen sechs kleine Vöglein
heraus, riefen „piep, piep" und freuten sich, wenn die Alten ein Würmchen
brachten.
Da kam einst Gustav in den Wald und wollte sich ein Sträußchen Blumen
holen. Kaum hatte er das Nest erblickt, so sagte er für sich: „Die jungen
Vögelchen mußt du einmal besehen." Schnell kletterte er den Baum hinan,
stieg von Ast zu Ast und war nun schon dem Wipfel nahe.
Jetzt hat er ihn erreicht! Er sieht die kleinen Tierchen und nimmt eins in
die Hand. Krach! krach! da bricht der Ast-
Gustav fällt vom Baume herab und in den Fluß. Der Fluß war nicht
tief, doch war viel Schlamm darin. Da hätte ich den Gustav sehen mögen, als
er aus dem Schlamme kroch. (L. Thomas.)
10. Der Unbarmherzige.
Es war einmal ein böser Junge, der hieß Jakob.
Eines Tages ging Jakob in den Wald. In dem Walde fand er ein
Vogelnest. Es war zwischen. die Heideblümchen gebaut. In dem Neste lagen
drei junge Vögelchen. Sie hatten schon Federn. Nach einigen Tagen wären sie
jedenfalls ausgeflogen. Was aber tat der böse Jakob? Er breitete sein Taschen-
tuch auf die Erde. Hierauf nahm er die drei jungen Vögelchen aus dem Neste
heraus und setzte sie auf das Tuschentuch. Dann knüpfte er das Taschentuch zu-
— 205 —
sammen und ging fort. Die armen Tierchen piepten jämmerlich. Aber Jakob
hatte kein Erbarmen. Bald kamen auch die alten Vögel, denen die Jungen ge-
hörten, herbei geflogen. Sie erhoben ein ganz klägliches Geschrei. ^Sie schnen
und jammerten um ihre Kinder. Aber auch das rührte den bösen Jakob nicht.
Er nahni das Taschentuch mit den drei Jungen in die Hand und ging fort.
Kaum aber war er einige Schritte gegangen, packte ihn jemand hinten am Kragen
seiner Jacke. Zu gleicher Zeit rief auch eine Stimme ganz barsch: „Komm,
geh' mit mir!" Jaköb sah sich erschrocken um. Und wen erblickte er? — Hinter
ihm stand das graue Waldmännlein. „Ja, ja," sagte das Waldmännlein, „sieh
dich nur um, du grausamer Bube! Du gehst jetzt mit mir." „Aber wo soll
ich denn mit hingehen?" fragte Jakob ängstlich. „Du gehst jetzt mit in meine
Felsenhöhle, " sagte das Waldmännlein. „Und dort bleibst du so lange, wie
ich Lust habe. Aber unter zehn Wochen darfst du sicher nicht wieder nach Hause."
Da fing Jakob an zu weinen und sagte: „Ach, gutes Waldmännlein, laß. mich
doch los, daß ich wieder zu meinem Vater und zu meiner Mutter kann." Wald-
männlein aber sagte: „Nein, ich lasse dich nicht fort. Du gehst mit mir."
Da fiel Jakob nieder auf seine Knie und bat flehentlich: „Ach gutes, herzen>s-
gutes Waldmännlein! Laß mich nur dies eine Mal wieder los. Denke nur,
was mein Vater und meine Mutter für Angst ausstehen werden, wenn ich diese
Nacht nicht nach Hause komme. Und wenn ich nün gar zehn Wochen nicht nach
Hause käme, wie würden sie da um mich weinen und jammern! Sie haben mich
ja so lieb." Darauf sprach das Waldmännlein: „Sag mir doch einmal, was
du hier in deinem Taschentuche hast?" Jakob wurde rot im Gesichte und wollte
lange keine Antwort geben. Endlich aber sagte er: „Ich habe drei junge Vögel-
chen darin." „Und wo hast du diese Tierchen her?" fragte Waldmännlein
wieder. „Die habe ich dort aus dem Neste genommen, das zwischen die Heide-
blümchen gebaut ist," sagte Jakob. „Schrien denn die Tierchen nicht, als du sie
nahmst?" fMgte Waldmännlein. „O, ja," sagte Jakob, „sie schrien gar sehr."
„Und schrien und jammerten die Alten nicht auch?" fragte Waldmännlein. „Ach
ja, die Alten schrien ganz fürchterlich." „Und du hattest kein Erbarmen mit
ihnen?" fragte Waldmännlein. Bei dieser Frage schlug Jakob die Augen
nieder und gab keine Antwort. Er schämte sich. „Siehst du, du böser Bube,"
sagte das Männlein jetzt, „du selbst magst nicht von deinen Eltern fort. Du
weinst und gibst mit gute Worte, daß ich dich nur wieder zu deinen Eltern lassen
soll. Du aber chast diese drei Vögelchen ihren Eltern genommen. — Du sagtest
vorhin, daß deine Eltern weinen und jammern würden, wenn du nicht wieder
kämest. Dich aber Hat es nicht gerührt, als die alten Vögel um ihre Kinder
Nagten und schrien. Siehst du es nicht ein, daß du ein sehr böses Herz hast?
siehst du nicht ein, daß du eine Sünde getan hast?" „Ach ja." sagte Jakob
weinend, „jetzt sehe ich es ein. Und ich will auch gleich die drei Vögelchen wieder
in ihr Nest setzen." „Tue das," sagte hierauf das Waldmännlein, „und dann
will ich dich dieses Mal noch laufen ^lassen." Wie froh war Jakob, daß ihn
das Waldmännlein wieder los ließ. Sogleich eilte er zu dem Neste zurück und
setzte die drei jungen Vöglein wieder hinein. Darauf ging er nach Hause. Wie
froh aber war er jetzt, daß er wieder bei seinem Vater und bei seiner Mutter
sein konnte. (F. Wiedemann.)
Gesang:
1. Vöglein in der Wiege. Volksweise.
,v ~ •—d—-— ■-f- - f - f -
L. -J' & f ' -0-m " - T 1-1" "
1. In der Wie- gen seh' ich Ue-gen dort ein klei- nes Vö - ge-lein,
# p r r^= -Ji-WL TR- i "Tt —h—a-9- -1—-1 -i--
und es streckt sich, und es —^r: reckt sich • 9 L 1— in dem Nestchen u zarmund klein.
— 206
2. Leise gehet, leise wehet durch die Zweige hin der Wind; auf und
nieder, hin und wieder schaukelt er das Vogelkind.
3. Unter Zweigen, die sich neigen, schlummert still das Kindlein traut.
Durch die grünen Laubgardinen Sonne nach der Wiege schaut.
4. Und zur Seiten singt voll Freuden Mütterlein ein Wiegenlied; und
ihr Singen und ihr Klingen durch den stillen Abend zieht.
5. Vöglein reget und beweget las' im Schlaf die Flügelein, träumt vom
Fliegen in der Wiegen und von Duft und Sonnenschein!
(G. Chr. Dieffenback,.)
Munter.
Sehr leise.
2. Ter Vaumsteiger.
ßeife.
&
3=
£
I. Stangenberger,
35
53^
Steigt das Büb-lein aus den Baum, o so hoch, man sieht es kaum.
Etwas stärker Stark,
hüpft von Ast zu Aest - chen
hüpft zum Vo-gel > nest < chen
, (Stark.
—i—r i . —W.-•-m-1—
=i - J U—< —-J—-—
Leise.
plumps! da liegt es un - ton
Malendes Zeichnen.'
(Friedrich Güll.)
Zehntes Kapitel.
Der Himmel.
1. Der Himmel.
Was seht ihr hier in der Schulstube über euch? Decke. Was
seht ihr aber im Freien über euch? Himmel. Könnt ihr die Zim-
merdecke mit euren Händchen erreichen? — Warum nicht? — Kann
ich sie erreichen? — Warum nicht? — Was mutz ich herbeiholen,
wenn ich g. B. einen Nagel in die Decke schlagen will? Leiter.
Womit kann ich also die Decke erreichen? Leiter. Können wir auch
den Himmel mit unseren Händen berühren? — Warum nicht? —
Wenn ich aber auf eine Leiter steige? — Oder gar auf einen Turm?
Warum können wir den Himmel nicht berühren? Sprecht: Der
Himmel ist sehr, sehr hoch.
Der Himmel ist nicht flach, sondern gewölbt.
Das Himmelsgewölbe scheint auf der Erde zu stehen. (Man
vergl. Kap. XIII, Lekt. 2.)
Welche Farbe hat der Himmel an schönen Tagen? Sprecht:
An schönen Tagen hat der Himmel eme blaue Farbe. Wenn der
Himmel eine schöne blaue Farbe hat, dann sagen wir: Der Himmel
ist heiter. Wann ist der Himmel heiter? — Können wir den Himmel
heute auch heiter nennen? — Warum nicht? — Heute macht der
Himmel kein freundliches Gesicht, weil er mit Wolken bedeckt ist.
Womit ist der Himmel heute bedeckt? — Deshalb nennen wir ihn
trübe. Wie? <■— Was für eine Farbe hat er deshalb auch? —
Sprecht: An trüben Tagen hat der Himmel eine graue Farbe.
Zusammenfassung: An schönen Tagen hat der Himmel
eme blaue Farbe, an trüben Tagen hat er eine graue Farbe.
Was seht ihr außer den Wolken noch am Himmel? Sonne,
< ^ Sterne. Wann seht ihr die Sterne am Himmel? — Wann
den Mond? — Die Sterne? — ,
3usammenfassung: Wir sehen am Himmel die Sonne, den
Mond, die Sterne und die Wolken.
— 208 —
Zugaben:
Wie hoch mag wohl der Himmel sein?
„Wie hoch mag wohl der Himmel sein?"
Das will ich gleich dir sagen:-
Wenn du schnell wie ein Vögelein,
Die Flügel könntest schlagen
Und stiegest auf und immer aus
In jene blaue Ferne
Und kämest endlich gar hinauf
Zu einem schönen Sterne
Und fragtest dort ein Engelein:
„Wie hoch mag wohl der Himmel sein?"
Dann sei gewiß, das Englein spricht:
„Mein Kind, das weiß ich selber nicht;
Doch frag' einmal dort drüben an,
Ob jener Stern dir's sagen kann!
Du brauchst indes nicht sehr zu eilen,
Es sind nur hunderttausend Meilen."
Und flögst du nun zum Sternlein dort,
Man sagt dir doch dasselbe Wort,
Und flögst du^ weiter fort und fort,
Von Stern zu Stern, von Ort zu Ort, —
Es weis? doch niemand dir zu sagen,
Du wirst doch stets vergeblich fragen:
„Wie hoch mag wohl der Himmel sein?"
Denn, Kind, das weiß nur Gott allein!
(W Hey.)
2. Kinderreime.
Wie hoch ist der Himmel, wie glitzern die Stern'!
Wie hat doch der Vater sein Kindchen so gern!
3. Ännchens Himmelfahrt.
In Hut und Mantel, kleines Ännchen? „Ich nehme mir die große Leiter
Wohin soll denn die Reise gehn? Und steig zum Himmel fix hinauf.
Was schaust du immer nach dem Himmel? : Ich will den lieben Gott besuchen,
Man kann nicht in die Sonne sehn. Dann mach ich schnell die Sonne auf.
Dann guck ich in sein schönes Zimmer:
Gu'n Tag, du lieber Herrgott du!
Er schenkt mir was. Dann sag ich: danke!
Und mach' die Sonne wieder zu."
(Jakob Loewenberg.)
4. Wo wohnt der liebe Gott?
Wo wohnt der liebe Gott?
Sieh dort den blauen Himmel an,
Wie fest er steht so lange Zeit,
Sich wölbt so hoch, sich streckt so weit
Daß ihn kein Mensch erfassen kann;
Und sieh der Sterne goldnen Schein
Gleich als viel tausend Fensterlein:
Das ist des lieben Gottes Haus,
Da wohnt er drin und schaut heraus,
Und schaut mit Vateraugen nieder
Auf dich und alle deine Brüder.
(W Hey.)
Gesang:
Mätzig.
Gott Dater.
Volksweise von Stlcher.
1. Aus dem Him-mel fer - ne,
2. Hö - ret sei - ne Bit - te
3. Gi bt mit Va -- ter - hän - den
4. Sagt's den Kin - dern al - len,
wo die Eng - lein sind,
treu bei Tag und ^'acht,
ihm sein tag - lich Brot,
daß ein Va - ter. ist,
"»--.y-« 1
1. schaut doch Gott so ger - ne her auf >e - des Kind.
2. nimmt's bei je - dem Schrit - te vä - ter - lich in acht.
3. hilft an al - len En - den ihm aus Angst und Rot.
4. dem sie wohl - ge - fal - len, der sie nie ver / gißt!
— 209 —
2. Die Sonne.
I. Begriff. Welchen Körper sehen wir am Tage am Himmel?
Sonne. Welche Körper zuweilen des Nachts? Mond, Sterne. Wie
nennen wir die Körper, die wir am Himmel sehen? Himmelskörper.
Was ist also die Sonne? Sprecht: Die Sonne ist ein Himmels-
körper. Was ist auch der Mond? — Was kannst du auch von
den Sternen sagen? — Was haben wir von der Sonne, dem Mond
und den Sternen gesagt? Sprecht es alle!
II. Gestalt. Welche Gestalt hat die Sonne? Rund. Nennt
Dinge, welche dieselbe Gestalt haben! Teller, Schüssel, Scheibe. Die
Sonne sieht aus, als wenn sie rund wie eine Scheibe wäre. Die ge-
lehrten Leute wissen aber, daß die Sonne nicht rund wie eine
Scheibe, sondern rund wie eine Kugel (wie ein Ball) ist. Wie groß
mag wohl die Sonne sein? Höret, wie groß einmal zwei Männer,
die nicht viel von den Himmelskörpern verstanden, sich die Sonne ge-
dacht haben.
Hinz: W^as meinst du, Kunz, wie groß die Sonne sei?
Kunz: Wie groß, Hinz? — als ein Straußenei.
H.: Du weißt es schön, bei meiner Treu',
Die Sonne, — als ein Straußenei!
K.: Was weißt du denn, wie groß sie sei?
H.: So groß, hör', als ein Fuder Heu.
K.: Man dächt' kaum, daß es möglich sei!
Potztausend, als ein Fuder Heu! (Claudius.)
Wie groß dachte sich Kunz die Sonne? — Wie groß Hinz? —
Was meinst du? — Ja, die Sonne ist viel, viel tausendmal größer
als ein Fuder Heu. Ja, sie ist viel, viel tausendmal größer als
unsere ganze Erde mit ihren Bergen, Städten und Feldern. Wie
kommt es aber, daß sie so klein aussieht? Habt ihr schon gesehen,
wenn ein Dachdecker oben an der Turmspitze arbeitet? Wie groß
sieht er da oben aus? Wie groß ist er aber, wenn er dicht t)o:
uns steht? — Habt ihr schon einen Luftballon gesehen? — Wo?
Wie groß ist ein Luftballon? Zeige es! Wer hat schon gesehen,
wenn der Luftballon in die Höhe steigt? Wie groß sieht er aus,
wenn er recht hoch gestiegen ist? — Er steigt immer höher, Zuletzt
können wir ihn gar nicht mehr sehen. Warum nicht? Zu klein.
Wann wird der Luftballon also immer kleiner? Je höher der Luft-
ballon steigt, je kleiner sieht er aus. Ebenso verhält es sich mit
einem Drachen, den man steigen läßt. Wann sieht ein Drachen auch
klein aus? — Sprecht deshalb: Je weiter ein Gegenstand entfernt
ist, desto kleiner sieht er aus.
Die Sonne ist nun sehr weit von uns entfernt, und wir sehen sie
doch noch so groß. Wie mag sie also in Wirklichkeit sein? Sprecht:
Die Sonne ist eine ungeheuer grohe Kugel. (Die Sonne ist größer
als alle Häuser, Kirchen, Türme, Berge, ja, als die ganze Erde.)
III. Farbe. Welche Farbe hat die Sonne? Gelbe Farbe.
Warum können wir die Sonne nicht lange betrachten? Glänzt zu
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 14
— 210 —
i
sehr. Sprecht: Die Sonne hat eine gelbe, glänzende Farbe. Was
empfindet man in den Augen, wenn man zu lange in die Sonne sieht?
Schmerz. Wir können sogar blind davon werden, — die Sonne
blendet. Wann können wir die Sonne dreist betrachten? Des Mor-
gens und des Abends. Welche Farbe hat sie dann? Sprecht: Des
Morgens und Abends hat die Sonne eine rötliche Farbe. Zusammen-
fassung!
IV. Zweck. Heute sehen wir die Sonne auch in unserer Schul-
stube. Sie ist aber nicht selbst gekommen, sie hat uns nur «ihre
Strahlen geschickt. Was hat uns die Sonne geschickt? — Wie nennen
wir die Strahlen, welche von der Sonne kommen? Sonnenstrahlen.
Wenn in unserer Stube alle Fenster zugemauert würden, was könnte
dann nicht gu uns hereinkommen? Sonnenstrahlen. Wie wäre es
dann aber auch in unserer Stube? Dunkel. Wie machen es aber
die Sonnenstrahlen in unserer Stube? Hell, — sie erhellen, erleuchten
die Stube. Wo macht es die Sonne auch hell? Sprecht: Die
Sonne erleuchtet die Erde. Ohne die Sonne wäre es jetzt dunkel um
uns her. Wir könnten zwar Licht anzünden, damit wir beim Lesen,
Schreiben usw., kurz: bei Manchen Arbeiten sehen könnten, wie weit
angeneh'mer ist aber das Tageslicht? Und wie viele Lichter würden
wir anzünden müssen, um allenthalten, in und außer dem Hause,
sehen zu können! Dennoch würden wir es bei weitem so hell nicht
machen können, wie die Sonne es jetzt macht. Ja, manche Geschäfte
könnten wir nicht einmal besorgen. Der Landmann könnte beim
Laternenschein den Acker nicht bestellen, Heu und Korn nicht ernten
usw. Wie gut -also, daß der liebe Gott die Sonne an den Himmel
gestellt hat, daß sie es überall hell mache.
Da, wo die Sonnenstrahlen nicht hingelangen können, ist es
nicht so hell, -da ist Schatten. Wo ist manchmal Schatten? Unter
den Bäumen, hinter der Mauer, an den Häusern ist Schatten. Hast
du deinen Schatten schon gesehen? — Wie sieht er aus? — Manch-
mal sagt deine Mutter: Gehe nur im Schatten, nicht in der Sonne!
Wann sagt sie das? — Wie ist es in der Sonne, d. h. da, wohin
die Sonne scheint, im Sonnenschein? — Wie ist es aber im Schatten?
Sprecht: Im Sonnenschein ist es warm, im Schatten ist es kühl.
Wenn es im Sonnenschein warm ist, wie muß es da die Sonne
machen? — Am Tage ist es wärmer als des Nachts. Wie geht das
zu? — Die Sonne macht es warm auf der Erde, sie erwärmt die
Erde. Sprecht: Die Sonne erwärmt die Erde. Wenn es die Sonne
sehr warm macht, dann sagt ihr manchmal: die Sonne brennt. Was
brennt auch? — Wann macht es die Sonne aber nur sehr warm?
Im Sommer. Zusammenfassung: Die Sonne erleuchtet und
erwärmt die Erde.
Die Sonnenwärme bringt unendlich viel Segen. Sie macht, daß
die Bäume blühen und Früchte tragen, daß das Getreide des Feldes
wächst und die Körner reifen. Ohne Sonnenwärme kann nichts ge-
deihen. 'Im warmen Sonnenscheine ist auch alles fröhlich. Die Vögel
— 211 —
singen. Viele Tiere kommen aus ihren Verstecken hervor. Beispiele!
Die Menschen verlassen ihre Wohnungen, arbeiten draußen oder gehen
spazieren. Die Binder spielen im Sonnenscheine usw. (Siehe Zu-
gaben: Ein Lied von der Sonne von Staub.)
V. Auf- und Untergang. Wann sehen wir die Sonne nicht?
Nachts. Warum nicht? — Wann kommt sie erst wieder zu^uns?
Des Morgens. Wenn die Sonne kommt, dann sagt man: Die Sonne
geht auf. Wann tut sie das? Sprecht: Die Sonne geht des Mor-
gens auf. Wer hat das schon gesehen? (Was geht auch auf? —)
Wie sieht der Himmel aus, wenn die Sonne aufgeht? Rot — Mor-
genrot. Wer das Morgenrot sehen will, muß früh aufstehen. Wer
sieht es nicht? Langschläfer. Wie lange bleibt die Sonne bei
uns? — Des Abends geht die Sonne wieder fort. Wie sagt man
von der Sonne, wenn sie fortgeht? Geht unter. W^ann? Sprecht:
Die Sonne geht des Abiends unter. Wer hat das schon gesehen!?
(Was geht auch unter? —) Auch iwenn die Sonne untergeht, wird
der Himmel rot, -— Abendrot. Zusammenfassung! — (Vergl.
%p. XIII, Lekt. 3.)
VI. Fragen zum Nachdenken: Wie nennt man die Sonne,
wenn sie des Morgens — Mittags — Abends scheint? — Wie heißt
die Uhr, auf der die Sonne die Zeit angibt? — Wie wird der Regen
genannt, der beim Sonnenschein Zur Erde fällt? — Was für ein
Schirm schützt vor der Sonne? — Wie heißt die Blume, welche sich
immer nach der Sonne neigt? — Welcher Tag hat von der Sonne
seinen Namen erhalten? ■■—
Zugaben:
1. Mach's ebenso.
Die Sonne blickt mit hellem Schein
So freundlich in die Welt hinein.
Mach's ebenso!
Sei heiter und froh!
2. Liebe Sonne.
Liebe, liebe Sonne,
Butter in die Tonne,
Mehl in den Sack.
Schließ ^die Tür des Himmels auf,
Liebe Sonne, komm' herauf! (Simrock.)
3. Sonne.
Liebe Sonne, scheine wieder,
Schein' die düstern Wolken nieder!
Komm' mit deinem goldnen Strahl
Wieder über Berg und Tal.
Trockne ab auf allen Wegen
Überall den alten Regen!
Liebe Sonne, Iah dich sehn,
Daß wir können spielen gehn.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
14*
212
4. Sonnenschein.
Sonnenschein,
Klar und rein,
Leuchtest in die Welt hinein,
Machst so hell, so warm und schön
In den Tälern auf den Höh'n,
Die du alle überstrahlst
Und so hold und lieblich malst.
Sonnenschein,
Klar und rein,
Kehre auch ins Herz mir ein!
Wenn ich habe heitern Sinn,
Wenn ich gut und freundlich bin:
Dann ist's in dem Herzen mein
Wunderbarer Sonnenschein.
(Enslin.)
5. Ein Lied von der Sonne.
Die Blumen alle, groß und klein,
Sie nähren sich vom Sonnenschein.
Die lieben Vöglein allzumal,
Sie freuen sich am Sonnenstrahl.
Die Mücklein halten ihren Tanz,
So froh, so fein im Sonnenglanz.
Und dankend hebt sein Angesicht
Der Mensch hinauf zum Sonnenlicht.
iStaub.)
6. Sonne.
,,Sonne, gehst du schon wieder fort?
Was tust du hinter den Bergen dort?
Bleib doch ein Weilchen noch bei mir!
Es ist so schön im Gärtchen hier.
Ich bin so wach und munter doch,
Ich möchte spielen und springen noch.
Wenn gehst, so kann ich nichts mehr sehn,
Muß gleich ins dunkle Bettchen gehn."
Die Sonne sprach: „Mein liebes Kind,
Dort hinter den Bergen auch Kinder sind.
Die lagen im Bettchen die ganze Nacht,
Sind nun schon lange aufgewacht
Und warten auf den Sonnenschein,
Möchten auch in den Garten hinein
Und spielen und laufen und springen wie du.
Ade, mein Kind! Nun geh' zu Ruh!"
Das Kind sprach: „Sonne, geh' nur schnell
Und mach das Gärtlein drüben hell!
Ich will nun gleich ins Bettchen gehn."
Die Sonne rief: „Auf Wiedersehn!"
(W. Eigenbrodt.)
7. Die fleißige Sonne.
Sonne hat gar viel zu tun, darf den ganzen Tag nicht ruhn, muß in aller
Früh' aufstehen und nach vielen Dingen sehen. Kaum entflieht die dunkle
Nacht, ist die Sonne schon erwacht, muß die faulen Buben wecken, die noch in
den Federn stecken. Dann muß sie mit Hellem Schein grüßen alle Blümelein
und die Vöglein auf den Zweigen, die nicht länger wollen schweigen.
„Trockne mir die Wäsche gut," spricht die Magd, derweil sie ruht; und
der Bleicher winkt mit Schweigen, daß sie soll das Tuch ihm bleichen. Unge-
duldig wartet schon dort der Mäher. Ohne Lohn muß das Gras im Wiesental
trocknen sie mit heißem Strahl. Kommt der Abend dann herbei, lädt der
Bauer auf sein Heu, fährt's nach Haus und denkt nicht dran, was die Sonne
ihm getan. Nach den Früchten muß sie sehn, die im Felde reifend stehn; —
und so hat sie nichts als Plage, und so geht es alle Tage! Kommt der Abend
still herzu, legt sie endlich sich zur Ruh, doch es weckt der frühe Morgen sie
gar bald zu neuen Sorgen. (Dieffenbach.)
— 213 —
8. Die Sonnenstrahlen.
Die Sonne war aufgegangen und stand mit ihrer schönen, glänzenden
Scheibe am Himmel; da schickte sie ihre Strahlen aus, um die Schläfer in
dem ganzen Lande zu wecken. Da kam ein Strahl zu der Lerche. Die schlüpfte
aus ihrem Neste, flog in die Luft hinauf und sang: „Lirilirili, schön ist's in
der >Früh'!"
Der zweite Strahl kam zu dem Häschen und weckte es auf. Das neb
sich die Augen nicht lange, sondern sprang aus dem Walde in die Wiese und
suchte sich zartes Gras und saftige Kräuter zu seinem Frühstücke.
Und ein dritter Strahl kam an das Hühnerhaus. Da rief der Hahn:
„Kikeriki", und die Hühner flogen von ihrer Stange herab und gackerten in dem
Hofe, suchten sich Futter und legten Eier in das Nest.
Und ein vierter Strahl kam an den Taubenschlag zu den Täubchen. Die
riefen: „Ruckediku, die Tür ist noch zu!" Und als die Tür aufgemacht war,
da flogen sie alle ins Feld und liefen über den Erbsenacker und lasen sich die
runden Körner auf.
Und ein fünfter Strahl kam zu dem Bienchen. Das kroch aus seinem
Bienenkorbe hervor, wischte sich die Flügel ab und summte dann über die Blumen
und den blühenden Baum hin und trug den Honig nach Hause.
Da kam der letzte Strahl an das Bett des Faulenzers und wollte ihn
wecken. Allein der stand nicht auf, sondern legte sich auf die andere Seite und
schnarchte, während die anderen arbeiteten. (Curtmam)
Gesang:
Goldene Abendsonne.
Nicht zu langsam. H. G. Nagelt.
5 -tr—f- i— »4
1. Gold - n ne A - —1--L- bend - sott - ne, wie bist du so U 'chön!
—ß-p-. l
tp-r p —V- *5r ~G>---
nie kann oh - ne Won - ne bei - nen Glanz ich seh'n.
2. Willst nun, Sonne, fliehen mit dem schönen Strahl, nach dem Meere
ziehen über Berg und Tal?
3. Abendglocken singen von der Türme Dach mit aewalt'gen Schwingen
dir den Abschied nach.
4. Und die Hände heben zum Gebet sich all', die Gebete schweben auf
beim Elockenschall.
5. Noch erhellt dein Blitzen auf dem Turm den Kranz, und der Berge
Spitzen glühn mit Purpurglanz.
_ 6. Seht, sie ist geschieden, läßt uns in der Nacht; doch wir sind in
frieden: Gott im Himmel wacht.
7. Wolltest doch uns senden, Herr, dein ewig Licht, dak zu dir wir
wenden unser Angesicht. (Barth.)
3. Der Mond und die Sterne.
I. Der Mond. 1, Begriff. Wir wollen heute vom Monde
sprechen. Wo erblicken wir den.Mond? Am Himmel. Was für
etn Körper ist er deshalb? Sprecht: Der Mond ist ein Himmels-
körper. Nennt noch andere Himmelskörper! —
— 214 —
2. Farbe. Wann sehen wir die Sonne am Himmel? — Wann
den Mond? Abends, nachts. Manchmal sehen wir den Mond auch
arn Tage am Himmel. Wer hat den Mond schon am Tage gesehen?
Wie sah er aus? Weiß, blaß. Sprecht: Ain Tage sieht der
Mond weih und bläh aus. Womit kann man ihn leicht ver-
wechseln? Mit einem Wölkchen. Am Tage sehen wir den Mond
jedoch nur selten. Wann sehen wir ihn öfter? — Wie sieht er des
Nachts aus? Sprecht: Des Nachts hat der M0nd eine gelbe Farbe.
Zusammenfassung! —
3. Auf- und Untergang. Im Liede heißt es: „Es kommt am
späten Abend, wenn alles schlafen will." Wann kommt der Mond?
— Zuweilen kommt der Mond auch schon früher, wenn die So.nne
eben untergegangen ist. Wie sagen wir auch vom Monde, wenn er
kommt? Er geht auf. Wo geht er auf? Osten. Zeigt diese Him-
melsgegend!— Wie sagen wir vom Monde, wenn er u>ns verläßt?
Geht unter. Wo geht er unter? Westen. Zeigt diese Himmels-
gegend! — Wo geht der Mond auf und wo unter? — Sprecht:
Der Mond geht im Osten auf und im Westen unter. Welcher
Himmelskörper tut das auch? Sonne.
4. Zweck. Wie wird es auf der Erde, wenn die Sonne unter-
gegangen ist? Dunkel. Wie sind aber nicht alle Nächte? — Wie
geht das zu? Mond ist am Himmel. Was tut der Mond? Sprecht:
Der Mond erleuchtet die Nacht. Manchmal spielt der Mond aber
Verstecken; dann läßt er sich tage- und nächtelang gar nicht sehen.
Wie sind dann die Nächte? — Die Sonne leuchtet aber nicht bloß,
was tut sie noch? Wärmt. Wärmt der Mond auch? Sprecht:
Der Mond erleuchtet des Nachts die Erde, aber er erwärmt sie nicht.
Ist es aber in der Nacht, wenn der Mond leuchtet, auch so hell
wie am Tage? ;■— Wer macht es also auf der Erde am hellsten?
Sonne. Woran kann man das sehen? Beim Mondenschein kann
man nicht lesen, auch nicht in die Ferne sehen usw.
5. Veränderungen. Welche Gestalt hat der Mond? — Der
Mond hat aber nicht immer dieselbe Gestalt, er liebt die Ver-
änderung. Wer von euch hat den Mond schon in dieser Gestalt
(auf eine entsprechende Zeichnung an der Tafel zeigend) gesehen?
Wenn der Mond als eine volle, runde Scheibe zu sehen ist, dann
sagen die Leute: Wir haben Vollmond. Wann haben wir Voll-
Mond? —
Wenn wir den Mond voll gesehen haben, so wird er jeden
Tag etwas kleiner (anzeichnen). Ungefähr nach einer Woche sieht
er so (anzeichnen) aus. Dann sagt man: Wir haben letztes Viertel.
Wie sagt inan? — Wann haben wir letztes Viertel?
In den folgenden Tagen wird der Mond noch kleiner, und eine
Woche nach dem letzten Viertel sieht man ihn gar nicht mehr, (weil
er mit der Sonne auf- und untergeht). Dann haben wir Neumond.
Wann haben wir Neumond? — i
— 215 —
Jetzt haben wir lauter dunkle Nächte. Man könnte fast glauben,
der Mond sei gar nicht mehr vorhanden. Daß er aber noch da ist,
zeigt sich bald; denn nach einigen Tagen erscheint er als schmale
Sichel am Himmel, die aber jeden Tag größer wird. Nach einigen
Tagen hat das Mondlicht so zugenommen, daß uns der Mond als
halbe Scheibe erscheint. Man sagt dann: Es ist erstes Viertel. Das
Mondlicht nimmt immer mehr zu. Nach sieben Tagen sehen wir
den Mond wieder als helle, runde Scheibe. Was haben wir dann?
Vollmond. Wiederholung!
Wenn wir Vollmond gehabt haben, dann wird der Mond
kleiner, er nimmt ab, — abnehmender Mond; nachdem wir Neu-
mond gehabt haben, wird er größer, er nimmt zu, — zunehmender
Mond. Ob wir zunehmenden oder abnehmenden Mond haben, kann
man leicht finden. Wenn ihr aus der Mondsichel ein großes A
machen könnt, dann ist eÄ abnehmender Mond. Könnt ihr aus der
Mondsichel aber ein Z machen, dann ist der Mond zunehmend.
II. Die Sterne. Welches große Licht sehen wir des Nachts am
Himmel? Mond. Außer diesem großen Lichte sehend wir des Nachts
noch viele kleine Lichter am Himmel. Welche meine ich? Sterne.
Wieviel Sterne stehen am Himmel? Das weiß kein Mensch, niemand
kann sie zählen. Man sagt daher: Die Sterne sind unzählbar.
Sprecht das zusammen! Welche Dinge sind auch unzählbar? Haare
aus dem 'Kopfe, Vögel, Tische, Sandkörner usw.
Wann sehen wir die Sterne? — Wann nicht? Am Tage. Am
Tage stehen die Sterne auch am Himmel. Weshalb können wir sie
aber nicht sehen? —
Womit können wir die Sterne wohl vergleichen? Mit großen
Funken. Einige sind so groß wie eine Taschenuhr, andere sind kleiner,
manche sind sogar so klein, daß man sie mit bloßen Augen kaum
sehen kann. Ob sie wirklich so klein sind? Nein. Manche sind
ebenso groß, manche noch größer als unsere Erde. Wie kommt es
aber, daß sie so klein aussehen? —
Die Sonne leuchtet und wärmt, der Mond leuchtet. Was tun
denn die Sterne? Leuchten, funkeln, glänzen, flimmern, schimmern.
Manche Sterne stehen einzeln, andere stehen nahe beisammen.
Ein einzeln stehender, großer, schöner Stern ist der Abendstern. Man
sieht ihn öfters bald nach Sonnenuntergang am westlichen Himmel
glänzen. Zuweilen sieht man ihn auch morgens gleich nach Sonnen--
aufgang. Dann nennt man ihn Morgenstern.
Den langen, hellen Streifen habt ihr gewiß, auch schon gesehen,
der sich mitten über den Himmel hinzieht. Das ist die Milchstraße.
Wenn man mit einem großen Fernrohre zusieht, so erkennt man, daß
die ganze Milchstraße aus unzähligen Sternen besteht. Und alle diese
Sterne sind von Gott geschaffen und werden durch seine alkmächtige
Hand in ihren Bahnen gehalten. Wenn wir den Sternenhimmel be-
— 216 —
trachten, dann müssen wir ausrufen: „Herr, wie sind deine Werke
so gros; und viel! Du hast sie alle Weislich geordnet!"
Zugaben:
1. Rätsel.
a) Am Himmel steht's im hellen Glanz,
Ist Sichel bald, bald halb, bald ganz.
b) Schlafen die Kinder, bin ich munter,
Geh' dann am Himmel auf und unter.
2. Kinderreim.
Sieh, mein Kind, in stiller Nacht zeiget sich der Sterne Pracht,
Zeiget sich der liebe Mond, der am dunklen Himmel wohnt.
3. Sonne, Mond und Sterne.
Sonne, Mond und Sterne
Seh'n die Kinder gerne,
Sonne scheint von früh bis spät,
Bis das Kindlein schlafen geht.
Mond und Sterne halten Wacht,
Wenn das Kindlein schläft bei Nacht.
4. Tie
Siehst du? ■— schon steckt dort oben
Gott seine Lichter an,
Damit das Kind auch abends
Den Himmel sehen kann.
Und wie die hellen Sterne,
So freundlich und so licht,
So schaut er selbst hernieder
Mit mildem Angesicht.
Sterne.
Den schönen blauen Himmel
Mit seinem gold'nen Mond,
Wo mit den lieben Engeln
Der ew'ge Vater wohnt.
Die Himmelslichter glänzen
Hindurch die ganze Nacht, —
Leg' dich nur still zu Bette;
Der Vater droben wacht.
(Eckelmann.)
5. Von den Sternen.
Vater, sag' mir doch geschwind,
Was die schönen Sterne sind!
Sind die Sterne lauter Gold,
Weil sie glänzen lieb und hold?
Sind es Himmelsfenster gar,
Die da glitzern wunderbar?
Ist's ein Licht, das niemand kennt?
Ist's ein Feuer, das da brennt?
Hör' und merke! liebes Kind,
Daß es Gottes Augen sind.
Sorglich schauen sie herein
In ein jedes Kämmerlein.
Gottes Augen seh'n bei Nacht
Alles, was da schläft und wacht. (Staub.)
6. Tie Kinder und der Mond.
Die Sonne war untergegangen, und es wollte schon dunkel werden; aber
die Kinder waren noch nicht alle zu Hause bei ihrer Mutter. Zwei Kinder
waren noch auf dem Felde und hatten über dem Spiele vergessen, dasz man des
Abends, eh es dunkel wird, nach Hause kommen muh. Als es nun aber immer
mehr Nacht wurde, da ward es ihnen bange, und sie weinten; denn sie wußten
den Weg nicht recht zu finden, und er war doch sehr weit.
Auf einmal wurde es hell hinter den Bäumen, und sie sahen ein rundes
Licht heraufsteigen, das war der Mond. Als der die Kinder bemerkte, rief er:
Guten Abend, Kinderchen, was macht ihr so spät auf dem Felde?" Die Kinder
waren anfangs erschrocken; als sie aber sahen, daß der Mond freundlich lächelte,
faßten sie ein Herz und sprachen: „Ach, wir haben uns verspätet und nun finden
wir den Weg' nicht mehr gu unserer Mutter, weil es Nacht ist." Und sie
weinten so laut, daß es den guten Mond rührte. Da sprach er zu ihnen: „Wenn
ihr das Haus wohl kennt, wo eure Mutter wohnt, so will ich euch ein wenig
leuchten, daß ihr den Weg findet." Und der Mond leuchtete ihnen so hell, als
wenn es wieder Tag geworden wäre.
Die Kinder faßten Mut, eilten, so schnell sie konnten, und fanden glucklich
den Weg. Als sie vor der Haustür standen, sagten sie: „Schönen Dank,
lieber Mond, daß du uns geleuchtet hast!" Er antwortete: „Es ist gern
geschehen. Aber eilt nun, daß ihr zu eurer Mutter kommt, denn sie hat sich
schon sehr um euch geängstigt.
(Curtman.)
Gesang:
Mägig tangfam
7. Wie man den Mond zeichnet.
Punkt, Punkt, Komma, Strich,
Fertig ist das Mondgesicht.
1. Gott weih alles!
Volksivciiz,
cfffi—* :—•
---K-
m
V-
f Weißt du. wie viel Ster- ne fte - den an dem blau-en Himmels-
\ Weißt du, wie viel Wol- ken ge - hen weit-hin ü - der al - le
-r
- -- - - -
MM
/ Zelt?!
( SiSeli V/ ®ott- öer Herr, hat sie ge - zäh - [et, daß ihm
auch Nicht ei - nes seh - let an
der gern - zen gro - ßen
=t
Zahl, an der gan- zen gro - ßen Zahl.
2. Weißt du, wieviel Mücklein spielen in der hellen Sonnenglut, wieviel
Fischlein auch sich kühlen in der klaren Wasserflut? Gott, der Herr, rief sie
mit Namen, daß sie all' ins Leben kamen, :,: daß sie nun so fröhlich sind. :,:
3. Weißt du, wieviel Kinder frühe stehn aus ihren Bettlein auf, daß sie
ohne Sorg' und Mühe fröhlich sind im Tageslauf? Gott im Himmel hat an
allen seine Lust, sein Wohlgefallen, :,: kennt auch dich und hat dich lieb. :,:
(SB- Hey.)
— 218 —
Gemäßigt.
2. Die schönsten Schäfchen.
Volksweise
1. Wer hat die schönsten Schäs-chen? Die hat der Ii? - be
Mond, der hin - ter un-sern Bäu-men. Bau
men am
~h---
* s-
—V-
Him-mel drü - ben wohnt, am Him-mel drü-ben wohnt.
2. Er kommt am späten Abend, wenn alles schlafen will, hervor aus
seinem Hause zum Himmel leis' und still.
3. Dann weidet er die Schäfchen aus seiner bunten Flur, denn all die
weißen Sterne sind seine Schäfchen nur.
4. Sie tun ihm nichts zu leide, hat eins das andre gern, und Schwestern
sind und Brüder da droben Stern an Stern.
5. Und soll ich dir eins bringen, so darfst du niemals schrein, mußt freund-
lich wie die Schäfchen, und wie der Schäfer sein.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
Elftes Kapitel.
Die Jahreszeiten.
1. Der Frühling.
I. Die vier Jahreszeiten. .Ihr wißt schon, daß es nicht das
ganze Jahr so warm ist wie jetzt. Es gibt eine Zeit, in der es sehr,
sehr kalt ist. Wie nennen,wir diese Zeit? Winter. Wir haben im
Jahre aber auch eine Zeit, in der es sehr roarm (heiß) ist. Wie heißt
diese Zeit? Sommer. Nach dem Winter wird es nicht mit einem
Male heiß, es kommt nicht gleich der Sommer, sondern es kommt
erst eine Zeit, in der es ganz allmählich warm wird. Wie heißt diese
Zeit? Frühling. Ebenso wird es nach dem Sommer nicht ganz
plötzlich kalt. Was für eine Zeit haben wir auch vor dem Winter?
— Wie nennen wir die Zeit, in der es allmählich kalt wird? Herbst.
Auf den Herbst folgt der Winter, auf den Winter wieder ein Früh-
ling, dann ein Sommer und so fort. Frühling, Sommer, Herbst
und Winter wechseln regelmäßig ab. Diese vier Zeiten (Frühling,
Sommer, Herbst und Winter) machen zusammen ein Jahr aus und
heißen deshalb Jahreszeiten. Der Frühling ist eine Jahreszeit. Der
Sommer ist eine Jahreszeit. Der Herbst >■—. Der Winter —. Der
Frühling, der Sommer, der Herbst und der Winter sind Jahreszeiten.
Wieviel Jahreszeiten haben wir also?'— Wie heißen sie? — Sprecht
das zusammen! — Nenne die zweite Jahreszeit! — Die erste! —
Die vierte! — Die dritte! —-
II. Erscheinungen im Früh ling e. , 1. Temperatur. Vor gar
nicht langer Zeit war es ganz weiß auf der Erde. Was lag auf
den Straßen? Schnee.. Wo lag auch Schnee? Auf den Dächern,
Bäumen, Feldern usw. Welche Jahreszeit hatten wir da? Winter.
Welche Kleider zog dir deine Mutter an, wenn du auf die Straße
gehen wolltest? Mantel, Handschuhe usw. Warum? Weil es kalt
war. Welche Kleider ziehst du jetzt nicht mehr an? — Warum nicht?
— Wie geht das zu, daß es jetzt so warm ist? — Welche Jahreszeit
haben wir jetzt? — Sprecht: Im Frühlinge scheint die Sonwe
Wärmer als im Winter. Schnee und Eis sehen wir jetzt nirgends
— 220 —
mehr. Was ist aus dem Schnee und dem Eise geworden? Wasser.
Wir sagen: Schnee und Eis sind geschmolzen. Was sagen wir? —
Wann geschieht das? Sprecht: Im Frühlinge schmelzen Schnee
und Eis. Warum nicht im Winter?
2. Tie Tage werden länger. Wann geht die Sonne im Winter
auf? — Unter? — Wie sind ideshalb die Tage nur? — Wann geht
jetzt die Sonne auf? — Anter? — Wie werden die Tage jetzt immer
mehr und mehr? — Aber die Nächte? — Sprecht: Im Winter sind
die Tage kurz, im Frühlinge werden sie allmählich länger.
3. Die Pflanzen im Frühlinge. Ihr pflückt euch gern einen
Blumenstrauß. In welcher -Jahreszeit könnt ihr das nicht? Winter.
Warum nicht? •— Dann schlafen die Blumen in der Erde. Wie
lange? — Die Frühlingssonne weckt die Blumen aus. Sie recken
und strecken sich und kommen aus der Erde hervor. Welches Blümchen
kommt zuerst (es kommt schon, wenn auf der Erde noch Schnee
liegt)? Schneeglöckchen. Wer hat dieses Glöckchen schon gesehen?
Hier zeige ich es euch. Das Schneeglöckchen läutet den Frühling
ein. Was habe ich vom Schneeglöckchen gesagt? — Wenn das die
übrigen Blumen hören, dann sagen sie: „Nun müssen wir auch auf-
stehen". Nach dem Schneeglöckchen kommt zuerst ein kleines blaues
Blümchen. Wie heißt das blaue Blümchen? Veilchen. Die Kinder
pflücken sich gern Veilchen. Warum denn? Sie duften schön. Gestern
habe ich noch leinige andere Blumen 'gepflückt. Hier seht ihr sie. Wie
heißt diese Blume? Gänseblümchen. Welchen Namen hat aber
diese Blume? Schlüsselblume. Wo kannst du jetzt recht viele Gänse-
blümchen pflücken? •— >Wo sucht ihr nach Schlüsselblumen? — Nenne
mir noch einmal alle Blumen, die ich mitgebracht habe! Welche
Blumen blühen im Frühlinge? — Sprecht das zusammen! Im
Frühlinge blühen die Schneeglöckchen, die Veilchen, die Gänseblum-
chen und die Schlüsselblumen. Wo habe ich dies Veilchen gepflückt?
— Wie sehen die Wiesen jetzt aus? Grün. Woher kommt das?
Wann sind sie nicht schön grün? Winter. Wann werden sie erst
grün? — Aber ;nicht bloß die Wiese wird grün: was auch? Feld.
Sprecht: Im Frühlmge werden die Wiesen und Felder wieder grün.
Hier habe ich euch noch etwas mitgebracht. Was ist das? Zweige.
Wo habe ich diese Zweige her? BaUm, Strauch. Wie sieht dieser
Zweig aus? Grün. Was ist denn grün an diesem Zweige? Blätter.
Was haben also die grünen Zweige iBäume)? — Was fehlt diesem
Zweige? Blätter. Wie ist er deshalb? Kahl. Was haben also die
kahlen Bäume noch nicht? Was werden sie aber bald bekommen?
— Wie sehen sie dann auch aus? — Die Kirschbäume sehen jetzt
aber noch anders aus. Wie denn? — Woher kommt das? Blüten.
Wann sehen wir keine Blätter und Blüten an den Bäumen? —
Wann bekommen sie diese erst? Sprecht: Im Frühlinge schlagen
die Bäume und Sträucher aus und bekommen Blätter und Blüten.
4. Die Tiere im Frühling. Während des Winters sehen wir
nur wenige Vögel. Welche? — Viele andere sind im Herbste fort-
— 221 —
gezogen? Welche? — Weshalb sind diese Vögel fortgezogen? —
Wann kommen sie wieder zu uns? — Wie nennen wir die Vögel,
die im Herbste fortziehen und im 'Frühlinge wieder gu uns kommen?
Zugvögel. Welche Zugvögel sind schon zurückgekehrt? — Wer hat
den Storch schon gesehen? — Wo? — Eine Schwalbe? — Wo?
— Eine Nachtigall? — Wo? — Welche Vögel kommen im Früh-
linge wieder? Sprecht: Im Frühlinge kommen die Störche, die
Schwalben, die Nachtigallen und andere Zugvögel wieder. Dann
singen die Binder: Alle Vögel sind schon da usw. Manchmal fliegen
die Vögel jetzt mit einem Strohhalm in die Höhe. Wer hat das
schon gesehen? — Weshalb tun sie das? Bauen Nester.. Wenn
die Vögel ihre Nester bauen, dann haben sie viel zu tun und müssen
deshalb recht fleißig sein. Aber sie sind ganz vergnügt dabei. Woran
kann man das merken? Sie singen fröhliche Lieder. Wann bauen
die Vögel ihre Nester? Sprecht: Im Frühlinge singen die Vögel
fröhliche Lieder und bauen sich Nester. Aber nicht bloß die Vögel
freuen sich auf den Frühling, auch die anderen Tiere, besonders die
Schafe, Kühe usw. Sie brauchen nicht den ganzen Tag über im
Stalle zu bleiben. Was tut der Hirt im Frühlinge? Sprecht: Im
Frühlings treibt der Hirt die Herde auf die Weide. Auf der Weide
gefällt es ihnen doch besser als in ihrem engen Stalle. Sie hüpfen
und springen und lassen sich das frische, grüne Gras gar prächtig
schmecken. Viele andere Tiere, die sich den ganzen Winter über ver-
borgen hielten, kommen wieder zum Vorschein. Manche fliegen
summend von Blume zu Blume und naschen von dem süßen Safte
in den Blüten. Wer sind die kleinen Näscher? Bienen. Welche Tiere
fliegen auch von Blume zu Blume? Schmetterimg«., Und welche
Tiere fliegen nun auch wieder im blanken Sonnenschein? Mücken.
Auch die lustigen Musikanten, die an den Teichen und Bächen wohnen,
lassen wieder des Abends ihre Stimme erschallen. Wer kennt die
Musikanten, die ich meine? Frösche. Wo waren sie während des
Winters? — Wann kommen sie aus dem Schlamme hervor? —
Welche Tiere kommen auch aus ihren Verstecken? Zusammen-
fassung: Fm Fruhlinge kommen die Bienen, die Schmetterlinge,
die Mücken, die Frösche und viele andere Tiere wieder zum Vorschein.
Was tun die Bienen? :— Die Schmetterlinge? — Die Mücken? —
Die Frösche? — /
5. Die Menschen im Frühlinge. Aber auch die Menschen haben
fm Frühlinge viel zu tun, namentlich der Landmann. Wo arbeitet
er wieder? — Was macht er auf dem Felde? Pflügt, sät usw.
Wir sagen: Er bestellt seinen Acker. Was tut der Landmann im
Frühlinge? Sprecht: Im Frühlinge bestellt der Landmann seinen
Acker. Was tut der Gärtner int Frühlinge? Gräbt den Garten um,
sät und pflanzt Blumen und andere Pflanzen.
Eure Eltern und alle Leute freuen sich, wenn der Frühling
kommt; sie brauchen nichts mehr zu heizen, nehmen die Doppel-
fenster heraus, können die Stubentür manchmal offen lassen, hängen
— 222 —
die Winterkleider in den Schrank usw. Die Binder wollen auch nicht
mehr in der Stube bleiben. Wohin gehen sie? Strahe, Wiese. Was
tun sie auf der Striche und auf der Wiese? Spielen (mit dem
Kreisel, Ball, Reifen), pflücken Blumen usw. Im Frühlinge ist es
viel schöner als im Winter: Der Frühling ist die schönste Jahreszeit.
Dies sagt auch ein hübsches Verschen, welches wir lernen wollen.
Es heißt. Frühlingszeit, schönste Zeit,
Die uns Gott der Herr verleiht,
Weckt die Blümlein aus der Erde,
Gras und Kräuter für die Herde,
Läßt die jungen Lämmer springen,
Läßt die lieben Vöglein singen.
Menschen, eures Gottes denkt,
Der euch so den Frühling schenkt! (W.Hey.)
III. Dauer. Der Frühling dauert bei uns drei Monate. März,
April und Mai sind die drei Frühlingsmonate. Der März hat schon
einige angenehme Tage; der April hat oft wechselnde Witterung,
Regen und Sonnenschein an demselben Tage; der Mai pflegt der
schönste Frühlingsmonat zu sein.
IV. Zusammenstellung des Gefundenen: Im Frühlinge scheint
die Sonne wärmer als im Winter. Im Frühlinge schmelzen Schnee
und Eis. Im Winter sind die Tage kurz, im Frühlinge werden sie
allmählich länger. Im Frühlinge blühen die Schneeglöckchen, die
Veilchen, die Gänseblümchen und die Schlüsselblumen. Im Frühlinge
werden die Wiesen und Felder wieder grün usw.
Umkehrungen: Wenn die Sonne wieder wärmer scheint, — dann
ist es Frühling. Wenn die Tage wieder länger werden, — dann ist
es Frühling. Wenn Schnee und Eis schmelzen, dann ist es Früh-
ling usw.
Zugaben:
1. Die vier Jahreszeiten.
Frühling, Sommer, Herbst und Winter
Sind des lieben Gottes Kinder,
Bringen uns der Freuden viel:
Blumen, Früchte, frohes Spiel.
2. Die vier Brüder.
Vier Brüder geh'n jahraus, jahrein im ganzen Land spazieren;
Doch jeder kommt für sich allein, uns Gaben zuzuführen.
Der erste kommt mit leichtem Sinn, in reines Blau gehüllet,
Streut Knospen, Blätter, Blüten hin, die er mit Düften füllet.
Der zweite tritt schon ernster auf mit Sonnenschein und Regen,
Streut Blumen aus in seinem Lauf, der Ernte reichen Segen.
Der dritte naht mit Überfluß und füllet Küch' und Scheune,
Bringt uns zum süßesten Genuß viel Äpfel, Nüss' und Weine.
Verdrießlich braust der vierte her, in Nacht und Graus gehüllet,
Sieht Feld und Wald und Wiesen leer, die er mit Schnee erfüllet.
Wer sagt mir, wer die Brüder sind, die so einander jagen?
Leicht rät sie wohl ein jedes Kind; drum brauch' ich's nicht zu sagen.
— 223 —
3. Ter Kinder
Der Schnee ist geschmolzen,
Der Frühling ist da.
Ich sing' ihm ein Liedchen, —
Trara, trara!
Der Kirschbaum hat Blüten,
Sind schöner als Schnee
Und duften so lieblich, —
Juchhe, juchhe!
4. Ter
Der Frühling klopft an jedes Haus,
Ihr Menschenkinder, nun kommt heraus,
Nun kommt heraus ins grüne Feld,
In Gottes wunderschöne Welt.
Die Kinder sang
Sie tanzten und
Da lieh es dem
Er tanzte mit und
Die Schwalben und Stare,
Die zwitschern so frei:
Trara und juchheisa,
Auch wir sind dabei!
Der Schnee ist geschmolzen;
Der Frühling ist da.
Ich sing' ihm ein Liedchen, —
Trara, trara!
(Alfons Krämer.)
Frühling.
Da machten die lustigen Kinder sich auf
Sie liefen bergab, sie liefen bergauf.
Sie liefen ins grüne Feld hinein,
Der gute Hund lief hinterdrein.
en,
sprangen.
Hunde keine Ruh',
i bellte dazu. (K. Gärtner.)
5. Nur
Da ist nun der Mai!
Da grünen die Felder,
Die Gärten, die Wälder,
Da rauschen die Quellen,
Da singen und springen
Die Vögel herbei,
Da laufen die Kinder,
Die Mädchen, die Buben,
Aus Kammern und Stuben
Hinaus, hinaus aus dem engen Haus!
Ein einzig Tierlein dort,
Wie sehr es sich auch strecke,
Kann nicht vom Hause fort,
nicht verzagt.
Es ist die arme Schnecke. —
Ob sie deshalb sich schämt?
O nein, sie denkt mit Lachen:
Es wird sich doch noch machen!
Sic denkt sich's so und so,
Und endlich ruft sie froh:
,,Ja, ja, so wird sich's schicken:
Ich nehm' mein Haus auf den Rücken!" -
Und richtig, es geht,
Und die Schnecke, seht,
Kann nun mit allen andern
Vergnügl in den Frühling wandern!
(R. Reinick.)
6. Frühling.
Ihr Kinder, heraus, heraus aus dem Haus!
Heraus aus den Stuben, ihr Mädchen und Buben!
Juchheisassassa! Der Frühling, der Frühling, der Frühling ist da.
(„Kinderhumor für Auge und Ohr". Leipzig, Hahn.)
7. Lenzes Ankunft.
Der Lenz ist angekommen! Habt ihr es nicht vernommen?
Es sagen's euch die Blümelein; es sagen's euch die Vögelein:
„Der Lenz ist angekommen!"
Ih)> seht es an den Feldern, ihr seht es an den Wäldern.
Der Kuckuck ruft, der Finke schlägt. Es jubelt, was sich froh bewegt:
/^Der Lenz ist angekommen!"
Hier Blümlein auf der Heide, dort Schäflein auf der Weide!
Ach. seht doch, wie sich alles freut! Es hat die Welt sich schön erneut.
„Der Lenz ist angekommen!"
— 224 —
Gesang:
1. Der Frühling ist da.
Mäßig. Johann Friedrich Reichars l.
ri -1-, -^-----1-1-
4 gEEE 5= j-1
r— , P-J 1. Der * Zrühling hat sich * 0 * 9 4—9 em - ge-stellt; —i—-—_- 9 vohlan, wer will ihn
4 * - —1" » ' -F-F-a--l- i—i—{-*-
oiLJZ---^-i-_| 1 —-L > 1 I
sehn? der muß mit mir ins frei-e Feld, ins grü-ne Feld nun gehn.
2. Er hielt im Walde sich versteckt, daß niemand ihn mehr sah; ein
Vöglein hat ihn aufgeweckt, jetzt ist er wieder da.
3. Jetzt ist der Frühling wieder da: ihm folgt, wohin er zieht, nur
lauter Freude fern und nah und lauter Spiel und Lied.
4. Und allen hat er, groß und klein, was Schönes mitgebracht, und soll's
auch nur ein Sträußchen sein, er hat an uns gedacht.
5. Drum frisch hinaus ins freie Feld, ins grüne Feld hinaus! Der
Frühling hat sich eingestellt; wer bliebe da zu Haus?
(Hoffmann v. Fallersleben.)
Lustig 2. Freude über den Frühling. Volksweise.
m ?--. i 0 ~ ' ^—f*- - * m 0—,—,— i--:
Tra ri r-G-ä- v --->—_L—>—U-- ra! bald ist der Frühling t—--—-—r-- ---0-->- da! Schon —:——ri--
-fr-f—*—J—^ . "■ ' *-' ^ V *=4=
->->- wer-den grün die ^ - f " 0 S S — - 0 Fel - der, die Wie-sen und die Wäl-der
----
Tra ri ra! bald ist der Frühling da!
2. Tra ri re! Schon schmelzen Eis und Schnee: Die Quellen rauschen wieder.
Von allen Bergen nieder. Tra ri re! Schon schmelzen Eis und Schnee.
3. Tra ri ro! jetzt sind wir wieder froh! ja, Trost für lange Plage
Verleihen die schönen Tage. Tra ri ro! jetzt sind wir wieder froh!
4. Tra ri ru! Du lieber Frühling du, laß uns nicht länger warten!
Komm bald in Feld und Garten! Tra ri ru! Du lieber Frühling du!
(Hoffmann v. Fallersleben.)
3. Frühlingsbotschaft.
Kuckuck, Kuckuck ruft aus dem Wald. (Siehe Seite 196.)
— 225 —
4. Des Frühlings Einzug.
Munter. V.'kswcuc,
n Stark.
1. Al - le Vö-gel find schon da, al- le Vö- gel, al-le?
Welch ein Sin-gen, Mu - si -ziern, Pfeifen, Zwitschern, Ti- re- liern!
^ ^ Stark.
--N-! » T-*-1—4-1--1--f--/-]
mr«~ 1 J-=iibn= =f=Cij?=fc. =jiz=£lj_zl= =t=t;h:
-9---_L_J------_L--m-# -0--1j
Früh-ling will nun ein-mar-schiern, kommt mit Sang u.Schalle.
2. Wie sie alle lustig sind, flink und froh sich regen! Amsel, Drossel.
Fink und Star, und die ganze Vogelschar wünschet dir ein frohes Jahr, lauter
Heil und Segen.
3. Was sie uns verkünden nun, nehmen wir zu Herzen. Wir auch
wollen lustig sein, lustig wie die Vögelein, hier und dort, feldaus, feldein
singen, springen, scherzen! (Hoffmann v. Fallersleben.)
2. Der Sommer.
I. Tag und Nacht. Nenne die vier Jahreszeiten! — Welche
Jahreszeit haben wir jetzt? Sommer. Welche ist vergangen? —
Wann legst du dich des Abends in dein Bettchen? Um acht
Uhr. Dann ist es in deiner Cammer noch ganz hell. Wie geht das
zu? Sonne scheint noch. Wann geht die Sonne unter? — Wann
stehst du des Morgens auf? — Dann ist es schon lange hell. Wer
ist also noch früher aufgestanden als du? Sonne. Wer weiß, wann
die Sonne jetzt aufgeht? — Die Sonne geht jetzt früh auf und spät
unter. Wie sind deshalb die Tage? •— Aber die Nächte? — Sprecht:
Im Sommer sind die Tage lang und die Nächte kurz.
II. Temperatur. Die Sonne steigt jetzt am Himmel hoch empor.
Wo steht sie am Mittag? — Sie macht es recht warm. Ja, wie ist
es an vielen Tagen sogar? Heiß., Wie sind also die Tage im
Sommer? Sprecht: Im Sommer sind die Tage lang und heiß.
Wenn es einige Tage sehr heiß gewesen ist, bilden sich zuweilen
schwarze Wolken am Himmel, die rasch emporsteigen. Feuerstrahlen
(feurige Funken) fahren aus den Wolken, oft schnell nacheinander;
man nennt sie Blitze. Nach dem Blitze hört man gewöhnlich donnern,
oft so stark, daß die Fenster klirren. — Was sieht man? — Was
hört man? — Wenn es blitzt und donnert, dann haben wir ein Ge-
witter. In welcher Jahreszeit haben wir keine Gewitter? — Wann
nur? Sprecht: Im Sommer haben wir nach heißen Tagen ein
Gewitter. Wie ist die Luft vor dem Gewitter? — Wie nach dem
Gewitter? — Sprecht: Das Gewitter macht die Luft schön kühl.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 15
— 226 —
III. Die Pflanzen im Sommer. Im Garten, auf der Wiese,
auf dem Felde oder im Walde kann man sich jetzt einen schönen
Strauß pflücken. Welche Blumen blühen jetzt im Garten? — Sprecht:
Im Sommer blühen im Garten Rosen, Nelken, Lilien und andere
Blumen. Welche Blumen blühen jetzt auf dem Felde? Sprecht:
Im Sommer blühen auf dem Felde Kornblumen, Kornraden und
Klatschrosen. Wann können wir uns so viele schöne Blumen nicht
pflücken? — Wann blühen also die meisten Blumen? —
Die Kinder finden jetzt im Garten auch etwas, was sie essen
können. Welche Früchte könnt ihr jetzt schon essen? — Wie sind
diese Früchte schon geworden? Welche Früchte werden also im
Sommer reif? Sprecht: Im Sommer werden die Kirschen, die
Erdbeeren, die Himbeeren und andere Früchte reif.
Die Mutter holt im Sommer aus dem Garten auch etwas für
die Küche. Was hat deine Mutter gestern gekocht? — Deine?
Wo wachsen die Bohnen? — Wo die Erbsen? — Wo die Mohr-
rüben? — Sprecht: Im Sommer holt die Mutter aus dem Garten
Bohnen. Erbsen, Mohrrüben und anderes Gemüse.
In dieser Jahreszeit ist auch das Gras auf der Wiese schon
recht hoch geworden. Was tut nun der Landmann? Er mäht es
ab. Wie lange bleibt das Gras auf der Wiese liegen? Bis es
trocken ist. Wie nennt man das trockene Gras? Heu. Das Heu
wird auf einen Wagen geladen und nach Hause gefahren. Welche
Tiere bekommen Heu zu fressen?
Wie sehen im Frühlinge die Getreidefelder aus? Grün. Wie
jetzt? Gelb. Dos Getreide ist reif geworden. Was tut darum der
Landmann? — Welches Getreide wird zuerst gemäht? Roggen.
Dann? Weizen, Hafer, Gerste. Wo bewahrt der Landmann das
Getreide auf? Scheune.
Zusammenfassung: Im Sommer wird das Gras und das
Getreide gemäht und eingefahren. (Heuernte, Getreideernte.)
Im heißen Sommer bekommen wir oft Durst. Was tun wir
dann? Was trinken wir? — Auch die Pflanzen werden im Sommer
oft durstig. Wann denn? Wenn es lange nicht geregnet hat. Woran
sieht man, daß die Pflanzen durstig sind? Sie lassen das Köpfchen
hängen, werden welk. Was möchten sie dann auch gern? Trinken.
Wer gibt ihnen zu trinken? — Was schickt ihnen der liebe Gott?
— Was können die Wurzeln der Pflanzen nach dem Regen wieder
tun? •— Wie werden dann die Pflanzen wieder? Frisch. Was heben
sie wieder empor? Köpfchen., Der Regen erfrischt die Pflanzen.
IV. Die Tiere im Sommer. Die Schmetterlinge fliegen im
Sommer von Blume zu Blume. Die großen Knaben jagen ihnen
oft nach und wollen sie sangen. Womit? — Die Schmetterlinge sind
aber flink und lassen sich nicht so leicht fangen.' Die Bienchen summen
durch die Luft. Sie sammeln Honigsaft und Blütenstaub. Die
Mücken spielen im Sonnenscheine, und die Käfer summen und brum-
men. Nennt Käfer! —, And nun gar die lieben Vöglein. Wie schön
— 227 —
singt im Sommer noch über den Feldern die Lerche. Auch die Wachtel
schlägt in den Getreidefeldern und ruft uns zu: Danke Gott!, danke
Gott! Liebe Gott! liebe Gott! Die Vögel des Waldes singen im
Sommer fast gar nicht mehr. Die Nachtigallen sind verstummt; sie
haben ihre Eier ausgebrütet und fliegen nun emsig hin und her, um
für ihre Kleinen Futter zu holen. Das macht ihnen so viele Arbeit,
daß sie zum Singen gar keine Zeit haben. .Auch der Kuckuck ruft
nicht mehr.
V. Die Menschen im Sommer. In welcher Tageszeit ist es
besonders heiß? Mittags. In welcher Tageszeit ist es nicht so heiß
(kühl) ? -— In welcher Tageszeit läßt es sich jetzt am besten ar-
beiten? Morgen, Abend. Wann geht deshalb der Landmann im
Sommer auf das Feld? — Wann ruht er ein paar Stunden? —
Warum? Zu heiß, schwitzen. Was läuft dann an der Stirn herab?
Sprecht: Im Sommer mutz man bei der Arbeit schwitzen.
Was für Kleider zieht ihr jetzt an? Sommerkleider. Wie
dürfen diese nicht sein? — Welche Kleider sind recht warm? —
Welche Farbe haben die Sommerkleider meist (ihr seht es an den
Mädchenkleidern)? — Sprecht: Im Sommer ziehen wir helle, dünne
Kleider an. Was für einen Hut setzt ihr jetzt auf? —
Im Sommer geht ihr nicht gern im heißen Sonnenscheine.
Was für Orte sucht ihr im Sommer auf? Schattige Orte.' Wo findet
man im Sommer Schatten? In den Häusern, unter Bäumen
(Wald). Wie ist es im Schatten? Kühl. Sprecht: Im Sommer
find wir gern im kühlen Schatten.
Im Schatten kühlt man sich ab. Wo kann man sich im Sommer
auch abkühlen? Wasser, baden. Wer hat sich schon gebadet? —
Wo? — Vorsicht! !In welcher Jahreszeit können wir uns nicht
im Flusse baden? — Wann nur? Sprecht: Im Sommer können wir
uns im Flusse baden.
VI. Dauer. Der Sommer hat ebenfalls drei Monate: Juni,
^uli, August. Der Juni hat den längsten Tag. Der Juli pflegt
die Roggenernte zu bringen; .er ist oft sehr heiß. Im August
folgt die noch übrige Ernte; gegen Ende des Monats kühlt sich das
Wetter ab.
VII. Zusammenstellung des Gefundenen.
Zugaben:
1. Sommerlied.
Drei Rosen im Garten, drei Lilien im Wald,
Im Sommer ist's lustig, im Winter ist's kalt.
(Simrocks Kinderbuchs
2. Sommerzeit.
Sommerzeit, heiße Zeit!
Sonne brennt wohl weit und breit;
Aber Gott schickt milden Regen,
Schüttet alles Feld voll Segen,
Schenkt deni Schnitter volle Ähren,
Brot genug, uns all' zu nähren.
Menschen, merkt es, Gott ist gut,
Dah er so am Sommer tut!
(W. Hey.)
15*
228
3. Sommerlieb.
Dem Sommer, dem bin ich
Absonderlich gut;
An alt und an jung
So viel Gutes er tut.
Die Kornblum' so blau
Und den klatschroten Mohn;
Die pflücket und macht euch
Ein Kränzchen davon!
Gibt Guten und Bösen
Ihr tägliches Brot
Und trocknet viel Tränen
Und stillt manche Not.
Und wünscht ihr noch recht
Was Lust'ges dazu,
Da schick' ich die Schmetterling'
Auch noch euch zu.
Und spricht zu den Kindern:
„Nun kommt 'mal und seht,
Was zwischen dem Korn ich
Für euch hingesäet!
Nun kommet und spielet
Und vertraget euch fein!"
Und der Kuckuck soll rufen,
Und die Frosch' sollen schrei'n.
(R. Reinick.)
3. Unser Schulfest.
I. Auf dem Schulhofe. Wie hat euch denn unser Schulfest
gefallen? — Wir wollen heute von unserem Schulfeste sprechen.
Wann haben wir uus in der Schule versammelt? — Aber nicht in
der Klasse! Wir sind gleich auf dem Schulhofe geblieben, die Kinder
aus den anderen Klassen auch. Welche Klaffen haben denn am
Schulfeste teilgenommen? Die 7., ,6., 5. und 4. Klassen, im ganzen
12 Klassen. Gestern sahen aber alle Knaben viel feiner aus als heute!
Gestern hatten wir unser «neues Zeug angezogen. — Ich hatte
auch meinen Sonntagsanzug an. r— Mir hatte meine Mutter noch
eine Schärpe um die Schulter gebunden.^ Die Schärpe sah gelb
und blau aus. ,— Ich habe auch eine Schä'rpe umgehabt, die war
aber rot und weiß (schwarz-weiß-rot), und unten saßen noch Troddeln
dran. .— Ja, alle Kinder waren festlich gekleidet.
Weshalb standen denn gestern so viele Leute vor unserem Schul-
Hofe? Die Leute wollten mit nach dem Schulfeste. — Meine
Mutter (Schwester, Tante, mein Vater, Bruder) stand auch vor
dem Hofe, die Ist auch mit nach dem Schulfeste gewesen! — Manche
Leute wollten sich bloß:den Zug ansehen. ■— Die Leute, die mit
nach dem Schulfeste wollten, konnte man leicht erkennen. Woran
denn? Die hatten sich auch fein (ihre neuen Kleider) angezogen.
Die kleinen Mädchen hatten weiße Kleider an, Strohhüte auf usw.
Auf unserem Schulhofe waren auch Männer, die dafür sorgen
sollten, daß es lustig auf dem Schulfeste herging. Welche meine ich?
Sie meinen die Musikanten. Die hatten Trompeten, und der eine
hatte eine große Trommel (eine Pauke).
II. Der Festzug. Wo haben wir denn unser Schulfest ab-
gehalten? Im ,,Weißen Rosse". Dahin sind wir marschiert. Wir
marschierten aber wie die Soldaten! Jede Klasse mußte hübsch
antreten, die Kinder stellten sich zu vieren auf. Unsere Klasse kam
zuerst, wir kamen ganz vorn hin, gleich dicht hinter die Musik.
Dann kamen die anderen Klassen. Es entstand ein langer Zug. (Das
— 229 —
war der Festzug.) Erzähle, wie wir abmarschiert sind! Die Musik
stellte sich vorn vor den Zug (an die Spitze des Zuges) und spielte
ein lustiges Stuck leinen Marsch).' Die große Trommel machte
immer: bum, bum, bum!' Wir marschierten immer hinter der Musik
her (in gleichem Schritt und Tritt). Durch welche Straßen sind
wir marschiert? — Erzähle von den Leuten, die unseren Zug sahen
oder hörten! Die Leute, die an uns vorbeikamen, blieben stehen
und sahen sich den Zug an. Sie freuten sich über die vielen Kinder.
Die Leute machten die Fenster auf und guckten heraus. Manche
winkten mit weißen Tüchern. Dann riefen wir: Hurra!
III. Auf dem Festplatze. Erzähle, wie wir im „Weißen Rosse"
ankamen! Wie wir im „Weißen Rosse" ankamen, sind wir gleich
in den Garten gegangen. (Das war unser Festplatz.) Auf dem Fest-
platze gingen wir Kinder auseinander. (Der Festzug löste sich auf.)
Wie hat euch der iFestplatz gefallen? Der war schön/ Vorn im
Garten waren schöne Blumenbeete und hübsche Rasenplätze. Mitten
im Garten standen große 'Kastanienbäume. Unter den Bäumen
standen viele Tische und Bänke, hinten im Garten waren Spielplätze.
Wo seid ihr denn geblieben, als sich der iFestzug aufgelöst hatte?
Ich bin nach meinen Eltern gegangen, die hatten sich schon einen
Platz auf den Bänken ausgesucht. — Meine Mutter war auch schon
da. Die ist gar nicht vor unserer Schule gewesen, die ist gleich nach
dem Festplatze gegangen. Sie war bange, daß sie sonst keinen Platz
mehr kriegte. — Meine Mutter ist auch schon vorher nach dem
„Weißen Rosse" gegangen. — Meine Eltern sind mit dem Festzuge
gekommen und haben doch noch einen Plah gekriegt.
Was habt ihr denn nun bei euren Eltern gemacht? Da haben
wir zuerst gegessen und getrunken. Meine Mutter bestellte beim
Kellner gleich zwei Portionen Kaffee. Für mich mußte der Kellner
ein Glas Milch bringen. Meine Mutter hatte auch eine große Tute
mit Backwerk mitgebracht. Das haben wir dann verzehrt. — Meine
Eltern haben auf dem Festplatze auch Kaffee getrunken. Wir haben
aber Schwarzbrot dazu gegessen usw.
Wo sind denn aber die Musikanten geblieben? Die haben sich
aufs Podium gesetzt, und da haben sie den ganzen Nachmittag schöne
Stücke gespielt (Konzert gemacht). Vor jedem Musikanten stand
ein Pult. Darauf lagen die Noten. Vor den Musikanten stand der
Musikdirektor, Der hatte einen Taktstock in der Hand. Damit klopfte
er an sein Pult. Dann hob er die Hand in die Höhe und machte
so —! Da fingen die Musiker an gu spielen (auf der Trompete, Flöte,
Pfeife, Geige, Trommel, Pauke.) Die Musik schmetterte und schallte
durch den Garten. Das hören die Leute gern. Das gefällt ihnen.
Wenn das Stuck zu Ende ist, klatschen die Leute in die Hände. Der
Musikdirektor verbeugt sich (so!). Er dankt für den Beifall.
Nun sollt ihr mir erzählen, was wir Zuerst gemacht haben!
Wir haben gespielt und gesungen. Welche Spiele haben wir gespielt?
— Welche Lieder gesungen? — Dabei waren wir aber nicht allein!
— 230 —
Unsere Eltern und Geschwister standen um uns herum. Die freuten
sich, daß wir so schön spielen konnten. —
Was habt ihr nach dem Spielen angefangen? Da sind wir
mit den Eltern nach unseren Plätzen gegangen. Wir waren hungrig
und durstig geworden. Meine Mutter hat mir ein Paar Würstchen
gekauft. — Mir mußte der Kellner ein Brot mit Schinken bringen.
— Wir hatten uns Brote mitgebracht, die haben wir da im Garten
verzehrt. Im Freien schmeckt es viel schöner als zu Hause.
Nun gab's aber auf dem Spielplatze etwas, das hat euch viel
Spaß gemacht. Was meine ich? Wir haben Luftballons hoch-
steigen lassen. Über einige Luftballons habt ihr ganz besonders ge-
lacht! Ja, der e^e sah aus wie eine Großmutter, ein anderer wie
ein Polizist. — Ein Zeppelin war auch dabei. — Ein Chinese auch
noch. Was habe ich getan, daß die Luftballons in die Höhe stiegen?
Sie haben unter den Luftballon Watte gebunden und auf die Watte
Spiritus gegossen. Dann haben Sie die Watte angesteckt. Da kam
eine große Flamme, die ging in den Luftballon hinein. Da wurde
der Luftballon immer dicker und glatter. Zuletzt stieg er in die Höhe.
— Der Polizist wollte erst gar nicht hoch gehen, der wackelte immer
so. Auf einmal kam er zwischen die Zweige, und da brannte er auf.
IV. Der Rückmarsch. Wie lange sind wir auf dem Festplatze
geblieben? — Wie hast du erfahren, daß wir den Ruckmarsch an-
treten wollten? Der eine Trompeter hat ein Signal geblasen. Da
sind wir gleich dahingegangen, wo Sie standen. Der Rückmarsch
war aber schöner als der Hinmarsch! Ja, wir hatten alle bunte
Papierlaternen. In den Laternen brannte ein Licht. Mein Licht hat
mein Vater angesteckt. Die Laternen hatten wir an einen Stock ge-
hängt und hielten sie hoch. Da sah unser Festzug aber schön aus.
Die Musik stellte sich vorn hin und spielte wieder einen Marsch. Dann
gingen wir fort.' Wir riefen immerzu: Hurra! Als die Musik
aufhörte zu spielen, da sangen wir ein Lied. Die anderen Klassen
sangen auch alle durcheinander. Überall blieben die Leute stehen.
Viele kamen aus den T,üren oder guckten aus den Fenstern. Wir
marschierten bis vor das Schulhaus. Da löste sich der Festzug
auf. Nun gingen wir nach Hause. Das war ein schöner Nachmittag.
Malendes Zeichnen:
231 —
4. Der Herbst.
I. Tag und Nacht, Die Ferien sind jetzt vorüber. Wie lange
haben sie gedauert? 14 Tage. Wieviel Wochen? — Wie nennen
wir diese Ferien, da sie um Michaelis (so heißt der 29. September)
gewesen sind? — Wann hat die Schule wieder ihren Anfang ge-
nommen? Welche Jahreszeit ist mit den Michaelisferien vorbei
(oder vergangen)? Sommer. Welche Jahreszeit beginnt nun?
Herbst. Das können wir auch an der Sonne sehen. Wie stand sie
im Hochsommer um Mittag? — Wie jetzt schon? Niedriger. Wann
ging sie im Hochsommer auf? — Wann jetzt? Nach 6 Uhr morgens.
Wann ging sie im Hochsommer unter? — Wann jetzt? Vor 6 Uhr
abends. Wie lange scheint sie also noch? — Wie lange schien sie im
Hochsommer? — Wie werden also jetzt die Tage? — Und die
Nächte? — Im Herbste geht die Sonne später auf und früher unter
als im Sommer, deshalb werden die Tage kürzer, die Nächte aber
länger.
II. Temperatm. Weil die Sonne jetzt kürzere Zeit am Himmel
steht als im Sommer, so kann sie es auf der Erde auch nicht so warm
machen als im Sommer. Wie wird deshalb die Luft im Herbst
immer mehr und mehr? Sprecht: Im Herbste wird die Luft all-
mählich kälter (Uhler).
Bis jetzt haben wir noch recht freundliche Tage gehabt; nach
und nach wird das Wetter aber schlechter. Was fällt in dieser Zeit
häufig vom Himmel herab? Regen. Und wer schüttelt die Bäume
gar heftig und nimmt ihnen die letzten Blätter ? Wind. Im Herbste
weht der Wind häufig sehr stark. Wie nennen wir einen starken
Wind? Sturm. Sprecht! Im Herbste regnet und stürmt es sehr
häufig.
Ini Herbste ist die Luft des Morgens (oft den ganzen Tag) so
trkbe, daß wir nur einige Schritte weit sehen können. Was macht
— 232 —
denn die Luft so trübe? Nebel. In welcher Jahreszeit haben wir
keinen Nebel? — Wann stellt er sich aber sehr häufig ein? — Die
Luft wird immer kälter und rauher; zuweilen sieht es des Morgens
im Freien aus, als wäre alles mit Zucker bestreut. Was ist das
Weiße auf dem Grase und auf den Bäumen usw.? Reif. Wann
gibt es manchmal Reif? — Zusammenfassung: Im Herbste
gibt es oft Nebel und zuweilen auch Reis.
III Die Gaben des Herbstes. Der Herbst bietet uns mancherlei
Gaben. Die Bäume im Garten lassen ihre Zweige tief herabhängen.
Weshalb? — Wie sehen die Äpfel jetzt aus? — Wie sind die Äpfel,
wenn sie rote Backen haben? Reif. Welches Obst ist auch reif?
Birnen, Pflaumen, Weintrauben, Nüsse. Sprecht: Im Herbste werden
die Äpfel, Birnen, Pflaumen, Weintrauben und Nüsse reis. Die
Obsternte ist ein Hauptfest für die Kinder. Wie freuen sie sich, wenn's
mit Leitern und Stangen, Säcken und Körben in den Obstgarten
geht! Da regnet's Äpfel und Birnen, da hagelt's Nüsse! Wo
werden die Äpfel und Birnen aufbewahrt? — Was macht die Mutter
mit den Äpfeln usw.?
Auch auf dem Felde haben wir noch verschiedene Früchte ge-
sehen. Welche? Kartoffeln, Rüben, Kohl. Auf dem Kartoffelfelde
waren mehrere Personen beschäftigt. Was machten die Männer? —
Was die Frauen und Kinder? — Die Kartoffeln sind im Herbste reif.
Sie werden in Säcke getan, nach Hause gefahren und im Keller
aufbewahrt. Wohin werden die Rüben gebracht? — Wohin der
Kohl? — Welche Früchte erntet der Landmann also im Herbste
ein? — Sprecht: Im Herbste erntet der Landmann Kartoffeln,
Nüven und Kohl ein.
IV. Die Pflanzenwelt. Seht euch die Bäume dort im Garten
an! Wie sehen sie aus? — Welche Farbe haben sie im SomM'er?
Grüne Farbe. Der Herbst hat ihre Blätter gelb und rot gefärbt.
Was geschieht nun bald mit dem Laube? — Wie sind dann die
Bäume? — Sprecht: Das Laub wird im Herbste gelb und fällt
ab; dann sind die Bäume kahl.
Welche Blumen könnt ihr im Sommer im Garten pflücken?
Auf der Wiese? — Auf dem Felde? — Wo sind jetzt die Nelken,
Lilien usw.? —- Im Herbste neigt eine Blume nach der anderen ihr
Köpfchen, welkt, schließt ihr Auge und stirbt. Welche Blumen (Pflan-
zen) sind schon gestorben? — Welche blühen noch? Sprecht: Im
Herbste sterben die meisten Blumen (Pflanzen); nur die Astern und
Georginen blühen noch.
V. Die Tierwelt. Welche Haustiere werden im Sommer auf
die Weide getrieben? — Jetzt müssen sie in den warmen Ställen
bleiben. Warum? Sie würden frieren, kein Futter finden. Nur das
Schaf mit seinem dicken Winterrock bleibt so lange draußen, bis der
Winter kommt.
Im Frühling und Sommer erfteut uns der herrliche Gesang der
Vögel. Was tun die Vögel jetzt gar nicht mehr? — Wie sind sie
— 233 —
geworden? Stumm. Sprecht: Der Gesang der Vögel ist verstummt.
Manche Vögel sind gar nicht mehr hier. Welche? — Was können
sie bei uns im Winter nicht finden? — Wie wird die Luft ihnen
geworden sein? — Wohin sind sie deshalb geflogen oder gezogen?
Nach wärmeren Ländern (Ägypten). Wie lange bleiben sie dort? —
Wann kommen sie wieder zu uns? — Wie nennen wir die Vögel,
die im Herbste fortziehen und im Frühlinge wiederkommen? Zug-
vögel. Welche Vögel bleiben auch im Winter hier? Sperlinge,
Raben, krähen usw. Die Störche, Schwalben und andere Zugvögel
ziehen im Herbste nach wärmeren Ländern; nur die Sperlinge,
Raben und einige andere Vögel Reiben hier. (Standvögel.)
Tie Frösche gehen im Herbste ins Wasser und schlafen dann auf
dem Grunde des Wassers ganz fest. Auch andere Tiere legen sich
schlafen. Nenne einige Tiere, die sich im Herbste schlafen legen!
Schlangen, Eidechsen, Igel, Dachse, Hamster. Wie lange schlafen sie?
Ten ganzen Winter, — Winterschlaf. Sprecht: Im Herbste beginnen
die Frösche. Schlangen und Eidechsen und andere Tiere ihren Winter-
schlaf. Manche Tiere sind ganz verschwunden, — gestorben. Welche
Tiere sterben im Herbste? — Sprecht: Die meisten Fliegen, Mücken,
Käfer und Schmetterlinge sterben im Herbste. Nur wenige verkriechen
sich in Stuben oder Kellern oder zwischen die Ritzen der Baumrinde.
Nur die Feldspinne weiß sich noch lange zu halten und läßt sich im
Spinnen nicht stören. Gewiß habt ihr ihre weißen Fäden im Spät-
herbste schon über die Fluren dahin schweben sehen. (Altweiber-
Sommer.)
Im Herbste ist für die Rehe, Hasen und Feldhühner eine schlechte
Zeit. Ter Jäger geht oft auf dem Felde und im Walde umher.
Was hängt auf seiner Schulter? •— Weshalb geht der Jäger auf dem
Felde oder im Walde umher? — Sprecht: Der Jäger schießt im
Herbste Rehe, Hasen und Rebhühner (Feldhühner).
VI. Menschemvelt. Welche Früchte stehen noch auf dem Felde,
wenn die Kartoffeln, Rüben usw. eingeerntet sind? Keine. Was ist
von den Kornfeldern nur übrig geblieben? Stoppeln. Die Felder
sind jetzt leer. Nun muß der Landmann dafür sorgen, daß er im
nächsten Jahre wieder ernten kann. Welche Arbeiten muß er ver-
richten? Pflügen, eggen, säen. Was sät der Landmann im Herbste?
Roggen, Weizen. Wenn der Landmann pflügt, eggt und sät, dann
sagen wir: er bestellt den Acker. Was sagen wir? Sprecht: Im
Herbste muh der Landmann den Acker bestellen. Was tut der
Landmann zuerst, wenn er den Acker bestellt? — Dann? — Zuletzt?
Nicht selten gehen auch die Kinder des Landmannes im Herbste
mit auf das Feld. Aber sie wollen dort nicht arbeiten; sie nehmen
ihren Drachen (Windvogel) mit und lassen denselben steigen, und er
steigt oft so hoch, daß wir ihn kaum noch sehen. Wer hat schon
einen Drachen steigen lassen? —
Wie wird das Wetter in einigen Wochen (im Spätherbst) sein?
Was für Kleider ziehen wir darum im Herbste an? Dickere und
234
wärmere. Was machen wir im Ofen an? — Wie nennen wir das
Feueranmachen, da der Ofen dadurch heiß werden soll? Wogegen
wollen wir uns dadurch schützen? Gegen die Kälte. Sprecht: Im
Herbste ziehen wir dickere und Wärmere Kleider an und heizen ein,
um uns gegen die Kälte zu schützen.
VII. Dauer. Die drei Herbstmonate sind September, Oktober,
November. Der November bringt oft den ersten Schnee.
Zusammenstellung des Gefundenen.
VIII. Verschen. Wir wollen folgendes Verschen lernen:
Herbsteszeit, reiche Zeit! Schaut umher mit Vaterblicken,
Gott hat Segen ausgestreut, Wie sich alle dran erquicken.
Daß sich alle Bäume neigen Menschen nehmt die Gaben gern,
Von den fruchtbelad'nen Zweigen, Aber ehret auch den Herrn.
(W. Hey.)
Zugaben:
1. Der gute Herbst.
Der Frühling hat es angefangen, der Sommer hat's vollbracht.
Seht, wie mit seinen roten Wangen so mancher Apfel lacht.
Es kommt der Herbst mit reicher Gabe, er teilt sie fröhlich aus
Und geht dann wie am Bettelstäbe ein armer Mann nach Haus.
Voll sind die Speicher nun und Laden, daß uns nichts mehr gebricht.
Wir wollen ihn zu Gaste laden, er aber will es nicht.
Er will uns ohne Dank erfreuen, kommt immer wieder her.
Las; uns das Gute drum erneuen, dann sind wir gut wie er.
(Hofsmann o. Fallersleben.)
2. Der Herbst.
Es streut mit vollen Händen
Der Herbst die Gaben aus,
Füllt aller Ort und Enden,
Äüch', Keller, Scheun' und Haus.
Der Apfelbaum sich rüttelt
Mit seiner gold'nen Last,
Und unser Nutzbaum schüttelt
Die Frucht von jedem Ast.
I Die süßen Trauben winken
Den Durst'gen zu sich her,
Schon kommen Meis' und Finken
Und picken Beer' um Beer'.
Wie nährt sich's allerwegen
In Garten, Wies' und Feld!
Wie drängt ins Haus der Segen!
Wie wohl ist's nun bestellt!
(Mandel.)
Mag denn des Sturmes Schwinge
Durchzieh'n das Stoppelfeld,
Ich danke und lobsinge
Dem großen Herrn der Welt.
Z. Du guter, alter, lieber Herbst!
Du guter, alter, lieber Herbst,
Wie wunderschön du alles färbst!
Wo hast du nur die Farbenschalen,
Daraus du kannst die Äpfel malen?
Wie leuchtet aus dem dunkeln Laube
So rot und blank und blau die Traube!
Wie blickt mit gar so heitrer Stirne
Vom Birnenbaum die gelbe Birne!
Wie schaut mit blauem Aug' so munter
Vom Pflaumenbaum die Pflaum' herunter!
Und all die Blätter rund und eckig,
Wie malst du sie gelb, rot und scheckig!
— 235 —
Wo hast du nur den Farbentopf?
Du schweigst? Du schüttelst mit dem Kopf?
Du guter, alter, lieber Herbst,
Wie wunderschön du alles färbst!
4. Ein schöner Herbsttag.
Noch blühen im Garten die Blümelein,
Und tanzen die Mücken im Sonnenschein,
Noch flattert, als ob es Sommer war',
Der bunte Schmetterling umher.
Doch morgen ist es anders als heute,
Dann trauert, was sich eben noch freute.
Die Halm' und Blumen sind geknickt,
Und alles Leben ist erstickt.
O weh! Des Winters Herrschaft beginnt
Mit Nebel und Reif und Schnee und Wind.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
5. Wind und Blätter.
Ihr Blätter, wollt ihr tanzen?
idjpurt Herbst der Wind,
a, ja, wir wollen tanzen,
omm, hol' uns nur geschwind.
Da fuhr er durch die Äste
Und pflückte B^att um Blatt;
Nun ziehen 3it^UTT^ Feste,
Nun tanzen Aj^uZA/.att!
^(Georg Lc
6. Blättlem Naseweis.
Es saß ein Blatt am Baume,
Das träumte vor sich hin
Und seufzte: „Ach, daß ich kein Falter,
Kein bunter Falter bin!"
Nicht lange, so rauschte der Herbstwind
Und machte das Blättlein frei
Und trug es empor in die Lüfte.
„Hei!" jauchzte es da, „Juchhei!
Jetzt prang' ich in Gold und Purpur,
Jetzt schaukle ich hin und her,
Jetzl bin ich. jetzt bin ich ein Falter.
Juchheißa' Was will ich noch mehr?!"
Der Herbststurm hat es gebettet
Ins dürre Heidegras;
Da liegt es nun zwischen den Halmen,
Wird welk und matt und blaß.
Und leise spricht das Blättlein,
Ganz leise, wie im Traum:
„Ach, saß' ich doch noch immer
Auf meinem Zweig am Baum!"
(George P. S. Cabanis.)
X
7. Herbstlied.
Wo sind die Vöglein hin? —
Ein Vogel sprach zum andern:
„Komm mit, wir wollen wandern
Weithin nach einem wärmeren Ort!"
Da zogen alle, alle fort.
Wo sind die Blumen hin? —
Wo sich die Blumen trafen,
Da sprachen sie: „Kommt schlafen,
Der Frost drückt uns die Augen zu!"
Und gingen allesamt zur Ruh'.
Wo sollen wir denn hin? —
Wir bleiben noch auf Erden,
Bis wir gerufen werden
Zum sanften Schlaf vom bittern Tod;
Wir wachen auf und sind — bei Gott! (A. Becker.)
— 236 —
Der Herbst ist wieder da!
äfiiiß'g-
5Solf'Jiucik.
Herbst
2. E, e, e! Die Bäume, die ich seh', hängen voller Birnen, Pflaumen,
Apfel, Nüsse für den Gaumen. E, e, e! wo ich nur Bäume seh'!
3. I, i, i! Nur eins vergiß du nie! Wenn du Gutes hast erfahren,
darfst du mit dem Dank nicht sparen. I, i, i! nur das vergiß du nie!
4. O, o, o! Die Arbeit macht uns froh! Samen auf das Feld wir
streuen, daß wir uns der Ernte freuen. O, o, o! die Arbeit macht uns froh!
5. U, u,, u! Ich weiß wohl, was ich tu'! Fleißig lesen, rechnen,
schreiben, nicht mit Spiel die Zeit vertreiben. II, u, u! ich weiß wohl, was
ich tu'!
5. Herbst auf unserer Strohe.
.2. Überall auf unserer Straße treffen wir den Herbst. Seht
an den Baum dort! Sch. Die Zweige schaukeln; die Blätter bau-
meln hin und her, weil der Wind hindurchweht. Viele reißt er
herunter und treibt sie in die Gosse, auf meinen Hut, auf das Dach,
in alle Winkel. Dazwischen wirft er noch allerlei Papierfetzen und
Holzstückchen. L. Das Laub sieht jetzt freilich ganz anders aus als
im Frühlinge und Sommer! Sch. Im Frühlinge kommen tausend
kleine grüne Spitzchen am Baume hervor; die wachsen immer größer;
das sind die jungen Blätter. Im Sommer sind sie so grün wie unser
Laubfrosch. Der Herbst malt sie gelb, braun und rot. Er macht
sie ganz dürr, trocken, welk. Das Laub raschelt, wenn ich hindurch-
gehe. L. Du siehst die vielen Blätter liegen; du fragst sie? Sch.
Was wird nun aus euch? Wir haben uns gestern einen Haufen
gemacht, uns darin herumgewälzt und damit geworfen. — Ich habe
den Straßenkehrer gesehen; der kam auf unserer Straße mit einem
Besen und einem Wagen. Der kehrt die Blätter zusammen. Der
Wind treibt sie ihm wieder auseinander; er ärgert sich über den
Herbstwind. — Meine Mutter sagte: ,,Kehre die Blätter zusammen,
wirf sie in den Stall oder auf iden Schutthaufen oder in den Garten\"
— 237 —
Da faulen sie, da düngen sie den Boden. £. Wir wollen tüchtig
weiter marschieren. Da fühlen wir den Herbst in unserem Gesichte!
Sch. Mich hat er ins Gesicht geblasen. Er färbt mir die Backen rot;
er macht mich frisch und munter. £. Er kann es nicht leiden, wenn
ihr in der Stube sitzt; er guckt hinein; er ruft euch! Sch. Er sagt:
„Kommt heraus auf die Straße; ich wehe euch ins Gesicht; ich
mache euch helle Augen!" L. Aber ihr habt auch gesehen, daß
der Herbstwind die Leute auf eurer Straße ärgert! Sch. Mir hat
er Staub ins Gesicht geworfen; mir hat er den Hut ins Wasser
gejagt; meiner Mutter hat er den Schirm herumgedreht; bei uns
hat er ein Fenster zugeworfen, die Scheibe ist gerbrochen, der Blumen-
stock ist heruntergefallen; einem Manne wäre beinahe ein Ziegel
auf den Kopf gefallen; unsere Wäsche ist von der Leine in den
Schmutz gefallen. Da hat meine Mutter geschimpft. Einen Garten-
zäun hat er eingedrückt; einen Baum, eine Mauer umgeworfen.
L. So gibt er vielen Leuten Arbeit! Sch. Der Dachdecker muß das
Dach ausbessern; der Glaser die Scheibe einsetzen; die Mutter die
Wäsche nochmal waschen; die Straßenarbeiter abgeknickte Äste und
Zweige wegräumen. L. Da unter dem Kastanienbaume geht es
lustig her! Sch. Da wirft der Herbstwind Kastanien herunter. Ich
habe sie aufgelesen; wenn sie fallen, platzt das grüne Häuschen
auf; eine braune Kugel fällt heraus; einmal zankten sich Zwei Jungen
um eine Kastanie. Wir machen uns Ketten von Kastanien. L.
Gestern fuhr ein Bauernwagen mit Körben und Säcken durch unsere
Straße. Sch. Was liegt auf dem Wagen? Woher kommt er;
wohin fährt er? — Der Bauer kommt aus dem Dorfe; der Herbst
hat ihm viele Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kartoffeln geschenkt;
er will sie in der Stadt verkaufen. — L. Ach, wenn es keine Kar-
toffeln gäbe! Sch. Da hätten die armen Leute oft nichts zu
essen, und sie müßten hungern. Das wäre schlimm. — L. Auch an
der Laube und auf der Bank an der Straße merken wir, daß es
Herbst geworden ist. Sch. Der wilde Wein sieht bunt aus; die
Laube ist leer. — Und bei uns hat der Weinstock am Hause ganz
dürre, welke, gelbe Blätter bekommen; wir freuen uns auf die
reifen Trauben. L. Erzähle, wie dein Vater vom Weinstocke am
Hause Wein erntet! Sch. Er holt die Leiter, nimmt den Korb und
die Scheere und lehnt die Leiter an. Er steigt hinauf und schneidet
die reifen Trauben ab. L. Das ist für euch ein großer Spaß! Sch.
Wir passen auf, wenn Beeren herunterfallen, haschen danach und
essen sie. L. Dort auf der Bank sitzt ein alter Mann; warum er
sich nur gerade in die Sonne gesetzt hat! Sch. Sonst ist es zu kühl,
da würde er frieren. Vielleicht ist er krank; da läßt er sich von der
Herbstsonne bescheinen, die soll ihn gesund machen. L. Ihr habt
auch dort gesessen! Sch. Gestern ruhte eine Frau dort aus; ich war
mit meinem kleinen Bruder dort; mein Großvater ist mit mir dort-
hin gegangen, ich sagte: „Dort kannst du ausruhen; du hast ja
einen hübschen warmen Rock an!" L. Was hat nur Mar auf
— 238 —
seinem Hute, eine ganz lange, weiße Fahne! Sch. Das ist ein weißer
Faden; solche fliegen im Herbste viel in der Luft umher. Sie hängen
sich an unsere Sachen, an die Drähte und Laternen auf der Straße,
an die Bäume. Ich will gern wissen, woher die Fäden kommen!
L. Die Leute erzählen: Es sitzen kleine Spinnen drauf, so wie die
Menschen auf einem Schiffe oder auf der Eisenbahn und machen eine
weite, weite Reise. — Nimm den Faden herunter! Sch. Er bleibt am
Finger hängen; er klebt. L. Dort an dem Laden nehmen zwei
Männer die Plane ab, die im heißen Sommer einmal nicht herunter-
gelassen war. Sch. Das habe ich gesehen. Da ist die Butter ganz
weich geworden; das Fett lief aus der Wurst; die Zitrone war ganz
trocken. — Ich habe gesehen, wie sie vor dem Gasthause an der
Straße die große Plane abgemacht haben. Im Sommer saßen dort
viele Leute; jetzt ist der Ort leer; die Tische sind zusammengeklappt.
Es ist zum Sitzen zu trübe, zu kalt, zu naß. L. Die Schwalben
merken's auch, daß es Herbst wird! Sch. Auf dem Kirchturme und
an den Drähten sitzen viele, viele Schwalben in einer langen
Reihe. Sie fliegen hin und her, noch viele kommen dazu. Sie
sammeln sich, und dann fliegen sie weit übers Meer. L. Ihr habt
euch viel mit dem Schwälbchen unterhalten; ihr ruft ihm auch zu,
wenn es im Herbste fortzieht! Sch. ,,Ade, liebes Schwälbchen; komm
bald wieder; bringe uns einen schönen Frühling mit!" L. Wenn
nun aber erst der November kommt, da gefällt uns das Wetter sehr
oft nicht mehr! Sch. Es ist oft trübe; bald regnet es; bald weht
kalter Wind. Die Sonne scheint manchen Tag gar nicht mehr. —
„Ach, wie ist es kalt geworden und so traurig, öd' und leer!" L.
Wie ganz anders ist es am Spielplatze dort geworden! Sch. Da
war ich oft, und noch viele andere Kinder mit. Da bauten wir
einen Tunnel, einen Garten und buken Sandkuchen. Jetzt ist niemand
mehr dort; es ist viel zu rauh gum Spielen draußen. L. Wenn du
dich gar auf die Erde setzen wolltest! Sch. Die ist kalt; da kriege
ich Husten und Schnupfen. L. Viele Leute werden von dem naß-
kalten Wetter krank. Das hast du auch zu Hause erlebt! Sch. Ich
hatte den Husten; eine ganze Tüte voll Bonbons habe ich gegessen;
mein kleiner Bruder hat Zahnschmerzen gekriegt; er rieb immer an
seiner Backe; mein Vater hat das Reißen bekommen; meine Groß-
mutter sitzt hinter dem Ofen, weil sie immer friert. L. Ihr hört's,
wie der Herbststurm braust! Sch. Er heult bei uns im Ofenrohre;
er summt an den Telegraphenstangen und an den Drähten; er
klappert auf dem Dache mit der Wetterfahne; er knarrt in den Asten
der Bäume. L. Es fehlt nur noch der Rabe, der nach Futter
krächzt, und ein Kranker, der vor Zahnweh mit den Füßen strampelt
und nach dem Doktor schreit; dann ist die Herbstmusik fertig! Ihr
hört's von den Leuten, daß ihnen solches Herbstwetter nicht ge-
fällt! Sch. Sie sagen: ,,Das ist ein Wetter!" ,,Wäre es doch erst
Winter, der ist uns viel lieber!" L. Nun ist es vorbei mit den schönen
weißen Sommerkleidchen und mit dem Barfußlaufen! Sch. Meine
— 239 —
Mutter sagte: „Daß du mir nicht mehr barfuß läufst, ziehe hübsch
Schuhe und Strümpfe an"; mein großer Bruder hat nicht gefolgt,
dafür ist er recht krank geworden! — Meine Mutter holt die
warmen Sachen hervor; meine Schwester trägt ihren Winterhut,
den mit den bunten Federn. L. Nun heißt es, hübsch in der Stube
bleiben. Da ist es aber gerade auch fein! Sch. Draußen wird es
bald dunkel; da brennt bei uns am Hause ein Mann die Laterne an;
wir bleiben noch ein Weilchen im Dunkeln sitzen, meine Großmutter
erzählt uns hübsche Geschichten; bei uns liegt die Katze hinter dem
Ofen und schnurrt; meine Mutter brennt die Lamve an und flickt.
Ich lese oder male oder mache wir eine Krippe aus buntem Papier.
— „Ach, käme doch erst das liebe Weihnachtsfest!" — Der Herbst
ist auf unserer Straße an allen Ecken und Enden eingezogen.
(Deutsche Schulpraxis.*)
6. Die Obstbäume im Garten und an der Landstraße
im Herbste.
I. Woher wir das Obst erhalten. Was hast du heute morgen
zu deinem Frühstück gegessen? Ich habe zu meinem Frühstück Äpfel
(Birnen, — Zwetschen, — Weintrauben usw.) gegessen. Äpfel, Bir-
nen, Zwetschen usw. heißen mit einem Worte Obst. Was haben
heute morgen fast alle Kinder mit zur Schule gebracht? Fast alle
Kinder haben Obst mit zur Schule gebracht. Im Sommer hat
niemand von euch Äpfel oder Birnen (Obst) zum Frühstück gegessen.
Weshalb nicht? Im Sommer ist das Obst noch nicht reif, das ist
jetzt erst reif. Jetzt? Welche Zeit meinst du? Herbst. Also? Das
Obst ist im Herbste reif. Wer gibt dir das Obst? Das bekomme ich
von meiner Mutter. Und woher hat es deine Mutter? Die kauft
es vom Obsthändler, der bei uns vorbeifährt. Erzähle, wie deine
Mutter Obst auf der Straße kauft! Vor unserem Hause fährt jetzt
alle Tage ein Mann vorbei, der Obst verkauft. In großen Körben
hat er Äpfel, Birnen und Zwetschen. Auf dem Wagen steht auch
eine Wage. Daneben in einem Kasten liegen Gewichte. Düten und
Zeitungspapier hat der Händler auch. Er zieht seinen Wagen ganz
langsam durch die Straßen und ruft: ,,Äpfel! Birnen! Ganz frische
Zwetschen!" Dann guckt er nack den Fenstern. Er will sehen, ob
jemand heraussieht und ihm winkt. Meine Mutter macht das Fenster
auf und sagt: Haben Sie schöne Äpfel (Birnen, Zwetschen)? Was
kostet ein Pfund? Dann sagt es der Händler. Wenn das Obst nicht
zu teuer ist, nimmt meine Mutter die Markttasche (das Marktnetz,
eine Schüssel) und geht hinunter an den Wagen und sieht es sich
an. Darf ich erst 'mal einen Apfel schmecken? Sie schmeckt und sagt:
Geben sie mir zwei Pfund. Der Händler nimmt seine Wage und
*) Wochenblatt für Präzis, Geschichte und Literatur der Erziehung und
des Unterrichts. Leipzig, Ernst Wunderlich.
— 240 —
legt in die eine Schale das Zweipfundstück, und in die andere Schale
legt er soviel Äpfel, bis beide Schalen gleich hoch stehen. Dann
schüttet er die Äpfel meiner Mutter in die Tasche und hält die Hand
hin. Meine Mutter gibt ihm das Geld. Er zählt nach und sagt:
„Es stimmt; ich danke." Er steckt das Geld ein und fährt weiter.
Meine Mutter schüttet die Äpfel in eine große Schüssel, läßt Wasser
darauf und wäscht sie ab. Die kann man so nicht essen, sagt sie.
Die haben schon viele Leute angefaßt, und dicker Straßenstaub
sitzt darauf. Schmutziges Obst ist ungesund, man kann krank davon
werden. — Nicht alle Leute kaufen das Obst auf der Straße! Wir
kriegen von unserer Butterfrau immer Obst. — Meine Mutter kaust
das Obst im Gemüseladen (Grünwarenladen). Wenn sie Kartoffeln
oder Kohl holt, dann bringt sie immer Obst mit. Meine Eltern
kaufen auf dem Markte (in der Markthalle) Obst, aber ganz große
Körbe (Kiepen) voll. Auf dem Markte kann man sich das Obst
aussuchen, da ist es auch billiger. — Wir haben im vorigen Jahre
an der Chaussee Apfel gekauft, die haben wir dann selber abgekriegt.
In diesem Jahre will mein Vater da wieder Äpfel kaufen. Er guckt
schon alle Tage in die Zeitung. Da steht es drin, wann das Obst
verkauft wird. Weshalb kauft dein Vater an der Chaussee Obst?
Da ist es nicht so teuer. Die Obsthändler kaufen es da auch, aber
gleich eine ganze Menge Bäume. — Nun nennt noch einmal alle
Leute, bei denen man Obst kaufen kann! Straßenhändler, Gemüse-
frau, Obsthändler usw. Wenn ihr diese Leute fragt, woher sie das
Obst bekommen, dann werden sie euch sagen, daß sie das Obst selbst
erst gekauft haben. Aber von wem? Sie kaufen es von den Bauern
im Dorfe oder an der Chaussee. Weshalb kaufen sie es von den
Bauern? Die haben große Obstgärten. Weshalb ißt der Bauer
das Obst nicht selber? Der hat soviel, daß er es nicht alle ver-
zehren kann. Er behält nur soviel, wie er für seine Familie braucht.
Das andere fährt er nach der Stadt, oder der Obsthändler kauft
es ihm gleich in seinem Hause ab.
II. Spaziergang nach der Landstraße. Gestern habt ihr gesehen,
woher das Obst kommt! Wir sind gestern nach B. gewesen. Wann
haben wir denselben Spaziergang schon einmal gemacht? Im Som-
mer. Gestern war das Wetter nicht so schön wie damals! Es war
sehr windig. Wir mußten die Mützen fest über den Kopf ziehen,
damit sie der Wind nicht fortriß. Erzähle von dem großen Roggen-
felde hinter der Brauerei! Der Roggen war abgemäht und einge-
fahren. Man sah nur noch die Stoppeln. Zwischen den Stoppeln
saßen viele Tauben und pickten die Körner auf, die auf dem Boden
lagen. Als wir in ihre Nähe kamen, pflogen sie fort. Erzähle
von dem zweiten Stoppelfelde! Das zweite Stoppelfeld wurde
umgepflügt. Der Knecht hatte zwei Pferde vor den Pflug gespannt,
und den mußten sie über den Acker ziehen. Das Messer am Pfluge
war ganz blank. Es ging in die Erde hinein und kippte sie dann um.
Die Stoppeln kamen alle unter die Erde. Wo der Pflug ging, war
— 241 —
immer eine lange Furche. Was kannst du vom Kartoffelfelde er-
zählen? Das Kartoffelkraut sieht jetzt ganz braun aus, es ist trocken
geworden. Die Kartoffeln sind reif. Frauen waren dabei und
gruben sie mit einem Spaten aus der Erde; andere Frauen und
Kinder lasen sie in Körbe und schütteten sie dann in die Kartoffel-
sacke. Auf dem Felde standen viele Säcke, die schon voll (gefüllt)
waren. Herr Z., wenn wir Kartoffeln roden, dann suchen wir das
Kartoffelkraut zusammen und stecken es an. In dem Feuer braten wir
uns Kartoffeln. Die schmecken fein.
Wir wollten uns ja die Apfelbäume an der Chaussee ansehen.
Wo stehen sie denn? Sie stehen an beiden Seiten der Landstraße,
ganz dicht am Graben. Erzähle von ihren Früchten! An den Äften
und Zweigen der Bäume hängen viele Äpfel. Die sind fast alle so
dick wie meine Faust. Sie sehen gelb aus und haben rote Backen.
Was ist euch an den Blättern des Apfelbaumes aufgefallen? Manche
Blätter sind schon trocken geworden und abgefallen. Sie liegen im
Graben und auf dem Wege. Wenn wir durch die Blätter gehen,
dann raschelt es. Fallen nur die Blätter vom Baume? Nein,
manchmal fallen auch Äpfel herab. Wenn der Wind die Zweige
schüttelt, dann purzeln sie herunter. Man darf aber die Äpfel,
die herabgefallen sind, nicht mitnehmen! Die gehören dem Wege-
wärter. Der geht auf der Landstraße auf und ab und paßt auf, daß
niemand Äpfel abpflückt oder aufliest. Wer dabei ertappt wird, der
wird angezeigt und muß Strafe bezahlen. — Das herabgefallene
Obst ist nicht so gut wie das gepflückte! In dem herabgefallenen
Obste (Fallobste) sitzt oft ein Wurm (zeigen!). Das Fallobst hat
Flecke (Fallflecke). (Zeigen!) Die Schale ist zersprungen. Das
Fleisch guckt hervor. Der Saft läuft heraus. Das Fallobst hält sich
nicht. Es muß bald gegessen oder gekocht werden, sonst wird es
faul. Das Fallobst ist darum auch viel billiger als das gepflückte
Obst. —
Auf dem Wege nach B. habt ihr mir mehrmals die Fäden
gezeigt, die in der Luft umherflogen. Wie sahen sie aus? Wie
Spinngewebe. Wir konnten sie gar nicht loskriegen. Wenn wir sie
anfaßten, saßen sie wieder «an den Fingern fest. Wo kommt das
Spinngewebe denn her? Merkt euch: Die Fäden, die jetzt in der
Luft umherfliegen, hat die Feldspinne gesponnen. Man nennt die
Fäden ,,Alter Weibersommer". In welcher Jahreszeit fliegt er
umher? Im Herbste.
III. Obstgärten im Dorfe. Was haben wir uns im Dorfe be-
sonders angeschaut? Die Obstgärten. Denkt an den Obstgarten,
der mit einer Hecke umgeben war! Was für Bäume standen an der
Hecke? Zwetschenbäume. Weshalb hingen ihre Zweige so tief herab?
Es hingen soviele Zwetschen an den Zweigen. Was weißt du von
den Zwetschen zu erzählen? Die Zwetschen haben eine blaue Haut,
^hr Fleisch ist gelb und sehr saftig. In der Mitte ist ein harter
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 16
— 242 —
Stein. Wenn man den aufklopft, dann findet man einen Kern
darin. Den kann man aber nicht essen. Nun ein Rätsel:
Wer ist so klug, wer ist so schlau?
Dem schüttle ich was vom Bäumchen;
's ist innen gelb und außen blau,
Hat mitten drin ein Steinchen.
Was ist gemeint? Die Zwetsche. Wie kriegt der Bauer die Zwet-
schen vom Baume herunter? Er schlägt mit einer langen Stange
dagegen. Er stellt eine Leiter an den Baum und pflückt sie ab. Er
faßt an den Stamm und schüttelt ihn. Er steigt auf die Leiter und
schüttelt die Zweige. Wann fallen die meisten herunter? Wenn
er die Zweige schüttelt. Dann ist es, als ob es Zwetschen regnete.
Weshalb sage ich, als ob es Zwetschen regnete? Weil soviele
herabfallen. Manchmal schüttelt jemand die Zweige, und doch ist
niemand zu sehen. Wer mag das sein? Hört:
Es steht ein Baum im Garten,
, Von Pflaumen voll und schwer,
Die Kinder drunten warten
Und lauschen rings umher,
Ob nicht 'der Wind ihn rüttelt
Und all' die Pflaumen schüttelt,
Daß alle purzeln kreuz und quer.
Wer steht unter dem Baume? Kinder. Worauf warten sie?
— Wo mag denn der Wind nur stecken, daß er den Baum noch nicht
rüttelt und schüttelt?
Da horch, wie's rauscht und zappelt!
Im Wald wacht auf der Wind.
Schon zischelt er und zappelt
Und trappelt her geschwind
Und biegt und wiegt die Äste,
Daß schier in ihrem Neste
Die Finken nimmer sicher sind.
Wo steckt der Wind? Wald. Aber jetzt wacht er auf. Woran
merkt man das? — Und was tut er nun? — Wie sehr rüttelt
und schüttelt er die Äste? —
Nun fällt ein Pflaumenregen,
Der aber macht nicht naß.
Im Eras herum zu fegen,
Ist da der größte Spaß.
O Wind, o Wind, o rüttle,
O Wind, o Wind, o schüttle,
Wir lesen ohne Unterlaß. (Fr. Güll.)
Was fällt vom Baume herunter? — Was macht euch Kin-
dern dann viel Spaß? — Um was bitten sie deshalb den Wind? —
Am Earteneingange stand ein Baum, der übertraf alle anderen
an Größe. Was war das für ein Baum? Walnußbaum. Weshalb
haben wir seine Früchte mit unreifen Äpfeln verglichen? Weil sie
ganz grün waren. Was ist an den Walnüssen nur grün? Die
Schale. Erzähle von den Walnüssen? Wenn man von den Wal-
— 243
nauen die grüne Schale abmacht (entfernt), dann sehen sie braun
ans. Die braune Schale ist so hart wie ein Stein. Was essen wir
denn nun von der Walnutz? Den Kern, der in der braunen Schale
sitzt. Der schmeckt süß. Wie machst du den Kern aus der Schale
heraus? Ich klopfe die Nuß mit dem Hammer auf. — Ich beiße
sie mit den Zähnen entzwei. — Ich breche sie mit dem Messer auf.
— Ich mache sie mit dem Nußknacker auf. — Ich werfe sie mit
aller Kraft auf den Boden. — Ich trete mit dem Fuße darauf. —
Ich lege sie in die Türspalte usw.
Wir haben uns auch einen Obstgarten angesehenem welchem
vorzugsweise Apfel- und Birnbäume standen. Was fiel euch an
den Apfelbäumen auf? Unter den Zweigen standen Stangen
(Stützen) - die Zweige sollten nicht abbrechen. Wie ist denn das mög-
lich? Die Äpfel sind immer dicker und schwerer geworden und ziehen
die Zweige tief herunter. Wenn ein starker Wind kommt, brechen
sie ab. Im Sommer standen aber doch keine Stützen unter den
Zweigen! Da waren die Äpfel noch ganz klein, nicht einmal so
dick wie eine Erbse. Dann wurden sie so dick wie eine Haselnuß,
dann so dick wie eine Walnuß. And jetzt? Jetzt sind sie so dick
wie ein Ball (wie meine Faust). Und diese dicken Äpfel (viele Körbe
— Kiepen voll) hat müssen der Apfelbaum den ganzen Sommer
hindurch tragen. Wenn ihr diese Äpfel mit ausgestreckten Armen
tragen müßtet! Das könnten wir nicht. Wir könnten nicht einmal
die Arme leer so (ausgestreckt) lange halten. Darum hat sich der
Baum gewiß gefreut, als seine Zweige gestützt wurden. Welche
Farbe hatten denn die Äpfel zuerst? Grüne Farbe. Ein kleiner
Knabe sah die grünen Äpfel und dachte: Ich will sie einmal
schmecken. Er biß hinein. Was meint ihr, was der Knabe getan
hat? Schnell ausgespuckt, Apfel weggeworfen. Der schmeckt sauer,
ist noch nicht reif, hat noch weiße Kerne, den kann man nicht essen.
Die Sonne schien aber den ganzen Sommer durch recht heiß auf
die grünen Äpfel! Da wurden sie schön gelb, und zuletzt kriegten
sie rote Backen. Aber nur auf welcher Seite? — Wenn der kleine
Knabe jetzt einen Apfel probiert? Jetzt schmecken sie schön süß,
jetzt sind sie reif. Sie haben dunkle (schwarze) Kerne. Was tut
deshalb der Bauer? Er kriegt (pflückt) das Obst ab.
IV. Wie das Obst an der Landstraße verkauft wird. Was wird
mit dem Obste an den Landstraßen gemacht, wenn es reif ist? Ver-
kauft. Wer verkauft das Obst?--Ich will's euch sagen: Das
verkauft der Mann, der die Aufsicht über die Landstraßen hat
(Wegebauaufseher). Auf welche Weise erfahren es die Leute, wann
das Obst an den Straßen verkauft wird? Das wird in der Zei-
tung bekannt gemacht. — In der Zeitung steht, an welchem Tage
und zu welcher Stunde das Obst verkauft wird, und an welcher Stelle
mit dem Verkauf begonnen wird. An der Straße nach Broitzem
werden gewöhnlich die Bäume hinter Balhorns Brauerei zuerst ver-
kauft. Wer wird sich zu der angegebenen Zeit dort einfinden? Wer
16*
— 244 —
Obst kaufen will. Gewöhnlich stellen sich sehr viele Käufer ein;
aber auch viele Obsthändler sind darunter. Wie die Äpfel im
vorigen Jahre verkauft wurden, ist mein Vater auch nach der
Broitzemerstraße gegangen. ■— Meine Mutter ist auch da gewesen,
in diesem Jahre will sie wieder hin. Wenn der Verkauf beginnt,
schreibt der Aufseher mit Kreide eine 1 an den ersten Baum und
sagt: Der wird zuerst verkauft. Wer bietet daraus (setzt ihn ein)?
Dann sagt ein Käufer: Ich gebe 5 Mark; ein anderer: Ich gebe
6 Mark; ein dritter: 7 Mark; ein vierter: 7,50 Mark. Nun
ist's still; keiner will mehr für den Vaum geben. Wer erhält
ihn? Der das meiste (7,50 Mark) geboten hat. Er gibt dem
Aufseher das Geld, und nun darf er sich die Äpfel abpflücken.
Der Aufseher schreibt an den zweiten Baum eine 2; der soll
jetzt verkauft werden. Wer erhält ihn? Wer das meiste bietet.
So verkauft der Aufseher sämtliche Bäume an der Landstraße. Aber
nicht immer wird ein Baum nach dem andern verkauft, zuweilen
werden zwei, drei und noch mehr auf einmal verkauft. Welche
Leute kaufen die meisten Bäume? Obsthändler.
V. Die Apfelernte. Wer freut sich ganz besonders, wenn der
Vater recht viele Äpfel an der Landstraße kauft? Die Kinder. Die
warten zu Hause mit Ungeduld aus die Rückkehr des Vaters. End-
lich kommt er. Die Kinder lausen ihm entgegen. Hast du Äpfel ge-
kauft, Vater? Ja, sagt der Vater, schöne Gravensteiner, und heute
mittag wollen wir sie abkriegen! Da jubeln die Kinder, laufen
nach der Mutter und rufen: ,,Mutter, der Vater hat schöne Graven-
steiner gekauft! Heute mittag kriegen wir sie ab." Weshalb will
der Vater die Äpfel schon so schnell abpflücken? Sind reif, der Wind
kann sie abwerfen, sie können gestohlen werden. Der Wegewärter
paßt nicht mehr auf die Bäume, wenn sie verkauft sind. Nun
werden alle Geräte herbeigeholt, die zum Apfelabkriegen nötig sind.
Welche sind das? Leiter, Kiepen, Körbe mit Haken, Stricke, Apfel-
pflücker. Wie schaffen sie diese Geräte nach der Landstraße? Der
Vater packt sie auf den Handwagen, die Knaben spannen sich davor,
und dann geht die Fahrt los. Jetzt ist die Landstraße erreicht. ,,Das
ist unser Baum!" sagt der Vater. ,,O, wie herrlich! Und wie voll
er sitzt!" rufen die Kinder. Aber nun beginnt die Arbeit. Zuerst
muß die lange Leiter aufgerichtet werden. Erzähle, wie dein Vater
das macht! Ein Mann (unser Nachbar) stellt sich unten gegen die
Leiter und mein Vater richtet sie dann auf. Weiter! Er stellt sie
ganz langsam und vorsichtig an einen dicken Zweig, er will keine
Äpfel abschlagen. Dann steigt er auf der Leiter hinauf. In der
linken Hand hat er einen Korb, und mit der rechten hält er sich an
der Leiter fest. Wenn er oben ist, hängt er den Korb an den
Baum, und die Leiter bindet er an einem Aste fest. Weshalb bindet
er die Leiter fest? Die Leiter kann von dem Zweige abrutschen,
und dann fällt der Vater herunter. Erzähle, wie der Vater die
Äpfel abpflückt! Der Vater faßt einen Apfel, bricht ihn ab und
— 245 —
legt ihn behutsam in den Korb. Er bricht alle Äpfel ab, die er er-
reichen kann. — Die schönsten Äpfel sitzen gewöhnlich an der Spitze
des Zweiges. Die kann er aber nicht erfassen. Wie hilft sich da
der Vater? Er nimmt einen langen Haken, zieht damit die Spitze
des Zweiges her und pflückt die Äpfel dann ab. Und wenn er auch
auf diese Weise keine Äpfel mehr erreichen kann? Dann setzt er die
Leiter an einen anderen Ast und pflückt da. Wenn der Korb voll
ist, kommt der Vater herunter, und wir Kinder legen die Äpfel be-
hutsam in die Kiepe oder in Säcke. Warum behutsam? Damit
sie keine Flecke kriegen, sonst werden sie faul. Bald hat der Vater
alle Seiten des Baumes leer gepflückt, nur in der Spitze sitzen noch
ganz prächtige Äpfel. Wie bringt der Vater die herunter? Er bricht
sie mit dem Apfelpflücker ab. Und wenn das nicht geht? Dann
schüttelt er sie ab. Dabei fällt euch wohl ein Apfel aus den Kopf
oder gar auf die Nase.
Ich sah ein Büblein kerngesund
Mit frischen roten Wangen,
Mit einem Köpfchen kugelrund,
Hoch, hoch am Baume hangen.
Kopfunter, denkt euch, hing es da
Und schien vergnügt und munter,
Und als ich es so baumeln sah,
Da fiel es, patsch, herunter.
Es fiel mir .auf die Nase gar,
Das schien mir sehr vermessen;
Drum Hab' ich gleich mit Haut und Haar
Das Bürschchen aufgegessen. (R. Reinick.)
So ein keckes Bürschchen! Welche Strafe erhielt er für seine
Keckheit? — Mit ,,Haut und Haar"? Der Knabe hat den Apfel
gleich mit der Schale aufgegessen, er hat ihn vorher nicht geschält.
Trotzdem mundete er prächtig. Der Saft floß dem Knaben aus
dem Munde.
Nun ist der Baum leer, Kiepen und Säcke aber sind gefüllt.
Jetzt kommen die Knaben wieder an die Reihe! Die Knaben müssen
die Äpfel nach Hause fahren. Die Knaben merken es aber, daß ihr
Wagen jetzt beladen ist! Ja, sie müssen tüchtig Ziehen. Was tut
der Vater deshalb? Schiebt. Nun geht's heim! Aber was für
ein Leben heute auf der Broitzemerstraße herrscht! An jedem Baume
stehen Leitern, in jedem Baume sieht man Leute, die Äpfel pflücken.
Alle sind fleißig, denn sie möchten gar zu gern vor Abend mit dem
Obstabkriegen noch fertig werden. Unter den Bäumen stehen Kinder
und passen auf, ob der Vater oder der große Bruder einen Apfel
herabfallen läßt. Da sind auch viele Kinder, deren Eltern gar
keine Äpfel gekauft haben! Die gehen die Straße auf und ab, stecken
sich die Taschen voll Äpfel und essen nach Herzenslust. Denkt an
den Wagenverkehr! Da sind viele Handwagen und große Wagen,
auf denen die Äpfel nach Haus gefahren werden. Leere Wagen
kommen und wollen Äpfel holen. — Nun müssen wir aber „unsere
— 246
Pferde" ein wenig antreiben, damit sie noch zeitig nach Hause kom-
men. Wer wartet schon lange auf sie? Mutter. Weshalb? Sie
möchte auch gern die schönen Äpfel sehen und schmecken. Wo be-
wahren die Eltern die Äpfel auf? Die gepflückten Äpfel bringt
die Mutter in den Keller. Sie legt jeden Apfel sorgfältig in das
Apfelbört. Das Fallobst bringen die Knaben in die Küche (Speise-
kammer). Was macht die Mutter damit? Sie kocht von dem
Fallobst Apfelmus. Ein Apfelmusbrot schmeckt schön zum Kaffee.
— Meine Mutter kocht oft Äpfel und Kartoffeln. — Wir backen
manchmal einen Apfelkuchen. — Die gepflückten Äpfel bewahrt die
Mutter für den Winter zum Essen auf. Nach dem Abendessen holt
sie einen Teller voll Äpfel aus dem Keller, und die ganze Familie
läßt sie sich gutschmecken.
VI. Vom schlafenden Apfel. Der Vater der kleinen Anna hat
von sämtlichen Bäumen im Garten die Früchte abgenommen. Am
anderen Tage geht Anna in den Garten und sucht unter allen
Bäumen. Was kann sie suchen? Äpfel. Sie findet aber keine, ihr
Suchen ist vergeblich. Da sieht sie in die Höhe und erblickt in der
Spitze des großen Apfelbaumes einen wunderschönen Apfel. Ich
weiß, was Anna denkt! Ach, wenn ich doch den Apfel hätte! Ganz
gewiß. Aber der Apfel sitzt da oben zwischen den grünen Blättchen
und hat sich vom Winde in den Schlaf wiegen lassen. Was kann
das Kind tun, damit der Apfel aufwacht? Es kann den Apfel rufen,
mit einem Stein nach ihm werfen, den Baum schütteln. — L.
Wir wollen sehen.
Im Baum, im grünen Bettchen
Hoch oben sich ein Apfel wiegt,
Der hat so rote Bäckchen,
Man sieht's, daß er im Schlafe liegt.
Ein Kind steht unterm Baume,
Das schaut und schaut und ruft hinaus:
„Ach, Apfel, komm herunter!
Hör endlich doch mit Schlafen auf."
Es hat ihn so gebeten.
Glaubt ihr, der wäre aufgewacht?
Er rührt sich nicht im Bette,
Sieht aus, als ob im Schlaf er lacht.
Da ?ommt die liebe Sonne
Am Himmel hoch daherfpaziert. —
,,Ach, Sonne, liebe Sonne!
Mach du, daß sich der Apfel rührt!"
Die Sonne spricht: „Warum nicht?"
Und wirft ihm Strahlen ins Gesicht,
Kützt ihn dazu so freundlich;
Der Apfel aber rührt sich nicht.
Nu schau! da kommt ein Vogel
Und setzt sich auf den Baum hinauf.
„Ei, Vogel, du mutzt singen,
Eewitz, gewitz, das weckt ihn auf!"
Der Vogel wetzt den Schnabel
Und singt ein Lied so wundernett,
Und singt aus voller Kehle; —
Der Apfel rührt sich nicht im Bett! —
Und wer kam nun gegangen?
Es war der Wind, den kenn' ich schon,
Der kützt nicht und der singt nicht,
Der pfeift aus einem andern Ton.
Er stemmt in beide Seiten
Die Arme, bläst die Backen auf
Und bläst und bläst, und richtig,
Der Apfel wacht erschrocken auf,
Und springt vom Baum herunter
Grad' in die Schürze von dem Kind,
Das hebt ihn auf und freut sich
Und ruft: „Ich danke schön, Herr Wind !"
(R. Reinick.)
Wo steht das Kind? Unter dem Apfelbaume. Weshalb schaut
es nach der Spitze des Baumes? Es hat da einen Apfel gesehen
(entdeckt). Weshalb denkt es, der Apfel schläft? Weil er so rote
— 247 —
Bäckchen hat. Im Schlafe bekommt dein kleines Brüderchen auch
rote Bäckchen. Was mutz der Apfel haben, wenn er schlafen will?
Bett. Wo hat der Apfel sein Bettchen? Auf dem Apfelbaume,
zwischen den grünen Blättern. Was für ein Bettchen ist es (der
Farbe nach)? Ein grünes Bettchen. Warum wünscht das Kind,
daß der Apfel aufwachen soll? Es möchte ihn gern haben. Was
tut das Kind, um ihn aufzuwecken? Es ruft ihn. Es ruft: Ach,
Apfel, komm herunter! Höre doch endlich auf zu schlafen! Woraus
sehen wir, daß der Apfel sehr fest schlafen mutz? Er hört das Rufen
nicht, er wacht nicht auf, er rührt sich nicht in seinem Bette. Er sieht
aus, als ob er im Schlafe lacht. Wen bittet nun das Kind, den
Apfel aufzuwecken? Sonne. Auf welche Weise versucht es die Sonne?
Sie wirft dem Apfel Strahlen ins Gesicht und kützt ihn freundlich.
Aber? Der Apfel rührt sich doch nicht. Da fliegt etwas durch die
Luft und setzt sich auf den Baum. Wer ist das? Vogel. Was tut
das Kind (wie bei der Sonne)? Es bittet den Vogel, er soll den
Apfel aufwecken. Was kann der Vogel tun, damit der Apfel auf-
wacht? Er kann singen. (Davon würdest du sogar aufwachen, wenn
es in deinem Schlafzimmer geschähe.) Was tut der Vogel auch?
Er singt. Vorher noch etwas! Er wetzt den Schnabel. Wie macht
das der Vogel? (Mache es nach! —) Was wird in der Küche
gewetzt? Messer. Warum? Es schneidet dann besser. Warum wetzt
der Vogel den Schnabel? Damit er besser singen kann. Erzähle,
wie der Vogel singt! Wundernett, aus voller Kehle. Was erreicht
er durch seinen Gesang? Gar nichts, der Apfel rührt sich doch nicht.
Wen bittet das Kind zuletzt? Wind. Ob der wohl helfen kann?
Ja, der schüttelt den Apfel herunter. Warum gleicht der Wind
nicht der Sonne? Er kützt nicht. Warum gleicht er nicht dem Vogel?
Er singt nicht. Was wird uns von ihm gesagt? Er stemmt die
Arme in beide Seiten und bläst die Backen auf. Mache es ihm nach!
Was geschieht, als der Wind so bläst? Der Apfel wacht erschrocken
aus. Weiter! Er springt vom Baum herunter und dem Kinde
gerade in die Schürze. Woraus sehen wir, datz das Kind dankbar
ist? —
Zugaben:
1. Rätsel.
Ihr sollt mir ein Rätsel raten:
Man ißt es gekocht und gebraten.
Doch ist es Fleisch, nicht Fisch. —
Guckt nur in den Ofen hinein,
Bald wird es gebraten sein. (O. Pletsch.)
2. Rätsel.
Im Häuslein mit fünf Stübchen
Da wohnen braune Bübchen.
Nicht Tür und Tor führt ein und aus,
Wer sie besucht, verzehrt das Haus.
(Kinderhumor für Auge und Ohr.)
— 248 -
3. Rätsel.
W>as Hab' ich für ein Büblein im Sinn?
Es hat ein rundes Erüblein im Kinn,
Dazu ein rotes Bäckchen wie Elut,
Es steht sein grünes Jäckchen ihm gut,
Die Kläppchen und Läppchen sind sein;
Doch ist ihm sollst sein Läppchen zu klein.
Es hat sich oft geschwungen im Wind,
Ist hin und her gesprungen geschwind.
Da fiel's vom Steckengäulchen ins Gras;
Dort fand's nach einem Weilchen die Bas'.
Und hat's ins Kämmerlein getragen. Dort liegt's.
Wer ktonn den Namen sagen? Der kriegt's. ^Fr. Güll.)
Ein Dieb ist in meinem Garten,
Die Äpfel schüttelt er mir.
Da darf ich nicht lange warten —
Geschwinde! Schon bin ich hier! -
Und wieder zu spät gekommen!
Der Schelm ist schon wieder fort.
Doch mit h>at er nichts genommen,
Die Äpfel liegen noch dort.
Rätsel.
Horch! Ist er etwa da drüben!
Im Baume dort schüttelt er noch.
Ich Hab' mir die Augen gerieben,
Und nirgends seh' ich ihn doch.
Und wer mir den Schelm kann fangen
Und wer seinen Namen weiß,
Der soll zwei Äpfel empfangen;
Die Mutter bezahlet den Preis.
5. Der Apfelbaum.
Der Apfelbaum, das ist ein Mann!
Kein and'rer gibt so gern wie der.
Im Winter, wenn man schüttelt dran.
Da gibt er Schnee die Fülle her;
Im Frühling wirft er Blüten nieder;
Im Sommer herbergt er die Finken;
Im Herbst streckt er die Zweige nieder,
Die voller Frucht zur Erde sinken.
Drum kommt und schüttelt, was ihr könnt,
Ich weiß gewiß, daß er's euch gönnt.
(R. Reimeft.)
6. Warum wir den Apfelbaum lieben.
Herr Apfelbaum, dich lieb' ich recht,
Du bist ein alter, getreuer Knecht;
Zu dir komm' ich manch Jahr schon her
Und nie sind deine Taschen leer;
Drum sag' ich's frei: Dich lieb' ich recht,
Du bist ein alter, getreuer Knecht.
Mehr trägst du als der stärkste Mann,
Die Schultern voll bis obenan
Und jede Hand noch schwer bepackt,
So daß dir Arm und Rücken knackt.
Drum sag' ich's frei: Dich lieb' ich recht,
Du bist ein alter, getreuer Knecht.
Jetzt kommt dein Herr; von Ast zu Ast
Nimmt er dir ab die schwere Last.
Er trägt sie heim nach Fach und Schrank
Und sagt dir nicht ein Wörtchen Dank.
Du aber meinst: Wer nützt und nährt,
Nicht erst in Worten Dank begehrt.
7. Obsternte.
Heut' gibt's ftn Garten großen Schmaus!
Drum von der Schule schnell nach Haus!
Das reife Obst wird abgenommen;
Wir haben's init großer Lust vernommen.
Schon lange lüstet's unfern Gaumen
Nach Äpfeln, Birnen und nach Pflaumen.
Nur flink! Die Körbe in die Hand!
Die lange Leiter von der Wand!
Die Knaben rasch zum Baum hinauf!
Die Mädchen sammeln fleißig auf!
— 249 —
Kopf weg! Die Hände jnif zum Fangen!
Mit H.aken und mit langen Stangen
Erreichen wir die höchsten Spitzen,
Wo dicke, gold'ne Äpfel sitzen.
Plumps, fällt es hier und dort herunter.
Wir holten uns're Schürzen unter
Und salnmeln fleißig die Körbe voll;
Zum Schmaus gibt's einen reichen Zoll.
Wir aber wollen beim Apselessen,
Dem Herbst zu danken, nicht vergessen. (A. Hermann.)
3. Der Knabe vor dem Apfelkorbe.
Ein Knabe ging in ein Haus, Um einen anderen Knaben zur Schule ab-
Zuholen. Er trat in das Zimmer, sah aber niemand darin. Schon wollte er
wieder fortgehen, da bemerkte er am Fenster einen Korb voll Äpfel stehen. „Das
sind schöne Äpfel," dachte er bei sich, ging näher hinzu und sah sie begierig an.
Schon griff er mit der Hund nach dem Korbe, um einen Apfel zu nehmen, da
besann er sich und sagte: „Nein, das darf ich nicht tun, das wäre schlecht von
mir; wenn mich auch kein Mensch sieht, so sieht mich doch Gott. Er weiß
\a alles."
Er^ ließ Korb und Äpfel stehen und wollte gehen. „Halt, bleib!" rief
jemand im Zimmer. Wie da der Knabe erschrak! — Hinter dem Ofen saß ein
alter Mann, der stand nun auf, ging auf ihn zu und sagte: „Fürchte dich
nicht! Du bist ein gutes Kind, weil du Eott vor Augen gehabt hast. Jetzt
nimm dir Äpfel, soviel du willst. Merke dir fürs ganze Leben den Spruch:
Wo ich bin und was ich tu',
Sieht mir Eott, mein Vater, zu.
(Ä. Jais.)
Formen: Apfel, Birne, Iwetsche, Walnuß.
Malendes Zeichnen:
— 251 —
Gesang:
Vom schlafenden Apsel.
Etwas ichncll und heiter.
J/Z3L = _w*- ^ ——*■ ^ r *
■ ( - 9-4-" « feä —V—-—— —{—0-0- / Baum, im gr u - nen B e tt - chen, V > hock o - ben sich cm A - pfel » 5 5 ^ - j J g - rote -V-i * -i—0- 3t, der 33E|
u hat jo i'D - 1 c Bäck' chen, man sieht'S, vaß er Ml Schlade liegt.
Verse Seite 246.
7. Nebel, Tau, Reif.
I. Der Nebel. War's heute schön auf dem Schulwege? Nein,
man konnte nicht weit sehen. Wie ich bei uns durchs Fenster
guckte, konnte ich unseren Kirchturm nicht sehen. Und du? Ich
konnte in unserem Garten die Bäume nicht sehen. — Ich konnte die
Häuser bei uns gegenüber nicht sehen usw. Wie geht das zu? Es
ist heute neblig, — wir haben nebliges Wetter, — das macht der
Nebel. Wo befindet sich der Nebel? In der Luft fliegt er umher.
Wie sieht er denn aus? Er sieht weiß, — grau, — wie Dampf,
— wie ein Schleier aus. Wie macht er die Luft? Trübe. Wie
weit könnt ihr deshalb auch nur sehen? Ein paar Schritte weit.
Wir merken uns: Der Nebel ist in der Luft. Er macht die Luft
trübe. In trüber Luft können wir nicht weit sehen.
Du bist besonders lange im Nebel gegangen. Befühle deinen
Rock! Er ist feucht. Du auch! Mein Rock ist auch feucht. — Meine
Jacke auch. — Meine Mütze ist auch feucht geworden. Wie geht
das zu (es hat doch nicht geregnet!)? Das kommt vom Nebel. Der
Nebel macht die Kleider naß. Nicht die Kleider allein. Ist euch
an den Platten auf dem Fußwege nichts aufgefallen? Die waren
feucht. Und an den Pflastersteinen auf der Straße? Die waren auch
feucht. Was hat der Nebel sonst noch naß gemacht? — Womit
machst du beim Waschen Gesicht und Hände naß? Mit Wasser.
Was muß der Nebel sein,, wenn er so viele Dinge naßi macht? Wasser.
Das Nebelwasser hat aber nicht so große Tropfen wie der Regen.
Weshalb können wir die einzelnen Wassertropfen im Nebel nicht
sehen? Zu fein. Wir merken: Der Nebel ist ganz feines Wasser,
das in der Luft herumfliegt.
II. Der Tau. Die feinen Wassertröpfchen des Nebels schwim-
rnen (fliegen) in der Luft umher wie ganz kleine Seifenblasen.
Bald fliegen sie gegen einen Baum oder Strauch, bald setzen sie sich
auf das Gras oder auf die Erde, und dann sitzen sie fest. Auf dem
Grase usw. rücken die feinen Wassertröpfchen ganz dicht zusammen.
Man sieht's ihnen auch an, daß sie zusammengerückt sind! Sie sind
größer geworden. Was wird aus den feinen Wassertropfen, wenn
— 252 —
sie zusammengehen oder zusammenfließen? — Ja, ein richtiger großer
Wassertropfen. Wie nennt man die Wassertropfen am Grase, die
aus dem Nebel entstanden sind? Tau. Die Tautropfen hängen
wie glänzende Perlen am Grase. Und wie glitzern sie, wenn die
Sonne dagegen scheint! Aber weshalb lassen die Grashalme ihr
Köpfchen hängen, wenn die Tautropfen daran sitzen? Der Tau
ist schwer. Aber der Nebel? Der ist leicht, fliegt in der Luft umher.
Was sagen die Leute, wenn sie den Tau am Grase sehen? Es hat
getaut. Und wenn wir durchs Gras gehen, wenn es getaut hat?
Dann werden unsere Stiefel naß. Das haben wir bei Karl und
Rudolf gesehen, die im Garten durch das Gras gehen mußten.
III. Wie der Nebel fällt oder steigt. Schaut durchs Fenster
nach dem Nebel! Was bemerkt ihr? Er ist bald fort. Wo ist er
geblieben? An alle Gegenstände gesetzt. Was haben uns Karl
und Rudolf erzählt, die auf dem Hofe (im Garten) nach dem Grase
schauen mußten? Das Gras ist ganz naß — Tautropfen hängen
daran. Ihr wißt, wovon! Der Nebel ist daraufgefallen. Der
Nebel ist niedergefallen. Wo ist nun kein Nebel mehr zu sehen? In
der Luft. Sage, wo der Nebel zuerst war und was dann mit ihm
geschehen ist! Der Nebel war zuerst in der Luft und ist dann nieder-
gefallen. Wie wird die Luft, wenn der Nebel niederfällt? Hell,
klar. Die Sonne scheint. Jetzt bekommen wir schönes Wetter. Heute
haben wir einen schönen Herbsttag. Wir merken: Wenn der Nebel
niederfällt, bekommen wir schönes Wetter.
(Einige Tage später:) Heute haben wir wieder Nebel gehabt.
Sage, was du an den Pflastersteinen wahrgenommen hast! Die
sind heute trocken. Was hast du am Grase beobachtet? Ist auch
trocken, heute hängen keine Tautropfen daran. Wohin ist der Nebel
also nicht gefallen? Aufs Gras — auf die Erde. Wo mag er denn
nur geblieben sein (wir sehen ihn doch nicht mehr!)? Er ist in
die Höhe gestiegen. Und wenn ihr zum Fenster hinausseht, so seht
ihr ihn noch jetzt am Himmel. Was seht ihr denn dort am Himmel?
Wolken. Das ist der Nebel, den ihr heute morgen hier unten auf
der Erde gesehen habt. Sage, wo der Nebel zuerst war und was er
dann getan hat! Heute morgen war der Nebel hier unten, und dann
ist er in die Höhe gestiegen. Gib an, wie der Himmel jetzt aussieht?
Der Himmel ist grau, — mit Wolken bedeckt. Das Wetter ist trübe.
Wir haben einen trüben Herbsttag. Wir merken: Wenn der Nebel
in die Höhe steigt, bekommen wir trübes Wetter. Zusammen-
fassung! —
IV. Der Reif. Was ist euch heute auf eurem Schulwege ganz
besonders aufgefallen? Das Gras war weiß. Die Zweige der
Bäume, die Dächer usw. waren weiß. Es ist heute kalt. Dann hat
es gewiß geschneit? Nein, das war kein Schnee. Oder Zucker?
— Ich weiß es, das ist Reif. Es hat gereift. Der Reif ist aus dem
Nebel geworden, der in der Nacht in der Luft war. Wohin ist
er gefallen? Gras, Dächer usw. Wie wurde das Gras usw. da-
— 253 —
durch? Naß. Nun war es in der vergangenen Nacht recht kalt. Was
ist da geschehen? — Die feinen Wassertröpfchen sind gefroren und
bilden einen weißen Überzug am Grase, aus den Dächern, Brettern
usw. Wie nennt man diesen weißen Überzug? Reif. Wann kann
aus dem Tau aber nur Reif werden? Wenn es kalt ist, stiert. Wir
merken: Der Reif ist gefrorener Tau. Was wird aus dem Reif,
wenn die Sonne scheint? —
(Das Faß hat Reifen. Das Obst ist reif.)
Zugaben:
1. Am Fenster.
Ich schau in den weißen Nebel hinaus
Und seh keinen Baum, keinen Strauch und kein Haus,
Kein Pferdchen am Wagen,
Keinen Hund auf dem Platz,
Keinen Vogel im Garten,
Nicht mal einen Spatz.
Kein blauer Himmel,
Keine Sonne rausguckt:
Der weiße Nebel hat alles verschluckt. ((E. Kreidolf.)
2. Der verschwundene Morgentau.
Der Tau, der früh im Grase lag,
Verschwunden ist er all am Tag,
Wo ist er hingekommen?
Die Blümlein tranken all davon;
Was übrig blieb, das hat die Sonn'
Am Morgen mitgenommen. (Adolf Schults.)
8. Die Wolken.
I. Der wolkenlose Himmel. Wir haben gestern den Himmel
betrachtet. Was habt ihr gesehen? Der Himmel sah blau aus.
Die Sonne schien so schön. Es waren keine Wolken am Himmel.
Wie nennt man solches Wetter? „Schönes" Wetter. Bei schönem
Wetter sitzt ihr nicht gerne in der Stube! Nein, wir spielen auf dem
Hofe, im Garten, auf der Straße. Die großen Leute gehen spazieren.
Solches Wetter wünscht sich die Mutter, wenn sie ,,große Wäsche"
hat! Dann kann sie die Wäsche auf den Hof, in den Garten hängen.
Sie trocknet schnell. Was sagt man von der Sonne, wenn sie so
schön scheint? Die Sonne lacht. And vom Himmel? Der Himmel
ist heiter.
II. Wie die Wolken gefärbt sind. Jetzt ist der Himmel nicht
ganz blau. Was ist das Weiße, das ihr am Himmel seht? Wolken.
Ihr wißt von euren Eltern, wie man die weißen Wölkchen nennt!
Schäfchen oder Lämmer.
Manchmal färbt die Sonne die Wolken so prächtig, daß man
sich gar nicht satt daran sehen kann! Ja, des Morgens und des
Abends. (Wenn die Sonne aufgeht und wenn sie untergeht.) Dann
— 254 —
sehen sie schön rot aus. Wo sehen die Wolken besonders rot aus?
Wo die Sonne aufgeht, — untergeht. Wo nicht so rot? Weit weg
von der Sonne. Da sehen sie mehr gelblich aus. Bei manchen sieht
der Rand goldig aus. (Morgenrot, Abendrot.)
Vor einigen Tagen (am Dienstag) hat uns der Himmel gar
nicht gefallen. Weshalb nicht? Am Himmel standen viele Wolken.
Diese sahen grau (dunkelgrau) aus. Die Sonne konnte man nicht
immer sehen. Vielleicht war sie gar nicht mehr da? Die Wolken
standen davor. Ganz still? Sie flogen weiter. In welcher Richtung?
Von West nach Ost. Dann fing es an zu regnen. Was heißt das?
Es fielen Tropfen auf die Erde. Ihre Größe! Sie waren ganz
klein. Sie fielen auch nicht gerade (senkrecht!) herab! Nein schräg.
Wie kam das? Der Wind blies sie zur Seite. Woher kam der
Wind? Westen. Wie nennt man den Himmel, wenn er mit grauen
Wolken bedeckt ist? Trüb. Wie nennen die Leute dieses Wetter?
„Schlechtes" Wetter. Wann hat die Mutter das schlechte Wetter
nicht gern? Wenn sie bei der „Wäsche" ist; dann wird das Zeug
nicht trocken; sie muß es auf den Boden hängen. Wann hat der
Landsmann nicht gern schlechtes Wetter? Wenn er sein Korn, —
Heu einfahren will. Deine Eltern? Wenn sie verreisen, — ein
Fest feiern wollen (Hochzeit) usw. Wenn du für deine Mutter
aus der Stadt etwas holen mußt, dann sagt sie manchmal: „Nimm
aber deinen Schirm mit, es fängt gleich an zu regnen." Woher
weiß die Mutter das? Das sieht sie an den grauen Wolken. Was
bringen uns die mit? Regen. Wie nennt man sie deshalb? Regen-
wölken.
In der vergangenen Woche hatten wir ein Gewitter. Was
habt ihr vor dem Gewitter beobachtet? Es war sehr heiß. Am
Himmel stiegen Wolken auf. Sie waren groß, sahen schwarz aus,
bedeckten bald den ganzen Himmel. Es wurde dunkel. Durch die
Wolken zuckte der Blitz. Der Donner krachte: wir hatten ein Ee-
witter. Gewitterwolken. Gewitterregen.
III. Weshalb wir die Wolken nicht zählen können. Ihr habt
versucht, die Wolken zu zählen! Ich konnte sie nicht zählen, so viele
waren es. Sie gingen durcheinander. Manchmal wurden aus einer
Wolke zwei, sie teilten sich, sie zerrissen, sie zerbrachen, sie gingen
weg, es kamen neue.
IV. Welche Gestalt die Wolken haben. Die Wolken sehen
manchmal gar wunderlich aus! Manchmal sehen sie aus wie ein Berg,
wie ein dicker Mann mit einem langen Bart, wie ein langer Streifen,
wie ein weißer Schleier, wie ein Tier mit großen Hörnern^ wie ein
großer Wald, wie eine große, schwarze Wand usw. Wenn wir die
Wolken längere Zeit betrachten, dann merken wir bald, daß sie
nicht immer so bleiben, wie sie zuerst aussahen! Ja, sie werden oft
anders. Die hohen Wolken werden niedrig, die schmalen breit,
die langen kurz usw. Sie nehmen oft eine andere Form, eine andere
Gestalt an.
— 255 —
V. Wer die Wolken treibt. Weshalb können wir wohl die
Wolken mit Vögeln vergleichen? Sie fliegen auch in der Luft umher.
Dann haben sie am Ende auch Flügel! Nein, der Wind treibt sie.
Sie fliegen bald langsam, bald schnell. Wie kommt das? Wenn der
Wind stark ist, dann fliegen sie schnell, ist er nicht stark, dann fliegen
sie langsam. Wohl immer hübsch geradeaus? Nein, sie fliegen
oft durcheinander, drücken sich zusammen, schieben einander, stoßen
zusammen usw. Je nachdem die Wolken langsam oder schnell ziehen,
sagt man: sie rennen, stürmen, fahren, reisen, wandern, schweben,
jagen, segeln usw.
Zugabe (Gesang): Die Wolken.
Mel.: Ward ein Blümlein mir geschenket.
Aus der Wolke fällt das Tröpfchen,
Fällt dem Kinde auf das Köpfchen,
Fällt auch in das grüne Gras,
Macht dem Kind die Füße naß.
Aus der Wolke zucken Blitze,
Wenn im Sommer große Hitze,
Und wenn dann der Donner spricht,
Darf sich's Kindchen fürchten nicht.
In der Wolke wohnen Winde,
Kalte, warme und gelinde,
Fächeln, wehen, sausen sehr
Um mein liebes Kindchen her.
Wolken, Winde, Blitz und Regen
Schuf der liebe Eott zum Segen,
Schuf zur Freude alle vier
Für mein liebes Kindchen hier.
(Fr. Rheinisch. Zeitschrift „Kindergarten".)
9. Der Regen.
I. Wie die Kinder im Regen nach der Schule gehen. Ist das
aber heute ein Wetter! Es regnet immerzu. — Es regnet schon seit
heute morgen. — Wie ich noch im Bette lag, da regnete es auch
schon. Der Regen klatschte immer gegen die Fensterscheiben. Das
Wasser lief immer an den Scheiben Gunter. ,,Ist das ein Hunde-
werter", sagte meine Mutter, „und nun mußt du nach der Schule.
Da wirst du aber ordentlich durchgewaschen. Zieh' man deinen
Paletot an, da kommt der Regen nicht so leicht durch." — Herr Z.,
ich wollte einen Schirm nehmen, aber meine Mutter sagte: ,,Nimm
man heute keinen mit, es ist viel zu windig, den kannst du doch
nicht halten. Häng' man deinen wasserdichten Kragen um." Wasser-
dicht?! Ja, durch meinen Kragen kommt der Regen nicht durch.
Ich bin ganz trocken geblieben. Bloß meine Strümpfe und Stiefel
sind naß. Wirklich? Dann soll dein Nachbar dein Zeug befühlen!
Ja, er ist ganz trocken. — Ich habe auch einen wasserdichten Kragen.
Ich bin auch nicht naß geworden. — Mein Bruder hat einen
Eummirock, da kommt auch kein Wasser durch. Auf welche Weise
hast du dich gegen den Regen geschützt? Ich habe meinen Schirm
aufgemacht. Wie ich aber bei der Martinikirche war, da kam ein
„doller" Wind, und der kippte meinen Schirm um. Ich konnte
ihn gar nicht wieder zurechtkriegen. Ein Mann hat meinen Schirm
wieder umgeklappt. Da habe ich ihn nicht wieder aufgemacht und
bin schnell nach der Schule gelaufen. Ich bin aber so naß geworden
— 256 —
wie ein Pudel (pudelnaß). Wem ist der Schirm auch umgetippt?
Ich konnte mit meinem Schirme gar nicht von der Stelle kommen,
so schlimm war der Wind, und wie ich mich einmal umdrehte, da
kippte mein Schirm gleich um. Ich bin patschnaß geworden, meine
Kleider backen an. — Ich konnte auch nicht von der Stelle kommen,
ich mußte ordentlich drängen. — Ich auch. — Herr Z., mein Schirm
ist nicht umgekippt. Den habe ich (so!) auf den Rücken genommen,
und da mußte ich immer laufen, ich kam ganz „von alleine" weiter.
— Mich hat der Wind auch so getrieben, ich mußte immerzu laufen.
— Ich auch. — Das ist aber doch wunderbar. Wilhelm und
Karl konnten nicht von der Stelle kommen, und euch hat der Wind
getrieben! Wie paßt denn das zusammen? Karl und Wilhelm hatten
den Wind im Gesichte, und Heinrich und die anderen hatten ihn
im Rücken. (W. und K. gingen mit dem Winde, Heinrich ging
gegen den Wind.) Wann kommt man leicht von der Stelle? —
Wann schwer? — (Das wissen die Radfahrer am besten. Wieso? —)
Wenn es regnet, werden wir nicht nur von oben naß, sondern
auch von unten. Das sehe ich an euren Kleidern! Wenn wir in
einen Sumpf (Pfütze) treten, dann spritzt das Wasser hoch. Der
Schmutz (das Schmutzwasser) spritzt an die Schuhe und Hosen,
manchmal bis oben in den Rücken. ■— Wenn er trocken ist, kann man
ihn leicht abbürsten. ■— Was habt ihr sonst noch auf eurem Schul-
wege erlebt? Meine Mütze wäre beinahe weggeflogen, g'rade wie
ich auf der Hohentorbrücke war. Es fehlte nicht viel, dann flog sie
in die Oker. — Herr Z., wenn so'n Sturm ist, dann mache ich immer
mein Sturmband runter, dann kann sie nicht wegfliegen. ■— Das
tu' ich auch immer. •— Auf der Sidonienstraße hat der Wind einem
Manne den Hut abgerissen. Der Hut rollte gerade wie ein Rad.
Der Mann lief schnell hinter dem Hute her, er hätte ihn aber nicht
wieder eingeholt, wenn ihn nicht ein anderer Mann mit dem Schirme
festgehalten hätte. Der Hut sah aber aus! Ganz naß und schmutzig
war er. Der Mann wischte ihn mit seinem Taschentuche ab, und
dann setzte er ihn wieder auf.
II. Wie die Kinder bei Regenwetter durchs Fenster auf die
Strafe gucken. Was sagt deine Mutter zu dir, wenn du mit nassen
Kleidern nach Hause kommst? Zieh' man schnell das nasse Zeug
aus, daß du dich nicht erkältest, du kriegst sonst wieder den Husten
und den Schnupfen. Dann bringt sie mir mein Sonntagszeug und
trockne Strümpfe und Schuhe (Socken). Wenn ich mich umgezogen
habe, setze ich mich ans Fenster und sehe zu, wie die Leute im Regen
laufen. Was hast du da gesehen? Ein Junge hatte sich aus seinem
Taschentuche eine Mütze gemacht. Geht denn das? Ja, wenn man
in jede Ecke einen Knoten macht. Was machten denn die Knaben in
dem Regenwetter? Sie setzten Papierschiffe auf die Gosse, die
schwammen ganz schnell weiter. Was habt ihr sonst noch beobachtet?
Vor unserem Hause fuhr ein Knecht vorbei, der hatte sich eine Pferde-
decke über den Kopf gehängt. Er wollte nicht naß werden. Der
257
Bäcker bei uns gegenüber kriegte Mehl. Der Kutscher hatte aber
ein großes Laken über den Wagen gespannt. Weshalb darf das
Mehl nicht naß werden? — Wenn die Elektrische durch die Pfützen
fährt, dann spritzt das Wasser oft bis auf den Fußweg. — Ein
Junge wollte über eine große Pfütze springen, er sprang aber mitten
hinein. Da wurde er ganz naß, und die Leute, die da vorbeigingen,
auch. Die haben aber gescholten, daß er sie so schmutzig gemacht
hatte. — Zwei kleine Mädchen gingen unter einem Schirme, sie
wurden aber alle beide naß. — Ein Mädchen nahm den Hut ab und
hielt ihn unter die Schürze, damit er nicht naß werden sollte. —
Ich habe ein Mädchen gesehen, daß hatte sich den Oberrock über den
Kopf geschlagen. Weshalb denn? Es wollte nicht naß werden.
Ich habe im Monat Mai ein kleines Mädchen gesehen, das machte
es aber umgekehrt! Das lief mit nacktem Kopfe draußen hin und
ließ sich naßregnen. Aber weshalb denn? Es wollte groß und stark
werden. — Es meinte, im Mairegen würde man schnell groß. Nun
hört, weshalb das kleine Mädchen groß und stark werden wollte!
Weshalb läßt sich das Kind naß regnen? Es will groß und
stark werden. Die Mutter soll die Hände in den Schoß legen. Was
meint das Kind damit? Die Mutter soll nichts mehr tun. Wer
will für die Mutter arbeiten? Das Kind. Erzähle alles, was das
Kind für die Mutter tun will! ■— Das Mädchen hat seine Mutter
lieb. Was kannst du jetzt schon für deine Mutter tun? — Was,
wenn du groß bist? — ,
III. Platzregen. Zuweilen regnet es noch viel stärker als heute!
Einmal war ich mit meiner Mutter in der Stadt, da hat es so
schlimm geregnet. Erst kamen bloß ein paar Tropfen, aber ganz
große. Da sah man auf den Steinen lauter schwarze Punkte. Aber
auf einmal fing es an: es rauschte und prasselte. Wie die großen
tropfen aus meinen Schirm kamen, da war es grade, als wenn
es ^ donnerte. Alle Leute fingen an zu laufen, wir auch. Wir
liefen nach dem Altstadtrathause und stellten uns da unter den Gang.
Wäret ihr dort allein? Nein, es kamen noch eine ganze Menge
Leute angelaufen. Die waren aber naß geworden. Wo sie standen,
war jedesmal ein Sumpf. Hatten sie denn keinen Schirm? O doch,
aber wenn es so ,,i>oIle" regnet, dann werden sie doch naß. Was
fiel dir an den Männern auf? Sie hatten den Rockkragen hoch-
Wenn ich erst groß bin.
Was treibst du denn für Faxen?
Du wirst ganz naß, mein Kind.
„Lieb Mütterlein, ich will wachsen,
Will wachsen im Regen und Wind.
Und wachs' ich im Wind und Regen,
Und bin ich stark und groß,
So sollst du die Hände legen
Ganz still in deinen Schoß.
Ich schaff' in Küch' und Keller,
Und alles ist mir kund:
Es klirren Schüsseln und Teller,
Es klingelt das Schlüsselbund.
So will ich dir beschicken
Das ganze Haus allein,
Will waschen, kochen und flicken,
Das soll eine Lust mir sein."
(I. ^turm.)
I i mm er man n, Anschauungsunterricht. II. Band.
17
— 258 —
gemacht und die Hosen umgeschlagen. — Wie war es denn den
Frauen ergangen? Die waren auch naß geworden. Die eine sagte:
„Mein Hut ist ganz verdorben". Ihr Zeug tropfte, und die Schirme
„liefen" wie die Wasserleitung. Regnete es denn wirklich so stark?
Die Leute sagten, es regnete „Bindfaden". Man konnte gar nicht
weit sehen. (Die Luft war fast undurchsichtig.) Wo blieb denn
das Wasser aber? Das Wasser floß ganz schnell nach den Gossen,
und in den Gossen jagte es dahin wie ein Bach. Habt ihr darauf
geachtet, wenn die dicken Regentropfen niederfielen? Die sprangen
immer wieder in die Höhe. Dann gab es Blasen. — Mein Vater
sagt immer, wenn es Blasen regnet, dann regnet es drei Tage. Wie
sieht das Wasser in den Gossen aus? Ganz schmutzig. Auf seinem
Rücken nimmt es manche Dinge mit! Papier, welke Blätter, Holz-
stückchen, Strohhalme. Wohin geht die Reise? In den Kanal. Und
dann? In die Oker. Papier, Stroh usw. bleiben vor dem Kanal
liegen! Weshalb? Vor dem Kanal ist ein eisernes Gitter, das
läßt kein Papier und Stroh durch. Weshalb dürfen diese Dinge
nicht mit in den Kanal fließen? Verstopft leicht. Au!f unserer
Straße war der Kanal einmal verstopft. Das Wasser konnte nicht
hinein. Da gab es eine große Überschwemmung. Das Wasser
stand bis auf den Fahrweg. Gleich darauf kam ein Straßenfeger
mit einer langen Stange und holte Schlamm und Stroh aus dem
Kanal. Da konnte das Wasser wieder hineinfließen.
In der Nähe des Altstadtmarktes gibt es noch mehrere Stellen,
an denen man gegen den Regen geschützt ist! Ja, unter dem Gewand-
hause. Beim Buchbinder Siebers standen auch viele Leute. Wie
aber die Elektrische da hielt, da stürmten sie alle auf den Wagen
los und wollten sich hineindrängen. Sie kriegten aber nicht alle
einen Platz, einige mußten umkehren. War der Wagen aber voll:
vorn und hinten, und im Wagen standen auch noch Leute! Nun
ließ der Schaffner oben am Wagen ein Schild herunter, darauf
stand: „Besetzt". Dann läßt er keinen mehr rein. Wir warteten
auf den folgenden Wagen. Der saß wieder so voll. Plötzlich schien
die Sonne durch die dunklen Wolken, und es hörte auf zu regnen.
Da gingen wir zu Fuß nach Hause. Vor der Haustür sagte
meine Mutter: ,,O weh! unsere Stubenfenster stehen ja offen. Wenn
es .blosz nicht hineingeregnet hat!" Wir gingen schnell hinauf. Die
ganze Stube schwamm. Meine Mutter trocknete sie aber schnell auf.
Wie kann denn aber der Regen in die Stube kommen? Der Wind
weht ihn hinein. Wann kann er nicht in die Stube kommen? Wenn
keiil Wind geht. Wie fällt er dann herab? Gerade, senkrecht.
IV. Was der Regen zu tun hat. Weshalb haben wir die
Fenstervorhänge herabgelassen? Die Sonne scheint so heiß. Faßt
auf die Fensterbänke! Sie sind heiß. Die Sonne brennt. Darum
gehen wir auch nicht gern in. der Sonne! Wir suchen den Schatten
auf. Im Schatten ist es kühl. Wenn die Damen in der Sonne
- 259 —
gehen, spannen sie den Sonnenschirm auf, dann haben sie auch
Schatten. Faßt an eure Stirn! Was bemerkt ihr? Wir haben
Schweißtropfen im Gesicht, wir schwitzen. Das Zeug backt fest am
Körper. Was für Kleider habt ihr deshalb angezogen? Dünne,
helle, Sommerkleider. Auch den Arbeitern da draußen ist es zu
warm! Die Steinsetzer haben den Rock ausgezogen. Die Maurer
auch. Die Fuhrleute gehen auch in Hemdsärmeln. Weshalb sehen
wir den Sprengwagen so oft in den Straßen? Es ist so staubig
auf den Straßen. Wenn der Wind kommt, sieht man große Staub-
wölken. Der Staub kommt in unsere Augen. Auch im Munde
merkt man die Hitze! Wir werden durstig. Was tut ihr deshalb,
sobald ihr auf den Hof kommt? Gehen nach der Wasserleitung und
trinken. Denkt an die Tiere, z. B. an den Hund! Die werden
auch durstig. Die Hunde lassen die Zunge aus dem Maule hängen.
Der Hund vor dem Milchwagen steckte die Zunge auch weit heraus,
der war auch durstig. Was wird der Milchmann tun, wenn er
das sieht? Wasser geben. Ich habe dem Hunde von unserem Milch-
mann schon einmal Wasser gegeben. — Manchmal gehen die Hunde
an idie Oker und saufen da. Auf dem Altstadtmarkte hat einmal ein
Kutscher seine Pferde aus dem Brunnen saufen lassen.
So wie es euch und den Tieren ergeht, ergeht es auch den
Blumen, Büschen und Bäumen im Garten und den vielen Pflanzen
in Feld und Wald. Nun, was meint ihr? Die Pflanzen werden
auch durstig. Dann müssen sie auch nach der Wasserleitung gehen
und trinken! Das können sie nicht. Warum können sie das nicht?
Sind festgewachsen. Dann mögen sie doch rufen: ,,Wir haben
Durst, gebt uns Wasser!" Auch das können sie nicht. Damit nun
die Leute merken, daß sie Durst haben, machen sie es wie diese
Pelargonie hier: sie lassen ihre Blätter hängen. Weshalb läßt
diese Pelargonie ihre Blätter hängen? Sie ist durstig, hat mehrere
Tage kein Wasser bekommen. Nun will ich sie aber gleich be-
gießen, und ihr werdet sehen, daß sie ihre Blätter bald wieder
straff hält. Woran merkt man also, daß die Pflanzen durstig
sind? Wenn sie die Blätter hängen lassen. Was werden die Leute
dann tun? Begießen. Worin bringen sie das Wasser? Gießkanne.
Herr Z., in unserem Schrebergarten ließen die Blumen und die
anderen Pflanzen auch ihre Blätter hängen. Ich habe sie alle
Tage begossen. Mein Vater sagte: ,,Die Erde ist so trocken wie
Pulver, wenn es man bloß erst mal regnete. Der Regen sitzt aber
auch zu fest. Man kann vor Staub bald nicht mehr aus den
Augen gucken." Habt ihr denn auch Wasser in eurem Garten? Das
hole ich aus einem kleinen Bache, der hinter unserem Garten vor-
beifließt. Seit ein paar Tagen ist aber kein Wasser mehr drin, er
ist. ganz ausgetrocknet. Wie geht das zu? Das kommt von der
Hitze, weil es so lange nicht geregnet hat. Wann kriegt euer Büch-
lein wieder Wasser? Wenn es tüchtig regnet. Die Pflanzen in
eurem Garten können sich freuen, wenn du sie alle Tage begießt.
17 *
— 260 —
Wer begießt aber die Pflanzen auf dem Felde, im Walde und auf
den Bergen? Das tut der liebe Gott. Wie macht er das? —
Richtig, der schickt eine dicke, graue Wolke. Wißt ihr, woher das
kommt, daß sie so dick ist? Die ist ganz gefüllt mit lauter kleinen
Regentropfen. Wenn die Wolke nun gerade über den durstigen
Pflanzen ist, schiebt sie die Wolkentür ein wenig auseinander und
dann geht's los. Was denn? Dann fallen die Tropfen herunter
auf die Dächer, auf die Straßen, auf die Gärten, auf die Felder
und Wälder. Was sagen die Leute, wenn das Wasser vom Himmel
herunterkommt? Es fängt an zu regnen, sagen die Leute, und
dann spannen sie gleich ihre Schirme auf. Für wen schickt Gott
den Regen? — Der Regen geht in die Erde bis zu den Wurzeln.
And nun trinken die Blumen und Bäume, bis sie satt, ganz satt
sind und keinen Durst mehr haben. „Danke, danke!" sagen sie
dann zu den Wassertröpfchen, „wie gut, daß ihr gekommen seid!
Wir dachten schon, wir müßten sterben. Wenn ihr nicht gekommen
wäret, hätten uns die Sonnenstrahlen verbrannt."
Manche Leute ärgern sich, wenn es regnet. Welche? Die Leute,
die spazieren gehen wollen, die möchten am liebsten immer Sonnen-
schein haben. Sie denken gar nicht an die durstigen Pflanzen, an
das ausgetrocknete Bächlein. Welche Leute freuen sich über den
Regen? Gärtner, Landmann. Weshalb? Sie brauchen nicht zu
begießen, die Früchte im Garten und auf dem Felde wachsen. Welche?
— Nun fehlt es den Menschen und Tieren nicht an Nahrung.
Darum ist der Regen etwas Gutes, — ein Segen, — ein Him-
melssegen. Hält einmal die Hitze gar zu lange an, dann sprechen
sie zu dem Regen:
Regen, Regen, Regen, Regen,
Himmelssegen! Himmelssegen!
Bring uns Kühle, lösch den Staub, Labe meine Blümelein,
Und erquicke Halm und Laub! Daß sie blühn im Sonnenschein.
Regen, Regen,
Himmelssegen!
Nimm dich auch des Bächleins an,
Daß es wieder rauschen kann!
(Hoffmann v. Fallersleben.)
(Wann haben die Leute ihre Bitte an den Regen ausgesprochen?
Warum nennen sie den Regen Himmelssegen? Er kommt vom
Himmel, bringt uns Kühle, löscht den Staub, erquicket Halm und
Laub usw. Was erquickt dich, wenn du durstig, hungrig, müde
bist? Wasser, Milch, Limonade — Brot, Kuchen, Wurst — der
Schlaf. Wer labt dich, wenn du durstig bist? — Womit labt dich
die Mutter? — Was löscht den Staub? — Den Durst? — Wer
kann noch einen anderen Himmelssegen nennen? Beweise, daß der
Sonnenschein usw. ein Himmelssegen ist! —)
— 261 —
Zugaben:
1. Was ist das?
Wenn's regnet, wird's nah, Wenn's friert, wird's Eis.
Wenn's schneit, wird's weih, [ Ei, du kleiner Nase-weiß.
2. Kinderreim.
Regne, regne Tröpfchen!
Es regnet auf mein Köpfchen,
Regnet in das grüne Gras,
Da werden meine Füße naß —
Regne, regne Tröpfchen!
3. Kinderrcim.
Es regnet, es regnet, es regnet seinen Lauf,
Und wenn's genug geregnet hat, dann hört es wieder auf.
Es regnet, es regnet,
Der Kuckuck wird nah;
Bunt werden die Blumen
Und grün wird das Gras.
Mairegen bringt Segen,
Und werden wir nah,
So wachsen wir lustig
Wie Blumen und Gras!
4. Regenlied.
1 Es regnet, es regnet,
Der Kuckuck wird nah;
Wir sitzen im Trocknen,
Was schadet uns das?
Mairegen bringt Segen,
Heraus aus dem Haus,
Steigt schnell in die Kutsche,
Gleich fahren wir aus.
(Fröhlich.)
5. Kinderreim.
Es regnet, Gott segnet, die Dächer werden nah.
Es regnet, Gott segnet, es füllt sich Scheuer und Fah.
6. Es
Es regnet, regnet Tropfen,
Die Tropfen, ei, die klopfen
Wohl an das Fensterlein;
Sie klopfen leis' und linde,
Sie wollen zu dem Kinde
Gar in das Kämmerlein!
Ins Kämmerlein, ins Kämmerlein,
Zum Kinde dürft ihr nicht herein.
Bleibt draußen bei den Blümelein!
Die Blümlein, weih und blau und rot,
Die sollt ihr fleihig tränken,
regnet.
Weil sie die Köpfchen senken
In ihrer bittern Not.
Bleibt drauhen bei den Ähren,
Die sollt ihr reichlich nähren;
Dann fehlt es nicht an Brot.
Auch dürft ihr's nicht versäumen,
Im Garten auf den Bäumen,
Da kehrt ein Weilchen ein;
Dann fehlt es unsern Gaumen
An Äpfeln nicht und Pflaumen —
Hei, das wird lustig sein!
7. Regenwetter.
Was ist das für ein Wetter, es regnet ja wie toll!
Die Straße ist ein großer See, die Gossen übervoll.
Der Sperling duckt sich unters Dach, so gut er eben kann.
Und Nero liegt im Hundehaus und knurrt das Wetter an.
Wir aber haben frohen Mut und sehn dem Regen zu,
Erzählen 'uns gar mancherlei daheim in guter Ruh. •—
Laß regnen, wenn es regnen will! Laß allem seinen Lauf!
Und wenn's genug geregnet hat, so hört's auch wieder auf.
(H. Halm.)
— 262 —
8. Regen und Sonnenschein.
Es zieht die Wolke über das Haus
Und schüttet ihren Regen aus;
Der mag schon fallen, er fällt aufs Dach,
Wir sitzen trocken im warmen Gemach.
Es Zieht die Wolke über das Land,
Begießt jed' Gritschen, das sie fand,
Begießt im Wald die Bäume umher,
Da hat sie bald kein Tröpfchen mehr.
Wer kommt so fröhlich hinterdrein?
Das ist der lustige Sonnenschein,
Der streift durch Feld und Wiesen frei;
Hurra, da sind wir auch dabei! (Georg Lang.)
9. Was Gott schickt, ist wohlgemeint,
Obgleich es anfangs anders scheint.
Ein Kaufmann ritt einst von einem Markte nach Hause und hatte hinter
sich eine Tasche mit vielem Eelde. Es regnete heftig, und der gute Mann wurde
durch und durch naß. Er war daher sehr unwillig, daß Eott ihm so schlechtes
Wetter zur Reise gab.
Als der Kaufmann in einen dichten Wald kam, sah er mit Entsetzen einen
Räuber am Wege stehen, der mit seiner Flinte auf ihn zielte und — schon
abdrückte. Allein vom Regen war das Pulver naß geworden, und der Schuß
ging nicht los. Der Kaufmann gab seinem Pferde die Sporen und entkam
glücklich. i
Als er in Sicherheit war, sprach er: „Was für ein Tor bin ich gewesen
daß ich das schlechte Wetter nicht als eine Schickung Gottes annahm! Wäre
das Wetter schön und trocken gewesen, so läge ich jetzt tot in meinem Blute,
und meine Kinder warteten vergebens auf meine Heimkunft. Der Regen, über
den ich murrte, rettete mir Gut und Leben." (Schtnid.)
Spiel:
Mav'g geschwind
Es regnet auf die Brücke.
Volköwcil«,
4-
5-1
:±—~
-»-•-
—1=
mi
Es reg - net auf die BrüK - ke und ich werdt naß
Ich ha - be was ver - ges - sen und weiß nich was.
Schö - ne Iung-frau licht und fein, komm mit mir zum
Tanz her - ein! Laß uns ein - mal tan-zen und lu- stig sein.
(Die Kinder bilden einen Kreis; ein Kind steht in der Mitte. Mit Gesang
gehen die Kinder im Kreise herum. Bei „Schöne Jungfrau" holt slch das
Kind in der Mitte eine Tänzerin aus dem Kreise und dreht sich mit ihr tanzend
herum. Darauf reiht sich das erste Kind in den Kreis ein, und die Jungfrau
bleibt in der Mitte zurück.) (Aus Troll, 1. Schuljahr.)
Malendes Zeichnen:
/
/
/
10. Der Winter.
(Wilke, Tafel XII, oder Winkelmann, Tafel V.)
I. Erscheinungen im Winter. Draußen sieht es jetzt überall
weiß aus. Woher kommt das? Es liegt jetzt draußen Schnee. Wo-
her ist der Schnee gekommen? Vom Himmel, aus den Wolken. In
welcher Jahreszeit fällt Schnee vom Himmel? Im Winter. Welche
Jahreszeit haben wir, wenn draußen Schnee liegt? —
Ich habe euch ein schönes Bild mitgebracht, das wir von jetzt
an betrachten werden. Was für eine Jahreszeit ist auf unserem
Bilde? Sprecht: Auf unserem Bilde ist es Winter. Woran seht
ihr denn, daß es Winter ist? Wir sehen es am Schnee. Wo liegt
der Schnee? Der Schnee liegt auf den Dächern. — — auf den
Straßen.--auf dem Felde. — — im Walde. Kurz: überall.
Sprecht: Im Winter ist die Erde überall mit Schnee bedeckt.
Hier sehen wir einen weißen Mann. Wer mag ihn wohl ge-
macht haben? Die drei Knaben. Woraus haben sie den Mann ge-
macht? Aus Schnee. Was ist es deshalb für ein Mann? Ein
Schneemann. Was machen die Knaben im Winter gern? Sprecht:
Die Knaben machen im Winter gern einen Schneemann. Was
hat dieser Knabe in der Hand? Einen Schneeball. Was will er
jetzt tun? Er will den Schneemann werfen. Dieser Knabe hat eine
Handvoll Schnee von der Erde genommen. Was macht er daraus?
— Wieviel Schneebälle hat er schon fertig? — Zeige sie! — Was
wird auch er gleich tun? — Was wollen also die beiden Knaben
tun? Den Schneemann werfen. Was tut aber der dritte Knabe?
Er gibt dem Schneemann einen Stock in die Hand, damit er sich
wehren kann.
Neben dem Fahrwege zieht sich ein Fluß hin! Zeige ihn! Auf
demselben sehen wir mehrere Menschen. Wieviel Menschen seht ihr
auf dem Flusse? — Wann können sie nicht auf dem Flusse gehen?
— 264 —
Im Sommer. Wie kommt es, daß sie jetzt auf dem Flusse gehen
(und laufen) können? Der Fluß ist mit einer Eisdecke überzogen.
Die Kälte hat das Wasser zu Eis gemacht. Aber nicht bloß die
Flüsse, nein, auch die Bäche, die Teiche, überhaupt alle Gewässer
haben int Winter eine Eisdecke. Wie steht es mit den Gewässern
im Winter? Sprecht: Im Winter haben die Gewässer eine Eisdecke.
Wie dick wird die Eisdecke oft (zeige es!)? — Wenn das Eis
recht dick ist, dann ist es so fest, daß man darauf gehen kann wie
auf einer Brücke. Was tun die Kinder und Erwachsenen auf dem
Eise? Sie laufen Schlittschuh — es sind Schlittschuhläufer. Eine
Dame fährt Schlitten. Was tut dieser Mann? Er schiebt den
Schlitten. Was hat er an den Füßen? — Schnell wie der Wind
fährt der Schlitten (Stuhlschlitten) über die Eisfläche dahin.
Auf dem Schnee wird auch mit Schlitten gefahren. Wieviel
Schlitten seht ihr auf unserem Bilde? — Zeige sie! Welcher Schlitten
gefällt euch am besten? — Wer zieht den Schlitten? — Wer sitzt
im Schlitten? — Habt ihr auch einen Schlitten? — Was macht
ihr damit? — Wer zieht deinen Schlitten? — Wenn es im Winter
Schnee und Eis gibt, könnt ihr also gar vieles tun. Wiederhole
es noch einmal! Schneemänner machen, Schneebälle werfen, Schlitten
fahren und Schlittschuh laufen. Das macht euch viel Vergnügen;
es sind Vergnügungen. Wiederhole die Vergnügungen noch einmal,
die ihr im Winter haben könnt! Sprecht: Im Winter können
wir Schneemänner machen, Schneebälle werfen, Schlitten fahren und
Schlittschuh laufen.
Dieser Mann zieht auch einen Schlitten. Es ist ein kleiner
Schlitten — Handschlitten. Was liegt darauf? Holz. Woher hat
der Mann das Holz geholt? Aus dem Walde? Der Mann ist arm.
Arme Leute können sich kein Holz und keine Kohlen kaufen. Da
fahren sie wohl mit dem Schlitten nach dem Walde, um trocknes
Holz zu lesen. Jetzt kommt der Mann zurück. Wer ist ihm beim
Holzlesen behilflich gewesen? Seine Tochter. Was trägt sein Töch-
terchen auf dem Rücken? — Und was tut das arme Mädchen
noch dazu? — Wozu gebraucht der Mann das Holz? Er will
damit die Stube heizen. Warum muß die Stube im Winter ge-
heizt werden? Was für Kleider ziehen die Menschen im Winter an?
■— Weshalb? — Was haben die Menschen auf unserem Bilde
angezogen? Pelzröcke, Mäntel, Handschuhe, Pelzmuffe, Pelzmützen,
Zeigen! — Wie schützen sich also die Menschen gegen die Kälte im
Winter? — Sprecht: Die Menschen heizen im Winter die Stuben
und ziehen warme Kleider an.
II. Pflanzenwelt. Ihr könnt auch wissen, daß es Winter ist,
wenn ihr die Bäume auf dem Bilde anseht. Wie sahen diese Bäume
im Sommer aus? Grün. Wie sehen sie jetzt nicht mehr aus?
Warum nicht? Sie haben die Blätter verloren. Wie sind sie des-
halb? —- Manche Bäume sehen aber doch noch grün aus? — Was
für Bäume sind das? — Wie heißen die kleinen Blättchen des
— 265 —
Tannenbaumes (weil sie so spitzig sind, d»aß man sich daran stechen
/kann) ? — Wie heißen aber die Bäume, welche breite Blätter oder
Laub tragen, wie z. B. die Eiche, Buche usw.? — Welche Bäume
verlieren im Herbste ihre Blätter? — Welche Bäume sehen auch
im Winter grün aus? — Sprecht: Die Nadelbäume haben noch ihre
grünen Nadeln, aber die Laubbäume haben ihre Blätter verloren.
In den Gärten, Feldern und Wäldern blühten im Sommer so
viele schöne Blumen: Tulpen, Nelken, Marienblümchen usw. Die
Kälte hat sie alle zerstört, auch nicht eins ist übriggeblieben. Die
Wurzeln der Blumen sind wohl in der Erde, aber sie schlafen in der
Kälte des Winters. Wenn darum die Kinder im Winter fragen:
„Wo sind die Blumen alle hin?"
antwortet der Vater oder die Mutter:
„Schlafen in der Erde drin" usw.
Sprecht: Im Winter schlafen die Blumen in der Erde.
III. Tierwelt. Ihr könnt aber auch an den Tieren sehen, daß
es Winter ist. Wenn wir jetzt durch den Wald gehen, — was hören
wir dann nicht mehr? Den Gesang der Vögel. Wo sind die Herr-
lichen Sänger? Sie sind fortgezogen. Wie nennen wir diese Vögel
deshalb? Zugvögel. Einige Vögel bleiben bei uns. Welche? —
Wie nennt man sie deshalb? Standvögel. Was tun die Stand-
vögel, wenn das Feld mit Schnee bedeckt ist? Verlassen die Felder
und kommen in die Städte und in die Dörfer. Warum? —
Zusammenfassung: Die Zugvögel sind schon im Herbste
fortgezogen, die Standvögel verlassen im Winter das Feld und
ziehen in die Städte und in die Dörfer. Auch in das Dorf auf
unserem Bilde sind manche Vögel vom Felde draußen hereinge-
kommen. Wo siehst du auf unserem Bilde Vögel? — Was ist
dies für ein Vogel? Was hat der Rabe gefunden? Einen Knochen.
Er fliegt jetzt mit demselben fort. Wieviel Vögel sitzen hier vor dem
Fenster? — Was sind es für Vögel? — Warum sind diese Vögel
vor das Fenster geflogen? — Ein Knabe streut ihnen Futter hin.
Hier kommen noch zwei Spatzen vom Dache herab; sie sind gewiß auch
recht hungrig und wollen sich die Körnchen und Krümchen gut
schmecken lassen. Wer von euch hat schon im Winter die hungrigen
Vögel gefüttert? — Was tun alle guten, barmherzigen Menschen?
— Sprecht: Barmherzige Menschen füttern im Winter die hung-
rigen Vögel.
IV. Tag und Nacht. Die Tage sind jetzt nicht mehr so lang
wie im Sommer. Wenn ihr jetzt morgens zur Schule kommt, ist es
noch gar nicht lange Tag, ja manchmal ist es noch dunkel, und wenn
ihr nachmittags aus der Schule nach Hause geht, ist es schon wieder
dunkel, und ihr könnt gar nicht mehr draußen bleiben. Wie sind
also die Tage im Winter? Kurz. Wie aber die Nächte? — Sprecht:
Im Winter sind die Tage kurz und die Nächte lang.
— 266 —
V. Wmtersreude. Jede Jahreszeit bringt uns etwas mit. Was
bekommen wir vom Sommer? — Was schenkt uns der Herbst?
— Ob uns der Winter auch eine Freude bereitet? — Welches schöne
Fest bringt uns der Winter? Das Weihnachtsfest. Was wird an
diesem Feste geschmückt? Womit wird der Weihnachts-(Ehrist-)baum
geschmückt? Was erhaltet ihr an diesem Tage von euren Eltern? —
Welches schöne Fest seiern wir also im Winter? — Sprecht: Im
Winter feiern wir das schöne Weihnachtsfest.
VI. Zusammenstellung des Gefundenen. Was für eine Jahres-
zeit ist auf unserem Bilde? Auf unserem Bilde ist es Winter. Wo
liegt der Schnee? Im Winter liegt der Schnee auf den Straßen, auf
den Dächern, auf dem Felde und im Walde. Wie steht es im Winter
mit den Gewässern? Die Gewässer haben im Winter eine Eisdecke.
Welche Vergnügungen könnt ihr im Winter haben (wenn es Schnee
und Eis gibt?) Im Winter können wir Schneemänner machen,
Schneebälle werfen, Schlitten fahren und Schlittschuh laufen. Wie
schützen sich die Menschen gegen die ilälte im Winter? Die Menschen
heizen im Winter die Stuben und ziehen warme Kleider an. Wie
sehen die Bäume im Winter aus? Die Nadelbäume haben noch
ihre grünen Nadeln, aber die Laubbäume haben ihre Blätter ver-
loren. Wo sind die Blumen im Winter? Die Blumen schlafen im
Winter in der Erde. Was tun die Zugvögel, wenn es Winter
werden will? Wenn es Winter werden will, dann ziehen die Zug-
vögel nach wärmeren Ländern. Was tun die Standvögel, wenn
das Feld mit Schnee bedeckt ist? Die Standvögel verlassen das
Feld und kommen in die Städte und in die Dörfer (in die Nähe der
menschlichen Wohnungen). Wie sollen sich die Menschen gegen die
hungernden Vögel verhalten? Barmherzige Menschen füttern die
hungrigen Vögel. Welches schöne Fest feiern wir im Winter? Im
Winter feiern wir das schöne Weihnachtsfest. Was weißt du von
der Länge der Tage im Winter? Im Winter sind die Tage kurz.
Umkehrungen: Wenn auf den Straßen, auf den Dächern usw.
Schnee liegt, •— dann ist es Winter. Wenn die Gewässer eine Eis-
decke haben, — dann ist es Winter usw.
Zugaben: ,
Winterzeit, kalte Zeit! Federn weich den Vogelscharen,
Aber Gott schenkt warmes Kleid, Daß sie keine Not erfahren —
Dichten Schnee der kahlen Erde, Menschen, Hans und Hof auch euch!
Warmes Wollenfell der Herde, Lobt ihn, der so gnadenreich!
2. Winters Ankunft.
Im weißen Pelz der Winter
Steht lange schon hinter der Tür. —
Ei, guten Tag, Herr Winter;
Das ist nicht hübsch von dir!
Wir meinten, du wärst wer weiß wie weit,
Da kommst du mit einmal hereingeschneit.
— 267 —
Nun, da du hier bist, so mag's schon sein,
Aber was bringst du uns Kindelein? —
„Was ich euch bringe, das sollt ihr wissen:
Fröhliche Weihnacht mit Äpfeln und Nüssen
Und Schneeballen, wie sie fallen,
Und im Jänner auch Schneemänner." (H. Kletke.)
3. Eisblumen am Fenster.
Wer hat die Blümlein da gemacht an unserm Fensterlein? Sind all'
gewachsen über Nacht im lieben Mondenschein.
Der liebe Gott im Himmel sein, der dacht' an jedes Kind, sprach zu den
lieben Engelein: „Fliegt mal hinab geschwind!
Ist wohl kein Blümchen weit und breit im Garten, Feld und Wald. Das
tut den lieben Kindern leid, will ihnen helfen bald.
Tragi hurtig doch in jedes Haus an alle Fensterlein die Blümchen, daß sie
zart und kraus dastehn im Mondenschein!"
Da flogen all' die Engel fort wohl aus dem Himmelssaal und brachten
auf des Herren Wort Eisblümchen allzumal. (I. H. Eh. Schmidt.)
4. Lob des Winters.
Der Winter ist ein geschickter Mann,
Weiß streicht er Dächer und Felder an.
Der Winter ist ein Konditor auch,
Verzuckert jeglichen Baum und Strauch.
Auch ist der Winter ein Zimmermann,
Der feste Brücken erbauen kann.
Er baut sie auf wohl in einer Nacht;
Das hat noch keiner ihm nachgemacht.
Und was noch weiter kein Zimmermann
Ihm nachtun will oder nachtun kann:
Er baut Brücken der Länge nach,
Deckt ganze Flüsse mit einem Dach.
Ein guter Tischler, das ist er auch,
Kocht ohne Feuer und ohne Rauch
Und ohne Pfanne sich seinen Leim
Und leimt zusammen Stein und Bein.
Und wie geschickt er als Gärtner ist!
Wo niemand pflanzet und niemand gießt,
Läßt über Nacht er die Blumen blühn
Und stellt sie morgens ans Fenster hin.
(Barth.)
5. Sehnsucht nach dem Frühlinge.
Schöner Frühling, komm doch wieder!
Lieber Frühling, komm doch bald!
Bring uns Blumen, Laub und Lieder,
Schmücke wieder Feld und Wald.
Auf die Berge möcht' ich fliegen,
Möchte seh'n ein grünes Tal,
Möcht' in Gras und Blumen liegen
Und mich freu'n am Sonnenstrahl!
Möchte hören die Schalmeien
Und der Herden Glockenklang,
Möchte freuen mich im Freien
An der Vögel süßem Sang.
Schöner Frühling, komm doch wieder!
Lieber Frühling, komm doch bald!
Bring uns Blumen, Laub und Lieder,
Schmücke wieder Feld und Wald!
6. Dem scheidenden Winter.
Fort, fort, du harter Wintersmann,
Fort, fort aus Flur und Haus!
Sieh mich nur nicht so grimmig an,
Sonst lache ich dich aus.
Sieh, alle Blümchen warten drauf;
Sie wünschen, daß du gehst.
Ihr Köpfchen kann ja nicht herauf,
Wenn du noch oben stehst.
Sie fürchten deinen kalten Blick
Und auch dein rauhes Wort;
Doch sind sie alle schnell zurück,
Sobald du wieder fort.
Kein Kuckuck ruft, kein Lämmchen springt,
Kein muntres Bienchen summt;
In Busch und Wald kein Vöglein singt,
Sie sind vor dir verstummt.
(Th. Vittkow.)
— 268 —
Gesang:
1. Winters Ankunft.
(OJiel. B. II S. 236. Der Herbst ist wieder da.)
1. A, a, a, der Winter der ist da! Herbst und Sommer sind vergangen,
Winter der hat angefangen. A, a, a, der Winter der ist da!
2. E, e, e, nun gibt es Eis und Schnee; Blumen blüh'n an Fenster-
scheiden, sind sonst nirgends aufzutreiben. E, e, e, nun gibt es Eis und Schnee!
3. I, i, i, vergiß des Armen nie! Hat oft nichts sich zuzudecken, wenn
nun Frost und Äält' ihn schrecken. I, i, i, vergiß des Armen nie!
4. £), o, o, wie sind die Kindlein froh, wenn das Christkind tut was
bringen und ,,vom Himmel hoch" sie singen. O, o, o, wie fin'b die Kindlein froh!
5. U, u, u, ich weiß wohl, was ich tu: Christkind lieben, Christkind
loben mit den vielen Engeln oben. II, u, u, ich weiß wohl, was ich tu.
Etwas langsam. 2. Sehnsucht nach dem Frühling.
P
Volksweije
trau - rig, öd' und leer? Rau - he Win - de wehn von
v
Nor - den, und die Son - ne scheint nicht mehr.
2. Auf die Berge möcht' ich fliegen, möchte sehn ein grünes Tal, möcht'
in Gras und Blumen liegen und mich freun am Sonnenstrahl.
3. Möchte hören die Schalmeien und der Herden Glockenklang, möchte
freuen mich im Freien an der Vögel süßem Sang!
4. Schöner Frühling, komm doch wieder! Lieber Frühling, komm doch
bald! Bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald!
(HoffmanN v. Fallersleben.)
MälZ'.g. 3. Im Winter. Jinrl Gläser.
1. Singt Got - res Lob im Win-ter auch, er ist so treu und gut:
Zß_ß-—J—
et nimmt vor Frost und Sturineshauch die Saat m sei-ne Hut.
2. Er deckt sie mit dem Schnee so dicht, so weich und sicher zu; sie merkt
den starren Winter nicht und schläft in stiller Ruh.
3. Singt Gottes Lob zur Winterszeit, er ist so treu und gut, er schenkt
dem Sperling warmes Kleid und warmes, rasches Blut.
4. Er zeiget ihm sein Futter an, ein Körnlein hie und da, und führt ihn,
daß er's finden kann, auf Wegen fern und nah.
5. O lobet Eott den Winter lang; er ist so treu und gut, und führt auch
eurer Füße Gang und gibt euch frohen Mut. (W. Hey.)
4. Winter, ade!
P mf
Win - ter,
de! Schei-den tut weh, A - der dein Scheiden macht,
:!: 0 ' I' : : I
daß mit das Her - ze lacht, Win-ter,
de!
)ei den tut weh.
2. Winter, ade! Scheiden tut weh. Gerne vergeh' ich dein, kannst immer
ferne sein. Winter, ade! Scheiden tut weh.
3. Winter, ade! Scheiden tut weh. Gehst du nicht bald nach Haus, lacht
dich der Kuckuck aus. Winter, ade! Scheiden tut weh.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
11. Der erste Schnee.
I. Es schneit. Wir wollen jetzt vom Schnee sprechen. Warum
wollen wir gerade jetzt vom Schnee sprechen? Weil es jetzt schneit.
In der vorigen Nacht hat es auch schon geschneit. Wie mich meine
Mutter weckte, sagte sie: „Guck' man erst mal schnell durchs Fenster,
was es draußen zu sehen gibt!" Und was hast du draußen ge-
sehen? Da lag überall Schnee, und es schneite noch immerzu.
Herr Z., es müßte heute den ganzen Tag schneien, und morgen
auch noch. Seht nur, wie hübsch es aussieht, wenn es schneit! Ja,
die Schneeflocken fliegen so lustig durcheinander (tanzen, wirbeln).
Jetzt bläst auch der Wind dazwischen! Nun tanzen sie noch lustiger,
sie schwirren hin und her, auf und nieder, als wären's kleine Böge-
lein. Mit welchem Freudenrufe begrüßt ihr den ersten Schnee?
Juchhe! Juchhe! Wir lernen drum:
„Es schneit, es schneit! Juchhe, juchhe!
In dichten Flocken fällt der Schnee;
Sie schweben nieder,, groß und klein,
Als wären's kleine Vögelein."
Auf Flur und Weg, auf Dach und Baum,
Und setzen sich, man hört es kaum, ,
Bis alles rings im weiten Kreis
Erglänzt im reinsten Silberweiß. (F. Wiedemann.)
Wohin setzen sich die Schneeflocken? Auf die Dächer, Straße, Bäume,
Kleider, den Hut, den Schirm usw. Meine Kleider lagen auch voll
Schnee, ich sah aus wie ein Schneemann. Ich habe den Schnee
vor dem Schulhause erst abgeklopft. Ich auch usw. Wie sieht es
draußen aus, wenn überall Schnee liegt? Weiß, — als wenn
auf der Erde eine weiße Decke läge, — als wenn die Erde ein
weißes Kleid anhätte. Und wie sauber das Kleid aussieht,
gerade, als wenn es die Mutter eben gewaschen hätte. Auf der
Straße bleibt das Kleid allerdings nicht lange sauber! Da treten
— 270 —
es die Leute voll (schmutzig). Wie niedlich auch die Laternen jetzt
aussehen! Die haben eine weiße Kappe (Mütze) auf. Die Staket-
psosten auch, und die Latten auch. Der Schornstein auf dem Dache
hat auch eine weiße Kappe auf. Und wie prächtig die Bäume jetzt
aussehen! Die Äste und Zweige sind so mit Schnee beladen, daß
sie tief herabhängen. Am schönsten ist es jetzt aber im Walde, wo
die Tannen und Fichten stehen! Die haben einen weißen Mantel
angezogen. Von dem grünen Kleide ist nicht viel zu sehen.
Wir wollen uns jetzt die Schneeflocken genauer ansehen. Ich
will einige mit der Hand auffangen. Sieh sie dir an! Die sind ja
nicht mehr da, die sind schon geschmolzen. Wie geht das zu? Die
Hand ist warm. Dann will ich auf dieser Tafel einige Flocken auf-
sangen. Ich lege die Tafel aber erst einige Zeit vor das Fenster.
Weshalb? Damit sie kalt wird. So, nun betrachtet die Flocken!
Wie sehen sie aus? Wie schöne, silberne Sternchen. Zähle die
Spitzen an dem Sternchen! Sechs. Jede Schneeflocke sieht aus
wie ein Sternchen mit sechs Spitzen.
Wißt ihr auch, woher sie kommen? Ich will's euch erzählen:
Ein armes Mädchen ging einst auf einer schönen Wiese spazieren.
Endlich kam es zu einem kleinen Hause, daraus guckte eine alte
Frau; weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst, und
es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Was
fürchtest du dich, liebes Kind? Bleibe bei mir! Wenn du alle
Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir's gut gehen;
nur mußt du acht geben, daß du mein Bett sorgsam machst und
fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der
Welt; ich bin die Frau Holle." Weil die Alte ihm so gut zu-
sprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab
sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles zu ihrer Zufriedenheit
und schüttelte ihr das Bett gewaltig auf, daß die Federn wie
Schneeflocken umherflogen. (Grimm.)
' II. Wie Menschen und Tiere im Schnee gehen. Das Bett
der Frau Holle wird noch immer gemacht, denn es schneit noch lustig
weiter. Auf den Fußwegen und Fahrwegen, liegt schon eine ganze
Menge Schnee. Zeige, wie hoch er dort liegt! Er liegt aber nicht
überall gleich hoch! An manchen Stellen hat ihn der Wind zu-
sammengeweht, wir konnten beinahe nicht durch. — Man kann im
Schnee nicht so schnell gehen. — Wenn man lange im Schnee
geht, kriegt man lahme Beine. Der Schnee backt unter den Stiefeln
fest. Die Sohlen werden immer dicker und die Hacken immer höher.
Dann muß man den Schnee abkratzen (abtreten), sonst kommt man
gar nicht von der Stelle. Das geht großen Leuten auch so! Unsere
Milchfrau ist heute morgen nicht gekommen. Meine Mutter hat
öfter aus dem Fenster geguckt, sie hat sie aber nicht gesehen. Da
mußte ich schwarzen Kaffee trinken. Ich habe aber ein Stück Zucker
bekommen. Meine Mutter sagte: ,,Die kann gewiß nicht durch
den Schnee." Noch andere Leute müssen durch den Schnee steigen!
— 271 —
Unser Bäckerjunge ist heute morgen auch später gekommen. Mein
Vater muß früh weg, da hat er kein Weißbrot gekriegt. — Der
Briefträger mutz auch durch den dicken Schnee, der kommt auch
später. Die Zeitungsfrau ist heute morgen auch so früh nicht ge-
kommen.
Wie ist es mit den Fahrwegen? Da liegt auch so viel Schnee.
Für wen ist das schlimm? Für. die Pferde. Die müssen fest ziehen,
wenn der Wagen fort soll. Dabei knallt der Fuhrmann mit der
Peitsche und ruft: Hü! Hü! Wie machen es die Pferde, wenn der
Wagen erst gar nicht von der Stelle will? Sie stemmen sich mit den
Hinterfüßen zwischen die Steine und legen sich ganz nach vorn 'rüber.
— Sie werden ganz naß, dampfen ordentlich. Weshalb ist der
Wagen so schwer von der Stelle zu schaffen? Der Schnee backt an
den Rädern fest, liegt vor den Rädern. Und nun denkt noch an die
Elektrische! Die kann auch nicht fahren, wenn der Schnee so hoch
liegt. Die fahren dann mit dem Salzwagen, der streut Salz auf
die Schienen. Weshalb? Dann schmilzt der Schnee. — Wir streuen
aus den Fußweg auch manchmal Salz.
III. Wie auf den Fußwegen Bahn gemacht wird. Die Leute
gehen nicht gern durch den dicken Schnee. Was tun sie deshalb?
Sie schaufeln den Schnee fort. Mein Vater hat heute morgen
den Schnee von unserem Hofe geschaufelt. Mein Vater hat von
unserer Haustür nach dem Stalle und nach dem Garten einen Weg
geschaufelt. Das macht er mit einer Schneeschippe. Wer reinigt
aber die Fußwege? Der Straßenfeger. Bei uns (vor dem Tore)
wird der Fußweg mit einem kleinen Schneepflug gereinigt. Wie
sieht denn ein Schneepflug aus? Wie ein 5letl. Das sind zwei
Bretter, die sitzen vorn so! (Schüler zeigt es mit den Händen) zu-
sammen, hinten gehen sie auseinander. In der Mitte ist nach hinten
eine Stange, da wird dran gelenkt. Zeige an diesen beiden Büchern,
wie die Bretter vorn zusammenstoßen! Wer muß den Schneepflug
ziehen (der Straßenfeger?!)? Nein, vor den Schneepflug wird ein
Pferd gespannt. Der Schneepflug schiebt den Schnee nach beiden
Seiten.
Etwas Schnee bleibt aber doch auf den Fußwegen liegen. Der
tritt sich hart und glatt. Dadurch wird er für die Fußgänger ge-
fährlich! Die rutschen aus, fallen auf die Erde, können sich den Arm,
ein Bein brechen. Auf der Sidonienstraße ist ein Mann hingefallen.
— Ich mußte heute morgen Weißbrot holen, da bin ich auch aus-
gerutscht. Meine Brötchen „trulten" gleich in den Schnee. — Bei
Glatteis fällt man noch viel leichter. Was macht man denn nur,
damit man nicht fällt? Herr Z., ich weiß es, der Hauswirt muß
^and streuen, dann fällt man nicht. — Wenn der Hauswirt nicht
streut, dann kommt die Polizei und sagt zu ihm: „Sie müssen
streuen, die Leute fallen sonst." Aber wenn er es dann doch nicht
tut? Dann muß er Strafe bezahlen. — Bei uns hat die Polizei
— 272 —
das auch schon gesagt. Wir streuen immer mit Sägespänen; Asche
darf man nicht nehmen, das hat die Polizei verboten.
IV. Wie der Schnee von den Fahrwegen entfernt wird. Das
habt ihr gewiß schon gesehen. Erzähle! Aus dem Fahrwege wird
auch mit einem Schneepflug Bahn gemacht. Dazu nehmen sie aber
einen .großen Pflug, der ist hinten noch breiter als unsere Bank.
Vor den Pflug werden zwei Pferde gespannt. Der Fuhrmann setzt
sich oben auf den Pflug, und dann fährt er durch die Straften. Der
Schneepflug schiebt den Schnee nach links und rechts zur Seite.
Dann liegen an beiden Seiten Schneedämme. Da springen wir
manchmal 'rein. Wenn wir das aber oft tun, bekommen wir nasse
Füße. — Ich kriege so leicht keine nasse Füße. Mein Vater hat
meine Stiesel „geschmiert". Er sagt, dann käme das Wasser nicht
so leicht durch. — Mein Vater schmiert meine Stiesel im Winter
auch, blank würden sie doch nicht.
Die Schneedämme bleiben neben den Fußwegen nicht lange
liegen. Der Schnee wird weggebracht. Aber wie? Es kommen
viele Männer mit Schneeschauseln und schieben den Schnee in Haufen.
Dabei werden sie aber gewiß tüchtig frieren! O nein, sie haben sich
,,dick" angezogen, Handschuhe an, die Hose in die Stiefel gesteckt.
Und wenn man arbeitet, wird man doch warm. Wo bleiben nun
die Schneehaufen? Die werden auf einen großen Wagen (Kasten-
wagen) geladen. Und dann? Ich weiß es, ich habe es gesehen.
Der Schnee wird nach dem Ruhfäutchenplatze gefahren. Die Schnee-
schipper nehmen da den Deckel vom Kanal, und dann werfen sie den
ganzen Schnee da hinein. In dem Kanal schwimmt der Schnee
dann weg. Herr Z., einmal ist ein Fuhrmann zu dicht an den
Kanal herangefahren, da ist das eine Pferd hineingefallen. Da
mußte die Feuerwehr kommen, die hat es wieder 'rausgeholt. Du
hast recht, das habe ich in der Zeitung gelesen.
Wieviel Arbeiter waren in eurer Straße mit Schneeschaufeln
beschäftigt? — In eurer Straße? — Was meint ihr wohl, wie-
viel Leute nun dazu gehören, wenn der Schnee aus der ganzen
Stadt fortgeschafft werden soll? Das müssen viele Hundert sein.
Jeden Morgen, so lange noch Schnee in der Stadt ist, versammeln
sie sich und gehen von da nach den Straßen, die gereinigt werden
sollen. Jeder trägt seine Schippe auf der Schulter wie der Soldat
sein Gewehr. Viele von ihnen sind ganz gleich gekleidet! Das sind
die Straßenfeger, die haben alle graues Zeug an. Was mögen die
übrigen Leute sein? Das sind Leute, die im Winter keine Arbeit
haben. Mein Vater hat auch schon Schnee geschaufelt, der hatte
auch keine Arbeit. Da hat er sich gemeldet und da durfte er mit
schaufeln. Was ist denn dein Vater? Maurer. Weshalb arbeiten
die Maurer im Winter nicht? Da friert der Mörtel; niemand läßt
im Winter ein Haus bauen. Nennt andere Handwerker, die im
Winter nicht arbeiten können! Maler usw. Weshalb ist das schlimm
für diese Leute? Verdienen nichts, müssen hungern, frieren. Die
273
freuen sich alle, wenn es tüchtig schneit! Dann gehen sie nach dem
Rathause und fragen, ob sie Schnee schaufeln dürfen. Was er-
halten sie für ihre Arbeit? Von wem erhalten sie das Geld? —
Was können sie sich nun wieder kaufen? —
Zugaben:
1. Zungenubung.
Sieben Schneeschipper schippen sieben Schippen Schnee.
2. Kinderreim.
Es regnet und es schneiet,
Es weht ein kühler Wind;
Das Mädel zieht die Handschuh an,
Der Bube läuft geschwind. (Löwe nach Rochholz.)
3. Rätsel.
Es fällt herab vom Himmel,
Sieht weiß aus wie ein Schimmel,
Ist wie ein Bettchen weich,
Zerfließt zu Wasser gleich
Und macht dann naß, — waÄ ist das?
(Volkstümlich.)
4. Rätsel.
Es setzt ein Vogel federlos
Sich auf das Bäumchen blattlos.
Da kommt die Jungfrau mundlos
Und frißt den Vogel federlos
Von seinem Bäumchen blattlos.
5. Der erste Schnee.
(Volksrätsel.)
Ei, du liebe, liebe Zeit,
Ei, wie hat's geschneit, geschneit!
Ringsherum, wie ich mich dreh', .
Nichts als Schnee und lauter Schnee!
Wald und Wiesen, Hof und Hecken,
Alles 'steckt in weißen Decken!
Und im Earten jeder Baum,
Jedes Bäumchen voller Flaum!
Auf dem Sims, dem Blumenbrett
Liegt er wie ein Federbett!
Auf den Dächern um und um
Nichts als Baumwoll' ringsherum!
Und der Schlot vom Nachbarhaus,
Wie possierlich sieht der aus:
Hat ein weißes Müllerkäppchen,
Hat ein weißes Müllerjöppchen!
Meint man nicht, wenn er so raucht,
Daß er just sein Pfeiflein schmaucht?.
Und im Hof der Pumpenstock
Hat gar einen Zottelrock,
Und die pudrige Perücke,
Und den Haarzopf im Genicke,
Und die ellenlange Nase
Geht schier vor bis .an die Straße!
Und gar draußen vor dem Haus! —
War' nur erst die Schule aus!
Aber dann, wenn's noch so stürmt,
Wird ein Schneemann aufgetürmt;
Dick und rund und rund und dick
Steht er da im Augenblick.
Auf dem Kopf als Hut 'nen Tiegel
Und im Arm den langen Prügel
Und die Füße tief im Schnee,
Und wir ringsherum, juchhe!
Ei, ihr lieben, lieben Leut',
Was ist heut' das eine Freud'!
(Fr. Güll.)
6. Der Winter als Zuckerbäcker.
Der Winter ist ein schlimmer Mann,
Hat immer seine Freude dran,
Den Leuten etwas weiß zu machen;
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band.
Dann möcht' er sich zu Tode lachen.
Oft kommt er stille in der Nacht
Und hängt an jedes Reislein sacht
18
Von Eerstenzucker hell und rein
Ein Stengelchen, bald groß, bald klein;
Und über Berg und Tal und Wald
Streut über Nacht er alsobald
Den schönsten weihen Zucker aus;
Dann schleicht er wieder still nach Haus.
Und wenn der frühe Morgen graut,
Das Kindchen durch das Fenster schaut,
Da sieht es, was in stiller Nacht
Der liebe Winter hat gemacht, —
Geht fröhlich aus dem warmen Haus
7. Der
„Großväterchen, es schneit so sehr!
Schau, wie die Flocken jagen!
Wo kommt denn all der Schnee nur her?"
„Das will ich, Kind, dir sagen.
Frau Holle schüttet die Betten aus
Vom Himmelsfenster droben.
Frau Holle hat ein großes Haus
Dort zwischen den Wolken oben.
Drin glänzet alles schmuck und nett
Wie lauter Silberschimmer;
Es steht ein großes, großes Bett
Da in Frau Halles Zimmer.
Malendes Zeichnen:
Hin auf die weiße Straß' hinaus,
Will hurtig von dem Zucker lecken;
Wie wird ihm das so herrlich schmecken!
Es steckt den Mund recht tüchtig voll, —
O weh! das ist doch gar zu toll,
Der Zucker schmeckt so eisig kalt
Und wird zu Wasser alsobald!
Der Winter, dieser böse Mann,
Hat aber seine Freude dran,
Steht hinterm Busch bei all den Sachen
Und will sich fast zu Tode lachen.
(Diefenbach.
erste Schnee.
Mit klarem Linnen läßt gar fein
Ihr Bett Frau Holle schmücken;
Die Daunen sind so weiß und rein
Als wie vom Schwanenrücken. v
Und hat sie morgens sich den Schlaf
Aus ihren Augen gerieben,
Dann schüttelt sie die Betten brav,
Daß rings die Federn stieben.
Dann deckt sie rings die Felder zu
Mit weißer Federn Wolle;
Die schlafen dann in süßer Ruh.
Schön Dank dafür, Frau Holle!"
(Rudolf Löwenstein.)
12. Der Schneemann.
I. Wie die Kinder einen Schneemann bauen. Weshalb seid ihr
heute alle so vergnügt? Sie haben gesagt, wir wollten heute einen
Schneemann machen. Das wollen wir auch. Sind denn meine
Kleinen schon alle da? Bloß Erich Söllig und Robert Kochmann
fehlen noch. Aber da kommen sie ja schon. Ehe wir fortgehen,
sollt ihr mir erzählen, wie man einen Schneemann macht. Wir
machen zuerst einen Schneeball und wälzen ihn im Schnee herum.
Dann wird er immer dicker. Wir wälzen ihn so lange, bis er so
(Schüler zeigt mit den Armen) dick ist. Dann kippen wir ihn um.
— 275 —
Nun machen wir noch einen dicken Schneeball und setzen ihn auf den
ersten. Oben draus kommt ein kleiner Ball. Das ist der Kopf.
Was dürfen wir am Kopfe nicht vergessen? Augen, Ohren, Nase,
Mund. Woraus wollen wir diese Teile herstellen? Aus Kohlen.
Herr Z., die Nase können wir auch aus einer Mohrrübe machen.
Ich habe eine mitgebracht. Gewiß, das geht. Was können wir sonst
noch am Kopfe machen? Wir können ihm eine Zigarre in den
Mund stecken, — einen Hut aufsetzen. Ich habe einen alten Zy-
linderhut mitgebracht. Er muß auch Arme haben! Die backen wir
ihm an. Und zuletzt? Wir geben ihm einen großen Stock in den
rechten Arm. Ich sehe, ihr wißt schon ganz genau, wie ein Schnee-
mann gemacht wird. Ietzt gehen wir nach dem Spielplatze. Sucht
euch zuerst eine Stelle für euren Schneemann aus! — Weshalb
wollt ihr hier bauen? Hier liegt viel Schnee. Nun fangt an! —
--Herr Z., wollen Sie so gut sein und mit an diesen Ball fassen,
wir können ihn nicht auf den anderen setzen. Weshalb denn nicht?
Er ist zu schwer. Ich denke, der Schnee ist so leicht! Faßt einmal
mit an! So, da steht er schon. Wie kriegt ihr aber den Kopf an
seine Stelle? Wir stellen uns auf den Schlitten. Das geht. Nun
ist die schwerste Arbeit getan. Aber seht hier, wo die beiden Schnee-
bälle aufeinanderlegen, hat sein Mantel ringsherum einen tiefen
Riß. Das sieht so unordentlich aus. Wollen wir den Riß nicht zu-
nähen? — Aber wie? Wir drücken Schnee hinein. Gut, macht
das! Nun die Arme. Der Schneemann soll seine Arme geradeso
halten, wie ich meine Arme jetzt halte. So! — Nun macht den
Kopf ferti'g! Zuletzt kriegt er einen großen Stock in den rechten
Arm! Kommt ihm jetzt aber ja nicht zu nahe! Gleich schlägt er
auf euch los! — Was wollen wir denn nun beginnen? Wir
wollen ihn mit Schneebällen werfen. Stellt euch dort auf. Macht
euch Schneebälle! Zielt nach dem Kopfe! Feuer! Da liegt der
Hut an der Erde. Noch einmal! O weh! Die Nase ist weg! Es ist
nur gut, daß sie nicht an zu bluten fängt. Zum dritten Male!
In die Augen getroffen. Nun ist er blind. Vor Schreck läßt er auch
die Zigarre fallen. Nun wollen wir ihn in Ruhe lassen. Aber
morgen wollen wir ihn besuchen und sehen, wie es ihm geht. Hoffent-
lich erkältet er sich nicht, wenn er die ganze Nacht hier draußen
steht. Er könnte sonst krank werden und sterben. Was meint ihr?
Er erkältet sich nicht, er kann die Kälte grade gut vertragen. Was
denn nicht? Die Wärme; wenn die Sonne scheint, dann schmilzt er.
Mit ihren Strahlen sticht und peinigt sie ihn, da fängt er an zu
weinen. Tränen laufen ihm aus den Augen, es trippt an seiner
Nase, Wassertropfen rieseln über seinen Kopf. Er wird immer nässer
und grauer, immer schiefer und dünner, er verliert ganz seine weiße
Farbe, und nun, bums! fällt er um. Wo er gestanden hat, da
liegt nur noch ein schmutziger Schneehaufen.
Nun reibt eure Hände tüchtig, damit sie trocken und warm
werden, und dann wollen wir wieder nach der Schule gehen.
18*
— 276
II. Em Gedicht vom Schneemann. Wie hat es euch heute
(gestern) auf dem Spielplatze gefallen? — Nun zeige ich euch ein
schönes Bild. Was seht ihr hier? Schneemann. Zeige die Knaben,
die ihn gemacht haben! — Was haben sie ihm auch in die Hand
gegeben? Stock. Warum könnte man sich vor ihm fürchten und
in Not kommen? Er droht mit dem Stocke.
Die Knaben haben den Schneemann gestern schon gemacht. Was tat
er gestern schon mit dem Stocke? Drohte schon. Und wann tut er
es noch? Heute. Was tut er aber niemals? Schlägt nicht. Des-
halb rufen die Knaben:
Seht den Mann, o große Not!
Wie er mit dem Stocke droht,
Gestern schon und heute noch;
Aber niemals schlägt er doch.
Was tun die Knaben, um ihm zu zeigen, daß sie sich nicht
vor ihm fürchten? Werfen ihn mit Schneebällen, — machen ihm
eine lange Nase. Was tust du, wenn dich ein anderer Junge wirft?
Werfe wieder, — ich wehre mich. Wer muß es ruhig leiden, wenn
er geworfen wird? Der Schneemann. Warum? Er kann die Knaben
nicht wieder werfen, — er kann sich nicht wehren, trotzdem er einen
Stock in seinem Arme hat. Darum nennen ihn die Knaben einen
„armen Wicht". Sie sprechen:
Schneemann, bist ein armer Wicht,
Hast den Stock und wehrst dich nicht!
Wiederhole alles, was die Knaben von dem Schneemann ge-
sagt haben! ■— Du! — Du! — Chor! —
Bis jetzt habt ihr gelernt, was diese Knaben von dem Schnee-
mann gesagt haben. Wir wollen jetzt auch etwas von ihm sagen.
Weshalb schlägt der Schneemann nicht mit seinem Stocke? Er kann
nicht schlagen. Weshalb läuft er nicht fort, wenn ihn die Knaben
immerzu werfen? Er kann nicht laufen, — er hat ja keine Beine.
Sage beides! Der Schneemann kann nicht schlagen und nicht laufen.
Da ist er doch wirklich ein recht armer Mann. Das wollen wir so
sagen: Freilich ist's ein armer Mann,
Der nicht schlagen noch laufen kann.
Seht Robert Kochmann an! Wie sehen seine Backen aus?
Rot. Wie sieht aber das Gesicht des Schneemanns aus? Weiß.
Die Damen haben manchmal etwas Weißes vor dem Gesicht; was
ist das? Schleier. Das Gesicht des Schneemanns sieht weiß aus
wie ein Schleier — schleierweiß. Sage du auch, wie sein Gesicht
ist! Wiederhole alles, was wir von dem Schneemann gesagt haben!
Freilich ist's ein armer Mann,
Der nicht schlagen noch laufen kann;
Schleierweiß ist sein Gesicht.
Was für Backen hat ein gesunder Mensch? Rote Backen. Wann
sieht man aber so weiß oder bleich aus wie der Schneemann?
— 277 —
Wenn man krank ist. Was kann mit kranken Leuten leicht ge-
schehen? können sterben. Der Schneemann auch. Ihr wißt ja,
wann der Schneemann stirbt! Wenn die Sonne scheint. Die Knaben
möchten den Schneemann aber gern noch länger behalten. Wie
wollen wir die Sonne deshalb bitten? Liebe Sonne, schein' nur
nicht. Jetzt fühlt sich der Schneemann noch hart und fest an. Was
wird aber geschehen, wenn die Sonne warm scheint? Er wird weich
wie Butter, zerfließt zu Wasser. Dann wäre es aus mit der Freude.
Wie wollen wir die Sonne darum noch einmal bitten? — Lernt:
Liebe Sonne, schein' nur nicht,
Sonst wird er wie Butter weich
Und zerfließt zu Wasser gleich. (W. Hey.)
Einübung des ganzen Gedichtes!
Formen: Nun wollen wir einen Schneemann aus Ton (Plasti-
lin) bauen. Wir machen aber nicht, wie auf dem Spielplatze, zuerst
zwei kugeln, sondern gleich eine Tonwalze. Rundet sie an dem
einen Ende etwas ab! Formt jetzt den Kopf! — Setzt ihn auf das
abgerundete Ende der Walze! — Die Arme kann jeder machen, wie
er will. ■— Mein Schneemann soll die Hände in die Taschen stecken.
— So ein Schlauberger! Weshalb nenne ich Erich Söllig so?
Dann braucht er keine Hände zu machen. Ich kanns noch anders
machen, daß man die Hände nicht sieht. Der Schneemann steckt
die Hände vorn in die Ärmel. So! (Schüler zeigt es!) Das
geht; so könnt ihr die Arme machen. Nun das Gesicht! Herr Z.,
wir haben ja keine Kohlen. Das läßt sich auch ohne Kohlen machen.
Einige Teile können wir aus Ton herstellen. Welche wohl? Ohren,
Nase. Wie machen wir «aber die Augen und den Mund? — —
Ich will's euch sagen. An die Stelle für die Augen machen wir
zwei kleine Löcher mit dem Hölzchen. Sieht das nicht gerade so
aus, als ob der Schneemann zwei Augen hätte?! Nun wißt ihr
gewiß auch schon, wie ihr den Mund machen könnt! — Was soll
er auf den Kopf haben? Aber den Prügel dürfen wir nicht vergessen.
Was nehmen wir dazu? Streichholz (von dem die Zündmasse ab-
gebrochen ist).
Zugaben:
1. Rätsel.
Draußen steht ein weißer Mann,
Der sich niemals wärmen kann.
Wenn die Frühlingssonne scheint,
Schwitzt der weiße Mann und weint.
Er wird klein und immer kleiner;
Sag', was ist das wohl für einer?
(Gg. Scherer, Rätselbuch.)
2. Der Schneemann.
Da draußen vor der Scheuer, I Hat mitten im kalten Winter
Da steht em weißer Mann, | Nicht Kittel noch Höslein an.
— 278 —
Doch scheinet eines Morgens
Frau Sonne warm vors Haus,
Da schmilzt er gleich zusammen
Und alle Freud' ist aus.
(Aus Troll, 1. Schuljahr.)
3. Der Schneemann.
Hurra! Hurra! der Schnee liegt dick,
Hurra! kommt schnell heraus.
Wer sitzt da hinterm Ofen noch
Im engen, dumpfen Haus!
Seht nur, welch großen Ball von Schnee
Wir lustig uns gemacht,
Und immer größer wird er noch, —
Ist's nicht 'ne wahre Pracht?
Drauf wird ein dicker Kopf gesetzt
Mit Augen schwarz und rund,
Und eine Nase machen wir
Und einen großen Mund.
Das soll ein prächt'ger Schneemann sein,
Wie keinen ihr geseh'n;
Als Schildwach' soll er groß und breit
Dort an der Ecke steh'n.
Und wer ihn sieht, erschrickt gewiß,
So schrecklich steht er da.
Kommt, helft, daß er bald fertig wird,
Packt an, — Hurra! Hurra!
(Aus: Für unsere Kleinen, Band 6.)
4. Ter Schneemann.
Seht, da steht er, unser Schneemann!
Das ist ein Geselle!
Stehet fest und unverzagt,
Weicht nicht von der Stelle.
Schaut ihm in die schwarzen Augen!
Wird euch denn nicht bange?
In der linken Hand da hat er
Eine lange Stange.
Einen großen Säbel hält er
Fest in seiner Rechten.
Kommt heran, er wird sich wehren,
Wird mit allen fechten.
Uber ihn kann nur der Frühling
Einen Sieg gewinnen!
Blickt ihn der nur an von fern,
Wird er gleich zerrinnen.
Aber halt dich tapfer, Schneemann!
Laß dir offenbaren:
Stehst du morgen noch, so wollen
Wir dich schlittenfahren.
(Aus Jordan, Materialien.)
5. Ter
Heut' soll ein Schneemann werden!
Kommt her, ihr Kinder all!
Es macht nicht viel Beschwerden;
Kommt her und rollt den Ball!
Hei, wie der Ball sich rundet,
Als wie ein Riesenrumpf!
Nun schafft mit mir verbündet
Und meistert an dem Stumpf.
Erst muß er Beine haben
Und dann den vollen Bauch;
Die Schultern dann begaben
Wir mit zwei Armen auch.
Schneemann.
Ein Kopf, wie einein Recken,
Wird ihm dann aufgesetzt,
Und in die Rechte stecken
Wir ihm den Stock zuletzt.
Vom Kopf bis zu den Sohlen
Wirst du gleich fertig sein;
Ich setz' nur ein paar Kohlen
Dir noch als Augen ein.
Wer weiß, was jetzt noch fehle?
Die Nase selbst sitzt dran.
Es fehlt ihm nur die Seele,
Dann wär's ein ganzer Mann.
(Löwenstein.)
6. Kommt her und seht! O weh? o weh?
Wie übel geht's dem Mann von Schnee.
Schneemann dort am Gartenzaune Steht er da voll Trutz und Groll,
Hat gar eine üble Laune. Weiß nicht, was er reden soll.
— 279
Und die Sonne blinkt und blitzt,
Daß er wie ein Kranker schwitzt.
Weil der Himmel ist so blau,
Ärgert er sich braun und grau;
Weil die Wiesen werden grün,
Ärgert sr sich schmal und dünn.
Schneemann ist in großer Not,
Denn es droht ihm schon der Tod.
Noch ein Schnavper, noch ein Schnauf,
Und er steht nicht wieder auf.
Kommen dann die schwarzen Raben,
Seine Leiche zu begraben;
Und Schneeglöckchen will vor Freuden
Ihm die Sterbeglocke läuten,
Und die Lerch' vor allen Dingen
Ihm ein Schlummerliedchen singen.
Aber wo ist er zu finden?
Bornen nicht und auch nicht hinten.
Freilich, weil ihm ganz zerbrochen
An der Sonne seine Knochen.
Weil zu Wasser er zerronnen
An dem Glanz der goldnen Sonnen.
Kommt der Storch dazugeflogen,
Und die Schwalbe hergezogen,
Fragen nach dem toten Mann,
Niemand von ihm sagen kann.
Wälzt der Storch mit seinem Bein
An den Zaun hin einen Stein;
Und die Schwalbe mit dem Schnabel
Schreibt darauf die ganze Fabel:
„Hier liegt einer, der im Leben
Weiter keinen Taug gegeben;
Der sich faul und sehr verstockt
Lebenslang dahergehockt;
Und damit er doch nicht länger
Bleiben soll ein Müßiggänger
Und ein Griesgram und ein Hasser,
Schmolz der Frühling ihn zu Wasser;
Und damit will er begießen
All' die Blumen auf den Wiesen,
Daß sie weiß und gelb und grün
Euch zur Lust und Freude blühn.
(Fr. '(Süll.)
7. Wie der arme Schneemann im Frühling Nagt.
Ach, war' ich armer Schlucker
Doch wenigstens von Zucker,
Daß dann ein gutes Kindlein kam'
Und wich zu sich nach Hause nahm'!
Was helfen mir die Pelze?
Ich armer Mann zerschmelze,
Der Kopf ist schon zerronnen,
Der Rumpf auch hat begonnen.
O weh, schon kommt ein warmer Hauch,
Der nimmt mir fort auch meinen Bauch,
Bald geht's beim Sonnenscheine
Mir gar auch an die Beine
Wie kann ich denn noch stehen?
Ich muß, ich muß zergehen.
Gesang:
Lustig Das Lied vom Schneemann.
Nicht wahr, mein Kind, auch dir wär's
recht —
Du weißt ja, Zucker schmeckt nicht
schlecht —
Wenn all der Schnee hier um dich her
Nur lauter, lauter Zucker war'? —
(Löwenstein.)
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rce - mg schlimm, man sieht eS ihm wohl
man sieht
ihm wohl an.
280
2. Hu! was er da für Augen macht in seinem dicken Kopf! Ihr Kinder,
nehmt euch nur in acht, sonst packt er eins beim Schopf. —
3. Schaut Wal die dicken Fäuste, den Prügel drin so gros;! Geht nur
dem Manne nicht zu nah', gleich schlägt er auf euch los. —
4. Habt ihr den Schnurrbart auch gesehn, sein Maul so lang und breit?
Er frißt euch all', da hilft kein Flehn; lauft, lauft, noch ist es Zeit. —
5. Ho! Ho! wir fürchten uns nicht sehr, der Kerl hat keinen Mut. Für-
wahr! sonst hört' er wohl nicht mehr uns an mit kaltem Blut. —
6. 's ist wohl dem Männlein gar zu kalt, nicht wahr? So wird's wohl
sein! Geduld! Der Frühling kommt nun bald mit schönem Sonnenschein!
I. Weshalb sich die Kinder über den Schnee freuen. Es ist
heute morgen so dunkel in unserer Schulstube, daß man weder lesen
noch schreiben kann. Sch. Das kommt von den schwarzen Wolken,
die am Himmel sind, die lassen die Sonne nicht durch. Aber noch
etwas ist schuld daran! Ja, der Schnee, der vom Himmel fällt. Es
schneit jetzt immerzu. Seht nur, wie dicht die Schneeslocken vom
Himmel herabfallen! Weshalb freut ihr euch, wenn es tüchtig schneit?
Dann können wir Schneemänner bauen, Schlittenfahren, Schnee-
bälle werfen. Vom Schlittenfahren wollen wir heute sprechen.
Hoffentlich habt ihr heute nachmittag eine schöne Schlittenbahn.
Herr Z., die haben wir gestern schon gehabt. Wir sind gestern nach-
mittag immerzu auf unserem Schlitten gefahren. Dann wird's heute
noch schöner gehen.
II. Was die Kinder für Schlitten haben. Wer von euch hat
denn einen Schlitten? Da hat ja fast jedes Kind einen Schlitten.
Was hast du denn für einen Schlitten? Ich habe eine Kurre, die
hat mein Vater selber gemacht Hast du das gesehen? — Erzähle,
(I. H. Ch. Schmidt.)
Malendes Zeichnen:
'4
13. Das Schlittenfahren
— 281 —
wie dein Vater die Kurre gemacht hat! Er hat eine Kiste ausein-
andergeklopft. Von den Brettern hat ex aber bloß drei gebraucht.
Zwei hat er vorn ein bißchen rund gesägt, und dann hat er eins
drüber genagelt. Da war die Kurre schon fertig. Ich zeichne euch
eine Kurre an die Wandtafel. So sieht sie aus. Wer hat^eine solche
Kurre? Wer hat denn einen anderen Schlitten? Mein Schlitten ist
anders. Der hat nur ein Sitzbrett, die Schienen (Kufen) sind aber
aus Eisen. — So einen habe ich auch, aber hinten ist noch eine Lehne
dran, da kann man sich so fein gegenlegen; man fällt auch nicht so
leicht herunter. Auch solchen Schlitten zeichne ich an die Tafel! —
Zeige das Sitzbrett! Die Lehne! — Herr Z., ich habe gestern noch
einen anderen Schlitten gesehen. Der war unten auch von Eisen (die
Schienen), wo das Sitzbrett sein muß, war aber ein schöner Kasten.
Der Schlitten sah beinahe aus wie ein Kinderwagen, er hatte bloß
keine Räder. Vorn war ein Strick, daran konnte man ziehen, und
hinten war ein Griff, da konnte man schieben. Solchen Schlitten
haben wir auch, da fahre ich meine kleine Schwester drin.
III. Wie die Kinder rodeln. Wo geht denn das Schlitten-
fahren am besten? Wir gehen immer nach dem alten Petritors, da
fahren wir den Berg hinunter. — Ich gehe mit meinem Bruder nach
dem Nußberge, da geht es noch viel besser. Herr Z., im Bürger-
parke soll an dem Aussichtsberge (Scherbelberge) eine Rodelbahn
angelegt werden. — Das ist möglich. Wie macht ihr denn nun das
Rodeln? Oben auf dem Berge setzen wir uns auf den Schlitten.
Dann bringen wir ihn mit den Füßen in Gang. Wenn er im Gange
ist, legen wir unsere Beine lang auf das Sitzbrett. Wie der Wind
saust der Schlitten dann den Berg hinunter. Dabei rufen wir laut
„Hurra!" Wenn wir unten angekommen sind, ziehen wir den
Schlitten ganz schnell wieder hinauf, und dann fahren wir noch ein-
mal hinunter, und so immerzu. Herr Z., ich lege mich auch manch-
mal mit dem Bauche auf die Kurre und fahre so hinunter. Das
geht auch fein. Macht ihr's nicht auch noch anders? Manchmal
setzen sich zwei Knaben auf einen Schlitten und fahren den Berg
hinab. Ich weiß noch was. Wir hängen mehrere Schlitten anein-
ander und fahren dann in einem langen Zuge hinunter. Manchmal
gibt's beim Rodeln auch ein kleines Unglück! Ja, wenn man nicht
ordentlich lenkt, dann geht der Schlitten schräg, und dann kippt er
um. Wir purzeln in den Schnee oder rollen den Berg hinunter.
Dann lachen die anderen Kinder. Das tut aber nicht weh, wenn
man in den Schnee fällt. Wir schlagen uns den Schnee ein bißchen
ab, und dann spielen wir wieder weiter. — Ich bin im vorigen Jahre
gefallen. Da "habe ich mir den Fuß verstaucht. Meine Mutter hat
gescholten, und 'mein Vater hat gesagt, ich sollte nicht wieder rodeln.
Wenn du deine Eltern schön bittest, werden sie es dir noch ein-
mal erlauben. Wie lange dauert denn das Rodeln? Bis zum
Abends Nun höret, was die Kinder am Abend ihrer Mutter von
ihrer Schlittenfahrt erzählen:
— 282 —
Auf dem Schlitten, auf dem Schlitten,
Sind wir heute froh geritten,
Sind geritten stolz und munter
Von dem Berg ins Tal hinunter.
Abwärts sind wir rasch geflogen,
Aufwärts haben wir gezogen
An dem Stricke unfern Gaul;
Aufwärts war er immer faul.
Aber abwärts ihn zu lenken,
Schön'res läßt sich gar nicht denken!
Und wenn wir gestürzt bisweilen,
Eab's doch keine schlimmen Beulen. (§. Deinhardt.)
Aber nicht alle Kinder haben einen Berg, an dem sie rodeln
können. Was machen sie dann? Sie spielen „Kutscher und Pferd".
Ein Knabe setzt sich auf den Schlitten, und ein anderer nimmt den
Strick und zieht ihn. Wenn das Pferd nicht tüchtig läuft, dann
kriegt es Peitschenhiebe. Ist es zu müde, dann wechseln sie, dann
muß der Kutscher das Pferd sein.
Was für Backen bekommt ihr beim Schlittenfahren? Rote
Backen. Buben mit roten Backen sind gesund. Was für ein Spiel
ist das Schlittenfahren, weil es euch rote Backen macht? Das
Schlittenfahren ist ein gesundes Spiel.
IV. Nenn- und Lastschlitten. Wenn ihr rodelt, müßt ihr eure
Schlitten immer wieder den Berg hinaufziehen. Die großen Leute
haben es besser. In was für Schlitten fahren diese? In großen
Schlitten. Wer muß die großen Schlitten ziehen? Pferde. Die
Pferde, die vor einen Schlitten gespannt sind, müssen tüchtig laufen,
— rennen, — Rennschlitten. Ja, so einen habe ich schon gesehen.
Der Fuhrmann bei uns nebenan hat einen Rennschlitten. Der ist
inwendig so fein gepolstert wie ein Sofa. Die Pferde, die vor den
Rennschlitten kommen, haben auf dem Rücken kleine Glocken
(Schellen), — ein Schellengeläute. Das Schellengeläute hat einen
bunten Federbusch. Könnt ihr euch denken, weshalb die Pferde vor
einem Schlitten Glocken tragen? Der Schlitten geht ganz leise, den
hört man gar nicht kommen. Die Leute gehen deshalb nicht zur
Seite und können dann leicht überfahren werden. Was tun aber die
Schellen, wenn das Pferd läuft? — Das hören die Leute und gehen
dann schnell aus dem Wege. Weshalb brauchen die Pferde vor
einem Wagen keine Schellen? Der klappert und rasselt so laut, daß
es die Leute hören. Wer ist denn schon einmal in einem Renn-
schlitten gefahren? O, wer darin fahren könnte! Das muß eine
Lust sein.
Es gibt auch noch andere Schlitten, die von Pferden gezogen
werden Herr Z., unser Bäcker fährt im Winter sein Brot in einem
Schlitten in der Stadt herum Unser Milchmann hat jetzt auch einen
Schlitten. Wie sieht denn der aus? Unser Bäcker hat den großen
Kasten von seinem Brotwagen auf einen Schlitten gesetzt. Das hat
unser Milchmann auch so gemacht. Wie dick sind die Schienen an
— 283 —
diesem Schlitten? Schüler zeigt es mit den Händen: so dick! Wes-
halb so dick? Sie müssen eine schwere Lust tragen, — Lastschlitten.
Wer hat schon solche Lastschlitten gesehen? Womit waren sie be-
laden? — Weshalb stellt der Fuhrmann seinen Wagenkasten auf einen
Schlitten? Der Schlitten geht leicht durch den Schnee, die Pferde
brauchen nicht so arg zu ziehen. Was für Schlitten kennt ihr jetzt?
Zugaben:
1. Einen Schlitten muß ein Junge haben.
Hei, das ist ein Vergnügen,
Wie der Wind so geschwind dahinzufliegen !
Es knirscht der Schnee;
Der Schlitten saust hinunter die Höh'
Und gleitet, hui! über den See.
Einen Schlitten muß ein Junge haben!
Aber still sitzen und nicht wippen!
Sonst könnte, wupp! der Schlitten kippen,
Und du liegst, o weh!
Mit der Nase in dem Schnee,
Und der Schlitten saust hinunter zum See,
Und es lachen alle Knaben. —
Einen Schlitten muß ein Junge haben! (Emil Weber.)
Einen Schlitten mutz ein Junge haben.
Im Sommer kann er barfuß traben
Durch Gras und Klee?
Liegt aber im Winter Eis und Schnee,
Dann geht's mit Hurra hinunter die Höh'.
Einen Schlitten muß ein Junge haben!
2. Schlittenfahrt in der Stube.
„Adieu, Mama, adieu, Mama,
Wir fahren auf dem Eise!"
„Leb wohl, mein Kind, leb wohl, mein Kind,
Viel Glück auch auf die Reise!"
„Es geht g'rad' nach dem Nordpol hin,
Wir müssen schnell kutschieren!"
„Adieu, mein Kind, und laß dir nur
Die Nase nicht erfrieren!"
„Wir bringen auch was mit, Mama,
Vom Nordpol; kannst du's raten?"
„Eewiß bringt ihr 'nen Eisbär mit,
Den will ich für euch braten." (Fr. Oldenburg.)
3. Auf der Schlittenbahn.
Hurra! Hurra! die Schul ist aus, nun geht die Lust erst an. Kommt nur,
ihr Kameraden all', geschwind zur Schlittenbahn!
Weht auch die Luft recht rauh und kalt, — das macht die Wangen rot;
und desto besser schmeckt uns dann ein dickes Butterbrot.
Die armen Ofenhocker nur, — sie sitzen still zu Haus, — wir zieh'n voll
Jubel und voll Lust zur Schlittenbahn hinaus.
Und purzeln wir auch manchesmal kopfüber in den Schnee, so schütteln
wir uns lachend ab, — es tut uns ja nicht weh.
Mit Mühe schleppen immer wohl die Schlitten wir bergan, — dann
geht es mit Hurra hinab wie auf der Eisenbahn! (Diefenbach.)
4. Schlittenfahrt.
Daß ist ein fröhlich Fahren! Der Schnee blinkt weiß und rein,
Im Schlitten sitzt behaglich das kleine Zchwefterlein.
— 284 —
Es hat der eine Bruder als Pferd sich vorgespannt,
Der and're schiebt von hinten, der Spitz kommt nachgerannt.
Mit frischen, roten Backen geht es im Trab voran,
Mit Jubeln und mit Jauchzen auf glatter Schlittenbahn.
(Diefenbach.)
5. Schlittenfahrt.
Da fällt nun vom Himmel
Mit krausem Gewimmel
In dichten Flocken der Schnee.
Auf Häuser und Bäume,
Auf Gärten und Zäune
Und decket den Fluß und die See
Selbst jeder Pfahl talab, talauf
Hat sein schneeweißes Käpplein auf.
Nun holet den Schlitten
Mit emsigen Schritten
Und setzt mir hinein das ftirtd!
Das Elöckchen soll schellen,
Das Hündchen mag bellen!
Fahrt lustig dahin durch den Wind!
Das frischt das Herz und stärkt den Mut
Und gibt euch Backen wie Milch und Blut.
Und kommt fast erfroren
An Händen und Ohren
Des Abends ihr müde nach Haus,
Dann tut man sich gütlich
Und ruht ganz gemütlich
Am wärmen Ofen sich aus!
Wie .gut der gebratene Apfel nun riecht
Und besser noch schmeckt, wenn man ihn erst kriegt.
(Scherer.)
Malendes Zeichnen: ( I
285
\
14. Das Vüblein auf dem Eise.
Ihr sollt heute von einem Büblein hören, das zu früh aufs
Eis gegangen ist. -Ihr geht auch gern aufs Eis. Wo ist jetzt
schon Eis? Auf -den Teichen im Bürgerparke usw. Was macht
ihr auf dem Eise? Glisseken (rutschen), laufen Schlittschuhe. Als
ich gestern an den Teichen im Bürgerparke vorüberging, sah ich
noch keinen Menschen »auf dem Eise (Teiche). Aber am Ufer standen
mehrere Knaben. Die hatten etwas in der Hand, das warfen sie
ganz fest .auf das Eis. Was mag das gewesen sein? Steine.
Weshalb warfen -sie die Steine auf das Eis? Wollten wissen,
ob das Eis schon hielt. Aber jedesmal, wenn der Stein aufs
Eis kam, war er verschwunden. Wie ging das zu? Das Eis war
noch nicht fest, bmch, und dann fiel der Stein ins Wasser. Wes-
halb war das Eis noch dünn? Es hatte erst ein paar Tage ge-
froren. Was wußten nun die Knaben? Das Eis ist noch dünn,
ihr dürft noch nicht aufs Eis gehen.. Weshalb ist das gefähr-
lich, auf so dünnes Eis zu gehen? Man bricht ein, kann ertrinken.
Nach einiger Zeit sah ich die. Knaben nicht mehr am Teiche. Wie
bam das? Wie waren fortgegangen. Erzähle von den Jungen
am Teiche!
Ich habe mich über die Knaben gefreut. Weshalb wohl? Daß
sie nicht gleich aufs Eis gegangen sind, daß sie erst einen Stein darauf
geworfen haben, daß sie nach Hause gegangen sind, weil das Eis
noch uicht fest genug war. So klug und verständig war der kleine
Karl nicht. Es war ein Knabe in eurem Alter. Er kam um 4 Uhr
aus der Schule. Ihr könnt euch denken, was er da zuerst getan hat!
Kaffee getrunken. An seine Schularbeiten dachte er nicht, aber
desto mehr an das Eis im Bürgerparke. Was wird er wohl ZU
seiner Mutter sagen? Will nach dem Eis gehen. Sage es einmal
so, wie es der Iunge zu seiner Mutter gesagt hat! Mutter, ich
möchte gern ein bißchen nach dem Bürgerparke. Die Mutter aber
guckte ihn ganz erstaunt an und sagte: ,,Was, auf das Eis willst
du? Du bist wohl nicht recht klug. Das Eis ist noch viel zu
dünn. Du brichst ein und ertrinkst." Wo hätte der Iunge nun
bleiben müssen? Zu Hause. Erzähle, wie Karl gern aufs Eis
Als Karls Mutter nach dem -Kaufmann ging, um Petroleum
zu holen, nahm er schnell seine Mütze und lief fort. Könnt ihr euch
denken, wohin er eilte? Nach 'dem Bürgerparke. Was für ein
wollte!
— 286 —
Junge war er, weil er nicht tat, was seine Mutter sagte? Unge-
horsamer Junge. Erzähle von dem ungehorsamen Karl! —
Hört ,nun, wie es dem Jungen auf dem Eise ergangen ist!
Gefroren hat es heuer
Noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
Und spricht so zn sich leis:
„Ich will es einmal wagen!
Das Eis, es muß doch tragen —
Wer weiß?"
Wo stand der Knabe oder das Büblein? Am Weiher oder am
Teiche. Was war mit dem Weiher geschehen? Zugefroren. Es
hatte aber erst ein paar Tage gefroren. Wie war das Eis deshalb
noch nicht? Nicht dick, nicht fest. In diesem Jahre hatte es über-
Haupt noch kein festes Eis .gefroren. Statt zu sagen ,,in diesem
Jahre", kann man auch sagen „Heuer". Also was war Heuer
noch nicht geschehen? Es hatte Heuer noch kein festes Eis ge-
froren. Wohin möchte das Büblein aber gar zu gern? Aufs Eis.
Es dachte zwar daran, was die Mutter gesagt hatte, aber es
wußte es besser als sie. Was meinte es vom Eise? Es meinte, das
Eis wäre fest genug und könnte es wohl tragen. Was will es also
wagen? Es will wagen, auf das Eis zu gehen. Was sagte es des-
halb zu sich? Ich will es usw. Wie spricht es diese Worte? Leise.
Warum so leise? Andere sollten es nicht hören. Erzähle von dem
Weiher und dem Büblein. Hört weiter!
Das Büblein stampft und hacket
Mit seinem Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket,
Und krach — schon bricht's hinein!
Das Büblein platscht und krabbelt
Als wie ein Krebs und zappelt
Mit Arm und Bein.
Was tat das Büblein also wirklich? Ging aufs Eis. Zweierlei
tat es auf dem Eise! Es stampfte und hackte. So und so macht
es (Gebärde!). Womit stampft es? —- Gerade wie die Turner,
wenn sie Stampftritt machen. Womit hackt es? Mit dem Ab-
s<ltz. Du sollst einmal das ^Büblein sein, Komm her und stampfe
einmal! ■— Hacke einmal! — Weshalb stampfte und hackte denn
das Büblein? Es will sehen, ob das Eis fest ist. Das törichte
Büblein! Auf einmal erschrak es. Weshalb denn? Das Eis knackte
(Beüam Sprünge nnd Risse mit lautem Ton.). Nicht bloß das!
Das Eis brach und das Büblein fiel ins Wasser. O weh! in das
eiskalte Wasser. Was tat es, um wieder herauszukommen? Es
platschte (schlug mit den Händen aufs Wasser, als wollte es sich
dadurch festhalten). Sobald es aber iweiterkroch, krachte das Eis
noch einmal. Wie /ein Krebs kribbelte es im Wasser umher, um'
sich oben zu halten; es zappelte mit Arm und Bein (machte mit
Händen und Füßen kleine, rasche Bewegungen). Aber es kam nicht
wieder heraus. Was tat es in seiner Not? — Es rief:
— 287 —
„O helft, ich muß versinken
In lauter Eis und Schnee!
O helft, ich mutz ertrinken
Im tiefen, tiefen See!"
War' nicht ein Mann gekommen,
Der sich ein Herz genommen —
O weh!
Wie ist dem Büblein zumute, als es merkte, daß es nicht aus
dem Wasser herauskam? — Nun machte es, was die Jungen
immer tun, Wenn sie in Not sind. Nämlich? Es schrie, rief um'
Hilfe. W>as rief es? O helft .... See. Wie tief war es gewiß
schon versunken? Bis ,an den Hals. Was geschieht, wenn es noch
weiter sinkt? Ertrinkt. Wer hotte das Schreien gehört? Ein
Mann. Da hat sich der Mann gar nicht lange besonnen. Wtohin
lief er geschwind? Noch der Unglücksstelle. Was sah er? Wie
das Büblein im Wasser versank. Was mußte er tun, wenn er das
Büblein herausziehen wollte? Aufs Eis — ins Wasser gehen.
Weshalb ging er nicht gern ins Wasser? Das Wasser war kalt.
Warum war es auch gefährlich, hineinzugehen? Das Wasser war
tief. Aber der Mann hatte Mut, oder: er nahm sich ein Herz.
Wiederhole den letzten Satz! — Was heißt das also? Er wollte
ins Wasser gehen und das Büblein herausholen. Und das tat er
auch- Hört. eg ge- kem Schöpfe
Und zieht es dann heraus.
Vom Fuße bis zum Kopfe
Wie eine Massermaus.
Das Büblein hat getropfet,
Der Vater hat's geklopfet
Zu Haus'. (Friedrich Güll.)
Es war die höchste Zeit, daß der Mann kam. So packte er
das Büblein gleich (Gebärde!)! Bei den Haaren oder bei dem
- Schöpfe. Warum packte er denn das Büblein bei dem Schöpfe?
Er konnte nicht anderes fassen, das Büblein war schon so weit
untergesunken. (Da war es nur gut, daß das Büblein lange Haare
hatte, sonst hätte es der Mann nicht fassen können.) Was tat nun
der Mann, nachdem er es an den Haaren gefaßt hatte? Zog es
heraus. Aber wie sah es aus? Ganz naß, — wie eine Wassermaus.
Warum konnte man das Büblein jetzt mit einer Wassermaus ver-
gleichen? Weil es vom ftopfe bis zum Fuße naß war. Was wird
der Mann nun zu Karl 'gesagt haben? Lauf ganz schnell nach Hause.
Das tat Karl auch. Warum lief er so schnell? Er fror, wollte
trockene, warme Kleider anziehen. Das Büblein hat getropfet, —
der Weg wurde naß. Nun war er schon nahe bei dem Hause
seiner Eltern. Da wurden seine Schritte immer langsamer. Wie
kam das? Er dachte daran, was die Mutter gesagt hatte. Und
o weh! nun war noch jemand nach Hause gekommen. Wer
war es? Vater. Dem hatte die Mutter schon etwas erzählt.
Was denn? Karl wäre ungehorsam gewesen. Sie hatte ihm ge-
— 288 —
sagt: „Karl ist ein ganz ungehorsamer Bengel. Ich sagte, er sollte
nicht aufs Eis gehen, und er ist d»ch hingegangen." Da geht die
Tür auf. und Karl tritt in die Stube. Der Vater blickte ihn ernst
an. Was sah er sofort? Daß Karl im Wasser gelegen hatte. Was
wird er zu ihm sagen? Das ist dir recht geschehen. Die Mutter
hatte es dir doch verboten, aufs Eis zu gehen. Der Vater sagte
nicht bloß etwas! Er gab ihm noch Prügel dazu. Das steht so
hübsch im Gedicht. Wie denn? Der Vater hat's geklopfet zu Haus.
Was mag nun die Mutter mit Karl gemacht haben? Schnell
ausgezogen und ins Bett gesteckt. Warum wohl?, Da sollte er
schwitzen, er sollte nicht krank werden.
War das nicht recht hart, daß der Vater das Büblein noch
klopfte? Nein, das Büblein hatte die Prügel verdient. Warum?
Die Mutter hatte ihm verboten, aufs Eis zu gehen, und es hatte
es doch getan. Warum hatte es die Mutter verboten? Das Eis
war noch nicht fest. Das Büblein konnte einbrechen und ertrinken.
Was kannst du von dem Büblein sagen, weil es auf das dünne
Eis ging? Es war unvorsichtig, vorwitzig, ungehorsam. Welche
Strafen hat das Büblein bekommen? Es ist sehr erschrocken, hat
im kalten Wasser gelegen, Prügel bekommen. — Wir wollen hoffen,
daß es nicht noch schlimmer bestraft worden ist! Hoffentlich ist das
Büblein nicht krank geworden.
Warum gefällt dir der Mann? Er hatte Mitleid mit dem
Büblein. Er konnte es nicht mit ansehen, wie es so zappelte und
krabbelte. Er hatte Mut, ging in das kalte, tiefe Wasser und zog
das Büblein heraus.
Was kannst du von dem Büblein lernen? Ich darf nicht vor-
witzig sein und nicht aufs Eis gehen, wenn es noch nicht fest ist.
Ich muß den Eltern gehorchen.
Wir wollen nun einmal die Geschichte zeichnen.
Malendes Zeichnen:
— 289 —
15. Das Schlittschuhlaufen.
I Weshalb sich die Kinder über das Eis freuen. Heute morgen
konntet ihr in eurer Wohnstube gewiß nicht durch die Fenster auf die
Straße sehen. Weshalb nicht? Die Fensterscheiben waren über-
gefroren, es war dickes Eis darauf. Wie geht das zu? — Wo habt
ihr auf eurem Schulwege noch Eis gesehen? Auf den Pfützen,
Gossen, Gräben, Teichen. Die Oker ist noch nicht zugefroren, da sitzt
nur am Rande erst dünnes Eis. Weshalb ist die Oker noch nicht zu-
gefroren? Weil das Wasser in der Oker fließt. Wenn das Wasser
still steht, friert es leichter zu. Weshalb freut ihr euch, wenn Teiche
und Flüsse zugefroren sind? Dann können wir nach der Eisbahn
gehen und Schlittschuh laufen.
II. Wo die Binder Schlittschuh lausen. Wo lauft ihr denn
Schlittschuhe? Auf den Teichen im Bürgerparke. — Ich gehe immer
nach dem kleinen Exerzierplätze. Auf dem kleinen Exerzierplätze ist
ja aber gar kein Wasser, da sieht man ja nur Sand und Erde! Doch;
wenn es kalt wird, lassen die Männer vom Wasserwerke Wasser auf
den Platz laufen. Das friert in der Nacht, und dann haben wir eine
schöne Eisbahn. Die Eisbahn auf dem Exerzierplätze hat auch einen
Namen! Man nennt sie die Nordbahn. Die Eisbahn im Bürger-
parke heißt die Südbahn. Wer läuft auf einer anderen Bahn? Ich
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 19
— 290 -
laufe immer auf der Iugendbahn, die ist bei dem Parkhause. Da
dürfen aber nur Binder laufen, die noch nicht konfirmiert sind. —
Und 'ich gehe auf die Oker, da kann man auch fein lausen. — Das
Schlittschuhlaufen -auf der Oker ist aber sehr gefährlich, das dürfen
Binder nicht tun. Ich habe euch doch erzählt, und ihr habt es gewiß
auch von euren Eltern gehört, daß neulich zwei Knaben durchs Eis
gebrochen und ertrunken sind.
III. Wie die Eröffnung der Eisdahn bekanntgemacht wird.
Wenn es erst ein paar Tage und Nächte gefroren hat, dürft ihr noch
nicht auf den Teich oder Fluß gehen. Weshalb nicht? Das Eis ist
noch zu dünn, bricht leicht; man fällt ins Wasser und ertrinkt.
Wann dürft ihr erst auf das Eis gehen? Wenn es dick ist, wenn
es die Polizei erlaubt hat. Die untersucht das Eis, und wenn es hält
(trägt), dann dürfen die Leute darauf laufen, dann wird die Eisbahn
eröffnet. Wie erfahrt ihr das aber? In allen ,,Elektrischen" hängt
dann ein Zettel, auf dem ist ein Schlittschuhläufer abgemalt, und
dann steht noch darauf: ,,Nord- und Südbahn offen!" Manchmal
ist auch bloß die Nordbahn offen. Da geht das Schlittschuhlaufen
immer zuerst. Das ist ein rechter Festtag für die Kinder, wenn die
Eisbahn zum ersten Male geöffnet wird. Am Nachmittage eilt groß und
klein nach der Eisbahn, um sich am Schlittschuhlaufen zu vergnügen.
IV. Die Eisbahn. Wir haben den Teich im Bürgerparke, auf
dem die Eisbahn ist, im vergangenen Sommer mehrere Male be-
sucht. Was hat sich da jetzt verändert? Die Bäume und Sträucher
haben kein Laub mehr. Ihre Äste und Zweige sind mit Schnee be-
deckt. Man sieht und hört keine Vögel im Parke. Der Teich ist jetzt
mit einem Drahtzaun umgeben. Am Ufer stehen mehrere Zelte
(Buden). Weshalb hat man die Eisbahn mit einem Drahtzaun
umgeben? Damit niemand ohne Bittet auf die Bahn kann. Und
wozu sind die Zelte aufgebaut? In dem großen Zelte stehen zwei
Öfen. Wenn die kleinen Kinder kalt geworden sind, sollen sie sich in
dem Zelte wärmen. Man kann darin auch Kaffee und Kakao be-
kommen. Eine Tasse Kaffee kostet bloß 5 Pfennig. Ich habe mir
da 'mal eine Prilleke gekauft, die schmeckte fein. Anderes Backwerk
kann man auch noch kriegen. In dem Zelte ist auch eine Stube für
die Sanitätswache. Wenn einer fällt und sich den Arm oder den Fuß
bricht, dann wird er da verbunden. Weshalb ist am Eingange noch
eine kleine Bude aufgebaut? Darin ist die Kasse. Da muß man sich
eine Eintrittskarte kaufen. Die kostet 10 Pfennig. Große Leute
müssen 30 Pfennig bezahlen. Am Eingange steht ein Aufseher, dem
müssen wir unsere Karte zeigen, und dann läßt er uns erst durch.
Wer keine Karte hat, darf nicht hinein. Herr Z., ich habe ein Abonne-
ment. Meine Karte kostet 1,10 Mark, die gilt gleich für den ganzen
Winter. Auf der Karte steht mein Name. Dann habe ich auch noch
eine Eismarke gekriegt. An der Marke ist eine Sicherheitsnadel,
damit ich sie an den Rock stecken kann. — Weshalb müßt ihr die
Marke am Rocke tragen? — Ich habe auch solche Karte. — Ich
— 291 —
auch, und meine Schwester auch. — Ich gehe immer nach der
Iugendbahn, da braucht man nichts zu bezahlen. Auf der Oker
kostet es auch nichts. — Denkt aber immer daran, wie gefährlich
das Schlittschuhlaufen auf der Oker ist! Dann ist auf der Jugend-
bahn aber auch keine Musik. Herr Z., die Musik spielt aber nicht alle
Tage. Da hast du allerdings recht; aber sie spielt doch mehrere
Male in der Woche. Wo hat denn die Musik ihren Platz? Die
Musik sitzt auf der Insel, die im Teiche ist. Aus Brettern haben sie
eine Wand um die Musik gemacht. Die sieht aus wie ein großer
Ofenschirm. Weshalb hat man diese Bretterwand errichtet? Damit
der kalte Wind die Musikanten nicht so fassen kann. Aber noch etwas
ist da, damit die Musikanten nicht zu frieren brauchen! Ja, in der
Mitte steht ein großer, eiserner Korb mit drei Beinen. Darin brennt
ein tüchtiges Koksfeuer, damit sich die Musikanten wärmen können.
Sie kriegen sonst steife Finger, und dann können sie nicht spielen.
Nun müssen wir noch etwas erwähnen, was auf dem Eise selbst
steht. Ja, die Bänke am Rande des Eises. Auf die Bänke setzen
wir uns, wenn wir unsere Schlittschuhe anschnallen wollen! Und
nun noch etwas am Ufer des Teiches, das ragt hoch in die Luft!
Das sind die Masten für das elektrische Licht. Das brennt des
Abends, wenn es dunkel ist.
V. Wie die Kinder Schlittschuh laufen. Wer von euch kann
denn nun schon tüchtig Schlittschuh laufen? — Was tust du zuerst,
wenn du Schlittschuh laufen willst? Ich schnalle meine Schlittschuhe
an. Erzähle, wie du deine Schlittschuhe anschnallst! Wenn ich meine
Schlittschuhe anschnalle, setze ich mich auf eine Bank. Ich halte den
Schlittschuh «unter den Fuß und schraube ihn am Hacken fest. Vorn
am Schlittschuh sitzt ein Riemen, den ziehe ich durch die Schnalle und
mache ihn fest. Die Schraube und den Riemen ziehe ich aber fest
an, damit die Schlittschuhe nicht losgehen. Herr Z., an meinen
Schlittschuhen sind gar keine Riemen, die schraube ich am Hacken
und an der Sohle fest, die gehen nicht los. — Die Schnelläufer und
die Kunstläufer haben noch andere Schlittschuhe, die sitzen gleich
an den Stiefeln^ fest. Wenn sie Schlittschuh laufen wollen, dann
ziehen sie ihre Stiefel aus und ziehen die Stiefel mit den Schlitt--
schuhen an. — Das ist aber schön! Solche Schlittschuhe möchtet
ihr doch gewiß auch haben. Nun, wenn ihr größer seid, bringt euch
vielleicht der Weihnachtsmann solche Schlittschuhe. — Wer kann
denn nun seine Schlittschuhe noch nicht selbst anschnallen? — Da
könnt ihr ja nicht laufen! Doch, mein großer Bruder schnallt sie
mir an.— Man ?ann sich die Schlittschuhe auch anschnallen lassen.
Das kostet 5 Pfennig. Da sind Männer, die machen das.. Die
rufen Zimmer: ,,Anschnallen? Abschnallen?"
_ Wie vergnügt ihr euch nun auf der Eisbahn, wenn ihr eure
Schlittschuhe angeschnallt habt? Wir laufen um die Inseln, die im
deiche sind. Manchmal laufen wir auch miteinander um die Wette,
oder wir suchen einander zu haschen. Oft schiebt einer den anderen.
19*
— 292 —
Wir laufen auch zu zweien (mit gekreuzten Armen) oder bilden eine
Kette. Wer schon besser laufen kann, macht auch Kunststücke! Ja,
der läuft aus einem Beine. Er macht erst einen großen Boden nach
links und dann einen großen Bogen nach rechts. Das sieht fein aus.
Das kann ich aber noch nicht. Es gibt auch welche, die können
rückwärts laufen. — Das muß doch eine Lust sein, sich mit Schlitt-
schuhen auf dem Eise herumzutummeln! Und wie geschickt einer dem
andern ausbiegt! Bisweilen kommt es aber doch vor, daß zwei
Läufer zusammenstoßen. Aber was schadet es, wenn einer fällt!
Schnell steht er wieder auf, schlägt sich den Schnee von den Kleidern
und läuft desto schneller über die spiegelglatte Eisfläche dahin. Wie
lange dürft ihr des Nachmittags auf der Eisbahn bleiben? Bis
5 Uhr. Dann wird die Glocke geläutet, und dann müssen wir unsere
Schlittschuhe abschnallen. Wenn einige Knaben oder Mädchen nicht
gleich fortgehen, dann nehmen die Wärter einen langen Strick,
fassen ihn an beiden Enden und gehen damit über die Eisbahn.
Dann müssen alle runter. Wir gehen durch den Bürgerpark zurück
oder fahren mit der Elektrischen nach Haus. Zu Hause könnt ihr kaum
die Zeit erwarten, daß die Mutter erst das Abendbrot auf den Tisch
bringt. Weshalb denn? Wir sind sehr hungrig geworden. Wie
prächtig das Abendbrot mundet! Darüber freuen sich die Eltern,
und die Mutter sagt zum Vater: „Sieh' nur, wie unseren Kindern
das Essen schmeckt, und was sie für rote Backen bekommen haben!
Das Schlittschuhlaufen ist doch ein gesundes Vergnügen."
Nun wollen wir noch einmal zu unserer Eisbahn zurückkehren.
Man kann es der Eisbahn wohl ansehen, daß sich so viele, viele
Schlittschuhläufer auf ihr herumgetummelt haben. Woran denn? Die
Bahn sieht aus, als wenn Schnee darauf läge. Wie geht das zu?
Die Schlittschuhe kratzen immer etwas Eis ab. Manchmal schneit es
aber auch wirklich auf die Eisbahn. Weshalb kann man dann nicht
auf ihr laufen? Dann 'rutschen die Schlittschuhe nicht so gut., Was
muß geschehen? Sie muß gereinigt werden. Wer besorgt das? Die
Bahnwärter. Wer hat das schon gesehen? — Erzähle, wie die Wärter
die Bahn reinigen! Sie schieben zuerst mit ihren Schippen den Schnee
zur Seite, und dann fegen sie die Bahn noch mit dem Besen rein.
Wie lange dauert das Reinigen der Bahn wohl? Bis 7 Uhr. Kaum
sind die Bahnwärter mit ihrer Arbeit fertig, so stellen sich schon wieder
neue Schlittschuhläufer ein. Aber um diese Zeit ist es doch schon
stockfinster im Parke! Auf der Eisbahn ist elektrisches Licht, das
brennt des Abends. Wer ist denn von euch schon des Abends auf
der Eisbahn gewesen? Des Abends dürfen keine Kinder auf der
Eisbahn laufen, dann sind nur Erwachsene da. Weshalb kommen
denn die nicht auch am Tage? Dann haben sie keine Zeit, müssen
arbeiten usw. Bei denen ist es gerade umgekehrt wie bei euch. Wie
meine ich das? — Es ist doch gut, daß die Leute, welche den ganzen
Tag über im Zimmer arbeiten müssen, des Abends Gelegenheit'
haben, sich am Schlittschuhlaufen zu vergnügen.
— 293 —
VI. Wie Michel Schlittschuh laufen lernte. Wer von euch kann
noch nicht Schlittschuh laufen? >— Weshalb nicht? Nicht gelernt.
Aber du kannst Schlittschuh laufen. Erzähle uns, wie du es gelernt
hast! — Weshalb bist du nicht so oft gefallen? Mein Bruder hat
mich gehalten. Nun hört, wie ein Knabe mit Namen Michel das
Schlittschuhlaufen lernen wollte. Das Christkind hatte ihm ein Paar
Schlittschuhe gebracht. Was tonnte er aber noch nicht? Schlittschuhe
lausen. Was hatte er sich nun vorgenommen? — Wo kann man
das Schlittschuhlaufen uur lernen? Auf der Eisbahn. Wohin ging
Michel deshalb eines Tages? Aufs Eis. Was tat er da zuerst?
Schnallte die Schlittschuhe an. Weshalb kann man auf dem Eise
leicht fallen? Es ist glatt, blank. Darum sagen wir:
„Michel wollte Schlittschuh laufen lernen geh'n,
Ließ sich auf dem blanken Eise seh'n."
Was konnte hier leicht geschehen? Fallen. Es war auch niemand
da, der ihn festhalten konnte. Einen Augenblick wartete er noch;
warum? — Dann aber sagte er zu sich selbst:
„Mut gefaßt! Jetzt schwenk' ich mich herum, herum!"
Wiederhole! Aber kaum dachte er so, — was geschah da schon?
Er fiel um. e5 faum gedacht, da fällt er um!"
Wiederhole, was er zu sich sagte und was geschah! — Weshalb war
ihm das Fallen nicht angenehm? Es tat weh. Aber er macht sich
weiter nichts daraus. Was tat er also schnell? Stand auf. Womit
war der Anfang jetzt gemacht? Mit dem Laufen. Plumps! Nun,
was denn? Er purzelt schon wieder. Und daß er ganz gehörig
gefallen war, das hörte man an dem Eise. Ja, das Eis krachte.
Lernt. „Und er stehet auf: „Der Anfang ist gemacht!"
Und er purzelt nieder, daß es kracht."
Michel war aber ein kleiner, tapferer Mann und ließ sich dadurch
nicht zurückschrecken. Was geschah noch oft? Fiel noch oft. Aber?
Er stand immer wieder auf. Was hat er zuletzt doch noch gelernt?
Das Schlittschuhlaufen.
„Oft fällt er noch, steht immer wieder auf,
Endlich lernt er doch den Schlittschuhlauf."
^Hoffmann v. Fallersleben.)
VII. Was beim Schlittschuhlaufen passieren kann. Das haben
wir eben bei Michel schon gesehen! Man kann auf dem Eise fallen.
Dabei kann auch ein Unglück passieren! Ja, man kann den Arm
oder das Bein brechen. Ich habe mir voriges Jahr den Fuß ver-
staucht. Mein Bruder ist gestern gegen einen Jungen gelaufen, da
sind sie beide gefallen. Der Junge ist auf den Hinterkopf gefallen.
Manchmal fängt 'das Eis an zu knacken. Wann denn? Wenn viele
Menschen auf einer Stelle stehen. Wenn sie aber das Knacken hören,
^ lausen sie schnell auseinander. Mir ist einmal der Hacken vom Stiefel
— 294 —
gegangen. Da konnte ich nicht mehr laufen, da mußte ich meine
Schlittschuhe abschnallen. Ich habe schon gesehen, daß ein Junge
durch's Eis gebrochen ist usro.
Zugaben:
1,
Der See ist zugefroren
Und hält schon seinen Mann.
Die Bahn ist wie ein Spiegel
Und glänzt uns freundlich an.
Das Wetter ist so heiter,
Die Sonne scheint so hell.
Wer will mit mir ins Freie?
Wer ist mein Mitgesell?
Da ist nicht viel zu fragen:
Wer mit will, macht sich auf.
Wir geh'n hinaus ins Freie,
Hinaus zum Schlittschuhlauf.
Was kümmert uns die 5lälte?
Was kümmert uns der Schnee?
Wir wollen Schlittschuh laufen
Wohl auf dem blanken See.
Ter Eislauf.
Da sind wir ausgezogen
Zur Eisbahn alsobald
Und haben uns am Ufer
Die Schlittschuh' angeschnallt.
Das war ein lustig Leben
Jni hellen Sonnenglanz!
Wir drehten uns und schwebten,
Als wär's ein Reigentanz.
Nun ist vorbei der Winter,
Vorbei ist Schnee und Eis;
Es sind die Bäum' im Garten
Jetzt nur von Blüten weiß.
Doch auch in meinen Träumen
Ruf' ich noch oft Juchhe!
Kommt, laß uns Schlittschuh laufen
Wohl auf dem blanken See.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
2. Auf dem Eise.
Frisch auf, die Schlittschuh angeschnallt,.
Wie blitzt des Sees Eis!
Was fragen wir, ob's heute kalt,
Die Fahrt macht bald uns heiß.
Brav ausgeschritten nur beim Lauf,
Hebt Fuß um Fuß geschwind,
In Schlangenlinien ab und auf
Noch schneller als der Wind.
O welche Lust ringsum im Kreis,
Welch köstlich schöner Tanz
Mit glattem Stahl auf glattem Eis,
Des Winters höchster Glanz. (Fr. Wiedemann.)
3. Unfolgsamkeit.
Fritz, sprach die Mutter zu dem Sohn,
Geh' nicht aufs Eis, du weißt es schon:
Das Eis ist glatt und du bist klein,
Du fällst vielleicht und brichst ein Bein.
Fritz hört es, was die Mutter spricht;
Allein er folgt der Warnung nicht.
Er geht aufs Eis und bricht ein Bein,
Drum sollen Kinder folgsam sein.
Malendes Zeichnen:
— 295 —
16. Das Weihnachtsfest.
Welches schöne Fest steht bald bevor? Weihnachtsfest. An)
welchem Tage ist es? 25. Dezember. Kürzlich hat N. seinen Ge-
bnrtstag gefeiert; wessen Geburtstag feiern aber alle Christen um
Weihnachten? — Sprecht: Weihnachten ist der Geburtstag des
Jesuskindes oder Christkindes. Das Weihnachtsfest wird deshalb
auch noch Ehristfest genannt. Jesus Christus ist in einer Nacht ge-
boren. Wie heißt diese Nacht? Christnacht, Weihnacht. Wie wird
der Abend vor dem Christfeste gemannt? Christabend oder heiliger
Abend. Erzählung vom Christkindlein! — Das Christkindlein kam
vom Himmel. Es will die Kinder fromm und gut machen. Sie sollen
zu ihm in hen Himmel kommen. Darum feiern wir auch so gern das
Eeburtsfest des Heilandes. Wo feiern wir es denn? Kirche, Schule,
Haus. Jetzt wollen wir betrachten, wie ihr es zu Hause feiert.
Was für ein Bäumchen muß dazu angeschafft werden? Ein
Tannenbaum — Christbaum. Wo hat denn das Christbäumchen
vorher gestanden? Im Walde. Wer ließ es abhauen? Förster.
Wohin wurde es dann gebracht? Markte. Dort werden sie zum
Verkauf ausgeboten. Wie freuen sich die Kinder, wenn der Vater
ein solches 'Bäumchen mit nach Hause bringt! Das Bäumchen wird
zuerst in ein Gestell — Kreuz gesteckt. Weshalb denn? Worin be-
festigt ihr euer Weihnachtsbäumen? Garten. Wie sieht der Weih-
nachtsgarten aus? — Was liegt auf dem Boden desselben? Moos.
— Was hängen Vater und Mutter nun an den Baum? Zuckerwaren,
Äpfel, Nüsse, Glaskugeln usw. Wie sehen die Äpfel und Nüsse aus,
— 296
die am Weihnachtsbaume hängen? — Wie geht das zu? — Sie
sollen glänzen und blitzen. Was wird noch auf die Zweige des
Baumes gesteckt (wie auf einen Leuchter)? Das Christfest ist ja
abends. Da brauchen wir doch Lichtchen auf das Christbäumchen.
Prächtig sieht es aus, wenn so viele Lichter auf den grünen Zweigen
leuchten und glänzen. Wann werden die Lichter das erstemal an-
gezündet? „Welcher Jubel, welche Freude wird (dann) in unserem
Hause sein!" Wen ruft nun die Mutter herbei? — Was stimmen
erst alle vor Freude an? Lied, Gesang. Welches Weihnachtslied
kennt ihr? (Ein solches wird vorgetragen und gesungen.) Was
findet ihr unter dem Weihnachtsbaume? — Das sind die Geschenke,
die Gaben, die das Christkindlein gebracht hat. Wo das Christkind
einkehrt^ da bringt es viele schöne Sachen mit und legt sie unter den
Christbaum. „Wißt ihr noch, wie voriges Jahr es am heiligen
Abend war?" singt ihr fast alle Tage. Wißt ihr es noch? — Was
für schöne Geschenke hast du am vorigen Weihnachtsfeste erhalten?
•— Durch welche Gaben bist du erfreut worden? — Welche sind dir
beschert? — Was wird das Christkind in diesem Jahre bringen?
Ja, ich weiß es nicht; aber das kann ich mir denken, was ihr euch
wünscht *— nicht wahr, ihr Mädchen, eine hübsche Puppe? Ihr
Knaben, ein Pferdchen, eine Peitsche, Soldaten, eine Flinte usw.?
Ein hübsches Bilderbuch? Ein Knabe hat sich auch solche hübschen
Sachen zu Weihnachten gewünscht; da hat er ein hübsches Liedchen
gesungen — wollen wir's nicht auch singen? Morgen kommt der
Weihnachtsmann usw. Aber, liebe Kinder, zu viel dürft ihr euch
nicht wünschen - und wißt ihr, was für Kinder bloß etwas bekommen? -
Für die Freuden und die empfangenen Gaben müssen die Kinder
aber auch herzlich danken. Wer nicht dankt, ist der Gaben nicht
wert. Vielleicht hat auch eins von euch für die Eltern eine selbst-
gefertigte Gabe. Was hast du? — Du? — Am besten dankt ihr
freilich, wenn ihr immer recht artig, fleißig und folgsam seid, Ihr
könnt auch noch auf eine andere Weise dankbar sein. Welche Kinder
erhalten zu Weihnachten wenige oder gar keine Geschenke? Die
armen. Ja, sie haben nicht einmal die Freude an einem Christbaum,
da ihre Eltern zu arm sind, ihnen einen zu kaufen und zu schmücken.
Ach, wie traurig muß so ein Kind doch sein! Wie könnt ihr nun
solchen armen Kindern Freude bereiten? — Wer durch Geschenke
erfreut worden ist, der soll andern wieder Freude durch Geschenke
bereiten. Vergiß die Armen nicht! Einen fröhlichen Geber hat Gott
lieb. Wenn ihr armen Kindern von euren Gaben gebt, dann habt
ihr an dem, was ihr übrig behaltet, doppelte Freude.
Es trägt beim Kerzenlichte
Ein Bäumlein goldne Früchte,
Den Kindern ist's gar wohl bekannt:
Wie wird das Bäumlein denn genannt? (Lua.)
— 297 —
2. Rätsel.
Ich kenn' ein Bäumchen, fein und zart,
Das trägt euch Früchte eigener Art; ^
Es funkelt und leuchtet mit Hellem Schein
Weit in des Winters Nacht hinein.
Das seihen die Kinder und freuen sich sehr,
Und plündern das Bäumchen und pflücken es leer.
Nun sag', mein liebes Kindelein,
Was mag das für ein Bäumchen sein?
3. Der Weihnachtsmann hat mehr zu sagen!
„In Nord und Süd, in Ost und West,
Da wird man weinen wohl nach Noten —
Dies Jahr, da gibt's kein Weihnachtsfest,
Denk' mal, der Kaiser hat's verboten!
Das ist doch schlimm! Was sagst du nun?"
Da spricht klein Elschen ohne Zagen:
„Das kann der Kaiser gar nicht tun!
Der Weihnachtsmann hat mehr zu sagen!" (H. Seidel.)
4. Der Traum.
Ich lag und schlief; da träumte mir
Ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
Ein hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,
Die brannten rings umher,
Die Zweige waren allzumal
Von goldnen Äpseln schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran:
Das war 'mal eine Pracht!
Da gab's, was ich nur wünschen kann
Und was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sah,
Und ganz verwundert stand,
Nach einem Apfel griff ich da,
Und alles, alles schwand.
Da wacht ich auf aus meinem Traum,
Und dunkel war's um mich:
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
Sag' an, wo fand ich dich?
Da war es just, als rief' er mir:
Du darfst nur artig sein,
Dann steh' ich wiederum vor dir —
Jetzt aber schlaf ich ein!
Und wenn du folgst und artig bist,
Dann ist erfüllt dein Traum,
Dann bringet dir der heil'ge Christ
Den schönsten Weihnachtsbaum.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
5. Vor
Still, Knaben und Mädchen!
Es schaut durch das Lädchen
ThristKindchen zum Fenster herein!
Da sieht es gleich hinter
Den Vorhang der Kinder,
Und horcht, ob sie etwa nicht schrein'.
6. Bitte an den
Höre, lieber Weihnachtsmann,
Darf ich dich ganz heimlich fragen,
Ob die Mama sich besann
Aus den neuen großen Wagen?
Weihnachten.
Und wenn sie gehorchen,
So bringt's ihnen morgen
Viel Sachen von Zucker und Gold.
Drum legi euch zufrieden,
Dann hat es beschieden
Bis morgen früh, was ihr nur wollt.
(Fr. Güll.)
Weihnachtsmann.
Denk' dir nur, am alten ist
Heut das letzte Rad gebrochen,
Doch mir ward vom heil'gen Christ
Ja ein neuer längst versprochen.
— 298 —
Sollst du, lieber Weihnachtsmann,
Mir den neuen Wagen bringen,
Nimm dafür den alten an,
Du weißt Rat in allen Dingen.
Nachbars Fritzchen, kennst du's nicht?
Wollte auch gern einen haben,
Doch sein Vater immer spricht:
„Mir fehlt Geld für solche Gaben!"
Könnt'st du, lieber Weihnachtsmann,
Hier an meinen« alten Wagen
Neue Räder machen dran
And ihn dann zu Fritzchen tragen?
O, so wollte ich dafür
Dir auch allerschönstens danken,
Und die Mama, sag' ich dir,
Würde nichr darüber zanken.
(Aus: Fürs kleine Volk.)
7. Weihnachten.
Wenn's letzte Blümchen ausgeblüht,
Und Schnee und Eis die Luft durchzieht:
Dann kommt der liebe Weihnachtsmann
Und klopft an unsere Haustür an.
Wir alle rufen froh: „Herein!"
Und schnell läßt ihn der Vater ein.
Dann geht er zu der Mutter hin
Und fragt, ob ich auch artig bin,
Ob ich kann fleißig, folgsam sein
Und lernen gut und beten fein.
Und bin ich dann ein gutes Kind,
So greift er in den Sack geschwind,
Nimmt Nüss' und Äpfel viel heraus
Und legi sie auf dem Tische aus.
Dazu noch Puppen und ein Buch,
Ein neues Kleid und buntes Tuch.
Dann hat er auch noch mitgebracht
Den Weihnachtsbaum in schönster Pracht
Mit vielen, vielen hellen Kerzen
Und schönen süßen Zuckerherzen.
Kling, kling! tönt dann sein Glöckelein:
Schnell springe ich zur Tür hinein
Und sehe, was der Weihnachtsmann
Doch alles, alles bringen kann.
Drum will ich auch recht artig sein,
Damit sich meine Eltern freu'n.
Dann klovft der liebe Weihnachtsmann
Im nächsten Jahre wieder an.
(A. Hermann.)
8. Ein Weihnachtsgedicht fiit meine Kleinen.*)
Der Winter ist ein rauher Mann,
Er hat ein weißes Röcklein an,
Bringt Eis und Schnee und kalten Wind,
Drum warm hüllt Mama,ein ihr Kind.—
Herr Winter, mach' ein bös' Gesicht,
Wir Kleinen sind drum traurig nicht,
Beschan'n uns froh den Flockentanz,
Und Gretchen, Lieschen, Fritz und Hans,
Die bauen flugs den Schneemann auf,
Da gibt es Iubelschall vollauf!
Und fahren wir dann Schlitten gar,
So rufr die ganze Kinderschar;
„Bleib' bei uns, Winter, allezeit,
Du gibst uns zu viel Lust und Freud!" —
Doch dem, was eben ich erzählt,
Das Allerschönste doch noch fehlt:
Ich mein' den lieben Weihnachtsmann,
Der nur im Winter klopfet an;
Kommt heimlich zu den Eltern mein
Und fragt, ob ich könnt' artig sein;
Und wenn ich's dann gewesen bin,
Legt er di>: schönsten Sachen hin. —
Auch dies Jahr ist er eingekehrt,
Hat mir soviel, soviel beschert:
Da strahlt im Licht der Weihnachtsbaum,
Wie er mir schon erschien im Traum;
Und ausgepackt hat Weihnachtsmann,
Was ich gar herrlich brauchen kann. •—
Die Eltern haben ausgewählt,
Was ich mir wünschte, nichts dran fehlt! —
Ich sab zwar nicht den Weihnachtsmann,
Von ihm ich euch nichts schenken kann;
Doch trage ich im Herzen- mein
Den Dank, und der soll euer sein;
Will artig sein auch immerdar
Im alten, wie im neuen Jahr! —
<M. Salomon.)
9. Der kleine Nimmersatt.
„Ich wünsche mir ein Schaukelpferd,
'ne Festung und Soldaten
Und eine Rüstung und ein Schwert,
Wie sie die Ritter hatten.
Drei Märchenbücher wünsch' ich mir
Und Farbe auch zum Malen
Und Bilderbogen und Papier
Und ,Eold- und Silberschalen.
*) Originalbeitrag.
- 299
Ein Domino, ein Lottospiel,
Ein Kasperletheater,
Auch einen neuen Pinselstiel
Vergiß nicht, lieber Vater!
Ein Zelt und sechs Kanonen dann
Und einen neuen Wagen
Und ein Geschirr mit Schellen dran,
Beim Pserdespiel zu tragen.
Mir fehlt — ihr wißt es sicherlich —
Gar sehr ein neuer Schlitten,
Und auch um Schlittschuh' möchte ich
Noch ganz besonders bitten.
Um weiße Tiere auch von Holz
Und farbige von Pappe,
Um einen Helm mit Federn stolz
Und eine Flechtemappe.
Auch einen großen Tannenbaum,
Dran hundert Lichter glänzen,
Mit Marzipan und Zuckerschaum
Und Zchokoladenkränzen.
Doch dünli dies alles euch zu viel
Und wollt ihr daraus wählen,
So könnte wohl der Pinselstiel
Und auch die Mappe fehlen."
Als Hänschen so gesprochen hat,
Sieht man die Eltern lachen:
„Was willst du, kleiner Nimmersatt,
Mit all den vielen Sachen?"
„Wer so viel wünscht — der Vater
spricht's —
„Bekommt auch nicht ein Achtel —
Der kriegt ein ganz klein wenig Nichts
In einer Dreierschachtel."
(Heinrich Seidel.)'
10. Der 2
In der Stube Lust und Freude
Um des Christbaums helle Pracht, —
Weihnachtsabend ist ja heute,
Alles jubelt, scherzt und lacht.
Draußen vor dem Fenster stehen
Frierend, traurig und allein
Arme Kinder, und sie sehen
Nach des Christbaums hellem Schein.
Ach, nur sehen aus der Ferne
Wollen sie die Herrlichkeit, —
Freuen wollen sie sich gerne
In der lieben Weihnachtszeit.
en Christkind.
Niemand hat den armen Knaben
Einen Weihnachtsbaum geschmückt,
Niemand sie mit schönen Gaben
An dem frohen Fest beglückt.
Gnade ist es und Erbarmen,
Daß dich Gott so reich gemacht;
Drum gedenke auch der Armen
Liebend in der heil'gen Nacht.
Gib von deinen reichen Gaben
Willig auch den Armen heut',
Daß sie fröhlich sich dran laben,
Da die ganze Welt sich freut!
(Aus: Für unsere Kleinen.)
11. Drei Wochen nach Weihnachten.
Wohin sind all' die Raritäten, täten, täten,
Die der schöne Christbaum bot?
Zerschlagen sind sie und zertreten, treten, treten,
Schweben all' in großer Not.
Ach, die armen Musketiere, tiere, tiere,
Und die armen Grenadiere, diere, diere,
Strecken von sich alle viere, viere, viere.
Denn sie sind ja mausetot.
Da liegt das Heer von Kanonieren, nieren, nieren,
Einer krumm, der andere lahm.
Auch von den schlanken Offizieren, zieren, zieren,
Mancher seinen Abschied nahm.
Russen sind gestutzt die Ohren, ohren, ohren,
Türke hat den Kopf verloren, loren, loren,
Der Franzose scheint erfroren, froren, froren.
Jedes Volk zu schaden kam.
— 300 —
Zerbrochen sind die Violinen, linen, linen,
Und Zersprengt das Trommelfell,
Der Kutscher und die Dampfmaschinen, schinen, schinen,
Können nicht mehr von der Stell'!
Eingestürzt ist Haus und Städtchen, städtchen, städtchen,
Kaspar zappelt nicht am Fädchen, fädchen, fädchen,
Aus dem Leim ging Bub' und Mädchen, mädchen, Mädchen,
Selbst die schöne Putzmamsell.
Ein Jammer ist es ohn' Ermessen, messen, messen,
Was noch ganz ist, ist nichts wert,
Was nicht entzwei ist, ist gegessen, gessen, gessen,
Nuß und Apfel sind verzehrt.
Nicht wehr kann der Hund baubauen, bauen, bauen,
Und die Katz' nicht mehr miauen, auen, auen,
Und der Leu verlor die Klauen, klauen, klauen,
Und 'den Schwanz das Wiegenpferd.
Nußknacker, sprich, wie das gekommen, kommen, kommen,
Knacke mir dies Rätsel du!
Wie bat das all' ein End genommen, nommen, nommen,
Doch der weint und spricht dazu:
„Ach, auch meinen armen Backen, backen, backen,
Spielte man den Schabernacken, nacken, nacken,
Können beide nicht mehr knacken, knacken, knacken,
Laßt mich, Kinder, nun in Ruh'." Löwenstein.)
12. Der Weihnachtsabend.
Eines Tages, kurz vor dem Weihnachtsabende, plauderte die kleine Karoline
mit Minchen. Kallinchens Eltern waren reiche Leute, die viel Geld und ein
schönes Haus besaßen; Minchens Eltern waren arm und wohnten in einer
kleinen Hütte.
„Minchen", sagte Karoline, „morgen ist Weihnachten, und da bringt mir
der Weihnachtsmann viele wunderschöne Sachen. Weißt du denn, was er dir
bringen wird?" — „Ach, mir wird er wohl nichts bringen!" sagte Minchen
traurig. „Mein Vater ist arm und hat kein Geld; also kann er mir keine
Freude machen. Wenn andere Kinder um den Weihnachtsbaum herumtanzen,
auf dem so viele Lichter brennen, dann muß ich zu Hause in der dunklen Stube
sitzen und habe nichts, worüber ich mich freuen könnte."
Als nun der Weihnachtsabend kam, wurde Karoline von ihren Eltern reich
beschenkt. Sie jubelte, tanzte und freute sich; aber in ihrer Freude dachte sie
doch an Minchen, die jetzt zu Hause gewiß recht betrübt war. Sie fiel ihrer
Mutter um den Hals und sagte: „Liebes Mütterchen, du hast mir heute so
viele schöne Sachen geschenkt; ich danke dir recht herzlich dafür. Aber nun
habe ich noch eine große Bitte. Minchen sagte mir gestern, ihr Vater wäre so
arm und könnte ihr nichts geben; erlaubst du mir wohl, daß ich von meinen
vielen Geschenken etwas hinübertrage, damit sie sich auch ein wenig freuen
kann? — „Gern, von Herzen gern erlaube ich es dir!" sagte die Mutter und
küßte das gute Kind. „Suche dir aus, was du willst, und schenke es Minchen!"
Da nahm Karoline ein wunderschönes Kleidchen und eine niedliche Mütze,
legte beides in einen Korb, tat noch Nüsse, Äpfel und Honigkuchen dazu und
trug es selber Minchen hin. Ach, da hättet ihr die Freude sehen sollen, die
Minchen hatte. Sie war ganz unbeschreiblich. Karoline aber ging fröhlichen
Herzens nach Hause und war noch nie so glücklich gewesen wie heute.
(Fr. Hoffmann.)
— 301 —
13. Ein Weihnachtsmärchen.
Ihr Kinder, habt ihr schon einmal etwas vom alten Niklas oder Ruprecht
und von seinen kleinen, bärtigen Zwergen gehört? Der soll vor Weihnachten
gar viel zu tun haben, um den artigen Kindern eine Freude zu bereiten.
In einer Felsenhöhle tief drin in einem Berge wohnt der alte Vater
Niklas. Dort schläft er das ganze Jahr, und um ihn herum liegen viele kleine
Leute — kleiner noch als ihr, aber mit großen Bärten; das sind Zwerge. Alle
schlafen, liegen aber ganz weich; denn der Boden ist mit grünem Moos bedeckt,
und das ist so weich wie Samt. Es ist ganz still in der Höhle, und nur ein
kleines Lämpchen brennt.
Aber alle schlafen doch nicht. Eine enge Treppe führt aus der Höhle
hinauf, und oben ist ein kleiner Felsenspalt; da kann man weit hinaussehen ins
Land. Dort hält einer von den Zwergen Wacht Tag und Nacht. Allemal,
wenn die Sonne hinter den. Bergen aufgeht und die Wolken vergoldet, steigt ein
anderer Zwerg hinauf, nimmt den Spieß und wacht.
Ist das dreihundertmal geschehen, dann stößt (bläst) der letzte Zwerg in
eine silberne Posaune. Da erwachen alle Schläfer unten in der Höhle.
Die Zeit war nun wieder einmal um. Die Posaune erklang. Rasch fuhren
alle Schläfer aus dem Schlafe empor. Der Vater Niklas stand auf und rief
seinen Zwergen zu: „Auf, ihr Zwerge! In die Werkstatt! Weihnachten ist
bald da. Nun müssen wir wieder an unsere Arbeit. Seid rührig; denn es gibt
heute viel zu schaffen. Es müssen die Sägen geschärft und die Arte geschliffen
werden; denn morgen geht es in den Wald. Wir wollen Christbäume holen.
Auch müßt ihr Kreuze zimmern für die Bäumchen, und die Schlitten müßt
ihr herzuholen, damit wir die Waldbäumchen darauf laden können." — So
sprach Niklas. Flink sprangen die Zwerge auf und gingen an ihre Arbeit. Der
eine schärfte die Sägen und raspelte mit seiner Feile gar fleißig zwischen den
Zähnen der Säge; zwei andere schliffen die Äxte am Schleifsteine; andere holten
die Schlitten heraus; wieder andere trugen Bretter herzu, zerschnitten sie und
machten Kreuze daraus. Das war ein Leben in der Werkstatt! Überall pochte,
hämmerte und klirrte es. Bald war alles bereit. Nun kam Vater Niklas, besah
sich alles und sagte zuletzt freundlich zu seinen Zwergen: „Seid ihr fleißig
gewesen, Kinder! Freut mich! Nun könnt ihr ruhen bis morgen abend! Morgen
abend aber geht^s hinaus in den Wald!"
Die Zwerge legten sich nieder und ruhten den ganzen Tag aus von ihrer
Arbeit. Nun ward es aber Abend. Die Sonne war schon untergegangen,
und die Sternlein blitzten schon am Himmel, und jetzt kam auch der Mond dort
hinter den Bergen herauf. Da ging Vater Niklas ;<u seinen Zwergen und
schwang eine Glocke und sprach: „Steht auf, Kinder! Die Nacht ist gekommen.
Die Sterne funkeln am klaren Himmel, und der Mond wird uns leuchten zu
unserer Arbeit. Vergeßt nichts! Nehmt Sägen, Arte, Schlitten und, was wir
brauchen, mit!" Alle waren gleich bereit.
Bald zog die Schar zur Felsspalte hinaus. Voran ging der Vater Niklas,
auf einen langen Stab gestützt; die Zwerge schritten hinter ihm drein. Es
war ein prächtiger Winterabend. Die Äste und Zweiglein im Walde waren
wie mit Silber bestreut, und der Mond mit seinen Sternlein blickte freundlich
zwischen den Zweigen hindurch und leuchtete der Schar zu ihrem Wege. Nun
hätte man die Zwerge gut sehen können in ihren Kappen und mit den langen
Barten und den großen Vater Niklas mit seinem silberweißen Barte, aber alle
Menschenkinder schliefen.
Und weil es so still war im Walde, und der Vater Niklas an den Weih-
nachtsabend dachte, drehte er sich um zu seinen Zwergen und sprach zu ihnen:
„Singt mir doch einmal das schöne Weihnachtslied!" Gleich fing ein Zwerg
an, und die anderen stimmten ein, und auch Vater Niklas sang mit:
— 302 —
Freuet euch, ihr Kinderlein, Freuet euch, ihr Kinderlein!
Arm und reich und groß und klein; Bald strahlt euch der Lichterschein
Bald erscheint die heil'ge Nacht, Bald teilt lieb in jedem Haus
Die den Heiland euch gebracht. Christkind seine Gaben aus.
Freuet euch, ihr Kinderlein!
Bald stimmt all' ihr fröhlich ein
In der Engel fromme Schar:
„Ehre sei Eott immerdar!"
Das klang herrlich in den stillen Wald hinein, und die Rehe und Häschen
horchten zu und fürchteten sich gar nicht.
So zog Vater Niklas mit seinen Zwergen unter den hohen Bäumen dahin.
Endlich kamen sie an einen Platz; da standen viele kleine Fichtenbäumchen.
„Halt," rief Vater Niklas. „Hier stehen viele prächtige Christbäumchen. Kinder,
geht nun an die Arbeit!" — Nun ward's gar lebendig. Die Sägen raspelten,
Arthiebe erklangen; bald lag eine Reihe kleiner Bäumchen im Schnee. Nun
wurden sie auf die Schlitten geladen, und als alle Schlitten voll waren, sprach
Vater Niklas: „Jetzt ist's genug! Der Morgen wird auch bald dämmern. Nun
müssen wir den Heimweg antreten!" Da spannten sich die Zwerge vor die
Schlitten: einige schoben. So ging es durch den Wald. Die Zwerglein keuchten,
und der Schweiß lief ihnen von der Stirn. Beim Morgengrauen kamen sie in
ihrer Felsenhöhle wieder an.
Nun machten die Zwerge in ihrer Grotte die Christbäume zurecht. Sie
brachten die Kreuze herbei und steckten die Bäumchen hinein. Dann fertigten
sie Tillen für die Wachslichter und vergoldeten viele hundert Nüsse und
Äpfel. Aber Geschenke für die Kinder hatten sie noch keine.
Da sagte der Vater Niklas einige Tage vor dem Weihnachtsabende zu
seinen Zwergen: „Kommt hinaus vor unsere Höhle auf den freien Platz! Die
lieben Englein wollen uns heute die Geschenke für die artigen Kinder vom
Himmel herunterbringen." Und sie gingen alle hinaus. Da zeigten sich aus
einmal ganz helle Wolken; die leuchteten und glänzten, und doch schien die
Sonne nicht mehr. Die Wolken senkten sich herab, und wie sie näher kamen,
sahen die Zwerge viele Engel in silberweißen Kleidern. Ach, und was brachten
die mit! Puppen, Wägelchen, Pferdchen, Bilderbücher, Flinten usw. Das alles
legten sie auf den freien Platz, und der eine Engel trat vor und sagte zum Vater
Niklas: „Vater Niklas, das gebt den artigen Kindern zum heiligen Christ, aber
seht ja zu, daß es bloß die artigen und fleißigen Kinder bekommen!" — Darnach
fuhren sie alle auf der Wolke wieder gen Himmel; die Zwerge aber trugen
die Geschenke in die Grotte. — „Und nun," sagte Vater Niklas zu einem der
Zwerge, „geh' in das Dörfchen, das unten am Berge liegt, — in die Schule,
und hole aus dem Schranke die Zensurbücher, damit wir sehen, welche Kinder
fleißig gewesen sind." Gleich machte sich der Zwerg auf mit einem Zauber-
schlüsselchen, holte die Zensurbücher, ohne daß es der Lehrer merkte, und nun
schrieb Vater Niklas alle guten und fleißigen Kinder auf; nachher trug der Zwerg
die Zensurbücher wieder in den Schrank.
Nun hatten die Zwerge die Geschenke in kleine Körbe zu packen, und auf
jeden schrieben sie den Namen des artigen Kindes.
Der heilige Abend senkte sich nieder. Bei den Zwergen war alles fertig.
Und als die Glocken erklangen, und die Kindlein alle in die Kirche gegangen
waren, da eilten sie rasch mit ihren Christbäumchen und Körben, die sie auf
Schlitten geladen hatten, hinab in das Dörfchen.
Sie gingen in jedes Haus, wo fleißige und artige Kinder waren, stellten
die Christbäumchen auf, zündeten die Lichter an und legten die Geschenke
darunter. Schon waren sie mit allen Häusern fertig. Da war noch ein Schlitten
mit einem Bäumchen und zwei Körbchen übrig. „Vater Niklas," sagte der
eine Zwerg, „wohin sollen wir das schaffen?" „Kommt nur mit," sagte Vater
Niklas, „droben am Waldessaume steht eine kleine Hütte. Darin wohnen arme
— 303 —
Leute; sind aber fromm und haben zwei gute Kinder. Denen wollen wir
das Bäumchen und die Geschenke bringen!"
Als sie zum Häuschen kamen, war niemand zu Hause. Sie waren alle
in der Kirche. Der' Vater hatte zu seinen Kindern gesagt : Meme Kmder,
wir können uns nichts schenken; doch wollen wir auch fröhlich sem. Auch für
uns Arme ist der Heiland geboren. Wir wollen den Christabend m der Kirche
feiern. Da brennen ja viele hundert Lichter." Und so waren sie alle m das
Gotteshaus gegangen. ^ . ..uu,
fjetu erklangen die (Stocken wieder. Die Kirche war aus. Wie fröhlich
sprangen die Kinder heim! . . Vater Martin so hieß der arme Mann
stieg mit seinem Weibe und seinen beiden Kindern den Berg hinauf zu fernem
Häuschen. Er war doch traurig im Herzen, daß er seinen guten hindern nichts
schenken konnte. „Aber was ist das für ein heller Schein in unserem Häuschen<
Sie eilen hinauf, machen die Tür auf — da steht ein Christbaum auf dem
Tischchen, und unter ihm liegen Geschenke für die braven Kinder! Ach, wie rannen
da dem Vater und der Mutter Freudentränen über die Wangen! Wie jubelten
die Kinder: „Das Christkind ist dagewesen!" . . . Wißt ihr, wer da zum
Fenster hineinschaute. Das war Vater Niklas, und ihm lief auch eine Träne
in den weißen Bart. Der gute Niklas! — (Grüllich nach Wiedemann.)
Gesang:
1. Das Christuskind.
Mäßig
Friedrich. Silcher.
H—1
-1 «• -J- —^-i-J—c-J— —*—«7-2--9— -4 " - —<s--
I. AI - le Jah-re wie - der kommt das Christus- kind
4=
auf die Er - de nie - der. wo wir Men-schen find.
2. Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus, geht auf allen Wegen mit
uns ein und aus.
3. Ist auch mir zur Seite still und unerkannt, daß es treu mich leite an
der lieben Hand. Hey.)
2. Weihnachtsfreude.
3=1
Volksweise,
( Mor - gen, Kiu - der, wird's was ge - den, mor - gen
l Welch ein Ju - bei, welch ein Le - den wird in
i~0~
t=t=
I wer - den wir uns fmin. \
\ un- serm Hau - se sein! J n : ma^ *t,er = den wir noch
wach, hei - ßa, dann ist Weih - nachtstag!
— 304 —
2. Wie wird dann die Stube glänzen von der hellen Lichter Zahl, schöner
als bei frohen Tänzen ein geputzter Kronensaal! Wißt ihr noch vom vor'gen
Jahr, wie's am heil'gen Abend war?
3. Wißt ihr noch mein Räderpferdchen, Malchens nette Schäferin, Jettchens
Küche mit dem Herdchen und dem blankgeputzten Zinn, Heinrichs bunten Harlekin
mit der gelben Violin'?
4. Wißt ihr noch den großen Wagen und die schöne Jagd von Blei, und
die Kleiderchen zum Tragen und die viele Näscherei, meinen fleiß'gen Sägemann
mit der Kugel unten dran?
5. Welch ein schöner Tag ist morgen! Neue Freude hoffen wir. Unsre
guten Eltern sorgen lange, lange schon dafür. O gewiß, wer sie nicht ehrt, ist
der ganzen Lust nicht wert! (Splittegarb.)
3. Ter Weihnachtsmann.
Munter.
Volksweise.
r - F--r
-9-O-g—J-f—'^--'<~t^1
=[i=:z^zzl?=tzl
1. Mor-gen kommt derWeihnachtsmanli, kommt mit sei-nen Ga- den.
r"1=|=
Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn'und Säbel und noch mehr,
^^—*—* —r——[1~\—°—g—'—J j
ja, em gan-zes Krie -ges -Heer möcht ich ger - ne ha-be)l!
2. Bring uns, lieber Weihnachtsmann, bring auch morgen, bringe Mus-
ketier und Grenadier, Zottelbär und Panthertier, Roß und Esel, Schaf und Stier,
lauter schöne Dinge!
3. Doch du weißt ja unsern Wunsch, kennst ja unsre Herzen. Kinder,
Vater und Mama, auch sogar der Großpapa, alle, alle sind wir da, warten
dein mit Schmerzen. (Hoffmann v. Fallersleben.)
Mäßig bewegt.
4. Tie schönste Zeit.
Moritz Vogel.
t=t:
&
:E=fc
§
1. Die schön-steZeit, die lieb-ste Zeit, sagt's al-len Leu-ten
lÜ
-
—L
weit und breit, da - mit sich je - der freu - en mag, das
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ist der lie - be Weih - nachts - tag.
— 305 —
2. Den hat uns Gott der Herr bestellt, den herrlichsten in aller Welt,
dah jung und alt und groß und klein so recht von Herzen froh soll sein.
Z. Geboren ist das Christuskind, durch das die Menschen selig sind, das
alle so von Herzen liebt und ihnen Himmelsgaben gibt.
4. Das hören froh, das hören gern die Menschen alle nah und fern und
denken nicht an Weh und Leid und freuen sich der schönen Zeit. (2ß. Hey.)
Nicht zu ichucll.
'W
5. Die Kinder bei der Krippe.
Johann Sltiratjnm Petrr Schulz
7-'
( Ihr Kin- der-lein, kom -met, o kom-met doch all'!
\ Zur Krip- pe her kom-met in Beth - le- henis Stall
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'&=l
und seht, was in die - ser hoch- hei - li - gen Nacht der
V -
Va - ter im Him - mel für Freu - de uns macht!
II
2. O seht in der Krippe im nächtlichen Stall, seht hier bei des Lichtleins
hellglänzendem Strahl in reinlichen Windeln das himmlische Kind, viel schöner
und holder, als Engel es sind.
3. Da liegt es, ach Kinder! auf Heu und auf Stroh, Maria und Joseph
betrachten es froh, die redlichen Hirten knien betend davor, hoch oben schwebt
jubelnd der Engelein Chor.
4. O beugt wie die Hirten anbetend die Knie, erhebet die Händlein und
danket wie sie! Stimmt freudig, ihr Kinder, — wer sollt' sich nicht freun? —
stimmt freudig zum Jubel der Engel mit ein! (Christoph v. Schmid.)
Kindlich froh
6. Gebet an den heiligen Christ.
Goiilob L > cgcrl
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lie - ber, heil' - ger, from - mer Christ, der
• i—a-
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für uns Kin - der kom - men ist, da - mit wir sol - len
t=?=!s
- -
=1=t
weis' und rein und rech - te Kin - der Got - tes sein!
2. Du Licht, vom lieben Gott gesandt in unser dunkles Erdenland, du
Himmelskind und Himmelsschein, damit wir sollen himmlisch sein!
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band, 20
— 306 —
3. Du lieber, heil'ger frommer Christ! weil heute dein Geburtstag ist,
drum ist auf Erden weit und breit bei allen Kindern frohe Zeit.
4. O segne mich! ich bin noch klein, o mache mir das Herze rein! o bade
mir die Seele hell in deinem reichen Himmelsquell! (Ernst Moritz Arndt)
7. Weihnachtsspruch.
Am Weih-nachts-baum die Lich-ter bren-nen, wie glänzt er
fest-lich, lieb und mild, als sprach er: Wollt in mir er-
ken-nen ge-treu-er Hoff-nunq stil - les Bild!
2. Die Kinder stehlt mit hellen Blicken, das Auge lacht, es lacht das
Herz; o fröhlich seliges Entzücken! Die Alten schauen himmelwärts.
3. Zwei Engel sind hereingetreten; kein Auge hat sie kommen sehn; sie
gehn zum Weihnachtstisch und beten und wenden wieder sich und gehn.
4. „Gesegnet seid ihr alten Leute, gesegnet sei du junge Schar! Wir bringen
Gottes Segen heute dem braunen wie dem weißen Haar!"
5. Kein Ohr hat ihren Spruch vernommen; unsichtbar jedes Menschen
Blick sind sie gegangen, wie gekommen; doch Gottes Segen blieb zurück.
(Hermann Kletke.)
Malendes Zeichnen:
— 307
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17. Ein Winterabend in unserer Stube.
I. In der Dämmerstunde. Wer hat gestern nachmittag nach
dem Kaffeetrinken auf der Straße gespielt? -— Das sind ja nur ein
paar Kinder. Weshalb bist du nicht auf die Straße gegangen?. Ich
sollte nicht auf die Straße. Meine Mutter sagte: Daß du mir bei
diesem Ostwinde nicht auf die Straße gehst. Es ist viel zu kalt
heute, du erkältest dich sonst. — Weshalb bist du nicht auf die
Straße gegangen? Meine Mutter Hatte es mir auch verboten. Der
Ostwind wäre viel zu scharf, ich sollte lieber durchs Fenster gucken,
dann könnte ich auch sehen, was auf der Straße los wäre. Deine
Mutter hat recht, es war gestern sehr kalt. Das konntet ihr auch
an euren Fenstern merken. Inwiefern? Die waren des Morgens
ganz dick mit Eis bedeckt, sie sahen aus, als wenn Schnee drauf
saß. Das Eis wollte erst gar nicht abtauen. Unten an den Scheiben
saß das Eis gestern nachmittag noch, und in unserer Kammer ist das
Eis gar nicht abgetaut. Woher kam es denn, daß es gestern so
20*
— 308 —
hätzlich und so kalt draußen war? Das machte der Ostwind, der ist
so kalt, und dann schneite es auch noch, aber der Schnee war ganz
fein. Der Wind trieb ihn immer gegen unsere Fenster. — Aber auch
auf der Straße ließ der Wind den Schnee nicht in Ruhe. Was habt
ihr beobachtet? Der Wind fegte den Schnee weg, an manchen
Stellen lagen große Haufen. — Da haben die Schneeschipper heute
was zu tun. Was denn? Die müssen den Schnee von den Fuß-
wegen und von der Straße wegbringen. Wie die Leute gestern durch
den Schnee gingen, da hörte man auch etwas. Was denn? Das
quiekte so. Denkt an die Wagen! Das quiekte auch so, wenn die
über den Schnee fuhren. — Das Quieken hört man nicht immer
beim Gehen und Fahren. Wann nur? Das hört man nur, wenn es
draußen recht kalt ist, sonst nicht.
Den Leuten auf der Straße konnte man's auch anmerken, daß
es kalt war. Wieso? Sie hatten sich dick angezogen. Sie hatten
Überzieher oder Mäntel an. Sie hatten den Kragen noch hochgemacht,
den Kopf zwischen die Schultern gezogen (Nachahmen!). Die Hände
hatten sie in die Taschen gesteckt. Die Frauen und Mädchen hatten
sie im Muff. Sie gingen schnell, damit sie bald in die warme
Stube kamen. Was habt ihr noch auf der Straße gesehen? Ich
habe große Schüler gesehen, die kamen vom Schlittschuhlaufen. Ihre
Schlittschuhe trugen sie an einem Riemen. — Ich habe gesehen, wie
unsere Zeitungsfrau kam. Die hatte einen großen Mantel an und
ein dickes Tuch um den Kopf gebunden. Nur ihre Nasenspitze war
zu sehen. — Bei uns gegenüber hielt die Doktorkutsche, die hält
da jeden Abend. Herr K. ist in dem Hause krank. Der Kutscher war
vom Bocke gestiegen. Er hatte einen langen Mantel an und einen
Pelzkragen auf den Schultern. Cr trampelte mit den Füßen und
schlug sich die Arme (so!) um den Leib. Weshalb tat er das?
Seine Füße und seine Hände sollten warm werden. Was ist euch
an seinem Pferde aufgefallen? Dem legte er gleich eine warme
Decke auf den Rücken. Sonst nichts? Aus seinen Nüstern kam immer
weißer Dampf. — Herr Z., wenn wir draußen sind, dann kommt
bei uns auch weißer Dampf aus dem Munde. Es sieht gerade so
aus, als wenn man eine Zigarre raucht. Wann kommt Menschen
und Tieren solcher Dampf aus dem Munde? Wenn es recht kalt
ist. Wann nicht? ■— Was habt ihr sonst noch auf der Straße ge-
sehen? Ich habe gesehen, wie der Laternenmann die Laternen
ansteckte. Woran erkennst du den Laternenmann? Der hat eine lange
Stange. Die trägt er an der Schulter wie der Soldat sein Gewehr.
Erzähle, wie er die Laternen anzündet! Oben an der Stange ist ein
Haken und ein kleines Licht. Mit dem Haken dreht er den Gashahn
auf, und dann hält er das Licht an den Brenner. Wupp! brennt in
der Laterne eine helle Flamme. Der Mann geht von einer Laterne
nach der anderen. Bald brennen alle Laternen auf der Straße, und
dann ist sie beinahe so hell wie am Tage! — Wir haben vor unserem
Hause eine Laterne, wenn die brennt, dann ist es in unserer Stube-
— 309 —
auch hell. — In eurer Stube mar es aber jedenfalls schöner als
auf der Straße. Weshalb wohl? In unserer Stube war es schön
warm. Wir hatten tüchtig geheizt. Unser Ofen war vorn ganz
rot geworden. Wie meine Mutter die letzten sohlen in den Ofen
warf, sagte sie: Ich will gleich wieder für Feuerung sorgen, heute
dürfen wir das Feuer nicht so früh ausgehen lassen. Dann ging sie
in den Keller und holte einen Eimer Kohlen herauf. Als sie wieder
in die Stube kam, sagte sie: Hört nur, wie der Ostwind da um
die Ecke bläst, es ist nur gut, daß wir nicht auf die Straße brauchen
und hier gemütlich sitzen können. Und dann rückten wir alle nahe an
den Ofen heran. Wer denn? Mutter, Großmutter, Brüder,
Schwestern. Dann habt ihr wohl im Dunkeln gesessen? Ja, meine
Mutter wollte nicht, daß wir schon Licht ansteckten. In der Däm-
merung wäre es gerade schön gemütlich, sagte sie. Und dabei strickte
sie immer an ihrem Strumpfe. Meine Mutter kann auch im Dunkeln
stricken. Und was machte die Großmutter? Die saß beim Ofen im
Lehnstuhle, die machte nichts. — Meine Großmutter strickt immer
Strümpfe für uns. Manchmal erzählt sie uns auch Geschichten. —
Meine Großmutter erzählt uns auch Geschichten. Das Märchen
von Rotkäppchen hat sie uns schon vielemal erzählt. Das kann ich
jetzt schon auswendig. — Meine Großmutter erzählt uns gern von
Sneewittchen. Sie weiß auch noch viele andere Geschichten. — Wenn
euch die Großmutter Geschichten erzählen soll, müßt ihr sie auch
schön darum bitten. Wie bittest du deine Großmutter? Ich sage
immer: „Bitte, liebe Großmutter, erzähle uns eine schöne Ge-
schichte!" Dann tut sie es auch. Wir setzen uns ganz dicht bei die
Großmutter und hören zu. — Unser Rudel setzt sich auf die Fuß-
bank, ich setze mich in meinen kleinen Stuhl und Marie stellt sich
. bei die Großmutter und legt die Hände auf ihren Schoß. Dann
erzählt die Großmutter, und wir hören zu. — Soll ich euch auch
eine Großmuttergeschichte erzählen?
II. Wie die Mutter die Lampe anzündet. Weshalb hat deine
Mutter die Lampe angezündet? Es wurde immer dunkler in der
Stube. •— Ich sagte z.u meiner Mutter, ich müßte noch lesen und
schreiben. Da hat sie die Lampe angesteckt. — Meine Mutter sagte:
,,Ich muß heute abend noch fleißig nähen, ich will man die Lampe
anstecken." Da ging sie auf den Korridor und holte die Lampe in
die Stube. Unsere Lampe steht am Tage immer im Korridor auf
dem kleinen Tische. Wie nennt man eine Lampe, die auf den Tisch ge->
stellt wird? Stehlampe, Tischlampe. — Wir haben eine Steh-
lampe. Was willst du sagen? Wir haben eine Hängelampe. Die
hängt unter der Decke. Die Hängelampe kann man hinauf- und
herunterziehen. Wer zündet bei euch die Lampe an? Das tut
meine Mutter. Wir Kinder dürfen das nicht, das ist zu gefährlich,
sagt meine Mutter immer. Erzähle, wie deine Mutter die Lampe
anzündet! Sie nimmt die Kuppel (Glocke) und den Zylinder von
der Lampe und hält ein brennendes Streichhölzchen an den Brenner.
— 310 —
Dann fängt der Docht gleich an zu brennen. — Wenn wir die Lampe
so brennen ließen, hätten wir kein schönes Licht. Weshalb gefällt
uns das Licht so nicht? Die Flamme flackert. Sie brennt nicht
bell, sie qualmt (rußt). Wenn wir bloß ein bißchen dagegen pusten,
geht sie schon aus. Wie kriegen roir ein schönes, Helles Licht? Wenn
wir den Zylinder auf die Lampe setzen und den Docht ein bißchen
höher schrauben. — Aber ja nicht zu Hoch. Weshalb nicht? Wenn
wir den Docht zu hoch schrauben, dann qualmt (rußt) die Lampe,
und dann wird der Zylinder ganz schwarz. In die Stube kommt
lauter Qualm. — Herr Z., meine Schwester hat in unserer Stube
einmal die Lampe angesteckt und ist dann hinausgegangen. Da
hat die Lampe gequalmt, und da ist die ganze Stube schwarz ge-
worden, die Decke, die Tapeten und alles. — Wie verhütet man
das Qualmen der Lampe? Man schraubt den Docht etwas her-
unter. — Nun hört, was mir neulich passiert ist. Ich wollte meine
Lampe anzünden und hielt ein brennendes Schwefelhölzchen an den
Docht, aber er fing nicht an zu brennen. Was mag schuld daran
gewesen sein? Der Docht guckte gewiß nicht hoch genug aus dem
Brenner. — Der Docht war hoch genug, und doch brannte er
nicht! Dann ist in der Lampe kein Petroleum gewesen. Ohne
Petroleum brennt der Docht nicht. Was mußte ich deshalb zuerst
tun? Petroleum hineingießen. Wie gießt deine Mutter Petroleum in
die Lampe? Sie schraubt den Brenner ab, nimmt die Petroleum-
kanne und gießt ganz langsam das Petroleum in das Bassin (in
die Glaskugel). Woraus >ist das Bassin gemacht? Aus Glas. Wes-
halb ist es gut, daß das Bassin aus Glas ist? Da sieht die Mutter
gleich, wann es voll ist. Wenn sie zuviel Öl hineingibt, fließt
es auf den Tisch oder auf die Tischdecke. Warum ist das sehr gefähr-
lich? Das Petroleum fängt leicht an zu brennen. Und dann? Dann
fangen auch die Sachen und die Gardinen an zu brennen. Das ganze
Haus kann Wegbrennen. — Unsere Kleider können Feuer fangen,
und dann verbrennen wir auch. Habt ihr das gehört? Was dürft
ihr deshalb nicht tun? Petroleum in die Lampe gießen. Oder?
Nicht an den Tisch stoßen, auf dem eine Lampe steht usw.
Außer der Steh- oder Hängelampe zündet die Mutter gewöhn-
lich noch eine kleine Lampe an! Meine Mutter steckt immer noch
unseren Blender an. Wie sieht der denn aus? Der hat hinten ein
gelbes Blech (Blende), und unter dem Bassin ist kein Fuß. Den
Blender hängt meine Mutter immer ins Treppenhaus, damit die
Leute auf der Treppe nicht fallen. — Herr Z., wir haben gar keine
Petroleumlampen. Wir haben im Treppenhause und in unseren
Stuben Gas. — Wir haben allerwärts elektrisches Licht. Wir
brauchen gar keine Streichhölzer, wir brauchen bloß zu knipsen,
dann brennt unsere Lampe gleich. In unserem Treppenhause fängt
das elektrische Licht jeden Abend von selbst an zu brennen, und um
10 Uhr geht es von selbst wieder aus — Wir haben auch elektrisches
Licht usw.
— 311 —
III. Beim Lampenlichte. Was macht ihr denn nun, wenn die
Lampe brennt? Dann machen wir unsere Schularbeiten. Wenn
der Vater kommt, müssen Wir damit fertig sein. Er sieht immer nach,
ob wir sie ordentlich gemacht haben. Und was macht die Mutter?
Die besorgt das Abendbrot. Sie läßt auch unseren Wassereimer
voll Wasser laufen. Weshalb denn? Wenn es so kalt ist, stellt
unser Hauswirt jeden Abend die Wasserleitung ab. Er geht in den
Keller und dreht den Haupthahn herum. Dann kriegen alle Leute
im Hause kein Wasser, und wenn sie auch den Wasserhahn auf-
schrauben. Am anderen Morgen dreht der Wirt den Haupthahn
wieder auf. Weshalb stellt der Hauswirt bei dieser Kälte die
Wasserleitung ab? Damit sie in der Nacht nicht friert, sonst platzt
das Rohr, und dann wird die ganze Wohnung überschwemmt.
Klingling! ertönt jetzt die Korridorglocke. Wer kommt? Vater.
Die Kinder freuen sich. Woran merkt man das? Sie laufen schnell
hin und öffnen ihm die Tür. Aber wie sieht der Vater aus!
Was meint ihr? Wie ein Schneemann. Weshalb? Hut, Rock,
Stiefel, .— alles ist voll Schnee. Was tut der Vater? Er schüttelt
den Schnee ab, stampft mit den Füßen, damit der Schnee von den
Stiefeln geht, und dann kommt er in den Korridor. Weiter! Er
zieht den Überzieher aus und hängt ihn an die Garderobe, und
seinen Hut auch. Dann geht er in die Stube. Da hat er gewiß
zuerst über das schlechte Wetter geschimpft! Mein Vater sagte: Ist
das ein Wetter draußen! Die Ohren sollten einem am Kopfe frieren.
In der —straße hat der Wind den Schnee so zusammengeweht, daß
ich bis an die Knie hineinsank. Die Elektrische konnte nicht weiter,
die Leute mußten aussteigen und zu Fuß gehen. Wie ich eben um
unsere Ecke komme, fliegt mir der Hut vom Kopfe und kollert
die Straße hinunter. Beinahe wäre er in die Oker geweht. Zum
Glück faßte ich ihn dicht vor dem Brückengeländer. Was sagte deine
Mutter dazu? Meine Mutter sagte: Nun setze dich ins Sofa und
zieh gleich deine Stiefel aus. Du hast in dem Schnee gewiß nasse
Füße gekriegt. Ich hole dir ein Paar reine Strümpfe, die ziehst du
an, damit du dich nicht erkältest. Ihr seid doch dem Vater gewiß
behilflich gewesen beim Stiefelausziehen? Ja, unser Wilhelm hat
den Stiefelknecht geholt, und ich die Pantoffeln. Und wie mein
Vater die Stiefel ausgezogen hatte, da habe ich sie auf den Korridor
gesetzt. Dann sah sich der Vater unsere Schularbeiten an.' Er freut
sich immer, wenn wir eine gute Nummer in der Schule kriegen.
Was machte die Mutter in dieser Zeit? Die Mutter deckte den
Tisch und setzte das Abendbrot darauf. Wir haben Brotsuppe mit
Korinthen gegessen, die esse ich so gern. Jeder bekam einen großen
geller voll Suppe und dann noch ein Brot mit Wurst. Wie wir
fertig waren mit essen, wurde der Tisch abgeräumt.
Was macht dein Vater nach dem Essen? Mein Vater steckt
sich die lange Pfeife an, und dann setzt er sich ins Sofa und liest
die Zeitung. Manchmal liest er auch in einem Buche oder schreibt
— 312 —
einen Brief. — Wenn mein Vater Abendbrot gegessen hat, dann legt
er sich aufs Sofa und schläft. Er ist immer so müde, wenn er von
der Arbeit kommt. — Mein Vater macht uns des Abends manchmal
Spielsachen. Einmal hat er mir einen Säbel und ein Gewehr ge-
macht. — Mein Vater nracht jetzt jeden Abend kleine Vogelbauer.
Da setzt er Kanarienvögel hinein. Wir haben eine ganze Menge
Kanarienvögel. Mein Vater hat eine Hecke. — Mein Vater hat
mir einmal einen kleinen Wagen gemacht usw.
Ter Vater kann alles.
Liebes Lenchen, hör' nur an,
Was mein Vater alles kann.
Alles, alles kann er machen!
Ja, er schnitzt die schönsten Sachen:
Auf dem Dach die Klappermühle,
Unsre kleinen Kinderstühle,
Vogelbauer, Meisenkisten,
Körbe, drin die Hühner nisten,
Einen Freßtrog für die Gänschen
Und ein hölzern Schwert für Hänschen.
kleine Wagen kann er machen,
Hüte von Papier, und Drachen,
Abends bei der Lampe Schimmer
Spielt er auf der Zither immer
Oder macht mit seiner Hand
Schattenspiele an der Wand,
Ja, es ist beinah zum Grau'n,
So natürlich anzuschmnn
Einen Hahn mit Kamm und Sporen,
Häschen auch mit langen Ohren,
Einen Vogel, der da fliegt,
Und ein dickes Schwein, das liegt,
Eine Gemse mit der Gabel,
Einen Schwan mit Hals und Schnabel.
Körbchen aus Kastanien schneiden, Gar nichts gibt es, denk nur an,
Flöten auch aus Rohr und Weiden, Was er dir nicht machen kann.
Alles kann er, und so gut, Lenchen, ja, ich glaube sehr:
Wie es wohl kein andrer tut. Nur der liebe Gott kann mehr.
Der Vater bleibt aber doch gewiß nicht jeden Abend zu Hause?
Mein Vater geht bloß aus, wenn Versammlung ist. — Mein Vater
geht jeden Dienstag aus, dann kegelt er. — Mein Vater geht fast
jeden Abend nach —, da spielt er Karten. Wenn er wiederkommt,
liegen wir schon lange im Bette. Meine Mutter schilt immer, daß
er so lange ausbleibt.
Was macht die Mutter nach dem Abendessen? Die strickt (stopft)
Strümpfe oder näht Hemden. Gestern abend hat sie meine Jacke
geflickt. — Meine Mutter hat gestern abend Puppenkleider ge-
macht, die soll meine Schwester zu Weihnachten haben. — Meine
Mutter näht jeden Abend Schlipse, aber nicht für uns, fürs Ge-
schüft.Meine Mutter bringt nach dem Essen meine kleine Schwester
zu Bett. Die muß sie fast jeden Abend in Schlaf singen. — Meine
Mutter liest des Abends in der Zeitung oder in der Gartenlaube.
Meine Mutter liest immer in der ,,Mappe". In den Heften sind
schöne Bilder, die besehen wir auch manchmal. — Wir raten oft
Rätsel. Mein Vater weiß immer eine ganze Menge, und meine
Mutter auch. Wir können sie aber nicht immer raten. Wir geben
unseren Eltern auch Rätsel auf. Mein Vater kann sie gewöhnlich
alle raten. Ich will euch auch ein paar Rätsel aufgeben und sehen,
wer am besten raten kann.
Was macht ihr Kinder sonst noch nach dem Abendessen? Wir
spielen. Ich spiele gern mit meinem Baukasten. Ich habe schon eine
— 313 —
Brücke gebaut. Eine Kirche kann ich auch schon bauen. Wenn ich
sie aber fertig -habe, reißt sie mein kleiner Bruder um. — Ich
habe Legeklötze, da spiele ich mit. Auf den Klötzen sind Bilder,
die muß man richtig zusammenlegen. Das geht aber schwer. —
Ich habe eine große Schachtel voll Soldaten. Die Soldaten stelle
ich auf unseren Tisch. Ich spiele mit ihnen Krieg., Die Soldaten
schießen sich tot. Wer totgeschossen ist, den schmeiße ich um. Manch-
mal stelle ich die Soldaten auch auf meine Burg. Die Kanonen
stelle ich dann oben auf die Mauern. Die Fußsoldaten und die
Husaren stürmen dann den Berg hinauf und wollen die Burg er-
obern. Das macht Spaß. — Mein Bruder hat sich einen Modellier-
bogen mit der Wartburg gekauft. Jetzt schneidet er die Burg aus
und klebt sie zusammen. — Mein Brüder hat einen Laubsägekasten
zum Geburtstage bekommen. Nun sägt er jeden Abend. Er macht
für meine Mutter einen Bilderrahmen. Er will auch noch ein
Schreibzeug aussägen. — Unsere Marie spielt immer mit ihrer
Puppe. Sie zieht die Puppe aus und an. Wenn meine Schwoster
sie hinlegt, macht sie die Augen zu, und wenn sie sie auf den Leib
drückt, schreit sie. Die Puppe ist ihr Kind. Sie legt sie in ihren.
Puppenwagen und fährt sie und singt sie in Schlaf. — Mein großer
Bruder hat ein schönes Märchenbuch bekommen, da liest er immer
drin. Er hat uns auch schon schöne Geschichten daraus vorgelesen.
Was macht ihr sonst noch an diesen Winterabenden? Meine Mutter
bringt oft einen Teller mit Äpfeln in die Stube. Sie schält sie,
und wir oerzehren sie dann. Manchmal legt sie auch einige Äpfel
in die Ofenröhre. Da werden sie fein gebraten, die ganze Stub^
duftet davon. Die gebratenen Äpfel esse ich am liebsten.
So ein Winterabend in der Wohnstube ist doch schön!
„So heimlich ist's im Stübchen —
Ach, wenn nur eins nicht war',
Daß man zu Bett muß gehen,
Das hält doch gar zu schwer!"
Wann müßt ihr ZU Bette gehen? — Vor dem Zubettegehen
müßt ihr aber noch zeigen, daß ihr auch auf Ordnung haltet!
Ja, wir legen unsere Spielsachen fort, legen die Schulsachen zurecht
usw. Und dann? Dann sagen wir gute Nacht und legen uns ins
Bett. Meine Mutter deckt uns zu, und dann beten wir unser Abend-
gebet. Was betest du? —
Zugaben:
1. Im Dämmerstündchen.
Liebe Mutter, 's wird finster, z Liebe Mutter, 's wird Winter,
Zünd's Lämpchen nun an, 1 Mach's Stübchen schön warm,
Mach Feuer im Ofen -ilornrn, setz dich hintern Ofen
Und setz dich mit dran. ' Und nimm mich in 'n Arm.
- 314 —
2. Ter Laterneuinann.
Sonne steckt jetzt hinterm Haus,
Und das Kinderspiel ist aus.
Ja, die Kleinen sind schon heim,
Gucken dort am Fensterlein.
Kommt ein Mann dahergegangen,
Kommt mit einer großen Stangen.
Seht, dort drüben steht er still.
Was er nur mit der Stange will?
Kling! — Da geht ein Türlein auf.
Puff! - Sitzt schon ein Lichtlein drauf.
Bald gibt's Lichter, eine lange, lange
Zeile,
Noch ein Klapp! — der Mann hat
Eile.
(R. Bär.)
3. Tie Kinder am Abend.
Der Winterabend, das ist die Zeit
Der Arbeit und der Fröhlichkeit.
Wenn die andern nähen, stricken und spinnen,
Dann müssen wir Kinder auch was beginnen.
Wir dürfen nicht müßig sitzen und ruhn,
Wir haben auch unser Teil zu tun,
Wir müssen zu morgen uns vorbereiten
Und vollenden unsere Schularbeiten.
Und sind wir fertig mit Lesen und Schreiben,
Dann können wir unsere Kurzweil treiben,
Und ist der Abend noch so lang,
Wir kürzen ihn mit Spiel und Gesang,
Und wer dann ein hübsches Rätsel kann,
Der sagt's, und wir fangen zu raten an.
(Hoffmann v. Fallersleben.)
4. Winterabend.
Der Vater raucht sein Pfeifchen; die Mutter sitzt und spinnt;
Großmutter mutz erzählen von Nix und Elfenkind,
Von Däumling und Dornröschen und von den Zauberbären,
's sind grauliche Geschichten und doch so schön zu hören.
So heimlich ist's irrt Stübchen — ach, wenn nur eins nicht wär',
Daß man zu Bett mutz gehen, das hält doch gar zu schwer!
Gesang: <*.
IHäßiß gejdjipini- QrDttttCr« Dolfsiueiic. 1830
PWß
fc—fr
S
*
5
&
Der ll?in - ter ist kom - men, ver-stummt ist der £jain, nun
2. (Ein Lied und ein Spiel und ein Tänz>chen da - bei, da
3. ITtag's im - mer da drau - ßen auch stürmen und schnei'n; k^eri
fr
5
i
soll UNS im Zim - mer ein Lied - chen er - freun, nun
2. sind wir so lu - stig, als wär' es im Mai, da
3. Win -- ter soll freund-lich will - körn - men uns sein, Herr
m
=5=
soll uns
2. sind wir
3. Win - ter
im Zim - mer
so lu • stig
soll freund - lich
ein
als
will
Lied
wär'
kom
chen cr - freun.
es im Nai
uns sein,
ZIgnes Frnnj.
men
18. Die Not der armen Leute.
I. Die Not der „armen Reisenden". Wir sprechen jetzt von
Leuten, denen der Winter nicht gefällt. — Euch gefällt der Winter
sehr gut. Weshalb denn? Wir können im Winter „glisseken"
— 316 —
(rutschen, schlickern), mit Schneebällen werfen, Schlittschuhlaufen,
Schlittensahren. Warum habt ihr beim Spielen nicht über die
Kälte geklagt? Wir hatten uns warm angezogen. — Ich habe
meinen Paletot angehabt, und dann habe ich auch meine Mütze
mit den Ohrklappen aufgesetzt. — Ich auch, und dann habe ich auch
noch dicke Handschuhe angezogen. Wenn nun aber doch einer kalte
Ohren, Hände oder Füße bekam? Dann ging er nach Hause und
wärmte sich. Zu Hause findet ihr fast alle eine warme Stube, und
wenn die Essenszeit kommt, einen gedeckten Tisch. Was meine ich
mit dem gedeckten Tisch? —
Nicht alle Leute haben im Winter warme Kleider, eine warme
Stube und einen gedeckten Tisch. Welche Leute meine ich? Die Hand-
werksburschen, — die „armen Reisenden". Weshalb frieren sie?
Sie haben keine warmen Kleider. Ich habe gestern einen gesehen,
der hatte keinen Paletot an, bloß einen dünnen Anzug. Du konntest
es ihm gewiß ansehen, daß er fror! Ja, er hatte den Rockkragen
hochgemacht und die Hände in die Hosentaschen gesteckt. So (Ge-
bärde!) ging er. ;— Ich habe einen gesehen, der hatte ganz zer-
rissene Stiefel an, man konnte die bloßen Füße sehen. Ich glaube,
er hatte auch keine Strümpfe an. — Denkt, ihr müßtet mit zer-
rissenen Stieseln und ohne Strümpfe auf der Straße umherlaufen!
Dann würden wir falte Füße kriegen. Und der „arme Reisende"?
Der kriegt auch kalte Füße. — Ganz gewiß, zumal er fast den ganzen
Tag da draußen in der Kälte umherläuft. Warum kaufen sich denn
die „armen Reisenden" keine warmen Kleider? Sie haben kein
Geld. Auf welche Weise bekommt denn dein Vater Geld? Der ar-
beitet. Dann müssen das die „armen Reisenden" auch tun! Im
Winter ist so leicht keine Arbeit zu kriegen. Da sind die Leute aber
doch recht schlimm daran: keine warmen Kleider und kein Geld!
Was können sie sich dann auch nicht kaufen? Etwas zu essen. Da
müssen sie ja verhungern! Die Reisenden betteln sich Geld. Ja, sie
gehen aus einem Hause ins andere und klopfen an alle Türen. Bei
uns war gestern einer, der sagte: „Ein armer Reisender bittet um
eine kleine Gabe." Manchmal sagen sie: „Ich bitte um eine kleine
Unterstützung." Meine Mutter hat ihm 2 Pfennig gegeben. — Bei
uns fragte gestern einer, ob wir nicht noch ein bißchen vom Mittag-
essen übrig hätten, er hätte seit zwei Tagen nichts Warmes ge-
habt. Meine Mutter 'hat ihn einen Teller Bohnensuppe gegeben.
Da hat er 'sich immerzu.bedankt und gesagt, die hätte schön ge-
schmeckt. — Um was bitten sie auch manchmal? Manchmal bitten
sie auch um ein Hemd, oder um Strümpfe, oder um Brot. Mein
Vater sagt, das Brot verkauften sie nachher und für das Geld kauften
sie sich Schnaps. Bei uns ist auch einmal einer gewesen, der wollte
Brot 'haben. Meine Mutter sagte, er hätte ganz nach Schnaps ge-
rochen. — Ja, Kinder, es gibt Reisende, die ihre Bettelpfennige
in Schnaps vertrinken, aber doch nicht alle. Wenn daher in dieser
schlimmen Zeit ein armer Reisender um eine Gabe bittet, schickt
— 317 —
ihn nicht fort; gebt ihm, wenn ihr es habt, etwas zu essen, oder
ein Stück Zeug, oder ein paar Pfennig. Was werden die meisten
mit dem Gelde machen? — Manchmal sagen sie sogar, wozu sie das
Geld gebrauchen wollen! Bei uns sagte einer: „Ich bitte um eine
kleine Unterstützung, ich habe das Schlafgeld noch nicht zusammen."
Schlafgeld? Ja, die HandwerKsburschen wohnen hier in Braunschweig
nicht, die schlafen in der Herberge, und dafür müssen sie Geld bezahlen.
In unserer Nachbarschaft gibt's eine Herberge. Wo? An der Julius-
straße, — die Herberge zur Heimat. Was kennt ihr noch für
Herbergen? — Was machen nun die iarmen Reisenden, die kein
Schlafgeld haben?--Im Sommer können sie ja mal draußen
im Freien schlafen. Weshalb aber jetzt nicht? Sie erfrieren. Wo
finden denn nun diese Armen ein Unterkommen für die Nacht? — Ich
will's euch sagen: in der Herberge zur Heimat. Sie bekommen dort
sogar zu essen und zu trinken, und wenn sie keinen Pfennig in der
Tasche haben. Aber am anderen Morgen müssen sie in dem Hause
neben der Iosephskirche für das, was sie in der Herberge zur Heimat
empfangen haben, mehrere Stunden Holz hacken. Mittags bekommen
sie noch einmal zu essen, und dann können sie wieder weiter wandern.
Manche bleiben noch in der Stadt! Sie suchen Arbeit. Wenn sie
keine finden, gehen sie weiter (nach einer anderen Stadt oder nach
einem Dorfe). (Siehe die Lektion: „Die Herberge zur Heimat"
in Kapitel XIII.) — Ich habe die Handwerksburscheu schon ge-
sehen, die bei der katholischen Kirche Holz hacken müssen. Wenn ich
des Morgens um 3 Uhr nach der Schule gehe, dann stehen sie vor
dem Hause und warten, daß aufgemacht wird. — Ich habe einmal
gesehen, wie sie ein großes Fuder Holz abgeladen haben, das müssen
sie da „kaputsägen" und „kaputhacken".
II. Wie die Stadt für die Alten, Schwachen und Kranken sorgt.
Nicht bei allen Leuten bekommen die „armen Reisenden" eine kleine
Gabe! Manche sagen: Wir geben nichts. — Sie müssen mal weiter-
gehen. — Wir haben eben kein kleines Geld. — Wir haben selber
nichts. — Ja, es gibt auch in B. viele Leute, denen es (im
Winter) schlecht gehl' Ich sah gestern einen Jungen, der ging
hinter einem mit Kohlen beladenen Wagen her. In der Hand
hatte er einen Sack.' Könnt ihr euch denken, weshalb er dem Wagen
immer folgte? Er paßte auf, ob Kohlen herabfielen, die steckte
er in seinen Sack.^ Und wenn er ein Stückchen Holz sah? Nahm er
auch mit. Woran wird es daheim gewiß fehlen? An Holz und
Kohlen, an Geld. Warum auch an Geld? Sonst könnten sie sich
Kohlen kaufen.' Wenn wir dem Jungen bis in sein Stübchen folgen
könnten! Wie denkst du dir sein Stübchen? Ganz klein, — oben
unter dem Dache, .— nicht geheizt usw. Was denkt ihr von seinen
Eltern?^ Der Vater ist gewiß schon tot, — die Mutter vielleicht
krank, ^hr habt's erraten. Wie steht es deshalb mit ihrer Arbeit?
Kann nur leichte Arbeiten verrichten, kann keine Wasch- und Rein-
machestellen annehmen. Die Nachbaren bringen ihr ab und zu
— 318 —
zerrissene Hemden und Hosen, damit sie die flickt. Dafür erhält sie
dann einige Groschen. Aber das langt nicht einmal zur Miete, und
dann hat sie noch vier Binder, die essen und trinken wollen. Von
dem ältesten Knaben habe ich euch vorhin erzählt! Der suchte
sohlen auf der Straße. Die Mutter, die heute wieder krank ist, sitzt
mit den übrigen Bindern in der dunklen Stube. Das Feuer im Ofen
brennt schon lange nicht mehr. Da sagt der zweite Sohn: ,,Mutter,
willst du denn gar kein Feuer wieder anmachen? Es ist ja hier so
kalt." Was wird die Mutter antworten? ,,Du weißt doch, daß
wir keine Kohlen haben. Warte man noch ein bißchen, August wird
wohl bald kommen und welche mitbringen. Dann mache ich gleich
Feuer an." ,,Mutter, ich kann dich ja gar nicht mehr sehen", sagt
darauf das kleine Mädchen, „stecke doch Licht an!" Was wird die
Mutter sagen? Es ist noch zu früh, wir verbrennen sonst zu viel
Petroleum. Ich habe jetzt schon kein Geld mehr." Da klingelt die
Korridorglocke. ,,August kommt," ruft die Mutter. Die Kinder
springen hinaus und öffnen die Korridortür. ,,O, ihr sitzt ja noch im
Dunkeln", sagt August, als er seinen Sack auf den Fußboden setzt.
,,Ich habe heute aber tüchtig schleppen müssen." Weshalb denn?
Er hat heute viele Kohlen gefunden. Wer wird sich darüber freuen?
Mutter. Ich weiß, was die Mutter jetzt tut. Was meint ihr?
Macht Feuer an. Und dann? Dann kocht sie Kaffee. Und was
gibt's dazu? Eitel Brot. ,,Liebe Mutter", sagt da das kleine
Mädchen, „streich mir doch ein bißchen Schmalz -auf mein Brot,
es ist so trocken." Wer kann die Antwort der Mutter erraten?
Ich habe kein Schmalz mehr, und kaufen kann ich nichts, ich habe
ja kein Geld. — Und dann fügte sie noch hinzu: ,,Ein paar Tage
müßt ihr noch mit trocknem Brot zufrieden sein; aber übermorgen
haben wir den Ersten, dann hole ich wieder Geld." Am Ersten des
Monats kriegen viele Leute Geld. Welche? — Weshalb? — Ich
denke, die Frau kann nicht mehr arbeiten, und doch will sie sich
Geld holen! Herr Z., ich weiß es, die Frau kriegt gewiß Armen-
geld. Bei uns wohnt eine Witwe, die kriegt auch Armengeld.
Weshalb denn? Die kann auch nicht viel verdienen, weil sie oft
krank ist, und zwei Kinder hat sie auch. Wer gibt ihr denn das
Armengeld? Das muß sie sich alle Monat (Woche) vom Armen-
pfleger holen. Die Frau, von der ich euch eben erzählte, bekommt
auch Armengeld. Von wem will sie also am Ersten Geld holen?
Vom Armenpfleger. Weshalb erhält sie Armengeld? Weil sie
krank und schwach ist und nichts verdienen kann. Es gibt in B. sehr
viele Leute, die nicht so viel verdienen, dag sie davon leben können.
Weshalb können sie nichts verdienen? Zu alt, zu schwach, krank.
Wer sorgt für die Alten, Schwachen und Kranken unserer Stadt?
Der Armenpfleger. Er gibt ihnen soviel Geld, daß sie sich das Not-
wendigste kaufen können. Manchmal gibt er ihnen auch noch Kleider
und Stiefel oder (vom ,,Verein gegm Bettelei") Brot und Kohlen.
Da muß aber der Armenpfleger doch ein reicher Mann sein! Das
Geld bezahl! der Armenpfleger nicht, das bezahlt die Stadt; der
Armenpfleger kriegt es von der Stadt (aus der Stadtkasse) nnd
muß es dann den Armen geben. — So ist es. (Die Zahl der Armen
ist sehr groß in unserer Stadt. Das könnt ihr schon daraus er-
sehen, daß in B. über 300 Armenpfleger find.)
III. Die Not der Arbeitslosen. Der Winter ist für die Alten,
Schwachen und Kranken die schlimmste Zeit. Er bringt aber auch
gesunde und kräftige Leute, die noch tüchtig arbeiten können, in Not.
Wie können denn Leute, die tüchtig arbeiten können, in Not geraten?
Wenn sie keine Arbeit haben. Welche Leute. haben im Winter
meistens keine Arbeit? Maurer, Zimmerleute, Maler, Dachdecker,
Ziegeleiarbeiter usw. Weshalb können die Maurer im Winter nicht
arbeiten? Der Mörtel friert, — niemand baut im Winter ein Haus.
Welche Handwerker können dann gleichfalls nicht arbeiten? Zimmer-
mann, Maler, Dachdecker usw. Weshalb ist das schlimm für diese
Leute? Verdienen nichts. Im Sommer haben sie gewiß mehr
verdient, als sie brauchten! Dann haben sie sich was ,,übergespart".
Das glaube ich auch. Wenn sie aber jetzt von dem ersparten Gelde
alle Tage nur etwas nehmen, um sich Essen zu kaufen, dann —
nun, was will ich wohl sagen? Dann ist es bald all. Nun sind sie
in Not. Was machen sie in ihrer Not?- Vielleicht können sie es
machen wie die alten und schwachen Leute; was meine ich? Nach
dem Armenpfleger gehen. Herr Z., mein Vater sagt, er möchte
nicht nach dem Armenpfleger gehen, er wollte sich nichts schenken
lassen, lieber wollte er ein paar Tage hungern. Was ist denn dein
Vater? Maurer. Hat er denn keine Arbeit? Jetzt hat er wieder
welche; das hat er gesagt, wie er noch keine hatte. Was machte
er denn da? Da ist er jeden Tag in die Stadt gegangen und hat die
Leute gefragt, ob sie keine Arbeit für ihn hätten. In der Zeitung
hat er auch immer zugesehen, ob da keine Stellen drin ständen.
Bei der Landeszeitung ist er gewesen und hat aufgepaßt, wenn
die Zettel mit den Stellen verteilt wurden. In der Zeitung machen
doch viele Leute bekannt, daß sie einen Arbeiter nötig haben! Wenn
er nach den Leuten hinkam, dann hatten sie immer schon einen.
In Luthers Fabrik und in der Mühlenbauanstalt ist er auch ge-
wesen, da ist auch nichts zu tun. Was sagte denn deine Mutter
dazu? Wenn mein Vater nach Hause kam, fragte sie immer gleich:
,,Hast du Arbeit gekriegt?" Aber er hatte immer noch keine. Dann
wurde sie ganz traurig, manchmal hat sie auch geweint. Aber mein
Vater sagte: „Das Weinen laß man sein, das hilft doch nichts."
Da sagte meine Mutter: ,,Dann will ich mal sehen, ob ich keine
Arbeit kriegen kann." Da hat sie in der Zeitung Waschstellen ge-
sucht. Sie hat aber bloß dreimal bei anderen Leuten gewaschen.
Da hat sie für einen Tag 2 Mark gekriegt. — Das war doch etwas.
Es ist doch recht schlimm, wenn der Vater nichts verdient, auch für
die Kinder. In der Zeit habt ihr gewiß immer schönen Braten ge-
gessen! Nein, meine Mutter hat fast alle Mittage Pellkartoffeln
— 320 —
gekocht, die haben wir ins Salz „gestippt"; manchmal haben wir
auch Kartoffelsuppe oder Brotsuppe gegessen. Zum Kaffee kriegten
wir immer bloß eitel Brot. Fleisch und Wurst konnte meine Mutter
nicht kaufen. War denn der Vater damit zufrieden? Ja, der hat
auch des Abends kein Bier mehr getrunken und keine Zigarre ge-
raucht. Wie hat denn dein Vater endlich Arbeit gekriegt? Den
einen Nachmittag war es so dunkel. Da sagte er: ,,Es gibt gewiß
bald Schnee. Wenn es man tüchtig schneite, eine ganze Woche
mutzte es schneien!" Weshalb denn das? Dann kriegte er Arbeit,
dann wollte er Schnee schaufeln in der Stadt. Ging der Wunsch
des Vaters in Erfüllung? Ja, es fing bald an zu schneien und
hat die ganze Nacht geschneit. Und als du am andern Morgen
aufstandest? Da war mein Vater schon fort. ,,Der will Schnee
schaufeln", sagte meine Mutter, und als er nicht wiederkam, sagte
sie: ,,Nun hat er Arbeit gekriegt, sonst wäre er schon wieder da.
Da freute sie sich. Am Abend brachte der Vater schon das Geld
mit, das er verdient hatte. Fünf Tage hat er Schnee geschaufelt.
Dann ging ja die Not wieder an! Er hat bald wieder Arbeit ge-
kriegt. Er arbeitet jetzt in der Wendenstraße, da wird ein großes
Haus abgerissen. ,,Nun braucht ihr keine Not mehr zu leiden",
sagte meine Mutter. ,,Jetzt kann ich wieder Butter und Schmalz
und auch Fleisch und Wurst kaufen." Herr Z., mein Vater hatte
auch keine Arbeit, der hackt jetzt für Balhorns Brauerei Eis, das
wird dann in den Eiskeller gefahren. — Mein Vater handelt im
Winter immer mit Apfelsinen. Da verdient er auch ein bißchen Geld.
— Mein Vater verkauft im Winter Schnürbänder, Streichhölzer,
Briefpapier und Seife. Da verdient er auch etwas mit. Auf
welche Weise verschaffen sich manche Leute ohne Geld Kohlen?
Suchen Kohlen auf der Straße. Liegen denn auf der Straße
Kohlen? Die Kohlenwagen verlieren manchmal welche. Viele Leute
(auch Kinder) gehen deshalb nach dem Güterbahnhofe. Weshalb
gerade dort hin? Da fahren viele Kohlenwagen; die holen die
Kohlen, die mit den Zügen ankommen. (Warnung vor Diebstahl!)
Holz können arme Leute auch ohne Geld bekommen.. Auf welche
Weise? Sie müssen es aus dem Holze holen. An welchen Tagen
ist das aber nur erlaubt? Am Mittwoch und Sonnabend. Was
für Holz dürfen sie jedoch nur sammeln? Trocknes Holz, das der
Wind herabgeworfen hat. Was dürfen sie nicht tun? Grünes Holz
absägen oder abhacken., Wer das tut, wird vom Förster angezeigt
und kriegt Strafe. — Manchmal durchsuchen arme Leute die Dreck-
kästen, die auf den Straßen stehen! In der Asche sind oft noch
Kohlen, die wollen sie haben. Lumpen und Knochen nehmen sie
auch mit, wenn sie die finden. Was machen sie damit? Die ver-
kaufen sie beim Lumpensammler (-Händler). — Auf noch andere
Weise suchen sich Arme etwas Geld zu verdienen! Sie gehen mit
einer Orgel in die Häuser und spielen auf den Höfen. Manchmal
singen sie auch dazu. Dann gucken sie nach den Fenstern, ob ihnen
— 321 —
einer Geld herunterwirft. — Des Sonntags gehen sie vor die Stadt
und setzen sich an den Weg und spielen. Die Leute, die vorbeigehen,
sollen ihnen ein paar Pfennig schenken. — Ich habe einen Orgel-
spieler gesehen, der hatte einen Affen, der hielt den Leuten immer
den Hut hin. Der hat viel Geld gekriegt. — Wir haben vorhin
schon gesagt, daß in manchen Familien die Frau Geld zu verdienen
sucht, wenn der Mann keine Arbeit hat. Auf welche Weise kann
eine Frau Geld verdienen? Sie kann bei anderen Leuten waschen
oder reinmachen, sie kann beim Bäcker Weißbrot tragen, sie kann
Säcke nähen usw. Alle diese Arbeiten verrichten viele, viele Frauen
gern, — aber?, Sie können oft keine Arbeit finden. Oder wenn sie
welche gefunden haben? Dann dauert es nicht lange. Da ist der
Winter doch eine recht schlimme Zeit für die armen Leute., Wann
hat ihre Not erst ein Ende? Wenn der Frühling kommt. Dann
gibt's überall Arbeit, dann verdienen sie wieder Geld.
IV. ,,Brich dem Hungrigen dein Brot .... Wenn du geben
kannst, so laß dich nicht lange bitten! Wer bald gibt, gibt doppelt.
Wer andern nicht gern gibt, ist eigennützig. Wer andern nicht helfen
mag. der hat keine Liebe, ist lieblos. Der Geiz macht den Menschen
böse. Der Geizhals hilft dem Armen nicht, er ist hartherzig. Der
geizige Mensch will nur nehmen, aber nicht geben. Geben ist seliger
als nehmen. Rühme dich nicht, wenn du jemand wohlgetan hast!
Wer sparsam ist, kann auch andern etwas geben. Sei sparsam, aber
nicht geizig. Für empfangene Wohltaten muß ich danken."
Zugaben:
1. Auf dem Hofe.
Es spielt und orgelt, was er kann,
Der gute, alte Orgelmann,
Und stets dieselbe Leier
Für so ein blankes Pfennigstück,
Für einen schönen Dreier.
Die Binder kommen alle an
Und rufen: Lieber Leiermann,
Geh, spiele auf zum Tänzchen!
Dann dreht Marie der Theodor
Und Liselotte Fränzchen.
Das eilt so schnell: Hopp hopp,hopp hopp,
Mazurka, Polka und Galopp —
Die bunten Röcke fliegen;
Ich glaube, wenn es weiter geht,
Sie auf dem Boden liegen.
Der ganze Hof steht voller Leut,
Ein frohes Leben ist das heut —
Des Orgelmannes Teller
Füllt rascher sich als je zuvor,
Es klirren hundert Heller.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 21
Herr Orgelmann, dreh immerzu,
Ach, wie geschickt und klug bist du,
Wie fliegen alle Zöpfe!
Musik! Musik! das Herz geht auf,
Und röter sind die Köpfe!
Herr Leiermann, halt an, halt an!
Was hat die Orgel doch getan?
Da liegen Lotte, Fränzchen,
Darüber stolpert Theodor,
Nun schließen wir das Tänzchen.
Die Orgelei, sie ist vorbei,
Nun geht's zum Hofe Nummer zwei.
Kommt mit, hier wird's noch feiner!
Da tanzt die lange Hildegard
Mit unserm dicken Heiner.
Es spielt und orgelt, was er kann,
Der gute, alte Leiermann,
Und stets dieselbe Leier
Für so ein blankes Pfennigstück,
Für einen schönen Dreier.
(E. H. Strasburger.)
— 322 —
2. Der fechtende Handloerksbursche in Anklam.
Im August des Jahres 1304 stand in der Stadt Anklam in Pommern
ein reisender Handwerksbursche an einer Stubentür und bat um einen Zehrpfennig.
Als sich niemand sehen ließ uoch rührte, öffnete er leise die Tür und ging hinein.
Als er aber eine arme, kranke Witwe erblickte, die da sagte, sie habe selber
nichts, so ging er wieder hinaus.
Lieber Leser, denke uicht, der hat's lassen darauf ankommen, ob jemand
in der Stube ist, hat seinen Zehrpfennig selber wollen nehmen; sonst mußt
du dich schämen und in deinem Herzen einem edlen Menschen Abbitte tun.
Denn der Handwerksbursche kam nach ungefähr fünf Stunden wieder. Die
Frau rief ihm zwar entgegen: „Mein Gott! ich kann Euch ja nichts geben.
Ich selbst lebe von anderer Menschen Milde und bin jetzt krank." Allein der
edle Jüngling dachte bei sich selber: „Eben deswegen." Anständig und freund-
lich trat er bis vor den Tisch, legte aus beiden Taschen viel Brot darauf, das
er unterdessen gesammelt hatte, und viele auf gleiche Art gesammelte kleine Geld-
stücke. „Das ist für Euch, arme kranke Frau," sagte er mit sanftem Lächeln,
ging wieder fort und zog leise die Stubentüre zu.
Die Frau war die Witwe eines ehemaligen braven Unteroffiziers, Namens
Larock, bei dem preußischen Regiment von Schönfeld.
Den Namen des frommen Jünglings aber hat ein Engel im Himmel für
ein andermal aufgeschrieben. Ich kann nicht sagen, wie er heißt. (Hebel.)
Malendes Zeichnen:
I. Name und Größe. Wie heißt dieser Schwarzrock? Sprecht:
Das ist ein Rabe. Was ist der Rabe? Vogel. Weshalb? — Nennt
andere Vögel! — Vergleicht den Raben seiner Größe nach mit einem
Sperlinge! Was muht du dann vom Raben sagen? Er ist größer
als ein Sperling. Der Rabe ist beinahe so groß wie ein Huhn. Was
für ein Vogel ist er also? Sprecht: Der Rabe ist ein großer Vogel.
(Jeder kennt den Raben, selbst den Kindern ist er nicht unbe-
kannt. Wir sagen deshalb: Der Rabe ist ein bekannter Vogel. Wir
können sogar noch das Wörtchen „sehr" hinzufügen. Wie heißt
dann der Satz? — Sprecht: Der Rabe ist ein sehr bekannter Vogel.
Weshalb nennen wir ihn so?)
19. Der Nabe
— 323 —
II. Begriff. 3m Sommer ist der Rabe am liebsten auf dem
Felde oder im Walde. Wann sehen wir aber den Raben sehr häufig
in unseren Straßen (auf unserem Hofe)? Im Winter. Warum? —
Er macht es nicht so wie die Schwalbe und der Storch und viele
andere Vögel. Was tun diese Vögel im Herbste? — Wie nennen wir
sie deshalb? Zugvögel. Wann bleibt auch der Rabe bei uns?
Winter. Nennt andere Vögel, die im Winter bei uns bleiben! —
Das sind Standvögel. Was für ein Vogel ist auch^der Rabe?
Sprecht: Der Rabe ist ein Standvogel. Nennt andere Standvögel!
— Nennt Zugvögel! —
III. Körperteile. Welches sind die Hauptkörperteile des Raben?
1. Kopf. Vergleicht den Schnabel des Raben mit dem Schnabel
des Sperlings in bezug auf die Größe! — Was für einen Schnabel
hat der Rabe? Groß. Was für eine Farbe hat er? Schwarz. Fasse
den Schnabel an! Ist er hart oder weich? Sehr hart (hornartig).
Zusammenfassung: Der Schnabel des Raben ist groß, schwarz ge-
färbt und sehr hart. Solch einen Schnabel kann der Rabe auch ge-
brauchen. Er muß damit hacken und picken; er kann sogar Knochen,
die nicht allzu groß sind, damit zerbeißen.
Aus welchen beiden Teilen besteht ein Schnabel? Zeige am
Schnabel des Raben den Oberkiefer! — Den Unterkiefer! —
Hat der Rabe auch eine Nase? Nein. Aber Nasenlöcher hat er.
Sie liegen im Oberkiefer, dicht am Kopfe. Ihr könnt sie aber nicht
sehen; warum nicht? Sprecht: Die Nasenlöcher sind mit Federn
bedeckt. Wieviel Nasenlöcher hat der Rabe? Was kann er damit?
Er kann sehr gut riechen. Wenn im Felde oder Walde ein totes
Tier liegt, so spürt er es weithin durch seinen Geruch. Was für einen
Geruch hat also der Rabe? Sprecht: Der Rabe hat einen scharfen
Geruch. Welche Tiere haben auch einen scharfen Geruch? Hund usw.
Wieviel Augen seht ihr, wenn ich den Raben so halte? Ein Auge.
Warum könnt ihr das andere nicht sehen? Es sitzt an der anderen
Seite des Kopfes. Wo sitzen also die Augen des Raben? An den
Seiten. Wo stehen die Augen des Menschen? Vorn.- Der Rabe
kann mit seinen Augen vorzüglich sehen. Hoch auf dem Baume, hoch
in der Luft bemerkt er das Mäuschen in der Ackerfurche. Was
für Augen hat er also? Scharfe Augen. Dafür sagt man auch:
Er hat ein scharfes Gesicht. Erfragen! — Sprecht: Der Nabe hat
ein scharfes Gesicht.
^ 2. Hals. An welchem Körperteile sitzt der Kopf? Am Halse,
^eht euch den Hals an! Was kannst du vom Halse des Raben sagen,
wenn du ihn mit dem Halse des Schwanes (Storches) vergleichst?
Er ist kurz. Was für einen Hals hat der Rabe? Kurzen Hals.
Welche Vögel haben auch einen kurzen Hals? — Der Rabe kann
seinen Hals nach allen Seiten, nach oben und unten, nach links und
rechts bewegen. Wie ist deshalb der Hals? Beweglich. Zusammen-
fassung: Der Hals des Raben ist kurz, aber sehr beweglich. (Oder:
Der Rabe hat einen kurzen, aber sehr beweglichen Hals.)
21*
— 324 —
3. Rumpf. Der Rumpf des Raben ist eiförmig. Die Flügel sind
lang und zugespitzt. Er kann mit denselben sehr gut und schnell
fliegen. (Der Rabe kann sehr geschickt fliegen.) Der Schwanz ist
ziemlich lang und besteht aus zwölf Federn.
(Mit dem Schwänze lenkt sich der Rabe, wenn er fliegt, er steuert
mit demselben wie der Schiffer das Schiff mit dem Steuerruder lenkt.
Daher nennt man die Federn des Schwanzes auch Steuerfedern.)
4. Beine. Die Beine des Raben sind befiedert. Wie heißt der
unterste Teil des Beines? Fuß. Zeige, wo der Fuß des Raben be-
ginnt! '— Womit ist der Fuß nicht bedeckt? Mit Federn. Wie
sind sie vielmehr? Sprecht: Die Fühe des Raben find nackt.
Was hat der Rabe an den Füßen? Zehen. Wieviel? Vier. Wie-
viel sind nach vorn gerichtet? Drei. Wieviel nach hinten? Was be-
findet sich an jeder Zehe? Eine spitze, etwas gekrümmte Kralle.
Welche Farbe hat der Fuß? — Was ist ebenfalls schwarz am Fuße?
Mit den Füßen kann sich der Rabe bewegen. Welche Bewegung
kann der Rabe mit seinen Füßen machen? Gehen und hüpfen. Der
Rabe geht, den Kopf hoch ausgerichtet, gar stolz einher; selten nur
hüpft er. Welche Vögel hüpfen meistens? — Welche gar nicht? —
Zum Gehen und Hüpfen braucht der Rabe seine Krallen noch nicht.
Wozu braucht der Rabe seine Krallen? Um das, was ihm zum
Verschlucken zu groß ist, zu zerteilen. Zuweilen benutzt er seine Füße,
um etwas fortzutragen, wenn es für den Schnabel zu schwer ist;
sonst tut er's mit diesem. Wie hält der Rabe seine Füße beim
Fliegen? Er streckt sie nach hinten aus.
IV. Bedeckung und Farbe. Was für einen Rock hat der Rabe
an? Einen schwarzen Rock. Woraus besteht er? Aus Federn. Wie
nennt man deshalb die Bekleidung eines Vogels? Gefieder. Warum?
— Wer kann dies in einem Satze sagen? Du! — Alle! Welcher
Vogel hat ein recht buntes Gefieder? Pfau, Papagei. Was für ein
Gefieder hat der Rabe nur? Ein einfaches Gefieder. Nennt Dinge,
die so schwarz sind wie der Rock des Raben! Tinte, Kohle. Was
kann man vom Gefieder des Raben sagen, wenn man an die Kohle
denkt? Der Rabe hat ein kohlschwarzes Gefieder.
Wenn ihr das Gefieder des Raben genau betrachtet, dann werdet
ihr an demselben noch etwas sehen: es glänzt nämlich. Was für ein
Gefieder hat also der Rabe? Ein glänzendes Gefieder. Welche Vögel
haben auch ein glänzendes Gefieder? — Zusammenfassung! —
V. Stimme. Der Rabe hat keine schöne Stimme zum Singen.
Wie schreit der Rabe? — Wir sagen: Der Rabe krächzt. Sprecht
das zusammen? — (Oder: Seine Stimme ist ein Krächzen.) Wie
klingt seine Stimme? (Zwischenfrage: Wie war vor einiger Zeit
deine Stimme, als du erkältest warst und Halsschmerzen hattest? —)
So klingt auch die Stimme des Raben. Wie also? — Sprecht:
Die Stimme des Raben klingt rauh und heiser. Obwohl die Stimme
des Raben nicht angenehm ist, so gehört er doch zu den Singvögeln.
— 325 —
VI. Das Nest des Raben. Wo hast du schon recht viele Raben
gesehen? Im Walde. Im Walde hält sich der Rabe am liebsten auf.
Hier baut er sein Nest in solche Bäume, die schwer zu ersteigen sind.
Warum wohl?
Hier auf diesem Bilde seht ihr das Nest des Raben abgemalt.
(Bild von Leutemann.) Wer sitzt in diesem Neste? — Was strecken
die jungen Raben aus dem Neste? — Was möchten sie gerne haben?
— Wer hat ihnen das Nest gebaut? — Was haben sie zum Nest-
bau genommen? Reiser. Gern nehmen die Raben Dornen dazu.
Diese -flechten sie mit ihren Füßen und ihrem Schnabel so zwischen die
Zweige, daß auch der ärgste Sturm nicht imstande ist, das Nest zu
beschädigen. Was für Dinge liegen hier im Neste? Moos, Gras,
Wolle aisw. — Wer hat diese Dinge in das Nest getragen? —
Warum? — Was lag vorher im Neste, ehe die Jungen darin lagen?
Eier. Manchmal sehen wir drei, manchmal vier, manchmal auch
fünf Eier in einem Rabenneste. Wir sagen deshalb: Der Rabe legt
drei bis fünf Eier. Erfragen! — Hier seht ihr ein Rabenei. Welche
Farbe hat es? Es ist nicht ganz grün, — nur grünlich. Was ist
das? Schwarze Punkte. Zusammenfassung: Der Rabe legt drei
bis fünf grünliche Eier mit schwarzen Punkten. Die Eier brüten sie
aus. Wie machen sie das? — Nach 21 Tagen kriechen junge Raben
heraus. Diese sind immer hungrig, schreien sehr viel und strecken
ihren Schnabel immer in die Höhe. Was tun auch diese jungen
Raben? — Weshalb wohl? —
VII. Nahrung. Die Eltern sorgen gar eifrig für ihre Kinder.
Seht euch den alten Raben an! Was hat er in seinem Schnabel?
Eine Maus. Wo hat er die Maus gefangen? — Wie heißt die
Maus, die im Felde wohnt? — Der Rabe bringt eine Feldmaus.
Er mußte gewiß lange auf dem Felde verweilen, bis er das Mäuschen
erhaschte. Warum wollte er nicht ohne Mäuschen heimkehren? —
Woran seht ihr, daß die kleinen Raben hungrig sind? — Sprecht:
Der Rabe bringt seinen hungrigen Bindern eine Feldmaus. Manch-
mal bringen die Raben ihren Jungen auch einen Käfer, einen Regen-
wurm oder andere kleine Tiere. Womit füttern also die Raben ihre
Jungen? ^
Die jungen Raben werden von ihren Eltern nur eine sehr kurze
Zeit gefüttert; sie müssen sich bald ihre Nahrung selbst suchen.
(„Rabenvater, Rabenmutter.")
^ Was fressen die alten Raben? — Ja, sie fressen Würmer,
Schnecken, Mäuse, Frösche, junge Vögel, Eier der Vögel; auch junge
Hasen frißt der Rabe gern. Er trägt sie an einen sichern Ort und ver-
zehrt sie dann. Er kommt auch wohl in die Bauernhöfe und holt
sich ein Küchlein oder ein Gänschen; wenn die Küchlein bei der Mutter
sind, gelingt dem Raben dies nicht, denn die Glucke wehrt sich gegen
den Räuber, wenn er eins ihrer Kinder stehlen will. Auf die jungen
Gänschen müssen oft die Kinder Achtung geben, wenn dieselben
auf einer Wiese Gras fressen; wenn aber die Kinder sich von den
— 326 —
Gänschen entfernen und mit anderen Kindern spielen, kommt manch-
mal ein Rabe und holt sich ein Gänschen. Am liebsten frißt der Rabe
tote Tiere (Aas). Auch Kirschen, Walnüsse, Gurken und Kartoffeln
frißt er gern. Ihr seht, der Rabe frißt alles, was sich nur genießen
läßt. Wir sagen deshalb: Der Rabe ist ein Allesfrefser. Sprecht
das zusammen! Warum nennen wir ihn so? — Was frißt er am
liebsten? ►— Sprechübungen: Der Rabe verzehrt Körner — Würmer
— Käfer usw.
Der Rabe frißt kleine Tiere, Aas, Körner, Obst. Oder: Seine
Nahrung sind Würmer, Käfer usw. Oder: Der Rabe verzehrt
Mäuse, Frösche, Würmer, Schnecken usw.
VIII. Eigenschaften. Im Herbste und Winter versammeln sich
die Raben oft in großer Menge. Sie fliegen des Abends nach einem
Walde, setzen sich in die hohen Bäume und plaudern hier bis in
die Nacht hinein. Morgens zerstreuen sie sich, um sich ihre Nahrung
zu suchen, gegen Abend fliegen sie wieder nach ihrem Ruheplatze.
Der Rabe lebt also nicht gern allein. Was liebt er vielmehr? Die
Gesellschaft. Wir sagen deshalb: Der Rabe ist ein geselliger Vogel.
Sprecht das zusammen! — Warum nennen wir ihn so?
Vor dem Menschen nehmen sie sich gar wohl in acht; wollen
sie sich in einem Hofe niederlassen, so schauen sie sich nach allen Seiten
um. Kommt ein Mensch in ihre Nähe, so fliegen sie davon. Was
für Tiere sind deshalb die Raben? Sprecht: Die Raben find vor-
sichtige und scheue Tiere. Warum nennst du sie so? — Nenne ein
anderes vorsichtiges und scheues Tier! Der Hase usw.
Manche Leute halten sich einen Raben; sie haben ihn jung aus
dem Neste genommen, aufgefüttert, und derselbe ist so zahm ge-
worden, daß er im Hofe oder im Garten umherspaziert und nicht
fortfliegt. Wie ist er geworden? — Junge Naben lassen sich leicht
zähmen. Sprecht das zusammen! (Oder: Junge Raben sind leicht
Zähmbar.)
Die zahmen Raben lernen auch einige Wörter, welche ihnen recht
oft vorgesprochen werden, nachsprechen. Man lehrt sie, daß sie
,,Guten Tag!" oder: „Du Spitzbube! Du Dieb!" sagen; besonders
leicht lernen sie das Wort „Jakob" sprechen. Manchmal ist ein
Dieb, welcher in einem Garten etwas stehlen will, sehr erschrocken,
wenn ein zahmer Rabe rief: ,,Du Spitzbube!" Er dachte, ein Mensch
rief so, und deshalb lief er schnell fort.
Der Rabe hat glänzende Sachen sehr gern. Wenn er ein glänzen-
des Geldstück, einen goldenen Ring, eine glänzende Schale findet, so
trägt er diese Sachen in sein Nest. Ja, wenn das Fenster offen steht,
und der Rabe sieht in der Stube silberne Löffelchen, Ringe oder
Broschen, so fliegt er durch das Fenster, holt die Sachen und trägt
sie in sein Rest. Man hat schon manchmal gedacht, daß ein Mensch
die Sachen gestohlen hätte, und später hat man sie in einem Raben-
neste gefunden.
— 327 —
Was für Sachen hat der Rabe sehr gern? Sprecht: Der Rabe
hat glänzende Sachen sehr gern. Nenne mir glänzende Sachen! —
Was tut der Rabe, wenn er glänzende Sachen sieht? Er stiehlt sie.
Wie nennen roir einen Menschen, der stiehlt? — Was ist auch der
Rabe? Sprecht: Der Rabe ist ein Dieb. (Oder: Der Rabe ist
diebisch. Oder: Der Rabe ist ein diebischer Vogel.)
Wie der Rabe, so nehmen auch manche Menschen Dinge, die
ihnen nicht gehören Man sagt von einem Menschen, welcher gern
stiehlt: „Er stiehlt wie ein Rabe". Werdet nicht wie die Raben!
Zusammenfassung: Der Rabe ist ein geselliger, vorsichtiger,
scheuer, zähmbarer, aber diebischer Vogel )
IX. Nutzen und Schaden. Wir haben vorhin schon gesagt, daß
der Rabe manchmal ein kleines Häschen würgt, ein Vogelnest plün-
dert oder ein Büchlein stiehlt. Was für ein Vogel ist deshalb der
Rabe? — Sprecht: Der Rabe ist ein schädlicher Vogel. Oder: Der
Rabe richtet manchmal Schaden an.
Wenn der Bauersmann mit dem Pfluge den Acker aufreißt, dann
begleiten ihn die Raben. Was suchen sie in der Furche? Maikäfer,
Engerlinge, Schnecken, Mäuse. Was richten diese Tiere auf dem Felde
an? — Was für Tiere sind es also? Schädliche Tiere. Was für ein
Vogel ist aber der Rabe? — Warum? Er vertilgt schädliche Tiere.
Sprecht: Der Rabe nützt uns durch Vertilgung schädlicher Tiere.
Der Rabe bringt mehr Nutzen als Schaden.
X. Feinde. Hat der Rabe auch Feinde? Wer kennt sie? Fuchs,
Marder, größere Raubvögel. Der Jäger.
Zugaben:
1. Scherz renne.
^ Rab', Rab', schäme dich! Rab', Rab', gräme dich; kannst dir keine
Stiefel kaufen, mutzt im Schmutze barfuß laufen; du stolzierst im schwarzen Frack
und bist doch ein Bettelsack.
2. Der Rabe und der Fuchs.
Ein Rabe hatte gesehen, daß eine Bauersfrau Käse an ihr Fenster ge-
stellt hatte. Kaum roar sie weg, so war er auch schon da, packte einen Käse
und flog damit auf einen hohen Baum, wo ihn niemand erreichen konnte. Dev
Fuchs hatte das mit angesehen, und da er hungrig und langmäulig war,
so hätte er gern den schönen Käse, welchen der Rabe noch im Schnabel hielt,
für sich gehabt. Da dachte er: „Wie fang' ich es an, daß der einfältige,
Schtoarzrocf dort oben seinen Käse fallen läßt?" Geschwind lief er unter
den Baum und sah starr in die Höhe, als wenn ihm der Rabe ganz außerordentlich
gefiele. Dann machte er tiefe und zierliche Komplimente, als wenn der Rabe
ein vornehmer Herr wäre. Zuletzt rief er ganz laut: „Ach, was ist das für
ein schöner Vogel! wenn ich den doch einmal singen hörte!" Der Rabe hatte
seine Freude an den Komplimenten und Kratzfüßen und dachte bei sich: „Ei, du
mußt dem höflichen Fuchs doch etwas antworten, oder noch besser, du wirst
ihm ein Stückchen vorsingen." Über diesen Gedanken vergaß er seinen Käse, sperrte
seinen 'ochttabel so weit als möglich auf und fing an, ganz abscheulich zu krächzen
rab, rab. Der Käse blieb natürlich nicht in der Luft schweben, sondern fiel auf
— 328 —
die Erde, und der Fuchs, welcher schon bereit stand, statt auf den Gesang zu hören,
sprang auf den Käse zu und speiste ihn vor den Augen des Raben auf. Dieser
ärgerte sich entsetzlich und sagte: „Der Fuchs ist doch ein größerer Spitzbube als
ein Rabe." (Curtman.)
20. Der Rabe.
(Q3ilb von kehr-Pfeiffer.)
I. Das Bild im allgemeinen. Seht euch dieses Bild an! Was
zeige ich euch hier? Haus. Beschreibe dasselbe! Das Haus ist aus
Holz gebaut. Es hat nur wenige Fenster, und die sind alle klein.
Hier in der Stadt gibt es solche Häuser nicht; wo aber? In Dör-
fern. Wie nennt man ein solches Haus? — Sprecht: Auf diesem
Bilde sehen wir ein Bauernhaus.
Zeige, wo es zum Hause hineingeht! Was muß man da erst
steigen? Treppe. Ist man dann schon im Hause? — Es ist noch
etwas vorgebaut, das ist der Vorbau. Zeige den ganzen Vorbau
von der Hausecke an! Was hat also dieses Haus? Sprecht: Diches
Haus hat einen Vorbau. Hier seht ihr noch etwas an dem Vor-
bau; daran können sich die Kinder festhalten, damit sie nicht her-
unterfallen. Was ist das? Geländer. Man nennt es auch eine
Brüstung. Womit ist der Vorbau versehen? Sprecht: Der Vorbau
ist mit einer Brüstung versehen. Was steht hier auf dem Vorbau?
Tisch und Bank. Wer sitzt hier im Sommer? Der Bauersmann mit
seiner Familie. Wen seht ihr jetzt auf dem Vorbau? Eine Frau.
Was für eine Frau ist es? Bauersfrau. Sprecht: Auf dem Vor-
bau steht eine Bauersfrau.
In diesem Hause wohnt der Bauersmann. Was für ein Haus
ist es deshalb? Wohnhaus. Was steht rechts neben dem Wohn-
hause? Stall. Was seht ihr an dem Stalle? Tür, — Stalltür.
Was für ein Stall ist es vielleicht? Kuhstall. Was steht hier neben
der Stalltür? Schaufel, Besen. Wozu wird der Besen benutzt?
— Die Schaufel?
Hier geht es in den Garten. Wir können ihn aber nicht sehen.
Was sehen wir nur von dem Garten? Den Zaun — Eartenzaun.
Was sehen wir hier vor dem Stalle? — Sprecht: Vor dem Stalle
sehen wir einen Gartenzaun. Woraus ist er gemacht? —
Was steht hier beim Hause? — Ein Brunnen. Aus demselben
fließt fortwährend Wasser heraus. •— Gibt es bei uns auch solche
Brunnen? — Wo? — Was muß man bei manchem Brunnen erst
tun, wenn man aus demselben Wasser haben will? — Was ist bei
diesem Brunnen nicht nötig? — Wohin fließt das Wasser? In den
Brunnenstein (Trog). Im Sommer trinken hier die Hühner, Gänse
und Enten. Wo mögen diese Tiere jetzt sein? — Weshalb?
Was bedeckt den Erdboden auf unserem Bilde? Schnee. Wo
liegt noch Schnee? — Der Schnee liegt gewiß recht hoch. Was schaut
hier nur heraus? Die abgebrochenen, kahlen Zweige eines Strauches.
— 329 —
In welcher Jahreszeit fällt Schnee? — Was ist also auf diesem Bilde
dargestellt? Sprecht: Aus diesem Bilde ist der Winter dargestellt.
Was seht ihr hier im Schnee? Streifen, Ringe. Wodurch sind
sie entstanden? Vom Winde. Was hat der Wind hier mit dem
Schnee gemacht? Zusammengeweht. Ihr wißt ja, toie's der Wind
im Winter macht: da pfeift er an den Ecken und Kirchen, jagt über
die Straßen und kreiselt („küselt") den Schnee, und wenn man hin-
auskommt, schneidet er einem ins Gesicht, daß es ordentlich weh
tut. Was macht der Wind mit dem Schnee? — Wie ist er, weil er
einem ins Gesicht schneidet? — Solch' schneidender Wind ist immer
ein Zeichen von Kälte. Manchmal aber kann man's auch sehen^
wenn es kalt werden will. Was sieht man dann nämlich in der
Luft? Nebel. Wie sieht er aus? — Dann geht es einem, wie es
unser Bild zeigt: man kann das nächste Haus nicht erkennen; man
sieht nur etwas Dunkles. Wer sieht hier auf dem Bilde, wo noch
ein Haus steht? Zeige es! Weswegen kann man das Haus nicht
deutlich sehen? Wegen des Nebels. Der Nebel ist gewöhnlich auch
ein Zeichen von Kälte. Welches sind also im Winter die Zeichen der
Kälte? Der schneidende Wind und der Nebel.
Bei der i^älte ist einem gar nicht gut zumute; wem auf dem
Bilde gewiß auch nicht? Den drei Raben. Es friert sie. Diesem
armen Burschen hier könnt ihr's ansehen, — an seinen Füßen. Was
hat er getan? Den Fuß hochgezogen. I*1, so müssen's die Vögel
machen. Das habt ihr gewiß auch schon an den Sperlingen ge-
sehen. Sie hocken ganz zusammen, ziehen einen Fuß hoch ins Ee-
fieder, und nach einem Weilchen wechseln sie mit dem anderen.
Wovor wollen sie sich dadurch schützen? — Wie schützt ihr euch denn
gegen die Kälte? Durch warme Kleidung. Wodurch schützt ihr die
Füße? Durch Schuhe.
II. Das Bild in Beziehung zur Fabel. Wo war der Rabe
den ganzen Sommer über? >— Da gefiel's ihm gar prächtig. Was
fand er in Hülle und Fülle? Nahrung. Was frißt der Rabe? —
Der Winter freilich bietet unserem Schwarzrock von alledem gar
wenig oder gar nichts. Woran mangelt es ihm also im Winter oft?
— Warum? — Was verspürt er dann? — Wohin kommt er des-
halb? Vor die Häuser. Was sollen ihm die Leute geben? — Er
bettelt sich das Futter. Was ist er deshalb, weil er sich das Futter
bettelt? Bettler. Wir sagen: Er ist ein Bettelmann. Unser Rabe ist
eben auch wieder auf einem Bettelgange. Wohin schaut er jetzt?
— Wie ruft er? Rab! Rab! Was will er wohl damit sagen?
Gebt mir Futter, ich habe großen Hunger. Wer hat sein Rufen
gehört? Bauersfrau. Wohin ist sie deshalb gekommen? Vor das
Haus. Nach der Überschrift über der Tür heißt sie Frau Pfeiffer.
Was hat sie um den Kopf gebunden? Ein dickes, baumwollenes
Tuch. Weshalb? — Frau Pfeiffer sagt:
Was ist das für ein Bettelmann?
— 330 —
Sie sieht nach ihm. Wer ist es, der da steht? — Welche Farbe
hat der Rabe? — Er ist so schwarz roie eine Kohle. Wir sagen: Er
ist kohlschwarz. Frau Pfeiffer spricht deshalb:
Er hat ein kohlschwarz Röcklein an.
Was für ein Röcklein hat er an? — Welche Jahreszeit ist es?
— Wo steht der Rabe? — Wohin geht er, wenn er an der einen Tür
nichts bekommt? — Er läuft von Haus zu Haus. Frau Pfeiffer
sagt deshalb weiter:
Und läuft in dieser Winterzeit
Vor alle Türen weit und breit.
Wie ruft er vor den Türen? — Wie ist es draußen? — Wie ist
es auch dem Raben? >Kalt. Er hat Hunger., Wenn es warm i;st,
und wenn er zu fressen hat, dann ist er froh. Wie ist er dann? —
Wie ist er aber jetzt? Traurig. Wir sagen: Der Rabe ist betrübt.
Erfragen! — Weshalb ruft er denn so? — Was geben ihm die
Leute? — Was geben sie ihm auch wohl, wenn sie gerade beim
Essen sind? — Frau Pfeiffer sagt:
(Er) ruft mit betrübtem Ton: „Rab! Rab!*)
Gebt mir doch auch einen Knochen ab."
Frau Pfeiffer kennt die Not unserer Schwarzröcke und hat Mit-
leid mit ihnen. Was hat sie auf diesem Teller? Futter, Es sind
Kartoffeln und Knochen; vielleicht ift auch etwas Fleisch dabei. Wo-
von ist das gewiß übriggeblieben? — Wohin schüttet sie das Futter?
— Was werden die Raben nun tun? Hinzufliegen. Einer fliegt
schon hin. der zweite wird's auch gleich tun. Wo sitzt er denn? Auf
dem Fasse. Seht einmal, wie er sich geduckt hat, und wie er den
Kopf vorstreckt! So machend die Raben, wenn sie auffliegen wollen.
Wie machen sie es, wenn sie auffliegen wollen? — Hier vorn dieser
Rabe wartet noch. Was will er abwarten? — Warum fliegt er nicht
gleich hin? Er fürchtet sich.
Die hungrigen Gäste werden es sich nun gut schmecken lassen und
— was meint ihr wohl? — was werden sie morgen mittag wieder
tun? — Werden sie zu spät kommen? — Wie werden sie sich ein-
stellen? — Was für Gäste sind es, weil sie zu Mittag kommen? —
Pünktlichere Mittagsgäste hat Frau Pfeiffer in ihrem Leben noch
nicht gehabt, zufriedenere auch nicht,- denn was sie ihnen darbot,
verzehrten sie mit einem beneidenswerten Appetite.
Wer war in Not? — Wem tat das leid? — Wie half sie ihm?
— Wir sagen: Die Frau war mitleidig, mildtätig. Wie war die
Frau? — Sagt's alle! f—
Nachdem Frau Pfeiffer den Raben das Futter auf den Hof ge-
schüttet hatte, ging sie schnell in die Stube zurück. Ihr Mann und
ihre Kinder saßen noch am Tische. Da sagte sie zu ihren Kindern:
Hört einmal zu! Ich will euch ein Rätsel aufgeben:
*) Das ,,a" beim Sprechen lang ziehen.
— 331 —
Was ist das für ein Bettelmann?
Er hat ein kohlschwarz Röcklein an
Und lchift in dieser Winterzeit
Vor alle Türen weit und breit,
Ruft mit betrübtem Ton: ,,Rab! Rab!
Gebt mir doch auch einen Ünochen ab."
Ob die Kinder den Bettelmann kennen? — Woran können sie
merken, daß der Rabe gemeint ist? — Wollt ihr das Rätsel vom
Bettelmann lernen? — Einüben! «—
So, nun wißt ihr etwas vom Vettelmann im Winter. Nun
wollen wir einmal hören, was er im Frühling tut. Warum wird
der Rabe, wenn alles verschneit ist, ein Bettelmann? Er hat nichts
zu leben im Felde. Nun kommt der Frühling, den wir lieben.
Darum können wir auch sagen: der liebe Frühling. Da wird es
wärmer, der Schnee geht weg, die Würmer kommen aus der Erde
hervor, die Käfer summen durch die Luft usw. Warum braucht der
Rabe nun nicht mehr Zu betteln? — Wer hat ihm den Tisch so schön
gedeckt? — Wie gefällt ihm deshalb die Frühlingszeit? Gar wohl
— sehr gut. Sprecht:
Da kam der liebe Frühling an,
Gar wohl gefiel's dem Bettelmann.
Warum gefällt ihm die Frühlingszeit so wohl? -— Weil er
wieder Nahrung findet. Wo bleibt der Rabe nun nicht mehr? -—
Weshalb bleibt er nicht bei uns und bettelt? Er bettelt nicht gern.
Was tut er im Frühling? Fliegt weg. Wie macht er das? —
Wohin fliegt er? Sprecht deshalb?
Er breitet seine Flügel aus
Und flog dahin, weit übers Haus.
Nun, ein guter Bettelmann, der etwas erhält, was tut der auch?>
— Wenn der Rabe sprechen könnte, würde er zur Bauersfrau etwas
sagen. Was kann er aber nur rufen? Rab! Rab! Was soll das
heißen? Hab' Dank. Und jetzt klang seine Stimme nicht mehr so
betrübt wie im Winter. Wie klang jetzt seine Stimme? —
Hoch aus der Luft so frisch und munter:
„Hab' Dank! Hab' Dank!" rief er herunter.
Wie ist also der Rabe? Dankbar. Das ist schön von ihm und
wir wollen's uns merken! Wie sollen wir auch sein? — Was sollen
wir nicht vergessen? — Von wem können wir das lernen ? — Vortrag
des ganzen Gedichtes durch die Kinder.
III. Verwertung. Was gefällt euch vom Raben? Daß er nur
bettelt, wenn er nichts zu fressen findet; daß er bittet, wenn er
Futter haben will, und dankt, wenn er etwas erhalten hat. Was
gefällt euch von der Bauersfrau? Daß sie mitleidig ist.
Weshalb gibt man dem Raben? Weil er bittet. Was lernen
wir daraus? Wer bittet, dem wird etwas gegeben. Dies wollen
wir in dem Sprüchlein merken: ,,Bittet, so wird euch gegeben!" —
— 332 —
Der Rabe gibt ein gutes Wort und wir sehen: „Gutes Wort findet
guten Ort!" — Was zeigt uns der Rabe zweitens? Seid dankbar.
iSeid dankbar in allen Dingen.) — Was lernen wir von den Leuten,
die den Raben im Winter speisten? Wir sollen die Hungrigen speisen.
Das merkt im Sprüchlein: „Brich dem Hungrigen dein Brot". Oder:
Wohlzutun und mitzuteilen usw.
Wie könnt ihr im Winter mitleidig gegen die Tiere — die Vögel
sein? — Wem habt ihr zu danken? Wofür? — Wie könnt ihr
Vater und Mutter danken? .— Wie dem lieben Gott? — Nennt
Morgengebete! — Tischgebete! :— Abendgebete! — Nennt Ge-
schichten, welche uns zeigen, daß „Gutes Wort findet guten Ort!"
Pferd und Sperling. Vogel am Fenster usw.
21. Die Tiere im Winter.
Wo seid ihr im Winter am liebsten? Stube. Weshalb? — Wer
muß auch im kalten Winter draußen bleiben? Tiere. Der Schnee
hat alles ringsumher zugedeckt. Was finden die Tiere deshalb nur
sehr spärlich? Futter. Was müssen sie oft erleiden? Hunger, —
müssen hungern. Dazu weht der Wind oft hu! so kalt; was müssen
die armen Tiere deshalb? Frieren. Die Tiere müssen im Winter
hungern und stieren.
Aber nicht alle. Manche Tiere haben auch im Winter keine Not.
Welche? Haustiere. Nennt einige! -— Warum leidet das Pferd
keine Not? — Warum leidet die Kuh keine Not? usw. Was er-
halten die Haustiere auch im Winter von den Menschen?
Manche Tiere bei uns merken gar nicht, daß jetzt der kalte Winter
hier ist. Ich habe euch früher vom Frosche erzählt. Was tut der
Frosch im Winter? :— Der Karpfen? — Die Biene? — Sie schlafen
den ganzen Winter über, — halten einen Winterschlaf. Sprecht:
Manche Tiere halten einen Winterschlaf. Wer schläft, braucht nicht
zu essen und nicht zu trinken. Was tun auch die Tiere nicht, wenn sie
schlafen? — Warum merken sie auch nichts von dem kalten Winter?
Wann wachen sie erst wieder auf?
Recht schlecht ergeht es den Tieren auf dem Felde und im Walde
im Winter. Welche Tiere halten sich auf dem Felde auf? — Welche
im Walde? — Wovon nährt sich der Hase im Winter? — Dürres
Gras, grüne Saat. So lange kein Schnee liegt, kann er seinen Hunger
noch immer stillen. Wenn es aber erst längere Zeit geschneit hat und
die Kälte groß ist, dann haben die Hasen ein trauriges Dasein. Wo
sie hinkommen und hinsehen ist ihr Tisch mit undurchdringlichem
Schnee und Eis bedeckt. Welche Nahrung kann der Hase jetzt nicht
mehr erlangen? Womit stillt er nun seinen Hunger? Baumrinde.
Wohin treibt ihn die Not auch oft? In die Gärten. Was verzehrt
er hier? Kohl. Wie oft aber müssen die armen Hasen mit leerem
Magen ihr Lager aufsuchen. Wo haben sie ihr Lager? — Womit
— 333 —
haben sie es ausgefüttert? Laub. Meistens ist das Lager so einge-
richtet, daß der kalte Wind darüber wegfahrt, oft ist es fast ganz
von Schnee überwölbt. — Den Hirschen und Rehen geht es nicht
besser als den Hasen. Was fressen auch die Hirsche und Rehe im
Winter? — Auf welche Weise gelangen sie im Winter an die grüne
Saat? Scharren den Schnee fort. Wann gelingt es ihnen aber nicht?
— Dann machen fie es wie die Hasen. Was tun sie? Schälen
die Rinde der Bäume ab. Wird ihre Not aber zu groß, so sorgt
der Jäger für sie. Was tut er? — Womit füttert er sie? Heu,
Hafer, Kartoffeln.
Nun wollen wir an die Vögel denken. Viele Vögel sind im
Herbste fortgezogen. Welche? — Wohin? — Sie merkten, daß der
kalte Winter kommen wollte, deshalb haben sie das warme Land
Ägypten aufgesucht. Ihnen kann der grimmige Winter kein Leid
tun. Welche Vögel sind hier geblieben? — Welche hast du in diesen
Tagen gesehen? — Wohl hat ihnen der liebe Gott für den Winter
ein wärmeres Kleid gegeben; aber oft müssen sie doch frieren. Wie
fröhlich hüpfen sonst z. B. die Sperlinge umher. Jetzt sitzen sie oft
mit eingezogenem Kopfe und gesträubtem Gefieder auf den Straßen
oder Dächern, ziehen einen Fuß hoch ins Gefieder, und nach einem
Weilchen wechseln sie mit dem andern. Wovor wollen sie sich da-
durch schützen? —
Wo halten sich die Raben im Sommer am liebsten auf? Und die
Sperlinge oisto.? Weshalb? — Warum finden sie jetzt auf dem Felde
kein Futter? — Wohin kommen sie deshalb? In die Städte und
Dörfer. Wo halten sie sich hier auf? — Barmherzige Leute denken
im Winter auch an die armen Vögelein. Was tun sie, wenn sie sehen,
daß die lieben Vöglein hungern und frieren? — Was streuen sie
vor das geöffnete Fenster? — Wer von euch hat das schon getan?
— Was tun die Vöglein? — Wie werden sie dann? — Was würden
die Vöglein zu euch sagen, wenn sie reden könnten? — Es hat den
Vögeln gar zu schön geschmeckt, — und was meint ihr wohl? —
was werden die Vögel am anderen Tage wohl tun? — Werden
sie zu spät kommen? •— Wie werden sie sich einstellen? — Was
tun gute Menschen auch? — Wer von euch füttert die hungrigen
Vögel im Winter alle Tage? — Das ist schön von euch. Wer will's
im nächsten (oder in diesem) Winter auch so machen? •—
Manchmal kommen die Vögel im Winter auch vor unser Fenster
und klopfen an die Scheiben, als ob sie gern in die Stube wollten.
Einmal saß der Landmann mit seiner Frau und seinen Kindern in der
warmen Stube am Tische und ließen sich das Mittagbrot gut
schmecken. Da hat es mit einem Male an das Fenster geklopft:
Pick, pick! Wie hat es an das Fenster geklopft? — Der Landmann
geht^ ans Fenster. Und was meint ihr, wer geklopft hat? Ein
Rotkehlchen. Die Kinder springen von ihren Stühlen auf und eilen
auch an das Fenster. Da sitzt das arme Tierchen. Was will das
arme Rotkehlchen hier am Fenster? Darum spricht es: „Macht
— 334 —
mir doch" usw. Was sollen bie Leute tun? — Wohin will es dann
schlüpfen? — Es dauert auch nur einen Augenblick, eine ganz kurze
Zeit. Auf wie lange sollen die Leute dem Vogel aufmachen? Lernt:
An das Fenster Klopft es: „Pick, pick!
Macht mir doch auf einen Äugenblick!"
Warum will der Vogel ober draußen, wo er doch immer frei um-
herfliegen ikartn, nicht bleiben? Er sagt selbst:
„Dick fällt der Schnee, der Wind weht Kalt,
Habe Kein Futter, erfriere bald."
Wie fällt der Schnee? Ihr habt erst gestern gesehen, wie oft so
viel Schnee vom Himmel fällt, daß er in kurzer Zeit ganz dick auf
dem Erdboden liegt. Was kann "der Vogel nun igar nicht mehr finden?
Futter. Was mutzte mit ihm geschehen, wenn der Landmann ihn nicht
aufnahm? — Was sagt der kleine Vogel vom Winde? Wenn es
draußen recht kalt ist, so pfeift oft der Wind ganz erschrecklich, er
geht einem dann durch Mark und Bein. Wohl hatte der Vogel ein
Federkleid, das ihn im Winter wärmte; aber gegen sehr große Kälte
schützte es ihn doch nicht. Wie spricht er daher? Ich erfriere bald.
Wie beschreibt der Vogel also den strengen Winter und seine große
Not? „Dick fällt" usw. (Einübung und Verbindung mit dem
Vorigen.)
Erfrieren wollte das Rotkehlchen nicht gern, darum bittet es noch
einmal recht herzlich und dringend:
„Lieben Leute, o laßt mich ein,"
und verspricht:
„Will auch immer recht artig sein."
Wiederhole die Bitte des Rotkehlchens noch einmal! — Wohin
will es also gern? — Und was verspricht es? — Wie konnte er>
sich denn wohl bei den Leuten in der Stube immer recht artig zeigen?
Es flog nicht wild in der Stube umher, es erfreute die Leute mit
seinem Gesänge. Wiederholt die letzte Bitte und das Versprechen
des Vogels! — Einübung der ganzen Strophe!
Ob die Leute die Bitte des Vogels wohl gehört haben?
„Sie ließen ihn ein in seiner Not.
Er suchte sich manches Krümchen Brot,
Blieb fröhlich manche Woche da"!
Das hungernde und frierende Vögelchen tat den Leuten gar leid,
sie fühlten seine Not, sein Leid mit; wie waren sie also? Mitleidig.
Und was taten die mitleidigen Menschen? — Nun war das Vögelchen
in der warmen Stube und brauchte nicht mehr zu ftieren. Was fand
es aber auch in der Stube? Da war es auch gegen den Hunger ge-
schützt. Wie war ihm jetzt zumute? — Wie hat es das wohl gezeigt,
daß es so fröhlich war? Es hüpfte-umher und sang. So blieb es
fröhlich manche Woche da. Wiederholt, wie die Leute dem Vogel
335 —
halfen, und wie dieser manche Woche bei ihnen fröhlich mar! „Sie
ließen ihn ein" usw.
„Doch als die Sonne durchs Fenster sah,
Da saß er immer so traurig dort'
Sie machten ihm auf, husch! war er fort."
Mehrere Wochen waren dahingegangen. Die Sonne schien wieder
warm in die Fenster des Landmannes hinein, die Bäume wurden
grün, die Vögel draußen sangen; welche Zeit war also nach^dem
kalten Winter gekommen? Nun hüpfte der Vogel in der Stube
nicht mehr fröhlich umher und sang auch nicht mehr; wie saß er
immer da? — Warum aber war er jetzt so traurig? Er wollte
gern im Freien sein. Die Leute sahen, wie der Vogel, den sie alle
lieb hatten, so traurig geworden war; wiederum hatten sie Mit-
leid mit ihm, und was taten sie? — Da ward der Vogel froh;
wie zeigte er das? Ja, rasch breitete er seine Flügel aus, und
husch, d. h. sehr schnell, war er fort. Nun war er draußen; was
mag er hier wohl getan haben? Lernt: „Doch als die Sonne"
usw. (Einübung der ganzen Strophe.und des ganzen Gedichtes.)
Zugaben: 1. Das Brot im Wege.
Im Weg das Krümchen Brot usw. (Band I S. 397.)
2. Gedenket der Vögel im Winter.
„Komm zum «Fenster, liebe Kleine!
Bringe Körnlein mit und Brot!
Schau, im Hos dort aus dem Steine
Liegt ein Vöglein, es ist tot.
Eingefroren jedes Börnchen!
Jeder Futterplatz verschneit; —
Nur ein Krümchen! nur ein Körnchen!
Flehn die Sänger weit und breit.
3. Der
Die Felder sind nun all' geleert,
Und rings liegt tiefer Schnee;
Das letzte Körnlein ist verzehrt, —
Der Hunger tut so weh!
Ihr reichen Menschen sitzet hier
Beim Schmaus, euch fehlt nicht Brot,
Wir armen Vögel aber wir,
Wir leiden bittre Not.
Gib ein Körnchen, gib ein Krümchen,
Streu's vor unsers Hauses Tür!
Und der Frühling schenkt ein Blümchen
Und ein Vogellied dafür.
Und das ruft: Zum Lenzesseste
Komm ins frische Grün geschwind!
Doch das Schönste, Allerbeste
Schenkt dir selbst dein Herz, mein Kind."
(Emil Ritterhaus.)
Vöglein Bitte.
Von eurer reichen Tafel schenkt
Uns eine Kleinigkeit,
Und an die armen Vöglein denkt
In kalter Winterszeit.
Wir singen euch dafür zum Dank,
Sobald der Lenz einzieht,
So gut wir's können, froh und frank
Manch lustig schmetternd Lied!
(Aus: Für unsere Kleinen, Band 6.)
4. Kleine Bettler.
Bitte, bitte, fleht der Spatz,
Leer ist, ach, mein Futterplatz!
Küchenreste, Semmelbrocken
Liegen tief jetzt unter Flocken,
Selbst der Pferdedung, o weh,
Ist begraben tief im Schnee.
Bitte, bitte!
Einst, da noch nicht Winter war,
Saß hier froh der Vögel Schar;
Ammer, Zeisig, Fink und Meise
Fanden täglich reiche Speise.
Aber jetzt ist harte Zeit,
Alles, alles eingeschneit.
Bitte, bitte!
— 336 —
Gebt uns, wir verhungern fast,
Das nur, was ihr übrig laßt!
Vöglein werden Dank euch bringen —
Die mit Zwitschern, die mit Singen,
Und euch rühmen voller Freud',
Daß ihr Futter ausgestreut.
Bitte, bitte!
5. Vöglein im Winter.
(R. Löwenstein.)
Spätzlein vor den Häusern fragen:
„Habt ihr nicht ein bißchen Brot?"
Fintlein klagen auch und sagen:
„Ach, erbarmt euch unsrer Not!"
Und die Meislein und die Zeislein
Sind jetzt arm wie Bettelleut',
Und sie schreien: „Tisch' und Häuslein
Sind uns allen eingeschneit!"
Auch die Amseln und die Ammern
Sitzen zitternd in dem Schnee,
Und sie frieren, und sie jammern:
„Ach, der Hunger tut so weh!"
Liebe Kinder, streut uns Bröschen,
Werdet nicht im Geben müd';
Wenn dann Veilchen blühn und Röschen,
Singen wir euch Lied um Lied!"
(Staub.)
6. Vöglein im Winter.
Ihr lieben, kleinen Vögelein,
Fliegt alle schnell herbei;
Die Mutter sagt, ihr fändet nichts,
Weil's draußen Winter sei.
Drum Hab' ich Krümchen euch gebracht
Von meinem Vesperbrot,
Kommt schnell herbei, ihr Vögelein,
Dann habt ihr keine Not.
(Cornelia Lechler.)
7. Das Rotkehlchen.
Ein Rotkehlchen kam in der Strenge des Winters an das Fenster eines
frommen Landmannes, als ob es gern hinein möchte. Da öffnete der Land-^
mann sein Fenster und nahm das zutrauliche Tierchen freundlich in seine Woh-
nung. Nun pickte es die Brosamen und Krümchen auf, die von seinem Tische
fielen. Auch hielten die Kinder des Landmannes das Vöglein lieb und wert.
Aber als der Frühling wieder in das Land kam und die Gebüsche sich belaubten,
da entflog der kleine Gast in das nahe Wäldchen, baute sein Nest und sang sein
fröhliches Liedchen.
Doch siehe, als der Winter wiederkehrte, da kam das Rotkehlchen abermals
in die Wohnung des Landmannes und hatte sein Weibchen mitgebracht. Der
Landmann aber und seine Kinder freuten sich sehr, als sie die beiden Tierchen
sahen, wie sie aus den klaren Äuglein zutraulich umherschauten. — Und die
Kinder sagten: „Die Vögelchen sehen uns an, als ob sie etwas sagen wollten!"
Da antwortete der Vater: „Wenn sie reden könnten, so würden sie sagen:
„Freundliches Zutrauen erweckt Zutrauen, und Liebe erzeugt Gegenliebe."
(Nach Krummacher.)
8. Die kleine Wohltäterin.
Es war ein kalter, strenger Winter. Da sammelte die kleine Minna,
die einzige Tochter wohltätiger Eltern, die Krümchen und Brosamen, die übrig
blieben, und bewahrte sie. Dann ging sie hinaus zweimal am Tage auf den Hof
und streute die Krümchen hin. Und die Vöglein flogen herbei und pickten sie
auf. Dem Mädchen aber zitterten die Hände vor Frost in der bitteren Kälte.
Da belauschten sie die Eltern und freuten sich des lieblichen Anblicks und
sprachen: „Warum tust du das, Minna?"
„Es ist ja alles mit Schnee und Eis bedeckt," antwortete Minna, „daß
die Tierchen Uichts finden können; nun sind sie arm, darum füttere ich sie."
Da sagte 'der Vater: „Aber du kannst sie doch nicht alle versorgen!"
Die kleine Minna antwortete: „Tun denn nicht alle Kinder in der ganzen
Welt wie ich?"
— 337 —
Der Vater blickte gerührt die Mutter des Mägdleins an und sagte dann
zu seinem Kinde: „Du hast recht getan. Wohlzutun und mitzuteilen vergesset
nicht." (Krummacher.)
Gesang:
Das hungrige Vöglein.
Äolkswe>>e.
1. Du lie - des, klei-nes Vöglein du. dort auf dem dür-ren Ast. wa-
3E
E£=pe£
-7—1
rnin schreist du Venn immer ^u'^ — Ach. weil du Hun-ger hast!
2. Der liebe Gott hat zugedeckt die Berge und das Tal und unter weißem
Schnee versteckt die Körnlein allzumal.
3. „Der liebe Gott doch an dich denkt — komm, Vöglein, komm zu mir;
mir hat er Brot genug geschenkt, davon geb' ich auch dir!
4. So komm nur, liebes Vöglein, du, Gott hat es dir geschickt; friß>
dich hier satt in guter Ruh', nur fleißig ausgepickt!"
5. Husch, husch! — da fliegt es wieder hin wohl in die weite Welt
und flattert mit vergnügtem Sinn durchs weiße, kalte Feld.
6. Der liebe Gott gibt alle Tag' ihm gern sein bißchen Brot, so datz
es nicht verhungern mag, auch in des Winters Not.
22. Die Pflanzen im Winter.
Seht euch die Bäume da drüben im Garten an! Wie sahen sie
im Sommer aus? Grün. W'eshalb? Sie hatten grüne Blätter,
grünes Laub (Laubbäume). Wie sah das Laub im Herbste aus? —
Und jetzt? — Der kalte Wind hat es herabgetoeht und in alle
Welt Zerstreut. Wie sind nun die Bäume? >— Sprecht: Im Winter
sind die Laubbäume kahl.
Es gibt jetzt aber auch noch grüne Bäume. Welche Bäume sind
auch,im Winter grün (denkt an Weihnachten!)? — Wie kommt es,
daß die Tannenbäume auch im Winter grün sind? Sie haben noch
grüne Blätter — Nadeln. Den Nadeln konnte die itälte nicht
schaden. Sprecht: Die Tannenbäume behalten auch im Winter ihre
Nadeln.
Im Herbste hat der Landmann Roggen und Weizen gesäet.
Was ist aus den Samenkörnchen hervorgewachsen? Ein kleines
Hälmchen. Wie sahen da die Felder aus? Grün. Da kam der
kalte Winter. Was hatten nun die kleinen Hälmchen auszustehen?
- Der liebe Gott deckt sie aber mit einem warmen, weißen Bettchen
zu. Was ist das für ein Deckbettchen? — Wie ist's unter der Schnee-
decke? — Die Roggen- und Weizenpflänzchen schlafen unter der
warmen Schneedecke, wie 'die Binder in ihrem warmen Bettchen.
Wogegen schützt der Schnee die Saaten? — Sprecht: Der Schnee
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 22
— 338 —
schützt die junge Saat gegen Frost und Kälte. Oder: Im Winter
schützt der Schnee die junge Saat vor dem Erfrieren.
Im Frühlinge, im Sommer gingen wir so gern in den Garten,
hinaus auf die Wiese und erfreuten uns an den schönen Blumen; an
welchen denn? — Auch im Herbste haben wir uns noch einige
Blumen im Garten angeschaut. Nenne sie! — Wo sind denn aber
jetzt alle Blumen 'hin? — Sie sind den ganzen Sommer über gar
fleißig gewesen, sie haben gekeimt, Stengel und Blätter getrieben,
geblüht, Früchte getragen, Menschen und Tiere gesättigt, erquickt
und erfreut. Im Herbste waren sie müde geworden und wollten
gern schlafen. Sie legten sich auf die Erde, wurden w-elk und ver-
gingen. Nennt solche Blumen! Was ist jetzt von ihnen noch zu sehen?
Nichts. Was steckt aber von den Pflanzen noch in der Erde? — Die
Wurzeln vergehen nicht; sie schlafen nur. Der liebe Gott sorgt für
sie und deckt sie mit einer warmen Decke zu. Was für eine Decke
meine ich? Schneedecke. Weshalb deckt sie der liebe Gott so warm
zu? — Wenn ihr Kinder jetzt in den Garten geht, dann fragt ihr
wohl auch ganz erstaunet:
„Wo sind all' die Blumen hin?"
So hat auch einmal ein Kind seine Mutter gefragt. Ich will euch
sagen, was ihm die gute Mutter geantwortet hat:
„Schlafen in der Erde drin,
Weich vom Schneebettchen zugedeckt,
Stille nur, daß sie niemand weckt!
Übers Jahr mit dem Sonnenschein
Tritt der liebe Gott herein,
Nimmt die Decke hinweg ganz facht,
Ruft: „Ihr Kinder, nun all' erwacht!"
Da kommen die Köpfchen schnell herauf,
Da tun sie die hellen Augen aus." (W. Hey.)
Was hat das gute Mütterlein dem Kinde geantwortet? Was
machen die Blumen jetzt? Schlafen in der Erde. Welches Bettchen
hat ihnen der liebe Gott dazu gegeben? Schneebettchen. Warum
kann man den Schnee mit einem Federbette vergleichen? Weil er
so weiß und so weich ist. Warum tut der Schnee den Blumen dieselben
Dienste wie uns Menschen ein weiches Federbett? Er schützt sie vor
Kälte. Warum sollen wir uns hüten, sie im Winter zu wecken?
Weil sie sonst erfrieren müßten. Wie lange läßt der liebe Gott sie
schlafen. Bis übers Jahr. Zu welcher Zeit kommt er? Frühlings-
zeit. Wen bringt er dann mit? — Welche Decke zieht der Sonnen-
schein weg? Sage das mit anderen Worten! Der Sonnenschein
schmelzt den Schnee. Was ruft der liebe Gott nun den Blumen zu?
Ihr Kinder, nun all' erwacht! Der gute Gott liebt die schönen
Blumen wie ein Vater. Wie zeigt sich's nun, daß die Blumen den
Winter hindurch nur geschlafen haben? Sie gucken mit den Köpfchen
heraus und tun die hellen Augen auf. Welches sind die hellen
Augen der Blumen? Die schönen Blüten.
— 339 —
Zugaben:
1. Gottes Hut.
Wenn der Schnee ans Fenster schlägt
Und der Wind aus den Dächern fegt,
Und die langen, falten Eisspitzen
Vor den Türen und Fenstern sitzen,
Beten alle Fluren und Bäume:
„Schütze, Eott, unsre jungen Keime!"
Beten alle armen Leut':
,,Schütz' uns, «Gott, in der harten Zeit!
Schütz' uns unsre Kindelein!
Frieren so sehr und sind noch klein."
Und nun schlafen sie ohne Sorgen;
Er behütet sie heut' wie morgen. (Klette.)
2. Der erste Schnee.
Juchhe, juchhe, juchhe!
Es fällt der erste Schnee.
Der liebe Gott, der schüttelt Flaum
Auf Gras und Blumen, Strauch und Baum,
Damit sie frieren nicht so sehr,
Wenn nun der Winter stürmt daher.
Hör', lieber Schnee! Hör', decke du
Sie ja recht weich und sauber zu! (Löschke.)
22*
Zwölftes Kapitel.
Der Mensch.
1. Die Hauptteile des menschlichen Körpers.
I. Namen. Manche Blume, manches Bäumchen haben wir uns
ordentlich angesehen von der Wurzel an bis zur Blüte oder bis zum
Wipfel; auch manches Tier — vom Kopfe bis zu den Füßen — aber
uns selber noch nicht. Das wollen wir nun tun.
Du bist kein Tier; was bist du? Ein Mensch. Was bin auch
ich? — Nennt noch andere Menschen! Vater, Mutter usw. ..Einen
Menschen nennt man auch noch anders, eine Person. Was bist du?
— Was ist dein Vater? — Deine Schwester? — Mehrere Menschen
oder Personen nennt man Leute. Wie?
II. Teile. Alles, was wir an einem Menschen sehen können, das
ist der Leib oder der Körper. Auch ihr habt einen Leib oder Körper.
Zeige mir deinen Körper! Du auch! — Wer hat auch einen Körper?
Vater, Mutter. Wieviel Menschen haben einen Körper? Sprecht:
Alle Menschen haben einen Körper oder Leib. Auch die Tiere
haben einen Körper. Unser Körper heißt der menschliche Körper.
Unser Körper besteht aus verschiedenen Teilen; ich zeige die
Hauptteile, ihr nennt sie! Das ist der Kopf. Das ist der Rumpf.
Das sind die Arme, — zwei Arme. Das sind die Beine, — zwei
Beine. Merket: Die Arme und die Beine werden auch noch Glieder
oder Gliedmaßen genannt. (Einüben.) Nenne die Teile deines Kör-
pers! Sprecht: Wir haben einen Kopf, einen Rumpf und vier Glie-
der. Oder: Der Leib des Menschen besteht aus dem Kopfe, dem
Rumpfe und den Gliedern.
Zwischen dem Kopfe und dem Rumpfe ist der Hals. Sprech-
Übungen: Der Kopf ist über dem Halse. Der Hals ist unter dem
Kopfe. Der Hals ist zwischen dem Kopfe und dem Rumpfe. Der
Rumpf ist unter dem Halse und über den Beinen. Der Rumpf ist
zwischen dem Halse und den Beinen usw. Die Arme sitzen seitwärts
(an den Seiten) usw. Welche Teile haben wir einmal? — Welche
zweimal? —
- 341 —
Wieviel Glieder hast du? Vier. Es gibt aber auch Unglück-
liche, denen ein Arm oder ein Fuß fehlt. Die sind recht schlimm
daran. Krüppel; Krücke. Wer hat schon einen Krüppel gesehen? —
Welches Glied fehlte ihm? — Solche Unglückliche können dessen-
ungeachtet leben und sind nicht selten, wenn es ihnen wohlgeht,
recht vergnügt. Ohne welche Teile kann also der Mensch leben?
Welche Teile dürfen nie fehlen? —
Wer seinen Kopf verliert, muß sterben. Wie ist er dann? Tot.
Wir sind nicht tot. Wie denn? Lebendig. Ich habe einmal einen
Toten gesehen; der hat auch Augen wie wir. Was kann er aber
doch nicht? — Er hat Ohren, — was kann er aber nicht? — Was
kann ein Toter auch nicht? — Zusammenfassung: Ein Toter kann
nicht sehen, hören, sprechen und gehen. Wir sind lebendig. Was
können wir deshalb auch? — Wir haben etwas in uns, das macht
uns lebendig, damit wir sehen, hören, sprechen und gehen können.
Das ist die Seele (oder der Geist). Die Seele wohnt in dem Leibe.
Wir können die Seele aber nicht sehen; sie ist unsichtbar. Was macht
den Menschen lebendig? Sprecht: Die Seele macht den Menschen
lebendig. Was fehlt aber einem toten Menschen? — Wenn ein
Mensch stirbt, so kommt seine Seele — wenn er fromm und gut ge-
wesen ist — zum lieben Gott in den Himmel. — Später, wenn ihr
größer geworden seid, werde ich euch manches von der Seele erzählen.
Heute nur eins noch. So jung ihr seid, seid ihr schon manchmal
traurig und betrübt gewesen, — ihr habt Kummer und Schmerz ge-
fühlt. Ich weiß, manchem von euch ist schon ein Brüderlein, ein
Schwesterlein gestorben, wohl auch einem der gute Vater, die liebe
Mutter. Da wäret ihr traurig und betrübt. Soll ich's euch sagen,
wo ihr den Kummer und den Schmerz gefühlt habt? In der Seele.
(So war's auch bei der armen Mutter in Nain usw.) — Aber in der
Seele können wir noch etwas anderes fühlen als Kummer und
Schmerz. Was fühltet ihr in eurer Seele, als ihr am Weihnachtsfeste
die Geschenke unter dem Tannenbaum saht? — In der Seele fühlen
wir Kummer, aber auch Freude, — Freud' und Leid.
Wie nennen wir alles, was wir an einem Menschen sehen
können ? Körper (Leib). Was können wir vom Menschen aber nicht
sehen? Seele. Aus welchen beiden Teilen besteht also der Mensch?
Sprecht: Der Mensch besteht aus dem Körper (oder dem Leibe)
und der Seele (oder dem Geiste).
2. Der Kopf.
I. Standort. Welchen Teil meines Körpers zeige ich euch? Kopf.
Wo befindet sich der Kopf? Er ist also der oberste Teil unseres
Korpers. Sprecht: Der Kopf ist der oberste Teil unseres Körpers.
II. Gestalt. Wieviel Ecken hat dieses Buch? — Es ist also
viereckig. Nenne mir noch ein paar eckige Körper! — Wieviel Ecken
hat diese Kugel? — Was für ein Körper ist sie also nicht? — Was
— 342 —
für einen Körper ist die Kugel? Die Kugel ist ein runder Körper.
Nennt mir noch ein paar runde Körper! Ball, Apfel. Seht meinen
Kopf an! Welche Gestalt hat er? Er ist auch rund. Er ist aber nicht so
rund wie eine Kugel, er ist länglich-rund. Sprecht: Unser Kopf ist
länglich-rund Nennt mir einen Körper, der auch länglich-rund ist! Ei.
III. Teile. Wo befindet sich der Teil des Kopfes, den ich euch
jetzt zeige? Hinten. Wie heißt dieser Teil des Kopfes deshalb? —
Zeigt und sprecht: Das ist unser Hinterkopf. Zeigt den oberen Teil
eures Kopfes! Das ist der Scheitel. Wie heißt der obere Teil unseres
Kopfes? Zeigt und sprecht: Das ist unser Scheitel. Wie nennen
wir die Vorderseite des Kopfes? Gesicht. Zeigt und sprecht: Das
ist unser Gesicht. Zeige mir deinen Scheitel! Deinen Hinterkopf!
— Dein Gesicht! — Das Gesicht ist ein Teil des Kopfes; der Scheitel
ist----; der Hinterkopf ist-----. Welche Teile unter-
scheiden wir am Kopfe? Sprecht: Am Kopfe unterscheiden wir
das Gesicht, den Scheitel und den Hinterkops. Welche Teile sind
mit Haaren bedeckt? Wie ist also der Scheitel und der Hinterkopf?
Sprecht: Der Scheitel und der Hinterkopf sind behaart. Welcher
Teil des Kopfes ist nicht mit Haaren bedeckt? Gesicht. Wie ist des-
halb das Gesicht? Das Gesicht ist unbehaart.
An dem Gesichte sieht man verschiedene Teile. Ich zeige sie, ihr
sollt sie nennen. Das ist die Stirn, das sind die Schläfen, die Augen
(rechtes Auge, linkes Auge), die Backen oder Wangen (rechte Backe,
linke Backe), das ist die Nase, der Mund, das Kinn. An beiden
Seiten des Kopfes sind die Ohren. Zeige und nenne alle Teile des
Gesichtes von oben nach unten! Von unten nach oben! — Welche
Teile sieht man am Gesichte? Sprecht: Am Gesichte sieht man die
Stirn, die Schläfen, die Augen, die Nase, den Mund, die Backen
oder Wangen und das Kinn. Wo befindet sich die Stirn? — Wo
sitzen die Augen? — Wo die Nase usw.? Welche Teile unseres Ge-
sichtes haben wir nur einmal? — Welche zweimal? — Welche sind
beweglich? — Welche sind unbeweglich?
IV. Bewegungen des Kopfes. (Indem der Lehrer den Kopf
bewegt): Jetzt bewege ich den Kopf. Du kannst deinen Kopf auch
bewegen. Wie ist das, was man bewegen kann? Beweglich. Wie
ist also dein Kopf? — Wohin bewege ich ihn? — Wohin jetzt?
Und diesmal? — Wohin bewege ich ihn jetzt? Nach allen Seiten.
Sprecht: Der Kopf ist nach allen Seiten beweglich.
Der kleine Karl geht zu seinem Vater und bittet: Darf ich jetzt
auf die Straße gehen und spielen? Der Vater hat gerade eine Feder
zwischen den Lippen und macht deshalb nur so (der Lehrer nickt) mit
dem Kopfe. Was tut der Vater, wenn er mit dem Kopfe so macht?
Er nickt. Nicke auch einmal? Nickt alle dreimal! Was kann man
also mit dem Kopfe tun? Sprecht: Mit dem Kopfe kann man
nicken. Als der Vater genickt hatte, eilte Karl schnell auf die Straße.
Was mag das Nicken wohl bedeutet haben? Sprecht: Das Nicken
bedeutet soviel wie „ja" sagen.
— 343 —
Karl war noch nicht lange wieder zu Hause, da wollte er wieder
auf die Straße. Diesmal machte der Vater aber so mit dem Kopfe.
Der Vater hat nicht genickt. Was hat er getan? Er hat den
Kopf geschüttelt. Tue es auch! Tut es alle? Sprecht: Den Kopf
kann matt schütteln. Karl machte nun ein recht betrübtes Gesicht.
Weshalb denn? — Was bedeutet das Schütteln mit dem Kopfe?
Sprecht: Das Schütteln mit dem Kopfe bedeutet soviel wie „nein"
sagen.
Kleine Kinder werden am Tage oft müde und schlafen ein. Wie
sitzen sie dann gewöhnlich (zeige mir. wie es der Müde macht!)?
Wir sagen: Sie stützen den Kopf. Stütze den Kopf auf den rechten
Arm! Auf den linken Arm! Auf beide Arme! — Was kann man
mit dem Kopfe machen? Sprecht: Den Kopf kann man stützen.
Wann stützt man den Kopf? Wenn man müde ist, Kopf- oder Zahn-
schmerzen hat usw.
Wiederholung der Bewegungen!
Zugaben:
1. Wunsch.
Ich möcht' für tausend Taler nicht,
Daß mir der Kopf ab war'.
Da lief ich mit dem Rumpf herum
Und Wüßt uicht, wo ich war'.
Die Leut' schrie'n ull' und blieben stehn:
Ei, guck mal den! ei, guck mal den!
2.
Wer «uf dem Kopfe hat einen Hut,
Dem steht er noch einmal so gut,
Wenn er ihn oft herunter tut.
3.
Wer seine Mütz' trägt auf dem Kopf
Wie angewachsen an den Schopf,
Der heißt mit Recht
Ein grober Knecht.
4.
Mit dem Hute in der Hand
Kommt man durch das ganze Land.
5. Die Sperlinge unter dem Hute.
Ein ziemlich großer Bauernjunge, namens Michel, hatte Spatzen gefangen,
und weil er nicht wußte, wohin damit, so tat er fie in seinen Hut und stülpte
diesen so auf den Kopf. Man kann denken, was das für ein Getümmel auf
dem Kopfe war. Nun begegnete ihm ein Fremder, der grüßte ihn freundlich
und sprach ihn an: ,,Guter Freund, wo geht der Weg hinaus?" Weil aber
der Michel die Spatzen Mf dem Kopfe hatte, so dachte er: ,,Was geht dich
der Fremde an?" ließ seinen Hut sitzen und gab gar keine Antwort. Der
fremde sagte zu sich selbst: „Hier müssen grobe Leute wohnen!" und ließ,
den Michel weiter ziehen. Jetzt begegnete ihm der Amtmann, den pflegten
(Simrock.)
(Fr. Güll.)
(Fr, Güll.)
— 344 —
alle Leute zu grüben; der Michel tat es aber nicht, einmal, weil er die Spatzen
unter dem Hute hatte, und zweitens, weil er ein Grobian war. Der Amtmann
aber sagte zu dem Gerichtsdiener mit dem roten Kragen, welcher hinter ihm
herging: „Sieh' doch einmal, ob dem Burschen dort der Hut angeleimt ist." Der
Eerichtsdiener ging hin und sprach: „Hör' einmal, Michel, der Herr Amtmann
möchte gern sehen, wie dein Hut inwendig aussieht. Flugs zieh ihn ab!"
Der Michel zögerte aber immer noch und wußte nicht, wie er es machen sollte.
Da riß ihm der Gerichtsdiener den Hut herunter, und brr! flogen die Spatzen
heraus nach allen Ecken und Enden. Da muhte der Amtmann lachen, und alle
Leute lachten mit. Der Michel aber hieß von der Stunde an der Spatzen-
michel, und wenn einer seinen Hut oder seine Kappe vor Fremden nicht abzieht,,
so sagt man noch heutigestags: „Der hat gewiß Spatzen unter dem Hute!"
(2B. Curtman.)
3. Das Auge.
I. Zahl Wieviel Augen hat das Pferd? — Der Sperling? —
Wieviel Augen hast du? Zeigt mir eure Augen! Wieviel Augen
hat jeder gesunde Mensch? — Zeige dein rechtes Auge! Dein linkes
Auge! Sprecht: Wir haben ein rechtes und ein linkes Auge.
II. Teile. Das eigentliche Auge ist rund wie ein Apfel; wir
nennen es daher Augapfel. Könnten wir den Augapfel ganz aus
dem Kopfe herausnehmen (wie man dies bei einem geschlachteten
Tiere tut), so würden wir eine Höhle sehen. Wie nennen wir diese
Höhle? Augenhöhle. Was liegt in dieser Augenhöhle? Sprecht:
Der Augapfel liegt in der Augenhöhle.
Sieh einmal scharf in die Augen deines Nachbars! Was bemerkst
du in der Mitte des Auges? Einen Punkt. Wie sieht der Punkt
aus? Schwarz. Der schwarze Punkt glänzt wie ein Stern und
heißt darum Augenstern. Was befindet sich in der Mitte des Aug-
apfels? Sprecht: In der Mitte des Augapfels befindet sich der
Augenstern.
Was erblickt ihr um den schwarzen Augenstern? Einen Ring.
Wie können wir den Ring im Auge nennen? Augenring. Was er-
blickt ihr also um den Augenstern? Sprecht: Um den Augenstern
erblicken wir den Augenring. Wie sieht der Augenring in Karls
Augen aus? Blau. Deshalb sagen wir: Karl hat blaue Augen.
Nun sieh einmal in Heinrichs Auge! Welche Farbe hat sein Augen-
ring? Braune Farbe. Was für Augen hat er deshalb? Braune
Augen. Welche Farbe hat dein Augenring? Graue Farbe. Was
für Augen hast du deshalb? Graue Augen. Was ist bei den Augen-
ringen verschieden ? Farbe. Welche Farbe kann der Augenring
haben? Sprecht: Der Augenring kann eine blaue, braune oder
graue Farbe haben. Was für Augen gibt es deshalb auch? Es
gibt blaue, braune und graue Augen. Wer von euch hat blaue
Augen? — Braune? — Graue? —
Wie sieht der äußere Rand des Augapfels aus? Weiß. Aber
nicht weiß wie Schnee — schneeweiß — sondern bläulichweiß. Sprecht:
Der äußere Rand des Augapfels ist bläulichweiß.
— 345 —
Jetzt kennen wir alle Teile des Augapfels. Nenne sie! Sprecht:
Die Teile des Augapfels sind: Der Augenstern, der Augenring und
der bläulichweiße Rand.
III. Eigenschaften. Jetzt seht ihr alle mich. Haltet den Kopf
nun ganz still und seht nach jenem Fenster. Es geht, aber ihr seht
mich nicht mehr. Jetzt seht nach dieser Wand, aber ohne den Kopf
zu drehen! Auch das geht. Nun nach oben und endlich nach unten
gesehen! Wir können also das Auge nach allen Seiten drehen (be-
wegen), und dazu brauchen wir gar nicht viel Zeit; in einem Nu
ist's getan. Wie ist also das Auge? Sprecht: Das Auge ist sehr
beweglich.
Zuweilen fliegt uns ein kleines Mücklein oder ein feines Sand-
körnlein ins Auge. Was tust du dann? Wir reiben das Auge, bis
wir den Gegenstand entfernt haben. Warum suchst du den Gegen-
stand schnell aus dem Auge zu entfernen? Es brennt und schmerzt.
Wie lange brennt und schmerzt das Auge? — Auf der Backe oder
Stirn schmerzt so ein kleines Ding nicht; wir fühlen es dort kaum.
Das Auge merkt auch das feinste Stäubchen. Wie sind die Sachen,
die sehr wenig vertragen können? Zart, empfindlich. Wie sind auch
die Äugen? Sprecht: Unsere Augen sind zart und empfindlich.
Warum? —
Ein so kleiner Gegenstand bringt das Auge schon in Unordnung;
ein größerer — ein Stoß, ein Schlag kann es zerstören. Man sagt
dann: Das Auge läuft aus, und vom runden Äuglein ist nichts mehr
zu sehen, als die leere Augenhöhle. O, wie traurig sieht das aus!
Wer kennt Leute, denen ein Auge ausgelaufen ist? — Wie sind sie
um ihr Auge gekommen? — (Glasauge!)
IV. Welche Teile das Auge beschützen. Auch euch hätte gewiß
schon ein solches Unglück getroffen, wenn der liebe Gott eure Äuglein
nicht so gut in einem Kämmerlein verwahrt hätte. Du gehst im
Dunkeln nach dem Boden, kommst zurück, kannst die Treppe nicht
finden und läufst gegen die Tür. Dein Auge bekam den Stoß nicht.
Warum nicht? Das Auge liegt in einer Höhle. Die Augen stehen
nicht vor, wie die Nase oder die Ohren. Warum ist das gut?
Sprecht: In der Augenhöhle liegen die Augen geschützt.
Beim Ballspiel erwartest du mit deinen Händen den kommenden
Ball, aber die Sonne scheint dir ins Gesicht, — du siehst den Ball,
der etwas von oben kommt, nicht, sondern fühlst ihn beim Auge. Er
traf dein Auge aber nicht. Welcher Teil deines Gesichtes beschützte
dein Auge.? Stirn. Wäre der Ball von unten oder von der Seite
gekommen, welche Teile deines Gesichtes hätten dann deine Augen
geschützt? Nase, Backenknochen. Welche Teile des Gesichtes beschützen
also deine Augen? Sprecht: Die Augen Verden von der Stirn,
der Nase und den Backenknochen beschützt.
Was tue ich jetzt? Sie schließen die Augen. Womit schließen
wir unsere Augen? Merkt: Die beiden Häutchen an jedem Auge
— 346 —
heißen Augenlider. Womit schließen wir unsere Augen? Sprecht:
Unsere Augen schlichen wir mit den Augenlidern. Womit schließen
wir abends die Fenster? Womit können wir unsere Augenlider
wohl vergleichen? Mit Fensterladen, Fenstervorhängen. Womit ist
der Rand der Augenlider dicht besetzt? Mit Haaren. Diese Härchen
an den Augenlidern heißen Augenwimpern. Wann machst du deine
Augen zu? Wenn eine Fliege ins Auge fliegen will, wenn's auf
der Straße stäubt, im Rauche, (beim Schlafen) usw. Was beschützt
im Staube dein Auge? — Wenn eine Fliege hinein will usw.?
Sprecht: Die Augenlider mit den Augenwimpern beschützen die Augen
(vor Staub, Mücken, Rauch und anderen Dingen).
Befühlt die Stirnkante über euren Augen! Was fühlt ihr
dort? Haare. Sie stehen in einem Bogen über dem Auge. Wie
heißen diese Härchen auf unserer Stirnkante? Augenbraunen. Wenn
es im Sommer recht heiß ist, dann schwitzen die Leute bei ihrer Arbeit.
Woran sieht man, daß jemand schwitzt? — Wo wird er naß? —
Was läuft manchmal an Stirn und Backen herab? Schweißtropfen.
Die Schweißtropfen sind salzig. Kämen sie in unsere Augen, so
würden dieselben schmerzen. Warum können die Schweißtropfen aber
nicht von der Stirn in die Augen gelangen? Augenbraunen halten
sie zurück. Sprecht: Die Augenbraunen halten die Schweißtropfen
von den Augen zurück, Oder: Die Augenbraunen beschützen die
Augen vor Schweißtropfen.
Wie gut ist also das Auge verwahrt und beschützt. Welche
Teile beschützen das Auge? Zusammenfassung! —
V. Krankheit des Auges. Wie ist das Auge, das in der Nähe
und in der Ferne gut sieht? Das Auge ist scharf. Manche Leute
können nur in der Nähe sehen. Wie wird man ein Auge nennen,
das nur in der Nähe gut sieht und in der Ferne nicht? Das Auge
ist kurzsichtig. Andere können die Dinge nur in der Ferne sehen,
aber in der Nähe nicht. Wie sind solche Leute? Sie sind weitsichtig.
Dein Großvater, N., ist weitsichtig. Wie hält er das Buch, wenn er
darin lesen will? Weit weg. Was muß er tun, wenn er das Buch
so halten will wie ihr? Brille aufsetzen. Welche Leute tragen auch
eine Brille? Kurzsichtige Leute. Wie können sie dann das Buch
halten?
Karl hat vor das eine Auge ein Tuch gebunden. Warum?
Es ist krank. Was hast du aber für Augen? Gesunde. Mit was
für Augen wird man am besten sehen können? — Mit was für
Augen kann man schlecht sehen? Mit kranken Augen. Was verur-
fachen sie uns sogar? Schmerzen. Was muß man vor das kranke
Auge binden? — Warum? Wodurch wird das Auge krank (wo-
durch verderben wir unsere Augen)? Wenn wir uns beim Schreiben
und Lesen zu nahe auf das Buch legen, wenn wir in das grelle
Sonnenlicht sehen oder dasselbe auf das Buch fallen lassen, während
wir lesen oder schreiben, wenn wir hinein schlagen oder stoßen, wenn
wir darin reiben usw. Was wirst du also niemals tun?
— 347 —
Nimm dein Auge wohl in acht,
kannst es leicht verderben;
Blind lebst du in ew'ger Nacht,
Möcht'st wohl lieber sterben. (Ramshorn.) .
Wie unglücklich sind die Leute mit kranken Augen! Noch un-
glücklicher aber sind die Leute, welche gar nichts mehr sehen können.
Wie nennt man solche Leute? Wer kennt einen Blinden? War
er immer blind? Wodurch ist er blind geworden? Was sieht er
draußen nicht mehr über sich? Himmel, Sonne, Mond, Sterne.
Was sieht er nicht, wenn er im Sommer in den Garten geht? Selbst
wen Kann er nicht sehen? Vater, Mutter, seine Angehörigen. Er
muß sich führen lassen, mit den Händen und Füßen tasten, daß er
nicht fällt usw. Darum heißt es in einem Gedichte:
Blindes Kind, ein armes Kind!
Äuglein ihm verschlossen sind;
Weiß nicht, wo es hin soll gehn;
Kann den Weg, den Steg nicht sehn;
Denn der Tag in seiner Pracht
Ist ihm dunkel wie die Nacht.
Blindes Kind, ein armes Kind!
Sternlein, die am Himmel sind,
Haben für sein Aug' kein Licht,
Mond und Sterne sieht es nicht,
Und das Abendrot, so schön,
Blindes Kind hat's nie gesehn.
Blindes Kind, ein armes Kind!
Weiß nicht, wie die Blumen sind;
Kanu im gold'nen Sonnenschein
Nicht der Farbenpracht sich freu'n;
Kennt nicht rot, noch weiß und blau,
Feld und Wald ist tot und grau.
Blindes Kind, ein armes Kind!
Weisz nicht, wie die Vöglein sind,
Sieht kein Täubchen auf dem Dach,
Nie ein Fischlein in dem Bach',
Und wenn Frühlingslüfte wehn,
I Kann's kein Sommervöglein sehn.
Armes Kind, ein blindes Kind,
Ärmer, als das ärmste Kind!
Kann nicht in die Schule gehn,
Selbst nicht seine Eltern sehn,
Bis es sie im Himmel dann
Einst auf ewig sehen kann.
Was können wir ohne unsere Augen nicht tun? Nicht schreiben,
lesen, nähen, stricken, malen usw.
Wie glücklich seid ihr, lieben Binder, daß ihr gesunde Augen
habt. Wem habt ihr diese große Wohltat zu verdanken? Dem
lieben Gott.
VI. Was wir an den Augen des Menschen erkennen können.
Wie sieht ein Kind aus, welches große Schmerzen erleiden muß? —
Was perlt dann wohl aus seinen Augen? — Wie nennen wir diese
Tropfen? ■— Was tut also das Kind vor Schmerz? — Anna
brachte der kranken Mutter saftige Erdbeeren, die sie selbst im
Walde mit großem Fleiße gesucht hatte. Da glänzte im Auge der
Mutter eine Träne. Weinte die Mutter vor Schmerz? — Warum
weinte die Mutter? — Wie wollen wir ihre Tränen nennen?
Freudentränen. Was können wir also an den Augen eines Menschen
erkennen? —
Fritz hat den Vater belogen. Der Vater blickt ihn darum ernst
und traurig an. Da schlägt Fritz die Augen nieder und blickt zu
— 348 —
Boden. Im Gesicht sieht er ganz rot aus. Wie nennen wir diese
Röte? Schamröte. Was tut also jetzt Fritz? — Welches Kind kann
aber Vater und Mutter offen ins Auge sehen? — Ein gutes, frommes
Kind braucht sich also nicht zu schämen. Vater und Mutter können
aber nicht immer bei euch sein und können nicht alles sehen, was ihr
tut. Wer kann aber alles sehen? Deshalb sagen wir: Gott ist all-
wissend. Kind, gehe nicht auf bösen Wegen
Und denke nie, wer sieht auf mich?
Dein Eott ist überall zugegen
Und sieht und achtet auch auf dich.
Was wir alles an den Augen eines Menschen erkennen können!
Zusammenfassung!
VII. Verschen. Es freut mich, daß auch nicht eines von meinen
Kleinen die hellen Guckfensterchen zu Hause gelassen hat. Wie heißen
diese Guckfensterchen? Augen. Wieviel Augen hast du? — Aber
du? Sprich: Ich habe zwei Augen. Wie sind eure Augen, da sie
mich alle so hell und freundlich anschauen können? Hell, klar. Das
wollen wir so lernen: Zwei Augen Hab' ich, klar und hell. Sprich
es nach! Du auch! Du! Alle im Takt:
Zwei Augen Hab' ich, klar und hell.
Wir haben schon gelernt, daß unsere Augen beweglich sind. Nach
welcher Seite bewege ich sie jetzt? — Was sehe ich oben? — Wohin
drehe ich sie jetzt? Was sehe ich unten? — Wohin drehe ich sie
jetzt? Nach links. Diesmal? Nach rechts. Aber jetzt? Nach allen
Seiten. Wohin können wir unsere Augen drehen? Sprecht: Wir
können unsere Augen nach allen Seiten drehen. Lernt:
Zwei Augen Hab' ich, klar und hell,
Die dreh'n sich nach allen Seiten schnell.
Was siehst du hier? — Was sehen deine Augen im Garten?
Welche Blumen siehst du in eurem Garten? — Welche Blumen seht
ihr auf der Wiese? ■— Alle diese schönen Blümchen seht ihr mit den
Augen. Sprecht: Mit den Augen sehen wir die Blümchen. Jetzt
so: Die (Augen) seh'n alle Blümchen. Du! — Du! — Im Walde
stehen auch viele Blümchen; aber was seht ihr da noch mehr? -
Sprecht: Mit den Augen sehen wir Bäume und Sträucher! Die
(Augen) seh'n Baum und Strauch. Sprecht jetzt so: Die seh'n
alle Blümchen, Baum ünd Strauch. Was seht ihr hoch über euch,
wenn ihr draußen seid? Himmel. Könnt ihr den Himmel mit euren
Händen erreichen (anfassen)? Warum nicht? Er ist hoch. Welche
Farbe hat der Himmel? Er ist blau. Sprecht: Der Himmel ist hoch
und blau. Jetzt so: Mit den Augen sehen wir den hohen, blauen
Himmel. Lernt:
Die seh'n alle Blümchen, Baum und Strauch
Und den hohen, blauen Himmel auch.
— 349 —
Wiederholung: Zwei Augen Hab' ich usw. Wer gab euch die
hellen, klaren Augen? Der liebe Gott. Sprecht: Der liebe Gott gab
uns die hellen, klaren Augen. Wir können auch sagen: Der liebe
Gott hat uns die hellen, klaren Augen eingesetzt. Lernt: Die setzte
der liebe Gott mir ein. Wer hat alle Dinge (z. B. die Blumen)
gemacht (erdacht)? Der liebe Gott. Wer hat sie so schön gemacht?
Der liebe Gott. Wer machte sie gelb und rot und blau, daß ich meine
Lust daran schau? — Wer hat im Garten und im Feld sie so auf
einmal hingestellt? — Wer hat also alle Dinge, die wir sehen, ge-
macht? — Wem gehört darum auch alles, was ich sehe? — Das
wollen wir so sprechen:
Die setzte der liebe Gott mir ein,
Und was ich kann sehen, ist alles sein.
Nun sprecht noch einmal das ganze Verschen
(W. Hey.)
Zugaben:
1. Rätsel.
Zwei Fenster sind es, die man trägt,
Ein jedes sich von selbst bewegt;
Man guckt durch sie nicht in das Haus,
Doch guckt man desto mehr hinaus.
(Simrock.)
2. Rätsel.
Zwei sind's, die beieinander steh'n,
Und alles gut und deutlich seh'n,
Nur kennet eins das andere nicht
Und wär's beim hellen Sonnenlicht.
(Simrock.)
3. Rätsel.
Ich kenn' zwei Kleine Fensterlein
In einem kleinen Haus,
Draus guckt den lieben langen Tag
Ein kleiner Schelm heraus.
Doch abends, wenn es dunkel wird
Und alles geht zur Ruh,
Dann macht geschwind der kleine Schelm
Die Fensterladen zu.
4. Das Lied vom Auge.
Es sind zwei kleine Fensterlein
In einem großen Haus,
Da schaut die ganze Welt hinein,
Da schaut die Welt heraus.
Ein Maler sitzet immer dort,
Kennt seine Kunst genau,
Malt alle Dinge fort und fort:
Weiß, schwarz, rot, grün und blau.
Dies malt er eckig, jenes rund,
Lang, kurz, wie's ihm beliebt;
Wer nennel all' die Farben und
Die Formen, die er gibt?
Ein Zaub'rer ist's, ich sag' es kühn!
Was faßt der Erde Schoß,
Das malt er auf ein Fleckchen hin
Wie eine Linse groß.
Auch was der Hausherr denkt und fleht,
Malt er ans Fenster an,
Daß jeder, der vorübergeht,
Es deutlich sehen kann.
Und freut der Herr im Hause sich,
Und nimmt der Schmerz ihn ein,
Dann zeigen öfters Perlen sich
In beiden Fensterlein.
— 350 —
Ist schönes Wetter, gute Zeit,
So sind sie hell und lieb;
Doch wenn es stürmet, fröstelt, schneit,
So werden sie gar trüb.
Und geht des Hauses Herr zur Ruh,
Nicht braucht er dann ein Licht,
Da schlägt der Tod die Laden zu,
Und ach, — das Fenster bricht!
(Eastelli.)
5. Ter blinde Mann.
Ihr lieben Kinder, seht mich an!
Ich bin ein armer, blinder Mann.
Ach, was das heißt, das wißt ihr nicht
Mit eurem hellen Angesicht.
Doch kennt ihr ja die dunkle Nacht,
Wenn oft kein einzig Sternlein lacht;
Sie dünkt euch schaurig, öd' und bang,
Wird auch wie Ewigkeit so lang.
Ach, so ist's um mich stete Nacht,
Bin ich auch längst schon aufgewacht.
Mir scheint kein Mond, kein Sonnenlicht,
Die Erde schmückt für mich sich nicht.
Doch tröstet mich ein heilig Wort:
Ob ich auch wandl' am dunkeln Ort,
Einst schau' ich dort im Hellern Licht
Gott mit verklärtem Angesicht.
(Richter.)
6. Ter Blinde.
Ein blinder Mann am Wege steht,
Fleht um ein Stückchen Brot.
Ein Kindlein ihm zur Seite geht,
Sein Aug' ist leer und tot.
Den grünen Wald, der Sonne Licht,
Der Blumen bunte Pracht
Schaut sein erstorbnes Auge nicht,
Für ihn ist's immer Nacht.
Du hast zwei Äuglein klar und rein
Und frohen Mut dabei,
Du siehst der Sonne hellen Schein,
Kannst springen frank und frei.
Drum danke Gott von Herzensgrund
Für deiner Augen Licht!
Wie reich bist du, gesund und frisch,
Vergiß des Blinden nicht!
(Chr. Diefenbach.)
7. Tas mitleidige Rosettchen.
Rosettchen will zum Krämer laufen und für die Puppe Kleider kaufen;
Da trifft es einen blinden Mann mit einem kleinen Mädchen an.
Es legt das Geld ihm in den Hut. Rosettchen ist gar brav und gut!
Es zieht daheim der Puppe dann das alte Röcklein wieder an.
4. Das Ohr.
I. Zahl. Welche Teile kommen am Kopfe zweimal vor? Augen
und Ohren. Welche von diesen Teilen haben wir schon besprochen?
Augen. Heute wollen wir über das Ohr reden. Wieviel Ohren hast
du? — Aber du? — Wieviel Ohren hat jeder Mensch? Wie heißt
das Ohr (auf das rechte zeigend)? — Wie heißt das Ohr (auf
das linke zeigend)? Sprecht: Wir haben ein rechtes und ein linkes
Ohr. —
II. Standort. Wie heißt der vordere Teil des Kopfes? Gesicht.
Wie heißt der hintere Teil des Kopfes? Hinterkopf. Wo sitzt die
Nase? Im Gesicht. Welche Teile sitzen auch im Gesicht? — Wo
sitzen die Ohren aber nicht? Gesicht. Wo auch nicht? Am Hinter-
köpfe. Wo sitzen sie denn? Sprecht: Die Ohren fitzen an beiden
Seiteil des Kopfes.
III. Teile. Was für eine Gestalt hat dieser Teil des Ohres?
Länglichrund. Mit welchem Dinge hat dieser Teil des Ohres Ähn-
— 351 —
lichkeit? Mit einer halben Muschel. Wir nennen diesen Teil des
Ohres deshalb die Ohrmuschel. Wie nennen toit^ diesen Teil des
Ohres? Zeigt und sprecht: Das ist die Ohrmuschel.
Fühlt die Ohrmuschel an! Sie ist nicht so hart wie ein Knochen,
aber auch nicht so weich wie Fleisch, — sie ist knorpelig (besteht aus
Knorpel). Sprecht: Die Ohrmuschel ist knorpelig. Ist der unterste
Teil der Ohrmuschel auch knorpelig? Nein. Wie denn? Fleischig.
Wie heißt der unterste, fleischige Teil der Ohrmuschel? Sprecht: Der
unterste, fleischige Teil der Ohrmuschel heißt das Ohrläppchen. Was
tragen manche Mädchen und Frauen in den Ohrläppchen? Goldene
Ringe, — Ohrringe. Wozu tragen sie Ohrringe? Zum Schmuck.
Wo tragen viele Leute auch goldene Ringe? — Wie nennt man
diese Ringe? Fingerringe. Wozu trägt man auch die Fingerringe?
Zum Schmuck. Die Ohrringe und die Fingerringe trägt man zum
Schmuck.
Was führt von der Ohrmuschel in den Kopf? Loch, Gang, Ge-
Hörgang. Zeigt und sprecht: Das ist der Gehörgang. Da, wo der
Gehörgang zu Ende ist, befindet sich ein ganz zartes Häutchen. Dieses
Häutchen heißt das Trommelfell. Wie heißt das zarte Häutchen im
Ohr? — Sprecht: Im Ohr befindet sich das Trommelfell. Warum
kann malt das Trommelfell nicht sehen? Weil es zu weit hinten
(in dem Kopfe) ist. Wie kann man den Teil des Ohres nennen, der
in dem Kopfe ist? Das innere Ohr. Und wie kann man den Teil
des Ohres nennen, der außen am Kopfe ist? Das äußere Ohr. Aus
welchen beiden Teilen besteht also jedes Ohr? Sprecht: Jedes Ohr
besteht aus einem äußeren und inneren Ohr. Welches Ohr können
wir sehen? — Welches Ohr können wir nicht sehen? '—
IV. Eigenschaft. Welche anderen Geschöpfe haben auch Ohren?
Tiere. Welches Tier hat recht lange Ohren? Esel. Wie nennt man
darum scherzweise den Esel? Langohr. Bei welchen Tieren sehen
wir gar keine Ohren? Bei den Vögeln. Welches Ohr fehlt ihnen?
Das äußere Ohr. Welche Tiere haben recht kleine Ohren? —
Wie sagt man von einem Häschen, wenn es die Ohren in die
Höhe richtet? Es spitzt die Ohren. Wann legt das Pferd die Ohren
zurück? Wenn es beißen will. Was können Pferde, Hasen und
viele andere Tiere also bewegen? Ohren. Wie sind ihre Ohren?
Beweglich. Bewege deine Ohren auch einmal! — Wie sind unsere
Ohren also? Sprecht: Unsere Ohren sind unbeweglich.
V. Zweck. Wozu dient das Ohr? Sprecht: Das Ohr dient
zum Hören. Was hörst du jetzt? — Wessen Stimme hörst du im
Hause? — Was hörst du in einem Konzert? Musik. Was hörst
du sonntags, ehe die Kirche angeht? Glockengeläute. Was hören
wir bei einem Gewitter? — Was hören wir im Frühlinge auf dem
Felde und im Walde? Die Vögel hören wir singen. Was hörst du
in der Werkstatt des Tischlers? — Des Schmiedes? Was hören wir
gern? Gesang, Musik, Rauschen des Wassers, Geläute usw. Was
— 352 —
hören wir nicht gern? Lärm, Geschrei, Weinen, Fluchen, Zanken,
Stöhnen, Hundegebell, Feuerglocke, Hilferufe usw.
VI. Krankheit des Ohres. Manche Leute hören nur sehr schwer.
Wie nennt man die Leute, die nur schwer hören? Schwerhörig, hart-
hörig. Wie mutz man mit solchen Leuten sprechen, damit sie es ver-
stehen? Laut. Wohin halten Schwerhörige ihre Hand, um besser zu
hören? Hinter das Ohr. Wohin habe ich die Kinder gesetzt, die
schwerhörig sind? — Warum? —
Manche Leute können gar nicht hören. Wie nennt man einen
Menschen, der gar nicht hören kann? — Die tauben Menschen sind
recht unglücklich. Warum? — Wie würde sich der taube Mensch
freuen, wenn er einmal andere Menschen sprechen, singen, die
Vögel pfeifen, wenn er eine herrliche Musik hörte!
Wer von euch hat einen Tauben gesehen? — Woher weißt du,
daß er taub war? Ich wollte mit ihm sprechen, aber er verstand
mich nicht. Was hast du ihm also nicht angesehen? — Warum
konntest du ihm die Taubheit nicht ansehen? Weil er ebenso aussah
wie ein gesunder Mensch. Was hatte er so gut wie du an den Seiten
seines Kopfes? Ohren. Was konnte er aber nicht damit? — Wie
war demnach sein Ohr, obgleich es gesund aussah? Krank. Wo
steckt wohl die Krankheit, weil man nichts davon sieht? In dem
Ohre. Wie kann also das innere Ohr sein, trotzdem das äußere
gesund aussieht? — Was kann der Mensch nicht, wenn sein inneres
Ohr krank ist? Mit welchem Teile des Ohres hört man also? -
Wie wäre der Mensch, von dem du sprachst, nicht gewesen, wenn man
mit dem äußeren Ohre allein hören könnte? — Welches sind darum
die wichtigsten Teile des Ohres? Die inneren Teile.
Manche Menschen sind taub geboren. Wessen Stimme hat das
taubgeborene Kind niemals gehört? — Warum nicht? — Was hat
das taubgeborene Kind darum auch nicht gelernt? Das Sprechen.
Wie nennt man einen Menschen, der nicht sprechen kann? Stumm.
Wie wird also der Taubgeborene? Stumm. Dadurch ist er noch
viel unglücklicher geworden. Was kann er jetzt nicht? Hören,
sprechen; er ist taub und stumm. Wie nennen wir einen solchen
Menschen? Taubstumm. Wodurch sucht sich der Taubstumme ver-
ständlich zu machen? Zeichen. Wie wird ein Taubstummer vielleicht
machen, wenn er eine Tafel und Griffel haben will? — (Zacharias.)
Wer versteht aber die Zeichen gar oft nicht? — Wo kann der
Taubstumme nach dem sechsten Jahre nicht hingehen, um, wie ihr,
etwas zu lernen? Er kann nicht in die Schule gehen. Da kann
wohl ein taubstummes Kind niemals lesen und schreiben lernen?
— Wo kann es das lernen? In dem Taubstummeninstitute. Wo
ist in Braunschweig das Taubstummeninstitut? — Was für Kinder
werden da nur unterrichtet? —
Was kannst du mit deinen Ohren? — Was können auch deine
Mitschüler? — Wie sind also eure Ohren? Gesund. Wodurch kann
aber auch ein ganz gesundes Ohr taub werden? Durch Krankheit.
— 353 —
Wodurch wohl noch? Durch einen Stoß oder Schlag auf das Ohr.
Was sollst du niemals ins Ohr stecken? Griffel. Warum nicht? —
— Wodurch ist im Kriege schon mancher Soldat schwerhörig oder gar
taub geworden? Kanonendonner. Was müssen wir vermeiden, um
nicht schwerhörig oder taub zu werden?
VII. Verschen. Jetzt wollen wir noch ein hübsches Verschen
lernen. Wieviel Ohren hast du? — Du? — Zeige das linke Ohr!
— Das rechte Ohr! — Holt eure Ohren einmal vom Kopfe herab!
Es geht nicht. Warum denn nicht? Sie sind angewachsen. Sprich
darum: Zw?i Ohren sind mir gewachsen an.
Du! — Du! — Alle! — Wozu dienen die Ohren? Die Ohren
dienen zum Hören. Was hören wir alles mit unseren Ohren?
(Abschnitt V.) Wir können also alles hören. Sprecht:
Zwei Ohren sind mir gewachsen an,
Damit ich alles hören kann.
Wer hat euch in die Schule geschickt? Eltern. Warum schicken
euch die Eltern in die Schule? Damit wir etwas lernen. Auf wen
müßt ihr hören, wenn ihr etwas lernen wollt? Auf wen müßt ihr
zu Hause hören? Auf die Eltern. Du bist auf der Straße und
spielst. Da ruft deine Mutter: Karl, komm schnell in die Stube!
Was tust du dann? — Wievielmal sollt ihr euch nie etwas heißen
lassen? — Wie bist du gegen deine Mutter, wenn du nicht gleich
auf sie hörst? Ungehorsam. Wen betrübst du dadurch? •— Willst
du deine Mutter betrüben? — Was willst du ihr lieber bereiten?
Freude. Wie mußt du gegen sie sein? Gehorsam. Wenn du deiner
Mutter gehorsam bist, dann folgst du ihr. Was willst du immer
tun? Der Mutter folgen. Sprecht: Wir wollen der Mutter immer
folgen. Du stehst mit den Füßen auf dem Stuhle oder auf dem
Sofa. Was sagt dann deine Mutter wohl zu dir? Kind, tu'
das nicht. Was wirst du als gehorsames Kind auch tun? •— Ihr
sollt hören, wenn eure liebe Mutter spricht: Kind, folge mir und tu'
das nicht! — Was sollst du hören? — Zprecht nun:
Zwei Ohren sind mir gewachsen an,
Damit ich alles hören kann,
Wenn meine liebe Mutter spricht:
ftind, folge mir und ku' das nicht!
Auf wen sollst du aber auch hören? Vater. Wie sollst du auch
gegen den Vater sein? Gehorsam, folgsam. Wenn du nicht gehorsam
bist, dann greift der Vater nach der Rute. Was machte er damit? —
Wann braucht er nicht zu schelten und zu strafen? — Wenn du ge-
horsam bist, dann wird der Vater (und auch die Mutter) sprechen:
Komm her geschwind, ich Hab' dich lieb, mein gutes Kind. Wie wird
der Vater sprechen? — Was willst du hören? —
Wenn der Vater ruft: Äomm her geschwind,
Ich Hab' dich lieb, mein gutes Kind.
Wiederholung: Zwei Ohren sind mir gewachsen an usw.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 2Z
— 354 —
5. Der Mund.
I. Standort. In den Schulstunden sprechen wir miteinander.
Was haben wir zum Sprechen aber nötig? — Zeige mir deinen
Mund! — Wo befindet er sich? Sprecht: Der Mund befindet sich
unter der Nase. Oder: Der Mund befindet sich über dem Kinn;
zwischen den Backen.
II. Teile. Welche Teile siehst du am Munde, auch wenn wir
denselben geschlossen haben? Lippen. Wieviel Lippen habt ihr?
Welche Farbe haben die Lippen bei einem gesunden Menschen? Rot.
Wie sehen sie bei einem Kranken (Toten) aus? Blaß, blau. Fühlt
die Lippeu an! Sie sind nicht so hart wie unsere Ohren. Wie fühlen
sie sich vielmehr an? Weich. Zusammenfassung: Wir haben zwei
rote, weiche Lippen. Eine Lippe liegt oben. Wie nennt man sie
deshalb? ■— Oberlippe. Zeige deine Oberlippe! Wo liegt die andere
Lippe? — Welchen Namen hat sie deshalb? — Zeige deine Unter-
lippe! Wir haben eine Oberlippe und eine Unterlippe.
Ihr könnt die Lippen sehen; denn sie befinden sich außen am
Munde. Wie kann man die Teile des Mundes nennen, die sich außen
an demselben befinden? Sprecht deshalb: Die Lippen sind die
äußeren Teile des Mundes. Nennt die inneren Teile des Mundes!
Zeigt und sprecht: Das sind die Zähne! Das ist die Zunge! — Der
Mund bildet eine Höhle,- sie hat oben eine gewölbte Decke. Man
nennt sie den Gaumen. Zeigt und sprecht: Das ist der Gaumen!
Welche Teile des Mundes haben wir eben genannt? Die inneren
Teile. Wiederhole sie noch einmal! Sprecht: Die inneren Teile des
Mundes sind: Die Zähne, die Zunge und der Gaumen. Welche
Teile des Mundes können wir immer sehen? — Wann können wir die
inneren Teile des Mundes nur sehen? Wenn wir den Mund öffnen.
1. Zähne. Wie sehen unsere Zähne aus? Weiß. Wie fühlen sie
sich an? — Sprecht: Unsere Zähne sind weiß und hart. Warum
dürfen die Zähne nicht so weich wie unsere Lippen sein? Wir könnten
nicht kauen. Was zerkauen wir mit den Zähnen? Sprecht: Mit
unseren Zähnen zerkauen wir die Speisen. Regel: Die Speisen
gehörig klein kauen. ,,Vut gekaut ist halb verdaut."
Von den Speisen bleiben oft Reste in und zwischen den Zähnen
sitzen. Womit entfernen wir diese Speisereste? Bürste. Wie heißt
diese Bürste deshalb? Zahnbürste. Wie oft muß man die Zähne mit
der Zahnbürste reinigen? Sprecht: Die Zähne muß man alle Tage
mit der Zahnbürste reinigen. Was muß man nach dem Bürsten
tun? Ausspülen. Wie können die Zähne leicht werden, wenn man sie
nicht regelmäßig reinigt? Krank. Wer hat einen kranken Zahn? —
Wie sieht ein kranker Zahn aus? Was verursachen uns kranke
Zähne? Sprecht: Kranke Zähne verursachen uns große Schmerzen.
Was wird oft ganz dick, wenn wir Zahnschmerzen haben? Backe.
Die Zahnschmerzen sind oft heftig, daß wir sie kaum ertragen können.
Was tun wir dann wohl? Lassen den kranken Zahn ausziehen.
— 355 —
Das ist sehr schmerzhaft. Wer zieht den Zahn aus? — Womit? —
Was hört auf, wenn der kranke Zahn fort ist? Schmerzen. Was
für Zähne magst du nicht haben? — Was mußt du tun, damit deine
Zähne nicht krank werden? Reinigen. Wodurch können die Zähne
noch krank werden? — Beißt also nicht mutwillig auf Steine oder
Nüsse usw.! Hütet sie vor Schlag oder Stoß! Gesunde Zähne sind
ein Schmuck jedes Menschen.
2. Zunge. Zeige mir deine Zunge! Wie fühlt sie sich an?
Sprecht: Die Zunge ist rot und weich. Welche Teile des Mundes
sind auch rot und weich? Die Lippen. Zeige mir deine Zunge noch
einmal! Ziehe sie wieder zurück! Bewege sie nach links! Nach rechts!
— Wir können sie nach allen Seiten bewegen. Wie ist unsere Zunge
deshalb? Beweglich. Und zwar können wir sie sehr schnell bewegen.
Tu' das! Wie sagen wir von unserer Zunge, weil wir sie so schnell
bewegen können? Sprecht: Die Zunge ist sehr beweglich. Zusammen-
fassung: Die Zunge ist rot, weich und sehr beweglich.
Ein Knabe mußte einmal seine Augen zuhalten und sagen, was
ihm in den Mund gesteckt wurde. Er rief: Das ist Zucker! Woher
wußte er das? Er hat es geschmeckt. Womit schmecken wir? Sprecht:
Wir schmecken den Zucker mit der Zunge. Zucker bringen die Kinder
gern auf die Zunge. Warum? Er schmeckt süß. Welche Dinge
schmecken auch süß? Was können wir also an diesen Dingen schmecken?
Wir schmecken das Süße. Wie schmeckt Essig? Sauer. Welche Dinge
schmecken auch sauer? Was schmecken wir an diesen Dingen? Sprecht:
Wir schmecken das Saure. Ebenso: Wir schmecken das Bittere. Wir
schmecken das Salzige. Zusammenfassung: Wir schmecken das Süße,
das Saure, das Bittere und das Salzige. Was schmeckt ihr gern?
Was nicht gern? — Welche Dinge haben einen angenehmen Ge-
schmack? — Welche haben einen unangenehmen Geschmack?
Die Zunge gebrauchen wir auch zum Essen. Wie eine Schaufel
wirft sie die Speisen im Munde hin und her, damit jedes Teilchen
unter die Zähne kommt und zermalmt wird. Außerdem wird die Nah-
rung durch die Zunge in die Speiseröhre befördert. Wozu gebrauchen
wir also die Zunge? Sprecht: Wir gebrauchen die Zunge zum Esscn.
Wer keine Zunge hat, kann nicht sprechen. Wozu dient also die
Zunge? Sprecht: Die Zunge dient zum Sprechen.
Zusammenfassung: —
3. Gaumen. Wie heißt die gewölbte Decke im Munde? Gaumen.
Wie sieht er aus? — Wie fühlt er sich an? Sprecht: Der Gaumen
ist rot und hart. Der Gaumen hilft der Zunge beim Schmecken.
Wozu dient also der Gaumen? Sprecht: Der Gaumen dient zum
Schmecken.
III. Zweck des Mundes. Wir brauchen täglich Nahrung, —
wir essen. Die Speisen stecken wir in den Mund. Sprecht: Mit dem
Munde können wir essen. Was? — Wann? — Wo?
Was tust du, wenn du durstig bist? — Womit trinkst du?
Sprecht: Mit dem Munde können wir trinken. Was? —
23*
- 356 —
Ohne einen Mund würde ich auch nicht fragen, und ihr würdet
nicht antworten können. Sprecht: Mit dem Munde können wir
sprechen. Wie können wir sprechen? Laut, leise, langsam, schnell,
barsch, freundlich usw. Wo? — Mit wem? — Wann nicht sprechen?
Was tun wir des Morgens, ehe der Unterricht beginnt? Singen.
Womit singen wir? Sprecht: Mit dem Munde können wir singen.
Wie? — Wo? — Wozu? — Was? —
Zum Atmen gebrauchen wir hauptsächlich die Nase. Wir können
aber auch Luft in unsere Brust ziehen (atmen), wenn wir unsere Nase
zuhalten. Wodurch? Mund. Sprecht: Mit dem Munde können
wir atmen. Wann atmen wir besonders durch den Mund? Beim
schnellen Laufen, wenn die Nase verstopft ist usw.
Ebenso: Mit dem Munde können wir küssen. Wen? Wen
man lieb hat. (Mutter das Aind. Bruder die Schwester usw.) Wann?
Beim Wiedersehen. (Nach Reisen. Am Morgen.) Beim Abschiede.
(Reise. Beim Bettgange.)
Zusammenfassung: Mit dem Munde können wir essen, trinken,
sprechen, singen, atmen, küssen usw. (Wer weiß noch etwas? Pfeifen,
blasen, saugen.)
IV. Verschen. Wir haben jetzt schon viele Teile des Gesichtes
besprochen. Welche? — Welchen Teil des Gesichtes haben wir heute
besprochen? Mund. Was haben wir also auch? Hat der kleine Otto
auch einen Mund? Sprich: Ich habe auch einen Mund. Sprich das
jetzt so:
Einen Mund, einen Mund Hab ich auch.
Du! — Du! — Alle! — Wozu brauchen wir unseren Mund?
Zum Essen, Trinken, Sprechen usw. Dazu dürft, dazu müßt ihr ihn
alle Tage gebrauchen. Wozu dürft (müßt) ihr ihn alle Tage ge-
brauchen? —- Wozu soll man den Mund aber nicht gebrauchen? Zum
Lügen, Fluchen, Schimpfen. Wer lügt, flucht, schimpft, der macht
keinen guten Gebrauch von seinem Munde. Wer macht keinen guten
Gebrauch von seinem Munde? — Was für einen Gebrauch willst
du nur von deinem Munde machen? — Was darfst du dann nicht
tun? — Was darfst du aber tun? — Was für einen Gebrauch
weißt du also von deinem Munde zu machen? — Sprecht oarum:-
Einen ÜÖJurtb, einen Mund Hab ich auch,
Davon weih ich gar guten Gebrauch.
Im Walde wachsen so viele Blumen, fliegen so viele Vögel und
kriechen so viele Reifer, daß wir sie gar nicht alle zählen können. Und
könnt ihr von allen Blumen, von allen Vögeln, von allen Käfern usw.
mir die Namen nennen? Es gibt viele, viele Dinge, die ihr noch
nicht kennt. Wenn ihr nun etwas seht, was ihr noch nicht kennt,
was tut ihr dann? — Vorhin brachte mir der kleine Wilhelm einen
Hirschkäfer und fragte mich. Bei vielen Dingen fragt ihr: Was ist
das? Bei anderen: Wer hat das gemacht? Wieder bei anderen:
Wozu dient das? usw. Was könnt ihr also mit dem Munde tun,.
— 357 —
wenn ihr etwas nicht wißt? Wir können mit dem Munde fragen.
Wir können nach vielen Dingen fragen. Sprecht darum:
Einen Mund, einen Mund Hab ich auch,
Davon weiß ich gar guten Gebrauch,
Kann nach so vielen Dingen fragen.
Wenn ich euch frage, dann denkt ihr erst nach und sagt mir als-
dann, was ihr gedacht habt, — sagt mir eure Gedanken. Was könnt
ihr mir sagen? — Sprecht: Wir können dem Lehrer unsere Gedanken
sagen. Wenn heute nachmittag die Schule aus ist, dann denken meine
Kleinen an das Butterbrot und an den Kaffee. Ihr geht schnell nach
Hause und sagt der Mutter eure liebsten Gedanken. Was sagt Karl?
— Wilhelm? Was könnt ihr eurer Mutter also auch sagen? Sprecht:
Wir können der Mutter unsere Gedanken sagen. Ihr könnt auch dem
Vater eure Gedanken sagen. Wem auch? — Wiederholung:
Einen Mund, einen Mund Hab ich auch,
Davon weiß ich gar guten Gebrauch,
Kann nach so vielen Dingen fragen,
Kann alle meine Gedanken sagen.
Was tut ihr mit dem Munde, wenn ihr recht vergnügt seid?
Sprecht: Mit dem Munde kann man lachen. Was tun wir mit dem
Munde des Morgens^ ehe wir anfangen zu lernen? Sprecht: Mit
dem Munde kann man singen. Zusammenfassung: Mit dem Munde
kann man lachen und singen.
Was tun wir des Morgens, wenn wir'gesungen haben? Beten.
Wann betest du zu Hause? Sprecht: Mit dem Munde kann man
beten. Zu wem beten wir?
Was tue ich, wenn meine Kleinen recht geschickt gewesen sind und
ihre Sache brav gemacht haben? — Was tue ich mit den kleinen
Faulenzern? — Den lieben Gott müssen wir auch loben, weil er uns
so lieb hat und uns soviel Gutes gibt. Weshalb loben wir den lieben
Gott am Morgen? — Des Mittags? Was können wir mit dem
Munde also auch tun? — Sprecht: Mit dem Munde kann man den
lieben Gott loben. Zusammenfassung: Mit dem Munde kann man
beten und den lieben Gott loben. Das wollen wir jetzt so sprechen:
Mit dem Munde kann man beten und loben — den lieben Gott im
Himmel droben. Wiederholung:
Einen Mund, einen Mund Hab ich auch,
Davon weiß ich gar guten Gebrauch,
Kann nach so vielen Dingen fragen, ° >
Kann alle meine Gedanken sagen,
Kann lachen und singen, kann beten und loben
Den lieben Gott im Himmel droben.
Zugaben:
1. Kinderreim.
O Jammer, o je! Mein Zahn tut mir weh!
Juchhe und juchhei, jetzt ist es vorbei.
— 358 —
2. Sprüche
Wer lügt, der stiehlt.
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht
Und wenn er gleich die Wahrheit spricht.
Halte, was dein Mund verspricht!
Rede wahr und lüge nicht.
Rede wenig, rede wahr,
Vieles Reden bringt Gefahr.
Ein junger Lügner, ein alter Dieb;
Drum Kind, behalt die Wahrheit lieb!
Die Wahrheit rede stets
Und wag' es nie, zu lügen;
Du kannst die Menschen zwar,
Doch niemals Gott betrügen.
6. Die Hand.
I. Standort. Wo befinden sich (sitzen) deine Hände? Sprecht:
Die Hände sitzen am Unterarm.
II. Zahl. Zeige mir deine Hände! Wieviel Hände hast du?
Zwei. Wieviel Hände haben alle (gesunden) Mensckien? -— An
welchem Arme sitzt diese Hand? — Wie nennen wir sie deshalb? An
welchem Arme sitzt aber diese? — Wie nennen wir sie? Zusammen-
fassung: Wir haben zwei Hände, eine linke und eine rechte Hand.
III. Teile. Ihr sollt jetzt die Teile der Hand kennen lernen. Ich
will sie euch nennen. Das ist die Handfläche (Handteller). Erfragen!
— Dies ist der Handrücken. Was habe ich gesagt? Zeigt und sprecht:
Das ist der Handrücken. Diese Teile der Hand kennt ihr alle. Wie
heißen sie? Finger. Wieviel Finger sind an jeder Hand? Fünf. Zeige
die Handfläche! Was ist das? Handrücken. Zeige die fünf Finger!
— Welche Teile hat also die Hand? Sprecht: Die Teile der Hand
sind: Die Handfläche, der Handrücken und die fünf Finger.
1. Die Finger. Wieviel Finger sind an jeder Hand? — Wie-
viel Finger hast du an beiden Händen? — Wieviel Finger hat
jeder Mensch? —
Nenne die Namen der fünf Finger! — Zeigt und sprecht: Das
ist der Daumen. Das ist der Zeigesinger. Das ist der Mittelfinger.
Das ist der Ring- oder Goldfinger. Das ist der kleine Finger.
Warum heißt dieser Finger Zeigefinger? Weil man damit zeigt.
Wo hast du so eine zeigende Hand abgebildet gesehen? Wegweiser.
Warum heißt dieser Finger Mittelfinger? Weil er in der Mitte
steht. Warum heißt dieser Finger Ringfinger? — Wie ist der fünfte
Finger im Vergleich zu den anderen Fingern? Klein. Wie nennt
man ihn deshalb auch? — Welches ist der größte? — (S. erste
Lektion in Kap. I.)
Welche Finger stehen ordentlich nebeneinander? Welcher Finger
steht mit ihnen nicht in einer geraden Reihe? Daumen. Er steht den
— 359 —
übrigen Fingern gerade gegenüber. Sprecht: Der Daumen steht den
übrigen Fingern gegenüber. Was kann deshalb der Daumen mit
den anderen Fingern bilden (vormachen)? Zange. Probiert einmal!
Ohne welchen Finger kann man keine Zange bilden? — Warum
nicht? — .
Macht einmal die Finger krumm! Wieviel -teile hat jeder
Finger (mit Ausnahme des Daumens)? Drei. Die Teile des Fingers
nennt man Glieder. Wieviel Glieder hat der Daumen? Wieviel
Glieder hat jeder der übrigen Finger? Sprecht: Der Daumen hat
zwei Glieder, jeder der übrigen Finger hat aber drei Glieder.
Wie sind die Glieder (der Lehrer bewegt sie)? Beweglich. Was
muß also zwischen den Gliedern der Finger sein? Gelenke. Wie
wären die Finger ohne Gelenke? Steif. Wir wollen das in einem
Verschen sagen; sprecht:
Ich habe an jeder Hand fünf Finger,
Das sind zehn kleine, munt're Dinger,
Die kann ich machen krumm nnd grad',
Weil jeder sein Gelenke hat.
Wie nennt man den vordersten Teil jedes Fingers? Spitze.
Was seht ihr auf der Oberseite einer jeden Fingerspitze? Nagel.
Woraus besteht der Nagel? Horn. Die Nägel wachsen beständig nach.
Was muß deshalb von Zeit zu Zeit geschehen? — Schneiden wir
die Nägel zu kurz, dann können wir nicht gut greifen und fassen. Was
verursacht uns das Greifen und Fassen an den Fingerspitzen? —
Wann schmerzen die Fingerspitzen nicht mehr? Wenn die Nägel
wieder länger geworden sind. Dann beschützen die Nägel die Finger-
spitzen. Sprecht: Die Nägel beschützen die Fingerspitzen. (Mit den
Nägeln nicht kratzen.)
IV. Verrichtungen. Wir wollen nun sehen, was der Mensch mit
der Hand verrichten kann. Wenn man dem Armen eine Gabe gibt,
dann öffnet dieser die Hand. Die Hand kann man öffnen. Wenn
der Arme die Gabe empfangen hat, schließt er sie. Die Hand kann
man schließen. Zusammenfassung: Die Hand kann man öffnen und
schlichen.
Was hält der Kutscher beim Fahren in der Hand? Was hältst
du beim Schreiben mit der Hand? — Was halten die Knaben, wenn
sie einen Drachen steigen lassen? Was kann man also mit der Hand?
Sprecht: Mit der Hand kann man halten.
Was tut der Bäcker mit dem Brote, wenn er es backen will? —
Was tust du, wenn du siehst, daß ein Kind den Wagen nicht ziehen
kann? — Was schiebt man oft beim Schlittschuh laufen? Was kann
man also mit der Hand? Sprecht: Mit der Hand kann man schieben.
Was macht man mit der Uhr, wenn sie abgelaufen ist? — Was
Zieht der Jäger auf, wenn er schießen will? — Was tust du mit der
Hand, wenn du mit deinem Wagen fährst? — Was kann man also
mit der Hand? — Zusammenfassung: Mit der Hand kann man
schieben und ziehen.
360
Was mutzt du tun, um das Wasser aus einem Schwämme zu
bringen? — Was kann man also mit der Hand? Sprecht: Mit der
Hand kann man drücken.
Was tust du beim Ballspiele mit der Hand? Ich werfe mit der
Hand. Was wolltest du sagen? Ich fange mit den Händen. Was
kann man demnach auch mit der Hand tun? Sprecht: Man kann
mit der Hand werfen und fangen.
Was tut der Buchbinder, wenn er im Papier eine Falte bemerkt?
Er streicht das Papier glatt. Was streicht dir die Mutter, wenn du
nachmittags hungrig aus der Schule kommst? — Wie sagt man aber
dann, wenn die Mutter dem guten Kindchen sanft über die Backen
streicht? Sie streichelt das Kind. Wen streichelst du oft? Hund, Katze.
Was kann man folglich auch mit der Hand tun? Sprecht: Man kann
mit der Hand streichen und streicheln.
Wenn es kalt ist, so reiben wir die Hände, um sie zu erwärmen.
Sprecht: Die Hände können wir reiben.
Wie hält man die Hände beim Beten? — Die Hände kann
man falten.
Was für eine Handbewegung macht man, wenn man jemand zu
sich ruft? Mit der Hand kann man winken.
Was tust du, wenn du aus deines Vaters Garten die Vögel ver-
scheuchen willst? Mit den Händen kann man klatschen.
Wiederholung! — Die Tätigkeiten können leicht vermehrt wer-
den. Wer weiß noch etwas, was wir mit den Händen tun können?
Waschen, anziehen, stricken, schreiben, malen, sticken, kämmen usw.
Jetzt wollen wir noch lernen, was wir mit unseren Händen nicht
tun dürfen.
Der kleine Erich sieht in des Nachbars Garten viele prächtige
Äpfel liegen, und weil er keinen Menschen in der Nähe erblickt, kriecht
er durch die Hecke in den Garten und steckt die besten Äpfel in seine
Tasche. Dann eilt er schnell nach Hause und verzehrt die Äpfel. Wem
gehörten die Äpfel? — Wem nicht? — Was hätte der kleine Erich
nicht tun dürfen? — Warum nicht? — Wie sagt man von dem,
der etwas nimmt, was andern Leuten gehört? Er stiehlt. Was tust
du, wenn du aus deines Nachbars Etui heimlich einen Griffel
nimmst? Was sollen wir aber nicht mit unseren Händen tun?
Sprecht: Wir sollen mit unseren Händen nicht stehlen.
Ich habe schon oft gesehen, daß kleine Kinder mit Kreide oder
Kohle auf den Wänden der Häuser malen und schreiben. Wie sehen
dann solche Wände aus? Schlecht. An was für Häusern ist es am
auffälligsten? An neuen Häusern. Wenn fremde Leute neue Häuser
so bemalt sehen, dann werden sie sagen: O, was gibt es hier für
garstige Kinder! Was werden sie sagen? — Weißt du, was ein
Verschen von solchen Händen sagt?
Narrenhände
Beschmieren Tisch und Wände.
— 361 —
Ihr sollt nur auf der Tafel schreiben. Was sollt ihr aber nicht
bemalen? Sprecht: Wir sollen die Wände nicht bemalen. Wie
sind die Kinder, die das tun? — Ja, die sind sehr, sehr unartig.
Wie roillst du aber immer sein? — Was tust du dann mit deinen
Händen nicht? — (Ferner: Keine Tiere quälen!)
Wir gehen im Finstern in die Stube, mix greifen etwas an, be-
tasten es und merken sogleich, daß es ein Stuhl, ein Ofen usw. ist.
Woher wissen wir das? Wir fühlen es. Was gebrauchen wir zum
Fühlen oder Betasten der Dinge meistens? Sprecht: Wir fühlen mit
den Händen, besonders mit den Fingerspitzen. Was tut ihr, wenn
ihr wissen wollt, ob das Tuch fein oder grob ist? Ob der Ofen warm
oder kalt ist? — Wir fühlen das Harte und Weiche, das Warme
und Kalte usw. Aber nicht allein mit den Händen, auch mit anderen
Teilen des Körpers können wir fühlen; Beispiele! Sprecht daher:
Wir fühlen am ganzen Körper, am meisten aber mit den Händen,
besonders mit den Fingerspitzen. Fühlt ihr auch an den Haaren? —
An den Nägeln? — Wer fühlt den Kranken den Puls? —
V. Verschen. Wollt ihr jetzt auch noch ein kleines Verschen
lernen? Habt ihr mir auch alle eure Hände mitgebracht? Wieviel
Hände hast du? — Der Lehrer reckt eine Hand nach der andern aus,
indem er spricht: Hier eine Hand — und da eine Hand. Die Kinder
ahmen es mitsprechend dem Lehrer einzeln und im Chor nach. (Der
Lehrer hebt die rechte Hand in die Höhe:) Wie nennst du diese Hand?
— Und wie nennst du diese Hand? — Lernt:
Hier eine Hand und da eine Hand,
Die rechte und linke sind sie genannt.
Reckt die Finger an der rechten Hand auseinander und zählt sie!
Wieviel Finger sind an der rechten Hand? An der linken Hand?
Wieviel Finger haben wir also an jeder Hand? — Nun sprecht so:
Fünf Finger an jeder.
Der Lehrer öffnet und schließt die Hand vor, und es wird nach-
gesprochen: Ich kann mit den Fingern greifen und fassen. Was kann
ich mit den Fingern? Lernt:
„Fünf Finger an jeder, die greifen und fassen."
Wiederholung: Hier eine Hand (erheben der rechten) und da
eine Hand (linke), abermals: Die rechte — (erhoben) und linke —
(erhoben) sind sie genannt; fünf Finger (ausgereckt) an jeder, die
greifen (vormachen) und fassen (ebenfalls).
Doch meine Kleinen spielen noch am liebsten mit den Fingern.
Was spielen die Knaben mit den Fingern oder Händen? Sätze! Bei
welchen Spielen brauchen die Mädchen die Hände? Sätze! Sprecht:
„Jetzt will ich sie nur noch spielen lassen."
Wo habt ihr schon ein wenig arbeiten gelernt? Schule. Wer
arbeitet aber mit seinen Händen alle Tage? Was arbeitet dein
Vater mit den Händen? ■—- Dein? — Der kleine Erich soll uns
- 362
sagen, was seine Mutter mit den Händen arbeitet usw. Wenn ihr
nun groß seid, was wollt ihr dann auch mit euren Händen tun?
Kannst du schon arbeiten, was dein Vater und deine Mutter ar-
beiten? — Warum nicht? — Wann kannst du auch so, wie dein
Vater, arbeiten? Wenn ich groß bin. Dann hast du es gelernt. Was
lernst du, wenn du groß bist? •— Was tust du dann nicht mehr mit
deinen Händen? — Was willst du deinem Vater arbeiten helfen? —
Und was willst du dann der Mutter arbeiten? — Welche Kinder
arbeiten nicht gerne? — Welche Kinder arbeiten gerne? Zu welchen
Kindern willst du gehören? Wie müssen dann deine Hände arbeiten?
Gerne. Wann können sie das aber erst? Sprecht darum:
„Denn wenn ich erst groß bin und was lerne,
Dann arbeiten sie alle auch gar gerne." (2B. Hey.)
Wiederholung!
Zugaben:
1. Fingerspiele.
Das ist die Großmama.
Das ist der Großpapa.
Das ist der Vater mein.
Das ist lieb Mütterlein,
Das ist's kleine Kindchen ja,
Seht die ganze Familie da!
Der war in den Busch gegangen.
Der hat ein Häschen gefangen.
Der hat es heimgebracht.
Der hat es gebraten.
Und der hat's der Mutter verraten.
Der ist ins Wasser gefallen.
Der hat ihn 'rausgeholt,
Der hat ihn ins Bett gesteckt,
Der hat ihn warm zugedeckt,
Und der kleine Schlingel
hat ihn wieder aufgeweckt.
ci.
Der heißt Daumen,
Der ißt gern Pflaumen,
Der sagt: Wo nehmen?
Der sagt: Stehlen!
Und der Allerkleinste sagt:
,,Wenn ich noch so klein war',
Tat' ich doch nicht stehlen."
(Siehe auch Band I Seite 16.
(Rachholz,)
2. Seid verträglich.
Das Goldfingerchen hatte einen Ring angezogen mit Edelsteinen und Perlen,
die glänzten wie der Sonnenschein auf dem Wasser. Da wurde das Goldfingerchen
hochmütig und wollte nicht mehr mit den anderen gehen und sagte: „Ich
bin besser als ihr anderen alle." Als das die übrigen Finger hörten, wurden sie
zornig, und der Daumen sprach: „Willst du nicht mehr mit uns gehen, so wollen
wir auch nicht mit dir gehen und dir gar nichts mehr helfen." Und so blieben
sie drei Tage unwillig gegeneinander. Da wollte das Goldfingerchen ein
Blümchen flücken; aber der Daumen sprach: „Ich helfe dir nicht, weil du so
hochmütig bist," und es mußte die Blume stehen lassen. Hernach wollte es eine
Kirsche vom Bäumchen brechen,' aber die anderen wollten nicht helfen, weil
es so hochmütig war, und es mußte die Kirsche hängen lassen. Darauf wollte
es ein Strümpfchen stricken; allein die andern wollten nicht helfen, weil es
so hochmütig war, und es konnte nicht stricken und mußte die Stricknadeln fallen
lassen. Da sah es, daß es nichts machen konnte ohne die andern, und es war
ihm leid, daß es so hochmütig gegen seine Geschwister gewesen war. Und
es weinte laut und bat sie um Verzeihung. Als sie das sahen, da wurden sie
ihm gut und halfen ihm wieder, und die Finger wurden nun niemals wieder
uneinig. (Curtman.)
Dreizehntes Kapitel.
Heimatskunde im III. Schuljahr.*)
1. Heimat und Fremde.
In Welchem Orte bist du geboren, N.? In Braunschweig. Du?
— Du? — Deshalb ist Braunschweig euer Geburtsort. Weshalb
nennst du V. deinen Geburtsort? — Nenne deinen Geburtsort, F.!
Mein Geburtsort heißt W. Weshalb nennst du W. deinen Geburts-
ort? —
Ihr alle, auch die, die ihr nicht in B. geboren seid, wohnt jetzt
in Braunschweig. Was ist B. für dich, weil du darin wohnst?
Wohnort. Was ist B. auch für dich? — Warum? — Was auch
für dich? — Für uns alle? — Sprecht: Braunschweig ist unser
Wohnort.
Nenne deinen Geburtsort! Wolfenbüttel. Deinen Wohnort!
Braunschweig. Du wohnst also nicht in dem Orte, in welchem du ge-
boren bist. Das ist aber nicht bei allen Menschen so. Wie heißt
dein Geburtsort? Braunschweig. Dein Wohnort? Auch B. Dein
Geburtsort ist zugleich auch dein Wohnort. Wer von euch wohnt
in seinem Geburtsorte? Wer nicht? — Ihr seht, die meisten Binder
wohnen in dem Orte, in welchem sie geboren sind.
Merkt euch: Wo wir geboren sind, wo unsere Eltern wohnen,
wo wir aufwachsen und erzogen werden (also unsere Kinderzeit ver-
leben), da stammen wir her, da sind wir zu Hause oder daheim, da
ist unsere Heimat. Wo bist du geboren usw.? Was ist B. deshalb
für dich? — Sprecht deshalb: Braunschweig ist unsere Heimat oder
unser Heimatsort. Weshalb nennst du B. deine Heimat (deinen
Heimatsort)? —
Welchen Namen mußt du der Stadt V. geben, wenn du damit
sagen willst, daß auch dein Vater da wohnt? Vaterstadt.**) (Ist
unser Heimatsort ein Dorf, so nennen wir es Heimatsdorf.)
*) Wir geben hier keine vollständige Heimatskunde, sondern bieten Haupt-
sächlich die Lektionen, welche es mit der Einführung in das Kartenverständnis
zu tun haben.
**) Man kann hier auch noch einen Schritt weiter gehen und den Kindern
die Ausdrücke: Heimatsland, Vaterland, Landsmann und Braunschweiger (Be-
nennung nach dem Heimatsorte und nach dem Heimatslande) geben.
- 364 —
Wo's Dörflein dort zu Ende geht,
Wo's Mühlenrad am Bach sich dreht,
Da steht im duft'gen Blütenstrausz
Ein Hüttlein klein: mein Vaterhaus.
Da schlagen mir zwei Herzen drin
Voll Liebe und voll treuem Sinn,
Mein Vater und die Mutter mein,
Das sind die Herzen fromm und rein.
Ihr wohnt in dem Hause, worin auch euer Vater wohnt.
Wem gehört dieses Haus? — Wie nennst du es, wenn es deinem
Vater gehört? Vaterhaus. N., deine Eltern haben kein eigenes
Haus. Wie nennen wir aber trotzdem das Haus, in welchem ihr
mit Vater und Mutter zusammen wohnt? Das Haus, in dem wir
mit Vater und Mutter zusammen wohnen, ist unser Vaterhaus.
Vater und Mutter sind eure Eltern. Wie nennt ihr daher das
Haus auch noch, wo sie wohnen? Elternhaus. Im Vaterhaus
(Elternhaus) ist man am liebsten; warum? •— Hört, was ein
Wanderbursch, der aus der Ferne wieder heimkehrt, von seinem
Vaterhause sagt:
Darin noch meine Wiege steht,
Darin lernt' ich mein erst' Gebet;
Darin fand Spiel und Lust stets Raum
Darin träumt ich den ersten Traum.
Drum tauscht'ich für das schönste Schloß,
Wär's felsenfest und riesengroß,
Mein liebes Hüttlein doch nicht aus,
Denn's gibt ja nur ein Vaterhaus.
(F. Wiedemann.)
Du, N., hast die Osterferien nicht hier in B. verlebt. Wo bist
du gewesen? — Wen hast du da besucht? — Wer hat auch schon
eine Reise gemacht? — Wo bist du gewesen? — Wie lange?
Hat's euch da gefallen, wo ihr gewesen seid? Weshalb? Eure
Verwandten haben euch gehegt und gepflegt, ihr habt dort viel
Schönes und Herrliches gesehen. Aber nach einiger Zeit wurdet ihr
doch traurig, besonders abends, wenn ihr allein in eurem Kämmer-
lein wäret. An wen dachtet ihr dann immer? Eltern. Und welcher
Wunsch wurde in euch rege? — Ihr hattet Sehnsucht nach Vater
und Mutter. Diese Sehnsucht machte euch ordentlich krank, ihr
fühltet Schmerz und Weh im Herzen. Wie nennt man dieses Weh,
diese Sehnsucht nach der Heimat? Heimweh. Wie lange hielt das
Heimweh bei euch an? — Schon auf dem Wege zur Bahn wurde
euch ganz leicht ums Herz. Wann war das Heimweh ganz ver-
schwunden? — Als ihr dann in eurem trauten Stübchen sähet, sagtet
ihr zu euren Eltern: „Ja, schön war es bei Onkel und Tante, aber
hier bei euch ist's doch tausendmal schöner." Welcher Ort ist euch
also auf der ganzen Erde der liebste? •— Und weshalb habt ihr euren
Heimatsort (eure Heimat) so lieb? Hier wohnen unsere Eltern,
Brüder, Schwestern, Freunde, Bekannte, Verwandte. Hier kennen
wir alle Straßen und Gassen, alle Plätze und Wege und können uns
nicht verirren. Ich will noch hinzufügen: Hier habt ihr die Felder
und Wälder durchstreift, die Täler durchwandert und die Berge er-
stiegen; hier sind die Nachbarskinder fast wie eure Geschwister, die
Nachbarn fast wie eure Eltern; hier ruft man euch so traut bei eurem
Taufnamen, hier sorgt man sich um euer Wohl, hütet euch vor Ge-
fahren, freut sich mit euch, hat Mitleid mit euren Schmerzen usw.
Wie lieb ist mir dies Örtchen,
Wie freue ich mich sein!
Wenn ich von ferne stehe
— 365 —
Welches Gefühl habt ihr deshalb gegen eure Heimat? Sprecht-
Wir haben unseren Heimatsort lieb. Ja, wir haben unseren Hei-
matsort lieb, lieber als irgendeinen anderen Ort, und sei er noch
so schön:
Ich lieb das schöne Ortchen,
Wo ich geboren bin;
Hier blüht mein junges Leben, .
Von Lieben rings umgeben, j Und seine Häuser sehe,
In immer heiter'm Sinn. ! Entzückt nenn' ich's dann mein.
O, guter Vater droben,
Beschütz' den Heimatsort
Und segne ihn mit Frieden!
Viel Gutes sei beschieden
Der Heimat fort und fort! (v.Kamp.)
Ihr könnt aber, liebe Binder, nicht immer in eurer Heimat
bleiben. Weshalb müssen manche Kinder ihren Heimatsort verlassen?'
Der Knabe muß vielleicht in einem anderen Orte die Schule besuchen
oder ein Handwerk lernen, oder, wenn er größer geworden ist, auf die
Wanderschaft gehen oder Soldat werden. Das Mädchen muß in
anderen Familien lernen, die Haushaltung führen usw. Dann kommt
ihr wohl nach einem Orte, in welchem euch niemand kennt, und in
dem ihr niemand kennt: ihr seid da fremd, — in der Fremde.
Welches Wort werden wir also dem Worte Heimat entgegenstellen
müssen? Die Fremde. In der Fremde ist alles anders als in der
Heimat. Wen vermissen wir in der Fremde vor allen Dingen?
Eltern. Wen sonst noch? Geschwister, Verwandte, Freunde. Welchen
Wunsch haben wir nun wohl? — So oft wir können, besuchen
wir deshalb unsere Heimatstadt.
Manche Menschen verlassen ihre Heimat und ziehen weit fort,
wohl gar in ferne Länder oder weithin übers Meer. Wohin? Eng-
land, Amerika usw. Wer kennt eine Familie, die nach England ge-
zogen ist? — Wie nennt man dieses Fortziehen in ein fremdes
Land? Auswandern. Nach welchem Lande wandern sehr viele Leute
aus? — Sie wollen sich dort eine neue Heimat gründen,' die ver-
lassene bleibt aber ihre alte Heimat. Solange sie nicht einen festen
Wohnsitz wieder gewonnen haben, sind sie heimatslos und entbehren
das Gute und Schöne, das jede Heimat bietet. Was z. B.? Schule,
Kirche, Ordnung, Sicherheit, Freunde usw. Welche Leute sind
längere oder kürzere Zeit heimatlos? Auswanderer, Reisende, Hand-
werksburschen, Flüchtlinge.
Geht es dem Menschen in der Fremde recht schlecht, dann ge-
denkt er mit Tränen in den Augen jener glücklichen, wonnigen Zeit,
die er in seiner Jugend in der Heimatstadt verlebte. Selbst dann,
wenn schon Vater und Mutter gestorben sind, zieht es ihn doch noch
oft sehnsuchtsvoll nach der lieben Heimatstadt zurück. Auch euch
wird es so gehen. Auch ihr werdet Heimweh empfinden, auch ihr
werdet diese gute Stadt lieben bis ins hohe Alter. Schämet euch nie
dieser treuen Anhänglichkeit, Liebe und Dankbarkeit!
— 366 —
Es ist nun nötig, daß wir unsere Heimat gründlich kennen
lernen. Ein verständiger Mann hat einmal recht wahr gesprochen:
,,Es ist eine Schande in seiner Heimat ein Fremdling zu sein!" Das
lasset nicht von euch gelten! Was wollen wir von jetzt an in diesen
Stunden kennen lernen? — Wie heißt deshalb diese Stunde auf
unserem Stundenplane? Heimatstunde. Wenn wir unsere Heimat
kennen lernen, so nennen wir das Heimatskunde.
Zugaben:
1. Das Vaterhaus.
So weit sich dehnt des Himmels Zelt i O schirme Gott dein liebes Dach
Ob allen Landen aus, ; Mit seiner Engel Schar!
Nichts Schönres weiß ich auf der Welt O schütze er vor Ungemach
Als dich, mein Vaterhaus! Dich, teures Elternpaar!
Stets bangt mein Herz nach dir zurück,
Zieh' ich zur Welt hinaus,
O Heimatsherd, o Kindheitsglück,
O teures Vaterhaus! (Julius Lohmeyer.)
2. Des Kindes Heimat.
Du lieber Mann, wo gehst du hin an deinem Wanderstabe?
„Ich will in meine Heimat ziehn, ins Vaterland, mein Knabe!"
Ins Vaterhaus! Ins Vaterhaus! Wo deine Eltern weilen?
„Ja, ja, dort geht mein Weg hinaus! Zu ihnen will ich eilen!" —
Das also ist die Heimat dein? So bin ich schon in meiner.
„Ja, ja, im Elternhaus allein ist deine Heimat, Kleiner!" (K. Enslin.)
Gesang:
Nun ade, du mein lieb' Heimatland.
2. Der Horizont.
Wo befinden wir uns jetzt? In der Schulstube. Was seht ihr
hier in der Schulstube über euch? Decke. Was habt ihr unter euren
Füßen? Fußboden. Was haben wir über uns, wenn wir uns im
Freien befinden? Himmel. Was haben wir im Freien unter uns?
Erde. —
Unsere Stubendecke ist überall, in der Mitte, an der rechten und
linken Seite, gleich hoch, sie ist flach. Wer von euch ist schon in
einem Keller gewesen? — Die Kellerdecke ist nicht flach wie unsere
Stubendecke. Wie ist sie vielmehr? Rund. Wir sagen: Die Keller-
decke ist gewölbt. Was sagen wir von der Kellerdecke? — In
welchem Gebäude ist die Decke auch meistens gewölbt? Kirche. Wo
sieht man auch oft ein Gewölbe? — Wenn ihr nun den Himmel
anseht, — was könnt ihr von ihm auch sagen? Der Himmel ist
auch gewölbt. Wie ist er nicht? Nicht flach. Wie nennt man das Ge-
wölbe des Kellers? Kellergewölbe. Wie werden wir das Gewölbe
nennen, welches der Himmel bildet? Himmelsgewölbe. Was haben
wir also im Freien über uns? —
— 367 —
Ganz anders sieht die Erde rings um uns her aus. Was für
eine Richtung hat die Erde? Wagerechte Richtung. Nennt einige
Gegenstände, mit denen die Erde Ähnlichkeit hat!^ Rad, Teller,
Scheibe. Mit einer runden, wagerecht liegenden Scheibe hat die
Erde wohl die größte Ähnlichkeit. Wie können wir sie darum wohl
nennen? Erdscheibe.
Wenn wir im Freien stehen, dann sehen wir den Himmel aber
nicht allein über uns; wo ist er auch zu sehen? Vor uns, hinter
uns, •— um uns. Wie weit reicht er herunter? Bis auf die Erde
(Erdscheibe). Es sieht aus, als ob das Himmelsgewölbe, auf der
Erde steht. Da kann man also den Himmel mit den Händen fassen?
— Nein. Das kleine Mädchen in der Geschichte von den „Stern-
talern" meinte es aber. Es lief und lief, und als es an jenen Punkt
kam. da war der Himmel noch ebenso weit weg. Uns ging das
auch so, als wir einmal nach £. waren. Als wir zurücksahen, schien
es, als ob der Himmel bei Braunschweig auf der Erde ruhte. Wovon
haben wir uns aber überzeugt, als wir zurückkamen? — Was
können wir also vom Himmelsgewölbe nicht sagen? Daß es auf der
Erde steht. Es sieht nur so aus, es scheint nur so. Wir sagen des-
halb: Das Himmelsgewölbe scheint aus der Erde zu stehen. Sprecht
das zusammen! —
Ich stelle diese Glasglocke auf einen fachen Teller. Was stellt
dann die Glasglocke dar? Das Himmelsgewölbe. Was stellt der
Teller dar? Die Erdscheibe. Was bildet der Rand der Glasglocke?
Einen Kreis. Wenn wir nun da, wo der Himmel auf der Erde zu
stehen scheint, rundum eine Linie ziehen könnten, was für eine Linie
würde dadurch auch entstehen? Eine Kreislinie. Und zwar eine sehr,
sehr große Kreislinie. Was liegt innerhalb dieses Kreises? Städte,
Dörfer, Felder, Wälder, Berge usw. Womit können wir alle diese
Gegenstände in diesem großen Kreise wahrnehmen? Mit den Augen.
Wie weit reicht aber unser Gesicht nur? Bis an den Kreis. Was
außerhalb dieses Kreises liegt, können wir nicht sehen. Nenne einen
Ort, den du von hier aus nicht sehen kannst, der aber doch nicht
sehr weit von hier liegt? — Weshalb kannst du ihn nicht sehen?
Dieser Ort (Berg) liegt außerhalb unseres Kreises. Wo nicht? •—
Wie nennen wir diesen großen Kreis, weil bis zu ihm unser Auge
oder Gesicht nur reicht? Gesichtskreis. Mit einem fremden Worte
nennt man den Gesichtskreis Horizont. Erfragen! Was scheint an
dem Horizont autzuhören? Der Himmel. Wo scheint auch die Erde
aufzuhören? An dem Horizonte. Was trifft scheinbar in dem Ho-
rizonte zusammen? Himmel und Erde.
Unser Gesichtskreis hat nicht immer dieselbe Größe. Bis zu
welchem Orte (Berge, Walde usw.) reicht unser Gesicht jetzt auf dieser
Seite? — Auf jener Seite? — Und dort? — Jetzt besteigen wir
diesen Berg. Kannst du jetzt auch nur noch bis nach N. usw. sehen.
— Wie weit reicht unser Gesicht jetzt? — Wir können jetzt bedeutend
weiter sehen, als vorhin. Wie ist dadurch unser Horizont also ge-
— 368
worden? Größer. Was wird mit dem Horizonte geschehen, wenn
wir noch höher, etwa auf einen Turm steigen? Er wird noch größer
werden. Wie wird also der Horizont, je höher wir steigen? Sprecht:
Je höher wir steigen, desto höher wird unser Horizont. Umae-
kehrt?
Wir stehen draußen und überblicken die Erdscheibe. Wie werden
wir den Punkt unter unseren Füßen nennen? Fußpunkt. Wie
Können wir diesen Punkt auch noch nennen, weil wir auf demselben
stehen? Standpunkt. Sprecht deshalb: Der Ort, aus dem wir
stehen, heißt Fußpunkt oder Standpunkt.
Nach allen Seiten hin scheint es von hier bis zum Horizonte
gleich weit zu sein. Wo auf der Erdscheibe befindet sich also unser
Standpunkt. In der Mitte. Sprecht: Unser Standpunkt liegt in
der Mitte der Erdscheibe.
Wo scheint das Himmelsgewölbe am höchsten zu sein? Über
unserem Kopfe. Wie heißt der obere Teil unseres Kopfes? Scheitel.
Der höchste Punkt des Himmelsgewölbes scheint also gerade über
unserem Scheitel zu liegen. Wie nennt man ihn deshalb? Scheitel-
punkt. Sprecht: Der höchste Punkt des Himmelsgewölbes heißt
Scheitelpunkt. Weshalb hat er diesen Namen erhalten? —
Rückblick! —
3. Die Himmelsgegenden.
I. Die Haupthimmelsgegenden. Die Sonne (Frühlingssonne)
guckt heute so hell und freundlich in unsere Schulstube, daß wir die
Fenstervorhänge herunterlassen mußten. Zeige, wo die Sonne jetzt
(zwischen 11 und 12 Uhr) steht! — Zeigt alle nach der Sonne! Wir
haben die Sonne nun schon seit mehreren Tagen beobachtet. Wo
stand die Sonne gestern um diese Zeit (um 12 Uhr) ? — Und vor-
gestern um diese Zeit? — Wann kann man die Sonne immer an
dieser Stelle sehen? — Merkt euch: Die Gegend, über der die
Sonne am Mittag steht, nennen wir Mittag oder Süden. Wie
nennen wir die Gegend, über der die Sonne am Mittag (um 12 Uhr)
steht? — Sprecht das zusammen! — Zeigt alle nach Süden!
Mittag oder Süden nennt man diese (zeigen!) Gegend des Himmels;
deshalb ist Süden (Mittag) eine Himmelsgegend. Was ist Süden?
Welcke Himmelsgegend habt ihr kennen gelernt?
Zeigt nach der Turnhalle! — Nach welcher Himmelsgegend zeigt
ihr da zugleich? Nach Süden. Wir sagen deshalb: Die Turnhalle
liegt von hier nach Süden. Wiederhole! — Dort erblicken wir den
Schornstein der Zuckerfabrik. Zeigt alle nach dem Schornsteine!
Nach welcher Himmelsgegend zeigt ihr auch jetzt wieder? Süden.
Nach welcher Himmelsgegend liegt also auch der Schornstein der
Zuckerfabrik? Nach Süden. Dort in der Ferne erblicken wir das
Dorf Rüningen. Nach welcher Himmelsgegend liegt es? Rüningen
liegt nach Süden.
— 369 —
Die Sonne sehen wir nur den Tag über am Himmel (voraus-
gesetzt, daß er wolkenfrei ist). Wann sehen rvir die Sonne nicht am
Himmel? Des Nachts. Wann erscheint sie erst wieder am Himmel
(oder über dem Horizonte)? Des Morgens. Wenn die Sonne über
dem Horizonte erscheint, so sagt man: Die Sonne geht auf. Wann
geht die Sonne auf? Des Morgens. Wer hat die Sonne heute auf-
gehen sehen? — Zeige die Gegend, in welcher die Sonne aufging!
Wo ging sie gestern morgen auf? — Und vorgestern? — Wo geht
die Sonne immer auf? — Merkt euch: Die Gegend des Himmels,
in welcher die Frühlingssonne ausgeht, nennen wir Morgen oder
Osten. Wie heitzt die Gegend, in der die Frühlingssonne aufgeht?
Osten. Sprecht das zusammen! Mit Osten bezeichnet man eben-
falls eine Gegend des Himmels. Was ist deshalb auch Osten? Eine
Himmelsgegend. Wieviel Himmelsgegenden haben wir jetzt kennen
gelernt? Zwei. Nenne sie! — Zeigt nach Süden! — Nach
Osten! —
Wenn ich von hier nach Osten schaue, so erblicke ich zwei hohe
Türme. Zu welcher Kirche gehören sie? Zur Martinikirche. Zeigt
alle nach der Martinikirche! Nach welcher Himmelsgegend liegt sie?
Nach Osten. Sprecht: Die Martinikirche liegt von unserer Schule
nach Osten. Weitere Übung.
Im Osten geht die Sonne auf, haben wir gesagt. Allmählich
steigt die Sonne höher und höher am Himmelsgewölbe, bis sie
oben steht und nicht höher kann. Zu welcher Zeit steht sie dort?
Des Mittags. Wie nennen wir diese Gegend des Himmels? Mittag
oder Süden. So langsam wie die Sonne sich erhob, senkt sie sich,
wenn Mittag gewesen, an jener Seite herab. Immer näher kommt
sie dem Horizonte, und endlich verschwindet sie unter demselben.
Wie sagt man, wenn die Sonne unter dem Horizonte verschwindet?
Sie geht unter. Wann geht die Sonne unter? Des Abends. Habt
ihr euch gestern die Gegend gemerkt, in der die Sonne unterging? —
Zeigt die Gegend! — Wo ging die Sonne vorgestern unter? — Wo
wird sie auch heute untergehen? — Richtig, in der Gegend (zeigen!)
geht die Sonne immer unter. Merkt euch: Die Gegend, in der die
Frühlingssonne untergeht, nennt man Abend oder Westen. Wie nennt
man die Gegend, in der die Frühlingssonne untergeht? — Sprecht
das zusammen! — Zeigt alle nach Westen! — Was ist auch Westen
wieder? Eine Himmelsgegend.
Zeigt nach dem Martinikirchhofe! Nach welcher Himmelsgegend
liegt er von unserer Schule aus? — Welcher Wald (oder Turm,
Berg usw.) liegt von unserer Schule nach Westen? —
Zeigt nach der Gegend des Horizonts, die Süden gerade gegen-
überliegt! - Welche Tageszeit ist dem Mittag entgegengesetzt?
Mitternacht. Mit welchem Worte wird man hiernach diese Him-
melsgegend bezeichnen? Mitternacht. Diese Gegend des Horizontes
Hecht Mitternacht oder Norden. Wiederhol?! Zeigt alle nach Norden!
Norden ist auch wieder eine Himmelsgegend. Wieviel Himmels-
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 24
— 370 —
gegenden haben toir nun kennen gelernt? Vier. Nenne die vier
Himmelsgegenden! -— Welche Himmelsgegend nennst du Norden?
— Welche Himmelsgegend nennst du Süden? — Osten? — Westen?
— Welche liegen einander gegenüber? —
Nach welcher Himmelsgegend liegt die Martinikirche? Nach
Osten. Statt: Die Martinikirche liegt von hier aus nach Osten
können wir auch noch sagen: Die Martinikirche liegt von hier aus
östlich. Wiederhole! •— Welches Gebäude liegt auch östlich von
unserer Schule? — Welches Dorf liegt östlich von Braunschweig? —
Was kann ich nun sagen statt: Die Turnhalle liegt von hier
aus nach Süden? Die Turnhalle liegt von hier aus südlich. In
welcher Richtung von unserer Schule aus liegt jener Schornstein?
Südlich. Welches Dorf liegt südlich von Braunschweig? —
Nach welcher Himmelsgegend liegt der Martinikirchhof von unse-
rer Schule aus? Nach Westen. Wie können wir noch dafür sagen?
— In welcher Richtung liegt der Raffturm von hier aus? West-
lich. Lehndorf? Auch westlich.
Welche Gebäude liegen von hier aus nach Norden? — Wie
können wir noch dafür sagen? — Welches Dorf liegt nördlich von
Vraunschweig?
Sinnübung: Zeige nach Norden und Süden zugleich (mit
beiden Händen)! — Nach Osten und Westen zugleich! — Nach welcher
Himmelsgegend ist euer Gesicht gerichtet? Nach Westen. Welche
Himmelsgegend habt ihr im Rücken? Osten. Welche zur rechten
Hand? Norden. Zur linken Hand? Süden. Nach welcher Himmels-
gegend sehe ich? — Erich, stelle dich hierhin und wende dein Gesicht
nach Osten! Nun zeige die anderen Himmelsgegenden und sprich:
Wenn ich nach Osten sehe, so ist hinter mir Westen, rechts Süden
und links Norden. Robert, wende dein Gesicht nach Süden! Sprich:
Wenn ich nach Süden sehe, so liegt hinter mir Norden usw. Wie
ist es aber, wenn du dich mit dem Gesichte nach Westen wendest?
Nach Norden? — Merkt euch die Lage der Himmelsgegenden in
dieser Stellung besonders genau! Gehe in der Schulstube nach N.!
Nach S.! Nach O.! Nach W.! Gehe fünf Schritte nach N.! und
hierauf vier nach W.! Nach welcher Richtung geht man, wenn man
die Schulstube betritt? — Wenn man die Schulstube verläßt? —
Wenn man aus der Bank geht? — Welche Mitschüler sitzen nördlich
vom A.? — Südlich vom 23.? — Östlich vom C. ? — Westlich vom
D.? — Stell dich n., s., ö., w. vom D.! — Vom E.! — Schaue,
zeige, gehe nach O., W., S., N.! — Wie sitzt 23. zu A.? A. zu B.?
Welche Schüler haben keine südlichen Nachbarn? — Welche
keine nördlichen Nachbarn? — F. soll sich um G. im Kreise bewegen
und immer die Richtung angeben, die er zu ihm einnimmt! — Nach
welcher Himmelsgegend liegt die Tür? — die Tafel? — die Heiz-
klappe? — Nach welcher Himmelsgegend liegen die Fenster?
Ich nenne einige Straßen unserer Stadt; ihr sollt sagen, wie sie
laufen. — Was für eine Richtung mußt du einschlagen, wenn du
— 371 —
vom Schulhause nach deinem Wohnhause gehen willst? — Umge-
kehrt? —
Die vier Haupthimmelsgegenden werden jetzt auf die wage-
recht liegende Schultafel gezeichnet. Ziehe vom Mittelpunkt
aus eine Linie nach Norden! — Ich schreibe an das Ende der Linie
ein N. Weshalb? Weil die Linie nach Norden zeigt. Ziehe vom
Mittelpunkte aus eine Linie nach Süden! Nach welcher Himmels-
gegend zeigt diese Linie? — Was soll ich an das Ende der Linie
schreiben? Ein S. Ebenso werden die beiden übrigen Linien ge-
zogen. Da seht ihr wieder, welche Himmelsgegenden einander gegen-
überliegen. Welche?
Ii. Die Nebenhimmelsgegenden. Zeigt nach dem (Schornsteine
der B.'schen Brauerei! Nach welcher Himmelsgegend liegt er von
hier aus? — Er liegt nicht nach Süden und auch nicht nach Westen,
sondern gerade zwischen beiden Himmelsgegenden. Merkt euch: Die
Himmelsgegend zwischen Süden und Westen heißt Südwest. Nach
welcher Himmelsgegend liegt also jener Schornstein? Nach Südwest.
Welches Dorf liegt von hier aus nach Südwest? — Wovon hat die
Himmelsgegend Südwest ihren Namen erhalten? Von den Himmels-
gegenden, zwischen denen sie liegt.
Zeige jetzt nach der Michaeliskirche! Nach welcher Himmels-
gegend liegt sie? — Nicht nach Süden und nicht nach Osten, sondern
gerade in der Mitte. Wie werden wir diese Himmelsgegend nennen?
Südost. Wovon hat auch sie ihren Namen erhalten? —
Wie wird die Himmelsgegend heißen, die zwischen Norden und
Westen liegt? Nordwest. Zeigt alle nach Nordwest! Zwischen Nor-
den und Osten? — Zeigt alle nach Nordost!
(Anmerkung. Damit die Schüler die Ausdrücke Südost, Süd-
west, Nordost, Nordwest leichter im Gedächtnis behalten, sage man
ihnen, daß diese zusammengesetzten Wörter stets mit Süd oder Nord,
niemals mit Ost oder West beginnen.)
Zwischen welchen Himmelsgegenden liegt Südwest? — Nordost?
Südost? — Nordwest? — Einübung bis zur Geläufigkeit (Beispiele
wie bei den Haupthimmelsgegenden).
Wieviel Himmelsgegenden haben wir nun kennen gelernt? —
Wie heißen sie? — Osten, Westen, Süden und Norden sind die vier
Haupthimmelsgegenden. Wie werden nun wohl die Himmelsgegenden
Südwest, Südost, Nordwest und Nordost genannt? Nebenhimmels-
gegenden.
Wir wollen jetzt auch die Nebenhimmelsgegenden auf unsere
^wagerecht liegende) Schultafel zeichnen. Zeichne eine Linie, welche
nach Südwest zeigt! — (Zwischen welchen Himmelsgegenden muß sie
liegen?) — Welche Buchstaben soll ich dabei schreiben? SW. Zeichne
du, B., die Linie, welche nach Südost zeigt usw.
III. Wettersahne, Windrose, Kompah. Etwas Ähnliches wie
diese Zeichnung seht ihr auf manchen Häusern: eine senkrecht stehende
eiserne Stange mit vier eisernen Armen und den Buchstaben O, W,
24*
— 372 —
N, S. Weshalb ist ein Arm mit einem O bezeichnet? Zeigt
nach Osten. Wohin zeigt der mit einem W versehene Arm usw.?
Was sollen uns also die vier Arme anzeigen? Himmelsgegenden.
An der senkrechten Stange über den vier Armen befindet sich eine
Fahne von Blech oder Eisen. Wann bewegt sich die Fahne? Wenn
der Wind dagegen bläst. Was kann man an der Fahne erkennen?
Woher der Wind kommt. Wie heißt diese Vorrichtung? Wind-
fahne. Vom Winde hängt oft das Wetter ab. Wie nennt man die
Windfahne darum auch noch? Wetterfahne.
Um den achtstrahligen Stern auf unserer Wandtafel zeichne ich
jetzt noch einen Kreis. Was soll dieser vorstellen? Horizont. Und
der Stern? Himmelsgegenden. Die Aufzeichnung der Himmelsgegen-
den in einem Kreise heißt Windrose. Erfragen! — Weshalb Wind-
rose? Weil nach ihr die Richtung des Windes bestimmt werden
kann. Weshalb Windrose? Weil sie rund wie eine Rose ist. Wie-
viel Himmelsgegenden sind auf dieser Windrose angegeben? Acht.
Für den Schiffer genügen diese acht Himmelsgegenden nicht, er hat
eine Windrose mit 32 Himmelsgegenden. Weshalb wohl?
Hier in unserer Schulstube kennen wir die Himmelsgegenden.
Wie finden wir sie aber draußen? Sehen nach der Sonne. Wohin
fällt unser Schatten am frühen Morgen? Westen. Am Mittage?
Arn Nachmittage? Nordosten. Wenn wir in einen fremden Ort
kommen, so sehen wir nach Kirche und Turm. Die Kirche zeigt ge-
wohnlich von O. nach W., und der Turm steht an der Westseite
der Kirche. Der Schiffer hat noch ein besonderes Instrument, nach
welchem er die Himmelsgegenden findet. Hier zeige ich euch ein
solches Instrument. Wer kennt es? Es heißt Kompöfc.*) Dies
ist eine hölzerne Scheibe. Was seht ihr auf der Scheibe? Eine
Windrose (mit 32 Himmelsgegenden). Was steht in der Mitte der
Windrose? Ein kleiner, spitzer Stift. Dieser trägt eine (magnetische)
Nadel — eine Magnetnadel. Die Magnetnadel ist aus Stahl ge-
macht, in der Mitte breit und läuft nach den Enden spitz zu.
Wie sind die beiden Enden der Nadel gefärbt? Ein Ende ist blau,
das andere grau. Die Magnetnadel kann sich auf dem Stifte nach
allen Seiten drehen. Jetzt setze ich die Nadel in Bewegung. — Nun
ist sie zur Ruhe gekommen. Nach welcher Himmelsgegend zeigt die
blaue Spitze? — Die graue? — Die Nadel wird nun von dem
und jenem Schüler in Bewegung gesetzt; da macht man die Be-
obachtung, daß die blaue Spitze in der Ruhe stets nach Norden,
die andere stets nach Süden zeigt. Wenn man weiß, wo Norden ist,
so kann man auch leicht die anderen Himmelsgegenden finden, und
zwar bei Tag und Nacht, mag der Himmel klar oder mit Wolken
bedeckt sein. (Aufgabe: Für die nächste Stunde zeichnet eine Windrose!) —
*) Es ist sehr wenig bekannt, daß man auch eine Taschenuhr als Kompaß
gebrauchen kann. Man legt die Uhr derart horizontal hin, daß der kleine Zeiger
nach der Sonne zeigt. Die Mitte zwischen dem kleinen Zeiger und der Zahl 12
des Zifferblattes zeigt dann nach Süden.
— 373
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4. Die Schulstube.
I, Teile. Wo befinden wir uns jetzt? Schule. Wir sind in
einer großen Stube. Wie nennen wir diese Stube? Schulstube.
Weshalb heißt sie Schulstube? Weil sie in der Schule ist, und
weil in ihr Schule gehalten wird (d. h. in ihr werden die Kinder
von dem Lehrer unterrichtet). Die Schulstube hat verschiedene Teile-
Wie heißt der Teil der Schulstube, auf dem ihr mit euren Füßen
steht? Fußboden. Ein Teil der Schulstube befindet sich über euch.
Wie heißt er? Decke. Wovon ist die Schulstube rings eingeschlossen?
Von Wänden. Wieviel Wände zählst du? Vier. Nenne jetzt
alle Teile, welche die Schulstube hat! — Sprecht: Unsere Schulstube
hat einen Fußboden, eine Decke und vier Wände.
9t., zeige die Wand, welche sich vor uns befindet! — Welche
sich hinter euch befindet! — Wo befindet sich aber diese Wand? —
Und diese? — Wie können wir die Wand nennen, welche sich vor
euch befindet? Vorder wand. Zeigt und sprecht: Das ist die
Vorderwand. Wie müssen wir nun die Wand nennen, welche sich
hinter euch befindet? Hinterwand. Zeigt und sprecht: Das ist die
Hinterwand. Diese Wand befindet sich an einer Seite und diese
(zeigen!) auch. Was für Wände sind es deshalb ? Seiten wände.
An welcher Seite ist diese Wand? An der rechten Seite. Wie
nennen wir sie deshalb? Rechte Seitenwand. Zeigt und sprecht:
Das ist die rechte Seitenwand. Zeigt die zweite Seitenwand! An
welcher Seite ist diese? — Wie nennst du sie deshalb? — Zeigt
und sprecht: Das ist die linke Seitenwand. Zeige die Hinterwand!
— Die rechte Seitenwand! — Die Vorderwand! — Die linke
Seitenwand!
Jetzt steht auf und dreht euch um! Wo liegt nun, nachdem ihr
eure Stellung verändert habt, die Vorderwand? Hinter uns. Wo
— 374 —
die Hinterwand? Vor uns. In welcher Wand sind jetzt die Fenster?
— Setzt euch! Merket: Mit den Ausdrücken vorn, hinten, rechts
und links können Wir die Lage eines Gegenstandes nicht genau
bezeichnen; denn es kommt immer darauf an, wie wir uns stellen.
Nur derjenige, welcher unsere Stellung zu einem Gegenstande ge-
sehen hat oder richtig denken kann, wird und kann uns richtig oer-
stehen. Weshalb sind auch die Ausdrücke Vorderwand, Hinterwaud
usw. unbestimmt? <— Wir wollen den Wänden deshalb andere
Namen geben und zwar solche, die auch dann richtig bleiben, wenn
wir unsere Stellung verändern. Wie können wir das? — Richtig,
wir benennen die Wände nach den Himmelsgegenden, nach welchen
sie liegen. Nach welcher Himmelsgegend liegt die Hinterwand?
Nach Osten. Welchen Namen wollen wir ihr deshalb geben? Ost-
Wand. Zeigt die linke Seitenwand! Nach welcher Himmelsgegend
liegt sie? Nach Süden. Welchen Namen erhält sie deshalb? Süd-
wand. Welchen Namen wird nun wohl die Vorderwand erhalten?
Westwand. Weshalb? Weil sie nach Westen liegt. Und welchen
Namen müssen wir der rechten Seitenwand geben? Nordwand.
Zeige die Südwand! Die Nordwand! Die Westwand! Die Ost-
wand! Welche Wände liegen einander gegenüber? — Welche sind
gleich groß? — Was ist in der Ostwand? Tür. In der Südwand?
Drei Fenster. Was befindet sich in der Nordwand? Heizklappe usw.
Wo steht die Tafel? An der Westwand. Was steht noch an der
Westwand? Pult, Schrant. Wann wird die Südwand von der
Sonne beschienen? Weshalb? In einem Hause liegt ein Zimmer
genau nach Norden; was ist die Folge davon? Die Sonne scheint
nicht hinein. An welchen Fenstern gedeihen die Blumen am besten?
An den Fenstern in der Südwand. Weshalb? Bekommen den
meisten Sonnenschein. Wann hat ein Garten bei einem Hause eine
gute Lage? — Weshalb?
Die Wände unserer Schulstube gehen ganz gerade von oben nach
unten herunter, wie der Faden des Lotes (gezeigt), oder wie das
Perpendikel einer stillstehenden Uhr. Eine solche Richtung nennt man
senkrecht. Was für eine Richtung hat die Südwand? Sprecht:
Die Südwand hat eine senkrechte Richtung. Was für eine Richtung
hat die Ostwand? Was kannst du auch von der Nordwand sagen?
—— Von der Westwand? — Anders verhält es sich mit dem Fuß-
boden. Seine Richtung ist die eines ruhenden Wagebalkens, oder
gleicht der Oberfläche des Wassers. Daher sagen wir: Der Fuß-
boden Hai wagerechte Richtung. — Nennt Gegenstände in der Scbul-
stube, die wagerecht liegen! — Gebt die Richtung der Decke an!
Wagerecht. Welche Teile der Schulstube haben eine senkrechte Rich-
tung? — Eine Wagerechte Richtung? —
II. Größe. Jetzt sollt ihr auch erfahren, wie groß unsere Schul-
stube ist. Was muß ich tun, wenn ich wissen will, wie groß unsere
Schulstube ist? Messen. Ich kann unsere Schulstube nach drei Seiten
hin messen: von rechts nach links, von vorn nach hinten und von
— 375 —
oben nach unten. Unsere Schulstube ist also nach drei Seiten hin
ausgedehnt: in die Länge, in die Breite und m bte Hohe. Wie-
viel Ausdehnungen hat unsere Schulstube? Drei. Welche? Länge,
Breite, Höhe. Zeige die Länge! Die Breite! Die Höhe! Wir wollen
jetzt messen, wie lang, breit und hoch dieses Zimmer ist. Am leicht
testen tut man das nach Schritten. Zählet meine Schritte, die ich von
hinten nach vorn mache! Wieviel Schritte habe ich gemacht? 16.
Wie lang ist somit die Schulstube? 16 Schritte. Nun ihre Breite.
Zählet meine Schritte von einer Seite zur anderen! Also zehn
Schritte ist das Schulzimmer breit.
(Anmerkung: Man läßt nun von verschieden großen Kindern
Länge und Breite des Zimmers abschreiten. Das jedesmalige Re-
sultat wird notiert. — Die Schüler finden bei der Vergleichung die
Verschiedenheit der Ergebnisse, und daraus schließen dieselben, daß
die Schritte kein richtiges Maß sind.)
Ebenso unbestimmt ist das Messen nach Arm längen, Hand-
und Fingerbreiten. Weshalb? —- Man hat daher ein Maß fest-
gestellt, nachdem sich alle Menschen richten, die irgend etwas zu messen
haben. Dieses Maß ist das Meter. Hier zeige ich euch ein Meter.
Wer braucht das Meter sehr oft? Tischler usw. Er mißt mit dem-
selben die Länge eines Gegenstandes. Was für ein Maß ist deshalb
das Meter? Sprecht: Das Meter ist ein Längenmatz.
Ich lege das Meter hier an das Pult. Ihr seht, daß das Ende
des Pultes genau da ist, wo auch das Meter zu Ende geht. Wie
lang ist also dieses Pult? — Um aber Gegenstände messen zu können,
die kleiner sind als ein Meter, hat man diesen ganzen Stab in hun-
dert gleiche Teile zerlegt; jeder Teil heißt Zentimeter. Wie heißt
das Maß in meinen Händen? — In wieviel Teile ist es geteilt? —
Wie heißt der hundertste Teil des Meters? — Wieviel Zentimeter
gehören zu einem Meter? —
Wir wollen jetzt einige Gegenstände messen, zuerst diese Bank.
Hier lege ich das Meter an. Da, wo das Meter zu Ende ist, mache
ich einen Strich. An diesen lege ich wieder das Ende des Meter-
maßes. Hier mache ich wieder einen Strich. Wie lang ist die Bank
bis zu diesem zweiten Striche? Zwei Meter. Womit kann ich das
kurze Ende, daß jetzt noch von der Bank übrig ist, nicht messen?
Mit dem Meter. Wonach messe ich jetzt? Nach Zentimetern. Zähle
die Zentimeter! 6 cm. Wie lang ist also die Bank? 2 m und 6 cm.
A. soll die Länge der Schultafel messen! 1 m 28 cm. B. ihre Breite!
93 cm. Jetzt soll D. die Länge unserer Schulstube messen! An
welcher Wand messen wir sie? Südwand. An welcher können wir
sie auch messen? Nordwand.. Warum? Beide Wände sind gleich
lang. D. soll die Nordwand messen. (D. zerlegt nun durch Kreide-
striche die Wand in neun Abteilungen.) In wieviel Abteilungen hat
D. die Nordwand zerlegt? In neun. Wie lang ist jede Abteilung?
Ein Meter. Wie lang ist also unsere Schulstube? Neun Meter
(genau 9,40 m). Nun die Breite. An welcher Wand muß ich sie
— 376 —
messen? Ostroand. Oder? Westwand. Die Breite soll E. messen!
Wie breit? 6 m. So finden wir auch (mit Hilfe unseres Zeige-
stockes) die Höhe 4 m. Zusammenfassung: Unsere blasse ist 9 m
lang, 6 m breit und 4 m hoch.
5. Der Plan der Schulstube.
I. Das Wesen des Grundrisses. Hier zeige ich euch ein kleines
.ftistchen. Wieviel Ausdehnungen hat es? Drei. Welche? Länge,
Breite und Höhe. Zeige die Länge! Die Breite! Die Höhe! — Ich
stelle das Kistchen jetzt auf die Schultafel und umfahre es mit der
Kreide. Seht euch die Zeichnung an! Zeige an derselben, wie lang
das Kistchen ist! — Zeige an der Zeichnung die Breite der Kiste! -
Welche Ausdehnung ist in der Zeichnung nicht mit angegeben?
Höhe. Merkt euch: Wenn wir einen Gegenstand so zeichnen, daß
man nur Länge und Breite aus der Zeichnung ersehen kann,
so hat man seinen Grundriß gezeichnet. Von welchem Gegenstande
haben wir eben den Grundriß gezeichnet? Kiste. Warum ist diese
Zeichnung ein Grundriß? — Welche Ausdehnung fehlt im Grund-
risse? —
II. Der wirkliche Maßstab. Nimm den Maßstab und miß die
Länge der Kiste! — Miß die Länge des Grundrisses! — Miß die
Breite der Kiste! — Die Breite des Grundrisses! — Was hast du
gefunden? ■— Wir haben also den Grundriß gerade so groß ge-
zeichnet, wie die Kiste wirklich ist. Wir sagen deshalb: Wir haben
sie im wirklichen (natürlichen) Maßstabe gezeichnet. Wiederhole!
Wann zeichnet man einen Gegenstand im wirklichen Maßstabe? —
Zeichne den Grundriß deines Federkastens auf die Schultafel!
Warum nennst du diese Zeichnung einen Grundriß? — Nach welchem
Maßstäbe hast du deinen Federkasten gezeichnet? — Warum ist
dieser Grundriß im wirklichen Maßstabe gezeichnet? — Zeichne den
Grundriß deines Buches! usw.
III. Der verjüngte Maßstab. Wir wollen jetzt den Grundriß
unserer Schulstube zeichnen. Zuerst zeichnen wir die Länge derselben.
Wie lang ist sie? 9 m. Die ganzen 9 m können aber nicht auf der
Tafel stehen. Warum nicht? — Was machen wir nun? Wir nehmen
eine kurze Linie und sagen: Das soll unser Maßstab sein. Ich zeichne
hier die Linie in die obere Ecke der Wandtafel. Was ist nun diese
Linie? Unser Maßstab. Sie soll ein Meter bedeuten. Was soll diese
Linie bedeuten? Ein Meter. Wie lang ist sie in Wirklichkeit nur?
10 cm. Wir haben unseren Maßstab also recht klein gemacht; wir
haben ihn verkleinert oder verjüngt. Einen solchen Maßstab nennt
man einen verjüngten Maßstab. Wir zeichnen unsere Schulstube nach
dem verjüngten Maßstabe. Nach welchem nicht? — Warum geht das
nicht? — Nach welchem Maßstabe müssen wir also die Schulstube
zeichnen? — Seht euch unseren verjüngten Maßstab noch einmal an!
— 377 —
Wievielmal mutzte ich den verjüngten Matzstab aneinander setzen,
damit es ein wirklicher Matzstab würde? Zehnmal. Wievielmal
habe ich also den wirklichen Matzstab verkleinert? — Richtig; ich
habe also einen zehnfach verkleinerten Matzstab an die Wandtafel
gezeichnet. Das wird geschrieben: Matzstab 1:10. Lies: Matzstab
1:10! — Was bedeutet das also? Datz der Matzstab zehnmal ver-
jüngt ist. Was bedeutet nun: ,Matzstab 1:50?" „Matzstab
1 : 100?" „Matzstab 1 : 1000?"
IV. Der Grundriß der Schulstube. (Vorbemerkung: Bei dem
ersten Planzeichnen binde man sich nicht an die Einrichtung unserer
karten; man glaube nicht, datz das Nördliche unbedingt oben, das
Südliche unten angebracht werden müsse. Was der Schüler der ort-
lichen Lage des Lehrzimmers zufolge vor sich sieht, das werde oben,
was er links hat, werde links; was er zur Rechten und hinter sich
hat, das werde rechts, beziehungsweise unten angezeichnet. Selbst-
verständlich wird die Schultafel vorher in eine horizontale Lage ge-
bracht. Niemals zeichne der Lehrer die geographischen Erundbe-
griffe auf eine senkrecht hängende Wandtafel!)
Nun wollen wir mit dem Grundrisse unserer Schulstube beginnen!
Welche Wand soll ich zuerst zeichnen? Nordwand. Gib auf der
Tafel die Seite an, auf der ich sie zeichnen soll! — Der Lehrer macht
eine entsprechende Linie. Wie lang ist die Vorderwand? 9 m.
Wievielmal mutz ich also unseren Matzstab auf dieser Linie abtragen?
Neunmal. (Geschieht.) Was übrig ist, löschen wir weg. Was be-
deutet nun diese Linie? — Wievielmal verjüngt haben wir sie ge-
zeichnet? •— Welche Wand soll ich jetzt zeichnen? Westwand. Wohin?
A. soll die Westwand zeichnen! Wie lang ist sie? 6 m. Wieviel-
mal mutz A. unseren Matzstab auf dieser Linie abtragen? Sechsmal.
Was bedeutet diese Linie? — Welche Wand liegt ihr gegenüber?
Ostwand. Zeige, wo wir sie zu zeichnen haben! Wievielmal ist
der Matzstab abzutragen? Sechsmal. Welche Wand fehlt jetzt
noch? Südwand. Was brauche ich nur zu tun, um die Südwand
zu erhalten? Ich verbinde die Endpunkte der Ost- und Westwand.
Zeichne diese Linie, C.! — Welche Wand stellt diese Linie dar?
Südwand. Sie ist gerade so lang wie die Nordwand. Wie lang also?
9 m. Mitz, ob es stimmt! — Nun haben wir den Grundritz unserer
Klasse nach verjüngtem Matzstabe dargestellt. Zeige an unserem
Grundritz die Nordwand! — Die Ostwand! — Die Südwand! —
Die Westwand! —- Neben die Nordwand schreibe ich ein N. Was
soll das bedeuten? — Bezeichne die übrigen Wände!
Jetzt sollt ihr den Grundritz auch auf eure Schiefertafel zeich-
neu. Ihr könnt aber den Grundritz der Schulstube nicht nach diesem
Matzstabe (1 : 10) auf eure Schiefertafel zeichnen. Warum nicht?
Unsere Tafel ist zu klein. Wie grotz mützte eure Schiefertafel sein,
wenn^wir nach diesem Matzstabe zeichnen wollten? So grotz wie
die Schultafel. Was müssen wir wiederum tun, damit ihr den
Grundritz auch auf eure Schiefertafel zeichnen könnt? Den Matzstab
— 378 —
verkleinern. Zeichnet in die linke Ecke eurer Schiefertafel eine Linie
von 2 cm Länge. Die Linie sei euer Maßstab; sie soll ein Meter
bedeuten. Wieviel cm hat aber ein Meter? 100 cm. Wievielmal
haben wir den Maßstab verkleinert, wenn wir statt 100 nur 2 cm
nehmen? 50 mal. Wir haben also den Maßstab 50 mal verjüngt.
Wir schreiben deshalb darüber: „Maßstab 1 : 50." Nun zeichnet!
Aufgabe: Meßt euer Wohnzimmer aus und zeichnet den Grund-
riß desselben im verkleinerten Maßstabe von 1 : 100! —
Der Grundriß unserer Schulstube ist aber noch nicht vollständig.
Was vermißt ihr in demselben noch? Fenster. In welcher Wand be-
finden sie sich? Südwand. Miß die Breite der Fenster! — Wieviel
Meter ist das erste Fenster von der Ostwand entfernt? — Wie groß
ist der Raum zwischen den Fenstern? — Wir bezeichnen die Fenster
durch eine Doppellinie. So, Fenster hätten wir nun. Was fehlt jetzt
noch im Grundrisse? Tür. In welcher Wand befindet sich die Tür?
Ostwand. Gib ihre Stelle im Grundrisse an! — Wie breit ist sie? —
Wie weit ist sie von der Nordwand entfernt? — Die Tür bezeichnen
wir durch eine Lücke. Hierauf werden die im Zimmer befindlichen
Gegenstände: Bänke^ Schrank, Pult usw. gemessen und nach dem
verjüngten Maßstabe eingetragen.
So hätten wir den vollständigen Grundriß unserer Schulstube
im verjüngten Maßstabe (1 : 10).
(Stellen solche Zeichnungen Räumlichkeiten von geringem Um-
fange dar, z. B. Stuben, Häuser, Straßen, Plätze, Städte, so nennt
man sie Pläne; stellen sie ein ganzes Land oder mehrere Länder dar,
so heißen sie Landkarten. Ein Hauptunterschied zwischen Plan und
Karte besteht noch darin, daß auf der Karte auch die Bodenerhebun-
gen zur Darstellung gelangen, auf dem Plan in der Regel nicht.)
V. Die Übung des Verständnisses. Zeige die Bänke der ersten
Abteilung! — Die der zweiten Abteilung! — Die vierte Bank der
zweiten Abteilung! — Zeige in der Zeichnung deine Bank!
Deinen Platz! — (Die Plätze werden durch Punkte bezeichnet.)
Wo sitzt der erste Schüler? — Der letzte? — Wo ist der Platz von
A., B., (£., D. usw. ? — Zeige im Grundrisse dieses Fenster!
Jenes! — Wo steht der Schrank? — Der Papierkorb? — Der
Stuhl? — Sieh, welchen Weg mein Finger (resp. der Zeigestock)
auf der Zeichnung einschlägt; mache diesen Weg wirklich im Zim-
mcr! — Zeige, wie du durch die Tür auf deinen Platz gehst! Wie
man von dem Hinteren Fenster nach der Tür geht! usw.
Aufgabe: Zeichnet den Grundriß ab! —
VI. Die Lage der Himmelsgegenden auf Plänen und Karten.
Welche Himmelsgegend habt ihr zu eurer Linken? Süden. Zu
eurer Rechten? Norden. Vor euch? usw. — Das ist auch im Grund-
risse so. Welche Wand haben wir deshalb nach links gezeichnet?
Südwand. Nach rechts? usw. — Wenn wir jetzt nach Klasse IVb
gehen und setzen uns dort auf die Bänke, dann ist die Lage der
Himmelsgegenden eine ganz andere. Welche Himmelsgegend haben
— 379 —
wir dort vor uns? Osten. Hinter uns? usw. — Welche Wand
müssen wir dort nach links zeichnen? Die Nordwand. Und welche
Wand haben wir dort zu unserer Rechten? Die Südwand. In
einer anderen Schule kann die Lage der Himmelsgegenden wieder eine
andere sein. Welche Himmelsgegend können die Schüler da vielleicht
vor sich haben? Um nun bei einem Plane oder einer Karte überall
dieselbe Richtung in den Himmelsgegenden zu haben, nimmt man
auf dem Plane (oder auf der Karte) oben stets Norden, unten
Süden, rechts Osten und links Westen an. Der Lehrer stellt nun
die Schultafel mit dem fertigen Grundriß so auf, daß Norden oben
liegt, oder er zeichnet den ganzen Grundriß in dieser neuen Lage
von neuem.
IV.
Grundriß der Schulstübe.
6. Unser Stockwerk.
Wir ^wollen heute alle Klassen und Gänge zeichnen, welche in
unserem Stockwerke liegen. (Norden liegt auf der Tafel von jetzt
an stets oben.) Wie lang ist unsere ganze Etage? (Wir können es
leicht ausrechnen: sechs Klassen liegen in einer Reihe, jede ist 9 m
lang, macht 54 m; zwei Gänge liegen dazwischen, jeder ist 4 m
breit, macht 8 m; 54 m 8 m = 62 m.) Wie lang nahmen wir
1 m an, als wir den Plan der Schulstube zeichneten? 1 Dezi-
meter. Wie lang würde demnach unsere ganze Etage in der Zeichnung
werden? 62 Dezimeter. Wieviel Meter sind das? Über 6 m.
Wie lang ist unsere Tafel nur? 1 m 28 cm. Können wir eine so
lange Linie darauf zeichnen? — Was müssen wir deshalb tun?
Einen kleineren Maßstab nehmen. Ein Meter in der Wirklichkeit
soll gleich 1 cm auf der Tafel sein. Wievielmal haben wir also
den Maßstab verjüngt? 100mal. Wir zeichnen also nach dem Maß-
— 380
'lab 1 : 100. Wir beginnen mit unserer Schulstube. (Wird ge-
zeichnet.) Unsere Klasse erscheint uns jetzt viel kleiner als früher.
Weshalb?
Zeige die Nordwand! Hinter derselben befindet sich auch eine
Klasse. Welche? Klasse 5c. In welcher Richtung liegt sie von
unserer Klasse aus? Nördlich. Wie muh sie auch auf der Tafel von
unserer Klasse aus liegen? Auch nördlich. Zeige auf der Tafel von
unserer Klasse aus nach Norden! Hier muß ich also Kl. 5c zeichnen.
Wie groß ist sie? Gerade so groß wie unsere Klasse. A. soll die
5. Klasse zeichnen! An welcher Wand sind hier die Fenster? In der
Nordwand. Gib die Fenster in der Zeichnung an! Wohin muß ich
die Tür zeichnen? Ostwand. Wohin das Pult? Den Schrank?
Bezeichne die Bänke durch einfache Striche! — Was haben wir
jetzt gezeichnet? Den Grundriß von Klasse 5c. Worin unterscheiden
sich diese beiden Klassen? — Worin stimmen sie überein? -
Aufgabe: Macht einen Grundriß von eurer Wohnstube und
einem danebenliegenden Räume!
Zeigc- die Westwand unserer Klasse! — Welche Klasse befindet
sich hinter derselben? Klasse 4c. Gib ihre Lage an! Sie liegt west-
lieh von unserer Klasse! Zeige mir, wo in unserer Zeichnung Kl. 4c
liegen muß! — Wie groß ist sie? Auch so groß wie unsere Klasse.
B. soll sie zeichnen! — In welcher Wand sind die Fenster? In
der Südwand. Gib sie in der Zeichnung an! — Wohin habe ich
die Tür zu zeichnen? — Wo steht das Pult? — Der Schrank? —
Welche Klasse liegt, wie wir eben gesehen haben, nördlich von
uns? Klasse 5c. Zeige sie und fahre dann mit dem Stabe nach
Westen! Welche Klasse liegt hier? Klasse 5a. Nach welcher Him-
melsgegend liegt sie von hier aus? Nach Nordwest. Nach welcher
Himmelsgegend liegt sie auf der Schultafel von unserer Klasse aus?
Auch nach Nordwest. Haben wir ihr also den richtigen Platz ge-
geben? — Setzt die Fenster ein! — Die Tür! — Wieviel Klassen
haben wir jetzt gezeichnet? — Wie heißen sie? — Zeige Klasse 4c!
— Zeige Klasse 5c! — Unsere Klasse! —
Aufgabe: Zeichnet den Plan dieser vier Klassen auf eure
Schiefertafel und zwar so, wie ich, im Maßstabe von 1 : 100.
Treten wir aus unserer Klasse, so kommen wir auf einen langen,
schmalen Gang (Korridor). Gib seine Richtung an! Er zieht von
Westen nach Osten. Wie lang ist der Korridor? (So lang wie zwei
Klassen = 18 m; dann ein Gang, der 4 m breit ist, macht 22 m.)
Wie breit ist der Korridor? Über 3 m breit. Womit ist der Boden
unseres Korridors belegt? Mit Dielen. Er ist also gedielt. Wo
befinden sich die Fenster? In der Süd- und Ostwand. Wieviel
Fenster sind in der Südwand? Drei. In der Ostwand? Zwei.
Wir wollen den Korridor jetzt zeichnen und zwar, wie die Sckul-
stube, im Maßstabe von 1 : 100. Wie lang ist in der Zeichnung ein
Meter? 1 cm. Der Korridor ist 22 m lang. Wie lang muß nun die
Linie werden, welcke uns die Länge des Korridors angibt! 22 cm.
Welche von den beiden Längswänden soll ich zuerst zeichnen? Die
Südwand. Wie weit ist sie von unserer Tür entfernt? — Gib^die
Stelle an, wo die Südwand des Korridors beginnen soll! — Ihr
seht, die Südwand des Korridors liegt mit der Südwand unserer
Klasse nicht in einer geraden Linie. Welche ist etwas zurückgesetzt?
Die des Korridors. Ich Ziehe die Linie. Trage 22 cm darauf ab !
— Welche Wand mutz ich jetzt zeichnen? Ostwand. Zeichne die
Linie, welche die Ostwand vorstellen soll! — Wie lang ist sie? ^
3 Meter (genau 3 m 33 cm). Wie lang mutz deshalb diese Linie
werden? -— Trage 3 cm darauf ab! — <3etzt zeichnen wir die
Nordwand. Wie lang ist sie? 18 m. Wie lang wird sie in der
Zeichnung? 18 cm. D. soll die Linie zeichnen! — E. soll die Fenster
einsetzen! — F. soll jetzt Tischler sein und die Türen herstellen! —
Wieviel Türen sind in der Südwand? Eine. In welche Klasse
führt sie? Iu Klasse 3a. Wieviel Türen sind in der Nordwand?
Zwei. In welche Klassen führen sie? Die erste in Klasse 4b, die
zweite in Klasse 4a. Die Klassen werden ebenfalls gezeichnet. (Sie
sind, wie unsere, 9 m lang und 6 m breit.)
In unserer Zeichnung ist vor Klasse 5c noch ein leerer Raum.
Was befindet sich dort? Die Treppe. Wohin führt diese Treppe?
Und diese? Nach dem Unterhause (Erdgeschotz, Parterre.) Wie
breit ist die Treppe? — Aus wieviel Abteilungen besteht sie? —
Wieviel Stufen hat jede Abteilung? — Woraus sind die Stufen ge-
macht? Wozu dient das Treppengeländer? — Wie hoch ist es? —-
Wie nennt man den Teil eines Hauses, in welchem sich die Treppe
befindet? Treppenhaus. Wieviel Treppenhäuser hat unser Schul-
haus? Zwei. Wo befindet sich das zweite Treppenhaus? —■
Unsere Etage ist noch nicht ganz fertig, wir müssen jetzt den
Korridor noch zeichnen, welcher sich in der Westhälfte des Schul-
Hauses (vor den Klassen 5a und 4c) befindet. Nach welcher Him-
melsgegend liegt er von hier aus? Nach Westen. Zeige Klasse 4c!
Wir gehen durch die Tür dieser Klasse nach Westen. Wohin ge-
langen wir dann? Auf den Korridor. Gib seine Richtung an! Er
zieht von Osten nach Westen. Zeige, wie er auf der Tafel liegen
mutz! — Er ist genau so grotz wie unser Korridor. (Wird gezeich-
net.) Setze die Fenster ein! — Gib die Türen an! In welche
Klassen führen sie? —- Die Klassen werden ebenfalls gezeichnet.
Wieviel Klassen enthält unser Stockwerk? Zehn Klassen. Welche
liegen an unserem Korridore? Welche am Westkorridore? — Wer
unterrichtet in Klasse 3a? Frl. S. Wer in Klasse 5c? Frl. K.
Wer unterrichtet usw.
Die Übung des Verständnisses. Zeige Klasse 4c! —
Klasse 3b! — Klasse 3c usw. Zeige mir, wie du von unserer
Klasse nach Klasse 4a gehst! — Wie du von dieser nach Klasse 5c
gehst! — Weitere Übungen! —
Aufgabe: Zeichnet jetzt den ganzen Grundritz ab und schreibt
die Namen dazu!
— 382 —
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Unser Stockwerk (Osthälfte).
7. Das Schulhaus.
I. Wir wollen heute vom Schulhause sprechen. Wieviel Seiten
hat unser Schulhaus? — Die der Straße zugekehrte Seite nennen
wir die Vorderseite oder die Front (Frontseite). Nach welcher Him-
melsgegend liegt das Schulhaus mit der Frontseite? Nach Norden.
Die Frontseite hat in der Regel die Richtung der Straße. Wieviel
Türen sind in der Frontseite? Zwei. Welche Seite liegt der Front-
seite gegenüber? Hinter seit e. Wieviel Türen sind in der Hinter-
fette angebracht? Eine. Welche Türen werden schon seit mehreren
Jahren von den Bindern nicht mehr benutzt? Die Türen in der
Frontseite. Die Seiten des Schulhauses, welche nach Osten und
Westen liegen, heißen Giebelseiten. Wir unterscheiden eine linke und
eine rechte, besser eine östliche und eine westliche Giebelseite. In
welcher befindet sich eine Tür? — In der östlichen Giebelseite. Die
Giebelseiten unseres Schulhauses könnt ihr deutlich sehen. An den
Häusern, welche in der Innenstadt stehen, könnt ihr die Giebelseiten
meistens nicht sehen. Weshalb nicht? —
Zusammenfassung: An einem Hause unterscheidet man eine
Frontseite, eine Hinterseite und zwei Giebelseiten.
II. Die Hinterseite unseres Schulhauses wird nicht durch eine
gerade Wand gebildet. Einzelne Teile in der Hinterseite springen be-
deutend vor. Wo namentlich? In der Mitte und an den beiden
Enden. Der Teil, der in der Mitte vorspringt, heißt Mittelbau.
Wie? •— Weshalb wird er wohl Mittelbau genannt? — Auch an
der Frontseite könnt ihr den Mittelbau deutlich erkennen. Woran?
— Der Mittelbau reicht also von der Frontseite bis zur Hinterseite,
von der Erde bis unter das Dach. Wieviel Klassen liegen im Mittel-
— 383 —
bau nebeneinander? — Wo liegt auch unsere Klasse? Mittelbau.
Wieviel Klassen enthält dieser Grundritz im Mittelbau?
Was ihr rechts und links vom Mittelbau seht, sind die Flügel.
Nach welcher Himmelsgegend liegt dieser Flügel? Nach Osten. Wie
können wir ihn deshalb nennen? Wie wirst du den anderen Flügel
nennen? — Weshalb? — Welche Klassen befinden sich im östlichen
Flügel? — Im westlichen?
Zusammenfassung: Unser Schulhaus besteht aus einem Mittel-
bau und zwei Flügeln.
III. Bei jedem Hause steht der unterste Teil der Mauern in der
Erde. Die Mauern, welche sich in der Erde befinden, müssen das
ganze Haus tragen. Wie müssen sie deshalb beschaffen sein? Sie
müssen stark und fest sein. Den untersten starken und festen Teil des
Hauses nennt man den Grund oder das Fundament. Wiederhole
das, N.! — Welcher Raum befindet sich zwischen den Grundmauern?
Keller. Wo das Fundament aufhört, beginnen die Stockwerke (Eta-
gen). Wieviel Stockwerke hat unser Schulhaus? Drei. Woran kannst
du das schon von außen sehen? An den Fensterreihen. Wieviel
Fensterreihen siehst du an unserem Schulhause übereinander? Drei.
Wieviel Fensterreihen haben manche Häuser nur? Zwei oder eine.
Wieviel Stockwerke hat ein Haus mit einer Fensterreihe? •— Mit
zwei Fensterreihen? — Hat ein Haus nur ein Stockwerk, so nennen
wir es einstöckig. Was ist ein zweistöckiges Haus? usw. •— Das
unterste Stockwerk nennt man das Erdgeschoß (Unterhaus, Parterre).
Wir befinden uns vor dem östlichen Flügel des Schulhauses und
wollen in dasselbe eintreten. Vor der Haustür befindet sich eine
kleine Treppe. Wieviel Stufen hat sie? — Sie führt in das Erd-
geschoß. Wir treten ein. Wieder haben wir eine kleine Treppe vor
uns. Wieviel Stufen habt ihr gezählt? — Woraus ist die Treppe
gemacht? — Was befindet sich vor der untersten Stufe? Kratzeisen.
Wozu dient es? — Wir sind jetzt in einem langen schmalen Gange.
Wie nennen wir ihn? Korridor. Gib seine Richtung an! Er zieht
von Osten nach Westen. Er ist gerade so groß wie der Korridor in
unserem Stockwerke. Wodurch unterscheidet er sich aber von unserem
Korridore? Er ist mit viereckigen Steinplatten belegt, hat in der Ost-
wand eine Tür usw. Wieviel Fenster hast du nur gezählt? Drei.
Wieviel Türen? Drei. In welche Klassen führen sie? — In der
Westwand ist nur eine Tür. In der Tür sind Glasscheiben. Wes-
halb? — Wie nennt man eine solche Tür? Glastür. Diese führt
uns in den Mittelbau. Durch den Mittelbau führt ein schmaler,
etwas dunkler Korridor. Woher empfängt er sein Licht? — Links
von demselben (also nach Süden) liegt das Zimmer für den In-
spektor, für die Lehrer und für die Lehrerinnen. Rechts vom Korri-
dor ialso nach Norden) liegt die Wohnung für den Schuldiener.
Was hat der Schuldiener zu tun? Er muß die Schulklassen ausfegen,
die Klassen heizen usw. Am Westende des Korridors ist wieder eine
Glastür. Wohin führt uns diese? Auf den Korridor im Westflügel.
— 384 —
Hier ist es wieder schön hell. Wieviel Klassen liegen im ganzen
Unterhause? Sechs Klassen. Welche Räume enthält der Mittelbau
im Unterhause? — Wodurch unterscheidet sich das Unterhaus vom
ersten (von unserem) Stockwerke? —
Dicht neben der Glastür ist die Treppe, welche uns in das erste
Stockwerk führt. Da wir diese Etage schon besprochen haben, so
steigen wir gleich noch eine Treppe höher. In welchem Stockwerke
sind wir jetzt? Im zweiten. Im zweiten Stockwerke ist ebenfalls
ein Korridor. Ist er auch so lang wie der Korridor im ersten Stock?
— Warum nicht? — Was wird in dem kleinen Zimmer, das nach
Osten liegt, aufbewahrt? — Welche Klassen liegen an diesem Korri-
dor nach Norden? — Nach Süden! — Nach Westert! — Neben der
Treppe liegt ein großer Saal, — der Zeichensaal. Weshalb heißt
er Zeichensaal? — Wie groß ist er? Beinahe so groß, wie zwei
Klassen. Neben demselben ist ein kleines Zimmer. Was wird darin
aufbewahrt? — Wieviel Türen hat der Zeichensaal? — Durch die
Tür, welche sich in der Westwand befindet, gelangen wir in den
Westflügel. Wir treten auf den Korridor. Vergleiche ihn mit dem
Korridor im Ostflügel! — Wieviel Klassen liegen im ganzen zweiten
Stockwerke? Nun rechnet: Unterhaus: 6 Klassen; 1. Stockwerk:
10 Klassen; 2. Stockwerk: 8 Klassen; Summa: 24 Klassen und
1 Zeichensaal. Welche Räume haben wir noch nicht mitgezählt?
Das Zimmer für den Herrn Insepktor usw.
IV. Wie heißt der am höchsten liegende Teil des Hauses? Dach.
Womit ist das Dach gedeckt? Wie heißt der obere spitze Teil des
Daches? First. Was siehst du auf dem Dache? Schornsteine, Blitz-
ableiter. Wozu dienen diese? — An der Südseite unseres Schul-
Hauses, oben am zweiten Stock, befindet sich eine Glocke. Wozu dient
sie? — Wann wird sie geläutet? — Welche Jahreszahl steht über
der Glocke? 1876. In diesem Jahre ist unsere Schule gebaut. Wie
alt ist also unser Schulhaus? — Bis zum Jahre 1883 hatte unsere
Schule nur 18 Klassen. Als aber die Schülerzahl größer wurde,
mußten noch einige Klassen hergestellt werden. Im Jahre 1883 er-
hielt jeder der beiden Flügel auf der Südseite einen Anbau. Zeige
den Anbau im Grundrisse! — Wieviel Klassen umfaßt jeder An-
bau? — Welche? —
V. Wer hat unser Schulhaus bauen lassen? — Das Geld dazu
ist aus der Stadtkasse genommen. In der Stadtkasse liegen die
Steuern, welche eure Eltern bezahlen müssen. Eure Eltern und alle
Bewohner der Stadt Braunschweig haben also das, was der Schul-
bau gekostet hat, bezahlt. Deshalb gehört das Schulhaus allen
Bewohnern unserer Stadt. Merkt euch: Die Gebäude, welche allen
Bewohnern der Stadt gehören, nennt man öffentliche Gebäude. Was
für ein Gebäude ist also auch unser Schulhaus? Weshalb? —
Welche Gebäude gehören auch allen Bewohnern unserer Stadt?
Kirche, Rathaus, Krankenhaus (Hospital), Spritzenhaus usw. Was
— 385
Kannst du deshalb auch von der Kirche sagen? — Vom Rat-
Hause? usw.
Das Haus, in dem dein Vater wohnt, gehört nur einer
Person. Merkt euch: Gebäude, die einzelnen Personen gehören,
nennt man Privatgebäude (Privathäuser). Die meisten Gebäude
einer Stadt (fast alle Wohnhäuser) sind Privatgebäude.
VI. a.) Der Grundriß des Unterhauses wird gezeichnet. (Maß-
stab 1 : 100).
b) Der Grundriß der zweiten Etage wird gezeichnet.
c) Übung des Verständnisses. (Wie früher.)
6) Zeichnet den Grundriß ab! —
e) Aufgabe: Macht einen Grundriß von eurem Wohnhause!
J
Plan vom Schulgrund stück.
8. Der Schulhof.
I. Lage und Grenze. Wo haltet ihr euch in den Pausen (Frei-
Viertelstunden) auf? Auf dem Hofe. An unserem Schulhause liegt
ein Hof. Auf welcher Seite? Auf der Süd- und Ostseite. Da,
wo der Hof zu Ende ist, ist seine Grenze. Was ist rings auf der
Grenze errichtet? Eine Mauer. Wir sagen deshalb: Unser Hof
wird von einer Mauer begrenzt. Wiederhole das, N.! Aber nicht
alle Seiten unseres Hofes werden von einer Mauer begrenzt. Welche
nur? — Welche nicht? Die Ostseite. Wodurch wird die Ostseite
begrenzt? Staket.
II. Eingänge. Von der Straße ab können wir gleich auf den
Hof kommen, wir brauchen nicht erst durch das Schulhaus zu gehen.
Wie geht das zu? — Wo sind die Türen angebracht? In der Nord-
und Westseite.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 25
- 386
III. Gebäude auf dem Schulhofe. Welches Gebäude steht auf
dem Schulhofe? Turnhalle. Weshalb heißt diese Halle Turn-
halle? — Welche Jahreszahl steht über dem Eingange? 1877. In
diesem Jahre ist die Turnhalle gebaut. Wann das Schulhaus? —
Welches Gebäude ist also älter? Wieviel Jahre? — Neben der
Turnhalle stehen die Abortsgebäude, eins auf der Ostseite und eins
auf der Westseite.
IV. Pflanzen. Welche Pflanzen stehen auf unserem Schulhofe?
Was für Bäume sind es? — Wieviel Obstbäume hast du gezählt?
— Weshalb mögen auf unserem Schulhofe Bäume angepflanzt
sein? —
V. Befestigung. Womit ist unser Hof bestreut? — An vielen
Stellen sieht er aber schwarz aus. Wie geht das zu? Geteert.
Über den Hof führen mehrere Wege. Woran kannst du diese er-
kennen? Sie sind gepflastert. Weshalb? — Wohin führen die Wege?
Von der Haustür nach der Turnhalle usw.
VI. Größe. Wir wollen nun auch noch wissen, wie lang und
breit unser Schulhos ist. Wie lang mag er sein? (Der Lehrer ver-
säume nicht, die Kinder im Abschätzen von Entfernungen zu üben.)
Nun, was meinst du? — Du? — B. hat die Länge gemessen. Unser
Hof ist 94 m lang. Gib die Breite an! 39 m. (Einige Knaben sind
in der vorhergehenden Stunde mit dem Ausmessen des Hofes be-
auftragt worden.) Zusammenfassung: Unser Hof ist 94 m lang und
39 m breit.
VII. Graphische Darstellung. (Matzstab 1 : 100.) Wir wollen
jetzt von unserem Hofe einen Grundritz anfertigen. Zeige auf der
Tafel die Lage der Himmelsgegenden! — Gib die Richtung des
Hofes an! — Zeige, wie er auf der Tafel liegen mutz! — Wir
wollen die Nordseite des Hofes zuerst zeichnen. Gib die Stelle an,
wohin ich sie zeichnen soll! — Der Lehrer zeichnet eine entsprechende
Linie. Wie lang ist diese Linie in Wirklichkeit? 94 m. Wie lang mutz
sie auf der Tafel werden. 94 cm. (Wir brechen die Unterredung
hier ab, weil sie den früheren Lektionen gegenüber nichts Neues
bietet.) In den Grundritz wird nun eingetragen: 1. Das Schul-
haus; 2. die Turnhalle; 3. die Abortsgebäude usw.
VIII. Die Übung des Verständnisses wie in Lektion 5.
9. Die Schulstratze.
I. Name. Die meisten Häuser Braunschweigs stehen in langen
Reihen nebeneinander. Wie heitzt der Raum zwischen den Häuser-
reihen? Stratze. Damit man die Stratzen voneinander unterscheiden
kann, hat man einer jeden einen besonderen Namen gegeben. Der
Name einer Stratze ist an den Straßenecken in weitzer Schrift auf
einem blauen Schilde zu lesen. Wie heitzt die Stratze, an welcher
unsere Schule liegt? Sidonienstratze. Woher der Name? —
— 387 —
II. Erstreckung und Richtung. Wo beginnt die Sidonienstraße?
An unserem Schulhause (an der Kreuzstraße). Wo^ ist sie zu Ende?
An der Oker. Wie weit erstreckt sie sich also? Sprecht: Die Si-
donienstraße erstreckt sich von unserem Schulhause bis zur Oker.
Gib die Richtung der Sidonienstraße (nach den Himmelsgegenden)
an! Sprecht: Die Sidonienstraße zieht von Osten nach Westen.
III. Beschaffenheit. Nach welcher Himmelsgegend fließt das
Wasser in den Rinnen der Sidonienstraße? — Wo ist unsere Straße
also am höchsten? — Wenn wir von hier nach dem Hohentorwalle
gehen, so sagen wir: Wir gehen die öidonienstraße hinab. Wie
sagst du, wenn du vom Hohentorwalle nach der Schule gehst?
Hinauf. Die Sidonienstraße senkt sich nach der Oker zu. Sie ist
nach Osten hin abschüssig, nach Westen hin ansteigend. Wie fahren
die Wagen hinab? — Wie aber hinauf? —
IV. Größe. Ich habe einigen Knaben aufgegeben, die Sidonien-
straße nach Schritten zu messen. Wieviel Schritte hast du gezählt,
A.? 290 Schritte. Du? 300 Schritte. Und du? 304 Schritte.
Wir nehmen die mittlere Zahl als richtig an. Zwei von euren
Schritten betragen 1 m, also ist die Sidonienstraße 150 m lang.
Schätzt die Breite derselben! — A. hat die Breite nach Schritten
gemessen. Wie breit ist sie? Wieviel Meter sind das? — Gib Länge
und Breite der Straße an! — Weshalb werden die Straßen so breit
angelegt? —
V. Gebäude. Auf welcher Seite der Sidonienstraße liegt unser
Schulhaus? Südseite. Wieviel Häuser liegen außer unserer Schule
noch auf der Südseite? Drei. Nenne ein Gebäude auf der Nord-
seite der Straße! — Welcher Garten liegt an der Nordseite? Pflege-
hausgarten.
Um die Bewohner der Häuser schneller auffinden zu können, hat
man die Häuser mit Nummern versehen. Wo ist die Nummer (Haus-
nummer) gewöhnlich befestigt? Über der Haustür. Welche Nummer
hat unsere Schule? — Dein Wohnhaus? — In früherer Zeit
hatten viele Häuser zur näheren Bezeichnung statt der Hausnummer
irgendeinen Namen (ein Sinnbild) erhalten, z. B.: Zum Stern,
zum Schwan, zum Karpfen, zur Glocke usw. Welche Häuser haben
solche Bezeichnungen beibehalten? — (Große Städte, wie Braun-
schweig, haben ein Adreßbuch, in welchem die Namen der Bewohner
nach dem Alphabet geordnet und die Wohnungen nach Straßen
und Hausnummern angegeben sind.)
VI. Fußweg. Fahrweg. Vor jeder Häuserreihe (der Innenstadt)
befindet sich ein mit großen Steinplatten belegter Weg. Er ist nur
für Fußgänger bestimmt, — Fußweg. Doch dürfen Kinder- und
Krankenwagen darauf gefahren werden, da sie auf dem Fahrwege
leicht in Gefahr kommen könnten. Wie nennt man einen mit Stein-
platten belegten Fußweg mit einem fremden Worte? Trottoir
(Schreibung und Aussprache!). (Statt der Steinplatten nimmt man
auch häufig eine schwarze, pechartige Masse, — Asphalt. Manche
25*
— 388 —
Fußwege werden auch mit Zementplatten belegt oder mit kleinen
Steinen gepflastert. (Mosaikpflasterung.) Der verständige Fußgänger
benutzt bei seinen Gängen stets den rechts von ihm liegenden Fuß-
weg. Wenn alle Fußgänger so denken würden, dann müßte man
nicht so oft aus dem Wege gehen und käme schneller vom Platze.
Zwischen den beiden Trottoirs befindet sich der Weg, auf dem die
Wagen usw. fahren. Wie nennen wir diesen Weg deshalb? Fahr-
weg. (Fahrdamm.)
VII. Befestigung. Was für Fuhrwerke befahren unsere Straßen?
Kohlenwagen usw. Wie muß die Straße sein, da so schwere Lasten
auf derselben gefahren werden? — Am die Straßen recht fest und
dauerhaft zu machen, hat man viereckig behauene Steine (Basalt-
steine) dicht nebeneinander gestellt und die schmalen Zwischenräume
mit Sand ausgefüllt (gepflastert). Die Straßen der Innenstadt sind
fast alle gepflastert. Von der Sidonienstraße ist nur die westliche
Hälfte gepflastert. Auf die östliche Hälfte der Sidonienstraße hat man
viele kleingeschlagene Steine (von der Größe eines Hühnereis) ge-
schüttet, mit Sand bedeckt und dann mit einer großen, schweren
Walze zusammengedrückt. So ist der Fahrweg ganz eben und fest
geworden. Die auf diese Weise hergestellten Straßen nennt man
Chausseen. (Schreibung und Aussprache!) Die östliche Hälfte der
Sidonienstraße ist Haussiert. Sprecht das zusammen! - Nennt andere
Straßen, die chaussiert sind! — In einigen Straßen der Innenstadt
(Echtere und Güldenstraße) ist der Fahrweg noch anders befestigt.
Womit? Asphalt. Nennt Straßen, die mit Asphalt versehen (asphal-
tiert) sind! — Zusammenfassung! —
In der Mitte ist das Pflaster höher als an den Seiten, die
Straße ist etwas gewölbt. Warum wohl? Damit das Wasser
schneller abfließt. Wohin fließt das Wasser? In die links und rechts
vom Fahrwege liegenden Strahenrinnen. Und wohin führen die
Straßenrinnen das Wasser? In die Kanäle, die unter den Straßen
angelegt sind, und die ihr gewiß schon alle gesehen habt. Wann
kann man sie sehen? —
VIII Beleuchtung. In den meisten Dörfern ist es des Abends
so dunkel auf den Straßen, daß die Leute kaum ihren Weg finden
Können. Weshalb ist es bei uns des Abends nicht so dunkel auf
den Straßen? Die Laternen werden angesteckt. Wo sind die
Laternen angebracht? An den Häusern, auf einem Pfahle usw. Die
Flamme in der Laterne brennt ohne Öl und Docht. Wie geht das
zu? Es ist eine Gasflamme. Wo wird das Gas bereitet? Gas-
anstalt. Wie kommt es in die Laternen? — Wer zündet die Laternen
an? — Wer hat schon gesehen, wie die Laterne angezündet wird?
Erzähle? Der Laternenanzünder trägt auf einer Stange ein kleines
Licht Er geht an eine Laterne, öffnet sie, dreht den Hahn um, der
sich in ihr befindet, und hält sein Licht daran; husch! brennt in der
Laterne eine helle, weiße Flamme. Der Laternenanzünder geht von
einer Laterne zur anderen, bald brennen alle Laternen in der ganzen
— 389 —
Stadtalle Straßen sind erhellt, die Nacht ist in Tag verwandelt.
— Wie lange brennen die Laternen? —
IX. Hauptstraße, Nebenstriche, Gasse. Die Sidonienstraße führt
nicht mitten durch unsere Stadt- Solche Straßen nennt man Neben-
straßen. Was für eine Straße ist die Sidonienstraße? Sprecht: Die
Sidonienstraße ist eine Nebenstraße! Weshalb? — Nennt andere
Nebenstraßen! — Nenne eine Straße, welche durch die ganze Stadt
oder doch durch einen großen Teil derselben führt! Bohlweg usw.
Merkt euch: Straßen, welche durch die ganze Stadt oder durch einen
großen Teil derselben führen, nennt man Hauptstraßen. Was für
eine Straße ist also der Bohlweg? ■■— Weshalb? Nennt andere
Hauptstraßen! Was für Straßen unterscheiden wir also? — Haupt-
und Nebenstraßen.
Sehr schmale Straßen nennt man Gassen oder Tweten. Nennt
einige Tweten! Kupfertwete, Lindentwete usw. Manche Gassen stehen
nur an einem Ende mit einer Straße in Verbindung. Am anderen
Ende Md sie geschlossen. Solche Gassen nennt man Sackgassen.
Warum Sackgassen? — Nenne eine Sackgasse! Bürgerstraße, Wil-
merdingstraße. Wieviel Gassen und Straßen haben wir in unserer
Stadt?
X. Graphische Darstellung. Unseren Maßstab 1 : 100 können
wir diesmal nicht brauchen. Wir müssen unseren Maßstab 200 mal
verkleinern. Ein Meter in der Wirklichkeit sind also nur 5 mm in der
Zeichnung. (Der Lehrer zeichnet die Straße mit doppelten Linien.)
Zeichne das Schulhaus als einfaches Rechteck! — Zeichne das B.sche
Wohnhaus! — Wo liegt der Pflegehausgarten usw.?
XI Die Äbung des Verständnisses wie in Lektion 5.
10. Die Nebenstraßen.
I. Die Krellzstraße. Welche Richtung hat die Sidonienstraße?
Sie zieht von Osten nach Westen. Da, wo die Sidonienstraße im
Westen aufhört, fängt eine andere Straße an. Welche? Die Kreuz-
straße. Die Kreuzstraße ist nach einem Kreuze benannt, das früher
vor dem Hohentore stand. Gib mit deinem Arm die Richtung der
Kreuzstraße an! — Nach welcher Himmelsgegend zieht sie also?
Nach Westen. Wohin führt sie uns? Ins Feld. Vergleiche die
Breite der Kreuzstraße mit der der Sidonienstraße! Beide Straßen
sind gleich breit. Vergleiche beide Straßen nach ihrer Länge! Die
Kreuzstraße ist viermal so lang als die Sidonienstraße. Am Anfange
der Kreuzstraße liegt der Martini-Kirchhof. Weshalb heißt er Mar-
tini-Kirchhof? —- Weshalb Martini-Kirchhof? — (Vergl. Lektion
13: Die Martinikirche.) Auf welcher Seite der Kreuzstraße liegt er?
Südseite. Wie weit erstreckt er sich nach Süden? Bis zum Hohestieg.
Wie weit erstreckt er sich nach Westen? — Welche Straße mündet
hier auf die Kreuzstraße? Bürgerstraße. Die Bürgerstraße ist eine
— 390 —
Sackgasse. Weshalb nenne ich sie so? — Welche Schule liegt an der
Bürgerstraße? 4. untere Bürgerschule. Wir wollen die Kreuzstraße
zeichnen. (Die Zeichnung aus der vorigen Stunde wird vervollstän-
digt.) Die Kreuzstraße zieht also von unserer Schule nach Westen!
Zeige auf der Tafel von unserem Schulhause nach Westen! — B.
soll die Kreuzstraße eintragen! Geschieht. Hat B. ihr die vorhin
angegebene Richtung gegeben? — Hat sie die richtige Breite? -
Länge? Weshalb? — Gib die Länge des Martini-Kirchhofes an!
— Zeichnen! — Zeige die Stelle, wo die Bürgerstraße in die Kreuz-
straße mündet! — Auf welcher Seite steht die 4. untere Bürger-
schule? — Zeichnen! — Wer von euch wohnt auf der Kreuzstraße?
— Zeige mir auf der Wandtafel, wo dein Wohnhaus steht! —
Wer wohnt an der Nordseite? — Zeige auf der Tafel, wo du wohnst! —
II. Die Goslarschestrahe. Welche Straße führt an der West-
seite unseres Schulhauses vorüber? Goslarschestraße. Wo fängt
sie an? Am Hohentore. Wo hört sie auf? Rudolfplatz. Wie
weit erstreckt sich also die Eoslarschestraße? Vom Hohentore bis
zum Rudolfplatze. Welche Richtung hat sie? Von Süden nach
Norden. Zuerst sprechen wir von dem Stück der Eoslarschenstraße,
welches sich von unserer Schule bis zum Hohentore erstreckt. Schätze
die Länge dieses Stückes! — Die Breite! — Womit ist der Fahr-
dämm befestigt? Basaltsteine. Welche Farbe zeigen die Basaltsteine?
— Weshalb eignen sie sich besonders gut zu Pflastersteinen? Sehr
hart, dauerhaft. Womit ist der Fußweg befestigt? Zementplatten.
Weshalb liegt der Fußweg immer etwas höher als der Fahrweg?
— Was für Bäume stehen am Rande des Fußweges? — Wieviel
Straßen münden auf diesen Teil der Goslarschenstraße? Drei. Nenne
sie! Hohestieg (mit der 3. mittleren Knaben-Bürgerschule), Ma-
damenweg und Broitzemerstraße. Welches große Gebäude fällt euch
an der Westseite der Goslarschenstraße auf? Katholische Kirche.
(St. Zosephkirche.) Jetzt wollen wir das eben besprochene Stück
der Goslarschenstraße auf die Wandtafel zeichnen. Nach welcher
Himmelsgegend zieht es vom Schulhause ab? Süden. Gib diese
Richtung auf der Tafel an! — Zeichnen! — Die einmündenden
Straßen! — Wer wohnt auf diesem Teile der Eoslarschenstraße?
— Auf welcher Seite? — Zeige, wo dein Wohnhaus steht! —
Nun das zweite Stück der Goslarschenstraße. Wie weit erstreckt
es sich? Von unserer Schule bis zum Rudolfplatze. Vergleiche die
Länge des zweiten Stückes mit der des ersten! — Richtung!
Unterschied in der Befestigung des Fahrdammes! Der Fahrdamm
ist hier chaussiert. Womit sind die Fußwege befestigt? — Worin
stimmen beide Teile der Goslarschenstraße überein? — Wodurch
unterscheiden sie sich? — Welche Straßen münden in die Goslarsche-
straße? Chemnitzstraße, Höfenstraße, Petristraße. Wo die Petristraße
mündet, liegt der Petri-Kirchhof. Zeichnen des zweiten Stückes! —
Zeige das Südende der Goslarschenstraße! — Das Nordende! Die
Westseite! — Die Ostseite! — Wer wohnt an der Ostseite der Eos-
— 391 —
larschenstraße? — Wer an der Westseite? — Zeige auf der Tafel,
wo du wohnst! —
III. Königstieg und Pflegehausstrahe. Etwa in der Mitte der
Sidonienstraße zweigt sich eine Straße nach Norden ab- Wie heißt
diese Straße? Königstieg. Welche Straßen verbindet sie? Sidonien-
straße und Chemnitzstraße. Zeige auf der Tafel die Stelle, wo der
Königstieg beginnt! - Nach welcher Himmelsgegend erstreckt er sich von
hier aus? Norden. Gib seine Richtung auf der Tafel an! - Wir
zeichnen jetzt den Königstieg. - Wer wohnt auf dem Königstieg? - An
welcher Seite? - Zeige, wo dein Wohnhaus steht! - Welche Straße
zweigt sich von dem Königstieg ab? Pflegehausstraße- Weshalb
heißt diese Straße Pflegehausstraße? Weil an ihr das Pflegehaus
liegt. Welche Straßen verbindet sie miteinander? Königstieg und
Cellerstraße. Zeige auf der Tafel die Stelle, wo sie von dem König-
stieg abzweigt! Sie hat aber keine gerade Richtung. Bei welcher
Straße macht sie eine Biegung (nach Osten)? Bei der Chemnitzstraße.
Wir zeichnen jetzt die Pflegehausstraße. Wer wohnt am ersten Teile
der Straße? — Wer am zweiten? — Zeige mir, wo du wohnst!
An welcher Strecke liegt das Pflegehaus? — An welcher Seite?
— Gib die Stelle an! — Ich mache hier ein kleines Rechteck.
Was soll es vorstellen? — Und zwar das alte Pflegehaus. Wozu
dient es seit einigen Iahren (1905)? — Dicht neben dem alten steht
das neue Pflegehaus. Es ist ein großes, schönes Gebäude, welches aus
einem Mittelbau und zwei Flügeln besteht. Wieviel Stockwerke ist
es hoch? Drei. Welchen Namen führt das neue Pflegehaus? Städti-
sches Kinderheim. Woher weißt du das? Es steht über der Haus-
tür. In welchem Jahre hat man mit dem Bau des Kinderheims
begonnen? 1903. Wer hat dir das gesagt? Steht oben an der
Vorderseite des Mittelbaues. Vor der Jahreszahl 1903 stehen noch
einige Buchstaben: A. Dom. 1903, d. h. im Jahre des Herrn
1903. Was fällt euch noch an der Vorderseite auf? Große Uhr.
Das Bild eines roten Löwen. (Wappenschild der Stadt Braun-
schweig. Man vergl. darüber die Lektion: Der Kohlmarkt, Abschnitt
II. Das Gewandhaus.) Bilder. Wo sind diese angebracht? Zwischen
den Fenstern des 2. und 3. Stocks. Was stellen sie dar? Rot-
käppchen, Dornröschen, Aschenputtel usw. Welchen Zweck hat das
Kinderheim? Arme Kinder, welche keine Eltern mehr haben, werden
hier von der Stadt versorgt, — erzogen. Woran kann man die
Kinder, welche dem Kinderheime angehören, leicht erkennen? An
der Kleidung. Weshalb? ■■— Welche Schule besuchen sie? — Wie
lange bleiben die Kinder im Kinderheime? ■— Nach der Konfirmation
verlassen sie das Kinderheim, um ein nützliches Handwerk zu er-
lernen oder in Dienste zu gehen.
Diese Anstalt ist also für arme, elternlose Kinder eine große
Wohltat. Das städtische Kinderheim ist eine Wohltätigkeitsanstalt.
Welches Gebäude liegt hinter dem Pflegehause (nach Osten)?
Städtisches Krankenhaus. Welche Leute werden in das Kranken-
— 392 —
Haus gebracht? — Ihr seid auch schon krank gewesen und doch nicht
in das Krankenhaus gebracht Worden. Weshalb nicht? Eltern haben
uns gepflegt. Welche Leute werden hauptsächlich in das Kranken-
Haus gebracht? Die allein in der Welt stehen, keine Eltern oder
Verwandten hier haben, die sie pflegen können; die operiert werden
müssen; Schwerkranke. Im Krankenhause sind viele große und kleine
Zimmer, große und kleine Säle. Dort liegen die Kranken, entweder
allein oder zu zweien und dreien oder endlich in großer Anzahl in
einem Räume. Wer untersucht den Kranken, sobald er ins Kranken-
Haus gebracht worden ist? Arzt. Im Krankenhause wohnt ein Arzt.
Weshalb? — Wenn er den Kranken untersucht hat, sagt er ihm,
was ihm fehlt, ob er operiert werden muß; er verschreibt ihm
Arznei. Der Arzt kommt täglich mehrere Male und beobachtet die
Kranken und ihre Krankheiten. Wer pflegt die Kranken im Kranken-
Hause? Wärter, Pfleger, Schwestern. Sie haben weiter nichts zu
tun, als die Kranken zu pflegen. Sie rücken ihnen die Kissen zurecht,
legen sie ordentlich, reichen ihnen zu trinken, zu essen, geben ihnen
Medizin usw. Wie lange müssen die Kranken im Krankenhause
bleiben? — Wenn sie der Arzt für gesund erklärt, können sie das
Krankenhaus verlassen.
(In Braunschweig gibt es mehrere Krankenhäuser. Wo? —
In einem Krankenhause werden nur kranke Soldaten verpflegt. Dieses
Krankenhaus heißt Lazarett.)
Das städtische Krankenhaus ist auch eine Wohltätigkeitsanstalt
Von welchen Wohltätigkeitsanstalten haben wir bis jetzt gesprochen?
— Die Stadt hat sie von den Steuern, welche eure Eltern bezahlen
müssen, erbauen lassen. Wem gehören sie also? Stadt. Darum
heißen sie auch: das städtische Pflegehaus, das städtische Kinderheim.
Alle drei Anstalten sind öffentliche Gebäude.
IV. Die Oker, die Brücke. Wie weit reicht die Sidonienstraße
nach Osten? Bis zur Oker. Gib die Richtung der Oker an! Sie
fließt hier von Süden nach Norden. Ich zeichne jetzt die Oker. In
die Mitte des Flusses setze ich einen Pfeil. Wohin zeigt die Spitze
des Pfeiles? Nach Norden. Dieser Pfeil soll anzeigen, daß das
Wasser nach Norden fließt. Welche Straßen werden hier durch die
Oker getrennt? Sidonienstraße und Hohetorwall. Wodurch sind
beide miteinander verbunden? Durch eine Brücke. Wie breit ist sie?
— Wie lang? — Woraus ist sie gebaut? — Vor der Brücke (auf
der Sidonienstraße) stehen mehrere Pfähle. Weshalb? Über die
Brücke sollen keine Wagen fahren, sie ist nur für Fußgänger bestimmt.
Die Brücke wird gezeichnet.
Aufgabe: Zeichnet und schreibt ab, was an der Wandtafel steht!
Anmerkung: Nur bei der Schulstraße, dem Marktplatze und den
Hauptstraßen ist der Schritt als Erundmaß in Anwendung zu bringen.
Bei der Eintragung der übrigen Straßen genügt eine ungefähre
Schätzung nach Lage und Größe.
Zeichnung: Nähere Umgebung der 2. mittleren Mädchenschule.
— 393 —
11. Die Herberge zur Heimat.
Wir sprechen heute von der Herberge zur Heimat. Erfragen! —
Ihr habt euch gestern die Herberge zur Heimat ansehen müssen. Wer
kommt auf seinem Schulwege an ihr vorüber? Gib an, wo sie liegt!
An der Iuliusstraße. Die Iuliusstraße ist aber sehr lang. Gib die
Lage genauer an! Neben dem Friedhofe. Zusammenfassung: Die
Herberge^ zur Heimat liegt an der Juliusstrahe neben dem Fried-
Hofe. (Siehe vorstehende Abbildung.)
Aus wieviel Stockwerken besteht das große Gebäude? Aus drei.
Aus was für Steinen hat es der Baumeister gebaut? Roten Back-
steinen. Woher weiß ein Fremder, daß dieses Gebäude die Herberge
zur Heimat ist? Steht über der Haustür. Was steht über der Haus-
tür geschrieben? Herberge zur Heimat. Wo ist diese Inschrift eben-
falls (und noch viel deutlicher) angebracht? Giebelseite. Zusammen-
fassung: Das große dreistöckige Gebäude ist aus roten Backsteinen her-
gestellt, über der Haustür und an der Giebelseite stehen die Worte:
Herberge zur Heimat.
Erwachsene Personen haben euch gewiß schon oft gefragt: ,,Wo
ist denn hier die Herberge zur Heimat?" Wer von euch ist schon
so gefragt worden? — Was hast du geantwortet? — Hast du dir
— 394 —
den Mann auch angesehen, der dich nach der Herberge fragte? —
Wie alt mochte er sein? 20 Jahre. Was hatte er in der Hand?
Stock. Was trug er auf dem Rücken? Felleisen, Bündel, Rucksack.
Was hatte er in seinem Bündel? Hemd, Stiesel usw. Was mag der
junge Mann wohl gewesen sein? Handwerksbursche. Wie sahen
seine Kleidung und seine Stiefel aus? Schmutzig, — bestaubt. Wo-
von ist das gekommen? Lange auf der Landstraße (Chaussee) ge-
wandert. Vielleicht ist er den ganzen Tag auf der Landstraße ge-
wesen (von Hildesheim oder Hannover gekommen). Da hat er
unterwegs gewiß das Lied gesungen, welches ihr auch gelernt habt:
Den Stab Hab' ich genommen,
Das Bündel mir geschnürt;
So zieh' ich immer weiter,
Wohin der Weg mich führt!
Räch welcher Stadt führte ihn sein Weg? Braunschweig. Woran
sieht man, daß er einen weiten Weg zurückgelegt hat? — Manchem
Handwerksburschen kann man auch sonst noch ansehen, daß er lange
gewandert ist! Er stützt sich auf seinen Stock und kommt nur mühsam
von der Stelle. Wie ist er auf seiner Wanderung geworden? Müde.
Vielleicht hat er unterwegs auch nichts gegessen und getrunken. Wie
ist er deshalb? Hungrig, durstig. Ja müde, hungrig und durstig
sind die Handwerksburschen, wenn sie in Braunschweig ankommen.
Welches Haus suchen sie deshalb auf? — Sage jetzt, von wem die
Herberge zur Heimat aufgesucht wird! Die Herberge zur Heimat
wird von müden, hungrigen und durstigen Handwerksburschen auf-
gesucht.
In der Herberge zur Heimat werden die Handwerksburschen
stets freundlich aufgenommen. Wer heißt in anderen Gasthäusern die
Gäste willkommen? Wirt. In der Herberge zur Heimat ist auch ein
Wirt; man nennt ihn aber nicht Wirt, sondern Hausvater. Er-
fragen! — Der Hausvater führt die Handwerksburschen in ein
großes Zimmer. Leute (Arbeiter) aus Braunschweig dürfen sich in
diesem Zimmer nicht aufhalten, es ist nur für Fremde bestimmt.
Welchen Namen hat man diesem Zimmer deshalb gegeben? Frem-
denzimmer Zusammenfassung: Der Hausvater nimmt die Hand-
werksburschen freundlich auf und führt sie in das Fremdenzimmer.
In dem Fremdenzimmer legen sie ihr Bündel ab und setzen sich
auf einen Stuhl oder auf eine Bank. Weshalb? Ausruhen. Nach
der langen Wanderung tut ihnen die Ruhe wohl. Nun möchten sie
aber auch ihren Hunger und ihren Durst stillen. Zum Glück können
sie beim Hausvater für wenig Geld zu essen und zu trinken be-
kommen. Was bestellen sie sich vielleicht? Brot, Glas Bier. Speise
und Trank machen den müden Wanderer wieder stark, — stärken
ihn. Erfragen! — Wodurch stärken sich die müden Wanderer? —
Zusammenfassung: In dem Fremdenzimmer ruhen sich die müden
Wanderer (Handwerksburschen) aus und stärken sich durch Speise
und Trank. Wenn der Wanderer aber keinen Hunger und Durst
— 395 —
hat, braucht er in der Herberge zur Heimat nichts zu verzehren,
niemand zwingt ihn dazu.
In anderen Wirtschaften können die Gäste trinken, was sie
rvollen. Nennt Getränke, die manche Gäste trinken! — Branntwein
darf in der Herberge zur Heimat nicht getrunken werden, das leidet
der Hausvater nicht. Womit vertreiben sich in manchen Wirtschaften
die Gäste ihre Zeit? Kartenspiel (um Geld); singen Lieder (manch-
mal sogar sehr rohe). Das alles duldet der Hausvater in der Her-
berge zur Heimat nicht. Was ist dort also verboten? — Wenn sie
das alles unterlassen, dann betragen sie sich anständig. Wie müssen
sich die Handwerksburschen in der Herberge zur Heimat betragen?
Zusammenfassung: Die Handwerksburschen müssen sich in der
Herberge zur Heimat anständig betragen. Sie dürfen keinen Brannt-
wein trinken, nicht um Geld spielen und keine rohen Lieder singen.
(Ferner keine Schimpf- und Fluchworte oder unanständige Reden
führen.)
Die Polizei will wissen, wer in der Herberge zur Heimat ein-
gekehrt ist. Der Hausvater muß sich deshalb von den Handwerks-
burschen die „Papiere" (Invalidenkarte, Arbeitskarte) geben lassen
und ihre Namen auf einen Zettel schreiben. Diesen bringt er am
anderen Morgen nach der Polizeistation. Die wandernden Hand-
werksburschen müssen bei der Polizei angemeldet werden. Weshalb
wohl? —
Die Handwerksburschen bleiben auch des Nachts in der Herberge.
Um 9 oder 91/2 Uhr müssen sie zu Bett gehen. Vorher singen sie
aber ein frommes Lied; auch liest ihnen der Hausvater etwas aus
der Bibel vor, — er hält mit ihnen eine Andacht ab. Erfragen!
— Um was bitten alle den lieben Gott? — Am andern Morgen
um (7 oder 71/2 Uhr) hält der Hausvater noch einmal eine Andacht
ab. Wofür danken alle? — Zusammenfassung: Abends und morgens
hält der Hausvater mit den Handwerksburschen eine Andacht ab.
In der Herberge zur Heimat sind große und kleine Säle und
viele Kammern, worin die Handwerksburschen schlafen. In den
großen Sälen stehen 20, in den kleinen Sälen sechs Betten. In den
Kammern steht gewöhnlich nur ein Bett; es gibt aber auch Kam-
mern mit zwei oder drei Betten. Wer 0,25 M Schlafgeld bezahlt,
muß in einem großen Saale schlafen. In den kleinen Sälen kostet das
Schlafgeld 0,35 M. Wer allein in einer Kammer schlafen will, muß
0,50 M, 0,75 M oder 1 M bezahlen. Die Handwerksburschen schlafen
in Sälen oder in Kammern.
Sehr häufig kommen nach der Herberge auch Wanderer, die
keinen Pfennig in der Tasche haben. Wie mag das zugehen? Haben
keine Arbeit gehabt, nichts verdient. Ob ihnen der Hausvater die
Tür weist? — Nein, auch sie bekommen zu essen und zu trinken und
dürfen über Nacht in der Herberge bleiben. Am anderen Morgen
aber müssen sie nach dem Hause gehen, welches links von der Joseph-
— 396 —
kirche steht, und dort für das, was sie in der Herberge empfangen
haben, mehrere Stunden Holz hacken (für den Verein gegen Bettelei).
Mittags bekommen sie noch einmal zu essen, und dann können sie
wieder weiter wandern. Zusammenfassung: Arme Handwerksburschen
müssen für die (in der Herberge zur Heimat) empfangenen Wohltaten
arbeiten (Holz hacken).
Weshalb kommen so viele Handwerksburschen nach Braun-
schweig? Suchen Arbeit. Sie gehen schon früh in die Stadt und
bitten die Meister um Arbeit. Manche erhalten Arbeit, manche nicht.
Was tun die Handwerksburschen, welche hier keine Arbeit gefunden
haben? Wandern weiter. Zuweilen kommen auch die Meister nach
der Herberge, um sich einen Gesellen zu holen. Sie gehen in der
Herberge in ein besonderes Zimmer, — in das Meisterzimmer. Zu-
sammenfassung: Die Handwerksburschen suchen in Vraunschweig Ar-
beit; wer keine erhält, wandert nach einer anderen Stadt (oder nach
einem Dorfe).
Das Gasthaus für wandernde Handwerker führt den Namen
,,Herberge zur Heimat". Der Wanderer soll sich in dieser Herberge,
in der immer Ordnung und Sauberkeit herrschen, wie zu Hause, wie
in seiner Heimat fühlen. Ich habe den Hausvater kürzlich gefragt:
,,Wieviel Wanderer kehren denn bei Ihnen täglich ein?" Da ant-
wartete er: ,,Zwiscken 40 und 50". Das macht in einem Jahre
über 15 000. Was kannst du aus diesem zahlreichen Besuche
schließen? Daß sich die Wanderer wirklich wie in der Heimat fühlen.
Auch die Eltern freuen sich, wenn ihre wandernden Söhne in den
Herbergen zur Heimat verkehren. Dort sind die Speisen und Ge-
tränke billig, und die jungen Leute werden vor Verführung be-
wahrt. Wiederhole noch einmal, was in der Herberge nicht geduldet
wird! —
(Herbergen zur Heimat gibt es in vielen deutschen Städten. Der
Plan, auch in Braunschweig eine Herberge zur Heimat zu gründen,
wurde zuerst vom Pastor Gustav Eißfeldt am Marienstifte gefaßt.
Er sprach darüber mit mehreren Herren aus Braunschweig, und da
diese auch der Meinung waren, daß für die wandernden Arbeiter
und Handwerksburschen besser gesorgt werden müßte, so kauften sie
an der Iuliusstraße (für 4500 M) einen Bauplatz und ließen darauf
die Herberge zur Heimat erbauen. Das Geld zum Bauen (beinahe
43 000 M) wurde teils durch Geschenke, teils durch Anteilscheine, teils
durch Jahresbeiträge aufgebracht. Im Juli 1876 wurde das Haus
feierlich eingeweiht.)
Nächste Stunde sprechen wir über die Sonnenstraße und den
Altsladtmarkt. Seht euch dort um! Seht euch besonders die Mar-
tinikirche und das Altstadtrathaus an! (Einige der reiferen Schüler
erhalten die Aufgabe, Länge und Breite des Altstadtmarktes und
der Sonnenstraße nach Schritten zu messen. Bei jedem neuen Hundert
stecken sie ein Steinchen in die Tasche.)
— 397 —
12. Die Sonnenstrahe.
I. Der Weg bis zur Sonnenstrahe. Gib den Weg von der Si-
donienstraße bis zur Sonnenstraße an! — Brücke, Hohetorrvall. Nach
welcher Himmelsgegend müssen wir gehen, wenn^wir die Brücke
verlassen haben? Süden. Wovon wird die rechte Seite des Weges
begrenzt? Von einem eisernen Staket. Weshalb? Oker. Was steht
links und rechts vom Wege? Bäume, Sträucher usw. (Davon
später.) Unser Weg führt uns auf einen runden Platz. Er hat keinen
besonderen Namen, er gehört zum Hohetorwalle. Womit ist der Platz
geschmückt? Rasenplätze, Bäume. Was für Bäume find es? Buchen.
Wieviel Straßen gehen von diesem Platze aus? Vier. Nach
welchen Himmelsgegenden? N., S., O. undjSW. Welche Straße
zieht nach Süden? Wilhelmitorwall. Nach Südwest? Am^Hohen-
tor. Nach Norden? Hohetorwall- Und nach Osten? Die Sonnen-
straße. Der Weg von der Brücke bis nach dem runden Platze wird
gezeichnet, die von letzterem ausgehenden Straßen werden ange-
deutet. Grundmaß ist der Schritt.
II. Die Sonnenstraße heißt nach ihrem einstigen Bewohner
Sonnet) Früher wurde sie Hohetorstraße genannt. Sie führt uns
in die Stadt. Wo ist die Sonnenstraße zu Ende? Bei der Martini-
kirche. Genauer: da, wo die Scharrnstraße anfängt. Wir können
also sagen: Die Sonnenstraße reicht von dem Hohentorwall bis
zur Scharrnstraße. Wieviel Schritte hast du bis dahin gezählt?
400 Schritte. (Wird notiert.) Wieviel Schritte hast du gezählt? —
Du? — Gib die Richtung der Sonnenstraße an! Sie zieht von
Westen nach Osten. Ich zeichne jetzt die Sonnenstraße. Sie ist ziem-
lich gerade. —
Gleich im Anfange führt die Sonnenstraße über eine Brücke.
Vergleiche diese Brücke mit der Brücke an der Sidonienstraße! Diese
Brücke ist aus Steinen gebaut, sehr breit, gepflastert, hat an jeder
Seite einen Fußweg und ein eisernes Geländer, wird von Wagen be-
fahren. Die Oker hat hier ein starkes Gefälle. Woran seht ihr das?
Das Wasser fließt sehr schnell. (Oker und Brücke werden gezeichnet.)
_ Die Sonnenstraße wird zweimal von anderen Straßen durch-
schnitten. Von welcher zuerst? Von der Echternstraße. Diese Straße
hat den Namen Echternstraße erhalten, weil sie achter (hinter) den
anderen Straßen der Stadt Herzog. Welche Richtung hat die Echtern-
straße? Zieht von Süden nach Norden. Wohin führt das Südende?
Prinzenweg. Das Nordende? Südklint. Welche Straßen verbindet
*) Nach Männern, die sich um Braunschweig verdient gemacht haben, pflegte
man früher keine Straßen zu nennen, wohl aber nach solchen, die in einer Straße
ein größeres Besitztum hatten. So heißt die Lindentwete nach einem Manne
namens X'inde. Die Maibaumstraße nach der Famili: Maibaum, die Heinenstraße
ist entstellt aus der 'Heidenstraße, der Name gründet sich auf die Familie von der
Heide, die also in der Heide ihren Wohnsitz gehabt hatte und nach Braunschweig
gezogen war. Der Kaienwall ist genannt nach der Familie Kale, durch deren
Besitztum er angelegt wurde.
— 398 —
also die Echternstrahe? — Von welcher Straße wird die Sonnenstraße
zweitens durchschnitten? Güldenstraße. Name! Die Güldenstratze
war wahrscheinlich die Siratze, aus der viele Eoldarbeiter wohnten.
Gib ihre Richtung an! Zieht von Süden nach Norden. Wohin führt
das Nordende der Güldenstratze? Südklint. Das Südende? Gieseler.
(Bahnhof.) Welche Straßen verbindet sie also? — Wo ist die
Sonnenstratze zu Ende? Bei der Scharrnstraße. Name! In der
Scharrnstratze (und dem Hagenscharrn) standen die Scharren, d. h. die
Bänke, auf denen die Fleischer ihr Fleisch und die Bäcker ihr Brot
feilhielten (heutigestags mit den Ständen in der Markthalle ver-
gleichbar). Gib die Richtung der Scharrnstratze an! Zieht von der
Sonnenstraße nach Norden. Bis zu welcher Straße? Bäckerklint. Wir
haben jetzt zwei Straßen mit der Bezeichnung „Klint" kennen gelernt:
Bäckerklinl und Südklint. (Etwas weiter nach Norden liegt noch ein
dritter Klint: der Radeklint.) „Klint" bedeutet Hügel. Weshalb
mögen diese Straßen den Namen ,,Klint" erhalten haben? Sie waren
auf einem Hügel angelegt. Weshalb? >— (Man vergleiche die Lektion:
Vom Kohlmarkte nach dem Rathause, Absch. 2. Vor der Burg.)
Woher mag nun aber der Name Bäckerklint kommen? — (Siehe
die Lektion: Der Kohlmarkt und seine Umgebung, III. 6. Der Löwen-
türm.) Welche Straßen haben dieselbe Richtung wie die Scharrn-
straße? Echtern- und Güldenstraße. Was kannst du also von der
Echtern-, Gülden- und Scharrnstraße sagen? Sie ziehen alle drei von
Süden nach Norden. Welche Straßen durchschneiden die Sonnen-
straße? — Können wir das auch von der Scharrnstraße sagen? Nein.
Was müssen wir von ihr sagen? Sie mündet in die Sonnenstraße,
sie zweigt sich von ihr ab. (Diese drei Straßen werden jetzt gezeichnet.)
A. und 23., welche auf der Sonnenstraße wohnen, sollten auf die
Wagen achten, welche durch die Sonnenstraße fahren. Wie lange bist
du (A.) auf deinem Posten gewesen? — Wieviel Wagen hast du in
dieser Zeit gezählt? — Wieviel du (B.)? — Was kannst du also
über die Zahl der Wagen, welche durch die Sonnenstraße fahren,
sagen? Sehr viel. Womit waren die meisten Wagen beladen?
Ziegelsteine. Wo holen die Fuhrleute die Ziegelsteine her? Ziegelei.
Wo befinden sich viele Ziegeleien? Vor dem Hohentore (Madamen-
weg und Broitzemerstraße). Womit sind andere Wagen beladen?
Was habt ihr sonst noch für Wagen gesehen? Milch-, Bier-, Brot-,
Schlachterwagen usw. Manchmal begegnen sich so viele Wagen in
der Sonnenstraße, daß sie nicht aneinander vorüberfahren können, be-
sonders aber, wenn die „Elektrische" noch hinzukommt. Was hast
du dann beobachtet? Die Wagen können nicht weiter, müssen halten
usw. An welcher Stelle kommt das sehr oft vor? Vor dem Laden
der Dampfmühle. Weshalb gerade hier? Hier ist die Sonnenstraße
sehr schmal. Auf der Sonnenstraße sieht man aber nicht nur viele
Wagen, sondern auch viele Menschen. Was hast du darüber beob-
achtet, A.? •— B. ? — Wo wohnen wohl die meisten, die hier
gehen? Hohentore Zusammenfassung: Auf der Sonnenstraße fahren
— 399 —
viele Wagen und gehen viele Menschen. Dafür sagen wir auch
noch Auf der Sonnenstraße herrscht ein starker (großer, reger, leb-
hafterj Verkehr. (Was bedeutet: Der Verkehr „stockt"?---
gerät ins Stocken? —•)
Von der Sonnen straße bis zum Altstadtmarkt.
13. Die Martinikirche.
I. Welche Straße bildet die Fortsetzung der Sonnenstraße? Die
Straße „An der Martinikirche". Weshalb hat man ihr diesen Namen
gegeben? Weil sie an der Martinikirche liegt. Sie ist sehr kurz.
Wieviel Schritte hast du gezählt? 130 Schritte. Welches Gebäude
steht an ihrer Südseite? Martinikirche. (Siehe Abbildung Seite 399.)
Wieviel Gebäude stehen an der Nordseite? Vier. Welches von diesen
fällt euch am meisten auf. Bankhaus der Gebr. Löbbecke. Wodurch?
— Wir Wollen diese Straße jetzt zeichnen.
II. Die Martinikirche ist vor 700 Jahren von Heinrich dem
Löwen erbaut worden. Ihren Namen führt sie dem Bischof Martin
zu Ehren. (Einen Bischof nannte man früher einen Prediger, der
die Aussicht über die anderen Prediger (Pastoren) führte und der
erste und vornehmste unter ihnen war.) Unter der Kanzel sieht man
das Steinbild des hl. Martin zu Pferde, wie er seinen Mantel mit
dem Säbel durchschneidet, um die eine Hälfte einem Armen zu geben,
der nackend vor ihm steht. An der Westseite der Kirche stehen zwei
Türme. ^ Jeder Turm ist 65 m hoch. Vergleich mit der Höhe
unseres Schulhauses! — Auf dem Dache der Kirche steht noch ein
kleiner Turm. In dem hängen die Glocken. Wozu dienen diese?
— Wann werden sie geläutet? — Wenn du größer bist, so folge
gern ihrem Rufe. Die Glocken erklingen auch bei Trauungen und
— 400 —
bei Begräbnissen, sie geben das Zeichen bei Feuersbrünsten (Sturm-
glocke). Wo die Glocken befestigt sind, sind kleine Fenster (Löcher)
im Turme angebracht, damit der Schall herausströmen kann. Wie
nennt man diese Löcher? Schallöcher. Was befindet sich außer den
Glocken noch auf dem Turme? Uhr — Turmuhr. Wieviel Ziffer-
blätter hat sie? — Nach welchen Himmelsgegenden liegen diese? -
Was ist auf der Spitze des Turmes angebracht? Eine große hohle
Kugel, — der Knopf. Was seht ihr über dem Knopf? Fahne
Wind- oder Wetterfahne. Was zeigt sie uns an? -
Die Kirche hat zwei Langseiten; nach welcher Himmelsgegend
liegen dieselben? — Sie hat auch zwei schmale Seiten; nach welcher
Himmelsgegend liegen aber diese? — Wieviel Schritte messen die
Langseiten? — Schritte. Und die Breitseiten? — Schritte. Der
Grundriß der Kirche wird gezeichnet. In den Mauern sind hohe und
breite, also große Fenster — Kirchenfenster. Wieviel Fenster hat die
nördliche Langseite? — Die südliche? — Welche Seite hat gar keine
Fenster? — Weshalb nicht? — Wieviel Fenster sind in der Ost-
wand? Ich zeichne jetzt ein Kirchenfenster an die Wandtafel. Wo-
durch unterscheidet es sich von den Fenstern eines Wohnhauses?
Sie bilden oben einen spitzen Bogen. Mit welchem Namen können wir
solche Bogen bezeichnen? — Die Kirchenfenster der Martinikirche
sind mit Spitzbogen versehen. Weshalb gefielen euch die Fenster so
gut? Das Glas war mit bunten Bildern bemalt (Glasgemälde).
Von welcher Seite könnt ihr die Glasgemälde am besten sehen?
Was stellen sie dar? —
Wieviel Türen führen in die Kirche hinein? — Wo befinden
sie sich? Die Haupttür führt durch den Turm und wird Portal ge-
nannt. An welcher Seite ist das Portal?
Über der Tür, welche dem Altstadtrathause gegenüberliegt, sehen
wir ein in Stein gehauenes Bild, welches den Tod der Maria dar-
stellt. Beschreibe das Bild! — Der über dieser Tür liegende Giebel
ist mit elf Steinfiguren geschmückt, welche den Herrn Jesus mit den
fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen darstellen sollen. Die Ost-
seite der Martinikirche hat einen Anbau erhalten. Die an der Außen-
seite desselben stehenden Pfeiler tragen die Standbilder von Dr. Mar-
tin Luther und von der Jungfrau Maria mit dem Iesuskindlein.
Auch die Südseite der Martinikirche hat einen Anbau erhalten: die
St. Annenkapelle. Ein Einwohner in Broitzem hat diese Kapelle (im
Jahre 1434) bauen lassen. Die äußeren Pfeiler derselben tragen die
Bilder der Maria und der heiligen drei Könige.
Der Raum in der Kirche, in welchem die Bänke stehen, heißt
das Schiff. Im Schiff sind uns vor allem die mächtigen Pfeiler,
welche die Decke der Kirche tragen, aufgefallen. In wieviel Teile
wird durch diese Pfeiler das Schiff geteilt? Drei. Im Grundriß
will ich die Pfeiler durch Punkte bezeichnen.
Der Raum zwischen den Pfeilern heißt das Mittelschiff. Wes-
halb? — Zeige das Mittelschiff im Grundriß! — Der Raum zwischen
— 401 —
Pfeilern und Wänden heißt Seitenschiff. — Wieviel Seitenschiffe hat
also eine Kirche? — Zeige die beiden Seitenschiffe! — Welches Schiff
ist das größte? Wieviel Gänge führen durch das Schiff? — Die
Bänke in der Kirche werden Stühle genannt. Über den Seitenschiffen
Zwischen den Pfeilern und den Außenwänden) sind sehr häufig
Priechen oder Emporen angebracht. Die Priechen sind auch mit
Bänken (Stühlen) versehen. Vom Schiffe aus führen mehrere
Treppen zu den Priechen. An dem östlichen Ende der Kirche befindet
sich ein Raum, der das Chor genannt wird. Das Chor liegt ge-
wohnlich etwas höher als das Schiff und wird darum auch das
hohe Chor genannt. Im Chor sehen wir den Altar und den Tauf-
stein. Wozu dienen diese Gegenstände? — An einem Pfeiler des
Schiffes ist die Kanzel angebracht. Wer besteigt die Kanzel? —
Weshalb? Vor und nach der Predigt wird ein Lied aus dem Ge-
sangbuche gesungen. Womit wird der Gesang begleitet? Orgel. Wer
spielt die Orgel? Organist. Während des Gesanges hält sich der
Pfarrer in der Sakristei (Pfarrstuhl) auf.
In der Kirche wird Gottesdienst gehalten, welcher aus Gebet,
Gesang, Predigt und Segen besteht. Wann wird Gottesdienst ab-
gehalten? — Als wessen Haus ist die Kirche anzusehen? — Darum
wird die Kirche auch Gotteshaus genannt. Warum Vothaus? —
Wie habt ihr euch in der Kirche zu verhalten? — Wieviel Kirchen
haben wir in unserer Stadt? — Welche kennst du? — Wo stehen
sie? —
III. An der Südseite der Martinikirche liegt der Martinikirchhof.
Zwischen welchen Gebäuden? — Auf diesem Platze wurden früher
die Toten beerdigt. Die Kirchhöfe lagen früher immer neben der
Kirche (also innerhalb der Stadt). Bald zeigte sich aber, daß die
Sitte, die Toten in der Stadt zu begraben, auf die Lebenden nach-
teilig wirkte. Man legte deshalb die Friedhöfe vor den Toren an.
Wo wurde der Martinikirchhof angelegt? — Was hat man aus dem
alten Martinikirchhof gemacht? — Die Grabsteine, welche auf den
Gräbern lagen, hat man aufbewahrt. Ihr alle habt schon viele von
diesen alten Grabsteinen gesehen. Wo? Sie sind an der Kirche be-
festigt. Dient der Martinikirchhof auch jetzt noch als Begräbnis-
platz? — Wo werden jetzt die Toten unserer Stadt beerdigt? Zen-
tralfriedhof. Wo befindet sich der Zentralfriedhof? —
Zugaben:
1. Der Kirchturm.
Kirchtum, was stehst du nur immer so da usw. (Fr. Wiedemaun.)
2. Wo wohnt der liebe Gott?
Wo wohnt der liebe Gott?
(Siehe Seite 208.) (233. Hey.)
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 26
— 402 —
14. Der Altstadtmarkt.
1. 1. Platz, Markt. Wohin führt uns die Straße ,,An der Mar-
tinikirche"? Auf den Altstadtmarkt. Wieviel Häuserreihen schließen
eine Straße ein? Zwei. Vergleiche die Länge einer Straße mit der
Breite! Eine Straße ist viel, viel länger als breit. Woran erkennst
du also eine Straße? — Wieviel Häuserreihen schließen den Alt-
stadtmarkt ein? Vier. Vergleiche die Länge desselben mit der Breite!
Fast so breit wie lang. Fasse zusammen, was wir vom Altstadt-
markt gesagt haben! Der Altstadtmarkt wird von vier Häuserreihen
eingeschlossen und ist beinahe so breit wie lang. Deshalb ist der
Altstadtmarkt keine Straße, sondern ein Platz. Was ist der Altstadt-
markt? — Weshalb nennst du den Altstadtmarkt einen Platz?
Wie heißt ein Platz vor einem Schlosse? ■— Wie heißt ein Platz, auf
dem gespielt wird? — Auf dem geturnt wird? — Nenne Plätze
unserer Stadt! Bankplatz, Lessingplatz, Leonhardplatz usw.
Mittwochs und Sonnabends werden auf dem Altstadtmarkte
allerlei Waren gekauft und verkauft, — auf dem Altstadtmarkte wird
Markt gehalten. Wie nennen wir einen Platz, auf dem Markt ge-
halten wird? Marktplatz. Was für ein Platz ist also der Altstadt-
markt? — Sprecht das zusammen! — Auf welchen Plätzen wird auch
Markt abgehalten? — Was kannst du deshalb auch vom Kohlmarkte
sagen? — Nenne noch andere Marktplätze! —
An welchen Tagen wird auf dem Altstadtmarkte Markt abge-
halten? Mittwochs und Sonnabends. Was wird an diesen Tagen
feilgehalten (verkauft)? Gemüse (Kartoffeln, Rüben, Kohl), Obst
(Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Stachelbeeren), Eier, Butter,
Käse, Geflügel (Hühner, Enten, Gänse), Hasen usw. Wer sind die
Verkäufer? Die Landleute aus den umliegenden Dörfern. Und die
Käufer? — Merkt euch: Ein Markt, welcher ein- oder zweimal in
der Woche abgehalten wird, heißt ein Wochenmarkt. Wovon haben
wir also gesprochen? — Der Wochenmarkt beginnt schon früh am
Morgen. Wann ist er zu Ende? Um 1 Uhr. Die Waren, die die
Landleute bis dahin nicht verkauft haben, werden eingepackt und
wieder mit nach Hause genommen. Auf welchem Platze wurden
früher auch Wochenmärkte abgehalten? Hagenmarkt. Jetzt ist am
Hagenmarkte eine Markthalle erbaut. Wer ist schon darin gewesen?
— Wozu dient sie? — Wann ist sie geöffnet? —
Auf dem Altstadtmarkt darf jeder unbehindert gehen, er ist für
alle Leute da. Was für alle Leute da ist, das ist öffentlich. Der
Altstadtmarkt ist ein öffentlicher Platz. Sprecht das zusammen!
Nennt andere öffentliche Plätze! —
2. Gröhe. Was für eine Form hat der Altstadtmarkt? Rechteck.
Nach welcher Himmelsgegend liegen die beiden langen Seiten dieses
Rechtecks? — Und die kurzen Seiten? — Wie lang sind die beiden
langen Seiten? 140 Schritte. Wie lang die kurzen Seiten? 105
— 403 —
Schritte. Drücke die Länge des Altstadtmarktes in Metern aus
(2 Schritte = Im)! 70 Meter. Und die Breite! 53 Meter.
3. Graphische Darstellung. (Siehe Abbildung Seite 399.) Ich
zeichne jetzt den Altstadtmarkt. Zeige aus der Tafel die Südseite des
Altstadtmarktes! Die Ostseite! Die Nordseite! Die Westseite! —
Welche Straßen ziehen vom Altstadtmarkte nach Norden? — Nach
Süden? — Nach Osten? — Nach Westen? — Die Straßen werden
ebenfalls gezeichnet. Welche Gebäude nehmen die Westseite des Alt-
stadtmarktes ein? Das Altstadtrathaus und die Martinikirche. Wir
sprechen jetzt über
II. 1. Das Altstadtrathaus. Das Altstadtrathaus ist ein^zwei-
stöckiges Gebäude. Es besteht aus zwei Flügeln. Der eine Flügel
zieht von Norden nach Süden und der andere von Osten nach Westen.
Beide stoßen unter einem rechten Winkel zusammen. Vor der Front-
seite eines jeden Flügels befinden sich vier Bogengänge. Man kann
unter denselben spazieren gehen. Über diesen Bogengängen erheben
sich ebenso viele reich verzierte (gotische) Lauben. Sie bilden vor dem
zweiten Stockwerke einen langen, offenen Gang. Der Laubengang
wird von neun Pfeilern getragen. Die Pfeiler reichen bis unter das
Dachgesimse empor. Sie sind mit Standbildern sächsischer Kaiser und
braunschweigischer Herzöge geschmückt. Von den (drei) Herzögen merkt
euch besonders Heinrich den Löwen. Er steht, von der Martinikirche
an gerechnet, am siebenten Pfeiler; neben ihm erblicken wir seine
zweite Gemahlin Mathilde jvon England.
Das Altstadtrathaus ist vor etwa 600 Jahren erbaut worden.
Damals bestand^die Stadt Braunschweig aus fünf Teilen (Weich-
bildern). Jeder Stadtteil hatte seinen eigenen Rat und sein besonderes
Rathaus. Als aber im Jahre 1671 der Herzog Rudolf August die
Stadt Braunschweig unterwarf, wurden die Magistrate der fünf
Weichbilder zu einem einzigen Rate vereinigt. Der neue Rat hielt
seine Versammlungen im Neustadtrathause (an der Höhe) ab. Die
übrigen Rathäuser wurden, mit Ausnahme des Altstadtrathauses,
abgebrochen. Das Altstadtrathaus hat lange Zeit (bis 1841) verödet
dagestanden. Die Meßfremden verkauften in demselben ihre Waren.
Nachdem man aber (von 1841—1852) das Innere des Altstadtrat-
Hauses neu hergerichtet hat, wird es nur noch zu größeren festlichen
Versammlungen, kleineren Ausstellungen usw. benutzt.
Die Kellerräume des Altstadtrathauses dienten in früheren Zeiten
als Gefängnis. Die Betrüger, Diebe, Mörder usw., welche man er-
wischte, wurden dort eingesperrt und, wenn sie die Wahrheit nicht
gestehen wollten, vom Scharfrichter mit verschiedenen Instrumenten
gepeinigt und gemartert. Als Marterwerkzeuge dienten die Daumen-
schrauben, die Schnüre, die spanischen Stiefel u. a. Jetzt (seit 1707)
befindet sich in diesen Räumen eine Weinhandlung. An der Seite,
welche der Martinikirche gegenüberliegt, ist eine Stange mit einem
26*
— 404 —
Kranze befestigt. Woraus ist der Kranz gemacht? — Was hat er
zu bedeuten?
2. Das Huthaus. An der Nordseite des Altstadtmarktes (Ecke
der Breitenstraße) merken wir uns ein großes Privathaus: das
„Huthaus". An der Ecke desselben ist ein in Stein ausgehauener
Bettelknabe angebracht. Er hat einen Hut in der Hand und scheint
um eine Gabe zu bitten. Über dem Knaben steht ein springender
Löwe. Was seht ihr über den Fenstern? Bettelhut, Rosetten, Sterne.
Dies Haus ist von einem Manne (Stechinelli) erbaut, der in seiner
Jugend ein Bettler gewesen ist. Als Bettelknabe entdeckte er dem
Herzog Georg Wilhelm von Celle, als sich dieser in Venedig befand,
daß zwei Räuber ihn auf einem Spaziergange ermorden wollten.
Aus Dankbarkeit nahm der Herzog den Knaben mit nach Celle,
ließ ihn erziehen und machte ihn zum Generalpostmeister.
3. Die sieben Türme. An der Ostseite des Altstadtmarktes ist
das Haus Nr. 11, die „sieben Türme", bemerkenswert. Die Sage
erzählt, einer aus der Familie des Bürgermeisters Tile von Damm
habe den Herzog Heinrich den Löwen auf seiner Pilgerfahrt nach
dem gelobten Lande (1172) begleitet, sei aber gefangen genommen
und habe lange Zeit in dem Schlosse zu den „sieben Türmen" in
Konstantinopel als Gefangener gesessen- Nach wunderbarer Rettung
heimgekehrt, habe er zum Andenken an seine Erlebnisse das von ihm
erbaute Haus mit sieben kleinen Türmchen schmücken lassen. Wo
sind sie angebracht? —
4. Der Springbrunnen. Die Mitte des Altstadtmarktes schmückt
ein reich verzierter Springbrunnen. Eidechsen und Löwen speien das
Wasser in die aus Blei gegossenen Becken. Wieviel Becken liegen über-
einander? — Aus dem Brunnen erblicken wir ein zierlich durch-
brochenes bleiernes Dach; die Spitze des Daches trägt eine Wetter-
fahne, die das Stadtwappen zeigt. Unter dem Dache sitzt die Jung-
frau Maria mit dem Iesuskindlein. Bei festlichen Gelegenheiten
wird der Brunnen nebst dem Rathause und der Martinikirche er-
leuchtet (illuminiert). Wer hat das schon gesehen? Wann? —
III. Neben dem Rathause, an der Breitenstraße, ist der Autors-
Hof gelegen. Er ist zur Sühne für einen Aufstand, in welchem
neun Ratsherren getötet waren, erbaut. Das ursprüngliche Gebäude
war eine kleine Kapelle, in welcher die Namen und Wappen der ge-
töteten Ratsherren aufgehängt waren.
15. Orientierung auf dem Stadtplane.
Wir haben bis jetzt unser Schulhaus, unseren Schulhof, die
Sidonien-(Schul-)straße, die Nachbarstraßen und den Weg nach dem
Altstadtmarkte besprochen und gezeichnet. Heute habe ich euch^einen
Plan mitgebracht, auf dem alle Straßen und Plätze der ^>tadt
Braunschweig stehen. Hier seht ihr ihn. Was zeige ich euch hier?
— 405
Plan der Stadt Vraunschweig.*) Was bedeutet diese Linie? Maß-
stab. Lies den Matzstab! — Wievielmal ist also die Fläche größer,
als sie hier dargestellt ist? — Die Himmelsgegenden liegen aus
diesem Plane genau so, wie sie bisher auf der Wandtafel lagen.
Zeige also auf dem Plane Norden! — Süden! — Westen! —
Osten! — {Wo hast du Norden auf jedem Plane und auf jeder
Karte zu suchen?) — Zeige die Westseite der Stadt Vraunschweig!
— Die Ostseite! — Die Nordseite! — Die Südseite! — Nach
welcher Himmelsgegend mutz ich gehen, wenn ich von hier in die
Stadt will? Nach Osten. Welche Richtung mutz ich aber ein-
schlagen, wenn ich in der Stadt bin und nach unserer Schule will?
— An welcher Seite der Stadt liegt also unsere Schule? An der
Westseite. Wir wollen jetzt unser Schulhaus auf diesem Plane
suchen. Auf welcher Seite der Stadt wirst du suchen? Westseite.
Zeige die Westseite der Stadt noch einmal! — Wer hat unser Schul-
haus gefunden? — Zeige es! — Zeige die Sidonienstratze! — Gib
ihre Richtung an! — An welcher Seite der Sidonienstratze liegt
unsere Schule? An der Südseite. Zeige die Nordseite der Sidonien-
stratze! — Wo ist das Ostende der Sidonienstratze? — Das West-
ende? Welche Stratze beginnt hier? Kreuzstratze. Nach welcher
Himmelsgegend läuft sie? Nach Westen. Zeige die Kreuzstratze auf
dem Plane! — Zeige die Westseite des Schulhauses! — Welche
Stratze führt hier vorüber? Goslarschestratze. Zeige die Goslarsche-
stratze! — Gib ihre Richtung an! — Wo beginnt die Pflegehaus-
stratze? •— Zeige sie auf dem Plane! — Gib ihre Richtung an! —
Zeige das Ostende der Sidonienstratze! — Wie weit reicht die
Sidonienstratze nach Osten? Bis zur Oker. Zeige das rechte, das
linke Ufer der Oker! — Gib an, wie man das rechte und linke
Ufer findet! — Ihr seht, die Oker flietzt um die ganze Stadt herum.
(Die Oker teilt die Stadt Braunschweig in zwei Teile: in die innere
und äutzere Stadt sInnen- und Autzenstadt).) Auf unserem Plane ist
auch die Brücke angegeben, welche von der Sidonienstratze über die
Oker führt. Zeige sie! —
Nach welcher Himmelsgegend sind wir von der Brücke aus ge-
gangen? Nach Süden. Wie weit? Bis nach dem grotzen, runden
Platze. Zeige diesen Weg auf dem Plane! — Zeige und nenne die
Stratzen, welche von diesem Platze ausgehen! Nach Süden führt der
Wilhelmitorwall usw. Gib die Richtung der Sonnenstratze an! —
Zeige sie auf dem Plane! — Wo ist sie zu Ende? — Welche
Stratze mündet hier? Zeige die Scharrnstratze auf dem Plane! —
Welche Stratze bildet die Fortsetzung der Sonnenstratze? Die Stratze
„An der Martinikirche". Zeige sie auf dem Plane! — Zeige den
*)_ Die Schulen unserer Stadt besitzen große, eigens für den Unterricht in
der Heimatskunde hergestellte Stadtpläne. Für die Hand der Kinder ist er-
schienen: Karte uom Herzogtum Braunschweig nebst Plan und Übersichtskarte der
Umgebung der Stadt Braunschweig. Preis 30 Pf. Braunschweig, Druck und
Verlag von George Westermann.
— 406 —
Altstadtmarkt! Zeige die Südseite desselben! — Die Nordseite!
—- Die Ostseite! — Die Westseite! — Welche Straßen münden auf
den Altstadtmarkt? — Zeige sie! — Wo steht das Altstadtrathaus?
— Die Martinikirche? usw. — Zu welchen Gebäuden gehört das
Schulhaus? Zu den öffentlichen Gebäuden. Das Rathaus? —
Die öffentlichen Gebäude haben auf diesem Plane eine rote Farbe
erhalten; nur die Kirchen sind schwarz gezeichnet.
Zeige den Weg von unserer Schule nach dem Altstadtmarkte
usw.! — Wer wohnt aus einer Strafe, die wir schon besprochen
haben? — Zeige dein Wohnhaus! — Deinen Schulweg!
16. Die elektrische Straßenbahn.
I. Begriff. Wir sprechen heute von der elektrischen Straßen-
bahn. Wann benutzt dein Vater die Straßenbahn? Wenn er ins
Geschäft, nach der Arbeit will. Wo ist das Geschäft deines Vaters?
— Wo arbeitet dein Vater? — Warum legt er den Weg dorthin
nicht zu Fuß zurück? Zu weit, dauert zu lange. Dein Vater
möchte gern recht bald auf seiner Arbeitsstätte sein. Wie erreicht er
das? Fährt mit der Straßenbahn. Weshalb benutzt er also die
Straßenbahn? — Wann benutzt sie deine Mutter? Wenn sie schnell
zum Bahnhof, ins Theater, zu Bekannten will. Durch die Straßen-
bahn können die Leute schnell zueinander kommen, leicht miteinander
verkehren, sie vermittelt den Verkehr — die Straßenbahn ist ein Ver-
kehrsmittel, — ein schnelles Verkehrsmittel. Wer von euch ist schon
einmal mit der Straßenbahn gefahren? — Wohin? — Das ist
eine sehr weite Strecke. Du hättest den Weg auch in einer Droschke
zurücklegen können. Warum hast du keine Droschke benutzt? Zu
teuer. Eine Fahrt mit der Droschke nach der —straße würde viel-
leicht — M kosten. Was hast du aber für die Benutzung der Straßen-
bahn nur bezahlt? 10 Pf. Was kannst du von der Höhe dieses
Preises sagen? Niedrig, billig. Zusammenfassung: Die Strahen-
bahn ist ein schnelles und billiges Verkehrsmittel.
II. Der Straßenbahnkörper. Was habt ihr auf dem Altstadt-
markte (und vorher in der Sonnenstraße) von der Straßenbahn ge-
sehen (zuerst auf der Erde)? Die eisernen Schienen. Sie laufen
beide in gleicher Richtung (parallel) und bilden das Geleise. Wes-
halb hat man für die Wagen der Straßenbahn Geleise gelegt?
Wagen fahren auf den Schienen leichter und ruhiger. Die Schienen
sind aber nicht auf der Erde befestigt, sondern in den Straßendamm
eingelassen. Weshalb wohl? — Dann haben wir auch nach oben ge-
schaut. Was gab's dort zu sehen? Einen langen, dicken Draht. Er
läuft mitten über den Schienen (in der Fahrrichtung) und heißt der
Leitungsdraht. (Weshalb er diesen Namen bekommen hat, hört ihr
in dieser Stunde noch.) Auf welche Weise ist der Leitungsdraht da
oben befestigt? Mit Draht zwischen Masten; in engen Straßen
an den Häusern.
— 407 —
III. Die Straßenbahnwagen. Ihr habt ^euch die Wagen der
Straßenbahn angesehen. Wenn sie durch die Straßen fahren, dann
klirren die Fenster und zittern die Öfen in den Stuben. Wie
geht das zu? Die Wagen sind schwer. Woraus ist der ganze untere
Teil gemacht? Eisen. Auf wieviel Rädern laufen sie? Vier. Wer von
euch ist'schon mit der Straßenbahn gefahren? — Wo hast du dich
während der Fahrt aufgehalten? Im Wagen. Wo du? Vorn —
hinten. Das sind die Perrons. Vorderperron — Hinterperron. Er-
fragen! — Jeder Straßenbahnwagen hat einen Vorder- und Hinter-
perron. Auf den Perrons stehen meistens nur die Herren. Wo
halten sich die Damen und Binder gewöhnlich auf? Im Wagen.
Wie gelangt man vom Perron in den Wagen? Schiebt eine Tür
zur Seite, — Schiebetür. Im Wagen ist es sehr hell, denn an den
beiden Langseiten sitzen große Fenster dicht nebeneinander. Abends
wird der Wagen mit elektrischem Licht erleuchtet. Zum Sitzen dienen
zwei lange, gepolsterte oder hölzerne Bänke. Vom Dache des Wagens
geht eine Stange schräg in die Höhe. Was ist am Ende der Stange
angebracht? Kleines Rad. Das Rad muß den Leitungsdraht immer
berühren. Damit die Stange nicht heruntersinkt, wird sie durch eine
Feder immer nach oben gedrückt. Von der Stange hängt eine
Schnur herab, welche an der Hinterseite des Wagens befestigt ist.
Ihr habt gewiß schon gesehen, wozu diese Schnur dient. Nun?
Hält die Stange fest, wenn das kleine Rad vom Leitungsdrahte ab-
springt; zum Umlegen der Stange, wenn der Wagen nach der ent-
gegengesetzten Seite fahren soll. Wohin jeder Wagen fährt, ist ganz
genau bestimmt. Man kann es an den Schildern lesen, die am Wagen
angebracht sind. Wo befinden sich die Schilder. Vorn am Dache
des Wagens und an den Seitenfenstern. Welche Farbe haben die
Schilder in allen Wagen, die nach dem Hohentore fahren? Gelbe
Farbe. Was steht auf dem Schilde vorn am Wagen? Madamen-
weg. Aber nicht immer. Wann nur? Wenn er nach dem Madamen-
weg fährt. Kommt der Wagen vom M. zurück, dann wird das Schild
umgedreht. Was steht nun auf der Vorderseite? Friedhof. Wes-
halb? Er fährt vom Madamenwege durch die Stadt bis zum Fried-
Hofe. Was steht deshalb auch auf den Schildern an den Seiten-
fenstern? Madamenweg—Friedhof. Was bedeutet diese Aufschrift?
Wer kennt schon die Straßen, welche die Wagen der Linie Ma-
damenweg—Friedhof (Linie 4) durchfahren? — Aber nicht alle
Straßenbahnwagen, welche über den Ältstadtmarkt fahren, verkehren
zwischen dem Madamenwege und dem Friedhofe. Manche fahren in
die Breitestraße oder in die Brabantstraße. Welche Farbe haben die
Schilder dieser Wagen? Blaue Farbe. >Was steht darauf? August-
tor—Olper. Was bedeutet diese Aufschrift? — Welche Straßen
durchfahren die Wagen dieser Linie? (Linie 5.) — An der Vorder-
und Hinterseite eines jeden Straßenbahnwagens brennt abends eine
farbige Laterne. Das Glas in den Laternen hat immer dieselbe Farbe
wie die Schilder. Madamenweg -Friedhof gelbe Farbe; Olper—
— 408 —
Augusttor: blaue Farbe. Was kann man an der Farbe der Laterne
gleich erkennen? — Auf der Umkleidung des Perrons steht die
Wagennummer. Welche Nummer hast du schon darauf gesehen? —
(Unsere Straßenbahn besitzt über 140 Wagen Motorwagen, An-
Hängewagen; Sommerwagen, Winterwagen^.)
IV. Die Beamten der Straßenbahn. Auf jedem Straßenbahn-
wagen befinden sich zwei Beamte. Woran erkennt ihr sie? — Der
eine muß den Wagen führen und heißt deshalb Wagenführer; der
andere Beamte^ist der Schaffner. Erfragen! — Wo hat der Wagen-
führer seinen Stand? Vorderperron. In der linken Hand hält er
stets die Kurbel zu seinem Motor, in der rechten Hand die Bremse.
Am Griff derselben befindet sich eine Glocke .Was geschieht, wenn
der Führer die Kurbel nach rechts dreht? Bewegt sich der Wagen
fort. Wenn er die Kurbel zurückdreht? Hält. Warum muß der
Wagen oft halten? Personen wollen ein- oder aussteigen. Wie
heißen bie Stellen, wo die Wagen halten? Haltestellen. Woher
wissen wir, wo eine Haltestelle ist? An den Haltestellen sind Schilder
angebracht. Wo sind diese befestigt? Laternenpfahl, an den Masten
usw. Farbe derselben! — Aufschrift! — An manchen Haltestellen
begegnen sich zwei Wagen der Straßenbahn. Sie machen's nun aber
nicht wie die beiden Ziegen, die sich auf einem schmalen Stege be-
gegneten. Was tun sie vielmehr? Weichen aus. Weshalb ist das
an manchen Haltestellen möglich? Zwei Gleise gelegt. Zu welchem
Zwecke hat man hier zwei Geleise gelegt? — Diese Stellen nennt
man deshalb Weichen. Während der Fahrt gibt der Führer öfter
Glockenzeichen. Wann? Wenn er um eine Ecke fährt, oder an einer
Straßenkreuzung vorüberfährt. Weshalb? .— Was tun dann die
Fuhrleute (Radfahrer, Fußgänger) ? — Was würde sonst geschehen?
Manchmal aber läuft doch ein Kind oder ein Hund ganz plötzlich vor
den Straßenbahnwagen. Dann sucht der Führer den Wagen so schnell
wie möglich zum Stehen zu bringen. Wodurch bringt er ihn so schnell
zum Stehen? Dreht die Bremse. Dann drücken die Bremsklötze so
fest gegen die Räder, daß sie sich nicht mehr drehen können. Wodurch
kann also der Wagenführer manches Unglück verhindern? •— Damit
nun der Führer alles sieht, was auf der Straße vorgeht, darf er sich
um nichts anderes bekümmern, als um seinen Wagen und seine
Pflichten; er darf sich mit den Fahrgästen nicht unterhalten usw.
Wie nennen wir den zweiten Beamten des Straßenbahnwagens?
Schaffner. Wo steht er meistens? — Gib an, was er zu tun hat!
Gibt mit der Glocke das Zeichen zum Abfahren und Anhalten, ver-
kauft die Fahrscheine, ruft die Haltestellen aus usw. Das Geld,
welches er für die Fahrscheine aufnimmt, muß er an die Straßen-
bahnkasse >abliefern.
Sehr häufig kommt während der Fahrt noch ein dritter Be-
amter der Straßenbahn in den Wagen und läßt sich von den Fahr-
gästen 5ne Fahrscheine zeigen. Das ist der Kontrolleur (Aufseher).
Weshalb läßt er sich die Fahrscheine zeigen? Will wissen, ob jeder
— 409 —
Fahrgast einen Fahrschein hat, ob der Fahrschein richtig ist (ob er
nicht auf einen alten zu fahren versucht). Weshalb darf man das nicht
tun? Ist Betrug. Der Betrüger wird aus dem Wagen entfernt
oder gar bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Welche Beamte der
Straßenbahn habt ihr jetzt kennen gelernt? —
V. Der elektrische Strom. Auf unseren Straßen verkehren viele
Wagen. Wodurch werden sie von der Stelle gebracht? Pferde. Wo-
durch roird ein Eisenbahnzug fortbewegt? Lokomotive. Die schweren
Straßenbahnwagen fahren aber ohne Pferde und ohne Lokomotive
auf den Schienen schnell dahin; sie fahren von selbst. Wie ist das
nur möglich?! Denkt nur, in dem Leitungsdrahte, der über den
Schienen in der Fahrrichtung ausgespannt ist, fließt eine so gewaltig
starke Kraft, daß sie imstande ist, hunderte von elektrischen Wagen
zu gleicher Zeit von der Stelle zu bewegen. Diese Kraft ist die Elektri-
zität. Die Elektrizität durchfließt den ganzen Leitungsdraht. Weil
sie fließt, nennt man sie auch einen Strom — einen elektrischen Strom.
Halte ich eine Eisenstange an den Leitungsdraht, so fließt auch da
der elektrische Strom hinein. Was geschieht auch, wenn die Stange,
welche vom Dache des Wagens schräg in die Höhe geht, den Lei-
tungsdraht berührt? Wohin gelangt der elektrische Strom dann? In
den Wagen. Und zwar in eine Maschine, die unter dem Wagen an-
gebracht ist. (Motor.) Daß sich in dem dahinsausenden elektrischen
Wagen auch elektrischer Strom befindet, kann man an den Licht-
Wirkungen desselben sehen. Erzähle, was du beobachtet hast! —
Der elektrische Strom kann aber nicht immer in die Maschine fließen,
sondern nur dann, wenn sie der Wagenführer mit seiner Kurbel ge-
öffnet hat. Je weiter er sie öffnet, desto mehr Strom fließt ein, desto
schneller dreht die Maschine die Räder, und desto schneller kommt der
Wagen vorwärts. Wie ist es aber, wenn der Führer die Kurbel
zurückdreht? ■—
Wo aber mag der elektrische Strom herkommen, der in den
Leitungsdrähten fließt und die Wagen fortbewegt? Er wird im
Elektrizitätswerke erzeugt. Wo befindet sich das Elektrizitätswerk
der Straßenbahn? Richmond. Große Dampfmaschinen bewegen hier
andere Maschinen, die dann durch ihre Bewegung Elektrizität er-
zeugen. In dem Drahte über den Schienen wird der Strom dann
durch alle Straßen geleitet, durch welche die „Elektrische" fährt. Wie
heißen die Drähte, die den Strom durch die Stadt leiten? — (Ober-
leitung.)
VI. Geschichtliches. Vor ein paar hundert Iahren hatten wir
in Braunschweig noch keine Straßenbahn nötig. Weshalb nicht? Da
war die Stadt noch klein, es gab noch keine weiten Wege. Allmäh-
lich wurde die Stadt aber immer größer. Was wurde dadurch eben-
falls größer? Die Wege zu den Arbeitsstätten, nach den Geschäften,
zu den Bekannten, zum Bahnhofe usw. Nun gab es allerdings schon
ein Verkehrsmittel. Welches meine ich? — Weshalb konnten die
Arbeiter aber keine Droschke benutzen? Zu teuer. Später bekam
— 410 —
Braunschweig auch ein billigeres Verkehrsmittel: den Omnibus. Das
ist ein Wagen für alle, für jedermann; das bedeutet auch das Wort
„Omnibus". Wer hat schon einen Omnibus gesehen? — Wie sieht
er aus? — Wer ist schon mit einem Omnibus gefahren? — Wohin?
— Wann benutzt man jetzt einen Omnibus? — Damals fuhr der
Omnibus in unserer Stadt folgende Strecke: Augusttor—Bahnhof—
Kohlmarkt—Schuhstraße—Höhe—Hagenmarkt—Fallerslebertor. Der
Fahrpreis betrug für jede Person 10 Pfennig. Weshalb genügte
dieses Verkehrsmittel noch nicht? — Deshalb erhielten wir vor
etwa 30 Iahren (1379) eine Straßenbahn. Die Wagen derselben
wurden von Pferden gezogen. Wie nannte man sie deshalb? Pferde-
bahn. Die Pferdebahn fuhr damals vom Fallerslebertor über den
Hagenmarkt, Bohlweg, Damm, Kohlmarkt und die Friedrich-Wil-
Helmstraße bis zum Bahnhof. Weshalb hatte diese Strecke auch noch
keinen großen Wert? — Vor 15 Iahren (1897) wurde deshalb das
Straßenbahnnetz bedeutend erweitert und der Betrieb elektrisch. Wir
nennen sie jetzt die elektrische Straßenbahn. Wieviel Bahnlinien
hatten wir früher? — Und jetzt? — Die Wagen der Pferdebahn
werden heute noch benutzt, aber nur als Anhängewagen. Wann
fährt die Elektrische mit Anhängewagen? — Wieviel Wagen hängt
man hinter den Motorwagen? Einen oder zwei.
Vorsicht beim Herannahen eines Straßenbahnwagens! — Vor-
sicht beim Ein- und Aussteigen! — Nur in der Fahrrichtung ab-
springen! —
[VII. Linien der Straßenbahn. Wir haben 7 Linien. Linie 1:
Richmond—Schützenhaus, Licht blau, Schild grün; Linie 2: Haupt-
bahnhof—Nordbahnhof, Licht weiß, Schild weiß; Linie 3: Fried-
rich-Wilhelmsplatz — Gliesmarode, Licht rot, Schild rot,- Linie 4:
Madamenweg—Friedhof, Licht gelb, Schild gelb; Linie 5: August-
tor—Olper, Licht blau, Schild blau; Linie 6: Hauptbahnhof—
Stadtpark, Licht grün, Schild schwarz; Linie 7: Kastanienallee—
Westbahnhof, Licht karmoisin, Schild karmoisin. (Die Wagen der
Linie Braunschweig—Wolfenbüttel haben weißes Licht und rotes
Schild; außerdem kennzeichnen die Wagen eine weitere Blendlaterne
an der Vorderseite des Perrons.)]
17. Der kohlmarkt und seine Umgebung.
Vorbemerkung: An der Wand hängt der Plan der Stadt Braun-
schweig. An der Wandtafel steht oben links der Grundriß des Altstadtmarktes.
Der Grundriß der Poststraße, der Brabantstraße, des Kohlmarktes usw. wird
vom Lehrer im Laufe des Unterrichts gleichfalls an die Tafel gezeichnet. Bei
der Wiederholung oder bei der Erwähnung von Örtlichkeiten, die nicht in den
Grundriß eingetragen sind, wird die verkleinerte Darstellung des gedruckten
Planes benutzt.
I. Die Poststraße und die Brabantstraße. In der letzten Stunde
habt ihr den Altstadtmarkt und seine Umgebung kennen gelernt.
Heute wollen wir unsere Wanderung durch die otadt Braunschweig
— 411 —
weiter fortsetzen. Von welcher Seite des Altstadtmarktes geht keine
Straße aus? (O.) Wovon ist der Platz auf dieser Seite umgeben?
(Häuser.) Von wieviel Seiten aber gehen Straßen aus? (Zeigen.)
Nach welcher Himmelsgegend führt die Breitestratze? (N.) Die
Straße „An der Martinikirche"? (W.) Wir wollen nun diesen Weg
hier benutzen (Lehrer zeigt an der Tafel nach SO.), um uns weiter
in der Nachbarschaft umzusehen. Zwischen welchen beiden Himmels-
gegenden liegt dieser Ausgang? (S. u. O.) In welcher Ecke des
Altstadtmarktes liegt derselbe also? (SO.-Ecke.) Die Straße, auf
welche wir nun gelangen, heißt die Poststraße. (Zeichnung.) In
welcher Richtung zieht dieselbe? (W.—O.) Wenn wir über die
Poststraße nach S. hinausgehen, so gelangen wir auf die Brabant-
straße. (Zeichnung.) In welcher Richtung erstreckt sich dieselbe?
(N.—S.) Hier (Zeichnung) auf der Ecke der Poststraße und der
Brabantstraße stand ehemals die Post, nach welcher die Poststraße
den Namen hat. Da das alte Postgebäude im Laufe der Zeit zu
klein geworden war, so baute man das neue Postgebäude hier
(Plan) an der Friedrich-Wilhelmstraße. Wer von euch ist schon ein-
mal in dem neuen Postgebäude gewesen? Was hast du dort zu tun
gehabt? Vor 500 Iahren (Mittelalter) wohnten in der Poststraße
Kaufleute, welche den Geschäftsleuten Geld umwechselten oder auch
Geld borgten. (Erläuterung.) Die Poststraße hieß deshalb früher
die Wechslerstraße. Jetzt nennt man ein Geschäft, in welchem man
Geld umwechselt, borgt oder verborgt, eine Bank, und einen Kauf-
mann, welcher mit Geld handelt, nennt man einen Bankier. (Im
Mittelalter nannten die Kaufleute die Tafel, auf der sie ihre Rech-
nungeu ausführten, eine Bank, daher die Namen Bankhaus, Bankier
usw.) Die Brabantstraße hat ihren Namen nach einem Braun-
schweizer Bürger Hennig Brabant, welcher vor 300 Iahren lebte und
in diesem Stadtteile (Altstadt) wohnte. Damals war in unserer
Stadt ein großer Streit entstanden zwischen dem Rate (Magistrate),
welcher die Stadt regierte, und den Bürgern. Die Bürger wählten
den Hennig Brabant zu ihrem Führer (Stadtverordneten); der Rat
aber ließ ihn durch seine Polizisten gefangen nehmen und ihn hier
(Plan) auf dem Hagenmarkte hinrichten. Ob Hennig Brabant
schuldig oder unschuldig gestorben ist, weiß nur der allwissende Gott;
die meisten Leute halten ihn für unschuldig. Hier zeige ich euch das
Bild des Mannes, nach welchem die Brabantstraße genannt ist.
(Görges-Spehr, Vaterländische Geschichten und Denkwürdigkeiten I,
S. 98.) Die Brabantstraße besteht aus lauter neuen Häusern, die
erst vor einigen Jahren gebaut sind. Früher standen hier lauter alte
Häuser in dieser Richtung (W.—O., Zeichnung), so daß man nicht
geradeaus vom Altstadtmarkte nach dem Bankplatze und weiterhin
nach dem Bahnhof gehen konnte. Auch die Leute, welche mit der
Bahn ankamen und nach dem Altstadtmarkte wollten, mußten erst
einen großen Umweg machen. (Zeigen, Plan.) Daher haben mehrere
Baumeister die alten Häuser zwischen dem Bankplatze und dem
— 412 —
Altstadtmarkte angekauft und abreißen lassen. Dann haben sie neue
Häuser in dieser Richtung (Zeichnung N—S.) bauen lassen, zwischen
denen die Straße freiblieb. So ist die Brabantstraße entstanden,
welche vom Bankplatze nach der Poststraße führt. In welcher Rich-
tung zieht die Brabantstraße? (S.—N.) Wieviel Reihen Häuser
stehen an dieser Straße? (Zwei.) Auf welcher Seite steht diese
Reihe? (O.) Diese? (W.) Wie nennen wir diejenige Seite der
Häuser, welche nach der Straße zu gerichtet ist? Wie nennen wir
diejenige Seite, welche nach dem Hofe hinausliegt? Nach welcher
Himmelsgegend ist die Vorderseite der östlichen Häuserreihe an der
Brabantstraße gerichtet? (W.) Die Hinterseite? (O.) Nach welcher
Himmelsgegend ist die Vorderseite der östlichen Häuserreihe gerichtet?
(O.) Die Hinterseite? (W.) Welche Zimmer eines Hauses liegen
gewöhnlich nach der Straße hinaus? (Wohnzimmer, gute Stube.)
Warum? (Mehr zu sehen.) Welche Zimmer liegen gewöhnlich nach
dem Hofe hinaus? (Küche, Schlafstube.) Warum? (Stiller.) Wann
scheint die Sonne in die Küchen der östlichen Häuserreihe? (Des
Morgens) Warum? (O.) (Sonnenaufgang.) Wann scheint sie in
die Wohnzimmer dieser Häuser? (Des Nachmittags.) Warum? (W.)
Entsprechende Fragen betreffs der westlichen Häuserreihen der Bra-
bantstraße, sowie der nördlichen und südlichen Häuserreihen der Post-
straße. ■—
II. Das Gewandhaus. (Siehe Abbildung Seite 399.) An dem
Westende 'der Poststraße steht ein hohes Gebäude, welches sich nach
W. bis zum Martinikirchhofe erstreckt. (Zeichnung des Grundrisses.)
Dieses lange Gebäude heißt das Gewandhaus. Der Name Gewand
kommt her von dem Worte winden. Ein Gewand ist ein Klei-
dungsstück, mit welchem wir unseren Körper umwinden oder be-
kleiden. Warum bekleiden wir unseren Körper? (Kälte, Regen,
Wind.) Nenne Gewänder, mit welchen du dich bekleidest! Woraus
werden Röcke und Beinkleider gemacht? (Zeug.) Bei wem kauft man
dasselbe? (Kaufmann.) Wie nennt man die Stube, in welcher der
Kaufmann das Zeug verkauft? (Laden.) Jetzt hat jeder Kauf-
mann seinen Laden in seinem Hause, und die Leute kommen dorthin,
wenn sie Zeug oder sonstige Kleidungsstücke kaufen wollen. Früher
war das nicht so. Da kamen die Kaufleute mit ihren Zeugballen
nach dem Markte, welcher in der Nähe der Kirche lag. Hier legten
sie ihre Waren auf offenen Tischen unter freiem Himmel zum Ver-
kaufe aus, oder sie errichteten Buden aus Holzstangen und Leinwand,
oder aus Brettern, wie ihr sie noch auf dem Jahrmärkte oder auf
der Messe seht. Wenn nun der Gottesdienst vorbei war, kauften
die Leute, welche in der Kirche gewesen waren, auf dem Markte ein,
was sie für ihre Wirtschaft gebrauchten: Fertige Kleidungstücke, oder
Zeug, oder Fleisch usw. Wenn es nun aber regnete, wurden die
Waren leicht naß; auch konnte der Wind sie vom Tische wehen,
so daß sie in den Schmutz fielen. Dazu mußten die Kaufleute ihre
Waren des Morgens nach dem Markte bringen und die Sachen,
— 413 —
die sie nicht verkauft hatten, des Abends wieder nach Hause tragen.
Damit die Kaufleute das alles bequemer haben könnten, baute der
Rat für sie in der Nähe der Kirche und des Marktplatzes ein großes
steinernes Haus, in welchem sie Zeug und Gewänder verkaufen
konnten. Ein solches Haus nannte man ein Gewandhaus oder ein
Kleiderhaus. Das Gewandhaus am Altstadtmarkte wurde vor 600
Jahren erbaut. Der westliche Teil desselben an dem Martinikirchhofe
ist der älteste. Als das Haus zu klein geworden war, verlängerte
man es vor 300 Jahren auf der Ostseite bis zu der Poststraße. Da-
mals baute man auch den schönen Giebel an der Poststraße, welcher
acht Stockwerke hoch ist. Das untere Stockwerk hat nach der Post-
straße hin drei offene Rundbogen. Dieselben bilden einen gewölbten
Vorbau, unter welchem man bei Regenwetter Schutz finden kann.
Oben auf der Spitze des Giebels steht ein Engel mit vergoldeten
Flügeln, welcher in der rechten Hand ein Schwert und in der linken
Hand eine Wage hält. Derselbe will gleichsam die Kaufleute er-
mahnen, immer richtiges Gewicht und richtiges Maß zu gebrauchen,
wenn sie Waren verkaufen, damit sie nicht bestraft werden (Schwert).
Ehemals waren in dem Eewandhause 44 Läden zum Verkaufe von
Tuch und Kleidungsstücken eingerichtet und an die Kaufleute ver-
mietet. Letztere zahlten dem Rate der Stadt, welcher das Gewand-
Haus hat bauen lassen, für die Benutzung der Läden Miete. Außer
diesem Gewandhause in der Altstadt gab es in Braunschweig noch
zwei andere Gewandhäuser. Das eine derselben stand neben dem Rat-
Hause in der Neustadt (hier, Plan), das andere im Hagen, auf
dem jetzigen Hagenmarkt (hier, Plan). Dieselben sind aber jetzt nicht
mehr vorhanden. Man hat sie abgerissen, als man sie nicht mehr
gebrauchte, weil die Kaufleute in ihren eigenen Häusern Läden ein-
richteten.
Das Gewandhaus,an der Poststraße aber blieb stehen und wurde
eine Zeitlang, *xls man es nicht mehr zu Tuchläden gebrauchte, zu
Kornböden benutzt. Unter dem Gewandhause befindet sich ein großer
Keller, in welchem man früher Eirnbecker Bier verkaufte. Jetzt ist
derselbe an einen Weinhändler verpachtet (Weinkeller). Über dem
Eingange zum Gewandhauskeller, sowie >auch oben im siebenten
Stockwerke des Giebels erblickt man das Bild eines roten Löwen auf
weißem Grunde. Hier seht ihr dasselbe Bild (Vorzeigen eines Bürger-
briefes oder Steuerzettels). Gib die Stellung des Löwen an! Er
steht auf den Hinterbeinen kund hebt die Vorderbeine empor. Was
seht ihr hier im Gesichte des Löwen? Wieviel Haarbüschel bemerkt
ihr am Schwänze? Dieses Bild des Löw.en befand sich früher auch
auf den Schildern, welche die Stadtsoldaten in der linken Hand
trugen, um ihre Brust und ihr Gesicht im Kriege gegen die Schwert-
hiebe der Feinde zu schützen. Das Bild des Löwen'befand sich auch
auf den Schwertern der Stadtsoldaten. Schild und Schwert waren
in früheren Zeiten, wo es noch keine Flinten gab, die wichtigsten
Waffen der Soldaten. Aus dem Worte ^Waffen" hat man das
— 414 —
ähnlich klingende Wort „Wappen" gebildet. Das Bild, mit welchem
in früheren Zeiten die Waffen nnd Fahnen der Soldaten geschmückt
waren, nennt man das Mappen. Der anstecht schreitende Löwe,
welcher seinen Feinden mutig entgegengeht, ist das Wappenbild der
Stadl Braunschweig. Der Löwe ist ein mutiges und starkes Tier.
Die Bürger der Stadt Braunschweig wollten auch so mutig und
tapfer sein wie ein Löwe, darum wählten sie dieses Tier zum Wappen-
bilde ihrer Stadt. Auch auf euren Schulfahnen, mit welchen ihr bei
dem Sedanfeste durch die Stadt zieht, ist ein aufrechter, roter Löwe
im weißen Felde angebracht. Rot und weiß sind die Farben der Stadt
Braunschweig, darum hängen auch manche Leute bei festlichen Ge-
legenheiten (Sedanfest, Geburtstag des Kaisers und des Regenten)
eine weiß-rote Fahne aus einem Fenster ihres Hauses. Der rote
Löwe über dem Eingange zum Keller des Gewandhauses zeigt an,
daß das Gewandhaus ein Gebäude ist, welches der Stadt Braun-
schweig gehört. (Bei passender Gelegenheit folgen Belehrungen über
das Landeswappen, das Herzogliche Wappen, das Reichswappen,
die Landesfarben und die Reichsfarben.)
An der Nordseite des Gewandhauses (hier, Zeichnung) standen
ehemals zwölf Buden, in denen man Pfeffer, Zucker, Zimmet, Man-
deln, Salz und andere Gewürze kaufen konnte. Zwischen diesen Läden
und dem Gewandhause befand sich ein Gang (hier, Zeichnung,
W. £).), durch welchen man zu den einzelnen Buden gelangen
konnte. Diese schmale Straße hieß die Pfefferstraße, weil die Leute
hier Pfeffer einkauften. Im Mittelalter würzten die Leute ihre
Speisen viel stärker mit Pfeffer als jetzt (Schlackwurst!), weshalb
man viel von diesem Gewürz brauchte. Jetzt ist die Pfefferstraße nicht
mehr da, weil an Stelle dieser Buden ordentliche Häuser erbaut
sind, welche bis nahe an das Gewandhaus herantreten. Über dem
Bogendurchgange an der Südseite der Vorhalle des Gewandhauses
nach der Brabantstraße hin erblickt man drei in Stein gehauene Rin-
derköpfe. Auch an dem Hause, welches früher neben dem Gewand-
hause stand, sah man die Köpfe einer Kuh, eines Kalbes, eines
Schweines und eines Hammels aus Holz geschnitzt. Die Tierköpfe
erinnerten daran, daß sich an der Südseite des Gewandhauses ehe-
mals die Verkaufsläden der Fleischer (Schlachter) befanden. Man
nannte diese (34) Läden den neuen Fleischscharren. Derselbe wurde
angelegt, als der alte Fleischscharren (hier, Zeichnung) am Süd-
ende der Scharrnstraße nicht mehr ausreichte.
In den kleinen Häusern (Buden) an der Südseite des Fleisch-
scharrens (hier, Zeichnung) wohnten Leute, welche warme Speisen
(Braten, Suppe und Fleisch, Würstchen usw.) zubereiteten und ver-
kauften. Von diesen Köchen, welche das Fleisch gleich von den
Schlachtern in ihrer Nachbarschaft kauften und es in der Küche gar-
kochten, heißt die Straße, welche von dem Martinikirchhofe zur Post-
straße führt, noch jetzt die Garküche, obgleich jetzt keine Garkoche
mehr dort wohnen. (Siehe Abbildung Seite 399.)
— 415 —
Vor einigen Jahren (1908) sind die Häuser an der Südseite des Ge-
Wandhauses sämtlich niedergerissen, und an ihrer Stelle hat die Han-
delskammer ein prächtiges Gebäude errichten lassen, welches mit
dem Gewandhause verbunden worden ist. Welchen Zwecken dienen
diese Gebäude? Die Handelskammer hält ihre Versammlungen darin
ab. Volkslesehalle. Fortbildungsschule für junge Kaufleute. Aus-
stellungsräume für Handelsgegenstände. Auskunftsstelle in Handels-
angelegenheiten. Die Parterreräume neben dem Gewandhause werden
von der Braunschweigischen Kohlenhandelsgesellschaft benutzt. Was
steht darum an ihren Fenstern? Braunschweigische Kohlenhandels-
gesellschaft. Auf den Kohlenhandel deuten auch die Bilder an der
Eingangstür hin. Was stellen sie dar? Am rechten Türpfosten
sehen wir das Bild eines Mannes, der in der Erde (im Bergwerke)
Steinkohlen losschlägt, am linken aber ist ein Mann abgebildet, der
in einer Kiepe Braunkohlen (Preßkohlen, Briketts) fortträgt.
III. Der Kohlmarkt. 1. Name. Wenn wir die Poststraße ent-
lang nach O. gehen, so kommen wir hier auf diesen Platz (Zeich-
nung). Derselbe ist nicht regelmäßig viereckig wie der Altstadtmarkt,
sondern unregelmäßig vieleckig. Dieser Platz heißt der Kohlmarkt.
Hier wird, ebenso wie auf dem Altstadtmarkte, am Mittwoch und
Sonnabend Wochenmarkt gehalten. Da sitzen die Marktfrauen, die
aus Wolfenbüttel oder aus den Dörfern in der Umgegend von
Braunschweig gekommen sind, hinter ihren Tischen oder neben ihren
Körben und Säcken und verkaufen Kartoffeln, Mohrrüben, Steck-
rüben, junge Bohnen und Erbsen, Blumenkohl, Butter, Eier, Käse
usw. Manche Leute meinen deshalb wohl, der Kohlmarkt habe seinen
Namen von dem Kohl, der hier verkauft wird. Dies ist jedoch nicht
der Fall. Der Platz heißt eigentlich gar nicht Kohlmarkt, sondern
Kohlenmarkt. Indem die Leute nun das Wort undeutlich aus-
sprachen und die Silbe „en" verschluckten, sagten sie statt Kohlen-
markt — Kohlmarkt. Hier wurden nämlich früher Holzkohlen ver-
kauft, welche die Kohlenbrenner des Harzes herbeibrachten. (Köhler;
Harzgebirge im S. von Braunschweig; große Wälder.) Hier
habe ich ein paar Stücke Holzkohle mitgebracht. Wie sehen dieselben
aus? Woraus sind sie gemacht? Dieselben wurden früher besonders
in den Schmieden benutzt. Wozu werden sie jetzt noch gebraucht?
(Plätten, Klempnerarbeiten usw.) Welche andere Arten von Kohlen
kennt ihr noch? Die Holzkohle brennt leichter als die Braunkohle
und die Steinkohle.
2. Der Brunnen. Auf dem nördlichen Teile des Kohlmarktes
(hier, Zeichnung) steht, ebenso wie hier (Plan) auf dem Altstadt-
markte und hier auf dem Hagenmarkte ein öffentlicher Brunnen.
Wem gehört derselbe? (Bergl. S. 384). Dieser Brunnen ist aber nicht
so eingerichtet, wie der Brunnen, den ihr auf dem Wirtschaftshofe
(Bd. I, S. 248) kennen gelernt habt. (Kurze Beschreibung desselben) Er
hat keinen tiefen und ausgemauerten Schacht, aus welchem das
Wasser hochgepumpt wird, sondern das Wasser wird dem Brunnen
— 416 —
von dem Wasserwerke am Dowen-See (hier, Plan) in einem Rohre
zugeleitet. (Der Lehrer zeichnet eine Ansicht des Brunnens an die
Wandtafel und zeigt den Bindern eine Abbildung des Brunnens.)
Wieviel übereinanderliegende Becken hat der Brunnen? Wo be-
findet sich das größte? Wo das kleinste? Die beiden unteren Becken
sind achteckig, die beiden oberen viereckig. Alle vier Becken stehen
miteinander in Verbindung, so daß das Wasser aus dem obersten
Becken in das zweite, dann in das dritte und zuletzt in das unterste
Becken fließt. Von hier wird es durch ein Rohr unter der Erde zur
Oker fortgeleitet. Dieses hohe, achteckige Becken hier, welches in
dem unteren niedrigeren steht, hat hier in der Mitte der acht Ecksteine
Löwenköpfe, aus welchen Wasser fließt, wenn das Leitungsrohr ge-
öffnet ist. Wann ist das der Fall? Wann nicht? Warum läuft der
Brunnen im Winter nicht? Auch der viereckige Pfeiler hier in der
Mitte, welcher die beiden oberen Schalen trägt, hat an jeder Seite
einen Löwenkopf. Wieviel Löwentöpfe als Wasserspeier sind also im
ganzen an dem Brunnen angebracht? Hier oben auf den acht Eck-
steinen dieses hohen Beckens stehen acht kupferne Figuren, welche oben
wie Kinder aussehen. Sie haben aber keine Beine, sondern an deren
Stelle Fischschrvänze. Alle haben das Gesicht nach außen gewendet
und kehren sich gegenseitig den Rücken zu. Vier von ihnen haben
Knabenköpfe mit abgeschnittenen Haaren und vier haben Mädchen-
köpfe mit langen Haaren. Knaben und Mädchen wechseln miteinander
ab. Jedes Kind hat ein Horn im Munde, aus welchem Wasser in
die darüberliegende große, runde Schale emporströmt, wenn die Lei-
tungsröhren geöffnet sind. Die Knaben fassen das Horn mit der
linken Hand an, die Mädchen mit der rechten.
3. Das Wartehäuschen der Straßenbahn. Auf dem südlichen
Teile des Kohlmarktes steht ein Häuschen, welches nur eine Stube
hat. Bei ungünstigem Wetter, wenn es regnet oder schneit, oder
wenn starker Wind weht, treten die Leute, welche auf die Straßen-
bahn warten, in diese Stube. Wenn es schönes Wetter ist, sitzen sie
lieber draußen vor der Tür, wo zwei Bänke für sie aufgestellt sind.
Gewöhnlich kommt alle sechs Minuten ein Straßenbahnwagen an, so
daß die Leute nicht lange zu warten brauchen. Von dem Kohlmarkte
aus kann man mit der Straßenbahn nach dem Westbahnhofe oder
nach der Kastanienallee fahren. Welche Straßen verbindet also diese
Bahnlinie? — Welche Straßen berührt sie? — Wiederhole dieBahn-
linien, die über den Altstadtmarkt führen? — Wer von euch ist schon
einmal mit der Straßenbahn gefahren? Wohin? Was hast du da-
für bezahlt? Wieviel Leute finden in einem Wagen Platz? Was
für Wagen werden im Sommer benutzt? Warum? (Vorsicht beim
Einsteigen in den Wagen und beim Aussteigen aus demselben!) Wer
nach einer Straße fahren will, wohin die Straßenbahn nicht fährt,
kann eine von den Kutschen benutzen, die hier zwischen dem Warte-
Häuschen und dem Brunnen stehen. Wie nennt man eine solche
Kutsche? Wieviel Pferde sind davor gespannt? Wer von euch ist
— 417 —
schon einmal in einer Droschke gefahren? Mit der Straßenbahn
sind also schon viel mehr von euch gefahren als mit der Droschke.
Warum? Eine Fahrt mit der Droschke ist teurer. Sie kostet für
1 bis 2 Personen innerhalb der Stadt (Umflutgraben, hier, Plan)
60 Pfennige. Wo habt ihr noch Droschken gesehen? Friedrich-
Wilhelmstraße, bei der Post, Bahnhof, Hagenmarkt. — Zeigen, Plan.
4. Die Ulrichskirche. Da, wo jetzt die Droschken aus dem Kohl-
markte halten, stand vor 490 Iahren noch eine Kirche: die Ulrichs-
kirche. Welche Kirche habt ihr am Altstadtmarkt kennen gelernt?
Wer war der heilige Martin? Auch die Ulrichskirche ist nach einem
frommen Bischof genannt, der vor ungefähr 900 Iahren lebte. Der
Bischof Ulrich war aber nicht nur ein frommer, sondern auch ein
tapferer und furchtloser Mann. Als einst die Feinde (Ungarn, 955)
in Deutschland eingefallen waren und die Stadt, in der er lebte
(Augsburg), belagerten, setzte er sich selbst zu Pferde und kämpfte
gegen die Feinde. Ohne den Kopf mit einem Helme und die Brust
mit einem Panzer zu bedecken, ritt er den Feinden kühn entgegen.
Er fürchtete sich weder vor den Pfeilen, die von allen Seiten auf
ihn abgeschossen wurden, noch vor den Steinen, welche die Feinde
aus ihn schleuderten. Auch blieb er in dem Kampfe unverletzt, und
die Feinde konnten die Stadt nicht erobern. Hier seht ihr eine Abbil-
dung der alten Ulrichskirche (Görges-Spehr, Vaterländische Geschichten
und Denkwürdigkeiten I, S. 23.) Vor ungefähr 350 Jahren wurde
die Ulrichskirche sehr baufällig. Die Mauern bekamen Risse, und die
Decke der Kirche stürzte ein, so daß man keinen Gottesdienst in der-
selben halten konnte. Deshalb wurde die Kirche niedergerissen (1544),
und die Leute, welche bisher den Gottesdienst in der Ulrichskirche
besucht hatten, gingen von der Zeit an in die Brüdernkirche (hier,
Plan), die seitdem auch St. Ulricikirche heißt. Die Stelle, auf
welcher die Ulrichskirche stand, sowie der Ulrichskirchhof südlich von
derselben, aus dem man früher die Toten beerdigt hatte, wurden nun
mit zum Kohlmarkte genommen. Dadurch wurde dieser Platz be-
deutend vergrößert. Als man das Straßenbahnhäuschen baute, grub
man noch Knochen von Leichen aus der Erde, die man hier einst
vor vielen hundert Jahren auf dem Ulrichskirchhofe begraben hatte.
5. Häuser. Der Kohlmarkt ist von Häusern umgeben, von denen
einige besondere Namen haben. Dieses Haus hier an der Nordseite
des Platzes (Zeichnung) heißt die Sonne, weil sich an der Vorder-
seite desselben an einem Aufbau oben vor dem Dache eine Sonne mit
sechzehn Strahlenbündeln befindet. Dieses Haus, welches hier (Zeich-
nung) an der westlichen Seite der Schuhstraße etwas vorspringt, so
daß man es vom Kohlmarkte aus sehen kann, heißt der Mond,
weil sich an der Ecke desselben ein Bild des Mondes befindet. Dieses
Haus hier (Zeichnung) an der Ostseite des Kohlmarktes heißt der
Stern, weil sich an dem hohen Giebel desselben ein achtstrahliger
Stern befindet. (Der Lehrer zeichnet die drei genannten Hauszeichen
an die Tafel.) Wann sehen wir die Sonne am Himmel? Wann
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 27
— 418 —
, !
nicht? Wann sehen wir den Mond und die Sterne? Wann nicht?
Wann geht die Sonne unter? Wann gehen der Mond und die Sterne
auf? Wir erblicken also Sonne, Mond und Sterne nicht zu gleicher
Zeit am Himmel. Warum nicht? Hier am Kohlmarkte in Braun-
schweig aber kann man Sonne, Mond und Sterne zu gleicher Zeit
sowohl bei Tag als auch bei Nacht sehen. Wo nämlich? Deshalb
sagt ein alter Spruch:
„In welcher Stadt kann man zugleich wohl sehen
Sonne, Mond und Stern beisammen stehen? —
Zu Braunschweig in der alten Stadt,
Die so viel schöne Häuser hat."
Auch andere Häuser der Stadt wurden nach ihren Hauszeichen
benannt. So hieß das Haus hier (Zeichnung) auf der östlichen Ecke
des Kohlmarktes und der Schuhstraße die Rose; auch gab es in
Braunschweig ein Haus zum Löwen, zum Adler, zum Lamm, zum
Engel usw. Seit dem Jahre 1671 bezeichnet man die Häuser auf
andere Weise, nämlich nach der Straße und der Hausnummer.
(Vergl.,S. 387.)
6. Der Löwenturm. Von dem Kohlmarkte führt eine Straße
nach Osten (hier, Zeichnung), welche „Hutfiltern" genannt wird. Hier
wohnten in alten Zeiten die Hutmacher, welche Hüte aus Filz oer-
fertigten. Hier habe ich ein Stück Filz mitgebracht. Es besteht aus
Haaren, welche dicht miteinander verschlungen sind und ein dichtes
Gewebe bilden. Weil die Hutmacher den Filz zu Hüten verarbeiteten,
nannte man sie Hut filz er. Daraus ist der Name Hutfiltern
entstanden. Zur Erinnerung an die Hutmacher, die im Hutfiltern
wohnten, befindet sich auf dem südöstlichen Eckhause vom Kohlmarkt
und Hutfiltern hier (Zeichnung) eine Eisenstange, welche noch einen
dreieckigen Hut aus Eisenblech trägt. Jetzt wohnen die Handwerker,
welche dasselbe Geschäft betreiben, in verschiedenen Straßen der
Stadt. Früher wohnten sie mehr in einer Straße beieinander. So
wohnten z. B. die Schuhmacher hier in der Schuhstraße, die Weber
hier in der Weberstraße, die Schlachter in der Knochenhauerstraße, die
Bäcker am Bäckerklint, die Kupferschmiede, welche kupferne Becken,
Schüsseln, Kessel usw. anfertigten, auf der Beckenwerkerstraße usw.
(Plan!) — Gegenüber von jenem Eckhause, welches die Stange
mit dem Hute auf dem Dache hat, steht ein Haus, an welchem sich
ein Schild befindet mit der Aufschrift: „Leuenturm". Ein Leu ist ein
Löwe. Was bedeutet also das Wort „Leuenturm"? Zwischen jenem
Eckhause und diesem Hause, also hier (Zeichnung), stand früher ein
Turm, in welchem ein Löwe auf Kosten der Stadt untergebracht war
und von einem Wärter gefüttert wurde. Ihr habt schon früher ge-
hört, daß der Löwe das Wappenbild der Stadt Braunschweig ist.
Der Rat hielt deshalb einen lebendigen Löwen in diesem Turm, der
die Bürger gewissermaßen immer daran erinnern sollte, auch so kühn
und stark zu sein wie ein Löwe. Hier seht ihr eine Abbildung des
alten Löwenturmes. (Görges-Spehr, Vaterländische Denkwür-
— 419 —
bigfeiten I, S. 25.) Was befindet sich hier unten? Tor. Nach
welcher Straße führt dasselbe? Dieses Tor nannte man das Ulrichs-
tor. Warum wohl? Es hieß auch das Löwentor. Warum? Was
seht ihr hier oben in dem Torbogen? Gitter. Dasselbe war aus
Eisenstäben gemacht. Es ist hinter der Mauer auf der Innenseite des
Turmes hochgezogen, und ihr seht nur den untersten Teil desselben.
Der Kohlmarkt und seine Umgebung.
Dieses Gitter konnte niedergelassen werden, und dann war das Tor
gesperrt. Wohin konnte man dann vom Kohlmarkte aus nicht ge-
langen? Und wohin vom Hutfiltern aus nicht? Dieses Gitter wurde
niedergelassen, wenn etwa Feinde in die Stadt eingedrungen waren,
die man aufhalten oder gefangen nehmen wollte. Was befindet sich
hier an dieser Seite des Turmes? Treppe. Dieselbe befand sich
also hier (Zeichnung). Welche Seite ist dies in bezug auf die Him-
melsgegend? Wohin gelangte man auf dieser Treppe? Tür. Was
seht ihr hier über der Tür? Löwe. Was hat dieses Bild des
Löwen zu bedeuten? Wappen der Stadt. Bei welchem Gebäude
haben wir dasselbe Bild bereits kennen gelernt? Der lebendige
Löwe, welchen der Rat der Stadt hier füttern ließ, befand sich viel-
leicht in dem Zimmer, wo diese beiden kleinen Fenster (hier) sitzen.
Welche Form hat das Turmdach? Viereckig. Ein solches Dach haben
27*
— 420 —
noch manche Dorfkirchen. Jetzt ist der Leuenturm nicht mehr vor-
Händen. Man hat ihn weggerissen, weil er dem Verkehr im Wege
stand. Der Durchgang durch das Tor war ja so eng, daß sich
nicht einmal zwei Wagen ausbiegen konnten. Schon wenn ein Wagen
durch das Tor fuhr, mutzten die Fußgänger so lange warten, bis
der Wagen vorbeigefahren war. Vom Kohlmarkte nach dem Hut-
filtern aber fahren viele Wagen und gehen viele Leute; denn auf
dem Kohlmarkte ist viel Verkehr. Es führen ja sieben Straßen auf
diesen Platz. Welche von diesen Straßen kennt ihr schon? (Zeigen
lassen; Himmelsgegend.) Wieviel Straßen fehlen also noch auf der
Zeichnung? Hier zieht die Schützenstraße. Nach welcher Himmels-
gegend also? Hier die Friedrich-Wilhelmstraße (Himmelsgegend?),
hier der Ziegenmarkt (Himmelsgegend? Platz?), hier die Jakob-
straße (Himmelsgegend?). Welche andere Straße, die wir bereits
kennen, schneidet die Iakobstraße? Karl, Fritz und Otto treten vor
die Wandtafel. Karl zeigt die Straßen, welche vom Kohlmarkte aus-
gehen, in der Reihenfolge von W. nach N., O., S.; Fritz benennt
sie, und Otto nennt die Himmelsgegenden, nach denen sie führen;
dann dieselbe Übung in umgekehrter Reihenfolge; zuletzt außer der
Reihe. (F. Bosse, Braunschweig.)
18. Vom Kohlmarkte nach dem Nathause.
Vorbemerkung: Auf einem Lehrspaziergange, dessen Ausgangspunkt
der Kohlmarkt und dessen Ziel das Rathaus ist, werden die nötigen Beob-
achtungen angestellt und ganz knappe Belehrungen gegeben; die weitere Ver-
arbeitung des Materials und die Eintragung der Örtlichkeiten in den Stadtplan
erfolgt in der Klasse.
1. Die Schuhstrahe. Welchen großen Platz der Innenstadt haben
wir zuletzt kennen gelernt? Kohlmarkt. — Wir gehen heute noch
einmal nach diesem Platze, und ich werde unterwegs sehen, ob ihr
alles gut behalten habt. An welcher Seite des Kohlmarktes stehen
wir jetzt? Nordseite. •— Zeigt nach Osten! — Heute wollen wir
nun weiterwandern nach dem Rathause; wer hat diesen Weg schon
einmal gemacht? Durch welche Straße gehen wir? Schuhstraße.
— Nach welcher Richtung führt sie? Nordosten. — Seid recht vor-
sichtig, seht nur, wieviel Wagen kommen uns entgegen? Und wie-
viel biegen in die Schuhstraße hinein? Auch viele Fußgänger sehen
wir, in der Schuhstraße herrscht stets ein reger Verkehr. Was für ein
Wagen hält vor jenem Hause? Frickescher Rollwagen. — Was
wird eben abgeladen? Kisten. Was mag darin sein? Porzellan,
Glas. Was wollen wohl die Damen, die in diesen prächtigen Laden
mit den großen Schaufenstern treten? Kleider kaufen. — Das ist
also ein Geschäft für Damenkleidung. Was für ein Geschäft befindet
sich uns gerade gegenüber? Hutgeschäft. — In diesem Schaufenster
(Nehrkorn) seht ihr lauter Sachen, die von sehr geschickten Leuten,
Künstlern, verfertigt sind; das ist eine Kunsthandlung. Sucht ein-
— 421 —
mal hier nach einem Hause, in dem kein Geschäft wäre! Wir
finden keins. — Recht, die Schuhstrahe ist eine unserer wichtigsten
Geschäftsstraßen. Ihren Namen führt sie nach den Schuhmachern,
die früher in großer Zahl in dieser Straße wohnten. Wer kennt
die Straße drüben? Stephanstraße. — Wohin führt sie? Schützen-
straße. ■— Welche Richtung hat sie? Von Osten nach Westen. —
Welche beiden Straßen verbindet sie? Schuh- und Schützenstraße. —
Verbindungsstraße. — Welche Straße führt hier rechts ab? kleine
Burg. — Nach welcher Richtung? Osten. — Wie könnten wir von
hier aus am schnellsten nach dem Rathause gelangen? Über den
Wilhelmsplatz. — Wir wollen heute aber bis ans Ende der ^chuh-
straße gehen. Sie reicht bis an diesen Brunnen; der hieß in alten
Zeiten Iogetborn, Iugendbrunnen. Aus solchen Brunnen bekamen
die Leute noch vor 100 Jahren ihr Wasser, Wasserleitungen gab's
damals noch nicht. Du, Wilhelm, lauf mal nach jenem Eckhause hin-
über und sieh, was auf den Straßenschildern steht. Wie heißt die
Verlängerung der Schuhstraße? Sack. — Wer weiß, wie weit er im
Norden reicht? Packhosstraße. —
2. Vor der Burg. Wie heißt die Straße, in die wir jetzt ein-
biegen? Vor der Burg. — Woher kommt wohl der Name? Wer
kann mir sagen, nach welcher Richtung wir jetzt gehen? (Hinweis,
daß wir uns noch mehr nach rechts gewandt haben, wenn die Ant-
wort ausbleibt.) Seht, wie sich die Pferde vor jenem Wagen an-
strengen müssen; wie kommt das? Es geht bergauf. — Der Hügel,
auf den unsere Straße führt — man nennt ihn jetzt den Vurgplatz —
gehört zu den höchsten Punkten der Stadt. Der Ägidienhügel ist aller-
dings 5, und der Klint liegt 3 m höher; doch müßte das Wasser
der Oker 2 m steigen, wenn es diesen Hügel überschwemmen wollte.
In alten Zeiten hatte die Oker viel mehr Wasser als heute, und
wenn sie über ihre Ufer trat, was häufiger vorkam als jetzt, wurden
viele Stadtteile überschwemmt; welcher Hügel ragte dann aus dem
Wasser hervor? Burghügel. ■— Achtet auf die Straße drüben!
Papenstieg. — Sonderbarer Name! Welches Wort daraus kennt
ihr schon? Stieg. (König-, Hohestieg). — Was ist ein Stieg?
Weg, Straße. — An dieser Straße wohnten früher mehrere Pre-
diger; die nannte man Papen, Pfaffen, daher der Name. Zwischen
Papenstieg und Burgplatz liegt nur ein Haus, dafür ist es aber auch
eins der größten der Stadt; es ist das Viewegsche Haus, hier werden
Bücher gedruckt und verkauft. —
3. Der Burgplatz. Auf welchem Platze stehen wir jetzt? Burg-
platz. ^Woher der Name? Von der Burg, die darauf steht. — Zeigt
nach Süden, Norden! An welcher Seite des Platzes steht die Burg?
An der Ostseite. — Vergleicht Länge und Breite des Platzes! Sind
gleich. Karl wird von Westen nach Osten und Friedrich von Süden
nach Norden über den Platz gehen, und dabei werden wir die Schritte
zählen. Geschieht. 110 bis 120 Schritte. — Der Burgplatz bildet die
Mitte der Stadt; er ist von sämtlichen Toren etwa 1 km entfernt.
— 422 —
4. Die Burg Dankwarderode. Die Burg, nach der der Platz
benannt ist, ist das älteste Gebäude unserer Stadt; wer sagt uns,
weshalb man sie gerade hier erbaut hat? Weil dieser Hügel nicht
überschwemmt wurde, wenn fast alles unter Wasser stand. — Vor
1000 Iahren sah es hier ganz anders aus als heute. Von ganz
Braunschweig war noch keine Spur vorhanden. Wo heute die Leo-
pold-, die Münz- und die Casparistraße angelegt ist, floß die Oker
nordwärts. Zu beiden Seiten des Bohlwegs und der Wendenstraße
dehnten sich große Sümpfe aus; das hohe Ufer aber, auf dem jetzt
Burg und Dom stehen, war mit Wald bedeckt. Da kam, so erzählt
die Sage, ein Mann namens Dankward in diese Gegend; der rodete
den Wald aus und legte sich einen großen Hof an, den er Dant-
warderode nannte. Rings um den Hof schüttete er eine dicke und hohe
Mauer aus Erde, einen Wall, auf. Im Osten floß die Oker an dem
Burgwalle entlang, an den drei anderen Seiten grub Dankward einen
breiten, tiefen Graben; wo jetzt das Landgericht an der Münzstraße
steht, trat das Okerwasser in den Burggraben hinein, floß um den
Burghügel herum und da, wo heute die Casparistraße beginnt,
wieder in bie Oker hinein. Nur an einer Stelle konnte man den Burg-
Hof verlassen, das war hier neben dem Viewegschen Hause. Da führte
eine Brücke über den Burggraben, die an dicken Letten hochgezogen
werden konnte, eine Zugbrücke; auch war an dieser Stelle kein Wall
aufgeschüttet, dafür aber befand sich hier eine große Tür aus
starken, eichenen Brettern, das Burgtor. Des Abends, und wenn
Feinde nahten, wurde die Brücke hochgezogen und das Tor zuge-
macht; nun war man auf dem Burghofe sicher, denn über Graben
und Wall konnte so leicht keiner kommen. Man war vor den
Feinden geborgen, Burg. (Kreideskizze des .alten Burghofes und seiner
Befestigung.) Die Burg da vor euch ist aber nicht das Haus, das
Dankward vor 1000 Iahren erbaut haben soll. Das war niedriger,
aus Holz gebaut und hatte ein Strohdach. 300 Jahre später ge-
hörte der Burghof dem mächtigen Herzog Heinrich dem Löwen, der
baute nun an der Stelle des alten Holzhauses ein steinerne Burg,
Die hatte unten einen einfachen Saal für die Diener und oben einen
Festsaal für die Herrschaft. Der Herzog konnte aus seinem Wohn-
zimmer durch einen verdeckten Gang in den Dom gelangen; zeige den
Gang, der Burg und Dom verbindet — An dieser Stelle hielt ein
Beamter des Herzogs unter freiem Himmel Gericht, als Zeichen
seiner Macht ließ Herzog Heinrich hier den Löwen aufstellen; nach
welcher Richtung wendet er das Gesicht? Die Burg Dankwarderode
diente auch den späteren Herzögen von Braunschweig als Wohnung,
bis sie nach Wolfenbüttel zogen. Vor etwa 100 Iahren machte man
die Burg zu einer Kaserne für die Soldaten, und als vor Iahren
ein Teil der Burgkaserne abgebrannt war, wollte man sie schon ganz
abbrechen, um Platz für eine neue Straße zu bekommen. Unserem
früheren Regenten, dem Prinzen Albrecht, haben wir's zu verdanken,
daß diese älteste Erinnerung an Heinrich den Löwen erhalten worden
— 423 —
ist. Er ließ durch den Stadtbaurat Winter auf den alten Grund-
mauern das Wohnhaus des Herzogs so wieder ausbauen, wie es zu
seiner Zeit wohl ausgesehen haben mag. —
5. Der Dom. Wir betrachten jetzt die Kirche, die mit der Burg
durch einen überdeckten Gang zusammenhängt; wie heißt sie? Dom. —
An welcher Seite des Burgplatzes steht der Dom? Südseite. — Wo
befindet sich wohl das hohe Chor? Wird gezeigt. — Nach welcher
Richtung liegt es also? Osten. — (Chor, Altar, Schiff, Kanzel sind
bei der Martinikirche besprochen worden.) Wo stehen die Türme?
Westen. — Welche Richtung hat also das Langschiff? Von Westen
nach Osten. — So pflegte man die Kirchen in alten Zeiten meistens
zu bauen. Der Dom ist fast ebenso alt wie die Burg, auch er ist
von Heinrich dem Löwen erbaut worden. Sein ganzes Leben lang
hat der Herzog nicht abgelassen, diese seine Lieblingskirche recht präch-
tig auszuschmücken. — Wir sehen uns nun den Dom von außen an
und beginnen bei der Tür dicht neben der Burg, der Löwentür. Was
bemerkt ihr an den Steinpfosten? Gekratzt. — Diese Rillen sollen
von dem treuen Löwen des Herzogs herrühren, von dem wir in der
nächsten Stunde lesen wollen (Dtsch. Iug. II, S. 161). Als Herzog
Heinrich in seiner Löwenburg gestorben und im Dome begraben war
(1195), erzählt die Sage, heulte und kratzte der Löwe an der ge-
schlossenen Tür so lange, bis man sie ihm öffnete. Er legte sich auf
das Grab seines toten Herrn, aß und trank nicht, bis er mit leisem
Winseln verschied. Unter dem Löwendenkmale wurde das treue Tier
begraben. — Wieviel Fenster zählt ihr in der nördlichen Seitenwand?
Sieben. — Was fällt euch an den Türmen auf? Niedrig. — Ja-
wohl, sie sind niedriger als die meisten Kirchtürme der Stadt und
nur 45 m hoch. Zur Zeit Herzog Heinrichs hatten die Türme schlanke
Spitzen. Als er aber auf seinem Sterbebette lag, wurde der Dom
bei einem heftigen Gewitter von einem Blitzstrahle getroffen, und
beide Turmspitzen brannten bis auf die Mauern nieder. Seit dieser
Zeit fehlt der Domkirche leider der Schmuck der hohen Türme (Hin-
weis auf Kirchen mit ähnlichen Türmen). Auf welcher Seite des
Domes befinden wir uns jetzt? Südseite. — Hier stand bis 1894
die ,,Dicke oder Heinrichs-Linde", die Herzog Heinrich selber ge-
pflanzt haben soll. Schon lange war sie krank und morsch, und in
jenem Jahre ist sie gänzlich abgestorben. —
-In den Dom hineingehen können wir heute nicht; aber ich will
euch einiges erzählen und auf Bildern zeigen, was es drin zu sehen
gibt, und ihr müßt dann Vater und Mutter bitten, daß sie Sonntags
einmal mit euch in diese herrliche Kirche gehen. Da hängen in den
unscheinbaren Türmen zunächst 11 Glocken, deren größte Zentner
wiegt, und die gar herrlich zusammenklingen. Zu den Glocken paßt
die prächtige neue Orgel, die zu den größten und schönsten in Deutsch-
land gehört. Vor dem hohen Chore befindet sich das Grab Heinrichs
des Löwen und seiner Gemahlin Mathilde von England, beide sind
oberhalb der Gruft, lebensgroß in Sandstein gehauen, zu sehen. Hier
— 424 —
zeige ich euch ein Bild dieses schönen Grabmals; was hält der Herzog
in der rechten, in der linken Hand? Kirche, Schwert. — Was tut
die Herzogin? Hände gefaltet. Auf dem hohen Chore steht ein mäch-
tiger Leuchter mit sieben Armen, den hat Herzog Heinrich der Dom-
kirche geschenkt. In dem Gewölbe unter dem hohen Chore stehen
49 Särge braunschweigischer Fürsten und Fürstinnen. Der letzte Sarg
ist der des Herzogs Wilhelm, der am 18. Oktober 1884 starb. Dieser
Fürst hat die Wände dieser Kirche mit herrlichen Gemälden schmücken
lassen und hat ihr die große Lichterkrone geschenkt, die im Mittel-
schiffe hängt.
6. Das Huneborstelsche Haus. Wir wenden uns jetzt und gehen
nach der Nordseite des Burgplatzes hinüber, um dort noch ein schönes
und merkwürdiges Haus zu betrachten. Wir stehen davor, seht's euch
genau an. Woraus sind die neuen Häuser meist gebaut? Ziegelstein.
— Burg und Dom? Bruchstein. — Dieses Haus? Holz und Stein.
— So baute man vor 300 und 400 Jahren, man nennt solche Häuser
Holzbauten. Was bemerkt ihr an dem Holze? Allerlei Figuren. —
Wer kann mir ein ähnliches Haus nennen? Alte Wage, Häuser am
Bäckerklint, Meinhardshof, an der Güldenstraße. Dieses Haus ist
ganz besonders reich mit Schnitzereien verziert, und viele Fremde
kommen von weit her, um sich's anzusehen. Es stand bis vor einigen
Iahren Sack Nr. 5. Der Mann, der es dort vor 370 Iahren er-
bauen ließ, hieß Huneborstel, nach ihm wird es das Huneborstelsche
Haus genannt. Als nun der Besitzer an seiner Stelle ein neues Haus
bauen wollte, gab der Magistrat das nötige Geld her, damit das
merkwürdige Haus vorsichtig abgebrochen und hier in seiner alten
Pracht wieder aufgebaut werden konnte.
7. Der Ruhfäutchenplatz. An welcher Seite des Burgplatzes
steht das Huneborstelsche Haus? Nordseite. Die Burg Dankwarde-
rode? Ostseite. — Nach welcher Richtung gehen wir also jetzt? Nord-
osten. — Wie heißt der Platz, auf den wir gekommen sind? Ruh-
fäutchenplatz. Wie sagen wir hochdeutsch für Fäute? Ruh? Wie
würde der Platz also rein hochdeutsch heißen? Rauhfüßchenplatz.
— Ehe ich euch erkläre, wie dieser merkwürdige Name entstanden
ist, müßt ihr wissen, daß der Platz erst in den letzten 20 Jahren ent-
standen ist und früher viel kleiner war. An diesem kleinen Platze
stand ein Haus, in dem Hosbediente wohnten. Die tragen Hosen,
die nur bis an die Knie reichen, Kniehosen, und darunter weiße
Strümpfe, wenn sie Dienst im Schlosse haben. Um die sauberen
Strümpfe zu schonen, zogen die Hofbedienten dicke Gamaschen dar-
über, wenn sie bei schmutzigem Wetter über die Straße gehen mußten;
davon mag wohl der Name für den Platz herrühren. Was bemerkt
ihr an der Ostseite der Burg? Graben. -- Der deutet auf die Oker
hin, die früher hier floß.
8. Das Herzog Wilhelm-Denkmal. Das schöne Denkmal vor
der Burg stellt den letzten braunschweigischen Herzog dar; Herzog
Wilhelm starb im Jahre 1884, das Denkmal ist 1904 errichtet
— 425 —
worden. Wen seht ihr rechts von der Reiterfigur? Einen Mann
und eine Frau. — Was bemerkt ihr an dem Manne? Trägt
Schurzfell und Hammer. — Was für ein Mann ist das wohl? Fabrik-
arbeiter. — Was hält die Frau in der Hand? Ähren und Sichel.
— Was für eine Frau ist es? Bauersfrau. — Wieviel Figuren
siehst du auch auf der linken Seite des Denkmals? Zwei. — Das
Buch, das der alte Mann auf dem Schöße hält, ist ein Gesetzbuch;
darin stehen die Gesetze, nach denen der Richter sagt, wer Recht und
wer Unrecht hat, wenn die Leute vor Gericht klagen. Das Denkmal
deutet in sinniger Weise daraus hin, daß es unter Herzog Wilhelm
dem Bauer und dem Fabrikarbeiter wohl erging, und daß jeder
Bürger sein Recht fand.
9. Das Rathaus. Nun seht euch das große, prächtige Gebäude
an, vor Dem wir jetzt stehen; ihr kennt es schon? Rathaus. — Wer
kann mir die Straße nennen, die hier ostwärts führt? Dankward-
straße. — Wir wollen am Rathause entlang gehen, zählt die Schritte!
120 bis 140. — Wie heißt die Straße, an die wir gekommen sind?
Langerhof. — Wir wollen auch hier am Rathause entlang gehen
und die Schritte zählen. 40 bis 50. — Vergleicht die Seite des Rat-
Hauses, die der Burg gegenüberliegt, mit der nach dem Langenhofe
hin; welche ist die längere, die schönere? Seht jetzt den Turm an
der SÄdwestecke an und vergleicht ihn mit den Domtürmen! Ist
höher. — Ganz recht, er ist Kl m, also anderthalbmal so hoch wie
die Domtürme. Das ganze mächtige Gebäude nimmt einen Raum
ein, der etwa so groß ist wie unser Schulgrundstück. Daß das Rat-
Haus auch im Innern prächtig ausgestattet ist, werdet ihr sehen, wenn
ihr mit dem Vater einmal hineingeht. Weshalb geht denn der Vater
jährlich mehrere Male aufs Rathaus? Um die Steuern zu bezahlen.
Das Geld kommt dann in die Stadtkasse. Wozu gebraucht aber
die Stadt Geld von den Bürgern? — Sagt, wer hat unsere Schule
gebaut? Stadt. — Kennt ihr noch Gebäude, die der Stadt gehören?
— Kinderheim, Markthalle, Feuerwehrgebäude usw. Was kostet das,
so große Gebäude zu errichten? Viel Geld. — Wozu gebraucht die
Stadt noch weiter Geld? Läßt Straßen pflastern, Laternen aufstellen
und anstecken, Wasserleitungen anlegen. Für wen ist das alles gut?
Bürger. — Kurz, wer läßt viele Arbeiten zum Besten der Bürger
ausführen? Stadt. — Woher holen sich die Leute, die für die Stadt
arbeiten, das Geld dafür? Vom Rathause. — Aus welcher Kasse?
Stadtkasse. — Weshalb ist es also recht, daß wir Steuern bezahlen?
Stadt muß viel Geld für die Bürger ausgeben. —• Gebt noch einmal
an, was auf dem Rathause zunächst geschieht! Steuern bezahlt, Geld
für städtische Arbeiten ausgezahlt. ■— Soll eine Straße gepflastert
oder eine neue Schule gebaut werden, so muß das sorgfältig über-
legt oder beraten werden. Dazu sind zunächst neun Herren da, die
Stadträte genannt werden. Der erste unter ihnen ist der Herr Ober-
bürgermeister, der zweite führt den Titel Bürgermeister, sie bilden
zusammen den Magistrat. Für diese Herren sind im Rathause Ar-
— 426 —
beitszimmer eingerichtet. Oft hält der Magistrat mit Herren Be-
ratungen ab, die von den Bürgern dazu erwählt sind und Stadt-
verordnete genannt werden. Es gibt in Braunschweig 36 Stadtver-
ordnete; sie kommen mit dem Magistrate in einem großen Saale
zusammen, dessen hohe Fenster nach dem Langenhofe hinausgehen.
Jetzt könnt ihr mir wohl angeben, weshalb dieses städtische Gebäude
den treffenden Namen Rathaus hat. Weil dort Beratungen ab-?
gehalten werden. — Im Rathause befinden sich ferner Arbeitszimmer
für den Direktor der städtischen Bürgerschulen, die städtischen Bau-
meister und andere Beamte. Auf welchen Zimmern die Herren zu
finden sind, ist auf den Haustafeln zu sehen, die auf den Fluren und
Gängen hängen; sollten wir aber doch nicht zurechtfinden können, so
geben uns die Ratsdiener gern Bescheid, die an den beiden Eingängen
des Rathauses stehen und an ihrer Dienstmütze zu erkennen sind.
(H. Pfaue, Braunschweig.)
Der Burgplatz und seine Umgebung.
19. Die Post.
Wir wollen heute von der Post sprechen. In welcher Straße
liegt die Post? Friedrich-Wilhelmstraße. Von welchem Platze geht
die Friedrich-Wilhelmstraße aus? Kohlmarkt. Zeige sie auf dem
Plane! Gib die Richtung der Friedrich-Wilhelmstraße an! — Nach
wem hat sie ihren Namen erhalten? — Wohin führt sie? Bahnhof.
Aber nur der eine Arm derselben führt nach dem Bahnhofe. Wohin
führt der andere Arm? Münzstrasze. Zeige auf dem Plane die
Stelle, wo sich die Friedrich-Wilhelmstraße in zwei Arme teilt! Welches
Gebäude liegt an dieser Stelle? Post. Gib die Lage der Post an! -
— 427 —
An welcher Straße stand das Postgebäude früher? (Siehe
(Lektion 17, 5.411.) Die neue Post wird ganz kurz beschrieben.
Woran kann man das Postgebäude leicht erkennen? Wappen. Welches
Bild zeigt das Wappen? Adler. Was steht unter dem Wappen
geschrieben? Kaiserliches Postamt. Wessen Wappen ist der Adler?
— Wer hat also das Postamt einrichten lassen? — Wie heißen die
Leute, welche an der Post angestellt sind? Postbeamte. Woran kann
man die Postbeamten erkennen? Uniform. (Postschaffner, Postillon,
Briefträger, Postsekretär, Postdirektor.)
Wer ist schon in der Post gewesen? Was hast du da gemacht?
— Wer sollte den Brief haben? Onkel in Wolfenbüttel. Wir
wollen sehen, wie in unserer Zeit ein Brief von Braunschweig nach
Wolfenbüttel befördert wird. Ich will jetzt gleich einen Brief an
meinen Bruder in Wolfenbüttel absenden. Wie mag ich dazu kommen,
ihm einen Brief zu schreiben? Sie wollen ihm etwas mitteilen.
Worauf schreibe ich den Brief? — Wie heißt das Papier, das ich
dazu benutze? — Auf diesem Briefbogen steht das schon, was ich
meinem Bruder mitteilen will. Was mache ich mit dem fertigen
Briefe? Stecke ihn in einen Umschlag, — Kuvert. Und dann?
Klebe es zu, — verschließe es. Womit ist deshalb der Rand des
Kuverts versehen? Gummi. Erzähle, wie das Kuvert verschlossen
wird! — Weshalb verschließe ich denn den Brief? — Zuweilen
schickt man auch Geld (Papiergeld) in einem Briefe fort. Wie nennt
man einen Brief, in dem sich Geld befindet? Geldbrief. Womit muß
ein Geldbrief verschlossen werden? — Hier habe ich eine Stange
Siegellack. Welche Farbe hat dieser Lack? — Gebt acht, wie ich
mit diesem Lack das Kuvert verschließe. (Lack wird an einer Flamme
erweicht und auf den Brief geträufelt.) Womit drücke ich den ab-
geträufelten Lack fest? Siegel, Petschaft. Man sagt: der Brief ist
versiegelt. Zeige das Siegel! Wo steht die Inschrift auch? Auf
dem Stempel. Wer soll diesen Brief bekommen (empfangen)? .—
Darum ist er der Empfänger des Briefes. Wohin schreibe ich den
Namen des Empfängers? — Was hier unten rechts? Wohnort,
Straße, Hausnummer. Name und Wohnort des Empfängers bilden
die Adresse eines Briefes. Was muß also in der Adresse enthalten
sein? Was schreibe ich hier unten links? Frei. Was muß ich dann
aber oben rechts aufkleben? Freimarke. Was kostet diese Marke?
Zehn Pfennig. Das ist eine 10-Pfennigmarke. Farbe derselben!
Bild der Germania! Was für eine Marke muß ich auf einen
schweren Brief kleben? 2O-Pfennigmarke. Auf einen Stadtbrief?
5-Pfennigmarke. Welchen Zweck haben die Freimarken? — Wie
nennt man das Geld, welches für die Versendung des Briefes ge-
zahlt wird? Porto.
Wohin trage ich den Brief, damit ihn mein Bruder erhält?
Briefkasten. Wo in unserer Nachbarschaft sind solche Kästen ange-
bracht? — Weshalb hat man sie dort angebracht? Damit man
nicht nach dem Posthause zu gehen braucht. Wer holt die Briefe
— 428 —
aus dem Briefkasten ab? — Wann die Briefe abgeholt werden
(die „nächste Abholung" ist), kann man am Briefkasten sehen. Wo?
— Was steht da? Was bedeutet das? — Wohin bringt der Brief-
träger die Briefe? — Was drückt dort der Postbeamte auf die
Freimarke? Stempel. Er stempelt den Brief. Weshalb wird die
Marke gestempelt? Damit man sie nicht ablösen und noch einmal
verwenden kann. Was steht in dem Stempel? Postort, Tag und
Stunde der Abstempelung. Z.B.: Braunschweig. 8. 1. 03. 3—4 N.
Das heißt: Braunschweig, den 8. Tag des 1. Monats im Jahre
1903, zwischen 3 und 4 nachmittags.
Wie gelangt denn nun mein Brief nach Wolfenbüttel? Er wird
mit vielen anderen Briefen (und Paketen) in einen Wagen gelegt
und nach dem Bahnhofe gefahren. Wie heißt der Wagen, mit dem
die Post fährt? Postwagen. Wie sieht der Postwagen aus?
Welches Wappen hat er auch? — Wie heißt der Postkutscher?
Postillon. Was hat er an der Seite hängen? Horn. Was tut
er mit dem Horn, wenn er abfährt oder ankommt? Wie rufen die
Binder, wenn der Postillon ausfährt? Herr Postillon, Herr Postillon,
wo geht die Reise hin? usw. Oder: Trara, die Post ist da usw.
Wohin fährt der Postillon die Briefe (und Pakete)? Bahnhof.
Wohin kommen sie dort? In den Postwagen der Eisenbahn. Mit
der Eisenbahn werden die Briefe usw. an den Ort befördert, für den
sie bestimmt sind. Die Briefe sind vorher sortiert. Alle Briefe,
welche z. B. nach Wolfenbüttel kommen, werden in einen Beutel
getan, ebenso alle Briefe nach Schöppenstedt, Schöningen usw. Wo
werden die Briefe für Wolfenbüttel, zwischen denen sich auch mein
Brief befindet, ausgeladen? — Wer nimmt sie in Empfang?
Wohin werden sie gebracht? Nach der Post. Hier werden sie noch
einmal gestempelt und zwar auf der Rückseite, z. B. Wolfenbüttel
Ankunft 9. 1. 12. 7—8 V. Wie heißt das? Wie lange ist also
mein Brief unterwegs gewesen? — Wer überbringt den Brief meinem
Bruder? — Wenn ich vergesse, die Marke aufzukleben, so muß
mein Bruder (der Empfänger) das doppelte Porto für den Brief
bezahlen. Wieviel also? — Unser Versehen wird dann an jemand
gestraft, der gar nichts verschuldet hat (nichts dafür kann). Straf-
porto. —
Die Post befördert aber nicht allein Briefe. Was habe ich hier
geschrieben? Postkarte. Was schreibe ich auf die Vorderseite?
Was auf die Rückseite? — Wieviel gilt die Marke, die auf die
Postkarte geklebt oder gedruckt ist? — Was habe ich für die Post-
karte nicht nötig, wie ich es für den Brief nötig habe? Kuvert.
Was befördert die Post außer Briefen und Postkarten noch? Pakete,
Geld usw. Warum müssen diese Sachen auf die Post getragen
werden? Hier werden die Pakete gewogen, und dann kommen sie
mit den Briefen und Postkarten in den Postwagen. Und dann?
Nach welchen Nachbarorten geht keine Eisenbahn? — Wie
kommen die Postsachen nach diesen Orten? Postwagen (Postkut-
— 429 —
scheu), Landbriefträger. Manche Postwagen befördern auch Personen
nach den Nachbarorten. Wie heißen diese Postwagen? Personenposten.
Wie heißen die Leute, welche mit dem Postwagen reisen? Postreisende.
Wie mutzten in alter Zeit (noch vor 60 Jahren) die Briese be-
fördert werden? Durch Boten zu Fuß oder zu Pferde. Wie war
die Beförderung der Briefe usw. durch Boten? Langsam, teuer, un-
sicher. Wie geschieht sie jetzt? Schnell, billig, sicher. Womit wurden
wohl früher die Pakete befördert? Fuhrmann, Frachtwagen. Wie
war diese Beförderung auch? Wir sehen also, daß die Post eine
große Wohltat ist. Sie ist die billigste, schnellste, sicherste und be-
quemste Beförderung. Was habt ihr schon mit der Post erhalten?
— Fortgeschickt? (Zum Geburtstage, zu Weihnachten usw.)
In welchen Straßen unserer Stadt gibt es Postämter? —
Warum heißt das Postamt an der Friedrich-Wilhelmstraße Haupt-
postamt? —
20. Bahnhof und Eisenbahn.
Bei welchem großen Gebäude teilt sich die Friedrich-Wilhelm-
straße in zwei Arme? Post. (Siehe Abbildung Seite 419.) Wohin
führt der eine Arm der Friedrich-Wilhelmstraße? Münzstraße. Wohin
der andere? Friedrich-Wilhelmsplatz. Nach wem ist dieser Platz be-
nannt? — Welche Straßen gehen vom Friedrich-Wilhelmsplatze aus?
Gib ihre Richtung an! — Welches Gebäude liegt au der Süd-
seite des Friedrich-Wilhelmsplatzes? Bahnhof. Wodurch sind Bahn-
Hof und Friedrich-Wilhelmsplatz voneinander getrennt? Oker. Wo-
durch verbunden? Brücke. Wieviel Brücken führen am Bahnhofe
über die Oker? Vier. r
Nach dem Bahnhofe gehen täglich viele Leute. Was wollen
sie dort? — Wie heißen die Leute, die auf der Eisenbahn reisen?
Reisende. Wir haben gestern (vorgestern) auch eine Reise auf der
Eisenbahn gemacht. Wohin sind wir gefahren? Wendessen (Asse).
Wo haben wir uns versammelt? Bahnhof. Wer auf der Eisenbahn
fahren will, muß sich zuerst eine Fahrkarte kaufen (lösen). Wo
erhält man die Fahrkarten? Schalter (Fahrkartenausgabe). Wie
ist die Fahrkarte gestaltet? — Was steht darauf? — Welche Kinder
brauchen noch keine Fahrkarte zu haben? — Vis zu welchem Alter
zahlen Kinder die Hälfte? ■— Nicht betrügen! Wann kauft man sich
eine Rückfahrkarte? —
Der Eisenbahnzug, mit dem wir fahren wollten, war noch nicht
angekommen. Wo haben wir warten müssen? Saal. Wie heißt
der Saal, in dem die Reisenden warten, bis sie einsteigen dürfen?
Wartesaal. Wieviel Wartesäle hat unser Bahnhof? — Wie heißen
sie? - Wer teilte uns die Ankunft unseres Zuges mit? Türhüter
(Portier). Was rief er in den Saal hinein? Einsteigen nach — —.
Wohin gingen wir nun? Bahnsteig. Wer darf den Bahnsteig nur
betreten? Wer eine Fahrkarte oder Bahnsteigkarte hat. Wem muß
— 430 —
die Fahrkarte (Bahnsteigkarte) vorgezeigt werden? — Wie heißt der
Mann, der die Fahrkarten annimmt? — Was macht er mit der
Fahrkarte? >— Warum? Damit nicht jemand zweimal mit dieser
Karte fahren kann. Die Fahrkarte muß jeder Reisende sorgfältig
aufbewahren. Wer auf dem Bahnsteige oder im Zuge ohne Fahr-
Karte angetroffen wird, muß Strafe bezahlen. Wieviel Bahnsteige sind
auf unserem Bahnhofe? Zwei derselben befinden sich unter einer großen
Halle, Bahnhofshalle, Einsteighalle. Wo ist der dritte Bahnsteig? —
Endlich kamen die Wagen (Eisenbahnwagen), mit denen wir fort-
fahren wollten. Mehrere Eisenbahnwagen waren hintereinander ge-
reiht und durch Letten verbunden. Wie nennt man eine solche Reihe
von Eisenbahnwagen? Einen Eisenbahnzug. Was fährt an der
Spitze des Zuges? Dampfwagen. Weshalb nennst du diesen Wagen
Dampfwagen? — Wie sagt man statt Dampfwagen gewöhnlich?
Lokomotive. Vor dem Zuge sahen wir keine Pferde. Wer treibt
den Zug vorwärts? — In der Lokomotive brennt ein großes Feuer.
Über dem Feuer liegt ein großer Kessel, der mit Wasser gefüllt ist.
Ihr habt alle schon gesehen, wenn in der Küche das Wasser kocht.
Was kommt dann aus dem Topfe heraus? — Was tut aber der
Dampf, wenn ich einen Deckel auf den Topf lege? Hebt ihn, wirft
ihn ab. In dem Kessel der Lokomotive ist soviel Dampf, daß er
den ganzen Eisenbahnzug fortbewegen kann. Soll die Lokomotive
stillstehen, so braucht man den Dampf nur einzusperren oder durch
eine Öffnung entweichen zu lassen. ^Eeht er durch eine Pfeife, so
verursacht er einen gellenden Pfiff (Dampfpfeife)^. Was für ein
Wagen befindet sich dicht hinter der Lokomotive? Kohlenwagen
(Tender). Welche Wagen folgen dem Kohlenwagen? Wagen für
die Reisenden. Wie nennen wir diese Wagen, weil sie nur für Per-
sonen bestimmt sind? Personenwagen. Wieviel Personenwagen habt
ihr bei unserem Zuge gezählt? — Wie nennen wir einen Zug, der
nur aus Personenwagen besteht? Personenzug. Welche Wagen
dürfen aber in einem Personenzug doch nicht fehlen? Lokomotive
und Kohlenwagen. Weshalb nicht? — Aus was für Wagen be-
steht also ein Personenzug? Ein Personenzug besteht aus einer
Lokomotive, einem Kohlemvagen und vielen Personenwagen. (In
den meisten Personenzügen ist auch ein Postwagen- dieser nimmt
an den Bahnhöfen die Postsendungen (Briefe, Pakete usw.) auf
und gibt diejenigen ab, welche für den Ort bestimmt sind.)
Jeder Personenwagen besteht aus mehreren Abteilungen. Wie-
viel Türen hat jede Abteilung? An manchen Türen steht eine I, an
anderen eine II, III oder IV. Was bedeuten diese Ziffern? — In
wieviel Klassen sind also die Wagen eines Personenzuges eingeteilt?
In der ersten Wagenklasse ist es am schönsten, aber die Fahrt darin
ist auch am teuersten. Welche Leute pflegen in der ersten (oder
zweiten) Wagenklasse zu fahren? — In welcher Wagenklasse fuhren
wir? In welcher Wagenklasse ist die Fahrt am billigsten? — Welche
Leute pflegen in der vierten Klasse zu fahren? —
— 431 —
Sobald der Zug auf dem Bahnhof stillsteht, werden die Wagen-
türen geöffnet. Wie heißt der Mann, der die Türen öffnet (und vor
der Abfahrt wieder schließt)? Schaffner. Die Reisenden, die ihr
Ziel erreicht haben, steigen aus, andere steigen ein. Wer weist den
Reisenden die Plätze an? —Wieviel Bänke sind in jeder Abteilung?
Zwei. Wieviel Personen können auf jeder Bank sitzen? Fünf. Zu-
sammenfafsung: Der Schaffner öffnet und schlicht die Türen, weist
den Reisenden die Plätze an und ficht die Fahrkarten nach. Wie
heißt der Mann, der die Aufsicht über den ganzen Zug hat? Zug-
führer. Woran erkennt ihr ihn? Rote Mütze. Wie heißt der Mann,
der die Lokomotive leitet oder führt? Lokomotwführer. Er hat
auch einen Gehilfen. Was hat der Gehilfe zu tun? — Welchen
Namen hat er deshalb erhalten? Heizer. Welche Personen müssen
bei jedem Personenzuge sein? Schaffner, Zugführer, Lokomotiv-
führer, Heizer.
Wer gibt das Zeichen, daß der Zug abfahren darf? Station?-
Vorsteher. Er hat die Aufsicht über den Bahnhof. Womit gibt er
das Zeichen zur Abfahrt? Pfeife. Bald darauf hörten wir
einen schrillen Pfiff. Wo ertönte der Pfiff? Lokomotive. Jetzt setzte
sich der Zug in Bewegung. Wie bewegte er sich zuerst fort? Lang-
sam. Wie dann? Schnell und immer schneller. Wie im Fluge saust
der Eisenbahnzug dahin. -Rein Mensch und kein Tier kann mit ihm
um die Wette laufen. Auf den Eisenbahnen fährt man jetzt in einer
Stunde soweit, wie früher mit der Post an einem Tage.
Der Eisenbahnzug kann nicht wie die Ackerwagen usw. auf der
Landstraße fahren; man hat für ihn einen besonderen Weg gemacht.
Worauf laufen die Räder eines Eisenbahnzuges? — Auf eisernen
Schienen. Was bilden zwei Schienenstränge zusammen? Geleise.
Worauf sind die Schienen befestigt? Auf eichenen (oder eisernen)
Schwellen.
Auf der ganzen Strecke, welche ein Zug durchläuft, sind in einiger
Entfernung voneinander kleine Häuschen neben den Geleisen ange-
bracht. Wer wohnt in denselben? Bahnwärter. Was muß der
Bahnwärter tun? — Was würde mit dem Zuge geschehen, wenn ein
Baum oder dicker Stein auf das Geleise gefallen oder eine Brücke
eingestürzt wäre? Der Zug aus dem Geleise gehen, entgleisen, die
Wagen übereinanderstürzen. Wie könnte es den Reisenden dabei
ergehen? Verletzt werden, umkommen. Worauf muß der Bahn-
Wärter also achten? .— Bei einem Wärterhäuschen führt gewöhnlich
auch ein Weg über das Geleise. Was tut der Bahnwärter beim
Nahen des Zuges? Versperrt den Weg. Schlagbaum. Weshalb? —
Neben den Geleisen stehen, immer gleichweit voneinander ent-
fernt, viele hohe Stangen, an denen sich Drähte befinden. Wer weiß
schon, wie diese Drähte heißen? Telegraphendrähte. Wozu die Tele-
graphendrähte dienen, habt ihr gewiß auch schon gehört. Nun? Man
kann damit telegraphieren, in die Ferne schreiben. Mit Hilfe der-
selben vermag man Wörter und Sätze blitzschnell an entfernte Orte
— 432 —
zu schicken. Wenn ein Zug hier abfährt, dann drückt der Telegraphist
auf dem Bahnhofe auf einen Knopf, und fast in demselben Augen-
blicke schon weiß man in W. (wohin der Zug fährt), daß der Zug
von Braunschweig abgegangen ist. Ja noch mehr! Auch das Läute-
werk an den Wärterbuden wird dadurch in Bewegung gesetzt und
der Wärter gemahnt, die Schranke zu schließen, um an den Uber*
gängeit Unglücksfälle zu verhüten. Wie ein solcher Fernschreiber ein-
gerichtet ist, sollt ihr später erfahren. Verständige und brave Kinder
werden die Telegraphendrähte nicht beschädigen, vor allem nicht
nach den porzellanenen Glocken (oder auf vorbeifahrende Eisenbahn-
züge) werfen. Das ist recht abscheulich und wird von der Obrigkeit
streng bestraft.
Wo hielt unser Zug zuerst? — Wie lange fährt man bis R. ?
— Wie weit ist das zu Fuß? — Wie nennt man eine Stelle, an
welcher der Zug hält? Haltestelle, Station. Warum wird der
Stationsname ausgerufen? — Wo kann man ihn auch lesen? Am
Stationsgebäude (Bahnhofe). Wie heißt die folgende Station? —
Auf welcher Station stiegen wir aus? — Was müssen wir wieder
vorzeigen, wenn wir den Bahnhof verlassen wollen? Fahrkarte.
Wann haben wir unsere Rückreise angetreten? — Wann kamen wir
auf unserem Bahnhofe wieder an? — Wie lange dauerte die Reise?
— Welche Ortschaften haben wir gesehen?
Der Zug, den wir benutzten, hielt bei jeder kleinen Station an.
Es gibt aber Züge, welche nur an den Hauptstationen halten und
dann auch noch bedeutend schneller fahren als unser Zug. Wie nennt
man solche Züge? Schnellzüge. Die Eisenbahnzüge befördern aber
nicht bloß Personen, sondern auch Güter! Nennt Güter! Holz,
Kohlen, Getreide, Maschinen usw. Wohin werden die Güter ge-
bracht, die versandt werden sollen? Güterbahnhof. Wo befindet er
sich? — Wo werden die Güter dort aufbewahrt? Güterschuppen.
Wie heißen die Eisenbahnwagen, in welche die Güter dann gepackt
werden? Güterwagen. Wie nennst du einen Zug, der aus lauter
Güterwagen besteht? Güterzug. Was ist ein gemischter Zug?
Was für Züge gibt es also? Es gibt Personenzüge, Schnellzüge,
Güterzüge und gemischte Züge.
Wieviel Bahnhöfe gibt es in Braunschweig? — Gib ihre Namen
an! — Wo befinden sie sich? — Welche Bahnlinien gehen vom
Haupt- oder Staatsbahnhofe aus? — Zeigen auf dem Plane!
Merkt: Die Eisenbahnen werden auf der Karte durch parallele
schwarze (rote) Linien, die weiße und schwarze (rote) Rechtecke ein-
schließen, bezeichnet. Was sollen die parallelen Linien vorstellen?
Geleise.
Begriff. Durch die Eisenbahn können die Leute sehr schnell zu-
einander kommen, um dies und das abzumachen, und wieder vonein--
ander gehen, — miteinander verkehren. Die Eisenbahn vermittelt
den Verkehr, — ist ein Verkehrsmittel. Welches Verkehrsmittel
haben wir schon kennen gelernt? — Früher, als man die Kraft des
— 433 —
Dampfes noch nicht kannte, mutzten die Personen zu Fuße gehen
oder mit der Post fahren, was jedoch weit langsamer ging als mit
der Eisenbahn; die Waren mutzten alle aus Karren und Wagen fort-
geschafft werden, was ebenfalls viel Zeit in Anspruch nahm und da-
bei auch sehr teuer war. Die Eisenbahn ist ein wichtiges Verkehrs-
mittel. Weshalb? — Früher entstand manchmal in abgelegenen Ge-
birgen (Ländern) Hungersnot; es fehlte an Getreide. Aus anderen
Gegenden konnte man nicht schnell genug Nahrungsmittel hinbringen.
Weshalb nicht? — Wie ist's heute? Früher kam mancher aus seinem
Dorfe, aus seiner Heimat kaum heraus; eine Reise in die Ferne
kostete viel Zeit und Geld. Jetzt ist's leicht, sich in der Welt um-
zusehen. Weshalb? —
Geschichtliches. Die Bahn von Braunschweig nach Wolfenbüttel
gehört zu den ersten Bahnen Deutschlands. Sie wurde am 1. De-
zember 1838 eröffnet. Eine grotze Menschenmenge hatte sich auf
dem (damals noch kleinen) Bahnhofe eingefunden, um die Abfahrt
des ersten Eisenbahnzuges von Braunschweig mit anzusehen. Nach-
dem der Herzog Wilhelm und die geladenen Teilnehmer den Festzug
bestiegen und die beiden Schaffner die Türen geschlossen hatten, ver-
lietz der Zug den Bahnhof. Dicht an das Geleise gedrängt stand die
neugierige Menge und jubelte den Fahrgästen zu. Bis weit zur Stadt
hinaus waren die Leute gelaufen. Der Zug legte die zwei Stunden
lange Strecke in etwa 20 Minuten zurück. — Das jetzige Bahnhofs-
gebäude steht seit dem Jahre 1846.
Die elektrische Straßenbahn. Als wir nun von unserem Aus-
fluge nach der Asse heimkehrten, haben einige von euch den Weg vom
Bahnhofe nach dem Elternhause nicht zu Futz zurückgelegt. Auf
welche Weise bist du nach Hause gekommen? Mit der Elektrischen.
Durch welche Straßen bist du gefahren? — Wie heißt die Endstation
dieser Linie? — Die Anfangsstation? — Wie wird sie deshalb
genannt? Linie Kastanienallee—Westbahnhof. (Linie 7.) Noch eine
andere Linie der Elektrischen führt am Hauptbahnhofe vorüber (wir
haben sie auf dem Altstadtmarkte kennen gelernt). Welche? Linie 5:
Augusttor—Olper. Zwei Linien beginnen am Hauptbahnhofe:
Linie 2: Hauptbahnhof—Nordbahnhof und Linie 6: Hauptbahn-
Hof— Stadtpark. Rückblick! —
21. Die Münzstrahe.
I. Der Weg vom Bahnhofe nach der Münzstrahe. Wir wollen
heute von der Münzsttaße sprechen. Welche Straße führt vom Bahn-
Hofe (von dem wir zuletzt sprachen) nach der Münzstraße? Friedrich-
Wilhelmstraße. Diese haben wir bis jetzt nur als Verbindungsstraße
zwischen Kohlmarkt und Bahnhof kennen gelernt. Wie gelangt man
denn nun vom Bahnhofe nach der Münzstraße? Bei der Post muß
man nach Osten (rechts) gehen. Auf diesem Wege kommen wir an
der Leopoldstrahe vorüber. Nach wem ist die Leopoldstraße benannt?
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 28
— 434 —
Nach Herzog Leopold von Braunschweig.*) In der Leopoldstraße
befinden sich drei Schulen. Wer von euch hat einen Bruder, der
eine Schule in der Leopoldstraße besucht? — Welche Schule besucht
dein Bruder? Herzogliches Lehrerseminar. (Wie nennen wir die
Schüler, welche das Seminar besuchen? Seminaristen. Was wollen
sie einst werden? —) Welche Schule besucht dein Bruder? Iahnsche
Realschule. Außerdem befindet sich dort noch die erste untere Bürger-
schule. Welche Schulen befinden sich also auf der Leopoldstraße?
— Wo endigt die Friedrich-Wilhelmstraße? Vor der Münzstraße.
Was willst du sagen? Bei der Straße Hinter Liebfrauen. Beim
Kattreppeln. Ihr habt alle recht. Welche Straßen schließen sich also
an die Friedrich-Wilhelmstraße an? — Nenne die drei Straßen noch
einmal! Zeige den Weg vom Bahnhofe bis zur Münzstraße auf
dem Plane! Zeige die Leopoldstraße! Jetzt zeige ich euch die drei
Schulen auf der Leopoldstraße. Das ist usw. Zeige die drei Straßen,
welche sich an die Friedrich-Wilhelmstraße anschließen! — Wir sprechen
nun von der
II. Münzstrahe. Znächst sollt ihr erfahren, weshalb diese Straße
Münzstraße genannt wird. Münzen kennt ihr alle. Hier zeige ich
euch Münzen, — es sind Geldstücke. Erfragen! — Unter Münze ver-
steht man aber nicht nur ein Geldstück, sondern auch das Gebäude,
worin Geldstücke gemacht (geprägt) werden. Erfragen! — Am Ein-
gange der Münzstraße stand früher (1711) auch eine Münze, — die
Herzogliche Münze. Vor 45 Jahren (1867) hat man sie aber ab-
gebrochen und auf dem dadurch erhaltenen Platze eine Straße ange-
legt. Welchen Namen hat man dieser Straße gegeben? Münzstraße.
Weshalb Münzstraße? — Wir haben zunächst die Richtung der
Münzstraße festgestellt. Gib sie an! Nach NW. Wo endigt sie? Wil-
Helmsplatz. Sprich über ihre Richtung und Erstreckung! Die Münz-
straße erstreckt sich (zieht) von der Friedrich-Wilhelmstraße nach NW.
bis zum Wilhelmsplatze. Ihr habt euch auch die Befestigung des
Fahrdammes angesehen. Was kannst du darüber berichten? Teils ge-
pflastert, teils asphaltiert. Wo ist sie mit Asphalt befestigt? — Es
ist ein großer Unterschied, ob ein Wagen über Asphalt oder über
Steinpflaster fährt. Welchen Unterschied habt ihr gefunden? — Wes-
halb hat man den Fahrweg gerade zwischen dem Polizei- und Ge-
richtsgebäude mit Asphalt befestigt? Damit die Beamten dort durch
das Geräusch der Wagen nicht gestört werden.
Von welcher Straße wird die Münzstraße in der Mitte durch-
schnitten (gekreuzt)? Damm. Am Kreuzungspunkte dieser beiden
Straßen herrscht ein ungemein lebhafter Verkehr. Nicht nur die Elek-
trische, sondern auch zahlreiche Geschäfts- und andere Wagen fahren
durch beide Straßen, und die vielen Fußgänger, die hier den Fahr-
*) Herzog Leopold ertrank am 27. April 1785 in den Fluten der Oder
zu Frankfurt, als er den durch eine heftige Überschwemmung bedrohten Be--
wohnern der Dammvorstadt auf einem Kahne zu Hilfe eilen wollte.
— 435 —
weg überschreiten, müssen beständig darauf achten, daß sie nicht über-
fahren werden. Ein Polizist (Schutzmann) steht an dieser Straßen-
kreuzung und ordnet den Verkehr.
An der Münzstraße fallen uns drei Gebäude durch ihre Größe
auf. Welche sind das? Das Feuerwehrgebäude, Polizeigebäude und
Gerichtsgebäude. Zeigen auf dem Plane!
22. Die Feuerwehr.
I. Das Feuerwehrgebäude ist ein großes, massives Gebäude. Es
hat fünf große Einfahrtsorte und drei Eingangstüren. Bor dem Tore
steht Tag und Nacht ein Feuerwehrmann als Wachtposten. Im Erd-
geschoß befinden sich große Räume für die Feuerlöschgeräte. Welche
Feuerlöschgeräte habt ihr schon gesehen? — Im ersten Stock ist die
Mannschaftsstube, in der sich die Feuerwehrleute aufhalten, wenn
sie keinen Dienst haben. Daneben ist der Schlafraum, in dem d:e
Feuerwehrleute während der Nacht schlafen können. Wenn sie sich
zum Schlafen niederlegen, dürfen sie aber nur Rock und Stiefel aus-
ziehen. Ihr könnt euch schon denken, weshalb. Nun, weshalb wohl?
— Im ersten Stock befindet sich auch das Telegraphenzimmer. Vom
Telegraphenzimmer gehen Drähte nach allen Feuermeldern, nach den
Wohnungen von Feuerwehrleuten, Ärzten, Kirchendienern, nach wich-
tigen Gebäuden usw. Weshalb, hört ihr später. Auf dem geräu-
migen Hofe steht (gerade dem Einfahrtstore gegenüber) der Schlauch-
türm. Vom Damme aus könnt ihr ihn sehen. Weshalb heißt dieser
Turm Schlauchturm? — Rechts vom Schlauchturme befindet sich
der Pferdestall, in welchem acht mutige Pferde stehen.
I!. Die Verufsfeuerwehr. Was hat denn nun die Feuerwehr
zu tun? — Das ist ihr Beruf. (Welchen Beruf hat dein Vater? —)
Man nennt diese Feuerwehr deshalb die Berufsfeuerwehr. Sie be-
steht aus einem Branddirektor, einem Brandmeister und 63 Mann.
Diese haben aber nicht alle zugleich Dienst, sondern immer nur etwa
40 Mann. Woran könnt ihr die Feuerwehrleute leicht erkennen?
Uniform. Wie sieht sie aus? — Was trägt der Feuerwehrmann
auf dem Kopfe? Helm. Was ist euch an dem Helme aufgefallen?
Halsleder. Der Helm soll Kopf und Hals des Feuerwehrmannes
gegen herabfallende Dachziegel, Steine und glühende Holzstücke
schützen. Was trägt der Feuerwehrmann an der Seite? Beil. Damit
soll er sich in dem brennenden Hause den Weg freimachen, Türen ein-
schlagen usw. Um den Leib trägt er einen Gurt, an dem sich ein
Haken und ein Ring befinden. Wenn der Feuerwehrmann keinen
Dienst hat, trägt er statt des Helms eine Mütze.
Gib noch einmal an, was die Feuerwehrleute zu tun haben!
Feuer löschen. Mehr noch! Menschen und Sachen retten. Damit
sie dazu recht geschickt werden, finden auf dem Hofe des Feuerwehr-
gebäudes^ alle ^.age Übungen statt. Der Brandmeister kommandiert
dabei, ^hr habt diesen Übungen gewiß schon alle zugeschaut. Was
28*
— 436 —
habt ihr da gesehen? Die Feuerwehrleute legen Leitern an den
Schlauchturm, klettern hinauf, herunter, schrauben die Schläuche an
die Spritze oder an den Hydranten, wickeln das Sprungtuch schnell
auseinander und halten es straff usw. Wenn sie „Arbeitsdienst"
haben, bessern sie die Räder an den Wagen, die Deichseln, die Leitern
und das Geschirr aus, streichen die Wagen frisch an und beschlagen
die Pferde.
III. Der Feuermelder. Wodurch erfährt nun die Feuerwehr,
daß in unserer Stadt ein Feuer ausgebrochen ist? Feuermelder.
Wo ist für uns der nächste Feuermelder? An der Polizeistation
neben der Hohetorbrücke. Woran kannst du den Feuermelder schon
von weitem erkennen? Rote Farbe. In welchen Straßen habt ihr
solche Feuermelder schon gesehen? — In Braunschweig find über
200 Feuermelder (aber nur 52 öffentliche). Ihr habt euch den Feuer-
melder genau ansehen müssen. Welche Aufschrift trägt er? Unfall-
melder — Feuermelder. Wir wollen heute nur vom Feuermelder
sprechen. Was befindet sich unter der Glasscheibe des Feuermelders?
Messinggriff. Über demselben stehen die Worte: Ziehen — loslassen!
Unter demselben stehen die Worte: Warten! Was bedeuten diese
Worte? — Wenn ein Feuer ausgebrochen ist, und die Feuerwehr
soll schnell zu Hilfe kommen, dann soll man, nachdem man vorher
die Glasscheibe des Feuermelders zerschlagen, den Griff (etwa 3 cm)
herausziehen und dann sofort wieder loslassen. Dann soll man
aber nicht fortgehen, sondern warten, bis ein Feuerwehrmann kommt.
Wenn man nämlich an dem Griff zieht, läutet im Telegraphen-
zimmer des Feuerwehrgebäudes eine elektrische Glocke, und der Feuer-
wehrmann, der in dem Zimmer Dienst hat, sieht (auf einem Streifen
Papier) sofort, welcher Feuermelder gezogen worden ist. Nun drückt
er schnell auf einen Knopf, worauf in allen Räumen, in welchen sich
Feuerwehrleute aufhalten, elektrische Glocken läuten. (Wird das Feuer
in der Nacht gemeldet, so genügt eine kurze Drehung an einem
Hebel, um Haus und Hof taghell zu erleuchten.) Sofort eilt jeder
auf seinen Posten. Die Pferde werden aus den Ställen geholt und
angespannt, und auf den Löschgeräten nehmen die Feuerwehrleute
ihre Plätze ein. Nach kaum 45 Sekunden ist der ganze Löschzug schon
fertig zum Abfahren. Gleich nach dem Eintreffen der Feuermeldung
fährt ein Radfahrer der Feuerwehr so schnell er kann nach dem
Feuermelder und erkundigt sich bei dem Manne, der ihn gezogen,
wo das Feuer ist. Den Namen und die Wohnung des Mannes
schreibt er in sein Buch, denn derjenige, der den Ausbruch eines
Feuers zuerst meldet, erhält eine Belohnung von 3 M. Dann fährt
der Feuerwehrmann schnell zurück, trifft unterwegs die Löschmann-
schaft und sagt ihr, wo es brennt. Im Galopp fährt diese dann
nach der Brandstätte.
IV. Der Löschzug. An der Spitze des Löschzuges fährt stets
eine Auto-Spritze. Die Spritze hat in der Mitte einen großen Kessel,
der mit Wasser gefüllt ist. Neben dem Kessel stehen zwei mit Gas
— 437 —
Kohlensäure) gefüllte eiserne Röhren. Wenn die Feuerwehrleute
an die Spritze einen oder mehrere Schläuche schrauben und lassen
dann das Gas aus den Röhren in den Wasserkessel, so drückt dies so
gewaltig aus das Wasser, daß es aus den Schläuchen kommt und
haushoch emporgeschleudert wird. Was treibt das Wasser aus dem
Kessel? Gas. Deshalb nennt man diese Spritze die Gasspritze. Was
fährt also stets an der Spitze des Löschguges? — Nach der Gas-
spritze fährt sogleich die (mit fünf Mann besetzte) Drehleiter ab.
Weshalb wird sie wohl Drehleiter genannt? — Sie hat eine Länge
von 25 Metern. — Zuletzt folgt die Dampfspritze. Weshalb heißt sie
Dampfspritze? (Welches Fahrzeug wird auch durch Dampf ge-
trieben? —) Vor der Abfahrt aber zündet ein Feuerwehrmann das
unter dem Dampfkessel liegende Holz an und speist das lustig
prasselnde Feuer während der Fahrt mit Steinkohlen. Im Galopp
geht's nun nach der Brandstätte. Auf der ganzen Fahrt gibt der
Löschzug fortwährend Glockenzeichen. Weshalb? Leute sollen aus
dem Wege gehen, Wagen frühzeitig ausbiegen oder halten.
V. Wie die Feuerwehr ein Feuer löscht. Sobald der Löschzug
auf der Brandstätte eingetroffen ist, springen die Feuerwehrleute von
ihren Sitzen herunter, schrauben lange Schläuche an die Gasspritze
und lassen das Gas (die Kohlensäure) auf das Wasser im Wasser-
kessel. Was geschieht, wenn nun die Leitung nach den Schläuchen
geöffnet wird? Ein starker Wasserstrahl schießt hoch empor. Vorn
an jedem Schlauche befindet sich ein Strahlrohr, welches ein Feuer-
wehrmann fest in den Händen hält. Wohin richtet er den Wasser-
strahl? Ins Feuer, in die brennende Wohnung. Was nimmt man
dann wahr? Feuer wird gelöscht. Besonders dann, wenn es noch
nicht zu groß war. Was tun unterdessen die Leute, die in dem
brennenden Hause wohnen? Tragen ihre Sachen heraus. Wer hilft
ihnen dabei? — Das Wasser in der Gasspritze ist aber bald (in
5 bis 8 Minuten) verspritzt. Darum haben die Feuerwehrleute
schon vorher an die Hydranten Schläuche geschraubt. Öffnen sie
nun am Hydranten die Leitung, dann schießt ebenfalls ein mächtiger
Wasserstrahl aus dem Strahlrohr hervor. Wenn aber das Feuer
in dem obersten Stockwerke oder auf dem Boden sehr hoher Häuser
ausgebrochen ist, dann kommt es vor, daß der Wasserstrahl des
Hydranten das Feuer nicht erreicht, weil der Druck der Wasserleitung
zu schwach ist. Dann muß die Dampfspritze helfen. Mit der Dampf-
spritze kann man das Wasser sehr hoch emporschleudern und das
<^euer in den höchsten Stockwerken löschen. Sehr schlimm ist es aber,
wenn in der Nacht ein Feuer ausbricht, und es wird von niemand
bemerkt. Wenn die Feuerwehr dann auf der Brandstätte erscheint,
stehen vielleicht schon viele Wohnungen in Flammen, vielleicht sind
auch die Treppen schon verbrannt, so daß die Bewohner das Haus
nicht mehr verlassen können. In welcher Gefahr befinden sie sich
dann? Verbrennen, ersticken. Ja, sie können verbrennen oder in dem
oicken Rauche ersticken, der beim Verbrennen von Betten, Kleidungs-
— 438 —
stücken usw. entsteht. Die Feuerwehrleute aber wissen Rat. Sie
fahren die große Drehleiter an das Haus und verlängern sie bis an
das Stockwerk, in welchem Leute in Gefahr sind. Auf welche Weise
können die Leute in dem brennenden Stockwerke nun gerettet werden?
Gehen selbst herunter, können herunter getragen oder an der
Rettungsleine herabgelassen werden. Die Feuerwehrleute gehen auch
in die brennenden Wohnungen hinein und sehen zu, ob noch Men-
schen darin liegen, die schon besinnungslos geworden sind. Was
machen sie mit diesen Leuten? — Damit sie aber nicht selbst in dem
Rauche ersticken, setzen sie vorher den Rauchhelm auf oder bedecken
ihr Gesicht mit der Rauchmaske. Womit schützen sich also die Feuer-
wehrleute gegen das Ersticken im Rauche? Manchmal ist es nicht
möglich, daß die große Leiter an das brennende Haus gestellt werden
kann. Ach, wie jammern dann die unglücklichen Bewohner an den
Fenstern, händeringend rufen sie laut um Hilfe! Dann holen die
Feuerwehrleute das Sprungtuch.Herbei, wickeln es schnell ausein-
ander und ziehen es'ganz straff. Weshalb? — Manche der Herab-
springenden verletzen sich zwar, verstauchen sich die Glieder usw.,
aber sie verbrennen doch wenigstens nicht bei lebendigem Leibe.
Wie lange bleibt die Feuerwehr auf der Brandstätte? Bis der
Brand gelöscht ist. Dann fährt sie nach der Münzstraße zurück.
Einige Feuerwehrleute bleiben aber auf der Brandstätte zurück und
bewachen sie; denn unter der Asche glimmen oft noch Kohlen, aus
denen plötzlich Flammen emporschlagen. Was hat die Feuerwache
dann zu tun? Löschen oder den Löschzug wieder rufen.
VI. Großfeuer. Freiwillige Feuerwehr. Zuweilen ist ein Brand
in wenigen Stunden gelöscht. Es kommt aber auch vor, daß ein
Feuer sich ausbreitet, die Nachbarhäuser ergreift, — daß Groyfeuer
entsteht. Dann fährt ein Feuerwehrmann auf dem Rade nach dem
nächsten Feuermelder und meldet dies mit dem Fernsprecher, der sich
darin befindet, nach der Hauptwache in der Münzstraße, worauf so-
fort der zweite Löschzug nach der Brandstätte ausrückt. Können
diese beiden Züge das Feuer noch nicht löschen, dann erhalten sie
Hilfe von der freiwilligen Feuerwehr, welche 330 Mann stark ist
(und sich in Turnerfeuerwehr, Bürgerfeuerwehr und städtische Feuer-
wehr gliedert). Von der freiwilligen Feuerwehr werden 60 Mann
durch elektrische Glocken alarmiert, die übrigen durch die Sturmglocke.
Wessen Vater gehört der freiwilligen Feuerwehr an? — Woran ist
auch die freiwillige Feuerwehr zu erkennen? Uniform. Wie sieht
die Uniform deines Vaters aus? — Wohin begibt sich dein Vater
zuerst, wenn die Sturmglocke ertönt? Pflegehausstraße (frühere
Zuckerfabrik Brunonia). Weshalb nach der Pflegehausstraße? Dort
stehen die Spritzen der freiwilligen Feuerwehr. Von der Pflege-
Hausstraße fahren sie mit ihren Spritzen nach der Brandstätte.
Der Feuerwehrmann ist nicht selten in Gefahr. Oft wird er
durch Funken, herabstürzende Balken oder Ziegel beschädigt, wohl
auch gar schwer verwundet. Er kennt aber keine Furcht. Wenn
— 439 —
Menschen zu retten sind, geht er mutig in brennende, raucherfüllte'
Wohnungen und denkt nicht daran, daß er selbst dabei umkommen
kann. Als braver Mann denkt er an sich selbst zuletzt!
VII. Wann die Feuenvehr noch helfen muß. Aber nicht nur
bei Feuersgefahr, auch bei anderen Gelegenheiten wird die Feuerwehr
zu Hilfe gerufen. Wenn ein Pferd in eine Grube (Kanal) gefallen,
ein Schacht oder eine Wand eingestürzt ist, bei Wasserrohrbrüchen,
Überschwemmungen usw. — immer muß die Feuerwehr kommen
und helfen.
VIII. In den Häusern, die jetzt gebaut werden, kann so leicht
kein Feuer entstehen, denn sie sind von unten bis oben fast ganz
aus Stein hergestellt. Früher aber, als man die Häuser größtenteils
aus Holz baute und mit Stroh oder Schindeln deckte, konnte ein
ausgebrochenes Feuer sich schnell -ausbreiten. Weshalb? — Das
Feuer brannte oft mehrere Tage oder Wochen, und ganze Straßen,
ja, große Teile der Stadt wurden ein Raub der Flammen. Vor
über 600 Jahren wurde unsere Altstadt dreimal (1252, 1254, 1277)
vom Feuer heimgesucht, und jedesmal wurde die Hälfte dieses Weicht-
bildes vernichtet. (Ein Brand am 12. Mai 1278 legte den ganzen
Stadtteil von der Altewiek bis zur Michaeliskirche in Asche; die
Brandstätte im Jahre 1290 erstreckte sich gar vom Ägidienmarkte bis
zum Petritors.) Darum wachten alle Bewohner sehr ängstlich dar-
über, daß kein Feuer entstand. In jeder Nacht durchschritt ein Wächter
die Straßen. Sobald er einen verdächtigen Rauch bemerkte, stieß er
in ein lauttönendes Horn und verursachte Feueralarm. Das Tabak-
rauchen war den Leuten nur im Freien gestattet. Das Begehen der
Ställe und Scheunen mit brennenden Lichtern wurde streng bestraft.
Wer zuerst ein Feuer bemerkte, hatte ,,Feuer" zu rufen. Jeder Haus-
besitzer mußte bei einem Feueralarm sofort mit dem in dem Haus-
flur aufbewahrten Wassereimer (aus Segeltuch) oder mit einem
Feuerhaken, einer Leiter, einem Beil zur Rettung herbeieilen. Jedes
Weichbild hatte eine fahrbare Spritze und fahrbare Wasserfässer, die
von den Bürgern bedient wurden. Aber die Leute waren nicht geübt
im Löschen und Retten, waren wohl auch allzu besorgt um das
Schicksal ihres eigenen Hauses und liefen davon. Deshalb verbrannten
wertvolle Sachen, und viele Menschen kamen in den Flammen um.
Heute haben wir eine tüchtige, geübte Feuerwehr, die in wenigen
Minuten auf der Brandstätte erscheint und das Feuer meistens schon
in wenigen Stunden löscht. Seit dem Bestehen der Berufsfeuerwehr
haben die Brände in unserer Stadt niemals mehr eine so große Aus-
dehnung erlangt. Viele Bewohner läßt jetzt ein entstehender Feuer-
lärm sehr gleichgültig, manchmal wird er gar nicht einmal ver-
nommen, und man erfährt erst durch die Zeitung, daß in der Stadt
ein Brand gewesen ist.
Die Berufsfeuerwehr ist (1875) von der Stadt Braunschweig
eingerichtet worden. Von dem Steuergelde, welches eure Eltern be-
zahlen müssen, kauft der Magistrat die Schlauch-, Leiter-, Mann-
— 440 —
schafts-, Wasserwagen, die Spritzen, die Pferde, hat er das Feuer-
wehrgebäude an der Münzstraße bauen und die Melder setzen lassen,
und bezahlt er den Feuerwehrleuten und Beamten den Lohn. Das
Feuerwehrgebäude gehört nicht einem einzelnen Manne, sondern ist
gemeinsames Eigentum aller Bürger, — es ist ein öffentliches Ge-
bände. —
23. Die Polizei.
I. Das Polizeigebäude. Am Nordende der Münzstraße, dicht
am Wilhelmsplatze, befinden sich noch zwei öffentliche Gebäude.
Welche? — Wir sprechen zuerst von dem Polizeigebäude (der Her-
zoglichen Polizeidirektion). Das untere Geschoß des großen, schönen
Gebäudes ist aus Sandsteinquadern, das obere aus roten Backsteinen
hergestellt. Wo befindet sich der Eingang? —
II. Wer im Polizeigebäude arbeitet. In diesem Gebäude ax--
beiten der Polizeidirektor, der an der Spitze der gesamten Polizei-
Verwaltung steht, und die Hilfsbeamten der Polizeidirektion (Re-
gierungsräte und Assessoren), ferner zahlreiche Schreiber und Poli-
zisten (Schutzleute).
III. Was der Polizist zu tun hat. Einen Polizisten habt ihr
schon oft gesehen. Wo kannst du alle Tage einen Polizisten stehen
sehen? Wo der Madamenweg die Goslarschestraße kreuzt. Wo
hast du einen Polizisten gesehen? — Der Polizist ist gekleidet wie
ein Soldat. Er trägt einen Helm, einen Waffenrock mit blanken
Knöpfen und einen Säbel (Seitengewehr). Weshalb stehen an so
vielen Straßenecken und Plätzen Polizisten? — Hört! Begegnen
sich zwei Wagen (oder Menschen), so sollen beide rechts ausbiegen.
Es gibt nun mutwillige und leichtsinnige Kutscher, welche nicht recht-
zeitig ausbiegen oder zu schnell durch die Straßen fahren und da-
durch Unordnung in den Verkehr bringen. Wer hält solche Stören-
friede zur Ordnung an? Polizist. An den Straßenkreuzungen herrscht
immer der größte Verkehr. Dort sammeln sich oft so viele Wagen
an, daß der Verkehr stockt. Wer bringt Ordnung in den Verkehr?
— Bei einem Unglücksfalle, einem Feuer usw. sammeln sich oft viele
Neugierige auf der Straße an. Dann sagt der Polizist zu den Leuten,
sie möchten weiter gehen, sich zerstreuen, nicht stehen bleiben. Der
Polizist sorgt für Ordnung auf den Strafen.
Wenn Kinder gar zu großen Lärm machen, wenn Betrunkene
schreien und singen oder mit Trommeln und Trompeten oder einer
Ziehharmonika Unfug treiben, dann ist sofort ein Polizist zur Stelle.
Der Polizist sorgt für Ruhe auf den Straßen. Weitere Beispiele!
Taugenichtse und Störenfriede (Raufbolde) zanken oder schlagen
sich auf den Straßen. Sie fallen auch wohl gar über Leute her,
die ihnen gar nichts getan haben. Was tut dann die Polizei? —
Fremde Leute wollen euch an sich locken und euch unter allerlei Ver-
sprechungen mitnehmen. Folgt ihnen nicht! Sucht Hilfe bei dem
— 441 —
Polizisten. Der Polizist sorgt für Sicherheit auf den Straßen.
Weitere Beispiele! — Zusammenfassung: Der Polizist sorgt für Orb-
iiung, Ruhe und Sicherheit auf den Strafen.
'Der Polizist achtet auch darauf, daß aus Bauplätzen die Bau-
stelle eingezäunt ist, daß die Kutscher ihre Pferde nicht überlasten
und quälen, daß die Fußwege nicht von Lastträgern oder Fuhr-
werken benutzt werden, daß öffentliche Anlagen oder Gebäude nicht
beschädigt oder verunreinigt werden, daß überall das rechte Maß
und Gewicht vorhanden ist (Wegnehmen zu leichter Butter, ver-
fälschter Milch oder anderer Lebensmittel), daß im Winter bei ein-
tretender Glätte die Fußwege mit Sand bestreut werden usw.
Alle diejenigen, die auf der Straße gegen die Ordnung ver-
stoßen, die Ruhe stören oder andere belästigen, schreibt der Polizist
in sein Buch und bringt sie zur Anzeige. Dann erhalten sie einen
Strafbefehl, müssen Strafe bezahlen. Diebe, Mörder und andere
böse Menschen werden von ihm ergriffen („verhaftet") und in das
Haftlokal an der Wilhelmstraße gebracht. Später kommen sie dann
vor den Richter, der sie dann bestraft (zu Gefängnisstrafe usw.
verurteilt).
Wer den Polizisten nicht gehorcht, ihn beleidigt oder sich gar an
ihm vergreift, wird .ebenfalls verhaftet und vom Richter wegen
Widerstandes gegen die Staatsgewalt hart bestraft.
IV. Wann wir zur Polizeistation gehen müssen. 1. Um besser
für die Ordnung, Ruhe und Sicherheit in den Straßen sorgen zu
können, ist unsere Stadt in neun Polizeibezirke eingeteilt. An der
Spitze eines Polizeibezirks steht ein Polizeiwachtmeister. Er wohnt
in der Polizeistation und hat als Gehilfen 8 bis 10 Polizisten. Wo
befindet sich die Polizeistation unseres Bezirkes? An der Hohentor-
brücke. Was steht über dem Eingange mit goldenen Buchstaben ge-
schrieben? Polizeistation.
2. Die Polizei weiß nicht nur, wieviel Leute in Braunschweig
sind, sondern weiß auch genau, wie sie heißen, wann sie geboren
sind, wo sie wohnen und was für eine Beschäftigung sie haben.
Das alles steht in den Büchern, die von der Polizei geführt werden.
Zieht ein Fremder nach Braunschweig, so muß ihn sein Hauswirt
in der Polizeistation anmelden. Dann kommt sein Name auch in
die Bücher der Polizei. Zieht er wieder von B. fort, dann muß
ihn der Hauswirt wieder abmelden. Tut er das nicht, dann wird
er wegen versäumter Abmeldung bestraft.
Wenn eure Eltern Besuch bekommen, der länger als drei Tage
^ bei euch bleibt, dann muß er ebenfalls bei der Polizei angemeldet
und nach der Abreise abgemeldet werden. Was hat der Hauswirt
zu tun, wenn ein Mieter in ein anderes Haus zieht? — Was darf
der neue Hauswirt nicht vergessen? — Weshalb nicht? —
3. Kleine Kinder, die ohne Aufsicht spielen, laufen zuweilen
in die Stadt, verirren sich und können nicht wieder nach Hause
finden. Dann fangen sie an zu weinen und rufen nach Vater
— 442 —
ober Mutter. Mitleidige Leute, die ein solches Kind treffen, fragen
es dann wohl: „Wie heißt du?" Aber das Kind weiß weder
Straße noch Hausnummer anzugeben. Was machen nun die Leute
mit dem Kinde? Bringen es nach dem Polizisten oder gleich nach
der 'Polizeistation. Bald vermissen die Eltern ihr verlorengegangenes
Kind. Wo sollen sie es aber in der großen Stadt suchen? Sie
gehen zuerst nach der Polizeistation und erkundigen sich, ob dort
ein Kind eingeliefert oder angemeldet ist. Wie freuen sich die Eltern,
wenn sie ihr Kind unversehrt zurückerhalten!
Aber nicht nur Kinder, auch viele Sachen — und oft sehr
wertvolle — gehen in einer Stadt verloren. Was habt ihr schon
verloren? — Eure Eltern? — Wer diese Sachen findet, darf sie nicht
für sich behalten, sondern muß sie in der Polizeistation abliefern.
Die Polizei macht den Fund bekannt. Meldet sich dann der Ver-
lierer innerhalb eines Jahres nicht, dann wird der Gegenstand ent-
weder verkauft, oder der Finder erhält ihn zurück und kann ihn
nun behalten. Wer aber einen gefundenen Gegenstand gleich be-
hält, wird vom Richter wegen Funddiebstahl bestraft. Rückblick! -
24. Das Gericht.
I. Das Gerichtsgebiiude. Wir sprechen heute von dem dritten
öffentlichen Gebäude an der Münzstraße: dem Gerichtsgebäude
(Iustizgebäude). Gib die Lage desselben an! Es grenzt an die
Münzstraße und den Wilhelmsplatz. Wodurch fällt das Gebäude
jedem Vorübergehenden auf? Durch seine Größe. An der Münz-
straße mißt es über 30 Meter (86,5), am Wilhelmsplatze 40 Meter.
Es fällt auch durch seine Schönheit auf. Der Baumeister hat es
ganz aus großen Sandsteinen (Quadersteinen) erbaut und mit vielen
Säulen und Kunstarbeiten geschmückt. Wo befindet sich der Ein-
gang? — Was fällt euch über dem Eingange auf? Ahr.
II. Warum das Gericht eingerichtet worden ist. Ihr habt die
10 Gebote gelernt. Wie heißen sie? — Darin hat uns Gott ge-
sagt, was wir tun und was wir lajsen sollen. Wer diesen Sätzen
oder Gesetzen nicht gehorcht, tut Sünde. Den Sünder bestraft Gott,
oft schon hier auf Erden, manchmal erst im Himmel. Außer den
Gesetzen Gottes haben wir noch Gesetze, die uns der Kaiser (Lan-
desHerr) und viele kluge, verständige Männer im Lande aufgeschrieben
haben. Diese stehen im Gesetzbuch. Darin steht z. B. geschrieben,
daß wir keinen Menschen beleidigen, keinen betrügen, keinen bestehlen
oder berauben, keinen verletzen oder töten sollen. In dem Gesetzbuche
ist auch angegeben, was denjenigen für eine Strafe treffen soll, der
das Gesetz übertritt. Wer achtet denn nun aber darauf, ob jemand
das Gesetz übertritt? Die Polizei, unsere Mitmenschen. Hat jemand
das Gesetz übertreten (z. B. einen Menschen bestohlen oder getötet),
so wird er von der Polizei festgenommen (verhaftet) und vor das
Gericht gebracht. Weshalb? Damit er verurteilt und bestraft wird.
— 443 —
III. Im Schwurgerichte. Es gibt verschiedene Stufen beim Ge-
richte: das Amtsgericht, das Landgericht, das Oberlandesgericht (und
das Reichsgericht). Itt dem Gebäude an der Münzstraße ist nur
das Landgericht und das Oberlandesgericht. (Das Amtsgericht be-
findet sich an der Wendenstraße.) Das Landgericht entscheidet über
leichtere, das Oberlandesgericht über schwerere Verbrechen. Die aller-
schwersten Verbrechen werden von einem besonderen Gerichte abge-
urteilt: von dem Schwurgerichte. Vor das Schwurgericht kommen
Leute, die einen Menschen getötet, vor dem Richter falsch geschworen,
andere Menschen überfallen und beraubt, oder ein Haus angezündet
haben usw. Wer solch eine schlimme Tat begangen hat, ist ein Ver-
brecher. Wer nimmt den Verbrecher fest? Polizist. Wohin bringt
er ihn? Gefängnis. Wo erhält er seine Strafe? Gericht. Er wird
von einem Polizisten (Gendarmen) in den Gerichtssaal — Schwur-
gerichtssaal geführt. Der Angeklagte muß auf einer besonderen Bank
Platz nehmen; diese nennt man darum die Anklagebank. Zwei Gen-
darmen stehen neben ihm. Weshalb? — Zuerst wird nun vom
Gericht untersucht, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig ist.
Wer untersucht dies? Richter. Der Verhandlung wohnen mehrere
Richter bei. Sie sitzen an einem langen, grünbehangenen Tische, —
dem Nichtertische. Außerdem müssen an jeder Sitzung 12 Geschworene
teilnehmen. Das sind unbescholtene Männer aus unserer Stadt und
aus unserem Lande, die das Gericht herbeigerufen hat, damit sie
sagen, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Wenn die VerHand-
lung beginnt, fragt der Richter den Angeklagten, ob er das Ver-
brechen begangen hat. Wie kann sich der Angeklagte nun verhalten?
Um die Wahrheit zu erfahren, fragt nun der Richter die Leute,
die von der bösen Tat oder von dem Angeklagten etwas wissen. Wie
nennt man diese Leute? Zeugen. Woher wissen die Zeugen, daß
sie vom Gerichte vernommen werden sollen? Werden vorgeladen, er-
halten eine Vorladung. Wenn der Zeuge zu der Verhandlung nicht
pünktlich oder gar nicht erscheint, wird er bestraft. Die Zeugen müssen
zuerst beim Namen Gottes schwören, daß sie die Wahrheit sagen
wollen. Was müssen sie nun erzählen? — Wer bei einem solchen
Verhör mit Wissen die Unwahrheit sagt, wird (wegen Meineid)
schwer bestraft. Alles nun, was der Angeklagte und die Zeugen ge-
sagt haben, wird von einem Gerichtsschreiber aufgeschrieben. (Das
Aufgeschriebene nennt man das Protokoll.) Nun steht einer der
Richter auf, klagt den Verbrecher an und fordert, daß er bestraft wird.
Dieser ^Richter hat einen besonderen Namen, er heißt Staatsanwalt.
Dem Staatsanwalt antwortet ein anderer Richter. Dieser sucht die
Unschuld des Angeklagten zu beweisen oder seine Tat zu entschuldigen.
Diesen Richter nennt man den Verteidiger des Angeklagten. Der Än-
geklagte darf sich auch noch einmal verteidigen (den Versuch machen,
seine Unschuld zu beweisen). Nach diesen Reden ist die Verhandlung
zu Ende. Die Geschworenen verlassen den Saal und beraten in
einem besonderen Zimmer, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht.
— 444
Malten sie ihn für unschuldig, dann wird er freigesprochen und sofort
aus der Haft entladen. Glauben sie aber, daß er das Verbrechen be-
gangen hat, dann erklärt einer der Geschworenen ider Obmann) im
Gerichtssaale: Er ist schuldig! Nun bestimmt der Richter die Strafe,
die den Angeklagten treffen soll. Der Mörder wird zum Tode ver-
urteilt; Diebe, Räuber, Meineidige, Falschmünzer, Brandstifter er-
halten viele Jahre Zuchthaus oder Gefängnis. Der Verbrecher muß
seine Strafe sogleich antreten. Wo liegt unser Gefängnis? — Warum
sind die Fenster des Gefängnisses mit Eisenstäben versehen? —
Im Schwurgerichtssaale stehen auch mehrere Bänke für Zu-
schauer. Jeder Erwachsene kann, wenn Platz vorhanden ist, hinein-
gehen und die Verhandlung mit anhören. Das Gericht ist ein
öffentliches Gebäude, und die Gerichtsverhandlungen sind öffentlich.
Jedermann soll sehen und hören können, daß im Lande die Richter
gerecht richten.
IV. Im Zuchthause. Die Verbrecher, welche zu Zuchthausstrafe
verurteilt sind, werden nach unserer Nachbarstadt Wolfenbüttel ge-
bracht, weil sich dort das Zuchthaus befindet. Das Zuchthaus ist ein
großes, massives Gebäude. Hinter demselben befindet sich ein ge-
räumiger Hof, der von hohen Mauern umschlossen ist. Wachtposten
stehen sowohl an den Eingängen wie auch in den Korridoren des
Gebäudes. Das Zuchthaus enthält viele enge Kammern, welche man
Zellen nennt. Jede Zelle hat ein kleines mit Eisenstäben versehenes
Fenster und eine feste Tür mit festem Schloß. Ein Tisch, ein Stuhl,
ein hartes Lager, ein Wasserkrug ist alles, was darin steht. Das ist
die Wohnung des Zuchthäuslers. Ehe man ihn in eine Zelle bringt,
muß er seine eigene Kleidung ablegen und Sträflingskleidung (graue
Leinwand) anziehen. Der Gefängniswärter schließt die Tür hinter
ihm zu, und an ein Entrinnen ist nicht mehr zu denken. Der Ver-
brecher sitzt in seiner Zelle ganz allein, einsam, ohne Gesellschaft,
ohne Unterhaltung, ohne Freunde, ohne Freude. Er kann nicht mehr
tun, was er will; er ist seiner Freiheit beraubt. In der Einsamkeit
muß er immer an das Böse denken, das er getan hat. Seine Ge-
danken lassen ihm Tag und Nacht keine Ruhe. Wohl ihm, wenn er
seine Schuld bereut und sich bessert!
An den Wochentagen müssen die Zuchthäusler tüchtig arbeiten.
Sonntags aber werden sie in die Eefängniskirche geführt. Aber auch
hier können sie nicht miteinander sprechen, denn die Kirche ist so ein-
gerichtet, daß sie nur den Prediger sehen, sonst niemanden.
Wie lange muß der Verbrecher im Zuchthause bleiben? — Wenn
er auch das Zuchthaus verlassen hat, so ist seine Strafe doch noch
nicht zu Ende; denn kein Mensch mag mit ihm zu tun haben. Er
sucht Arbeit, — aber niemand nimmt den ehemaligen Zuchthäusler
gern in sein Haus. Ordentliche Arbeiter wollen nicht mit ihm zu-
sammen arbeiten. Daran erkennt er, daß er keine Ehre und Achtung
mehr besitzt. Auch der Staat verzichtet auf seine Dienste: er kann
— 445 —
nicht Soldat werden und darf das Vaterland nicht mit verteidigen.
Doch achtet die Polizei noch viele Jahre daraus, was er tut und
treibt. —
„Willst du dich, mein ftinb, fernhalten von den Strafen des
Gerichts, so befolge die Lehren, die dir deine Eltern und Lehrer
geben, und jmmer <£reu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab
Und weiche keinen Finger breit
Von Gottes Wegen ab.
25. Im Amtsgerichts)
Wenn man an einem Vormittage durch die Korridore des Amts-
gerichts geht, so sieht man, daß in allen Gerichtssälen Verhandlungen
stattfinden. In jedem Gerichtssaale ist ein Richter, angetan mit
schwarzem Talar und Barett, und ein Gerichtsschreiber. Aber auch
zwei Schöffen sitzen mit dem Richter am Richtertische; es sind zwei
unbescholtene Männer aus B., die das Gericht herbeigerufen hat,
damit sie mit dem Richter zusammen Recht sprechen sollen. Der
Kläger und der Beklagte stehen sich im Eerichtszimmer gegenüber.
Beiden ist es erlaubt, sich noch einen klugen Mann, einen Rechtsan-
walt oder Advokaten, mitzubringen, der ihnen einen Rat geben kann,
wenn sie etwas nicht verstehen. Die Tür des Gerichtszimmers wird
nicht verschlossen, und jeder Erwachsene kann, wenn noch Platz vor-
Händen ist, eintreten und die Verhandlung mit anhören. Man sagt,
das Gericht ist öffentlich.
Emstmals wohnte ich zwei Gerichtsverhandlungen bei, und was
ich dabei erfuhr, will ich erzählen.
Ein Hauswirt war mit einem seiner Mieter in Streit geraten,
da dieser seine Miete nicht bezahlen wollte. Der Mieter meinte, weil
er seine Wohnung einige Monate vor dem Umzugstage verlassen
habe, so brauche er für diese Zeit auch nichts zu bezahlen. Als sie sich
nicht einigen konnten, verklagte der Hauswirt den Mieter bei dem
Amtsgericht. Der Richter lieh nun beide zu einem Termin vorladen
und sich die ganze Sache genau erzählen. Zuletzt besprach sich der
Richter mit den Schöffen und sagte dann dem Mieter, er habe un-
recht; da er die Wohnung auf ein Jahr gemietet habe, so müsse er
die Miete auch für ein ganzes Jahr bezahlen. Er verurteilte ihn
darum, das fehlende Geld und die durch die Gerichtsverhandlung
entstandenen Unkosten zu bezahlen. Wie ich später hörte, sträubte sich
aber der Mieter, die Miete und die Kosten zu bezahlen. Da schickte der
Richter den Gerichtsvollzieher zu ihm. Dieser pfändete Möbel und
*) Aus dem empfehlenswerten Buche von Arno Fuchs: Die Großstadt und
chr Verkehr. Berlin, M. Warneck.
— 446 —
andere wertvollen Sachen und versteigerte sie; von dem Erlös bezahlte
er die Miete und die Gerichtskosten. So verHals das Gericht dem
Hauswirte zu seinem Gelde.
Ein andermal war ein Bürger von einem andern durch ein
Schimpfwort und durch üble Nachrede beleidigt worden. Der Bürger
fühlte sich dadurch in seiner Ehre verletzt und verklagte den Beleidiger
auf dem Amtsgericht. Darauf ließ der Richter beide zu sich in das
Gerichtszimmer kommen und sich alles erzählen, was der Beleidiger
getan hatte. Als nun der Beleidiger sagte, was der Kläger erzähle,
sei nicht wahr, er habe ihn nicht beschimpft und ihm nichts Böses
nachgesagt, da rief der Kläger Leute herbei, die alles mit angehört
hatten. Diese Leute mußten zuerst beim Namen Gottes schwören,
daß sie die Wahrheit sagen wollten. Dann mußten sie alles genau
so erzählen wie sie es gehört hatten. Daraus sahen nun die Richter
und die Schöffen, daß sich der Beleidiger hatte herausreden wollen
und gelogen hatte. Sie gaben dem Kläger recht und verurteilten
den Beleidiger zu einer Geldstrafe. Aber der Verurteilte erklärte, er
habe kein Geld und könne die Strafe nicht bezahlen; darauf ver-
wandelte der Gerichtshof die Geldstrafe in eine Gefängnisstrafe von
mehreren Tagen. So bestrafte das Gericht den Lügner und Ehr-
abschneider.
Diese beiden Geschichten zeigen, daß die Erwachsenen genau
wissen, was sie tun müssen, um sich, ihr Eigentum, ihre Familie
und ihre Ehre vor Schaden und Beleidigungen zu schützen. Wer schützt
aber die Kinder, die keinen Vater und keine Mutter mehr haben?
Wer sorgt dasür, daß sie gut erzogen werden, daß ihnen kein Unrecht
geschieht und ihr Eigentum nicht verloren geht? Dasür sorgt auch
das Gericht. Es gibt einem Richter den Auftrag, auf die Waisen-
kinder acht zu geben. Dieser Richter ist der Vormundschaftsrichter. Er
ruft unbescholtene und gute Bürger zu sich und sagt ihnen, sie möchten
doch an den armen Waisenkindern Vaterstelle vertreten. Die Bürger
versprechen darauf dem Richter, wie Väter für die Kinder sorgen zu
wollen, sie zu Pflegeeltern oder ins Waisenhaus zu bringen, sich oft
nach ihrer Gesundheit, ihrem Betragen und ihrem Fleiße zu erkundi-
gen und ihr Eigentum gut aufzuheben. Ein solcher Mann ist dann'der
Vormund des Waisenkindes. Er sorgt mit dem Vormundschaftsrichter
für das Waisenkind, bis es erwachsen ist.
Das Gericht sorgt aber auch dafür, daß die Kinder, deren Vater
und Mutter noch leben, gut erzogen werden. Und wenn böse Buben
und Mädchen ihren Eltern und Lehrern nicht gehorchen wollen und
schlimme Dinge treiben, dann hilft das Gericht mit, diese Kinder zu
erziehen. Es nimmt die Kinder den Eltern fort und gibt sie in eine
Erziehungsanstalt. Aus dieser Anstalt werden sie nicht eher entlassen,
als bis sie sich gebessert haben. Und wollen sie auch dann, wenn sie
erwachsen sind, nicht brave und ordentliche Menschen werden, so
Wandern sie ins Zwangsarbeitshaus oder ins Gefängnis.
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26. Die Wasserleitung.
Wir sprechen heute von der Wasserleitung.
I. Woher wir das Wasser nehmen. Ihr seid durstig geworden
und möchtet in der Pause einen Becher Wasser trinken. Was tut
ihr dann? Gehen an die Wasserleitung aus dem Schulhofe, drehen
den Hahn auf und halten den Becher darunter. Was geschieht dann?
Ein starker Wasserstrahl kommt aus der Öffnung. Was tut ihr,
sobald der Becher gefüllt ist? Drehen den Hahn zu. Woher be-
kommt ihr zu Hause das Wasser zum Trinken? Auch aus der
Wasserleitung. Wo ist sie angebracht? — Auch deine Mutter ge-
braucht täglich Wasser. Wozu? Zum Kochen. Wozu sonst noch? —
Woher nimmt sie das Wasser zum Kochen und Waschen? Zusammen-
fassung: Das Wasser zum Trinken. Waschen und Kochen entnehmen
wir der Wasserleitung. (Leitungswasser.)
II. Woher das Leitungswasser kommt. Woher kommt nun
das Wasser, welches sich in den Röhren eurer Wohnung befindet?
Vom Wasserwerk. Wer hat das Wasserwerk schon gesehen? —
Wo liegt es? Am Bültenwege (nördlich von der Stadt Braun-
schweig). Von welchem großen Platze geht der Bültenweg aus?
Vom kleinen Exerzierplätze (auf dem der Zirkus manchmal steht und
auf dem das Sedanfest abgehalten wird). Ihr seid gewiß schon
Sonntags mit euren Eltern über den Bültenweg gegangen. Wohin?
Querumer Holz. Wohin führt also der Bültenweg? — Auf diesem
Wege kommt ihr an dem Wasserwerke vorüber. Was habt ihr
dort gesehen? Mehrere Gebäude: Wohnhaus, Maschinenhaus usw.
Das Wasser, welches wir vom Wasserwerke erhalten, könnt ihr dort
nicht sehen, es befindet sich in einem großen Brunnen neben dem
Maschinenhause. Das Wasser in diesem Brunnen hat schon eine
weite Reise gemacht. Zuerst befand es sich in den Wolken. Bei
einem Regen fiel es als Tropfen auf die Erde. Wo blieben nun
die vielen Regentropfen? Sickerten in die Erde. Das könnt ihr
an diesem mit Sand und Kies gefüllten Blumentöpfe sehen. Ich
gieße jetzt Wasser auf den Kies. Was seht ihr? Das Wasser
kommt unten aus dem kleinen Loche wieder heraus. Ein großer
Schwamm würde das Wasser aufsaugen. Was tun Sand und Kies
aber nicht? Saugen es nicht auf, sondern lassen es durchsickern.
Diesen Blumentopf Mle ich' jetzt nur halb mit Sand. Auf den
Sand lege ich eine etwa einen Finger dicke Schicht gekneteten Ton,
und dann fülle ich den Topf bis an den Rand mit Sand. Nun
gieße ich Wasser darauf. Was bemerkt ihr? Diesmal kommt kein
Wasser heraus ,- vielmehr wird der obere Sand so mit Wasser durch-
tränkt, daß dieses oben auf dem Sande stehen bleibt. Wende ich
den Blumentopf um, so sehen wir, daß der untere Sand völlig
trocken geblieben ist. Wie kommt das? Der Ton läßt kein Wasser
durch. Über dem Tone bleibt es darum stehen. Wie hier im
Blumentopfe, so liegen auch draußen in der Erde (zwischen dem
— 448 —
Sande) Schichten von Ton, oft von großer Stärke. Wo haben wir
das gesehen? Ziegelei, Tongrube. Wenn es nun regnet, so saugt
die Erde das Wasser auf. Welche Bodenart durchsickert es leicht?
Sand, Kies. Wohin gelangt es schließlich? Auf den Ton. Hier
kann es nicht weiter, bleibt stehen und sammelt sich. Das sich auf
wasserundurchlässigen Schichten (massivem Gestein, Ton) ansammelnde
Regen- oder Schneewasser nennt man Grundwasser. Ist die Ton-
schicht vollständig wagerecht, so steht das Grundwasser ganz ruhig
unter der Erde (wie ein See). Was tut das Grundwasser aber,
wenn die Tonschicht eine schräge Lage hat? Bewegt sich fort. Natür-
lich sehr, sehr langsam, immer der tiefesten Stelle zu. Unsere Stadt
Braunschweig liegt nun ziemlich tief. Wohin wird sich deshalb das
Grundwasser aus unserer Nachbarschaft bewegen? — Es kommt sogar
aus großer Entfernung ,zu uns, selbst vom Elme her. Was tun
nun die Menschen, die das Wasser nötig haben zum Waschen oder
Trinken? Graben oder bohren ein Loch, einen Brunnen in die
Erde. Bis wohin muß der Brunnen gebohrt werden? — Was würde
geschehen, wenn man ihn durch die Tonschicht hindurchbohrte? In
der Nähe unseres Wasserwertes, links und rechts vom Wege, mitten
im Ackerfelde, hat man viele solcher Brunnen (93 Stück) gebohrt.
Die Brunnen sind 18—25 Meter tief und etwa 15 Zentimeter weit.
Wer hat die Brunnen schon gesehen? — Wie weit liegen sie ausein-
ander? 12 Meter. In diesen Brunnen steigt nun das Grundwasser
in die Höhe und fließt dann in weite, eiserne Röhren hinein, die
neben den Brunnen liegen. Die eisernen Röhren führen das Wasser
nach dem Wasserwerke. Hier wird das Wasser sämtlicher Brunnen
in einem großen Brunnen gesammelt, der daher den Namen Sam-
melbrunnen führt. Der Sammelbrunnen liegt dicht neben dem Ma-
schinenhause und ist 14 Meter tief und 3 Meter weit. Ihr könnt
ihn von der Straße aus sehen. Wie Hoch ragt er aus der Erde
hervor? •— Welche Form hat das Dach desselben? — Anzeichnen!
III. Wie unser Leitungswasser gereinigt wird. Das Wasser im
Sammelbrunnen ist aber noch nicht vollständig rein. Es hat noch ge-
sundheitsschädliche Beimischungen. Von der Erde, die es durchsickerte,
hat es eine gelbliche Farbe (Eisen) bekommen. Was muß mit dem
Wasser geschehen? Gereinigt werden. Das geschieht in dem langen,
schmalen Gebäude, welches hinter dem Maschinenhause liegt. Es
enthäll in seinem oberen Teile eine 2,5 Meter hohe Koksschicht, die
den ganzen inneren Raum durchzieht. (Koks kennt ihr alle. Wozu
benutzt man ihn?) Über dieser Koksschicht liegen dicht nebeneinander
viele Rinnen, die im Boden kleine Löcher haben. In diese Rinnen
wird nun das Wasser aus dem Sammelbrunnen geleitet. Wie kommt
es aber aus dem Sammelbrunnen oben in das Gebäude? — Wie ich
mit der kleinen Spritze, die ich euch zeigte, das Wasser aufsaugen
konnte, so saugen große Pumpen, die im Maschinenhause stehen,
das Wasser aus dem Sammelbrunnen und drücken es mit Gewalt
durch Röhren hoch oben in die Rinnen, die über der Koksschicht
— 449 —
liegen. Diese Pumpen werden aber nicht von einem Manne, sondern
von großen Dampfmaschinen bewegt. Was geschieht mit dem Wasser,
weil die Rinnen einen durchlöcherten Boden haben? — Regenartig
fällt es herab und rieselt durch die Koksschicht. Weil dabei jedes
Tröpfchen mit der Luft in Berührung kommt, verschwindet die gelbe
Farbe des Wassers (das Eisen) und setzt sich als gelber Schlamm an
den Koks. Welche Farbe hat der Koks, den ihr brennt? Schwarze
Farbe. Welche Farbe bekommt er, wenn das Wasser des Sammel-
brunnens ihn durchrieselt? Woher kommt das? Wenn das Wasser
die Koksschicht verlätzt, fällt es auf eine Sand- und Kiesschicht, die
über zwei Meter dick ist. Der unter dem Sande liegende Kies wird
nach unten zu immer gröber, zuletzt faustgroß. Was geschieht, wenn
das Wasser auf die Kiesschicht fällt? Sickert langsam durch. Dabei
halten Sand und Kies allen Schmutz, der sich noch im Wasser be-
findet, zurück. Wie verläßt das Wasser die Kiesschicht? Rein. Die
Sand- und Kiesschicht nennt man einen Filter. Der Filter reinigt
unser Leitungswasser. Das gereinigte Wasser fließt in ein großes
Wasserbecken — in das Reinwasserbassin. Das Reinwasserbassin
ist ein großer, mit Backsteinen ausgemauerter und mit Zement über-
setzter Keller, dessen Decke überwölbt und mit Erde bedeckt ist.
IV. Wie das gereinigte Wasser vom Wasserwerke zu uns kommt.
Wie kommt nun das gereinigte Wasser in unsere Küchen? — Vom
Wasserwerke führen große, (65 cm) weite Röhren nach unserer Stadt.
Ihr könnt sie aber nicht sehen, denn sie liegen unter der Erde. Diese
Röhren durchziehen alle Straßen. Von diesen großen Röhren zweigen
sich kleinere (dünne) Röhren ab, in alle Häuser, in alle Waschräume,
Küchen und Badestuben. Die großen Dampfmaschinen im Maschinen-
hause des Wasserwerks saugen nun das Wasser aus dem Rein-
wasserbassin und pumpen es durch die unterirdischen Leitungsröhren
nach allen Straßen und Häusern unserer Stadt. In den Häusern
sind Hähne an den Röhren angebracht. Was geschieht, wenn ich
einen Hahn öffne? Das Wasser strömt mit großer Gewalt heraus.
Wo bleibt das verbrauchte Wasser? —
V. Der neue Wasserturm. Ihr habt euch den neuen Wasser-
türm angesehen. Wo liegt er? — Er ist aus roten Backsteinen her-
gestellt. Was weißt du über seine Gestalt anzugeben? —■ Weshalb
könnt ihr ihn schon aus weiter Ferne sehen? — Wie hoch ist er?
59 Meter. — Vergleicht seine Höhe mit der des danebenstehenden
Wohnhauses! — Mit der Höhe unseres Schulhauses! — Oben in
dm Turme befindet sich ein großer Kessel, der 2000 Kubikmeter faßt.
, Der Kessel ist mit dem Hauptrohre der Wasserleitung durch Röhren
verbunden und deshalb immer mit Wasser gefüllt. Unsere Stadt
braucht jetzt (in den Sommermonaten) täglich etwa 15 000 Kubik-
meter Wasser. An sehr heißen Sommertagen kommt es aber vor,
das, die Stadt plötzlich bedeutend mehr Wasser verbraucht, weit
mehr, als die beiden Maschinen im Wasserwerk nach der Stadt zu
pumpen vermögen. Aus dieser Not hilft dann der Wasserturm.
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 29
— 450 —
Sobald nämlich die Wassermenge in den Leitungsröhren geringer
wird (der Druck nachläßt), dann fließt das Wasser aus dem großen
Gessel des Wasserturmes ganz von selbst in dieselben hinein. Was
wird dadurch verhütet? — Nun steht im Wasserwerke aber noch
eine dritte Dampfmaschine. Was werden die Leute dort tun, um mehr
Wasser nach der Stadt pumpen zu können? Dritte Maschine in Gang
bringen, Die drei Maschinen schaffen natürlich weit mehr Wasser
nach der Stadt, als dort verbraucht wird. Das überflüssige Wasser
steigt im Wasserturme empor und fließt dann in den großen Gessel.
Was geschieht aber, wenn der Wasserzufluß nicht aufhört? — Wo
bleibt das überfließende Wasser? Fließt in den Kanal. Wenn das
Wasser im Wasserturme zu hoch steigt, dann ertönt im Maschinenhause
des Wasserwerks eine Glocke. Die Leute im Maschinenhause wissen
sofort, was dieses Glockenzeichen bedeutet. Was tun sie dann?
Stellen eine Maschine ab.
VI. Wer die Wasserleitung angelegt hat und wieviel das Wasser
kostet. Wer hat das Wasserwerk bauen lassen? Magistrat unserer
Stadt. Die zahlreichen Brunnen, die Gebäude und Maschinen, die
Röhren, die in den Straßen liegen, haben viel, viel Geld gekostet.
Auch jetzt verursacht die Wasserleitung der Stadt täglich hohe Kosten.
Wodurch? — Der Stadtmagistrat gibt deshalb den Einwohnern das
Leitungswasser nicht umsonst. Wer Wasser aus der Wasserleitung
entnimmt, muß es bezahlen. Im Keller eines jeden Hauses ist an
der Leitung eine Wasseruhr angebracht, die genau anzeigt, wieviel
Wasser verbraucht wird. Das Geld für das Wasser muß der Haus-
wirt bezahlen. Wieviel bezahlt dein Vater im Jahre? — Dein
Vater? — Für 1 Kubikmeter Wasser verlangt die Verwaltung des
städtischen Wasserwerks 12,5 Pfennig.
VII. Geschichtliches. In den ältesten Zeiten hatte unsere Stadt
nur 2 Brunnen, aus denen die Bewohner das nötige Wasser holten.
Der eine Brunnen lag vor dem Hohentore, der andere vor dem
FaNerslebertore. Man nannte sie Iogetbrunnen (Iugendbrunnen),
woraus später die jetzige Benennung Gördebrunnen (Kinderbrunnen)
entstanden jst. Weil diese Brunnen aber nicht genügend Wasser
lieferten, so legten die Bewohner unserer Stadt vor etwa 400 Iahren
7 Wasserleitungen an. Das Flußwasser wurde durch große Pumpen
in die unter der Erde liegenden hölzernen Röhren getrieben und so
in die Häuser geleitet. Die hölzernen Röhren mußten aber oft
ausgebessert werden. Dann war das Wasser gewöhnlich schmutzig,
hatte auch oft einen holzigen Geschmack und konnte im Winter leicht
einfrieren. Da diese Leitungen im Laufe der Zeit sehr baufällig ge-
worden waren, so ließ der Stadtmagistrat im Jahre 1864 im Eisen-
bahnparke eine neue Wasserleitung bauen, die 1865 in Betrieb gesetzt
wurde. Das Wasser wurde der Oker entnommen und in Bassins
geklärt. Nach einer Reihe von Iahren war aber das Werk, obgleich
es mehrmals vergrößert wurde, nicht mehr imstande, unsere schnell
wachsende Stadt genügend mit Wasser zu versorgen, und da dieses
— 451 —
auch oft von schlechter Beschaffenheit war, so baute die Stadt am
Bültenwege ein größeres Werk. Dieses wurde im Jahre 1902 in
Benutzung genommen und liefert uns sehr gesundes Wasser. Der
Wasserbedarf unserer Stadt ist in den letzten Iahren aber so ge-
wachsen, daß noch ein neues Quellwasserwert bei dem Dorfe Rüningen
errichtet werden mutzte. Das dort erbohrte Trinkwasser wird der
Stadt mit Hilfe des alten Wasserwerks im Bürgerpark zugeführt.
27. Die Bewohner des Ortes.
I. Wie nennt man die Leute in einem Orte, weil sie denselben
bewohnen? Bewohner des Ortes. — Sage für „Bewohner" ein
anderes Wort! Einwohner. — Wer gehört zu den Einwohnern?
Alle Menschen, die im Orte wohnen. — Wozu gehört ihr also auch?
Zu den Einwohnern unseres Ortes. — Alle fünf Jahre werden die
Einwohner des Ortes gezählt, nicht nur in unserem Orte, sondern
in allen Städten, Flecken und Dörfern unseres Herzogtums, ja des
ganzen deutschen Reiches. Dann ist Volkszählung. (Wiederhole!) —
Wann war die letzte Volkszählung? Am 1. Dezember 1910. — Zu-
nächst ist die Zählung in jedem Hause. Das geschieht so: in eure
Häuser werden vom Bürgermeister soviel karten, Zählkarten, geschickt,
als Leute im Hause sind. Auf diese Zählkarten schreibt euer Vater
eure Namen, euer Alter usw. So geht es in jedem Hause. Diese Zähl-
karten werden dann von einigen Männern gesammelt. Die Karten
aus dem ganzen Reiche werden dann nach Berlin geschickt. So er-
fährt man die genaue Einwohnerzahl eines jeden Ortes und des
ganzen Reiches und auch, was die Einwohner treiben, und was für
eine Religion sie haben. Unser Ort hatte nach der letzten Volkszählung
143 552 Einwohner. 1905 wurden 136 397 Einwohner gezählt. —-
Hm wieviel Personen ist also die Einwohnerzahl in fünf Jahren ge-
stiegen? — Was ist wohl die Ursache davon? — Sprich nun von der
Volkszählung und von der Einwohnerzahl unseres Ortes! Braun-
schweig hat über 100 000 Einwohner und ist deshalb eine Großstadt.
Nicht immer war aber Braunschweig so groß. Höret einmal, wie es
von einem kleinen Städtlein allmählich zu seiner jetzigen Größe her-
angewachsen ist. Die Einwohnerzahl wurde vom Ende des 16. Jahr-
Hunderts bis zum Jahre 1671 auf 15 000—20 000 geschätzt. 1793
betrug sie 30 525, zu Anfang des 19. Jahrhunderts 26 000—30 000.
In den folgenden Jahren wurden folgende Ziffern ermittelt.
1814 : 29934 Einwohner. 1843 : 39 787 Einwohner.
1831 : 34 589 „ 1849 : 39011
1836 : 39 817 „ 1855 : 38 397
Die Bewohnerschaft hat also in den beiden Dezennien von 1836
bis 1855 um 1420 Seelen abgenommen. Von 1855 ab ist nun eine
stetige Zunahme der Bewohnerschaft zu verzeichnen. Sie betrug:
29*
452
1861 : 42 200 Einwohner. 1890 : 101047 Einwohner.
1885 : 85174
II. a) Sehen wir uns einmal die Beschäftigung der Be-
wohner an! — Wie nennen wir diejenigen, welche das Faid bebauen
und Viehzucht treiben? Bauern. — Was tun die Kaufleute? Sie
kaufen Waren und verkaufen sie wieder. — Andere haben große
Fabriken. Was sind sie? Fabrikanten. — Was gebraucht der
Tischler, um Tische und Stühle zu machen? Holz. — Was gebraucht
der Schuhmacher zu seinem Geschäft? Leder. — Der Schmied?
Eisen. — Holz, Leder, Eisen sind Stoffe. Die Leute, welche Stoffe
mit den Händen verarbeiten, heißen Handwerker. (Wiederhole!) —
So haben alle eine bestimmte Beschäftigung. Diese nennt man ihren
Beruf. Wiederhole! — Wozu dient das Korn, welches der Bauer
auf dem Acker baut? Zu unserer Nahrung. — Die Nahrung ist ein
Bedürfnis des Leibes. Auch Wohnung und Kleidung sind leibliche
Bedürfnisse. — Welche Leute verschaffen diese leiblichen Bedürfnisse?
Bauern, Kaufleute, Handwerker. — Alle, welche einen gleichartigen
Beruf haben, bilden zusammen einen Stand. (Wiederhole.) —
Bauern, .Handwerker und Kaufleute aber bilden den Nährstand.
Warum? Weil sie das beschaffen, was zu unserer Nahrung gehört.
d) Erwachsene Personen müssen für sich selbst sorgen. Von wem
empfangt ihr aber noch alles? Von unseren Eltern. — Sie geben
euch alles, was zu eures Leibes Nahrung nötig ist. Ihr sollt aber
nicht bloß größer werden, sondern auch lernen. — Von wem lernt ihr
zuerst? Von den Eltern. — Wohin schicken euch eure Eltern dann?
In die Schule. — Wer lehrt euch in der Schule? Der Lehrer. —
Wer lehrt euch später im Konfirmandenunterrichte? Der Prediger.
— Woraus lehrt ober predigt der Prediger Sonntags? Aus der
Bibel. — Welchen Beruf haben also Lehrer und Prediger? Zu
lehren. — Welchen Stand bilden sie? Den Lehrstand.
c) Was bilden alle Bewohner eines Hauses zusammen? Den
Hausstand. — Alle Bewohner eines Ortes, ja eines ganzen Landes
bilden auch eine Gemeinschaft. Die Gemeinschaft, welche die Be-
wohner eines Ortes bilden, heißt die Orts-Eemeinde; viele Ee-
meinden bilden einen Kreis. (Wiederholen!) In welchem Kreise
wohnen wir? — Sechs Kreise bilden unser Land. In welchem Lande
wohnen wir? Im Herzogtum Braunschweig. — In jeder Gemein-
schaft aber muß Ordnung und Recht sein; darum steht an der Spitze
jeder Gemeinschaft ein Mann, der das Ganze verwaltet. Wer steht
an der Spitze der bürgerlichen Gemeinde? Der Bürgermeister (Orts-
Vorsteher.) — Welche Männer helfen ihm? Die Stadträte. — Diese
bilden zusammen die Ortsobrigkeit. — So gibt es auch über die
1867 : 50 369
1871 : 57 883
1875 : 65 938
1880 : 75 038
1895 : 115138
1900 : 128226
1905 : 136397
1910 : 143552
— 453 —
Kreise und über das ganze Land Männer, welche die Obrigkeit bilden.
— Wer ist das Oberhaupt unseres ganzen Landes? — Wie heißt
unser Regent? — Was muß unser Regent haben, damit er die
Feinde von unserem Lande abwehren kann? Soldaten. — Es gibt
Fußsoldaten, Reiter, Kanoniere und Seesoldaten. Diese zusammen
bilden das Militär. — Obrigkeit und Militär haben den Beruf, den
bösen Menschen zu wehren, daß sie uns kein Leid zufügen können.
Wie nennen wir daher den Stand, den sie bilden? Wehrstand. •—
Die drei Stände wollen wir hier anschreiben; nennt sie! —
Nährstand. Lehrstand. Wehrstand.
Bauern, Handw., Kaufleute. Lehrer, Prediger. Militär, Obrigkeit.
Lies: Zum Nährstande gehören: Bauern, Handwerker und Kauf-
leute. Oder: Bauern, Handwerker und Kaufleute bilden den Nähr-
stand usw. — Merke dir auch dieses Verschen:
„Die einen sorgen, uns zu nähren,
Die andern, uns zu belehren,
Die dritten, den bösen Buben zu wehren."
III. In unserem Orte sind etwa 8000 Wohnhäuser. Vor fünf
Jahren waren .... Wohnhäuser da. — Am wieviel ist die Zahl
gestiegen (gefallen)? Um ... — Welches ist wohl der Grund davon?
•— Wie heißen Häuser, in welchen Kaufleute ihr Geschäft betreiben?
Geschäftshäuser. — Wie heißen Gebäude, welche der ganzen Ge-
meinde gehören? Gemeindehäuser. — Netmt solche! Rathaus, Brand-
spritzenhaus usw. — Wie heißen die Häuser der Bauern? Bauern-
Häuser. — Womit sind die alten Bauernhäuser bedeckt? Mit Stroh.
— Wie ist es im Winter unter einem Strohdach? Warm. — Wie
dagegen im Sommer? Kühl. — Diese alten Bauernhäuser heißen
niedersächsische. Welche Seite ist der Straße zugewendet? Die Hinter-
seite. — Wieviel Türen sind in dieser Seite? Drei. — Was für eine
Tür ist in der Mitte? Eine große. — Warum muß diese groß sein?
Damit die Heu- und Kornwagen hineinfahren können. — Uber der
Tür !steht oft eine Inschrift. Wer kennt eine solche? — Was steht sonst
noch über dieser Tür? Wann das Haus erbaut ist, und wer damals
darin wohnte. — Wie sind die beiden anderen Türen? Klein. •—
Wohin führen diese Türen? In die Ställe. — Hier habe ich euch
den Grundriß eines niedersächsischen Bauernhauses an die Wandtafel
gezeichnet. Daran wollen wir die innere Einrichtung kennen lernen.
(Nach Sprockhofs, Vorbereitungen und Entwürfe.)
28. Ein Gang um die innere Stadt.
Wir haben bis jetzt die wichtigsten Straßen, Plätze und Gebäude
der inneren Stadt kennen gelernt. Gestern haben wir nun einen Gang
um die innere Stadt gemacht. Wir wollen ihn heute (im Geiste) noch
einmal machen.
— 454 —
I. Der Hohetorwall. Welchen Namen führt der ganze Weg, den
wir zurückgelegt haben? Wall. Der Wall hat aber verschiedene
Namen. Wie heißt der Teil des Walles, auf dem unser Rundgang
begann? Hohetorwall. Welche Straße führt von unserer Schule nach
dem Hohentorwalle? Sidonienstraße. Auf dem Walle sahen wir
große, grüne Plätze. Was ist das Grüne auf den Plätzen? Gras,
Rasen. Wie nennen wir Plätze, die mit Rasen bewachsen sind? — Auf
dem Walle gibt es Rasenplätze. (Auf den Rasenplätzen sahen wir
etwas, was man auch in einem Garten findet. Was meine ich? Beete.
Womit waren sie bepflanzt? Blumen — Blumenbeete. Auf dem
Walle gibt es Blumenbeete.) Und noch etwas zeigte ich euch. Was
denn? Büsche — Sträucher. Wodurch erfreuen uns die meisten dieser
Sträucher im Frühjahr? Durch ihre schönen Blüten. Diese Sträucher
zieren den Wall. Wie können wir sie deshalb nennen? Ziersträucher.
Auf dem Walle gibt es Ziersträucher. Was sahen wir außer den
Ziersträuchern noch auf dem großen Rasenplatze? Bäume. Was für
Bäume waren es? — Wieviel Tannen usw. standen beieinander?
Wenn mehrere Bäume derselben Art beieinander stehen, so nennt man
dies eine Baumgruppe. Auf dem Walle gibt es Vaumgruppen,
Zwischen den Rasenplätzen usw. befinden sich schöne mit Grand be-
streute Wege für Spaziergänger. Warum gehen die Leute gern auf
dem Walle spazieren? Schattig, schöne Luft, Vögel singen. Welche
Singvögel habt ihr auf dem Walle gesehen? — Wer vom Spazieren-
gehen müde geworden ist, kann sich auf den Bänken, die an den Wegen
stehen, ausruhen — Ruhebänke. Auf dem Walle gibt es schöne
Wege und Ruhebänke. Bänke schonen, nicht mit den Füßen auf die
Bänke stellen! Zusammenfassung: Auf dem Walle gibt es Rasen-
Plätze, Blumenbeete, Ziersträucher, Vaumgruppen, Wege und Ruhe-
bänke. Die Wege, Beete usw. sind nicht von selbst entstanden, man hat
sie angelegt; deshalb nennt man das alles zusammen eine Anlage.
Wo habt ihr auch schon Anlagen gesehen? Im Bahnhofsparke,
Bürgerparke usw.
Der Hohetorwall beginnt an dem kreisförmigen Platze vor der
Sonnenstraße. Weshalb hat man^ ihn Hohetorwall genannt? Er
liegt nahe am Hohentore. Welche Straße führt von der Sonnenstraße
nach dem Hohentore? Die Straße „am Hohentore". Welche Straße
führt aus dem Hohentore hinaus? Broitzemer Weg. Merkt euch das
Tor und auch die aus dem Tore führende Straße! Nach welcher
Himmelsgegend zieht der Hohetorwall von dem runden Platze aus?
Norden. Wie weit erstreckt er sich nach Norden? — Gib seine West-
grenze an? Die Oker. An welcher Seite der Stadt liegt der Hohe-
torwall? Westseite. Zeichnen auf dem Plane!
II. Der Petritorwall. Vom Hohentorwalle gelangen wir auf
den Petritorwall. Woher der Name? Vergleiche seine Breite mit der
des Hohetorwalles! — Was vermissen wir auf demselben? Die
schönen Anlagen. Womit ist er nur geschmückt? Zwei Reihen Bäume.
Wie nennen wir den Weg zwischen zwei Baumreihen? Allee. Was
— 455 —
für ein Weg ist also eine Allee? Eine Allee ist ein Weg zwischen
zwei Baumrechen. Was für Bäume stehen an dieser Allee? Linden.
Wie können wir die Allee deshalb nennen? Lindenallee. Den Petri-
torwall schmückt eine Lindenallee. Die großen Bäume spenden den
Spaziergängern im Sommer kühlen Schatten. Wir haben mit dem
Kompatz auch die Richtung des Petritorwalles festgestellt. Gib seine
Richtung an! — Der Petritorwall hat nicht überall dieselbe Breite
wie am Anfange. Wo ist er bedeutend breiter? Vom alten Petritors
bis. zum neuen Petritore. Was befindet sich hier zu beiden Seiten
der Fahrstraße? Breite Fußwege, grüne Rasenplätze, 4 fache Baum-
reihe. Wir haben uns die Bäume auch angesehen, besonders die
Blätter und den Stamm. Was fiel euch an dem Stamme auf? An
vielen Stellen war die Rinde abgefallen. Welche Farbe hatte der
Stamm hier? Gelblich, weißlich. Ich habe euch auch den Namen
dieser Bäume gesagt. Wie heißen sie? Platanen. — Wo ist der
Petritorwall zu Ende? Am neuen Petritore. Wir haben uns auch
die Straße gemerkt, welche aus dem Petritore führt? Wie heißt sie?
Cellerstraße. Am Petritore haben wir uns die Friedrich Wilhelms-
Eiche angesehen. Die Eiche erinnert uns an den tapferen Herzog
Friedrich Wilhelm. Dieser kam auf einem Kriegszuge, den er von
Süd- nach Norddeutschland mitten durch die feindlichen französischen
Heere ausführte, am 31. Juli 1809, abends 10 Uhr, nach seiner ge-
liebten Vaterstadt und hielt bei Fackelschein seinen Einzug. Seine
Soldaten, 2000 kühne Männer, lagerten sich am Petritore, und der
Herzog verbrachte die Nacht mitten unter ihnen auf einem Strohlager.
An dieser jedem Braunschweiger denkwürdigen Stelle pflanzte der
Braunschweiger Kriegerbund (bei der Waterloofeier am 13. Juni)
1850 die noch jetzt stehende Eiche. Später wurde dieselbe mit einem
eisernen Gitter umgeben, dessen Pfeiler vier Kanonenläufe bilden.
An der Nordseite desselben erblickt man das mit Lorbeerzweigen um-
gebene braunschweigische Wappenschild mit der Fürstenkrone; unter
demselben ist eine Tafel mit folgender Inschrift angebracht: „Hier
lagerte Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Öls inmitten
seiner Krieger, in der Nacht auf den 1. August 1809". Auf der einen
Seite des Gitters liest man in einem Lorbeerkranze die Worte:
„Dem deutschen Heldenfürsten", die andere Seite trägt die von einem
Eichenkranze umgebene Inschrift: ,,Dem Landesvater sein treues
Volk, 1. August 1859". Wann habt ihr das Gitter mit frischen
Kränzen behängt gesehen? — Warum ist das geschehen? — Zeichnen
des Petritorwalles auf dem Plane! — Zeigt die Stelle, wo die
Friedrich Wilhelms-Eiche steht! —
III. Der Inselwall. Wir setzten dann unseren Gang nach Nordost
fort und kamen auf den Inselwall. Weshalb heißt er Inselwall?
—^ Wovon wird er an der Westseite begrenzt? Von der Oker.
Wieviel Brücken führen hier über die Oker? Drei. Wir haben uns
besonders die Brücke hinter der kleinen Anhöhe angesehen. Was fiel
euch an dieser Brücke auf? Große Bretter waren dicht nebeneinander
— 456 —
in das Wasser hinabgelassen. Die großen, starten Bretter sollen das
Wasser zurückhalten (wehren). Wie nennt man eine solche Vorrich-
tung? Wehr. Und die Brücke? Wehrbrücke. (Durch Verschließen des
Wehrs wurde ursprünglich das Wasser für die städtischen Mühlen aus-
gestaut.) Auf welche Straße führt diese Wehrbrücke? Wehrstxaße.
An welcher Schule führt die Wehrstraße vorüber? Dritte untere
Bürgerschule. Gib die Lage derselben an! An der Ecke der Wehr-
und Maschstraße. Wir gingen nun auf dem Inselwalle weiter. Hinter
(nördlich von) der kleinen Anhöhe wurde er besonders schön. Wie
heißt diese Stelle des Inselwalles? Lübbeckes Insel. Warum gefällt
sie euch so gut? — Welchen Namen führt der kleine Teich neben
dem Walle? Bammelsburger Teich. Was befindet sich in der Mitte
des Teiches? Insel. Weshalb nennst du das kleine Stückchen Land
eine Insel? — Was gibt's auf der Insel zu sehen? Entenhäuschen.
Viel Schwäne und Enten schwammen auf dem Teiche hin und her.
Am Ufer standen Kinder und Erwachsene und warfen den Enten
Vrotstückchen ins Wasser. Wie eilig sie nach jedem Stückchen schwam-
men! Doch nun weiter auf dem Inselwalle. Zu unserer Rechten er-
blickten wir eine Mühle. Die Mühle gehört der Stadt, sie heißt Neu-
stadtmühle. Wir haben uns dann den schönen Garten zu unserer
Linken angesehen. Wie wird er genannt? Lübbeckes Garten. Er ist
so groß und schön wie nur wenige in unserer Stadt. Als wir weiter-
gingen, kamen wir zu einer kleinen Anhöhe. Wie heißt sie? Gauß-
berg. Hier ist der Inselwall zu Ende. Gib seine Ausdehnung an!
Er erstreckt sich vom neuen Petritors bis zum Eaußberge. Zeichnen
auf dem Plane! —
IV. Am Gaußberge. Wie heißt das Stück des Walles, welches
wir nun betraten? Am Gaußberge. Weshalb heißt der Wall so?
Weil er am Gaußberge liegt. Früher hatte der Gaußberg einen
anderen Namen (Anatomieberg). Weshalb mag man ihn Gaußberg
genannt haben? An seinem Fuße steht das Gaichdenkmal. Der
Mann, den die Bildsäule darstellt, heißt Karl Friedrich Gauß. Von
Gauß habt ihr gewiß noch nichts gehört. Er ist hier in Braunschweig
im Jahre 1777 geboren. Sein Geburtshaus steht an der nördlichen
Wilhelmstraße. Schon als Kind von 5 oder 6 Iahren konnte er
tüchtig rechnen. Sein Vater rechnete einmal den Wochenlohn, welchen
seine Gesellen empfangen sollten, zusammen; als er zu Ende war,
rief der kleine Gauß, welcher in der Stube spielte: „Das ist nicht
recht; es kommt soviel heraus." Der Vater rechnete nach und fand,
daß der Knabe das Richtige angegeben hatte. In der Schule übertraf
der kleine Gauß bald die übrigen Kinder. Einstmals sollten sie die
Zahlen von 1 bis 20 zusammenzählen. Eauß hatte kaum angefangen,
die Ziffern aufzuschreiben, als er mit den Worten: ,,Da liegt sie!"
seine Tafel auf den Tisch legte. Seine Aufgabe war gelöst. Und wie
ging das so schnell? Er hatte herausgefunden, daß man nur die
Summe aus der ersten und letzten Zahl mit der Mittelzahl 10 zu
multiplizieren brauche, um das richtige Resultat zu erhalten. Gauß
— 457 —
wurde später Professor an der Universität zu Güttingen. Er hat ge-
meinschaftlich mit dem Professor Weber in Güttingen den Telegraphen
erfunden, durch den wir in wenigen Sekunden Nachrichten in die ent-
ferntesten Gegenden befördern können. Braunschweig hat dem be-
rühmten Manne (im Jahre 1880) ein Denkmal errichtet. Die Bild-
säule stellt Gauß in seinem Arbeitspelze dar, das Hauskäppchen auf
dem Kopfe, in der Linken ein Buch haltend. Der Granitwürfel
trägt auf der Vorderseite die Worte: „Carl Friedrich Gauß, ge-
boren 30. April 1777, gestorben 23. Februar 1355." Auf der
Rückseite liest man: „Dem erhabenen Denker, der die verborgensten
Geheimnisse der Wissenschaft der Zahlen und des Raumes entschleiert,
der die Gesetze der himmlischen und irdischen Naturerscheinungen
ergründet und dem Wohle der Menschheit dienstbar gemacht hat, zur
Säkularfeier seines Geburtstages am 30. April 1877 in seiner Vater-
stadt Braunschweig, gewidmet von der dankbaren Nachwelt."
(Wie diesem klugen Manne, so errichtet man auch anderen be-
rühmten Männern häufig Denkmäler, damit wir sie niemals vergessen,
sondern uns beim Anblicke derselben stets ihrer Taten erinnern. Auch
in Braunschweig werden wir noch mehrere finden.)
Welche Straße führt vom Gaußdenkmale nach Nordwest? Bam-
melsburgerstraße. Über welche Brücke führt die Bammelsburger-
straße? Gaußbrücke. Wir kennen jetzt: den Bammelsburgerteich und
die Bammelsburgerstraße. Teich und Straße haben ihren Namen
von einer festen Burg, die nördlich von der Neustadtmühle lag
(Lübbeckes Garten gegenüber); sie hieß die Bammelsburg.*) In der
Nähe der Gaußbrücke vereinigen sich sämtliche die Stadt durchfließen-
den Arme der Oker.
Am Gaußberge benutzten wir den Weg, der auf den Gipfel
des Gaußbergs führt. Wieviel Schritte zählten wir bis auf den
Gipfel? — Womit ist der Gipfel bewachsen? — Womit der Ab-
hang ? — Wir gingen zum Gaußdenkmale zurück und benutzten nun
den Weg, der an der Oker entlang führt. Das Wasser der Oker schien
ganz still zu stehen, und doch vernahmen wir ein lautes Rauschen.
Woher kam das? In der Oker war wieder ein Wehr. Wohin fließt
dieser Okerarm? Nach der Gaußbrücke. Dicht hinter dem Gaußberge
liegt das Wendentor. An welcher Seite der Stadt liegt es? Nord-
feite. Welche Straße führt vom Wendentore in die Stadt? Wenden-
straße. Aus der Stadt? Hamburgerstraße. — Zeichnen auf dem
Plane! Rückblick: Welche Tore haben wir bis jetzt kennen gelernt?
'— An welcher Seite der Stadt liegt das Hohetor? — Das Petri-
tor? — Das Wendentor? — Welche Straßen führen aus diesen
Toren? —
*) Die Bammelsburg hatte der Rat im Jahre 1460 zum Schutze der Neu-
stadt errichten lassen. Sie war nicht ein einzelner Wartturm, sondern ein kleines
Festungswerk, das mit 7 starken Geschützen armiert, die weite Ebene bis Olper
beherrschte, und das der Sage nach seinen Namen einem Räuber Bammel verdankt,
der hier einst gehaust haben soll, bis ihn Heinrich der Löwe vertrieb.
— 458 —
V. Der Wendentorwall. Geht man vom Wendentore nach
Osten, so gelangt man auf den Wendentorwall. Woher der Name?
— Er erstreckt sich vom Wendentore bis zum Fallerslebertorwall. Gib
seine Richtung an! — Wo ist er am höchsten? Der Wendentorwall
ist nach Osten ansteigend. Nach welcher Himmelsgegend muß das
Regenwasser fließen? — Welches ist der einzige Schmuck dieses
Walles? Die schöne Kastanienallee. — Zeichnung! —
VI. Der Fallerslebertorwall. Der Wendentorwall führte uns
auf den Fallerslebertorwall. Er erstreckt sich von der Brücke an der
Pockelsstraße bis zur Fallersleberstraße. Gib seine Richtung an! Von
Norden nach Süden. Nach welcher Himmelsgegend ist er abschüssig?
Nach Süden. Worin stimmen Fallerslebertorwall und Wendentorwall
überein? — Nach welchem Tore führt die Fallersleberstraße? Fallers-
lebertor. Welche Straße führt aus dem Fallerslebertore hinaus?
An welcher Seite der Stadt liegt es? — Zeichnung!
VII. Der Theaterwall. Wohin gelangten wir, als wir die
Fallersleberstraße überschritten hatten? Theaterwall. Weshalb er
diesen Namen führt, könnt ihr euch schon denken. Weshalb nämlich?
— Gib seine Richtung an! — Seine Ausdehnung! Er zieht von der
Fallersleberstraße bis zum Steinweg. — An der Ostseite des Theater-
walles liegt ein schöner Park. Welchen Namen führt dieser Park?
Er führt den Namen
1. Theaterpark. (Herzoglicher Park.) Weshalb Theaterpark?
Er erstreckt sich bis zum Steintore (Museum). Auf der Ostseite grenzt
er an die Oker. Früher wurde er auch „der Herzogin Garten" ge-
nannt, weil ihn die Gemahlin des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand
(Herzogin Auguste) auf ihre Kosten hat anlegen lassen. Wir haben
uns den Park angesehen. Was hat euch besonders darin gefallen?
— Schattige Spaziergänge durchschneiden ihn nach allen Richtungen,
Rasenplätze, Blumenbeete und Baumgruppen erfreuen unser Auge.
Von den im Park belegenen Anhöhen genießt man einen schönen
Rundblick auf die nächste Umgebung. Durch den Bau des neuen Hof-
theaters ist der Park in zwei Teile geteilt, in einen nördlichen und
einen südlichen. Welches Gebäude liegt im nördlichen Teile? Ma-
schinen- und Kulissenhaus für
2. das Hoftheater. Gib die Lage des Hoftheaters an! Mitten
im Theaterparke, zwischen Steinweg und Kaiser Wilhelmstraße. Be-
schreibt sein Außeres! — Das prächtige Gebäude wurde im Jahre
1861 eröffnet. Vor einigen Jahren wurde es (um die Feuersicherheit
zu erhöhen) umgebaut und vergrößert. Welcher Straße ist die
Frontseite zugekehrt? Steinweg. Eine breite Treppe führt zu den
Eingängen. Wer von euch ist schon im Theater gewesen? Was hast
du da gesehen? — Im Theater werden Schauspiele und Opern auf-
geführt. Schauspieler, Schauspielerinnen, Sänger, Sängerinnen.
Wie erfährt man, was im Theater aufgeführt wird? Zeitung,
Theaterzettel.
— 459 —
Früher befand sich das Theater auf der Südseite des Hagen-
Marktes und zwar an der Stelle, wo das Rathaus des Hagens ge-
standen hat. Anfänglich wurde nur während der Messe in demselben
gespielt. Das unansehnliche Gebäude war aber im Laufe der Jahre
sehr baufällig geworden und wurde deshalb (1384) niedergerissen.
3. Das Franz Abt-Denkmal. An der Nordseite des Hoftheaters
steht das Franz Abt-Denkmal. Franz Abt war langjähriger Leiter
der Hofkapelle (1852—1881). Die Büste ist aus Bronze gegossen.
Der Sockel ist aus rotem Stein — Granit — gefertigt. Am Fuße
desselben sind vier singende Knaben und an seinem oberen Rande zwei
Schwalben angebracht zur Erinnerung an das Abtsche Lied: „Wenn
die Schwalben heimwärts ziehn!" An welcher Seite der Stadt
liegt der Theaterwall? Ostseite. Zeichnung auf dem Plane! —
VIII. Der Sandweg. Gehen wir vom Theater nach Süden,
dann gelangen wir auf den Sandweg. Der Name scheint für^ diese
Straße gar nicht zu passen. Weshalb nicht? Wie mag die Straße
zu diesem Namen gekommen sein? Auf dem Wege lag früher viel
Sand. Die Straßen wurden zuweilen nach der Art ihrer Befestigung
benannt. Denkt an Steinweg, Steinstraße, Bohlweg! Wie sind diese
Straßen zu ihrem Namen gekommen? — Gib die Ausdehnung des
Sandwegs an! Er reicht vom Theater bis zum Steintorwalle. Seine
Richtung! Von Norden nach Süden. An der Ostseite des Sandweges
liegt die südliche Hälfte des Theaterparkes. An der Westseite haben
wir uns drei Gebäude gemerkt: 4. mittlere Mädchenbürgerschule,
katholische Schule und katholische Kirche. Welche Straße zweigt vom
Sandwege nach Osten ab? Museumstraße. Wie weit erstreckt sie sich
nach Osten? Bis zum Steintore (Steintorbrücke). Weshalb heißt
diese Straße Museumstraße? An ihr liegt
das Herzogliche Museum. Lage! — Äußeres! — Das Herzog-
liche Museum enthält viele schöne Ölgemälde, Bildhauerwerke, Tep-
piche und anderen Kunstsachen.
Die Fortsetzung des Sandweges ist
IX. Der Steintorwall. Er beginnt am Steintore und reicht bis
zum Löwenwalle. Aus dem Steintore führt die Helmstedterstraße.
Wie unterscheidet sich der Steintorwall vom Sandwege? — Am Süd-
. westende des Steintorwalles gewahrten wir ein prächtiges Gebäude,
1. das städtische Museum. Es enthält Schmuck-, Haus-, Wirt-
schafts- und Kriegsgeräte aus den verschiedensten Zeiten; ferner be-
finden sich darin Sammlungen von Münzen, Medaillen und Spiegeln,
eine Anzahl Kupferstiche, Photographien, Ölgemälde, Büsten^ Statuen
berühmter Braunschweiger usw. Neben dem städtischen Museum steht
2. die Gewerbeschule. Das Gebäude diente früher als Husaren-
kaserne. Wer besucht die Gewerbeschule? Lehrlinge (Tischler-,
Schlosser-, Malerlehrlinge usw.) Wer hat einen Bruder, der die Ge-
werbeschule besucht? — Was lernt er dort? — Zu welcher Zeit be-
sucht er diese Schule? Abends und Sonntags.
— 460 —
X. Der Löwenwall. Der Steintorwall führt auf den Löwenwall.
Weshalb hat man ihn Löwenwall genannt? — Er gehört zu den
schönsten Teilen des Walles. Was verleiht dem Löroenwalle ein so
schönes Aussehen? Der große Rasenplatz, der fast 700 Schritte
im Umfange hat; die dreifache Kastanienallee, die den Rasenplatz
umgibt; die beiden Springbrunnen; das schöne Denkmal. Das Denk-
mal ist zur Erinnerung an die Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand
(f 1806) und Friedrich Wilhelm ('f 1815) errichtet, die im Kampfe
gegen die Franzosen ihr Leben verloren haben. Es besteht in einer
22 m hohen gußeisernen Spitzsäule (Obelisk). An den Ecken des Denk-
mals ruhen vier eiserne Löwen, die an schönen Sommertagen meist
von spielenden Kindern besetzt sind. Breite Treppen führen zu dem
die Säule tragenden Würfel, dessen vier Seiten folgende Inschriften
enthalten: „Seinen für Deutschland gefallenen Fürsten Ihr Vater-
land 1822." — „Den Einbruch in das Vaterland dem Feinde mit
Seinem Blute wehrend, sank Braunschweigs Welfe Carl Wilhelm
Ferdinand, mit Ihm Seines Volkes Glück." — ,,Des Vaterlandes
vom Feinde neu bedrohtes Glück schützend, sank Braunschweigs Welfe
Friedrich Wilhelm an Seiner Krieger Spitze." — „Ihr Ruhm lebt
ewig, dauere mit ihm Ihr Stamm, dem Vaterlande zum Segen."
Nach der Besichtigung des Denkmales bestiegen wir den Wind-
mühlenberg. Weshalb mag diese Anhöhe den Namen Windmühlen-
berg erhalten haben? Auf ihr stand früher eine Windmühle. Diese
wurde vor über 80 Iahren (1830) abgebrochen. Damals war der
Windmühlenberg aber noch nicht so hoch wie jetzt. Durch den Bau-
schutt der Stadt wurde er allmählich auf die jetzige Höhe (25 m) ge-
bracht und mit freundlichen Anlagen geschmückt. Von seinem Gipfel
hatten wir nicht nur einen hübschen Überblick über die Stadt Braun-
schweig, sondern auch über die weitere Umgebung bis hinaus auf die
fernen Berge des Harzes. Auf dem Berge: Welche Tageszeit ist
jetzt? — Wo steht die Sonne soeben? — Welche Himmelsgegend
muh dort also liegen? — Wo liegt Norden? — Westen? — Osten?
— Schaut alle nach Norden! Welche bekannten Gebäude und Plätze
liegen nach Norden? — Westen? usw. Für heute beschränken wir uns
auf unsere. Stadt. Bei einem späteren Besuche des Windmühlen-
berges werden wir uns auch die Gebirge merken, die wir in der
Ferne sehen.
Welches Tor liegt am Ende des Löwenwalles? Augusttor.
Welche Straße führt aus dem Augusttore? Wolfenbütteler Straße.
Name! — Am Augusttore ist eine Haltestelle der elektrischen Straßen-
bahn. Wohin fahren die Wagen der Straßenbahn? Aus dem Tore
nach Richmond und Wolfenbüttel, in die Stadt nach dem Schützen-
platze und nach Olper. Am Augusttore wandten wir uns nach
Westen und gelangten auf den Augusttorwall.
XI. Der Augusttorwall. An diesem liegt
Hollands Garten. Er wird im Süden und Westen von der Oker
umflossen. Durch seine lieblichen Anlagen und die freundliche Aussicht
— 461 —
von den Anhöhen bildet er einen angenehmen Aufenthaltsort. Das
schöne Wohnhaus trägt eine lateinische Inschrift. Sie lautet deutsch:
„Sei willkommen, Fremdling". Jeder Anständige darf den Garten
besuchen.
XII. Der Siegesplatz ist die Fortsetzung des Augusttorwalles.
In früheren Jahren wurden auf dem Siegesplatze während der Messe
die Schaubuden aufgestellt. Damals führte er den Namen Tummel-
platz. Versuche den Namen zu deuten! Wo stehen die Schaubuden
jetzt an den Metztagen? — Weshalb heißt der Platz jetzt Sieges-
platz? Auf demselben steht das Siegesdenkmal.
1. Das Siegesdenkmal ist im Jahre 1389 zur Erinnerung an
den siegreichen Krieg, welchen Deutschland in den Jahren 1870 und
1871 mit Frankreich geführt hat, errichtet. Auf einem Granitsockel
erhebt sich eine Pyramide, auf welcher die Germania mit zurück-
geschlagenem Mantel steht. Sie hält in der rechten Hand einen
Lorbeerkranz, die linke stützt sich auf das Schwert. Ihr Haupt ist
mit einem Eichenkranze geziert. Die Seiten der Pyramide sind durch
Bronzegruppen geschmückt. Auf der Westseite erblickt man drei braun-
schweigische Krieger. In der Mitte steht ein Infanterist, rechts ein
Artillerist und links ein Husar. Alle drei tragen die alte braun-
schweigische Uniform. An der Ostseite erblickt man einen mit dem
Eichenkranze geschmückten Krieger, der aus dem Feldzuge heimkehrt
und seine Eltern bei der Erntearbeit antrifft; freudig umarmt ihn die
glückliche Mutter, während der Vater, auf die Sense gestützt, freude-
strahlend danebensteht. Die übrigen Seiten sind durch Wappen und
Fahnen geschmückt. Inmitten derselben erblickt man von Löwen-
köpfen getragene Mappenschilder. Das eine zeigt den lorbeergeschmück-
ten Reichsadler, das andere das braunschweigische springende Roß.
— Erzählt von den Anlagen, die das Siegesdenkmal umgeben!
Nördlich vom Siegesplatze erblicken wir den Lessingplatz.
2. Der Lessingplatz liegt zwischen dem Siegesplatze und der
Garnisonschule. Seinen Namen hat er von dem Lessingdenkmal er-
halten.
3. Das Leffingdenkmal. Was habt ihr schon von Lessing
gehört? — Lessing war ein bedeutender Dichter. Zuletzt war er
v Bibliothekar in Wolfenbüttel. Schon als kleiner Knabe war er sehr
fleißig, und darum wurde er später ein kluger Mann. Als er fünf
Jahre alt war, wollte ihn ein Maler mit einem Vogelbauer dar-
stellen. Er aber rief: „Nicht doch! Mit einem großen, großen
Haufen Bücher müssen sie mich malen, oder ich mag gar nicht gemalt
sein." Die Bücher sind auch bis an sein Lebensende seine geliebten
Freunde geblieben. Fleißigen Kindern sind manche seiner Fabeln
bekannt, z. B. die vom Wolfe, welchem ein junges Lämmchen das
Wasser getrübt haben sollte. In dem Eckhause am Ägidienmarkte
(jetzt Hypothekenbank) hatte Lessing zwei Zimmer gemietet, die er be-
wohnte, wenn er seine Freunde in Braunschweig besuchte. Hier ist er
am 15. Februar 1781 gestorben. Sein Grab befindet sich auf dem
— 462 —
Magmkirchhofe. Die Braunschweiger haben ihm auf dem jetzigen
Lessingsplatze ein Denkmal errichtet. Ihr habt es alle gesehen. Ob
Lessing wohl so groß gewesen ist, wie er hier dargestellt ist? Das
Standbild zeigt den Dichter in ,,Überlebensgröße". Der linke Arm,
dessen Hand eine Schriftrolle hält, lehnt sich auf einen Säulenschast,
die Hand des gekrümmten rechten Armes ruht auf der Brust. An dem
Granituntersatze liest man den Namen des Dichters und die Worte:
„Dem großen Dichter und Denker das deutsche Vaterland".
XIH. Der Vruchtorwall. Wie heißt die Fortsetzung des Sieges-
Platzes? Bruchtorwall. Name! — Gib Richtung und Ausdehnung
des Bruchtorwalles an! Er zieht von Südost nach Nordwest und
reicht vom Siegesplatze bis zum Friedrich-Wilhelmplatze. An welcher
Seite des Bruchtorwalles stehen keine Häuser? Südseite. Weshalb
nicht? Hier liegt
der Vahnhofspark. Den Bahnhofspark habt ihr gewiß schon
alle besucht. Erzählt, was ihr gesehen habt! Große Rasenplätze mit
schönen Blumenbeeten, herrliche Baumgruppen, Ziersträucher, Teiche
(mit Schwänen) usw. .Der Eisenbahnpark ist ein prächtiger Auf-
enthaltsort. Viele Leute gehen hier spazieren oder sitzen auf den
Ruhebänken. Auch ein .Gebäude steht im Bahnhofsparke. Nenne
es! Das Wasserwerk mit dem hohen Wasserturme. Dieses Wasser-
werk versorgte viele Jahre (von 1865 bis 1902) unsere Einwohner
mit Wasser. Nachdem aber die Stadt am Bültenwege ein neues
Wasserwerk errichtet hatte, wurde es nicht mehr benutzt. Seit
einem Jahre (1911) führt es der Stadt das bei Rüningen erbohrte
Quellwasser zu. (Vgl. S. 451.) Wie heißt der Park hinter dem
Wasserwerke? Bürgerpark. (Davon später.) Die Westseite des Bahn-
Hofsparkes grenzt an die Oker. Hier bleiben die Binder gern stehen.
Weshalb denn? Sie wollen das Dampfboot sehen. Das Dampf-
boot fährt von der Bahnhofsbrücke nach Heinrichshafen und zurück.
Wer ist schon mit dem Dampfboote gefahren? — Was kostet eine
Fahrt? —
Wir setzten jetzt den Gang um die Stadt fort. Unser Weg führte
am Bahnhofe vorüber. ,(S. die Lektion Bahnhof und Eisenbahn.)
Wie heißt der Platz vor dem Bahnhofe? Friedrich-Wilhelmsplatz.
Nach wem ist er benannt? — Wir überschritten den Friedrich-Wil-
Helmsplatz und gelangten auf den
XIV. Kalen-Wall. Der Kalen-Wall, den man im Volksmunde
wohl den kahlen Wall nennen hört, ist genannt nach der Familie
Äale, durch deren Besitztum er angelegt wurde. Er führt an der Oker
entlang bis zum Gieseler. An der Gieselerbrücke beginnt
XV. der Gieselerwall, der in westlicher Richtung bis zum Wil-
helmitor zieht. Er ist ziemlich breit und mit schönen Anlagen ge-
schmückt. Seine Nordseite grenzt an die Oker. In der Oker sahen
wir ein (das dritte) Wehr. An welcher Seite der Stadt liegt das
Wilhelmitor? Südwestseite. Welche Straße führt aus demselben?
Frankfurterstraße. Wohin? —
— 463
XV! Der Wilhelmitorwall. Nach welcher Himmelsgegend
wendet sich der Wall am Wilhelmitors? Norden. Wie heißt dieser
Teil des Walles? Wilhelmitorwall. Er ist nur schmal. Worin be-
steht sein einziger Schmuck? Kastanienallee. Wohin führt er? Auf
den kreisförmigen Platz vor der Sonnenstraße, auf dem wir unsere
Wanderung begonnen haben. Unser Rundgang ist also beendet.
Zeichnen auf dem Plane! —
Rückblick: Zeige auf unserem Plane die innere Stadt! — Nach
welcher Himmelsgegend liegt sie von unserem Schulhause aus? —
Welche Form hat das Gebiet der inneren Stadt? — Der Wall um-
gibt die innere Stadt wie ein grüner Kranz. Wieviel Tore führen aus
unserer Stadt? Zeige auf dem Plane die einzelnen Tore und gib ihre
Namen an! — Welches Tor liegt an der Nord-, Süd-, Ost-, West-
seite der Stadt? .—- An welcher Seite der Stadt liegt das Wilhelmi-
tor? — Das Petritor? — Das Fallerslebertor? — Wie heißt der
Wall zwischen Hohe- und Wilhelmitor? — Zwischen Hohe- und
Petritor? usw. Welche Straßen der Innenstadt führen nach den
Toren? — Aus den Toren? — Welche Teile des Walles sind be-
sonders schön? — Welche Teile des Walles sind mit einer Kastanien-
allee geschmückt? Wendentor-, Fallerslebertor-, Wilhelmitorwall.
Mit einer Lindenallee? — Wo stehen Platanen? — Welche Denk-
mäler haben wir uns gemerkt? — Wo stehen sie? — Wieviel Zeit
gebraucht man zu einem Spaziergange um die Stadt? usw.
Nehmt eure Tafeln zur Hand! Zeichnet mit Doppellinien einen
Kreis auf eure Tafel! Er soll den Wall vorstellen. Gebt in demselben
die Stelle an, wo sich das Hohetor befindet! — Das Petritor! usw.
29. Die Gasanstalt.
Ziel: Wie die Stadt für die Beleuchtung der Straßen und
Häuser sorgt.
I. Wozu wir das Gas gebrauchen. Wann müssen die Straßen
der Stadt beleuchtet werden? Abends. Weshalb? — Wodurch
werden die Straßen beleuchtet? Laternen. Wo sind die Laternen an-
gebracht? An den Häusern, auf eisernen Kandelabern. Wann werden
^ sie angezündet? — Wer hat das schon gesehen? — Erzähle! —
Was brennt dann in den Laternen? Gas. Die Gasflammen, die
des Abends in der Stadt angezündet werden, machen alle Straßen
und Plätze hell, — beleuchten sie. Das Gas dient zur Beleuchtung
von Straßen und Plätzen. Aber auch in den Häusern wird es des
Abends dunkel. Womit beleuchtet ihr eure Stube? Petroleumlampe.
Und ihr? Wir haben elektrisches Licht. — Wir haben Gaslicht.
Wessen Eltern brennen Gas in der Stube? — Welche Räume be-
leuchtet man auch mit Gas? Küche, Laden, Werkstatt usw. Das
Gas dient zur Beleuchtung von Wohn- und Arbeitsräumen. Wozu
dient das Gas sonst noch (besonders in vielen Küchen)? Zum Kochen.
— 464 —
Und in manchen Stuben und Läden? Zum Heizen. Das Gas dient
zum Kochen und Helzen. Gasherd! Gasofen! —
II. Wie das Gas bereitet wird. Jetzt zeige ich euch, wie das
Gas bereitet wird. Womit fülle ich dieses Probierglas? Steinkohlen.
Ich befestige das Probierglas an diesem Gestell und setze eine
brennende Spirituslampe darunter. Nach einigen Minuten entstehen
(entwickeln sich) Dämpfe in den sohlen, steigen hoch und kommen
oben aus der Öffnung des Glases. Ich halte ein brennendes Streich-
holz an die Öffnung. Was geschieht? Die Dämpfe brennen. Die
Dämpfe, die hier brennen, sind Gas (Leuchtgas). Was brennt
an der Öffnung dieses Glases? Leuchtgas. Auf welche Weife haben
wir das Leuchtgas hergestellt? — Das Gas, welches in unseren Häu-
fern und in den Straßenlaternen brennt, wird auch aus Stein-
kohlen bereitet. Ihr wißt auch schon, wo. Nun? Gasanstalt. Wie-
viel Gasanstalten hat die Stadt 23.? Gib an, wo sie liegen!
Taubenstraße, Bahnhofsstraße. An welcher Gasanstalt sind wir auf
unserem Spaziergange vorübergekommen? Wir konnten durch das
geöffnete Tor auf den Hof der Gasanstalt sehen. Was habt ihr dort
wahrgenommen? Große Haufen sohlen. Was ihr dort gesehen
habt, sind keine Kohlen, sondern Koks. Wer kennt Koks? Wir
haben in unserem Keller eine große Menge Koks, damit heizen
wir unsere Stuben. Was habt ihr sonst noch gesehen? Große Ee-
bäude mit hohen Schornsteinen. Ich habe euch auch auf die vier
großen Kessel aufmerksam gemacht, die im Hintergrunde stehen.
Sprich über ihre Höhe! Drei waren hoch, einer niedrig. Von dem
Bahnhofe führt ein Gleis über die Bahnhofsstraße nach der Gas-
anstatt. Könnt ihr euch denken, wozu das Gleis dient? Richtig,
auf diesem Gleise fahren die Eisenbahnwagen, welche Kohlen nach
der Gasanstalt bringen. Die Arbeiter der Gasanstalt haben also nicht
nötig, die Kohlen aus dem Bahnhofe umzuladen.
Wozu gebraucht die Gasanstalt so große Mengen Kohlen? Zur
Gasbereitung. Worin haben wir vorhin das Gas bereitet? Glasröhre.
In der Gasanstalt wird das Gas auch in Röhren hergestellt. Ihr
könnt euch gewiß schon denken, wie diese Röhren beschaffen sein
müssen. Nun? Sehr groß. Ja, sie sind sehr groß: mehrere Meter
lang und etwas über 50 cm dick. Man hat sie aus feuerfestem Ton
hergestellt und vorn mit einer eisernen Tür versehen. Diese Röhren
haben einen besonderen Namen, sie werden Retorten genannt. Er-
fragen! — Die Retorten befinden sich in dem Gebäude mit den hohen
Schornsteinen (auf der rechten Seite des Hofes). Wir wollen es das
Retortenhaus nennen. In dem Retortenhaus sind 7 große, steinerne
Ofen, und in jedem Ofen liegen 9 Retorten in 3 Reihen übereinander.
Womit müssen die Retorten angefüllt werden, wenn Gas bereitet
werden soll? Steinkohlen. In jede Retorte schüttet man ungefähr
180 kg Steinkohlen, und dann wird sie ganz fest (luftdicht) ver-
schlössen. Wann entwickelt sich aus diesen Kohlen aber erst Gas?
Wenn sie stark erhitzt werden. Die Kohlen werden auch stark erhitzt,
— 465 —
denn unter den Retorten brennt unaufhörlich (Tag und Nacht) ein
sehr starkes Feuer. In dieser Glut müssen die Kohlen über 4 Stunden
(4 Std. 24 Min.) liegen. Was entweicht in dieser Zeit aus den
Steinkohlen? Gas. Aus jeder einzelnen Retorte steigt nun das Gas
in Rohre, die vor dem Ofen angebracht sind. Dieses Gas ist aber
noch sehr unrein, es wird deshalb in verschiedenen Behältern ge-
reinigt. Das gereinigte Gas wird in die großen Kessel geleitet, die
ich euch gezeigt habe. Diese Kessel nennt man Gasometer. Erfragen!
Was weißt du über die Gestalt des Gasometers? Ganz rund, oben
geschlossen. Unten ist er aber offen. Zeder Gasometer steht in einem
runden Wasserbassin, das wohl 6 bis 7 Meter tief ist. Durch ein
Rohr wird das Gas von unten (also durch das Wasser) in den
Gasometer geleitet. Ist in dem Gasometer gar kein Gas, dann steht
er fast ganz auf dem Grunde des Bassins. Als wir an der Gas-
unstalt vorüberkamen, stand der erste Gasometer ganz tief. Was
kannst du daraus schließen? Wird aber die Rohrleitung geöffnet,
und das Gas strömt in den Gasometer hinein, dann steigt er immer
höher aus dem Wasser empor. Was hebt den Gasometer in die
Höhe? Gas. Je höher er steht, je mehr Gas ist darin. Zu welcher
Tageszeit stehen die Gasometer wohl am höchsten? Kurz vor dem
Dunkelwerden. Weshalb dann? — Wann wird das meiste Gas
verbraucht? Des Abends. Darum sinken die Gasometer in dieser
Zeit wieder herab. Gegen 11 Uhr stehen sie am tiefsten. Um diese
Zeit oder schon früher werden die meisten Gasflammen gelöscht,
es wird nur noch wenig Gas verbraucht. In der Gasanstalt wird
aber die ganze Nacht hindurch Gas bereitet und den Gasometern zu-
geführt. Was folgt daraus? Steigen. Wann erreichen sie wieder
ihren höchsten Stand? —
Wie lange werden die Steinkohlen in den Retorten geglüht?
Über 4 Stunden. Dann werden die Retorten geöffnet und ein Ar-
beiter zieht mit einem langen eisernen Haken die glühenden Kohlen
heraus, die sofort mit Wasser begossen werden. Diese Überreste von
den Steinkohlen nennt man Koks. Wozu benutzt man ihn? —
Koks ist ein vorzügliches Brennmaterial.
III. Wie das Gas von der Gasanstalt brs zu uns kommt. Auf
welche Weise bekommen wir nun das Gas von der Gasanstalt in
unsere Häuser? Aus dem Gasometer führt ein dickes Hauptrohr
in die Stadt. Ihr könnt es allerdings nicht sehen. Weshalb nicht?
Liegt in der Erde. An einer Stelle ist es aber doch sichtbar. Wo
denn? Neben der Brücke, die über die Oker führt. Zeige, wie dick
das Rohr hier ist! — An ^dieses Hauptrohr schließen sich schwächere
Rohre, welche die ganze Stadt, jede einzelne Straße durchziehen.
Womit sind alle diese Rohre angefüllt? Gas. Woher ist es ge-
kommen? — Wie bekommen wir das Gas aber in unsere Häuser?
Von dem Rohre, welches in der Straße liegt, gehen wieder dünne
Rohre nach jeder Straßenlaterne, nach jedem Hause, in die Etagen,
Stuben, Kammern und Küchen. Das Ende jeder Röhre muß fest
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. Ig
— 466 —
verschlossen werden. Weshalb? Womit werden die Rohre ver-
schlössen? Hahn. Wann nur öffnet man den Hahn? Wenn das
Gas angezündet werden soll.
IV. Wieviel das Gas kostet. Die beiden Gasanstalten hat der
Magistrat der Stadt Braunschweig bauen lassen und zwar von den
Steuern, die eure Eltern bezahlen müssen. Wem gehören deshalb
die Gasanstalten? Stadt. Darum nennt man sie auch die städtische
Gasanstalten. Auch jetzt verursachen die Gasanstalten der Stadt
täglich hohe Kosten. Wodurch? Tag und Nacht müssen viele Ar-
beiter in der Gasanstalt tätig sein; die Rohre der Gasleitung müssen
erneuert werden; große Mengen Kohlen mutz die Stadt kaufen.
Wozu? — Im Sommer werden täglich — Zentner Kohlen, an
Wintertagen etwa — Zentner Steinkohlen in der Gasanstalt ver-
braucht. Deshalb erhalten wir das Gas nicht umsonst, sondern
müssen Geld dafür bezahlen. Ein Kubikmeter Gas kostet 14 Pf.
Woher weiß die Stadt, wieviel Gas eine Familie verbraucht? Jede
Familie hat im Keller oder in der Wohnung eine große Uhr, durch
die das Gas hindurchgeht — Gasuhr. Diese zeigt genau an, wieviel
Gas eine Familie verbraucht.
V. Gefährlichkeit des Gases. Wenn ich den Hahn am Gasrohr
öffne, dann strömt das Gas aus. Wer hat das ausgeströmte Gas
schon gesehen? Das Gas kann man nicht sehen, es ist unsichtbar,
gerade wie die Luft, die Uns umgibt. (Das Gas ist -auch eine Luftart.)
Auf welche Weise kann man das Gas nur wahrnehmen? Riechen.
Wie riecht das Gas? — Das Gas hat einen unangenehmen (üblen)
Geruch. Öffne ich den Eashahn und zünde das Gas an, dann ver-
brennt es. Was geschieht aber, wenn ich es nicht anzünde? Sammelt
sich im Zimmer an. Menschen oder Tiere, welche sich in einem
solchen Zimmer aufhalten und das Gas längere Zeit einatmen,
müssen sterben. Das Gas ist sehr giftig. Ihr habt gewiß schon die
Kerzen am Weihnachtsbaume angezündet. Wenn ihr ein brennendes
Streichholz an die Kerze haltet, dann dauert es ein Weilchen, bis
sie brennt. Wie ist es in dieser Beziehung mit dem Gase? — Das
Gas entzündet sich sehr leicht. Deshalb darf man ein mit Gas
angefülltes Zimmer nicht mit einem brennenden Lichte betreten oder
ein Streichholz darin anzünden. Weshalb nicht? Das Gas entzündet
sich mit großem Knall, — es explodiert. Ausmalung der Folgen
einer Explosion! Geht also vorsichtig mit dem Gase um! Was müßt
ihr vermeiden? —
VI. Geschichtliches. Unsere Altvordern benutzten den Kienspan
zur Beleuchtung. Dann kamen die Wachs-, Talg- und Stearinkerzen
auf. Als man das Rüböl kennen lernte, kam auch bald die Ol-
lampe in Gebrauch. (Sie wurde bis in die fünfziger Jahre des
19. Jahrhunderts am meisten benutzt.) Später wurde sie durch das
Petroleum verdrängt. In den Städten wendet man jetzt vielfach
Leuchtgas (zuerst 1814) und elektrisches Licht an.
467
Vor 200 Jahren und früher wurde unsere Stadt abends und
nachts nicht beleuchtet. Tiefe Dunkelheit herrschte dann in allen
Straßen. Nur wenn der liebe Mond^ein Licht über die Erde ausgoß,
konnte man seinen Weg finden. Sobald die Dunkelheit eintrat,
wurde geläutet. Wer dann noch auf der Straße zu tun hatte, mußte
mit einer Handlaterne versehen sein; reiche Leute ließen sich diese vor-
antragen.
Die nächtliche Beleuchtung unserer Stadt wurde durch Herzog
Raxl I. (im Jahre 1765) angeordnet. Sie bestand anfangs aus
kleinen dreieckigen Laternen, welche man hin und wieder an den
Häusern befestigt hatte. Später (im Anfange des vorigen Jahr-
Hunderts) ersetzte man diese durch große (fast meterhohe) Laternen,
welche an eisernen Letten hingen, die quer über die Straße gespannt
waren. ,,Die Lampen hingen mitten herab. Das Licht derselben
brannte nicht immer gleichmäßig fort; es mußte öfters geputzt wer-
den: der Docht ließ Funken fallen, und die Flamme verlöschte bei
heftigem Winde. Bei dichtem Nebel konnte das Lampenlicht nicht
durchdringen und erhellte ganz ungenügend die Dunkelheit. Das
Anzünden nahm viel Zeit in Anspruch. Da mußte der Laternen-
putzer auf der Seite das an einem Hause angebrachte Holzkästchen
erst aufschließen, dann begann die Leierei, um die Laterne herunter-
zulassen; dadurch wurde der Verkehr auf der Straße gesperrt. Hier-
auf bemühte sich der Laternenwärter, sie in Brand zu setzen, und
wenn ihm dies gelungen war, begann er von neuem die Laterne
in die Höhe zu winden" (Freitag). Diese zeitraubenden Arbeiten
waren nicht mehr nötig, als in unserer Stadt vor über 50 Jahren
— 468 —
(1854) die Gasbeleuchtung eingeführt wurde. Die ersten Gaslaternen
brannten am Bohlwege vor dem Herzoglichen Residenzschlosse. Das
war ein Ereignis für die ganze Stadt, und der weite Schloßplatz
und der Bohlweg waren dicht mit Menschen besetzt, die alle das
Licht sehen wollten, „das ohne Ol und Docht" brenne. Im Jahre
1906 gab es in Braunschweig 2670 öffentliche Laternen. Wann
werden sie angezündet? — Wie lange brennen sie? —
„Seitdem die Straßen durch Gas erleuchtet werden, wagen
die Diebe nicht so leicht einen Einbruch*); es kommen auch weniger
Unglücksfälle vor: die Fuhrwerke und Leute verkehren auf den er-
hellten Straßen ebenso sicher und bequem wie am Tage."
*) In früheren Zeiten (schon im Jahre 1263) mußten die Hausbesitzer
für die Erhaltung der nächtlichen Sicherheit durch die Nachtwächter eine Steuer,
die sogenannten Wachtpfennige, entrichten. Die Anzahl der Wächter betrug in
der Altstadt 6, im Hagen und in der Altewiek je 4, in der Neustadt 3 und im
Sack 2. Diese für die damalige Zeit verhältnismäßig große Zahl von 19 Wäch-
tern erklärt sich durch die fehlende Straßenbeleuchtung — die erst 1765 einge-
führt wurde —, das Recht des Waffentragens, das dem Bürger zustand und
die unruhige Zeit überhaupt. Daher kamen Morde, Diebstähle und Zusammen-
rottungen sehr häufig vor, ohne daß es gelang, das Gesindel abzufassen, da
dieses bei der nächtlichen Dunkelheit unschwer entwischen konnte. Jeder dieser
Nachtwächter erhielt jährlich 40 Schillinge; der die Aufsicht über die Wächter
führende „Kurwächter" bekam 50 Schillinge. — Nach der Unterwerfung Braun-
schweigs int Jahre 1671 wurde die Selbständigkeit der einzelnen Weichbilder
aufgehoben und man glaubte auch mit weniger Nachtschutzpersonal auszukommen.
So waren im Jahre 1750 hier für das ganze Stadtgebiet nur 13 Nachtwächter
von der Polizei angenommen, die den Namen „Nachtrufer" führten. Diese be-
kamen vierteljährlich zwei Taler 18 Mariengroschen und zu Weihnachten einen
Taler für ein Paar Schuhe. Die Nachtrufer, deren Ausrüstung in einer Pike und
einem Horn bestand, mußten im Sommer von 10 Uhr abends bis 4 Uhr Borgens,
im Winter von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens, alle Stunden ordentlich
abrufen und abblasen. Das Unterlassen dieses Stundenabblasens und -abrufens
wurde streng bestraft. — Im Jahre 1763 wurde den 13 Nachtwächtern aufge-
geben, daneben alle Stunden „abzusingen". Nach der Gesangbuchmelodie „Werde
munter mein Eemüte" sollten sie singen:
„Höret ihr Herren und lasset euch sagen,
Wie es jetze ist an der Zeit,
Daß die Glocke hat (11) geschlagen,
Wachet und seyd stets bereit.
Bewahret euer Feuer und euer Licht,
Daß dadurch kein Schade geschicht.
So darf sich Niemand beschweren,
Lobet alle Gott den Herrn."
Diese Sitte wurde aber bald der Anlaß zu allerhand Schabernack, den Nacht-
schwärmer mit den nächtlichen Hütern der öffentlichen Ordnung sich erlaubten.
Dahin gehörte das Nachplärren des Gesanges durch die aus den Bierstuben Heim-
kehrenden und das Unterbrechen des Gesanges durch allerlei Zurufe. Herzog
Karl erließ deshalb unterm 12. März 1772 die nachstehende Verordnung:
„Nachdem bemerkt worden, daß das Singen geistlicher Lieder, welches die Nacht-
Wächter auf den Straßen verrichten, öfters mehr zum Misbrauch und ärgerlichen
Eespötte als zur Erbauung und Andacht Gelegenheit gibt, so habet ihr die Ver-
fügung zu machen, daß die Nachtwächtei, wenn sie nicht ausdrücklich zum
Singen geistlicher Lieder gefordert werden, solche weder in noch vor den Häusern
anderer Leute, wann sie aber expreß dazu verlanget werden, nur in den Häusern
— 469 —
30. Unsere Soldaten.
I. Wer Soldat werden muh. In diesen Tagen habt ihr fast
immer Soldaten gespielt. Weshalb habt ihr gerade dieses Spiel ge-
wählt? Weil jetzt so viele Soldaten in B. sind. Wie geht das zu?
Jetzt ist Manöver. Die Soldaten sind hier einquartiert. Wir haben
auch einen Soldaten bekommen. Wir haben sogar zwei Soldaten.
Bei uns sind sie mit Musik vorbeigezogen^ Was habt ihr sonst noch
gesehen? Soldaten zu Pferde. Ich habe Soldaten gesehen, die saßen
aus Kanonen. Vor die Kanonen waren sechs Pferde gespannt usw.
Habt ihr euch die Soldaten ordentlich angesehen? Dann wollen
wir heute von ihnen sprechen.
Bis jetzt habt ihr nur Soldaten „gespielt"; ihr wollt doch
aber auch einmal „wirkliche" Soldaten werden. Das dauert aller-
dings noch ein Weilchen. Wessen Bruder muß Soldat werden? —
Wie alt ist dein Bruder? 20 Jahre. So alt müßt ihr auch erst sein,
ehe ihr Soldat werden könnt. In dem Jahre, in welchem ihr das
20. Lebensjahr vollendet, werdet ihr von der Polizei aufgefordert,
euch zur Musterung zu stellen. Ihr werdet gemustert, d. h. unter-
sucht, ob ihr zum Kriegsdienst tauglich („dienstfähig") seid. Wer
untersucht bei der Musterung die jungen Leute? Arzt — Militärarzt.
Weshalb werden die jungen Leute untersucht? Ob sie gesund sind.
Was für Leute werden nur Soldat? Gesunde. Wer gesund ist,
muß auch Soldat werden. Jeder gesunde Jüngling muh im 20. Le-
bensjahre Soldat werden. Man sagt auch, er muß „dienen".
(Manche junge Leute widmen sich freiwillig, noch vor der gesetzlichen
Zeit, dem Militärstande. Knaben gehen auf eine Anteroffizierschule
oder in ein Kadettenhaus.)
II. Dauer der Militärzeit. Einige Monate nach der Musterung
müssen sich die dienstfähigen jungen Leute (Militärdienstpflichtigen)
in den Kasernen einfinden. Hier bekommen sie zuerst Soldatenklei-
dung, — eine Uniform. Wie nennt man die jungen (erst eingetrete-
nen) Soldaten? Rekruten. („Büblein wirst du ein Rekrut, merk' dir
dieses Liedlein gut" usw.) Wessen Bruder ist schon Soldat gewesen?
— Wie lange hat er gedient? 3 Jahre. Dein Bruder? 2 Jahre.
derjenigen, die es verlangen, absingen." Neben diesen amtlich bestellten Nacht-
Wächtern — deren es im Jahre 1790 hier 24 gab — hatten nun aber die Haus-
besitzer an denjenigen Straßen, die besonders unter Diebereien und Unsicherheit
zu leiden hatten, aus eigenem Vermögen Prwatnachtwächter angenommen, die
statt des Hornes mit einer „Schnurre" ausgerüstet waren und die daher den
Namen „Schnurrewächter" führten. Sie mutzten halbstündlich die Zeit ab-
rufen und mit dieser Schnurre das Zeichen ihrer Wachsamkeit geben. Diese
Instrumente müssen aber ein solches Geräusch gemacht haben, daß sich die An-
wohner benachbarter Straßen darüber beim Polizei-Departement mit der Be-
gründung "beschwerten, daß sie nicht schlafen könnten. Die Beschwerdeführer
werden aber damit^wenig Glück gehabt haben, denn es wurde weiter geschnurrt
und uoch um die Jahrhundertwende werden solche Schnurrwächter erwähnt.
(Brschw. Landeszeitung.)
— 470 —
Junge Leute, welche auf höheren Schulen fleißig gelernt haben oder
ausnahmsweise Tüchtiges in ihrem Handwerke leisten, brauchen sogar
nur ein Jahr zu dienen. Das sind die Einjährigen (Einjährig-Frei-
willigen.) Woran sind "dieselben äußerlich zu erkennen? — Die (ge-
meinen) Soldaten müssen ein, zwei oder drei Jahre dienen. Bei ihrem
Eintritt müssen alle Soldaten ihrem Landesherrn (Herzog, Groß-
herzog usw.) Treue schwören, sie müssen den Fahneneid leisten. (Es
gibt auch Soldaten, welche ihr ganzes Leben lang dienen. Welche
sind das? Offiziere usw. Wie lange dienen manche Unteroffiziere?—)
Von Zeit zu Zeit werden die schon entlassenen Soldaten wieder
zur Fahne berufen, um militärische Übungen zu machen.
III. Truppengattungen. Die meisten Soldaten in B. gehen
immer zu Fuß; man nennt sie die Fußsoldaten oder die Infanterie.
Erfragen! — Wessen Bruder dient bei der Infanterie? — Dein
Bruder ist ein Infanterist. Was bedeutet dieses Wort? — (Schwere
Infanterie: Grenadiere, Musketiere, Füsiliere; leichte Infanterie:
Jäger und Schützen.) Manche Soldaten reiten auf Pferden. Diese
bilden die Reiterei oder die Kavallerie. Erfragen! — Wessen Bruder
dient bei der Kavallerie? — Deshalb ist er ein Kavallerist. Was
bedeutet dieses Wort? — Unsere Kavallerie besteht nur aus Hu-
saren. (Schwere Kavallerie: Kürassiere und Ulanen; leichte Ka-
vallerie: Husaren und Dragoner.) Die Soldaten, welche die Kanonen
zu bedienen haben, bilden die Artillerie. Erfragen! — Wer bei der
Artillerie dient, ist ein Artillerist (Geschützsoldat, Kanonier). In
unserer Stadt gibt es keine Artillerie. Diese ist in unserer Nachbar-
stadt Wolfenbüttel. (Feldartillerie: leichte Geschütze, nur 6- bis 12-
pfündige Geschosse; Belagerungsartillerie: 12- bis 50-Pfünder;
Festungsartillerie: die Geschütze haben meist schweres Kaliber. —<
Ähnlich ist die Küsten- und die Marineartillerie ausgerüstet.) Nun
gibt es aber auch Soldaten, welche auf großen Schiffen (Kriegs-
schiffen) dienen; das sind die Seesoldaten oder Marinesoldaten. Er-
fragen! — Zusammenfassung: Es gibt Fußsoldaten, Reiter, Kano--
niere und Seefoldaten. Gebrauche die fremden Ausdrücke dafür! —
Diese zusammen bilden das Militär. Unser Militär gliedert sich in
Fußsoldaten usw. Sämtliche Soldaten, die in Braunschweig liegen,
nennt man die Besatzung oder die Garnison. Braunschweig ist deshalb
eine Earnisonstadt. Aber noch in anderen Städten ,,liegen" Soldaten.
Nennt Städte, in denen Soldaten liegen! Was für eine Stadt ist
Wolfenbüttel deshalb? — Nennt andere Earnisonstädte!
IV. Bekleidung und Bewaffnung. Wodurch unterscheiden sich
die Soldaten von anderen Leuten? Sie tragen eine bestimmte Klei-
dung. Wie heißt die Kleidung der Soldaten? Uniform. Die Sol-
daten tragen eine Uniform. Welche Leute tragen auch eine Uniform?
Polizisten (Schutzleute), Feuerwehr usw.
Was trägt der Soldat an seiner linken Seite? Säbel. Was
macht der Soldat mit dem Säbel? Wehrt sich damit. Deshalb ist
der Säbel eine Waffe. Weshalb ist der Säbel eine Waffe? — Was
— 471 —
trägt der Soldat auf der linken Schulter? Geroehr. Was macht
der Soldat mit dem Gewehr? Schießt damit den Feind tot. Was
ist deshalb auch das Gewehr? Waffe. Weshalb? — Wer kennt
noch eine andere Waffe der Soldaten? Die Soldaten tragen Waffen.
Die Uniform und die Waffen kauft sich der Soldat nicht selbst.
Von wem erhält er sie? Der Soldat erhält seine Uniform und
seine Waffen vom Staate. Was erhält er außerdem noch vom
Staate? Wohnung, Nahrung, Löhnung (täglich 22 Pfennig).
1. Die Infanterie. Unsere Infanteristen tragen: eine Mütze
mit roten Streifen (und einer Kokarde) oder einen Helm (Pickel
Haube. Der Adler vorn am Helm hat ausgebreitete Flügel und einen
Stern); einen kurzen, blauen Rock mit rotem Kragen, roten Auf-
schlagen an den Ärmeln, weißen Achselklappen (auf denen ein W
steht) und blanken Knöpfen; schwarze Beinkleider mit einem roten
Streifen an jeder Seite. Dann haben sie auch noch einen langen,
grauen Mantel. Wann ziehen sie den Mantel an? —
Welche Waffe hat der Infanterist fast immer bei sich? Den
Säbel oder das Seitengewehr. Nenne die Hauptteile des Säbels!
Womit wird er am Körper befestigt? Riemen (Koppel). Der
Riemen wird vorn mit einer blanken Schnalle geschlossen. Wozu
dient der Säbel? Zum Hauen. Der Säbel kann aber auf das
Gewehr gesteckt werden. Was macht der Infanterist dann damit?
Sticht damit. Welche Waffe trägt er nur im Dienste? Gewehr.
Wo wird es getragen? Auf der linken Schulter. Wozu dient das
Gewehr? Zum Schießen. (Der Säbel ist eine Hieb-, das Gewehr
eine Schußwaffe.) Sonstige Ausrüstungsstücke i Patronentaschen, Tor-
nister, leinener Brotbeutel. Zweck dieser Sachen! —
2. Die Kavallerie. Unsere Kavallerie besteht nur aus Hu-
saren. Husaren habt ihr schon oft gesehen. Sie tragen eine Mütze
mit gelben Streifen oder eine Pelzmütze mit dem Totenkopf (bei
der Parade auch noch einen Haarbusch). Die schwarze Jacke ist mit
gelben Schnüren und blanken (Knebel-)Knöpfen besetzt. Was weißt
du von den Beinkleidern der Husaren?? Dunkelblau, eng, mit gelben
Borten besetzt, werden meistens in den langen Stulpenstiefeln ge-
tragen. Was ist euch an den Stiefeln der Husaren besonders aufge-
fallen? Sporen. Wozu dienen die Sporen? —
Womit sind unsere Husaren bewaffnet? Säbel. Vergleiche den
Säbel des Husaren mit dem des Infanteristen! Husaren haben einen
langen, krummen Säbel. Wozu brauchen sie den Säbel? Hauen.
Welches ist aber die gefährlichste Waffe der Husaren? Lanze. Be-
schreibt die Lanze! Langer Schaft, vorn spitz. Was flattert vorn an
der Lanze? Fahne — Lanzenfähnchen. Die Lanzenfähnchen haben
unsere Landesfarben. Welche also? Blau, gelb. Wann muß der
Husar die Lanze gebrauchen? Im Kriege. Was tut er damit? (Die
Lanze ist eine Stichwaffe.) Wiederhole die beiden Waffen des Hu-
saren! Unsere Husaren sind mit einem langen, krummen Säbel und
mit einer Lanze bewaffnet.
— 472 —
3. Die Artillerie. Artilleristen seht ihr nicht oft in B. Wes-
halb nicht? Sind in Wolfenbüttel. Die Uniform der Artilleristen
gleicht der der Infanteristen, nur tragen und Ärmelaufschläge haben
eine schwarze Farbe. Die weißen Achselklappen tragen die (Regi-
ments-)Nummer 46 und eine Granate. Der Helm hat keine Spitze,
sondern eine Kugel. Gürtel: weiß.
Waffen: Langer, krummer Säbel und Kanone. Hier zeige ich
euch eine ganz kleine Kanone (Kinderspielzeug). Zeige, wie groß
die Kanonen der Soldaten sind! — Worauf ist das große, metallene
Rohr befestigt? Auf einem Gestell mit zwei Rädern. Die Kanonen
werden von 4, oft auch von mehr Pferden gezogen. Wann werden
mehr als 4 Pferde davor gespannt? Wenn sie groß und schwer sind.
V. Rangordnungen. Unter den Soldaten ist nicht einer so viel
wie der andere. Die gewöhnlichen Soldaten heißen Gemeine. Dann
kommen die Gefreiten. Über ihnen stehen die Unteroffiziere (Unter-
offizier, Sergeant, Feldwebel) und die Offiziere (Leutnant, Haupt-
mann, Major, Oberst, General). Einige Erkennungszeichen! —
Unteroffiziere und Offiziere sind die Vorgesetzten der Soldaten.
VI. Was der Soldat lernen muh. Wer es gut mit uns meint,
ist unser Freund, wer uns etwas zuleide tun will, ist unser Feind.
Auch die Völker können Freunde oder Feinde sein. Welches Volk ist
uns freund? — Welches feind? — Die Franzosen hassen uns noch
immer und warten nur eine Gelegenheit ab, mit den Waffen in der
Hand in unser Land einzudringen, unsere Städte und Dörfer zu zer-
stören, die Einwohner und unseren Landesherrn zu vertreiben oder
als Gefangene wegzuführen. Ob wir Deutsche uns das ruhig gefallen
lassen? •— Was tun wir? Wehren, verteidigen uns. Es kommt
zwischen uns und dem feindlichen Volke zum Krieg. Nicht alle Deut-
schen ziehen in den Krieg. Wer nur? Unsere Soldaten. Aber nicht
nur die Soldaten in Braunschweig, sondern die des ganzen deutschen
Landes. Was tun sie? Kämpfen gegen den Feind, suchen ihn zu be-
siegen, in die Flucht zu schlagen, gefangenzunehmen. Die Soldaten
beschützen unser Vaterland vor den ^Feinden.
Die jungen, erst eingetretenen Soldaten (Rekruten) verstehen es
noch nicht, gegen den Feind zu kämpfen. Das müssen sie erst lernen.
Ihr habt schon oft vor der Kaserne gestanden und den Soldaten zu-
geschaut. Wo befanden sich die Soldaten? Auf dem Kasernenhofe.
Was mußten sie dort machen? Marschieren, turnen, fechten. Die
Soldaten (Rekruten) müssen auf dem Kasernenhofe alle Tage mar-
schieren, turnen und fechten. Wo exerzieren sie auch oft? Auf dem
kleinen und großen Exerzierplätze. Manchmal ziehen die Soldaten
auch hinaus nach dem Nußberg oder nach der Buchhorst. Dort
schießen sie nach Scheiben. Worin müssen sich die Soldaten also auch
noch üben? Die Soldaten müssen sich im Schiehen üben. Weshalb
muß der Soldat schießen können? —
Ihr habt gewiß schon gesehen, daß vor dem Schlosse immer
(sogar des Nachts) ein Soldat mit seinem Gewehr steht (auf und
— 473 —
ab geht). Weshalb steht der Soldat dort? — Wir sagen: Der
Soldat muh Wache stehen. Wo steht noch eine Wache? Vor der
Burg Dankwarderode, vor der Kaserne usw. Bei schlechtem Wetter
stellt sich der Soldat in ein kleines Haus, — Schilderhaus. Ich
zeichne euch ein Schilderhaus an die Wandtafel. So sieht es aus.
Welche Farben hat es? Landesfarben.
Zusammenfassung! — Was müssen die Kavalleristen lernen? —
Die Artilleristen? —
VII. Manöver. Wenn unsere Soldaten nun tüchtig marschieren,
schießen und fechten können, dann beginnen die Übungen im Kriegs-
spiel, die ihr in diesen Tagen so oft gesehen habt. Wie nennt man
diese Kriegsspiele? Manöver. Unsere Soldaten kämpfen gegen die
Soldaten aus anderen Städten, die den Feind vorstellen. Heute
morgen früh zogen unsere Soldaten aus und suchten den Feind auf.
Zuerst marschierten sie noch auf den Chausseen. Als sie aber in die
Nähe des Feindes kamen, gings quer über Wiesen und Felder,
immer dem Feinde entgegen. Als sie nahe genug an ihn herange-
kommen roaren, legte sich die Infanterie in langen Reihen auf die
Erde nud schoß auf den Feind. Die Artillerie fuhr ihre Kanonen
auf einen Hügel und feuerte ebenfalls. Die Feinde erwiderten natür-
lich das Feuer (schössen auch). Das Knattern der Gewehre und
den Donner der Kanonen konnte man in unserer Stadt Hören. Immer
näher rückten die Kämpfer. Die Infanteristen steckten ihre Säbel
auf ihre Gewehre und mit Hurra stürmten sie auf den Feind los.
Die Reiter kamen angesprengt und hieben mit den Säbeln drein.
Endlich ist der Feind besiegt und muß fliehen. Die Reiterei verfolgt
ihn, um ihn ganz zu vernichten oder gefangen zu nehmen. Nun
ist die Schlacht aus. Es ist nur gut, daß die Soldaten im Manöver
trotz des vielen Schießens nicht totgeschossen werden. Wie geht das
zu? Die Gewehre und Kanonen werden nur mit Pulver, nicht mit
Kugeln geladen.
Nach der Schlacht ziehen unsere und auch die fremden Soldaten
in unsere Stadt ein. Die Musik spielt einen lustigen Marsch. Aus
allen Häusern kommen die Leute, und nicht zuletzt die Kinder. Sie
wollen die einziehenden Krieger sehen. Aber wie sehen diese aus!
Fingerdick liegt der Staub auf ihrer Uniform. Immer neue Abtei-
lungen marschieren an uns vorüber, der Zug scheint gar kein Ende
nehmen zu wollen. Jetzt kommen die Kanonen angerasselt. Jede
ist mit sechs Pferden bespannt. Auf den Pferden und auf den Ka-
nonen sitzen die Artilleristen. Zuletzt kommen die Reiter mit ihren
Lanze?: und Lanzenfähnchen. Alle Kinder lausen hinterdrein.
Für die fremden Soldaten ist aber kein Raum in unseren Ka-
sernen, sie werden deshalb in der Stadt bei den Bürgern unter-
gebracht, — einquartiert. Die Bürger bekommen Einquartierung.
Jeder fremder Soldat erhält einen Zettel, auf dem Name und Woh-
nung seines Quartierwirtes angegeben ist. Kaum hat er den Zettel
in der Hand, dann springen schon 4, 5 Knaben herbei, um ihm den
— 474 —
Weg zu zeigen, ihn zu führen. Weshalb ist das nötig? Bis vor
die Haustür bringen sie den Mann. Dann sehen sie zu, ob sie
noch andere Soldaten führen können.
Der Soldat freut sich, wenn er sich nach den Anstrengungen
des Tages in seinem Quartier ausruhen kann. Freundlich wird er
dort aufgenommen. Die Mutter wußte, daß sie Einquartierung
bekam und hat deshalb schon ein schönes Abendessen zurechtgemacht.
Nachdem sich der Soldat tüchtig gewaschen und sein Zeug abgebürstet
hat, setzt er sich mit der Familie zu Tisch und läßt sich sein Beafsteak
gut schmecken. Hatte der aber Appetit! Trotzdem nötigen Vater
und Mutter immer wieder zum Essen. Was sagt er wohl? — Zu-
letzt holt der Vater Zigarren und Bier herbei, und dann plaudern
sie vom Manöver.
In der Manöverzeit kommen die Soldaten aber nicht immer
abends in Quartiere. Sehr oft müssen sie in der Nacht auf dem
Felde bleiben. Sie schlagen dann Zelte auf und schlafen darin. Das
nennt man ein Biwak. Erfragen! — Wer hat schon ein Biwak ge-
sehen? — Erzähle davon! —
VIII. Geschichtliches. In alten Zeiten, als Braunschweig noch
mit Gräben, Mauern und Wällen umgeben (eine Festung) war,
gab es noch keinen eigentlichen Soldatenstand. Jeder Bürger war
verpflichtet, nicht nur seinen Wohnort, sondern auch sein Vaterland
zu verteidigen. (Bürg er wehr.) Gewöhnlich traten die Männer,
die in einem Handwerk oder in ein und derselben Kunst tätig waren,
zu einem Heerhaufen (Gilde) zusammen. Die Waffen mußte sich
jeder selbst halten. Als man das Schießpulver noch nicht kannte,
focht man mit Schwert, Alt, Spieß und schoß mit Armbrüsten. Nach
der Erfindung des Schießpulvers aber kamen Büchsen und Kanonen
in Gebrauch. Zur Aufbewahrung der Waffen diente das Zeughaus.
Darnach kam die Zeit, in der es Sitte wurde, daß nur gewisse Leute
für Lohn, der Sold genannt wurde, sich dem Waffenhandwerk wid-
meten. Diese Leute nannte man deshalb Söldner, woraus die Be-
zeichnung Soldaten entstand. Der Befehlshaber der Söldner war
der Stadthauptmann. Die Bürger der Stadt beschäftigten sich von
da ab nur noch zur Erholung und zum Vergnügen mit den Waffen,
es bildeten sich sogenannte Schützengesellschaften. Hier in Braun-
schweig bildete sich 1441 eine Schützengesellschaft, welche in jedem
Jahre auf dem Platze „An der Masch" ihr Schützenfest feierte.
Die Schützen schössen in einer bestimmten Reihenfolge nach einem
großen (2 m hohen), hölzernen Vogel. (Vogelschiehen.) Derjenige
Schütze, welcher das letzte Stück des Vogels, den Rumpf, herunter-
schoß, wurde als König betrachtet und sehr geehrt. Das Vogel-
schießen wurde nach 5 Iahren (1446) in ein Scheibenschießen um-
gewandelt. Nach dem Platze, auf dem das Schützenfest abgehalten
wurde, nannten es alle Leute „die Masch". Wo wird die Masch
heute gefeiert? — Wer ist schon auf dem Schützenplatze gewesen?
— 475 —
— Erzählt, wie das Fest heute gefeiert wird! — In früheren Zeiten
hatte das Schützenfest eine viel größere Bedeutung und wurde viel
geräuschvoller begangen als heutzutage.*)
31. Aus Vraunschweigs Festungszeit.
Wir sprechen davon, wie der Herzog Heinrich der Löwe aus der
offenen Stadt Braunschweig eine Festung machte.
I. Die inneren Festungswerke. 1. Die Stadtmauer. Vor vielen,
vielen (über 700) Jahren sah Braunschweig ganz anders aus als
heute. Die Straßen und Häuser, die jetzt vor den Toren liegen, gab
es damals noch nicht. Von Braunschweig war nichts weiter da, als
die Innenstadt, und die sah auch ganz anders aus als heute. Sie
bestand nämlich aus fünf kleinen Ortschaften, die durch weite, öde
Flächen voneinander getrennt waren. In jener Zeit kam es nun
häufig vor, daß Feinde (Fürsten, Ritter, die Bewohner anderer
Städte) ganz plötzlich in unser Land und in unsere Stadt einfielen.
Sie raubten, plünderten, mordeten, brannten die Häuser nieder usw.
Unserm Herzoge, Heinrich dem Löwen, von dem ich euch schon oft
erzählt habe, wollten die Feinde sogar das ganze Land wegnehmen
(entreißen). Sie konnten auch sehr leicht in die Stadt Braun-
schweig hineinkommen, denn von allen Seiten führten Straßen hin-
ein, die nicht gesperrt werden konnten. Braunschweig war (gerade wie
heute) eine offene Stadt.
*) Welchen Anteil Vraunschweigs Jugend an dem Schützenfeste in früheren
Zeiten nahm, das ersieht man aus einer auf des Herzogs Befehl vom Magistrat
zu Braunschweig unterm 13. Mai 1766 erlassenen Verordnung. Diese lautet:
„Das Granaten- und Schwermerwerfen, sowohl von den Sitzen als überhaupt
auf der Masch und denen Environs, vor sämmtlichen Thoren ist bey 50 Mfl.
Strafe verboten. Wer diese Strafe binnen 6 Tagen nicht erlegen kann, wird
dem Befinden nach mit Gefängnis, auch der Verkäufer der Granaten und
Schwermer dem Befinden nach, nachdrücklich bestraft. Am dritten Tage des
Königsschießens, und besonders des Nachmittags von 1 Uhr an, sollen die ohne
Aufsicht herumlaufende Knaben von der Schützenmasch weggewiesen, und denen-
selben dadurch die Gelegenheit zum Lermen, Schreyen, Schwermerwerfen und
Schieten aus Schlüsselbüchsen, benommen werden. Sollten dieselben auf Befehl
der Schützenherren nicht weichen wollen; so sollen die Widerspenstigen mit
Hülfe der obrigkeitlichen Unterbediente arretiert, und zur Bestrafung ans Rath-
haus geliefert werden, weshalb Eltern, Lehrmeister und Vormünder ermahnt
werden, ihre Kinder, Lehrlinge und Pflegebefohlene, besonders an diesem Tage
in ihren Häusern zu behalten, und sich dadurch vor Schimpf und Verantwortung,
auch wohl Ersetzung des Schadens, welcher durch den ausser Aufsicht gelassenen
Knaben bewirkt worden, zu bewahren. Alles Plackern und Schichen allenthalben
vor den Thoren, bleibt bey 10 Rthl. Strafe verboten: und wie darüber Be-
schwerde eingegangen, daß dem Bleicher auf der Neustadtmasch das Linnen und
Garn nicht wenig durch die Hände derjenigen verdorben werde, welche sich des
Weges über die Elacis nach dem Schützenhause bedienen, auch solche wohl
gar aus Muthwillen die Hunde darüber hetzen, so wird hiemit, ausser Ersetzung
des Schadens, wie sich ohnehin verstehet, bei 6 Mfl. Strafe verboten, einen
Äund gedachten Weges los mit sich zu führen, welche Strafe in wiederholten
Fall verdoppelt, und der Hund an den Abdecker überdas geliefert werden soll."
— 476 —
Gegen diese feindlichen Einfälle wollte der Herzog seine Stadt
schützen. Wie konnte er das? — — Wenn die Türen, welche von
der Straße auf unseren Schulhof führen, geschlossen sind, kann so
leicht niemand auf den Hof gelangen. Weshalb nicht? Der Hof ist
mit einer Mauer .umgeben. Weshalb hat man um den Schulhof
eine Mauer gebaut? — Auf welche Weise mag wohl Heinrich
der Löwe unsere Stadt gegen feindliche Einfälle geschützt haben? Ja,
er ließ um die Stadt eine Mauer bauen, die ungefähr 5 m hoch und
1 m dick war. Wie nannte man diese Mauer, weil sie um die Stadt
gebaut war? Stadtmauer. Weshalb ließ Heinrich d. L. diese Mauer
um die Stadt bauen? —
2. Der Stadtgraben. Was mußten die Feinde tun, wenn sie
jetzt in die Stadt wollten? Über die Mauer klettern. Damit nun
die Feinde nicht dicht an die Stadtmauer herankommen konnten,
ließ er an ihrer Außenseite noch einen Graben anlegen, der ungefähr
6 m breit und ziemlich tief war. In diesen Graben leitete man das
Wasser der Oker. Welchen Namen erhielt der Graben, weil er um die
ganze Stadt ging? Stadtgraben. Weshalb ließ der Herzog den
Stadtgraben anlegen? Damit die Feinde nicht so leicht in die Stadt
kommen konnten. Von dem Graben, den der Herzog anlegen ließ,
ist heute nicht einmal die Hälfte mehr vorhanden. Was davon
noch zu sehen ist, zeige ich euch jetzt auf dem Plane! (Geschieh!)
Wo beginnt das noch vorhandene Stück des Stadtgrabens? Am
Gieseler. Wo ist der Stadtgraben außerdem zu sehen? Hinter der
Echternstraße und dem Südklinte, hinter dem alten und neuen Petri-
tore, am neuen Wege und hinter dem Nickelnkulke. Ihr habt diese
Teile des Stadtgrabens schon alle gesehen. Was habt ihr aber gewiß
noch nicht gewußt? — Man sagt auch heute nicht mehr Stadtgraben
zu diesen Überresten; wie mennt man sie vielmehr? Oker. Wie der
Stadtgraben vom Nickelnkulke weiterzog, zeige ich euch jetzt auf dem
Plane. Ungefähr hier. (Zwischen dem Wenden- und Fallerslebertor-
wall und der Stadt, hinter der Mauernstraße, zwischen der Friesen-
straße und dem Schlosse bis in die Nähe des Ackerhofes, zwischen
dem Schlosse und der Langendammstraße, zwischen Stobenstraße und
Waisenhaus, über den Rosenhagen, über die Garnisonschule und
die Wallstraße, über die Haasesche Badeanstalt bis zum Gieseler.)
Diese Teile des Stadtgrabens sind heute fast überall zugeworfen.
Nun kamen aber die Bauern aus den Nachbardörfern häufig
nach B., um dort ihre Waren zu verkaufen. Wie kamen sie nun
über den Stadtgraben? Brücken. Was hatte man also ^ber den
Stadtgraben gebaut? — An welchen Stellen? Wo eine Straße in
die Stadt führte. Die Brücken waren alle aus Holz gebaut und so
eingerichtet, daß man das äußere Ende derselben mit Ketten in die
Höhe ziehen und wieder niederlassen konnte. Wie nannte man solche
Brücken? Zugbrücken. Wann wurden sie in die Höhe gezogen? —
Wann niedergelassen? —
— 477 -
Was mußte nun in der Stadtmauer angebracht sein, damit die
Leute auch in die Stadt gelangen konnten? Türen. An welchen
Stellen mutzte man sie anlegen? Wo eine Zugbrücke war. Wie
groß mutzten die Türen sein? Wagen fahren. Wie nennt man
Türen, durch welche man mit einem Wagen fahren kann? Tore.
Wo habt ihr alle schon Tore gesehen? Scheunen, Hofeingänge. Wie
heitzt ein Tor, welches in einen Hof führt? Hoftor. In eine Scheune?
Scheunentor. Wie wird man ein Tor nennen, welches in eine Stadt
führt? Stadttor. In der Mauer, welche die Stadt Braunschweig
umgab, befanden sich damals 10 Tore, die durch mächtige Torflügel
geschlossen werden konnten. Die meisten Stadttore kennt ihr? Welche?
— An jedem Stadttore hatte man einen starken, viereckigen Turm
gebaut, der mehrere Stockwerke hoch und mit einem schlanken Spitz-
dache versehen war. Weshalb hatte man diese Türme gebaut?
Konnte nach dem Feinde ausschauen, das Tor besser verteidigen.
Zwischen diesen Tortürmen sah man in bestimmten Entfernungen
noch 31 runde oder eckige Mauertürme. Wieviel Türme im ganzen?
41. Die Stadt Braunschweig gewährte damals mit ihren vielen
Türmen einen prächtigen Anblick.
3. Der Wall. Bei der Herstellung des Stadtgrabens hatte man
mächtige Haufen Erde ausgegraben. Wo blieb diese Erde? Man
warf sie auf die innere Seite der Stadtmauer. Diesen hohen Erd-
hausen an der Stadtmauer nannte man den Wall. Er verstärkte die
Stadtmauer und bildete einen ziemlich breiten Gang an ihrer inneren
Seite. Auf den Wall stellten sich die Soldaten (Bürger), wenn sie
die Stadt verteidigten, und da er niedriger war als die Mauer, so
standen sie dort ganz geschützt. An den Toren führten Treppen auf
den Wall.
Jetzt war Braunschweig keine offene Stadt mehr. Heinrich der
Löwe hatte B. befestigt. Wodurch? Mauer, Graben, Wall. Wie
nennt man eine Stadt, die so befestigt ist? Festung. Was war
Braunschweig also auch? Festung. Wer hatte es zur Festung ge-
macht? Sprecht: Heinrich der Löwe hatte B. zu einer Festung
gemacht. Diese Arbeit hat 14 Jahre gedauert (von 1152—1166).
Nun konnten die Bürger hinter den festen Mauern ihrer Stadt
sicher ihren friedlichen Beschäftigungen nachgehen und brauchten die
Angriffe der Feinde nicht zu fürchten.
II. Die mittleren Festungswerke. Etwa 300 Jahre später, als
man das Schietzpulver und Kanonen kannte, waren diese Festungs-
werke nicht mehr stark genug. Deshalb lietz der Rat der Stadt
außerhalb des Stadtgrabens noch einen zweiten Graben anlegen, der
mit dem ersten gleichlaufend war. Er ist noch heute vorhanden und
umfließt außerhalb der Wallpromenaden die ganze Stadt. Auf
unseren Spaziergängen haben wir seinen Lauf genau verfolgt. Zum
Unterschiede von dem Stadtgraben nennt man diesen den Umslut-
graben- Zeige den Umflutgraben auf dem Plane! Was befindet sich
jetzt zwischen Stadtgraben und Umflutgraben? Wallpromenaden.
— 478 —
Die bei der Herstellung des Umflutgrabens ausgeworfene Erde wurde
auf die heutigen Wallpromenaden geschüttet, so daß auch hier ein
hoher Erdwall [der eigentliche Hauptwall *)^ entstand. Zum Schutze
der Verteidiger war er mit einer niedrigen Mauer versehen. Nach
der Stadtseite zu war der Wall mit allerlei Bäumen, besonders mit
Walnußbäumen bepflanzt, die äußere Seite dagegen war kahl. Das
dort wachsende Gras weidete in Friedenszeiten das Vieh ab. An
den Haupttoren führte eine hölzere Brücke über den äußeren Graben.
Zu beiden Seiten der Brücke hatte man runde Bollwerke errichtet,
die, mit schweren Geschützen versehen, dazu dienten, den Übergang
über den Graben zu verteidigen. Ein mühevolles Werk war es,
diese eine Stunde im Umfang haltenden tiefen Gräben und mächtigen
Wälle herzurichten, und mehr als ein Jahrhundert, von 1350 bis
1460, arbeiteten tausend fleißige Hände an seiner Vollendung.
*) Von diesem Hauptwall sprangen dann in gewissen Entfernungen Bastio-
nen oder Bollwerke vor, große Werke in Form eines Fünfecks, deren die Festung
16 zählte«. Von der Größe dieser Bollwerke kann man sich einen Begriff machen,
wenn man hört, daß der jetzige Eaußberg noch ein Überbleibsel einer solchen
Bastion des Rudo lfsbollwerks ist! ebenso ist noch ein unscheinbarer Rest vor-
handen von der Bastion Kaiser, welche sich von der Neustadtmühle erstreckte
bis zur Inselpromenade, dem Rosental gegenüber, und deren Mittelpunkt die noch
jetzt vorhandene kleine Anhöhe vor der Wehrbrücke bildete. Auch die beiden An-
höhen ini Theaterparke nördlich (auf der das Interimstheater stand) und südlich
vom Theater verdanken ihre Entstehung dem Antons- und Ulrichs-Bollwerke.
Endlich ist noch zu erwähnen der Windmühlenberg, entstanden und etwas erhöht
nach dem Abbruche des Ehristianenbollwerks. Aber nicht nur um diese Bollwerke
allein mußte die Oker geführt werdein: zwischen je zwei Bollroerken war wieder
ein kleines vorgeschobenes Werk, ein Ravelin angeordnet, das ungefähr die Form
eines Dreiecks hatte, dessen Spitze nach außen gerichtet war; gleichsam eine Insel,
die mit der Festung nur durch eine Brücke verbunden werden konnte. Diese
Ravelins waren also ebenfalls von der Oker umflossen und gaben dem Flusse die
Windungen, wie 'er sie in wenig geänderter Form noch heute zeigt. Bei der Auf-
gäbe >der Festung ist dann entweder der von der Spitze des Ravelins durchziehende,
oder der hinter ihm durchfließende Graben verschüttet. Auch die Ravelins hatten
eine ziemlich bedeutende Größe. Ihre Lage genau nachzuweisen, sind wir nur
noch bei dreien imstande: Das Petritor-Ravelin war das jetzige Rosental, das
Neustadtmühlen-Ravelin bildet jetzt Lübbeckes Insel, und den Hauptkörper des
Ravelins am Steintore hat man in dem Berge im herzoglichen Parke zwischen
dem Museum und der Oker erhalten. Bei dem Petritor-Ravelin ist der vor dem-
selben hinziehende Ravelingraben zugeschüttet, so daß das hierdurch gewonnene
Land an das jenseitige User zu liegen kam, dagegen ist am Steintore der hinter
dem Ravelin durchziehende Hauptgraben zugeworfen und das Terrain hat den
nach der Stadt zu belegenen Parkanlagen zugelegt werden können. — Es ist nun
ein ziemlich verbreiteter Irrtum, anzunehmen, Braunschweig habe als Festung
keine oder nur wenig Außenwerke gehabt; es waren deren im Gegenteil sogar
sehr viele, wenn auch die Befestigungen nicht dermaßen waren, daß man sie als
,,Forts" im heutigen Sinne ansprechen konnte. Bei den meisten vermag man ibre
genaue Lage nicht mehr festzustellen. So war z. B. der Eiersberg mit einer starken
Befestigung versehen, und der Nußberg hatte gar fünf kleine Werke. Das Fort
St. Leonhard lag auf dem Streitberge, und auf der jetzt in Privatbesitz befind-
lichen „Eh a r lo t t en h ö h e" vor dem Augusttore erhob sich ebenfalls ein
Feldfort. Äuf der Westseite der Stadt ist nach eine Anhöhe nachzuweisen, die
ebenfalls früher stark befestigt war: der Weinberg vor dem Hohentore, auf
dem Damköhlers Ziegelei sich befindet, trug das Feldfort „Friedrich".
— 479 —
III. Die äußeren Festungswerke. In noch weiterer Entfernung
ließ der Rat (am Ende des 14. Jahrhunderts) als dritte Verteidi-
gungslinie die Landwehren anlegen. Diese bestanden aus parallel
nebeneinander herziehenden Gräben. Das zwischen denselben wall-
artig aufgeworfene Erdreich stieg mit steilen Böschungen aus den
Gräben auf und war mit Bäumen und Strauchwerk bepflanzt, um
das Hinüberreiten noch mehr zu erschweren. Die Landwehren um-
schlössen das Stadtgebiet im Umkreis von ungefähr einer Stunde
und sollten in jener fehdereichen Zeit teils das auf den städtischen
Angern weidende Vieh vor plötzlichen Überfällen sichern, teils Feinde
im raschen Vordringen gegen die Stadt aufhalten.
(Die Landwehr begann bei dem Dorfe Rüningen, zog über die
Rotenburg, hinter dem Kröppelholze her nach dem Raffturme und
von dort an dem Raffkampe entlang durch den Lammerbusch nach
Olper, das Dorf in die Befestigung einschließend. An der Oker ab-
wärts verließ sie den Fluß nicht fern von dem Dorfe Veltenhof an
dem sogenannten Heidekampe, zog über den Wendenturm durch den
Ellernbruch, an der Schlutter und Wabe entlang bis Gliesmarode
und von da hinter dem Nußberge dicht vor Riddagshausen durch
bis zum Schöppenstedterturme. Die Strecke von dort über Melve-
rode bis wieder zur Oker blieb unvollendet, angeblich, weil die
Herzöge den Bau derselben nicht zugeben wollten.)
Innerhalb der Landwehren lagen die sog. Pfahldörfer (d. h.
eingepfählten Dörfer) Olper, Lehndorf, Melverode, Rüningen und
Rühme. An den Stellen nun, wo diese Landwehren an die alten
Heerstraßen grenzten, waren zum Schutze beider festgefügte Türme
oder Bergfriede errichtet, die von Wächtern bewohnt wurden, welche
die Ein- und Ausgehenden überwachten, alles nur irgendwie Ver-
dächtige nach Braunschweig meldeten und andringende Feinde durch
Schließung der Schlagbäume für den Augenblick fernhielten. An
der Straße nach Hamburg lag der Wendenturm, nach Berlin der
Gliesmaroderturm, nach Magdeburg der Schöppenstedterturm, nach
Frankfurt der Rüninger Turm, nach Lichtenberg die Rotenburg, an
der Hildesheimerstraße lag der Raffturm und an der Straße nach
Celle der Ölperturm. Diese Türme haben lange Jahre hindurch ihrer
Bestimmung gedient, sind allerdings auch oftmals zerstört worden.
Mit dem Schleifen der Festung verloren auch diese Türme viel von
ihrer Bedeutung; sie wurden verkauft oder verpachtet und dienen seit-'
dem alle zu Schenkwirtschaftszwecken; als Ausflugsort für die Braun-
schweiger waren sie früher und sind sie auch heute noch sehr beliebt;
trotzdem ist vielleicht manchem der dort Einkehrenden der ursprüngliche
Zweck der betreffenden Türme nicht bekannt, was ja auch nicht
Wunder nehmen kann, da die Türme selbst abgetragen sind und der
Anbau von Wohnräumen, Stallungen und sonstigen Wirtschaftsge-
bäuden das Bild noch mehr verwischt hat.
IV. Belagerung. Weshalb hatte man an den Toren so hohe
^.ürme gebaut? Um den Feind beobachten zu können. Wie nannte
— 480 —
man den Mann, der den Feind beobachten mußte? Torwächter.
Wo wohnte er? Im Torturme. (Des Nachts war eine Wache
von Bürgern oder Söldnern auf den Tortürmen.) Was hatte der
Torwächter sonst noch zu tun? Tor öffnen und schließen. Wann
waren die Tore geöffnet? — Wann wurden sie geschlossen? — Der
Torwächter hatte auch den Zoll von den eingehenden Waren zu er-
heben und in die ihm übergebene Zollkiste zu stecken. Was tat der
Wärter, wenn ein Feind nahte? Er gab den Bewohnern mit seinem
Horn ein Zeichen. Dann wurde in der Stadt die Sturmglocke ge-
läutet. Die Bürger mutzten damals die Stadt selbst verteidigen, sich
auch die Waffen selbst halten (Bürgerwehr). Hörten sie nun die
Sturmglocke, dann wußten sie, daß ein Feind nahte. Schnell ergriffen
sie ihre Waffen und eilten nach dem Marktplatze. Von hier mar-
schierten sie nach den Toren. Was taten sie dort wohl zuerst?
Schlössen die Tore, zogen die Zugbrücken hoch. Dann stellten sie sich
mit ihren Waffen auf den Wall. Mit welchen Waffen kämpften die
Leute, als das Schietzpulver noch nicht bekannt war? Man kämpfte
mit Schwert, Art, Spietz und schotz mit der Armbrust. Die Armbrust
galt als Hauptmasse. Damit die Bürger, die auf dem Walle standen,
den Feind besser beobachten und beschießen konnten, waren in der
Mauer schmale, senkrechte Einschnitte angebracht. (Zeichnen!) Diese
Einschnitte nannte man Schießscharten. Erfragen! — Wozu dienten
die Schietzscharten? — (Man mache die Kinder auf die Mauer am
Parke zu Richmond aufmerksam, die auch solche Schietzscharten auf-
weist.)
Auf welche Weise suchten nun die Feinde in die Stadt zu
kommen? Durch das Tor konnten sie nicht, denn die Zugbrücke war
in die Höhe gezogen, und das Tor stark befestigt. Nun versuchten
sie die Stadtmauer zu zerstören. Mit Schleudermaschinen warfen
sie schwere Steine gegen die Mauer. Weshalb? — Führte dieses
nicht zum Ziele, so versuchten sie es mit dem Mauerbrecher. Das
ist ein festes Holzgestell, in dem an Ketten ein schwerer, eiserner Balken
hing. Kräftig zogen diesen die Krieger zurück und stießen ihn mit
voller Wucht gegen das Mauerwerk. Der Mauerbrecher mutzte
aber ganz dicht an die Mauer geschoben werden. Warum war dies
nicht möglich? Graben. Was mutzte darum vorher geschehen?
Graben ausgefüllt werden. Die Belagerer bedienten sich dabei der
Katze. Das ist ein Häuschen aus starken Brettern und Balken, das
auf Rädern fortbewegt wird. Vorne hat es ein weit vorstoßendes
Schutzdach, Darunter arbeiteten die Krieger und schoben mit langen
Haken, Balken, Holzbündel, Stroh, Steine, Erde und andere Sachen
in den Graben, bis er gefüllt war. Dann wurde der Mauerbrecher
über diesen Damm bis an die Mauer geschoben. Gelang es nicht,
die Mauer zu zerstören, dann machten die Feinde den Versuch, die
Mauer zu übersteigen. Dabei war der Velagerungsturm notwendig.
Er war aus starken Balken erbaut und hatte die Höhe der Mauer.
Oben hatte er eine Brücke, die auf die Mauer niedergelassen werden
— 481 —
konnte. Der Turm wurde neben die Mauer gerückt, die Fallbrücke
herabgelassen, und dann suchten die Feinde darüber weg in die
Stadt zu gelangen. Konnte aus solche und ähnliche Weise die Stadt
nicht eingenommen werden, so hungerte man sie aus, was oft lange
Zeit dauerte.
Wie wurden nun die feindlichen Angriffe abgewehrt? Die Ve-
lagerten schössen mit Pfeilen, warfen große Steine auf die Feinde,
gössen geschmolzenes Blei, heißes Pech und Schwefel, siedendes Ol
oder Wasser auf die Angreifer herab.
V. Schleifung der Festungswerke. So kämpften die Leute,
als sie noch kein Pulver, keine Gewehre und keine Kanonen kannten.
Womit würde man jetzt die Mauer einer Festung zerstören? — Seit
welcher Zeit können also auch die Mauern die Bewohner der Städte
nicht mehr schützen? Seitdem man die Kanonen hat. Deshalb ließ
der Herzog Karl Wilhelm Ferdinand vor über 100 Jahren (von
1796 bis 1806) die Mauern und Wälle unserer Stadt niederreißen.
An die Stella derselben traten dann die herrlichen Gärten und Spa-
ziergänge (Promenaden), die die innere Stadt wie ein grüner Kranz
umgeben. Die Gärten sind nach und nach mit schönen Häusern
(Villen) bebaut. Von der früheren Stadtmauer finden sich nur noch
wenige Spuren (an der Oker zwischen der Neustadtmühle und der
Gaußbrücke, bei einigen Hinterhäusern am Südklinte und der Süd-
straße). Von den Toren und Wällen sehen wir heute nichts mehr,
aber ihre Namen sind geblieben. Braunschweig ist heute wieder eine
offene Stadt.
32. Wind und Wetter.
I. Zugluft. Wind, Sturm. Orkan. Wir haben in der vorigen
Stunde gelernt, daß wir die Luft nicht sehen, wohl aber fühlen
können. Fühlst du jetzt die Luft in diesem Zimmer? Nein. Jetzt be-
wege ich dieses Buch vor deinem Gesichte auf und nieder. Was sagst
du nun? — Weshalb fühlst du jetzt die Luft? Bewegt sich. Wann
können wir die Luft nur fühlen? Wenn sie sich bewegt. Wann
nicht?
Zuweilen stehen in einem Zimmer Fenster und Türen zu gleicher
Zeit offen. Dann gefällt's uns aber nicht im Zimmer. Weshalb
nicht? ,,Es zieht", sagen die Leute. Was zieht denn von draußen
herein? Luft. Wie ist sie gegen die Zimmerluft? Kühl, kalt. Wie
nennen wir die kalte Luft, weil sie hereinzieht? Zugluft. Auf
welche Weise nehmen wir die Zugluft wahr? — Welche Krankheit
kannst du in der Zugluft bekommen? Erkältung. Was mußt du also
meiden, wenn du warm bist?
Draußen im Freien bewegt sich die Luft auch. Woran können
wir es sehen, daß sich die Lust bewegt? An den Blättern der Bäume.
Ich halte meine Hand aus dem Fenster und weiß sofort, daß sich die
Luft draußen bewegt. Woher weiß ich das? Fühle es. Wann
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. ZI
— 482
Tfüllen wir die Lust nur? — Wie nennen wir die bewegte Luft im
Freien? Sprecht: Die bewegte Luft im Freien nennen wir Wind.
Was ist also der Wind? — Der Wind weht, saust, pfeift.
Heute kann ich den Wind kaum fühlen, wie weht er also? Leise.
Wie wehte er aber gestern und vorgestern? Stärker, heftiger. Wie
nennen wir einen sehr starken Wind? — Sprecht: Einen sehr starken
(heftigen) Wind nennen wir Sturm. Hält der Sturm lange an,
dann sagen wir: das Wetter ist stürmisch. Der Sturm macht ge-
wohnlich einen solchen Lärm, daß man des Nachts vom Schlafe er-
wacht. Manchmal ist es, als ob man das Wasser brausen hörte.
Der Sturm braust. Bisweilen gleicht er einem wilden Tiere, er
heult. Der Sturm braust und heult.
Ein sehr heftiger Sturm heißt Orkan.
Wenn es aufhört zu stürmen, sagen wir: Der Wind (Sturm)
hat sich gelegt. Wie ist der Wind wieder geworden? Still, es ist
Windstille. Erfragen!
II. Schaden, Nutzen. Wer hat schon einen Sturm erlebt? Wenn
es stürmt, haltet ihr draußen eure Hütchen mit beiden Händen fest.
Was tut sonst der Sturm? Und dann zerzaust er euch auch noch
tüchtig die Haare. Wo haltet ihr euch deshalb bei stürmischem Wetter
am liebsten auf? Stube. In die Stube kann der Sturm uicht ge-
langen. Wo muß er bleiben? — Er möchte aber gern ins Zimmer;
darum reißt er an Läden und Fenstern. Was bricht der Sturm von
den Bäumen? Äste, Zweige. Ja, was macht er zuweilen mit dem
ganzen Baume? Wirft ihn um, daß die Wurzeln in die Höhe stehen.
Was reißt er von der Leine? Wäsche. Was wirft er von den
Dächern? Schornsteine, Ziegelsteine. Zuweilen deckt er sogar das
ganze Dach ab. Womit fahren die Menschen auf Flüssen und aus
dem Meere? Mit Schiffen. Wodurch gehen aber manchmal die
Schiffe unter?
(Der Lehrer schildere den Untergang eines Schiffes im Sturm.)
Was richtet also der Sturm an, wenn er Bäume umreißt und
Schiffe untergehen läßt? Sprecht: Der Sturm richtet oft großen
Schaden an. Welchen Schaden richtet er in der Stadt an? -
Im Obstgarten? — Im Blumengarten? — Auf dem Felde? — Im
Walde? —
Der Wind (Sturm) richtet oft Schaden an, aber er bringt auch
großen Nutzen. Wir haben neulich von der Windmühle gesprochen.
Weshalb heißt diese Mühle Windmühle? Wann kann der Wind-
müller nur mahlen? — Wann nicht? — Was tut also der Wind?
Sprecht: Der Wind treibt die Windmühlen.
Auf dem Meere fahren große Schiffe. Manche werden durch
Dampf getrieben. Wie heißen diese Schiffe? Dampfschiffe. An
manchen Schiffen sind große Tücher ausgespannt und durch starke
Seile befestigt. Diese Tücher nennt man Segel. Und die Schiffe?
Segelschiffe. Der Wind bläst in die ausgespannten Segel der Schiffe
und treibt diese über das weite Meer nach fremden Ländern. Wer
— 483 —
treibt die Schiffe auch wieder zurück? Wind. Nun aber sind sie an-
gefüllt mit allerlei Sachen, die bei uns nicht wachsen. Nennt solche!
Der Wind treibt die Segelschiffe.
Wenn es im Sommer lange nicht geregnet hat, dann lassen die
Pflanzen traurig ihre Köpfchen hängen. Wonach sehnen sie sich als-
dann? Regen. Was geschieht aber, wenn der Regen ganz ausbleibt?
Pflanzen verdorren. Gott aber nimmt sich ihrer an und läßt einen
Wind kommen. Was führt der Wind am Himmel herbei? Wolken.
Was fällt aus den Wolken auf die Erde herab? Regen. Nun heben
die Pflanzen wieder fröhlich ihre Köpfchen und freuen sich und
wachsen und gedeihen. Was bringt uns also der Wind? Sprecht:
Der Wind bringt uns die Regenwolken. Haben die Pflanzen ihren
Durst gestillt, so führt der Wind die Wolken wieder hinweg. Wir
sagen alsdann: Der Wind verjagt die Wolken. Erfragen!
Wenn die Luft ganz ruhig ist, ist in engen Gassen (großer;
Städte) schlechte Luft (üble Dünste). Was geschieht, wenn der Wind
durch diese engen Gassen fährt? — Was treibt er aus den dumpfen
Gassen heraus? — Wie wird dann die Luft? Sprecht: Der Wind
reinigt die Luft von üblen Dünsten. Vorhin hörten wir nur Schlimm
mes von dem Winde und ihr sagtet darum auch: Der Wind richtet
großen Schaden an (ist schädlich). Was wißt ihr aber jetzt von dem
Winde zu sagen? Was weißt du alles vom Nutzen des Windes
zu erzählen? — (Der Wind trocknet die Wäsche, das Heu usw.)
III. Windrichtung. Der Wind kommt nicht immer aus derselben
Gegend. Wir sagen: Der Wind dreht sich. Wir benennen den Wind,
nach der Himmelsgegend, von der er herweht. Zeige die Gegend, aus
der heute der Wind weht! Wie heißt diese Gegend am Himmel?
Westen. Wie heißt darum auch der Wind, der aus jener Gegend
weht? Westwind. Nach welcher Himmelsgegend weht dieser aber
hin? Osten. Das Wetter ist heute nicht schön, es sieht aus, als
wollte es regnen. >Woran sieht man das? Wolken. Wo stehen die
Wolken? — Bleiben sie immer auf dem gleichen Platze stehen? Be-
wegen sich. Aus welcher Gegend kommen diese Wolken? Westen.
Wohin ziehen sie? Osten. Wie heißt der Wind, der sie aus Westen
zu uns treibt? — Wenn aber dieser Wind lange weht und viele
Wolken herbeiführt, was erhalten wir alsdann? Regen. Was für
Wetter bringt uns >also der Westwind? Sprecht: Der Westwind
bringt uns Regenwetter. Wie nennt man darum auch den West-
wind, weil er Regen bringt? Regenwind. Nun hört, Kinder, warum
er das tut. Auf seiner weiten Reise muß der Westwind über ein
großes, großes Meer. Aus diesem Meere steigt fortwährend ein sehr
feiner Dunst in die Höhe, der sich hoch oben in der Luft in eine
Wolke verwandelt. Die Wolken sind leicht und schweben darum
in der Luft wie ein Federchen. Wenn nun aber der Wind über das
Meer bläst, was wird er dann mit den leichten Wölkchen hoch
über dem Meere anfangen? Vor sich hertreiben, mitnehmen. Und
uns will er sie bringen. Und was geschieht alsdann bei uns?
31*
— 484 —
Regnet. Was für eine Farbe hat der Himmel, wenn es regnet?
Graue Farbe.
Manchmal sieht der Himmel schön blau aus. Was ist dann am
Himmel zu sehen? Sonne. Was nicht? Wolken. Wer hat sie ver-
jagt? Wind. Dieser Wind kommt daher, wo die Sonne aufgeht.
Zeige, wo die Sonne aufgeht! Wie nennt man die Gegend am
Himmel, wo die Sonne aufgeht? Osten. Wie heißt der Wind, der
von Osten kommt? Ostwind. Sein Weg führt nur über große
Länder und nicht.über Meere. Was kann er uns deshalb auch nicht
mitbringen? Regenwolken, Regen. Was für Wetter haben wir,
wenn es lange nicht geregnet hat? Welcher Wind bringt uns also
trockenes Wetter? Sprecht: Der Ostwind bringt uns trockenes
Wetter. Wie wird der Erdboden, wenn wir lange Ostwind haben?
Er trocknet im Sommer das Land aus. Im Winter gefällt uns der
Ostwind gar nicht, :da ist er rauh und kalt. Eure Eltern lassen euch
dann auch nicht gern auf der Straße (im Freien) spielen, weil sie
fürchten, daß ihr euch in dem Ostwinde erkältet.
Zuweilen kommt der Wind aus dieser (zeigen!) Gegend. Wie
heißt diese Gegend am Himmel? Norden. Wie nennen wir den
Wind, der aus Norden kommt? Nordwind. Die Gegend, aus der der
Nordwind kommt, ist fast das ganze Jahr mit Schnee und Eis bedeckt.
Weshalb schmelzen in jener Gegend Schnee und Eis nicht? Kalt.
Wie wird auch der Wind sein, der aus dieser Gegend kommt? Ja,
er ist eisig kalt, noch kälter als der Ostwind. Was für Wetter bringt
uns also der Nordwind? Sprecht: Der Nordwind bringt uns kaltes
Wetter. Weht er lange im Frühjahre, so will es erst gar nicht
Sommer werden.
Jetzt bleibt uns diese Gegend des Himmels noch übrig. Wie
heißt sie? Süden. Wie heißt der Wind, der aus Süden kommt?
Südwind. Nach Süden ziehen die Schwalben, Störche usw., wenn
bei uns der schöne warme Sommer zu Ende geht. Warum bleiben sie
nicht bei uns? — Weshalb ziehen sie gerade nach Süden? In dieser
Gegend ist es beinahe immer Sommer. Wie muß dort auch die Luft
sein? Warm. Und der Wind, der aus jener Gegend kommt? -
Wenn im Frühjahre der Südwind weht, so schmelzen Schnee und
Eis. Was für Wetter haben wir, wenn das Schneewasser von den
Dächern tropft? Tauwetter. Der Südwind wird darum auch Tau-
wind genannt. Was für Wetter bringt er uns im Frühjahr?
Sprecht: Der Südwind bringt uns im Frühjahr Tauwetter.
Rückblick: Was für Wetter bringt uns der Ostwind? — Wes-
halb ? Was für Wetter bringt der Westwind? — Weshalb? -
Der Nordwind? — Weshalb? — Der Südwind? — Weshalb?
Welcher Wind ist trocken? — Warm? — Rauh und kalt? —
Welchen Wind haben wir am häufigsten? —
IV. Wetterfahne. Wenn dein Vater sehen will, was wir für
Wetter bekommen, dann öffnet er das Fenster und sieht nach der
Kirchturmspitze. Was ist denn da oben zu sehen? Wetterfahne.
— 485 —
Wer dreht sie? — Was zeigt uns die Wetterfahne an? — Was
für Wind haben wir, wenn die Spitzen der Wetterfahne dahin ge-
richtet sind, wo die Sonne aufgeht? — Wo sie untergeht? — Was
für Wetter bringt der Westwind? usw.
Aufgabe: Zeichnen einer Wetterfahne.
33. Bilder aus der Geschichte Vraunschweigs.
I. Vraunschweigs Gründung. Unsere Stadt ist — so erzählt
die Sage — im Jahre 361 von zwei Brüdern, Bruno und Dank-
ward, gegründet. Man sah vordem nichts als dichte Wälder und
grasige Ebenen mit unzähligen Sümpfen und Morästen; anderwärts
erblickte man kahle Sandhügel und dürre Heidestrecken. Bruno er-
baute ein Haus auf dem rechten, Dankward eine Burg auf dem linken
Okerufer. Letztere hieß Dankwarderode. Im Laufe der Zeit ent-
standen um diese ersten Ansiedlungen mehr und mehr Häuser. Man
nannte die ganze Gründung Brunos Dorf oder Brunos Wik (Wik
heißt Dorf), später Brunswik, hochdeutsch Braunschweig.
II. Braunschweig unter Heinrich dem Löwen. Die Brunoni-
schen Güter kamen späterhin an die Fürstenfamilie der Welfen.
Anter diesen ragt vornehmlich der Herzog Heinrich der Löwe (1139
bis 1195) hervor, welcher außer Braunschweig noch mehrere Länder
besaß. Er konnte von sich sagen:
Heinrich der Löroe bin ich genannt,
In aller Welt und weit bekannt."
Unsere Stadt hat ihm viel zu verdanken. Er fing an, sie in eine
Festung zu verwandeln. Um dem Wasser Abzug zu verschaffen, legte
er Gräben an. Cr ließ die Straßen verbessern. Der Bohlweg war
z. B. damals so morastig, daß Bohlen gelegt werden mußten, um ihn
wegbar zu machen. Seit Heinrichs Zeit blühte Braunschweig durch
Handel und Gewerbe immer mehr auf. Die Landbewohner zogen
zahlreicher in dasselbe ein, weil sie hier im Kriege besser gegen Be-
raubung geschützt waren. Es wurden viele und schöne Häuser aufge-
führt. Braunschweig wurde eine Stadt. Die einzelnen Teile hießen
Altstadt,^ Neustadt, Hagen und Altewiek. Später kam noch als
fünfter Stadtteil der Sack hinzu. Weil Heinrich soviel für das Wohl
der Stadt getan hat, sagt man mit Recht: „Er ist der zweite Gründer
Vraunschweigs gewesen".
III. Vraunschweig als Hansastadt. Nach Heinrichs Zeit ward
unsere Stadt durch Handel immer stärker und reicher. Reichtum aber
erzeugt leicht Hochmut. Auch das reiche Braunschweig wurde stolz. Es
mochte seinen Herzögen nicht mehr Untertan sein; es strebte danach,
eine freie <^>tadt zu werden. Zu jener Zeit schlössen nun mehrere
deutsche Handelsstädte einen Bund zu gegenseitiger Unterstützung und
Beschützung; er hieß die Hansa. Es wimmelte nämlich damals in
Deutschland von Land- und Seeräubern; weder auf den Landstraßen,
— 486 —
noch auf den Flüssen und Meeren reiste man sicher. Zu jener Zeit
galt durch das ganze Reich das Wort:
„Reiten und Rauben ist keine Schand',
Das tun die Besten im ganzen Land."
Den Kaufleuten wurde aufgelauert, sie wurden ausgeplündert,
gefangen fortgeführt und meist nur gegen ein beträchtliches Lösegeld
wieder freigegeben. Dieser Räubereien wurden die mächtigsten Han-
delsstädte, Hamburg und Lübeck, endlich müde. Sie verbanden sich
im Jahre 1241 miteinander und beschlossen, da ihnen kein Fürst bei-
stand, sich selbst zu helfen. Auf gemeinschaftliche Kosten sammelten
sie ein bedeutendes Landheer und rüsteten auch Kriegsschiffe aus,
welche die Kauffahrer auf dem Wasser in Schutz nahmen. Für die
Räuber kamen nun böse Tage. Ihre Burgen wurden belagert und
zerstört. Sie selbst wurden an den Galgen gehängt oder ersäuft. So
kam es, daß bald alles vor der deutschen Hansa erzitterte. Als nun
andere Handelsstädte sahen, wie die Hansa gefürchtet wurde, und
wie sicher sie infolgedessen Handel treiben konnten, traten viele von
ihnen gleichfalls dem Bunde bei. Es gehörten zur Zeit seiner höchsten
Blüte 85 Städte zu demselben. Sie rüsteten gemeinschaftlich eine
Flotte von mehr als 200 Schiffen aus, hielten ein mächtiges Land-
Heer und führten sogar Kriege mit Fürsten. Jetzt bezeichnen sich nur
noch Bremen, Hamburg und Lübeck als Hansastädte. In diesen Bund
ließ sich also Braunschweig aufnehmen. Es konnte nun seinen Handel
ganz ungehindert betreiben. Handelsartikel waren sowohl Erzeug-
nisse fremder Länder als auch eigene. Die Stadt wurde von Tag
zu Tag mächtiger.
IV. Braunschweigs Bürger im Mittelalter. Im Mittelalter
glichen die Städte mit ihren Mauern, Gräben und Wällen den Bur->
gen; darum hießen ihre Bewohner Bürger. Die Einwohner Braun-
schweigs zerfielen in den Rat, die Gilden und die Gemeinden. Der
Rat regierte die Stadt. Er bestand aus den reichen Vornehmen.
Diese nannten sich Patrizier. Die Gilden, Zünfte, Innungen waren
Vereinigungen von Gewerbetreibenden; so gab es Tischler-, Schuh-
macher-, Schneidergilden usw. Ihre Obersten hießen Gilde- oder
Zunftmeister. Die Zünfte hatten das Recht, jedem, der nicht zu ihnen
gehörte, zu untersagen, daß er in der Stadt ein Gewerbe trieb.
Diese Einrichtung nannte man den Zunftzwang. Nach einer be-
stimmten Anzahl von Iahren wurde der als Lehrling in die Zunft
Eingetretene zum Gesellen gemacht und begab sich als solcher auf die
Wanderschaft. Wollte er später Meister werden, so mußte er seine
Befähigung durch ein Meisterstück dartun. Die Glieder einer und der-
selben Zunft wohnten meist auf bestimmten Straßen beisammen.
Daher haben die Kannengießer-, die Schuh-, die Knochenhauer-,
die Weberstraße u. a. ihren Namen erhalten. Jede Zunft hatte ihre
eigene Fahne und an der Bewachung der Stadt ihren besonderen An-
teil. Zu den Gemeinden gehörten alle übrigen Bürger.
— 487 —
V. Kämpfe der Gilden Braunschweigs mit dem Rate. Die
Gilden wollten in bezug auf die Regierung der Stadt auch etwas zu
sagen haben. Da ihnen aber der Rat dieses nicht zugestehen wollte
und ihnen sowohl wie den Gemeinden hohe Steuern auferlegte, so
erregten sie öfter Aufstände. Sie wollten mit Gewalt erzwingen, was
ihnen in Güte nicht gewährt wurde. Eine solche Empörung entstand
im Jahre 1374. Die Gilden töteten neun Bürgermeister; mehrere
Ratsherren und sonstige Vornehme wurden aus der Stadt vertrieben.
Es wurde ein neuer Rat, der aus Mitgliedern der Gilden bestand,
eingesetzt. Der Aufstand hatte zur Folge, daß die Vornehmen später-
hin, als alles wieder in das richtige Geleise gebracht war, bei wich-
tigen Beratungen die Gildemeister und die Häupter der Gemeinden
zu den Sitzungen hinzuzogen.
VI. Brannschweig als verhansete Stadt. Über die matzlosen
Ausschreitungen der Gilden wurde die große Hansa sehr zornig,' mit
einer solchen Stadt wollte sie nichts mehr zu tun haben. Braunschweig
wurde darum„verhanset", d. h. aus dem Bunde ausgestoßen. Nun
trieb keine Hansastadt mit Braunschweig Handel; wo man braun-
schweigische Kaufmannsgüter antraf, wurden sie weggenommen,' das
Vieh der Stadtbewohner wurde von den vertriebenen Vornehmen
geraubt, und ihre Warenzüge wurden geplündert; man konnte kaum
ohne Lebensgefahr vor die Stadt gehen. Da geriet denn Braun-
schweig in große Not. Sein Ansehen bei den anderen Städten, seine
Macht und sein Reichtum gingen verloren. Darum bat es endlich
nach sechs Jahren die Hansa demütig, es wieder aufzunehmen. Die
braunschweigischen Abgeordneten mußten barfuß, mit brennenden
Kerzen in den Händen, im Bußkleide den Bund fußfällig um Ver-
gebung bitten. Sie mußten u. a. versprechen, dem Schutzheiligen
Braunschweigs, dem Autor, welcher der Sage nach der Stadt öfter
beigestanden hatte, eine Kapelle neben dem Altstadtrathause zu er-
richten. Dann wurde Braunschweig wieder in die Hansa aufge-
nommen. Der Handel der Stadt nahm wieder zu; sie wurde wieder
reich und mächtig. Braunschweiger Mumme, Braunschweiger Wurst
und (später) Braunschweiger Honigkuchen waren berühmte Handels-
gegenstände.
Die Herzöge residierten während dieser ganzen Zeit in Wolfen-
büttel. Obgleich Braunschweig immer und immer versuchte, eine
,,durch Gottes Güte freie Stadt" zu werden, gelang es ihm nie voll-
ständig. Infolge eines neuen Aufstandes gegen den Rat erhielten
die Gemeinden mehr Vergünstigungen. Diese bestanden darin, daß
ihre Anführer, die sog. Stadthauptleute, bei der Gesetzgebung mit-
sprechen durften. Es regierten nun nicht mehr die Patrizier allein,
sondern auch das Volk.
VH. Braunschweig als reformierte Stadt. Am 31. Okt. 1517
schlug Dr. Martin Luther, Professor und Prediger in Wittenberg, an
die dortige Schloßkirche 95 Sätze. Er schrieb in denselben, daß in der
katholischen Kirche nicht alles wäre, wie es sein sollte. Das reine und
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lautere Wort Gottes, wie Jesus Christus es auf Erden verkündigt
hatte, war nämlich im Laufe der Zeit sehr verfälscht und durch
mancherlei Zusätze entstellt. Damals zogen z. B. in Deutschland
Männer umher, welche den Leuten sagten: „Wenn ihr uns Geld
gebt, so bekommt ihr einen Zettel, auf welchem steht, daß euch
dafür eure Sünden vergeben sind." Man nannte solche Männer Ab-
laßkrämer, die Zettel hießen Ablaßzettel. Da schrieb nun Luther in
seinen Sätzen: „Glaubt den Ablaßkrämern nicht; Sünden kann
nur der liebe Gott vergeben." Auch in unserer Gegend zog ein Ab-
laßhändler umher. Er hieß Johann Tetzel. Viel Volk strömte zu
ihm hin, um sich Zettel zu kaufen.
Luther tadelte dies und manches andere. Er stellte auf Grund
der heiligen Schrift eine verbesserte oder reformierte Lehre auf; sie
heißt nach ihm die lutherische. Die Leute, welche an seine Lehre
glauben, heißen Lutheraner. Unsere Stadt ließ nun im Jahre 1523
einen Freund Luthers, den Dr. Vugenhagen, in der Brüdernkirche
die neue Lehre verkünden. Braunschweig wurde gegen den Willen
seines Herzogs lutherisch.
VIII. Der Vraunschweiger Stadthauptmann Hennig Brabant.
Um das Jahr 1600 entstanden in der Stadt wiederum Streitigkeiten
zwischen den Patriziern und dem Volke. Die Obersten des Volkes
hießen Stadthauptleute. Ein solcher Hauptmann war Hennig Bra-
bant. Der Rat beschuldigte ihn, daß er die Stadt in die Gewalt des
Herzogs zu bringen suchte; auch habe er ein Bündnis mit dem
Teufel geschlossen, der ihn in Gestalt eines schwarzen Raben begleite.
Sämtliche Hauptleute wurden von der Ranzel herab als Empörer
wider den Rat bezeichnet; ja es wurde ihnen verboten, die Kirche zu
besuchen, wenn sie nicht Abbitte tun wollten. Plötzlich ließ der Rat
die Stadttore schließen und die aufrührerischen Hauptleute, welche
sich in dem nachherigen Gasthause zum Einhorn (Kattreppeln 13)
aufhielten, ergreifen. Mehrere, unter ihnen Hennig Brabant, sprangen
aus dem Fenster, lum sich zu retten. Dann setzten sie über die Stadt-
mauer. Brabant brach indessen beim Herabspringen von derselben
ein Bein. Er schleppte sich noch bis in die Nähe von Rüningen. Am
folgenden Tage wurde er jedoch gesunden und nach der Stadt zu-
rückgebracht. Man führte ihn einige Tage nachher auf den Hagen-
markt, wo er auf einen Stuhl gebunden wurde. Es wurden ihm
zuerst zwei Finger abgeschlagen; darauf kniff man ihn viermal mit
glühenden Zangen. Nachdem er dann nackend auf einen Tisch ge-
Kunden war, wurde ihm der Bauch aufgeritzt und das Herz aus der
Brust gerissen. Darauf schnitt man ihm den Kopf ab und teilte den
Körper in vier Stücke. Auch andere Hauptleute und aufrührerische
Bürger wurden auf die gräßlichste Weise gemartert und hingerichtet.
IX. Das den Herzögen vollständig unterworfene Braunschweig.
Die Stadt Braunschweig wurde verschiedene Male von den Her-
zögen, welche bis dahin in Wolfenbüttel regierten, vergeblich belagert.
Im Jahre 1671 wurde sie endlich von dem Herzoge Rudolf August
— 489
er oben und mutzte sich nun vollständig unterwerfen. Sie wurde Lan-
desHauptstadt. Später wurde sie unter Karl I. (gest. 1731) Resi-
denz der Fürsten. Ihm hat die Stadt sehr viel zu verdanken. Er
stiftete das Kollegium Karolinum (jetzt Polytechnikum), begründete
das Herzogliche Museum, schuf Armenanstalten und sorgte für ein
besseres Straßenpflaster, sowie für Beleuchtung der Stadt während
der Nacht. Sein Sohn Karl Wilhelm Ferdinand (gest. 1306) fuhr
fort, die Stadt zu verschönern. Er war es auch, welcher die Ab-
tragung der Festungswerke anordnete, an deren Stelle schöne Prome-
naden angelegt wurden. Nach der Schlacht bei Auerstädt zogen
französische Truppen in Braunschweig ein. Es folgten nun sieben
Jahre der Fremdherrschaft, in welcher für die Verschönerung und
Hebung der Stadt nichts geschah. Karl Wilhelm Ferdinands braver
Sohn Friedrich Wilhelm starb zu früh, als daß er viel für das Wohl
der Stadt hätte tun können. Er bestieg nämlich im Jahre 1313 den
Thron, fiel aber schon im Jahre 1315 in der Schlacht bei Quatre-
bras gegen die Franzosen. Es folgte dann eine vormundschaftliche
Regierung seitens Englands. Friedrich Wilhelms Sohn Karl II.,
welcher im Jahre 1323 auf den Thron gelangte, wurde im Jahre
1330 vertrieben, weil er das Land schlecht regierte. Unter seinem
Nachfolger, dem Herzog Wilhelm, gelangten dagegen Stadt wie Land
zu hoher Blüte. Im Jahre 1361 feierte unsere Stadt am Feste des
hl. Autor (20. August) das 1000jährige Jubiläum ihres Bestehens.
Am 25. April des Jahres 1331 feierte sie mit dem ganzen Lande
das 50jährige Regierungsjubiläum ihres geliebten Herzogs Wilhelm.
Doch nur noch wenige Jahre sollte sie sich seiner segensreichen Regie-
rung erfreuen, denn schon am 13. Oktober 1334 starb er, fern von
der Heimat, im Schlosse Sibyllenort in Schlesien. Ihm folgte als
Regent der Prinz Albrecht von Preußen, welcher fast 21 Jahre die
Regierung zum Segen des Landes geführt hat. Nach seinem Tode
(am 13. September 1906) wählte die Landesversammlung den Herzog
Johann Albrecht zu Mecklenburg zum Regenten, der am 5. Juni 1907
seinen feierlichen Einzug in Braunschweig hielt, herzlich empfangen
von der alten Welfenstadt.
X. Das jetzige Braunschweig. Braunschweig zählt jetzt 143 552
Einwohner, welche in etwa 8000 Häusern und auf ungefähr 300
Straßen und Plätzen wohnen. An der Spitze der Stadt steht der
Magistrat, welcher aus dem Vorsitzenden, drei besoldeten und fünf
unbesoldeten Mitgliedern besteht. Die Bürger sind bei der Verwal-
tung der städtischen Angelegenheiten, insbesondere des städtischen Ver-
mögens, durch 36 Stadtverordnete vertreten. Zur Wahl der letzteren
sind nur diejenigen Bewohner berechtigt, welche über 25 Jahre alt
sind und das Bürgerrecht erworben haben.
Braunschweig ist vorwiegend eine Handels- und Fabrikstadt.
Seine Mumme, seine Wurst- und Honigkuchenfabriken, sein Spargel-
bau, seine Konservenfabriken, seine Maschinenbauanstalten u. a. sind
weithin berühmt. Viele Gebäude der Stadt erinnern noch heute an
— 490 —
das Mittelalter, so z. B. das Gewandhaus mit einem wunderbar
schönen Giebel, das .altehrwürdige Rathaus mit seinen herrlich ver-
zierten Lauben und Bogengängen, die Burg Dankwarderode, der
Dom mit dem fürstlichen Erbbegräbnis u. a. Von den neueren Ee-
bäuden sind besonders das Herzogliche Residenzschloß mit der Herr-
lichen Brunonia und dem Viergespann, das Herzogliche Museum,
das Hoftheater, das Polytechnikum, das Finanzbehördenhaus und
das neue Rathaus -hervorzuheben. Auch an Denkmälern, welche von
alten und neuen Zeiten reden, ist die Stadt reich. Wir erinnern nur
an das Denkmal Heinrichs des Löwen, an die Denkmäler der Her-
zöge Karl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm, an den Obe-
lisken auf dem Löwenwalle, an das Siegesdenkmal, an die Stand-
bilder von Lessing und Eauß u. a.
Braunschweigs Straßen sind in neuerer Zeit sehr verbessert, und
sein Verkehr hat sich bedeutend gehoben. Eine elektrische Bahn durch-
zieht die Hauptstraßen und verbindet auch die Stadt mit dem benach-
barten Wolfenbüttel. Ebenso bildet Braunschweig den Knotenpunkt
einiger für den größeren Verkehr mehr oder minder wichtiger Eisen-
bahnlinien. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Stadt sich
auch weiterhin vorteilhaft entwickeln wird. ((L Wilke, Braunschweig.)
34. Der Berg.
I. Ebene. Seht euch den Fußboden unserer Schulstube an!
Zeige die Stelle des Fußbodens, welche am höchsten liegt! Was
kannst du also von diesem Fußboden sagen? Er ist überall gleich
hoch. Deshalb sagen wir: Der Fußboden ist eben. Weshalb nennen
wir ihn eben? — Und nun der Korridor vor unserer Klasse! Was
kannst du auch von diesem sagen? Eben. Weshalb? — Wir haben
auch den Boden unseres Schulhofes betrachtet. Sprich über die
Bodengestalt desselben! Ist auch eben. Weshalb nennst du ihn eben?
— Das Land, das rings um unsere Stadt herumliegt, ist auch fast
überall gleich hoch. Wie können wir dies Land gleichfalls nennen?
Eben. Ein großes Stück Land, welches eben ist, nennt man (bildet)
eine Ebene. Erfragen! Die Stadt Brannschweig liegt in einer Ebene.
In einer Ebene kann man, sieht man von Bäumen und Häusern
ab, ungehindert nach allen Seiten hinschauen. Welche Ortschaften
erblicken wir in dieser Ebene?
Auf dieser Karte seht ihr Braunschweig und die übrigen Ort-
schaften, die wir genannt haben. Zeige Braunschweig! — Rüningen!
usw. Welche Bodenform hat alles Land um Braunschweig herum!
Eben, Ebene. Deshalb hat das Land auf dieser Karte eine grüne
Farbe erhalten. Was soll also auf der Karte durch die grüne Farbe
bezeichnet werden? Ebene. Sprecht deshalb: Eine Ebene wird auf
der Karte durch grüne Farbe bezeichnet. Sucht noch andere Ebenen
auf dieser Karte auf! — Woran siehst du gleich, daß das Land
hier eine Ebene bildet?
— 491 —
Liegt eine Ebene tief (nur bis zu 200 m höher als der Meeres-
spiegel), so nennt man sie Tiesebene, liegt sie hoch (auf dem Rücken
eines Gebirges), so wird sie Hochebene genannt. Wir wohnen in
einer Tiefebene oder in einem Tieflande.
II. Hügel, Anhöhe. 1. Begriff. Nicht überall bildet die Ober-
fläche der Erde eine Ebene. Ihr seid schon auf dem Eaußberge ge^
wesen. Wo liegt der Gautzberg? — Nach wem ist er benannt?
Wollen wir den Gaußberg überschreiten, dann müssen wir in die Höhe
steigen. Der Gautzberg ist höher als seine Umgebung, ist eine Er-
höhung der Eide. Erfragen! — Groß oder bedeutend ist diese Er-
höhung aber nicht. Wieviel Schritte hast du gezählt? —- Die Er-
höhung ist also nur eine geringe. Was für eine Erhöhung ist der
Gautzberg? Geringe Erhöhung. Merkt euch: Eine geringe Er-
höhung der Erde heißt Hügel oder Anhöhe. Erfragen! Sprecht
alle den Satz! Was ist also der Gaußberg? Hügel oder Anhöhe.
Also nicht, wie der Name fälschlicherweise sagt, ein Berg. Weshalb
ist der Gaußberg ein Hügel oder eine Anhöhe? —
Am Löwenwalle befindet sich eine Erhöhung des Bodens, die
wir auch schon oft besucht haben. Wie heißt sie? Windmühlenberg.
Wir haben die Höhe des Windmühlenberges nach Schritten gemessen.
Wieviel Schritte hast du gezählt? — Der Wind mühlenberg ist zwar
bedeutend größer als der Gaußberg, aber trotzdem müssen wir seine
Höhe noch gering nennen. Was ist deshalb auch der Windmühlen-
berg? Sprecht: Der Windmühlenberg ist ein Hügel oder eine An-
hohe. Weshalb? Einen Berg kann man also auch diese Erhöhung
noch nicht nennen. Wo sind in unserer Stadt (Gegend) Hügel? —
(Ein Hügel oder eine Anhöhe ist eine unbedeutende, höchstens 300 m
über die Umgebung aufragende Bodenerhebung.)
2. Höhenzug. Wir haben neulich einen Ausflug nach der Asse
gemacht. Die Asse hat auch nur geringe Höhe. Was ist deshalb
die Asse? Hügel, Anhöhe. So nennen wir die Asse aber doch nicht.
Die Asse sieht auch ganz anders aus als der Windmühlenberg.
Welchen Unterschied haben wir zwischen Asse und Windmühlenberg
gefunden? Der Windmühlenberg ist oben rund, die Asse zieht sich
lang hin. Die Asse ist deshalb so lang, weil sie aus mehreren Hügeln
oder Anhöhen besteht, die in einer geraden Reihe liegen. Erfragen!
Wieviel Spitzen ragen daraus empor? Gar keine. Was ist also
bei allen Anhöhen gleich? Die Höhe. Die lange Reihe oder der
lange Zug von Anhöhen hat also überall dieselbe Höhe. Wie nennen
wir einen Zug von Anhöhen mit gleicher Höhe? Höhenzug. Was
ist also die Asse? Sprecht: Die Asse ist ein Höhenzug. Weshalb ist
die Asse ein Höhenzug? —
Welche Erderhöhung habe ich euch noch gezeigt? Elm. Ver-
gleicht den Elm mit Asse und Windmühlenberg! Mit welcher Erd-
erhöhung hat er die meiste Ähnlichkeit? Asse. Weshalb mit der
Asse? Zieht sich auch lang hin, keine Spitzen ragen empor. Der
Elm hat auch nur geringe Höhe und besteht, gerade wie die Asse,
— 492 —
aus mehreren Hügeln oder Anhöhen. Sprich über ihre Höhe! —
Über ihre Lage! — Was ist deshalb auch'der Elm? — Sprecht:
Der Elm ist auch ein Höhenzug. Sage es von Elm und Asse! —
Vergleiche Asse und Elm nach ihrer Länge! —
3. Hügelkette. Siehe Abschnitt IV, 2.
III. Berg. 1. Begriff. Gaußberg, Windmühlenberg, Asse, Elm
usw. haben nur geringe Höhe (unter 300 m). Es gibt aber auch
Erderhöhungen, die ganz bedeutend sind (über 300 m). Erfragen! —
Merkt euch: Eine bedeutende Erhöhung der Erde nennt man einen
Berg. Wiederhole! — Beginne mit: Ein Berg ist — —. Chor!
— (Oder: Ein Berg ist eine über 300 m hohe Erderhöhung. —
Oft ist es schwer zu sagen, ob eine Bodenerhebung ein Hügel
oder ein Berg ist, weil man die Höhe derselben nach dem Augen-
scheine nicht mit Sicherheit bestimmen kann. Daher bezeichnet man
größere Hügel öfters auch als Berge.) Weshalb können wir den
Gaußberg keinen Berg nennen? — Was ist er nur? — Was i)t
auch der Windmühlenberg? — Weshalb? — Welches ist also der
Unterschied zwischen einem Berge und einem Hügel? Der Berg ist
höher als der Hügel. Was mußt du aber vom Hügel sagen? —
Wer ist schon auf einem Berge gewesen? — Auf welchem Berge
bist du gewesen? — Wo gibt es in unserer Nähe Berge? - Rückblick!
2. Teile. (Der Lehrer hat aus Ton oder aus gut angefeuchtetem
Sande das Modell eines Berges (möglichst groß!) auf einem Reiß-
brett derart geformt, daß der Gipfel des Berges nicht über die Mitte
der Fußlinie zu liegen kommt. Dadurch werden verschiedenartige
Abhänge geschaffen.) Wir wollen jetzt den Berg genauer betrachten.
Was stellt uns dieses Ding vor? Einen Berg. Es ist aber kein
wirklicher Berg, sondern nur die Nachbildung eines Berges. Eine
solche Nachbildung eines Berges nennt man ein Bergmodell.
Zeige an diesem Modell, wo der Berg anfängt! — Das ist der
unterste Teil eines Berges. Wie heißt der unterste Teil unseres
Körpers, mit dem wir .auf dem Boden stehen? Fuß. Auch bei
dem Berge spricht man von einem Fuße. Welchen Teil des Berges
wird man Fuß nennen? Den untersten Teil. Sprecht: Der unterste
Teil eines Berges heißt Fuß. Fange an: der Fuß ist usw.
Wir sprachen eben von dem untersten Punkte des Berges.
Welchen Punkt des Berges zeige ich jetzt? Höchsten Punkt. Wie
heißt der höchste Punkt eines Baumes? Wipfel. Der höchste Punkt
eines Berges hat einen ähnlichen Namen: man nennt ihn Gipfel.
Erfragen! Sprecht: Der höchste Punkt eines Berges heißt Gipfel.
Zeige den Gipfel dieses Berges!
Wir sehen uns jetzt die Seiten unseres Berges an. Zwischen
welchen beiden Punkten liegen sie? Zwischen Fuß und Gipfel. Diese
Seiten bezeichnen wir als Abhänge. Erfragen! Sprecht: Die Seiten
eines Berges nennt man Abhänge. Einzahl! Abhang.
Zusammenfassung: Jeder Berg hat einen Fuß, einen Abhang
und einen Gipfel.
— 493 —
a) Fuß. Umfahre den Fuß dieses Berges mit deinem Finger!
Was hast du mit deinem Finger geschrieben? Linie. Der Fuß des
Berges stellt uns eine Linie vor (Fußlinie). Nicht immer, sogar
selten bildet diese Linie einen Kreis.
b) Gipfel. Wie nennt man den Gipfel eines Berges auch noch?
Spitze, wenn er zugespitzt ist, Kuppe» wenn er abgerundet ist, Platte,
wenn er flach ist, Sattel, wenn er eine sattelförmige Vertiefung
enthält. (Hinweis auf die Ähnlichkeit mit einem Pferdesattel.) Zeich-
nung! — Einprägung! —
c) Abhang. Seht euch an diesem Modell die Abhänge an!
Welcher Abhang steigt beinahe senkrecht empor? — Ein solcher Ab-
hang ist schwer zu ersteigen. Was habe ich nötig, um an ihm empor-
zukommen? Leiter. Einen Abhang, den man nur mit einer Leiter
ersteigen kann, nennt man schroff (jäh). Zeige den schroffen Abhang
an diesem Modelle! Weshalb nennst du ihn schroff? — Sprecht:
Dieser Abhang ist schroff. Wo ist in unserer Gegend ein Berg,
der einen schroffen Abhang hat? — Schroffe Abhänge sind meist
felsig. Warum? —
Die Abhänge des Windmühlenberges konnten wir nur mit
Mühe ersteigen. Solche Abhänge nennt man steil. Erfragen! —
Was für Abhänge hat also der Windmühlenberg? Sprecht: Der
Windmühlenberg hat steile Abhänge. Weshalb nennen wir seine
Abhänge steil? — Zeige an diesem Modell einen steilen Abhang!
Nun seht euch an unserem Modell diesen Abhang an! Wie
können wir ihn nicht nennen? Schroff, steil. Er steigt ganz all-
mählich an. Wäre dies ein wirklicher Berg, dann könnte man so-
gar mit einem Wagen hinauffahren. Deshalb sagen wir: Dieser
Abhang ist sanft (sanft ansteigend). Erfragen! — Weshalb nennen
wir ihn sanft? —
Rückblick: Jetzt haben wir drei verschiedene Abhänge kennen
gelernt. Nenne sie noch einmal! — Wie kann also der Abhang
eines Berges sein? Sprecht: Der Abhang eines Berges kann schroff,
steil oder sanft sein.
Die Abhänge eines Berges bezeichnet man sehr häufig nach den
Himmelsgegenden, nach denen sie liegen. Zeige an diesem Modell
den Abhang, der jetzt nach Norden liegt! — Bezeichne ihn nach der
Himmelsgegend, nach der er liegt! — Nordabhang. Zeige den
Abhang, der nach Süden liegt! Wie müssen wir diesen bezeichnen?
Südabhang. Zeige den Ostabhang! usw. Welcher Abhang ist steil?
— Schroff? — Sanft? Welcher Abhang wird von der Morgen-
sonne beschienen? — Von der Mittagssonne? — Von der Abend-
sonne? — Welcher Abhang wird am längsten von der Sonne be-
schienen? — Welcher gar nicht? — An welchem Abhänge schmilzt
der Schnee zuerst? — Weshalb? — Zuletzt? — Weshalb? —
Auf welchem Abhänge kommen die Pflanzen am frühesten her-
vor? — Weshalb? —
— 494 —
Seht euch an dem Modell den schroffen Abhang an! An
welchen Teil eines Hauses erinnert er uns? An eine Wand. Einen
schroffen Abhang nennt man auch eine Wand, — Bergwand. Er-
fragen ! Sprecht: Einen schroffen Abhang nennt man eine Bergwand.
Mehrzahl! Bergwände. Wann spricht man bei einem Berge von
Bergwänden? — Wo habt ihr schon Bergwände gesehen? —
Dieser Abhang erinnert uns auch an einen Teil eines Hauses.
An welchen? Dach. Weshalb? Steigt auch allmählich (sanft) an
(oder ab). Wenn ein Berg (der Abhang) so allmählich abfällt wie
ein Dach, dann sagt man: Der Berg dacht sich. Erfragen! Wann
spricht man von einer Abdachung des Berges? Wenn die Er-
Hebung allmählich abnimmt. Ihr seid schon oft aus dem Nußberge
gewesen und habt dort eure Drachen steigen lassien. Nach welcher Seite
wird der Nußberg allmählich niedriger? Nach dem Prinzenpark
zu, nach Südwest. Was können wir deshalb vom Nußberg sagen?
— Sprecht: Der Nußberg dacht sich nach Südwest ab.
Ich gieße jetzt Wasser auf die verschiedenen Abhänge dieses
Berges Was habt ihr beobachtet? An dem sanft ansteigenden Ab-
hange fließt das Wasser langsam, zuweilen in Windungen. Auf dem
steilen AbHange rinnt es schnell dahin, gerade, jedes kleine Hinder-
nis nehmend (überspringend), nur größeren ausweichend. Dacht sich
der Berg nach Norden ab, so fließt das Wasser nach Norden, dacht
sich der Berg nach Süden ab, so usw. Umkehrung! Fließt das
Wasser nach Osten, so dacht sich der Berg nach Osten ab usw.
An den verschiedenen Abhängen dieses Berges (Tonmodelles)
will ich Wege durch Kreidestriche bezeichnen. Hier seht ihr sie.
Die Wege führen in gerader Richtung auf den Gipfel. Vergleicht
jetzt die Wege in bezug auf die Länge! Haben verschiedene Länge.
An welchem Abhänge befindet sich der längste Weg? Am sanft an-
steigenden Abhänge. Der kürzeste Weg? Darum: Steiler Abhang,
kurzer Weg, sanfter Abhang, langer Weg. Auf welchem Wege
werden wir am schnellsten zu unserem Ziel gelangen? — Auf welchem
am langsamsten? — Auf welchem Wege werden wir aber am
schwersten unser Ziel erreichen? — Auf welchem am bequemsten? —
Wenn man einen steilen Abhang hinauf gehen muß, wie wird man
dann gehen müssen, um trotzdem die Höhe bequem zu gewinnen?
(Denkt an unseren Windmühlenberg!) Man begeht den Abhang in
Zickzacklinien, Schlangenlinien. Führe eine derartige Begehung des
steilen Abhanges an Tonmodell aus! Wie sind auch die Wege, die
auf den Windmühlenberg führen, angelegt? Schlangenlinien. Wes-
halb? — Wann muß man besonders darauf sehen, die Höhe mög-
lichst bequem erreichen zu können? Beim Transport von Lasten,
mit Lastfuhrwerken. Wie wird man daher Landstraßen steile Ab-
hänge hinauf anlegen müssen? In Schlangenlinien.
Rückblick: Nenne die Erhöhungen der Erde, die wir kennen ge-
lernt haben! — Wie heißt die geringste Erhöhung des Bodens? —
Wie eine bedeutende? — Wie heißen die Teile eines Berges? —
— 495 —
Wo ist der Fuß des Berges? — Wie heißt der oberste Teil eines
Berges? — Welcher Teil eines Berges verbindet den Fuß mit dem
Gipfel? — Wie kann der Abhang eines Berges beschaffen sein? Wo
ist der Berg am breitesten? — Welcher Teil hat die geringste Aus-
dehnung? usw.
3. Arten. Wer hat schon Weintrauben gegessen? Woran wachsen
die Weintrauben? Weinstock. Wo steht der Weinstock bei uns ge-
wohnlich? Am Hause, an der Mauer. In manchen Gegenden unseres
Vaterlandes, z. B. am Rhein, bepflanzt man ganze Berge mit Wein-
stocken. Wie nennt man solche Berge? — Was für Berge gibt es
also? Weinberge. Wer hat schon einen Weinberg gesehen? Erzähle!
Wie heißt der höchste Berg unserer Heimat? — Es gibt aber
Berge, die viel, viel höher sind, die bis in die Wolken ragen, ja
manche steigen sogar bis über die Wolken hinaus. Dort oben ist es
im heißesten Sommer so kalt wie hier unten mitten im Winter.
Was geschieht deshalb dort oben mit dem Schnee auch im Sommer
nicht? Schmilzt nicht. Daher sind so hohe Berge das ganze Jahr hin-
durch mit ewigem") Schnee und Eis bedeckt. Wie nennt man solche
Berge? Schneeberge. Weshalb nennt man sie Schneeberge?
Im Winter sind die Schneeberge vom Fuße bis zum Gipfel mit
Schnee bedeckt. Wie sehen deshalb die Schneeberge im Winter aus?
— Im Frühlinge schmilzt der Schnee. Wo aber nur? — Wo nicht?
Wie sehen die Schneeberge im Sommer aus? — Da also nur
der oberste Teil der Schneeberge das ganze Jahr hindurch mit Schnee
bedeckt bleibt, so muß es eine Linie oder Grenze geben, unter
welcher der Schnee in der warmen Jahreszeit schmilzt, über welcher
er aber auch im Sommer liegen bleibt. Diese Linie oder Grenze
heißt: Grenze des ewigen Schnees, Schneegrenze oder Schneelinie.
Manche Berge enthalten in ihrem Inneren auch Feuer. Zu
manchen Zeiten werfen oder speien sie das Feuer aus. Wie nennt
man Berge, die Feuer ausspeien? Feuerspeiende Berge. Mit einem
fremden Worte nennt man die feuerspeienden Berge auch noch Vul-
kane. Erfragen! Sprecht: Feuerspeiende Berge nennt man auch noch
Vulkane. Ein Berg in Italien hat einst so viel Feuer, Asche und
Steine ausgeworfen, daß drei Städte, die um den Berg lagen, ver-
schüttet wurden. Aber das ist schon lange her. (Die glühende Flüssig-
fett, welche ein Vulkan ^auswirft, nennt man Lava.)
Zusammenfassung: Es gibt Weinberge, Schneeberge und feuer-
speiende Berge oder Vulkane.
_ 4. Höhe. Ich will mit diesem Meterstabe die Höhe unserer
Schulstube messen. Seht zu, ob ich's richtig mache! (Der Lehrer
mißt von links unten nach rechts oben.) Nun, was meint ihr? —
Wie muß ich denn messen? Wenn ich von einem Gegenstande die
Höhe messe, dann darf dies nur in senkrechter Richtung geschehen.
Ich messe jetzt in senkrechter Richtung. Wie hoch ist unsere Schul-
stube? — Wir wollen jetzt die Höhe dieses Berges (Modelles)
messen. In welcher Richtung muß dies ebenfalls geschehen? — Und
— 496 —
zwar vom Gipfel bis zum Fuße. Wie fangen wir es aber an, daß wir
vom Fuße bis zum Gipfel in senkrechter Richtung messen können?
Ich stecke einen Stab in das Sandmodell bis auf den Grund und
messe dann den Stab. Oder? Ich lege ein Lineal wagerecht über
den Gipfel und messe denn den Abstand zwischen Lineal und Reiß-
brett. So wollen wir's jetzt einmal machen. A. soll das Lineal wage-
recht über den Gipfel legen und B. soll die Höhe ausmessen! Wie
hoch ist dieser Berg? — Wie ermittelt man also die Höhe eines
Berges? — (Die Höhe eines Berges von seinem Fuße aus gemessen
heißt relative Höhe.)
Wie hoch ist der Windmühlenberg? — Wie hat man diese Höhe
ermittelt? Vom Fuße bis zum Gipfel in senkrechter Richtung ge-
messen. Der Fuß des Windmühlenberges ist aber nicht der tiefste
Punkt in jener Gegend. Auf der Ostseite des Windmühlenberges
befindet sich eine viel tiefer gelegene Stelle. Welche meine ich? Die
Oker. Wie nennen wir die Oberfläche eines Gewässers, weil sie einem
Spiegel gleicht? Wasserspiegel. Was können wir also als tiefste
Stelle in der Nähe des Windmühlenberges bezeichnen? Den Wasser-
spiegel der Oker. Wir wollen jetzt die Höhe des Windmühlen-
berges nach dem Wasserspiegel der Oker bestimmen. Wie muß ich
dann messen? Vom Gipfel bis zum Wasserspiegel. Diese Entfer-
nung beträgt 25 Meter. Was kannst du also vom Gipfel des
Windmühlenberges sagen? — Sprecht: Der Gipfel des Wind-
mühlenberges liegt 25 Meter über dem Wasserspiegel der Oker.
Auf der Erdoberfläche gibt es aber Stellen, welche noch tiefer
liegen als der Wasserspiegel der Oker. Wir begleiten die Oker bis
zu ihrer Mündung. Sie mündet in die Aller. Was folgt daraus
für den Wasserspiegel der Aller? Liegt tiefer. Weshalb muß der
Wasserspiegel der Aller tiefer liegen als der Wasserspiegel der Oker?
— Die Aller fließt in die Weser. Was folgt daraus für den Wasser-
spiegel der Weser? Muß noch tiefer liegen. Weshalb? — Die
Weser mündet zuletzt in ein Wasser, das so groß ist, daß wir es gar
nicht übersehen können. Wie nennt man dieses große Wasser? Meer
(Nordsee). Die Weser fließt also ins Meer. Was folgt daraus für
den Wasserspiegel des Meeres (Meeresspiegel)? Noch tiefer. Wenn
.das Wasser der Weser (und aller Flüsse) im Meere angelangt ist,
dann kann es nicht mehr abwärts fließen. Welcher Teil der Erd-
oberfläche liegt also am tiefsten? Meer (Meeresspiegel). Denn welche
Stelle sucht ja das Wasser stets auf? — Der Wasserspiegel des
Meeres liegt aber nicht nur tiefer als der Wasserspiegel aller Flüsse,
sondern er ist auch (wie der des Teiches) überall gleich hoch. Wie
ist es in dieser Beziehung beim Flusse? — Wie aber beim Meere?
— Deshalb bestimmt man die Höhe der Berge usw. fast immer nach
dem Meeresspiegel. Stellen wir uns vor, das Meer reichte bis zum
Windmühlenberge. Ständen wir dann auf dem Gipfel desselben, so
würden wir uns 97 Meter über dem Meeresspiegel befinden. Der
Gipfel des Windmühlenberges liegt 97 Meter über dem Meeres-
— 497 —
spiegel. Wieviel Meter liegt der Windmühlenberg über dem Wasser-
spiegel der Oker? 25 Meter. Wieviel Meter liegt also der Meeres-
spiegel tiefer als der Wasserspiegel der Oker? 72 Meter. Merkt euch:
Wenn von einem Berge oder Gebirge die Höhe ohne irgendeinen
Zusatz angegeben ist, so denkt man immer an die Höhe über dem
Meeresspiegel. Was heißt: Die Asse ist 200 Meter hoch? — Was
heißt: Der Elm ist 300 (325) Meter hoch? — Der Brocken ist
1142 Meter hoch? — (Die Höhe eines Berges vom Meeresspiegel
aus gemessen heißt Seehöhe und absolute Höhe.)
Die Höhe eines Berges kann von seinem Fuße aus und vom
Meeresspiegel aus gemessen werden.
5. Graphische Darstellung. Wir wollen jetzt die Zeichnung dieses
Berges versuchen. Wir zeichnen ihn so, wie er unserem Auge von
ferne erscheint. (Der Lehrer hebt das Reißbrett mit dem Berge in
Augenhöhe des Schülers.) Als was erscheint auch das Reißbrett?
Als gerade Linie. Ich zeichne sie. Über dieser Linie soll sich der
Berg erheben. Welche Punkte des Berges zeige ich jetzt? Gipfel,
zwei Fußpunkte. Wie weit liegen die beiden Fußpunkte ausein-
ander? — Gebt die beiden Fußpunkte auf dieser wagerechten Linie
an! Liegt der Gipfel über diesen beiden Punkten genau in der
Mitte? — Nach welcher Seite liegt er mehr? — Gib jetzt an, wohin
ich den Gipfelpunkt zeichnen soll! Verbinde den Gipfelpunkt mit
den beiden Fußpunkten! Nun habt ihr ein Bild dieses Berges von
dieser (östlichen, westlichen usw.) Seite erhalten. Wir wollen ihn jetzt
von einer anderen Seite zeichnen. Geschieht. Auf den Unterschied
aufmerksam machen!
Wir haben jetzt den Berg so gezeichnet, wie wir ihn von der
Seite sehen, — die Seitenansicht des Berges. Jetzt wollen wir den
Berg zeichnen, wie ihn der Vogel aus der Luft schaut, — „aus der
Vogelschau". Ich halte deshalb den Berg so, daß ihr ihn von oben
(„aus der Vogelschau") seht. Umfahre den Fuß des Berges! Das
ist die Fußlinie desselben. Zeige du die Fußlinie auch noch einmal!
Als was erscheint sie uns? — Versuche sie auf die Wandtafel zu
zeichnen! — An welcher Stelle hat er die Fußlinie nicht richtig ge-
zeichnet? — N., verbessere! — Als was erscheint euch nun der Gipfel
des Berges? Als kleiner Kreis. Gib seine Lage zur Fußlinie an!
Nicht in der Mitte, sondern mehr nach NW. Bezeichne an der Wand-
tafel die Stelle, an welche ich den kleinen Kreis für den Gipfel setzen
soll! — Nun fehlen noch die Abhänge. Diese bezeichne ich durch
gerade Striche. Woher kommen sie? Von der Fußlinie. Gib ihre
Richtung an! Sie sind alle auf den Gipfelpunkt gerichtet. Diese
Striche heißen Schraffen. Wodurch habe ich also die Abhänge be-
zeichnet? Durch Schraffen. Jetzt kann ich die Fußlinie wegwischen,
denn der Fuß wird durch die Schraffen allein schon deutlich ange-
geben. So, wie wir den Berg jetzt gezeichnet haben, wird er ge-
wohnlich auf den Karten dargestellt. Was habt ihr euch unter dem
kleinen Kreise zu denken? — Unter den Schraffen? — Erkennt ihr
Zimmermann, Anschauungsunterricht. II. Band. 32
— 498 —
auch die Verschiedenheit der Abhänge dieses Berges? Denkt an
unseren alten Erfahrungssatz: Kurze Wege, steile Abhänge; lange
Wege, sanfte Abhänge! Sucht die steileren Abhänge auf! — Nun
die sanfteren! — Gebt sie nach den Himmelsgegenden an! —
IV. Gebirge. 1. Begriff. Neben dem Windmühlenberge steht kein
anderer Berg, der Windmühlenberg ist ein einzeln stehender Berg.
Gewöhnlich stehen aber viele Berge neben- und hintereinander. Merkt
euch: Viele neben- und hintereinander stehende Berge nennt man
ein Gebirge. Erfragen! Chor! Fange an: Ein Gebirge besteht
(Hinweis auf die Bedeutung der Vorsilbe Ge; Gebüsch = viele
Büsche; Gewölk ^ viele Wolken; Gebirge = viele Berge.)
Wenn wir im Felde oder auf dem Windmühlenberge stehen
und nach Süden schauen, dann erblicken wir in der Ferne auch viele
neben- und hintereinander liegende Berge. Was bilden diese Berge
deshalb? Gebirge. — Weshalb nennen wir diese Berge ein Ge-
birge? Das Gebirge, welches ihr dort seht, ist der Harz. Wie heißt
das Gebirge? — Was ist der Harz? Sprecht: Der Harz ist ein
Gebirge (oder: unser nächstes Gebirge). Weshalb ein Gebirge?
Unter den Bergen des Harzes ist der Brocken der höchste. Wer ist
schon im Harze gewesen? — Wer schon auf dem Brocken? — Wie
bist du hinaufgekommen? Gegangen, gefahren. Wer hat schon ein
anderes Gebirge gesehen? — Welches? — Weshalb ist der Wind-
mühlenberg kein Gebirge? —
Ein Land, in dem sich ein Gebirge hinzieht, ist gebirgig. Wie
ist aber ein Land, welches keine Berge und keine Hügel hat? Eben.
Wie kann also ein Land sein? Em Land kann gebirgig, hügelig
oder eben sein. (Bergland, Hügelland, Ebene.)
2. Bergkette. Hier seht ihr mehrere Berge verkleinert aus
Ton dargestellt. Sieh nach, ob es einzeln stehende Berge sind! Was
hast du gefunden? Sie stoßen aneinander, hängen zusammen. Was
kannst du über ihre Lage sagen? Sie liegen in einer Reihe. Weil
diese Berge aneinanderstoßen und in einer Reihe liegen (wie die Glie-
der einer Kette), bilden sie eine Bergreihe oder Bergkette. Erfragen!
— Mit welchem Rechte kann man hier von einer Bergkette sprechen?
— Was ist eine Hügelkette? —
3. Arten. Wie hoch ist unser Windmühlenberg ? — Der Brocken
ist 1142 Meter hoch. Andere Berge sind noch höher. Was ist bei
den Bergen (Gebirgen) also sehr verschieden? Höhe. Erreichen die
Gebirge eine Höhe von 500 Metern, so nennt man sie Untergebirge
(Vorberge). Sind sie ungefähr 500 bis 1500 Meter hoch, so heißen
sie Mittelgebirge. Beträgt ihre Höhe mehr, also über 1500 Meter,
so führen sie den Namen Hochgebirge. Welche Gebirge nennen wir
also Untergebirge? — Mittelgebirge? — Hochgebirge? —
4. Teile. Gib die Teile eines Berges noch einmal an! Bei
einem Gebirge unterscheidet man den Fuh, den Abhang, den Rücken
oder Kamm. Wo ist der Fuß? — Wo der Abhang? — Welchen
Teil des Gebirges nennt man Rücken oder Kamm? — Woher sind
— 499 —
dies? beiden Ausdrücke genommen? — (Rücken heißt der oberste
Teil des Gebirges, wenn er breit ist, Kamm, wenn er schmal ist.)
5. Graphische Darstellung. Ich zeige euch jetzt, wie man ein
Gebirge aus der Karte darstellt. Man zeichnet auch die Gebirge so,
wie man sie von oben (aus der Vogelschau) sieht. Wir beginnen
mit dem Kamm des Gebirges. Diesen kann ich natürlich nicht, wie
bei .einem Berge, durch einen kleinen Kreis darstellen. Als was er-
scheint der Kamm des Gebirges von oben gesehen? — Zeichnen! —
Wodurch bezeichne ich die Abhänge? ^-chrasfen. Wie stelle ich steile
Abhänge dar? Kurze Schraffen. Wie sanfte? Lange Schrassen.
Da die Abhänge der Berge von weitem gesehen eine dunkle Für-
bung haben, so gibt man ihnen auch auf der Karte eine dunkle Farbe
(braun). Je höher die Berge sind, je dunkler zeichnet man sie. Um-
gekehrt? — Berge, die mit ewigem Schnee bedeckt sind, erhalten
da, wo ihre Spitzen liegen, helle Färbung. (Die Zeichnung der
Berge und Gebirge muh in der Weise ausgeführt werden, wie die
Karte, welche die Kinder später sehen sollen, sie zeigt. Vorstehende
Ausführungen werden also unter Umständen zu modifizieren sein.)
6. Nutzen. Wir haben in diesem Jahre einen Ausflug nach
der Asse gemacht. Womit sind die Abhänge der Asse bewachsen?
Bäumen. Wer ist schon im Harze gewesen? Womit sind die Berge
des Harzes bewachsen? Mit Bäumen — vielen Bäumen — Wäldern.
Womit sind die meisten Berge bedeckt? Sprecht: Die meisten Berge
sind mit Wäldern bedeckt. Welchen Nutzen gewähren uns die Wäl-
der? Sie liefern uns Holz (Bauholz, Brennholz usw.), viele nützliche
Tiere (Hasen, Hirsche, Rehe usw.), Beeren usw.
Auf den Abhängen mancher Berge wachsen saftige Gräser und
gewürzige Kräuter. Das Gras auf unseren Wiesen wird im Sommer
abgemäht. Das Gras, das hoch oben auf den Bergen wächst, wird
nicht abgemäht, sondern abgeweidet. Welche Tiere treibt der Hirt
auf die Berge? — Wie nennt man die Grasplätze, auf denen das
Vieh weiden (fressen) soll? Darum: Aus vielen Bergen sind treff-
liche Viehweiden.
Welche Berge gefallen den Kindern am besten? Weinberge.
Weshalb? — Auf vielen Bergen baut man Wein.
Welche Handwerker verarbeiten (gebrauchen) sehr viel Eisen? —
Was machen sie daraus? Woraus sind unsere Geldstücke gemacht?
Gold, Silber, Nickel, Kupfer. Wozu benutzen wir das Gold sonst
noch? — Das Silber? — Das Kupfer usw. Womit heizen wir
unsere Öfen? Kohlen. Womit würzen wir unsere Speisen? — Eisen,
Silber, Kupfer, Kohlen, Salz usw. nennt man Erdstoffe oder Mine-
ralien. Erfragen! — Diese Erdstoffe oder Mineralien werden aus
der Erde gegraben; aber hier in den Ebenen würden wir umsonst
danach suchen und graben. Wo findet man sie? — Diese Mineralien
können wir nicht entbehren (Beispiele!), sie sind unentbehrlich. Er-
fragen! Darum: Aus manchen Bergen werden unentbehrliche
32*
— 500 —
Erdstofse oder Mineralien gegraben. Nenne unentbehrliche Mine-
ralien!
Wenn ihr bei starkem oder kaltem Winde auf der Straße spielt,
dann sucht ihr ein geschütztes Plätzchen auf. Wo findet ihr Schutz
gegen den kalten Wind? Haus, Mauer. Das Haus hält den Wind
zurück. Wo finden wir im Felde Schutz gegen den kalten Wind?
Nirgends. Nun denkt euch, in der Gegend, aus welcher der Wind
kommt, stände ein hohes Gebirge. Was wird das Gebirge tun (gerade
wie das Haus und die Mauer)? Wind zurückhalten, uns schützen.
Darum: Die Berge schützen ganze Gegenden gegen rauhe Winde.
Inwiefern ist es wichtig für eine Gegend, wenn sie gegen rauhe Winde
geschützt ist? —
Auf den Bergen schmilzt im Frühlinge der Schnee ganz oder
teilweise. Wo bleibt das Schneewasser? — Wo das Regenwasser?
— Viele, viele Wassertropfen dringen in den Boden ein. Unter der
Erde fließen viele von ihnen zusammen und suchen sich einen Weg,
um wieder ans Tageslicht zu kommen. Am Fuße des Berges quillt
das Wasser endlich hervor. So entstehen Quellen, Bäche und Flüsse.
Die meisten Flüsse kommen von den Bergen: Die Berge sind der
Ursprung vieler Flüsse. Rückblick! —
35. Das Tal.
I. Begriff. Hier seht ihr das Modell eines Gebirges. Betrachtet
diese beiden Berge! Welche Teile derselben liegen nahe beisammen?
Füße. Welche Teile liegen weit voneinander entfernt? Spitzen.
Stehe ich auf der Spitze dieses (eines) Berges, dann stehe ich hoch.
Wie stehe ich aber, wenn ich zwischen den Füßen dieser Berge stehe?
Niedrig, — tief. Zwischen diesen beiden Bergen befindet sich eine
Vertiefung. Erfragen! Zeige die Vertiefung zwischen diesen Bergen!
Merkt euch: Eine Vertiefung zwischen zwei Bergen oder Hügeln
nennt man ein Tal. Erfragen! — Fang' an: Ein Tal ist usw.!
Chor! — Was zeige ich euch hier? Tal. Zeige noch ein Tal an
diesem Modell! — Wo befindet sich in der Nähe Braunschweigs
ein Tal? — (Nußberg.) Wo können nur Täler entstehen? Wieviel
Berge gehören mindestens zu einem Tale? — Wo nur ein Verg ist, Kann
auch Kein Tal entstehen. Berge und Täler gehören immer zusammen.
II. Teile. Zeige die beiden Seiten dieses Tales! Wodurch
werden sie gebildet? Abhänge der Berge. Die beiden Seiten eines
Tales nennt man Talwände. Erfragen! Chor! Zeige die beiden
Talwände! —
Zeige die tiefste Stelle des Tales! Die tiefste Stelle eines Tales
führt denselben Namen, wie der unterste Teil des Fußes oder
Stiefels. Welchen also? Sohle — Talsohle. Sprecht: Die tiefste
Stelle eines Tales Hecht Talsohle. Zeige die Talsohle! — Die Tal-
wände? — Welche beiden Teile unterscheidet man bei jedem Tale?
Bei jedem Tale unterscheidet man die Talwände und die Talsohle.
— 501 —
III Arten. Die Talsohlen haben nicht immer dieselbe Breite.
Wann ist eine Talsohle breit? Wenn die Berge weit auseinander
stehen. Wann ist eine Talsohle eng? — Die Talwände können das
Tal auch enge machen. Wann denn? Wenn sie recht steil sind.
Ein enges Tal mit steilen Talwänden nennt man eine Schlucht
oder Kluft. Erfragen! Zeige an diesem Modell eine Schlucht oder
Kluft! Ihr denkt bei dem Worte Kluft allerdings an etwas ganz
anderes, ich weiß es wohl. Was nennt ihr eine Kluft? Holzklobe.
Also achtet auf die Bedeutung des Wortes Kluft in der Heimats-
künde. (Bibel: „Es war eine große Kluft befestigt". Hier macht
man oft die Wahrnehmung, daß sich das Kind wirklich eine große
Holzklobe vorstellt.)
Wenn sich in einer Schlucht (Kluft) ein fahrbarer Weg befindet,
dann nennt man sie einen Hohlweg. Erfragen!
Eine sehr tiefe Schlucht wird Abgrund genannt.
Mitunter ist ein Tal (von ziemlich gleicher Länge und Breite)
auf allen Seiten (ringsum) von Bergen oder Hügeln umgeben.
Woran erinnert uns dann dieses Tal (diese Vertiefung)? An einen
Kessel in der Küche. Wie kann man ein solches Tal auch nennen?
Kessel, — Talkessel (oder Bergkessel).
Seht euch diese beiden Täler an! Zeige das größte von ihnen!
Das kleinere! Das kleinere Tal trifft an dieser Stelle mit dem größe-
ren zusammen, es mündet hier in das größere Tal. Das größere
Tal nennen wir Haupttal. Erfragen! — Welchen Namen wird nun
wohl das kleinere Tal führen? Nebental. Erfragen! — Es gibt
Haupt- und Nebentäler. Zeige das Haupttal! Das Nebental! —
(Das Haupttal ändert an der Vereinigungsstelle seine bisherige Rich-
tung und seinen bisherigen Namen in der Regel nicht.)
IV. Name. Wo sammelt sich das von und aus den Bergen
kommende Wasser? Im Tale. Was befindet sich deshalb fast immer
in einem Tale? — In den Tälern fliehen gewöhnlich Bäche, Flüsse
und Ströme.
Jeder Berg und jeder Hügel hat seinen Namen, auch jedes
Tal. Unsere Oker fließt im Harzgebirge in einem herrlichen Tale.
Welchen Namen führt dieses Tal? Okertal. Wonach ist es also
benannt? Nach der Oker. Wer ist schon im Okertale gewesen?
Erzähle! — Wer kennt noch ein anderes Tal im Harze? Bodetal.
Woher kommt dieser Name? Von der Bode. Die Bode ist der
tfliiß, der das Tal durchfließt. Die Täler pflegt man gewöhnlich
nach den Bächen und Flüssen zu benennen, welche dieselben durch-
fließen. Beispiele! —
V Nutzen. Wie die Berge, so haben auch die Täler ihr Gutes.
Was fließt gewöhnlich in den Tälern? — Darum: Die Täler sind
wasserreich.
Das von den Bergen herabfließende Regen- und Schneewasser
führt erdige Teile mit sich hinab in die Täler und macht sie frucht-
— 502 -
bar. Was sieht man deshalb dort? Gärten, Wiesen, Felder. Darum:
In den Tälern gibt es fruchtbare Gärten, Wiesen und Felder.
Auf den Spitzen der Schneeberge schmilzt der Schnee selbst im
heißesten Sommer nicht. Weshalb nicht? Zu kalt. Weshalb schmilzt
im Frühlinge der Schnee in einem Tale sehr bald? — Wie ist die
Luft in den Tälern? In den Tälern ist die Luft mild und warm.
Wo haben sich daher auch die Menschen am meisten angebaut
(angesiedelt)? In den Tälern haben sich die Menschen zahlreich
in Dörfern, Flecken und Städten angebaut. Weshalb? Rückblick!
36. Die stehenden Gewässer.
I. Pfütze, Lache, Tümpel, Pfuhl, Sumpf, Morast. Nach einem hef-
tigen Regen sieht man viele Stellen auf der Erde, wo das Regenwasser
stehengeblieben ist. Wie nennt man solche Stellen, wo sich das Regen-
wasser ansammelt? Pfützen oder Lachen. Wo ist das meiste Regen-
wasser geblieben? In die Erde gedrungen, fortgeflossen. In den
Pfützen und Lachen steht das Wasser (einige Zeit) ganz still, es rührt
sich kaum. Was für Gewässer sind deshalb Pfütze und Lache?
Stehende Gewässer. Was kannst du über die Größe dieser Ee-
wässer sagen? Es sind kleine, — die kleinsten stehenden Gewässer.
Sprecht: Pfützen und Lachen sind die kleinsten stehenden Gewässer.
Nach einigen Tagen sind die Pfützen und Lachen verschwunden.
Wo sind sie geblieben? Ausgetrocknet.
Größere Lachen, in welchen sich das Wasser längere Zeit erhält,
werden Tümpel genannt. Erfragen! — Was für ein Gewässer ist
auch der Tümpel? Stehendes Gewässer. Weshalb? -
Eine Ansammlung von unreinem, stinkendem Wasser heißt Pfuhl.
Erfragen! — Wo findet man zuweilen einen Pfuhl? In Dörfern.
Zu welchen Gewässern müssen wir auch den Pfuhl rechnen? — Wes-
halb? —
Ein seichtes, auf weichem Grunde stehendes Wasser nennt man
einen Sumpf. Was habe ich über die Wassertiefe des Sumpfes
gesagt? Seicht. Was verstehst du unter seicht? — Was habe ich
über den Grund des Sumpfes gesagt? Weich. Was geschieht mit
unseren Füßen, wenn wir durch einen Sumpf gehen? Sinken ein.
Weshalb? — Sprich jetzt über die Wassertiefe und den Grund des
Sumpfes! — Wo liegt bei B. sumpfiges Land? Zu welchen Ge-
wässern gehört auch der Sumpf? — Weshalb? —
Bei anhaltender Hitze verdunstet das Wasser der Sümpfe,
die Sümpfe trocknen aus. Dann wird aus dem Sumpfe ein Morast.
Erfragen! Wie entsteht ein Morast? —
Wir haben bis jetzt von den kleinsten stehenden Gewässern ge-
sprachen. Wiederhole sie! Wann nennst du ein stehendes Gewässer
einen Pfuhl? — Einen Sumpf? — Eine Pfütze? usw.
II. Der Teich. 1. Gang zum Teiche. Wohin haben wir
gestern unseren Spaziergang gerichtet? Bürgerpark. Ihr seid schon
— 503 —
oft im Bürgerparke gewesen. In welcher Jahreszeit geht ihr fast
täglich nach dem 23.? Winter. Was macht ihr denn im Winter
dort? Laufen Schlittschuhe. Wer kann schon Schlittschuhe laufen?
Welchen Weg sind wir von der Schule aus gegangen? Weshalb
haben wir den Weg durch den Bahnhofspark gewählt? — Weshalb
heißt dieser Park Bahn Hofspark? — Welches Gewässer hatten
wir im Bahnhofsparke zu unserer Rechten? Oker. Zu unserer
Linken? Teich. An welchem Gebäude kamen wir dann vorbei?
Wasserwerk, — am alten Wasserwerke. Weshalb nenne ich dies Ge-
bäude das alte W.? — Wo ist das neue W.? — Womit versorgt
das W. die ganze Stadt? — Welcher Park liegt hinter dem Wasser-
werke? Bürgerpark. Der Bürgerpark wird durch die Oker in zwei
Teile geteilt. Eine schöne steinerne Brücke führt über die Oker. Wo
machten wir zuerst Halt? Auf der Brücke. Ich warf von der
Brücke aus ein Stück Papier in die Oker. Was geschah mit dem
Papier? Ward fortgetragen, weiter, immer weiter von uns fort.
Wie geht das zu? Das Wasser der Oker fließt. Was für ein Ge-
wässer ist deshalb die Oker? Fließendes Gewässer. Sprecht Die
Oker ist ein fachendes Gewässer. Dann setzten wir unseren Marsch
wieder fort. Wie weit sind wir gegangen? Bis zum Teiche.
2. Lage. Gib die Lage des Teiches an! Er liegt im Bürger-
parke dicht an der Wolfenbüttelerstraße.
8. Größe und Gestalt. Schätze die Länge des Teiches! —
Die Breite! — Wieviel Meter sind das? (2 Schritte = 1 Meter.)
Nun die Gestalt! Er ist nicht rund, nicht länglichrund, nicht vier-
eckig, — er hat eine unregelmäßige Gestalt.
4. Begriff. Wir haben in diesem Sommer schon mehrere Teiche
gesehen. Wo? — Was enthalten sie? Wasser. Welchen Namen
geben wir ihnen deshalb? Gewässer. Wir warfen auch auf den
Teich ein Stück Papier. Was haben wir dabei beobachtet? Fließt
nicht fort. Wie geht das zu? Wasser steht still. Was für ein Ge-
wässer ist deshalb der Teich? — Vorhin haben wir auch die Größe
des Teiches angegeben. Wiederhole sie noch einmal! — Der Teich
ist also nur ein kleines Gewässer. Fasse beides zusammen! —
Sprecht: Der Teich ist ein kleines stehendes Gewässer. Vor meh-
reren Iahren war von dem Teiche noch nichts zu sehen. Was war
der ganze Park früher? Große Wiese. Aus der Wiese wurde ein
Park gemacht und dabei der Teich angelegt. Viele fleißige Hände
gruben den Grund aus und ließen Wasser hinein. Der Teich ist also
nicht von ^selbst entstanden, er ist von Menschenhänden (künstlich)
angelegt. Füge dies zu dem vorigen Satze hinzu! — Nennt Teiche,
die ihr kennt! Bei Riddagshausen usw.
5. Teile, a) Ufer oder Damm. Wir standen am Rande des
reiches. Wie wird der Rand eines Teiches genannt? Sprecht:
Der Rand eines Teiches wird Ufer oder Damm genannt. Bei welchen
Gewäjsern haben wir den Namen Ufer schon kennen gelernt? Bach,
Fluß, Strom. Wieviel Ufer hat der Fluß? — Wie unterscheidet
— 504 —
man sie? — Auf diese Weise können die Ufer eines Teiches nicht
bestimm! werden. Weshalb nicht? — Die Ufer eines Teiches be-
stimmt man nach den Himmelsgegenden. Man sagt z. 23.: Diese
Seite ist die östliche oder die Ostseite usw.
Die Ufer eines Berges können hoch oder niedrig sein. Wie ist
das Ufer bei dem Teiche im Bürgerparke?
b) Bett oder Kessel. Wie nennen wir die Vertiefung, in
welcher der Fluß fließt? Bett. Die Vertiefung, in welcher das
Wasser des Teiches steht, nennen wir gleichfalls Bett oder auch
Kessel. Erfragen! —
c) Grund, Tiefe. Was taten wir mit dem langen Stabe,
den wir mitgenommen hatten? Ins Wasser gesteckt. Bis wohin
steckten wir den Stab? Grund. Wie nennt man den Boden, auf
deni das Wasser des Teiches ruht? — Sprecht: Der Boden, auf
dem das Wasser des Teiches ruht, wird Grund genannt. — Wes-
halb steckten wir den Stab bis auf den Grund? Wollten die Tiefe
des Teiches erfahren. Wie erfahren wir die Tiefe auf diese Weise?
Messen den nassen Teil am Stabe. Wir haben die Tiefe des
Teiches an verschiedenen Stellen gemessen. Was haben wir ge-
funden? Nicht überall gleich tief. Hat das Wasser eines Teiches
nur geringe Tiefe, dann ist es seicht. Was zeigte sich im Wasser,
als wir den Stab bis zum Grunde einstachen? Blasen stiegen an die
Oberfläche, — das Wasser wurde schmutzig. Was erkennt ihr daran?
Der Grund des Teiches ist mit Schlamm bedeckt (schlammig). Wie
kommt der Schlamm auf den Grund des Teiches? —
d) Teichoberfläche. Als wir unseren Gang nach dem Teiche
machten, war das Wetter ganz ruhig, es rührte sich kein Lüftchen.
Wir betrachteten die Oberfläche des Wassers. Was bemerkten wir?
Sie war ruhig, glatt. Warum? — Was sahst du von dir, als
du dich über den Rand des Wassers beugtest? Bild. Woran erinnert
dich das? Spiegel. Was ist also die Oberfläche des Wassers?
Spiegel, — Wasserspiegel. Und so nennen wir sie auch. Sprecht:
Die Oberfläche des Wassers wird Wasserspiegel genannt. Weshalb?
Welche Dinge spiegelten sich auch im Wasser? Himmel, Sonne,
Büsche und Bäume am Ufer.
Ich gieße etwas Wasser auf dieses Brett. Jetzt bleibt das
Wasser ruhig stehen. Weshalb? Ich halte das Brett wagerecht.
Was tut das Wasser jetzt? Fließt herab. Weshalb? — Weshalb
fließt auch das Wasser in der Oker weiter? — Was für eine Lage
muß deshalb auch die Oberfläche eines Flusses haben? Schräge.
Die Oberfläche des Teiches hat eine wasserrechte oder wagerechte
Lage. Sprecht das zusammen! Nennt Dinge in der Schulstube,
die eine wagerechte Lage haben! —
Karl W. mußte auf meinen Befehl einen Stein in die Mitte der
ruhigen Wasserfläche werfen. Wo blieb der Stein? Sank unter,
fiel auf den Grund. Was habt ihr an der Stelle des Einwurfs
beobachtet? Wellen. Welche Gestalt hatten die Wellen? Kreisrund.
— 505 —
Sprich über ihre Zahl! Es waren viele hintereinander. (Anzeichnen
an die Tafel!) Solche Wellen nennt man Kreiswellen.
Die Oberfläche eines Teiches (stehenden Gewässers) ist nicht
immer ruhig und glatt. Wann bewegt sie sich? Wenn der Wind
weht? Was entsteht durch diese Bewegung? Wellen. Vergleiche sie
mit den vorigen! Lang wie Ackerfurchen, — hintereinander. Solche
Wellen nennt man Längswellen. Was für Wellen unterscheidet
man also? Sprecht: Man unterscheidet Kreiswellen und Längs-
wellen. Vergleiche Kreiswellen und Längswellen! Vergleiche die
Erreger der Wellen! Wir haben auch auf die Richtung des Windes
und der Wellen geachtet. Was haben wir da festgestellt? Der
Wind kam von Westen, die Wellen gingen nach Osten. Gib die
Richtung der Wellen bei Ostwind an! — Bei Nordwind! — Bei
Südwind! — Was erkennst du also am Gange der Wellen? Rich-
tung des Windes.
Ich will euch jetzt an die Tafel zeichnen, wie die Wellen aus--
sehen, wenn man sie von der Seite betrachtet. Was für eine Linie
ist da entstanden? Schlangenlinie (Wellenlinie). Dies sind die
höchsten Punkte der Wellen; sie heißen Wellenberge. Erfragen!
Zeige die Wellenberge! Wie können wir nun wohl den Raum
zwischen zwei Wellenbergen nennen! Wellental. Zeige die Wellen-
täler! — Aus welchen beiden Teilen besteht also jede Welle? Sprecht:
Jede Welle besteht aus einem Wellenberge und einem Wellentale.
Die Wellen eines Teiches (stehenden Gewässers) sind nicht immer
gleich hoch (groß). Wodurch werden die Wellen des Teiches hervor*
gebracht (verursacht)? Wind. Wann sind die Wellen hoch (groß)?
Bei starkem Winde. Wann klein? Bei schwachem Winde. Wonach
richtet sich also die Größe der Wellen? Die Größe der Wellen
richtet sich nach der Stärke des Windes.
Wohin schlagen die Wellen? Ufer. Was hörst du dann? Plät-
schern. Was siehst du auf den Wellen? Grau-weißen Schaum,
wir warfen ein Stückchen Holz in die Wellen. Was sahst du da?
Es schwankte auf den Wellen, tanzte auf denselben; es wurde an
das Ufer geworfen; es prallte vom Ufer zurück. Was geschieht
nämlich auch mit den Wellen, wenn sie gegen das Ufer schlagen?
Werden zurückgeworfen. Brandung.
e) Insel, Halbinsel, Bucht. Was sahen wir mitten im
Teiche? Ein Stück Land. Welche Gestalt hat es? — Was steht
darauf? — Wie kommt man dorthin? Kahn, Boot. Wovon ist
nämlich das Stückchen Land rings umgeben? Wasser. Ein Stück
Land, das rings mit Wasser umgeben ist, nennen wir eine Insel.
Wiederhole! — Was ist also eine Insel? Sprecht: Eine Insel ist
em Stück Land, das rings mit Wasser umgeben ist! Was befindet
sich also m dem von uns besuchten Teiche? Insel. Warum nennst
du das Stück Land eine Insel? —- In welchem Teiche finden wir auch
eme Insel? Petritorwalle. Was befindet sich auf der Insel? Bäume.
Entenhaus.
— 506 —
Au der Südostseite unseres Teiches ragt ein Stück Land ziemlich
tief in den Teich hinein. Vergleiche dieses Stück Land mit den im
Teiche liegenden Inseln! Die Insel ist auf allen Seiten mit Wasser
umgeben, das Landstück ist aber nur auf drei Seiten (zeichnen und
zeigen!) vom Wasser umgeben, auf der vierten Seite hängt es mit
dem Ufer zusammen. Ein solches Stück Land nennt man eine Halb-
insel. Erfragen! Warum können wir es keine Insel nennen?
Warum ist es eine Halbinsel? — Was ist also eine Halbinsel? —
Sprecht: Eine Halbinsel ist ein Stück Land, welches auf drei Seiten
vom Wasser umspült wird, auf der vierten Seite aber mit dem Ufer
zusammenhängt.
An der einen Seite (an welcher?) machte das Wasser einen tiefen
Einschnitt in den Park (das Land). (Anzeichnen an die Wandtafel!)
Das nennt man eine Bucht. (Bucht ist von biegen abgeleitet.)
k) Pflanzen, Tiere. Welche Pflanzen wachsen im Teiche?
Schilf, Rohr, Schachtelhalm. Schilf mit langen, breiten Blättern,
die gleich aus dem Wurzelstocke kommen. Rohr ist auch lang, hohl,
mit Tanten, an denen die Blätter sitzen. Schachtelhalm hohl, läßt
sich in einzelne Teile zerreißen! (Pfeifen, an die Lippen gehalten!)
Schilf und Rohr stehen gewöhnlich am Rande des Teiches- weiße
und gelbe Seerosen, Froschlöffel usw.
Welche Tiere schwimmen auf einem Teiche? Schwäne, Enten,
Gänse. Was suchen sie im Wasser? — Wie finden sie ihre Nahrung?
Welche Tiere leben im Teiche (Wasser)? Fische, Frösche, Käfer usw.
Nennt Fische! Käfer! Gelbrand usw. Beschreibe, wie du den Gelb-
rand aufsteigen sahst! Hing mit dem Kopfe nach unten an der
Oberfläche des Wassers. Seht, er macht's hier im Glase auch so!
Fährt dann bald wieder in die Tiefe, holt sich Luft an der Ober--
fläche. Welche Tiere fliegen über dem Teiche hin und her? -
III. Der Weiher. Bei dem Teiche im Bürgerparke suchten wir
die Stelle, an welcher das Wasser in den Teich hineinfließt. Was
weißt du darüber zu berichten? — Wir sagen deshalb: Der Teich
hat keinen Zufluß. Welche Stelle suchten wir dann? — Berichte
darüber! — Der Teich hat auch keinen Abfluß. Fasse beides zu-
sammen! Der Teich im Bürgerparke hat keinen Zu- und Abfluß.
Es gibt aber Teiche, welche Zu- und Abfluß haben. Ein Teich mit
Zu- und Abfluß heißt Weiher. Erfragen! Was ist also ein Weiher?
Sprecht: Ein Weiher ist ein Teich mit Zu- und Abfluß.
IV. Der See. In manchen Gegenden gibt es Teiche (Weiher),
die sehr, sehr groß sind; ihre Ufer sind oft viele Stunden lang und
ihr Wasser ist so tief, daß große Schiffe auf demselben fahren können.
Ein so großes stehendes Gewässer nennt man einen See. ^Setze
das bestimmte Geschlechtswort vor See! Der See. Der See ist
an allen Seiten von Land umgeben und heißt deshalb auch Landsee.
In unserer Gegend gibt's keine Seen. Nennt einen See, der in der
biblischen Geschichte vorkommt! Genezareth.
— 507 —
V. Das Meer. 1. Namen. Wo sammelt sich das Wasser
aller (der meisten) Flüsse? Meer. Welche Namen führt das Meer
noch? Ozean, die See. Sprecht: Das Meer wird auch Ozean
oder (die) See genannt.
2. Größe. Das Meer ist eine ungeheuer große, zusammen-
hängende Wassermasse. Das Meer ist größer als alles Land zu-
sammen (nimmt den größten Teil der Erdoberfläche ein). Wer z. B.
von unserem Lande nach Amerika reist, muß etwa 600 Meilen weit auf
dem Schiffe fahren. Vergleiche das Meer (die See) mit einem Land-
see! — Das Meer ist aber nicht nur größer als ein Landsee, sondern
auch viel, viel tiefer. Es ist tiefer, als der größte Kirchturm hoch ist.
3. Teile. 3) Ufer. Wie nennen wir den Rand eines Flusses,
Teiches usw.? Ufer. So nennt man auch den Rand des Meeres.
Wie also? Ufer, Meeresufer. Nennt für Meeresuser noch andere Be-
Zeichnungen! Allste, Gestade. Flache Meeresufer nennt man Strand.
Einprägen! Was ist Küstenland? —
b) Meeresbecken. Die Vertiefung, in der sich das Meer-
wasser befindet, wird Meeresbecken genannt. Wie der Boden des
Meeres? Meeresgrund.
c) Das Meerwasser. 33) Farbe und Geschmack. Das
Meerwasser hat eine andere Farbe als das Wasser in unserer Oker.
Wie sieht das Okerwasser aus? Ist farblos. Das Meerwasser hat
eine bläulich-grüne Farbe. Wiederhole! Das Meerwasser kann man
auch nicht trinken. Es schmeckt salzig und widerlich bitter. Woher
kommt das? — Hier zeige ich euch Seesalz. Woraus ist es ge-
wonnen? — Fasse zusammen, was wir von dem Meerwasser gesagt
haben! —
(Nun koste einmal dieses Ouellwasser! Was kannst du über
den Geschmack desselben sagen? — Im Gegensatz zu dem widrigen
Meerwasser nennt man das Ouellwasser des Landes (Festlandes)
sühes Wasser. Unsere Bäche, Flüsse, Teiche usw. enthalten süßes
Wasser.)
dd) Oberfläche. Wie nennt man die Oberfläche des Meeres?
Meeresspiegel. Was entsteht auf der Oberfläche des Teiches, wenn
ich einen Stein hineinwerfe? Wellen. Wann entstehen ebenfalls
Wellen auf dem Teiche? Wind. So ist's auch auf dem Meere.
Was verursacht der Wind auch auf dem Meeresspiegel? Wellen.
Wie werden wir diese Wellen nennen? Meereswellen. Wie sind
die Meereswellen bei schwachem Winde? Klein. Wann sind sie
groß? — Bei stürmischem Wetter gehen sie oft haushoch. Solche
Wellen nennt man Wogen, — Meereswogen. (Das Meer wogt.)
Was sind also Meereswogen? —
Wie weit bewegen sich die Wogen fort? Bis zur Küste. Was
hört man, wenn solche Wassermassen gegen die Küste geschleudert
werden? Brausendes Geräusch. Die Küste wirft die Woge (gerade
so. wie wir es beim Teiche beobachtet haben) wieder zurück. Mit
welchen Wogen trifft sie nun zusammen? Mit den nachfolgenden.
— 508 —
Was entsteht dadurch? Hohe Wasserberge. Die Wasserberge (das
Zusammenschlagen der vor- und rückwärtsfließenden Wogen) wird
Brandung genannt. Erfragen! Wie entsteht eine Brandung? —
6) Insel, Halbinsel. Der Boden des Meeres ist ebenso
gebildet wie das Festland. Was muß er also auch enthalten?
Ebenen, Hügel, Berge, Gebirge usw. Was bilden die Spitzen der
Berge und Gebirge, wenn sie über dem Meeresspiegel hervorragen?
Inseln. Weshalb nennst du sie Inseln? — Wenn eine Insel in der
Nähe der Küste ist, dann kommt es auch vor, daß sich der Raum
zwischen der Insel und dem Festlande nach und nach mit Schwemm-
land oder Sand ausfüllt. Was wird dann aus der Insel? Halb-
insel. Weshalb ist es jetzt nur noch eine Halbinsel? — An den
Meeresküsten gibt es viele Halbinseln.
e) Meerenge. Eine Stelle, wo das Meer zwischen zwei be-
nachbarten Küsten hindurchgeht, wo das Meer eng oder schmal ist,
heißt Meerenge, Kanal oder Straße.
i) Bucht, Meerbusen, Hafen. Beim Teiche im Bürger-
parke haben wir gesehen, wie das Wasser an der einen Stelle in
das Land eindringt oder einschneidet. Wie haben wir den Einschnitt
genannt? Bucht. Auch an der Meeresküste reicht das Meer oft
weit in das Festland hinein. Solche Einschnitte des Meeres in das
Land heißen Vaien oder Buchten. Was versteht man also unter
einer Bucht? — Woher der Name Bucht?
Größere Einschnitte nennt man Meerbusen oder Golfe. Erfragen!
— Wiederhole die Namen für kleinere Meereseinschnitte! Für
große Meereseinschnitte! —
Was ist auf diesem Bilde abgemalt? Stadt, Meerbusen, Schiffe.
Wozu dienen diese Schiffe (gerade wie die Eisenbahn)? Zur Per-
sonen- und Warenbeförderung. Was tun die Personen, die mit dem
Schiffe gekommen sind? Steigen aus. Welche Leute werden ein-
steigen? — Was geschieht mit den Waren? Ausgeladen. Ein Ort,
wo die Waren vieler Schiffe ein- und ausgeladen werden, nennt man
einen Hafen. Was ist also hier abgebildet? — Weshalb nennst du
diese Abbildung einen Hafen? — Bei heftigem Sturme fahren die
Schiffe gern in den Hafen. Weshalb wohl? Geschützt. Wozu
dienen die Häfen also auch? — Die Häfen gewähren den Schiffen
Schutz gegen den Sturm. Wie nennt man die Schiffe, welche Waren
bringen und andere wieder mit fortnehmen? Handelsschiffe. Bei
dieser Stadt ist ein großer Hafen. Wie nennt man eine Stadt am
Meere, die einen Hafen hat? Hafenstadt. Wer kennt eine wichtige
Hafenstadt? —
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