— 173 — hat Augen von Email, Arme und Hals mit kostbaren Spangen geschmückt. Neben ihr steht ein Pfau, der fast ganz aus edlen Steinen besteht. Auf einem Bronzetisch stehen die Opferwerkzeuge und geweihten Gefäße. Der Vesuv erhebt sich aus dem Ostgestade des Busens von Neapel 3800' hoch isolirt aus der Ebene. Gegen Norden und Osten umschließt ihn im Halbkreis der schmale isolirte Bergrücken Monte di Somma, wahr- scheinlich früher mit dem Vesuv ein Ganzes. An seinen sanften, in Frucht- barkeit Alles überbietenden Abhängen gedeihen Feigen, Aprikosen, Wein aufs Herrlichste, hier wächst der echte lacrymae Christi, hier wohnt in glänzenden Villen und Städten und Dörfern eine zahlreiche Bevölkerung in vollkommener Vergessenheit des überall drohenden Unterganges. Der Weg zieht sich ganz flach bergan. Nach und nach wird die Vegetation immer geringer, am Ende hört sie ganz auf und der öde Pfad, nun auch für das sicher schreitende Maul- thier und den bedächtigen Somaro nicht mehr gangbar, windet sich eng und gefährlich zwischen zusammengedrängten, starr und zackig emporstarrenden Massen braunrother Lavablöcke durch. Der Boden ist hier und da sehr heiß und unter Steinen qualmt manchmal ein weißer Rauch heraus. Der Krater des Vesuv ist ein ungeheurer runder Kessel, dessen Rand, aus verbranntem Gestein und Asche bestehend, 30—50' hoch ist, ihn zu umgehen braucht man eine Stunde. Bei jedem heftigen Ausbruch verändert sich seine Gestalt und vermehrt sich die Zahl seiner Oesfnungen. Aus einigen wallt beständig ein weißer, schweselgelblich schimmernder dichterDampf auf, und Gestein und Asche wirft der Vulean von 10 zu 10 Minuten immer aus. Der eigentliche jetzige Feuerschlund ist in der Mitte des ungeheuren Kessels, ein kleiner Kegel, an dessen Fuß man an verschiedenen Stellen, deren Zahl sich mit dem eintretenden Abenddunkel vermehrt, das Feuer der Erde bemerkt: da brennt wie düsterrothe Kohlengluth das Gestein des Berges und zwischen dem Feuer hin ziehen sich Lagen der schwarzen, mit Schwefel überzogenen Erde. Der Anblick und Ein- druck von der höchsten Höhe ist ebenso pracht- als machtvoll: der ganze Meer- busen in all seiner tausendfachen Pracht vor uns ausgebreitet, das ganze lange reiche reizende Gestade mit seinen leuchtenden Villenstädten, goldgrün pran- gend die Campagna Felice und Neapel mit seinen Gärten und Landhäusern und den Schiffen im Hafen, und all den Inseln groß und klein und Bergzüge und Vorgebirge und das Meer wie ein gewaltiger voller Silberstrom durch die blühende Küste ausgegossen, und über unserm Haupte in silbernem Feuer strah- lend an dem dunklen Blau des azurnen Himmels der Sterne zahlloses Heer, und zu unsern Füßen der brüllende Donner, bald dumpfer, bald wüthender, ein Getöse hohl zusammenschlagender Felsenberge, und plötzlich fährt faufend, zischend, rollend ein breiter Flammenstrahl empor; Steine und Asche steigen gluthsprühend über das Feuer hinaus in die Nacht und stürzen mit grauen- vollem Getöse theils wieder in den Schlund zurück, theils fallen sie rings auf den kleinen Kegel nieder und rollen an ihm hinab, wo die Feuerbälle ver- dampfen und langsam erkalten. — Seit 79 n. Ehr. haben 50 große Ausbrüche des Vesuvs stattgefunden, die drei schrecklichsten 1631 (wo sogar in Eonstan- tinopel die Asche niederfiel), 1767 und 1794 (wo in 6 Stunden die Lava 12 Meilen weit lief); in unserem Jahrhundert 1834und35, 1855, dann vom Juni 1858 bis November 1859, und der letzte im Deeember 1861. Ein