II. Das Haus. 157 uns auf dem Grunde der Seen und Moore u. dergl. so gut erhaltene Reste aufbewahrt sind, daß wir die Anlage derselben noch deutlich erkeunen können. Tausende von Pfählen wurden in den Grund des Sees hineingeschlagen. Auf denselben wurden dicke Stämme und starke Bohlen mit hölzernen Nägeln befestigt. Eisen kannte man noch nicht. — Darauf baute man zahlreiche Wohnhäuser aus Balken, überkleidete sie mit Flechtwerk und Lehm. Das Dach war aus Baumrinde, Reisig und Moos. Ähnlich waren natürlich auch die Häuser auf ebner Erde ausgeführt. Das Haus bestand aus einem einzigen Raum, der von allen Hausbewohnern, Herren und Knechten, als Aufenthaltsort benutzt wurde. Die Tür diente zugleich als Fenster. An den Seiten zogen sich Bänke längs hin. Schorn- stein, Dielen und Fenster fehlten. Als Esse und zugleich als Fenster diente ein Rauchloch. Der Fußboden war aus Lehm, Estrich hergerichtet. — Lampen kannte man auch noch nicht. Der Raum wurde abends erleuchtet durch Kienspäne und Fackeln. Allmählich fing man an, den einen Raum, den Herdraum, in mehrere zu teilen; das Gemach für die Frauen führte den besonderen Namen: Kemenate. Auch Fenster wurden nun an den Seiten des Hauses angebracht. Zum Verschließen derselben bediente man sich anfangs verschiedener Stoffe, wie Weidengeflecht, Holzgitter, Hornplatten, Ölpapier, Leinwand, Häute von Tieren. Später fing man an, die Häuser aus Steinen zu bauen. Nach und nach erhalten sie folgende Einrichtung. Die Fenster werden mit Läden ge- schlössen. Noch später bilden sie tiefe Nischen in dicken Mauern. Die ersten Glasfenster sind aus kleinen runden oder viereckigen in Blei gefaßten Glasscheiben gebildet, die entweder in der Mitte erhöht (Butzenscheiben) oder bunt bemalt sind. Die eine Wand ziert ein großer Kamin. Rings an den Wänden ziehen sich Bänke hin, mit Kissen und Decken belegt. Ein großer Tisch ruht auf gekreuzten Beinen. Einzelne Stühle mit geschweiften Lehnen, mehrsitzige Bänke mit Rücklehnen füllen das Zimmer. Ein hölzerner oder zinnerner, auch wohl messingner Leuchter hängt von der Decke herab. Wachs- lichter dienen zur Beleuchtung. Vor 100 Jahren waren die Häuser sehr geräumig. Die große Haus- flur war mit unregelmäßigen Steinplatten belegt. Das große Wohnzimmer hatte einen Erker, der im Sommer den Frauen zum Aufenthalte diente. Auf der andern Seite der Hausflur lagen die stattliche Küche und Wirtschafts-- zimmer. Aus dem Hausflur führte eine breite Treppe nach dem ersten Stockwerk. Hier gelangte man zuerst auf einen großen Vorsaal, der mit ansehnlichen Kleiderschränken besetzt war. Ein langer, hölzerner Gang führte vom Vorsaal ins Hinterhaus. Hier befanden sich gewöhnlich die Gastzimmer. — Raum war in solchem Hause in Fülle vorhanden. Wie werden dagegen in unserer Zeit die Wohnhäuser gebaut? (Nach Verschiedenen.)