175 Das Kaiserreich Japan. § 118 Dörfer umsäumen. Ein Oampfer brachte sie hinüber. Unterwegs beobachteten sie das Zischen mit Kormoranen (Wasser-Raben, Krähen-Scharben), Vögeln aus der Gattung der Pelikane. „Auf ein gegebenes Zeichen stürzten sich die Vögel von Klötzen aus in das Wasser und kehrten bald darauf mit Zischen, die zum Teil eine beträchtliche Größe hatten, zurück. Durch einen Reif, der um den hals des Vogels gelegt war, verhinderte man das verschlucken der Leute, fln dem Ringe war ein langer, gedrehter Strick befestigt, dessen anderes Ende der Fischer in der Hand hielt. Jeder Mann hatte sechs, acht oder selbst zehn der Vögel zu seiner Verfügung. Die Taue hielt der Betreffende in der linken Hand, während er mit der rechten die Zische aus den Schnäbeln der Scharben in Empfang nahm. Searle versicherte mir, daß im Biwasee ein guter Vogel in einer Stunde 100—150 mittel¬ große Zische fängt, die kleinen, die er verschluckt, nicht gezählt. Vas Kormoranfischen soll übrigens mehr bei Nacht mit Laternen, als am Tage betrieben werden." von der Westseite des Biwasee-Zipfels (vom Hafen (Dtsu) führt ein Kanal nach dem 10km westlich, jenseits eines Bergrückens gelegenen Kioto. Oer Kanal durchbricht an einer Stelle den Bergrücken in einem 3 km langen Tunnel, eine Erscheinung, die wahrscheinlich nicht zum zweitenmal in der Welt vorkommt. „Vir bestiegen ein Boot und wurden, ohne damals noch recht zu wissen, um was es sich handelte, in gerader Linie auf einen Zelsen zugerudert, bis wir plötzlich den Tunnel vor uns sahen. Laternen wurden angezündet, wir gondelten in den Berg, und da man am Eingange den Ausgang nicht sehen kann, fuhren wir in die Nacht hinein,- die Luft war naturgemäß dumpf und naßkalt. Einer der Bootsleute sang laut, um entgegenkommende Fahrzeuge auf unser Boot aufmerksam zu machen. Es berührte uns eigenartig, wenn wir urplötzlich unter dem Berge Papierlaternen sich uns nähern sahen. Oer Kanal ist gemauert und soll zuver- lässig ausgeführt sein. Als wir in der mitte angekommen waren, konnten wir sowohl den Punkt der Einfahrt, wie den Ausgang wahrnehmen." Kioto, Osaka und Uobe. Kioto liegt in einer landschaftlich herrlichen Talmulde am Kamofluß, den malerische § 118 Brücken überspannen. Kunhardt und sein Gefährte machten zunächst Ausflüge in die wunderbare Umgebung. Besonders reizvoll war eine Flußfahrt. „Wir fuhren durchs Gebirge einen Strom hinunter, der zu den hervorragendsten Naturschönheiten zählt, die ich bis dahin gesehen hatte. Er erinnerte in mancher Beziehung an den Arkansas Niver in den Eolorado Canons, nur waren die hohen Zelsen zu beiden Seiten nicht kahl, sondern mit Kamelienbüschen und -bäumen, mit Palmen und halbtropischen Zarnen überwuchert,' vielfach bemerkte ich Schildkröten zwischen diesem Pflanzenwuchs. Eine Stromschnelle folgte der andern- Searle und ich wußten nicht, ob wir uns mehr über die herrliche Natur freuen oder über die Kaltblütigkeit und Ruhe staunen sollten, mit der die vier das Boot bedienenden Leute es zu steuern wußten. An jeder der vielen unheilvollen Stellen hatte es den Anschein, als ob wir an einer der Felswände zerschellen müßten, aber jedesmal wußten die Bootsleute durch übereinstimmendes handeln dem Fahrzeuge im letzten Augenblick eine Richtung zu geben, durch die die Gefahr beseitigt wurde. Eine derartig fortgesetzte Aufregung in der wunderbar schönen Natur war unvergleichlich reizvoll. Unser langer Nachen schien einen ganz besonders dünnen Boden, wahrscheinlich aus sehr zähem holz, zu haben,- wenigstens konnte ich auf den Stromschnellen ihn sich bewegen sehen, als ob er aus dickem Papier hergestellt sei." — Schließlich saßen sie doch auf einem Felsen fest. Ein das starke Gefälle rasch herabkommender, schwer mit Reis beladener Kahn schien ihr flottes Gefährt zertrümmern zu müssen,- aber „in der letzten Sekunde vor dem Wendepunkte sprang einer unserer vier INänner über Bord, verschwand im Ivasser und hob unser Schiff derartig, daß wir flott wurden und bald darauf neben dem Fahrzeuge mit Reis fuhren. Oer mutige TTtann, der wahrscheinlich sein Leben für unsere Rettung gewagt hatte, schien die Sache nicht anders aufzufassen, als einen aus- gezeichneten Spaß, wenigstens schwatzten und lachten er, seine drei Gefährten und die Leute im andern Schiffe eine Viertelstunde in vortrefflicher Laune. Unsere Rickschamänner (die mit der Rickscha mit an Bord waren) mischten sich erst in diese Freude ein, als sie sich vom Schrecken erholt hatten. Im Augenblicke der Gefahr standen sie mit weit aufgerissenen Nläulern da. — Nach ungefähr drei Stunden, die uns im Fluge dahinschwanden, war diese wundervolle Fahrt leider zu Ende. Wir landeten in Sangenginrje und besuchten ein hübsches Teehaus, vor diesem bemerkten wir einen allerliebsten, ungefähr drei Jahre alten Knaben. Searle rief ihn zu sich und schenkte ihm einen Kuchen, worauf das Kind sich mit Würde verneigte, bis es die Erde mit der Stirn berührte. Etwas Orolligeres hatten wir beide kaum gesehen, aber als wir zu lachen begannen, erschrak