— 79 — am Mittag wirklich an einer Station hielten und die Maschine Wasser bekam und wir uns auch nehmen durften, konnten wir es nicht trinken, weil es widerlich salzig war. Zu der Zeit war uns auch das Brot ausgegangen. Wir kochten von unserem Reis eine Handvoll halb gar und aßen es. Die Geschirre wischten wir ein wenig mit Sand aus. Daun ging es weiter. Mancher griff zu den eisernen Portionen, die er im Tornister hatte, obgleich verboten war, davon zu nehmen. Aber viel schlimmer als der Hunger war der Durst. Wir hatten keine Feuchtigkeit im Munde, die Lippen ein wenig naß zu machen. Dürr und heiß ging der Atemzug durch die trockene Mund- höhle. Dürre, brandige Trocknis stieg wie mit Sporen und Stacheln immer tiefer in den Hals hinab. Am Nachmittag kamen wir endlich aus dem Gebirge heraus und kamen auf eine weite Ebene. Wir machten lange Hälse, als wir herauskamen. Wir meinten, nun endlich, nun wir zuerst.die aufsteigenden Dünen, dann das wilde Gebirge hinter uns hatten, mußten die wunderschönen Palmenhaine kommen. Aber was wir sahen, war eine weite, weite Hochebene von rötlichgelber Erde, dürftig bestanden mit grobem, gelblichem, trockenem Grase, das kniehoch wie dünner Roggen wehte. In dem Grase standen verstreut, bald lichter, bald dichter, feste dornige Büsche, anfangs nur mannshoch, dann drei und vier Meter hoch. Sie standen zuletzt so dicht, daß sie mit den Kronen aneinander stießen. In der Ferne sah man aus dieser weiten, weiten Ebene, hier und da, plötzlich einzelne hohe Bergkegel steil aufsteigen. Einmal, zweimal sahen wir vor uns, in weiter, weiter Ferne, ein wenig über der Ebene, in der heißen zitternden Luft flimmernd, das, was wir zu sehen begehrten; hohe, fruchtbare Bäume und blaue Flächen wie Wasserteiche. Aber sie verschwanden wieder und waren Nebelbilder. Obgleich wir mit dem, was wir sahen, lange nicht zufrieden waren, wurde unsere Stimmung doch etwas besser. Es gab immer etwas zu sehen. Ein fremdes, rehartiges Tier jagte in Rudeln durch das lange, wogende, gelbliche Gras; ein unbekannter bunter Vogel, papageienartig, flog auf. Die runden, spitzen Bergkegel standen scharf in der Sonne; genau sah mau an ihrem Abhang und zu ihren Füßen klippige Felsenhausen, welche von ihren Höhen hinabgestürzt waren. Je weiter wir kamen, wurde Gras und Busch- werk ein weniger saftiger, und das Bild ein wenig freundlicher. Alles, was wir sahen, das Nahe und Ferne, stand scharf in der wunderbaren klaren Luft. Wir waren ein wenig munterer geworden, trotz unseres Durstes; da kamen wir zu der ersten Haltestelle, welche die Schwarzen zerstört hatten. Sie hatten das bescheidene Haus ausgebrannt, das Wellblechdach herunter- gerissen, den kleinen Hausrat zerschlagen, den Rest mitgenommen. In dem schmalen, dürftigen Garten, dem man noch ansah, mit welcher Mühe deutsche Hände ihn in dem dünnen Erdreich gepflegt hatten, lag ein Haufen weißer Steine. Darunter lag, einen Meter tief in dem dürren Land verscharrt, der Streckenwärter mit seiner Frau, von den Schwarzen überfallen und erschlagen. Die fünf oder sechs Matrosen vom Habicht, welche die Haltestelle zurzeit besetzt hielten, hatten aus Kistenholz ein Kreuz zusammengenagelt und mit stumpfer Bleifeder die Namen der Erschlagenen aufgeschrieben, und darunter: „Fielen von Mörderhand^. Die Fensteröffnungen hatten sie mit blechernen Zementfässern und mit Säcken voll Sand verschanzt.