Japan. Hinterindien und der Malayische Archipel. 29 Wie England besteht Japan aus mehreren gebirgigen Inseln, alten Festlandstrümmern, die indessen gleich den übrigen ostasiatischen Inselkränzen stark vulkanisch sind. Die reiche Rüstengliederung ist ein weiteres Moment, womit das ostasiatische Inselreich Britannien gleicht. Namentlich ist die Westküste, wo die Faltenzüge ins Meer auslausen, reich gebuchtet und mit vortrefflichen Häfen ausgestattet. Noch bis vor kurzem war hier Yokohama der Haupthafen des Landes. Bis \860 ein unbedeutendes Fischerdorf, zählt die Stadt heute \22,000 Ein¬ wohner und gemahnt in ihrem Aufschwünge an amerikanische Verhältnisse. Yokohama ist der Vorhafen von Tokio, der Residenzstadt des Mikado, und wird mit der Eisenbahn in 3A Stunde erreicht. Seine Einwohnerzahl, nahezu {V* Millionen, kommt jetzt derjenigen Berlins nahe. In den letzten Jahren ist Yokohama als Ausfuhrplatz von Nagasaki (S. M) überflügelt worden, das mit 55,000 Einwohnern wohl viel kleiner, aber als Handesplatz wichtiger ist, da es der chinesischen Rüste näher liegt. „Wir hatten bereits viel von der Schönheit des Hafens gehört", erzählt Admiral von Werner, „unsere Erwartungen wurden aber durch die Wirklich- keit bei weitem übertroffen, und so viel ich auch in der Welt umhergekommen bin, erinnere ich mich nie, etwas Ähnliches gesehen zu haben. Rio de Janeiro, Lissabon, Ronstantinopel werden als die drei schönsten -träfen der Welt gerühmt, aber die Einfahrt von Nagasaki über- trifft sie bei weitem. Es scheint, als ob die Natur hier alles konzentriert habe, was sie an romantischer Schönheit, Lieblichkeit und Großartigkeit hervorzubringen vermag, und mensch- liche Kunst hat, wenn auch unbewußt, die Harmonie des Ganzen vollendet." Nagasaki selbst liegt im Hintergründe der Bucht, in einem Thale zwischen zwei mächtigen Bergen und un- mittelbar vor ihm die kleine Insel Desima, die alte Niederlassung der Holländer. Auch die übrigen Rüstenstädte Japans befinden sich in erfreulichem Aufschwung, und immer mächtiger kommen die natürlichen Vorzüge des Landes zur Geltung. Freilich zeichnen sich die Japaner selbst, ein Mischvolk aus Gstasiaten mongolischer Nasse, Malayen und einer Urbevölkerung, die vielleicht dem Ainostamme angehört hat, durch leichte Auffassungsgabe, Anpassungsfähigkeit, das Talent, fremde Anschauungen rasch in sich aufzunehmen, Selbst¬ beherrschung und Disziplin, verbunden mit Genügsamkeit und Arbeitsamkeit, aus. In reli- giöser Beziehung dauert der Buddhismus noch fort. Neben ihm, der Lehre des Ronfutse und dem Christentum besteht noch der Schintoismus, eine von buddhistischen Elementen durchsetzte Religionsform, die noch älter als der Buddhismus ist. Er lehnt sich an den Ahnen- und Naturdienst an und hat Opfer, eine eiaentliche Glaubenslehre scheint ihm aber zu feblen (S. \00). II. Ginterindien und der Malayische Archipel. Die zentralasiatischeu Gebirgssysteme senden ihre Ausläufer nicht bloß durch Südchina, sondern dieselben erfüllen auch in fächerartig auseinandertretenden Gebirgsketten die ganze hinterindische Halbinsel, um sich schließlich im Malayischen 2lrchipel in zahllosen Inseln aufzulösen, deren Zusammenhang mit den hinterindischen Bergzügen aber unverkenn- bar ist. Einbrüche haben den alten Zusammenhang des Festlandes aufgehoben, und dieser Umstand wurde wiederum die Ursache der großartigen vulkanischen Thätigkeit, die die oft- und südostasiatischen Inseln auszeichnet. Der Gebirgscharakter dieser Landschaften bedingt das vorherrschen der Steilküsten (S. \03), nur wo in Hinterindien die Riesenströme Mekong (S.\02), Menam, Saluen und Irawadi aus ihren Längsthälern das Meer erreichen, haben sie weite, fruchtbare, aber äußerst ungesunde Anschwemmungsebenen aufgeschüttet. Die Breitenlage und die Nähe eines warmen Meeres bedingen ein heißes und feuchtes Klima. Festland und Inseln tragen ein üppiges Pflanzenkleid und sind reich an Nutzpflanzen. Die Wälder Hinterindiens liefern das berühmte Teakholz, das beste Material zu Schiffsmasten, und in den Flußniede- rungen wird von den emsigen Indochinesen vornehmlich Reis gebaut. Große Flächen des Archipels sind in Rulturfelder umgewandelt, die dem Anbau von Thee, Kaffee und Zucker dienen, während edle Gewürze, Muskat und Gewürznelken, jetzt mehr auf den Molukken ein- heimisch sind. Die Bevölkerung Hinterindiens, buddhistische Mongolen, sogenannte Indo- chinesen (S. \05), hat sich naturgemäß in den fruchtbaren Rüstenniederungen zusammen¬