Italien, das Land der deutschen Sehnsucht. 143 Maechiavelli durch seine florentinische Geschichte und den Fürstenspiegel voll zweideutiger Moral, der den Namen dieses hochbegabten Mannes zum Sprichwort gemacht hat, ohne daß es seinen neuesten Verteidigern gelungen ist, ihn mit dem Sitteuzustand seiner Zeit und Umgebung zu entschuldigen. Während die italienischen Dichter und Männer der Wissenschaft von nuu an gegen die anderer Völker, besonders der Deutschen, in den Schatten treten, entwickelt sich die Tonkunst in Italien zur höchsten Blüte. Die Musik ist, wie schon ihre Kunstausdrücke beweisen, in Italien erst recht zu Hause. Keine Sprache schmiegt sich aber auch den Tönen besser und schmeichelnder an als die italienische mit ihrem Wohllaut. Auf dem Gebiete der Tonkunst pflegte man in dieser Zeit vorzüglich den Kirchengesang, der durch den heil. Ambrosius, Erzbischof von Mailand, begründet und durch Papst Gregor d. Gr. weitergebildet war. Auch wurde durch die Fortbildung der Harmonie und durch die Entwicklung des kontrapunktlichen Stils die Kirchenmusik angebaut und zwar besonders durch den großen, gedankenreichen Paleftrina. Palestriua erhob die katholische Kirchenmusik, die mit der Zeit ganz weltlich uud sogar frivol geworden war, wieder zur Würde und ein- fachen Schönheit. Sein tiefgreifendes Stabat mater dolorosa wird noch alljährlich in der Sixtinifchen Kapelle zu Rom aufgeführt. Auch später zeichneten sich die Italiener in der Musik noch aus, doch ent- wickelte sich diese Kunst, unabhängig von der italienischen, nun Vorzug- lich in Deutschland; einen Bach und Händel hat kein italienischer Ton- künstler erreicht. Der Ruhm bleibt den Italienern aber, daß der harmonische Chorgesang auf der einen, das moderne Orchester auf der andern Seite, Erfindungen sind, die wir ihnen verdanken. Italien ist aber auch von jeher nicht nur das Land „der tönenden", sondern auch „der bildenden Künste", der Baukunst und der Malerei, gewesen. Die Baukunst ist stets mit Vorliebe in Italien gepflegt worden; die Natur, prächtig uud herrlich wie sie ist, trieb die Menschen nnwill- türlich an, ihre Gebilde mit ihr in Einklang zu bringen, sie nicht zu verschlechtern, sondern zu verschönern. In dieser edlen Kunst ragten hervor im 14. Jahrhundert der Florentiner Brunelleschi, im 15. vor allem der gewaltige Michelangelo Bnonarotti, der die von Bramante entworfene und begonnene Peterskirche zu Rom weiterführte, und Palladio, der die meisten Paläste in Venedia, Verona und Genua auf- geführt hat. Das eigentliche Zeitalter der Malerei ist das 16. Jahrhundert. Wie die Bildhauerei der alteu Griechen unübertroffen und unerreicht dasteht, so verhält es sich mit der Malerei des 16. Jahrhunderts, die wiederum unstreitig zur höchsten Stufe in Italien sich erschwang. Es sind namentlich fünf Sterne, auf die wir hinzuweisen haben: Leonardo da Vinci, dessen berühmteste Arbeit, das heilige Abendmahl des föerrn, aus einer Wand (al fresco) im Refektorium, b. h. Speisesaal des