158 Bilder aus den süddeutschen Landschaften. befanden, mit den dazu gehörigen Äckern, Alpen, Mühlen, Schmieden, Brauereien k. auf 150000 Mark geschätzt ward, so waren die Kästen sehr bedeutend und füllten nicht weniger als drei Zimmer an. Man wählt in der Regel die bessern Zimmer des Hauses dazu und schmückt deren Inneres so bnnt und prachtvoll mit Tellern, Krügen, Schüsseln, mit Leinwand, Wolle. Strümpfen, Knopfsammlungen und Sparbüchsen aller Art aus, daß das Ganze einer wahren Kunstausstellung gleicht. Bei Festlichkeiten im Hause, bei Taufen, Hochzeiten :c. werden die Schränke alle geöffnet und den Gästen in ihrer Pracht geoffenbart. Ich mußte erstaunen über die Masse von Silberzeug, welche unsere Wirtin hier zusammengehäuft hatte, über die silberneu und vergoldeten Knöpfe der Mäuner, die Menge silberner Schnüre, wie die bayerischen Mädchen sie an ihrem Mieder tragen, dann auch über die vielen Dutzend silberner Löffel, Messer und Gabeln für jedes der Kinder. Allerdings liegen auf diese Weise oft mehr als 30 000 Mark ganz tot und nutzlos in den Kästen; aber mir scheint, als handelten die bayerischen Baueru immer noch klüger als manche Bürgersfrau in großen Städten, die für so und so viel tausend Mark Spitzen, Gazen und Seide oft an einem Tage im Schmutz, Staub und Regen verschleppt. Es ist natürlich, daß ein Volk, welches frische Bergluft atmet und sich vom Born gesunder Quellen laben kann, welches im Freien einer reichen und wildschönen Natur den größten Teil seines Lebens zubringt und der notwendigen Bedürfnisse nicht entbehrt, daß ein solches Volk frischer und fröhlicher singen uud im Liede sich aussprechen wird als ein anderes, dessen Wohnstätte und Verhältnisse von entgegengesetztem Charakter siud. Das Leid hat viele Lieder erzeugt, uud manche bleiche Blume, oft von eigentümlicher Schönheit, sproßt in seinen düsteren, einsamen Hainen. Die Freude aber hat noch mehr des Gesanges ge- schaffen, und ihre Rosen sprangen im sonuigen Tag, das Herz erfrischend und das Gemüt erhebend. So hat denn auch die Poesie des oberbayerischen Gebirgsvolkes, da seine Natur kräftig, frisch und genügsam, einen heiteren, gutlaunigen Charakter und macht sich ein oft komischer Humor darin geltend. Davon geben schon mancherlei Bei- und Zeitwörter Zeugnis, welche im Hochdeutschen nicht oder nur wenig gebraucht werden und die Reihe ähnlicher da vorkommender Worte erweitern und bereichern. Dahin gehören, um einige aufzuführen: fchneidi statt mutig, glaas hoata, d. i. heiter, klar wie Spiegelglas, hechtngsnnd, fuchs wild, fuchs- teufiswild,spinneseiud, strohdumm, zaundürr, pudlwohl zc.; ebenso halsen statt umarmen, giften statt erzürnen 2C. In den Sprüchwörtern zeigt sich das Gesagte noch mehr; dem Sinne nach kommen zwar viele derselben mit allgemein gangbaren überein, das Eigentümliche ist aber die Form, unter welcher sie erscheinen, und die Art der gebrauchten Bilder. Wenn einer großthut, als hätte er alles im Überflusse, so heißt es: „Moaut oaua, der Mo' (Mond) geht in' Hos bei ihm auf." „A' fchlechti Maus, die roa Loch find't", sagt man spöttisch von einer Ausrede. „O a