Die schwäbische Alb und die Schwaben. 187 felsigem, fast senkrechtem Abrande, so daß das Gebirge, vom Unterland aus gesehen, als ein mächtiger, zuweilen durchbrochener Wall erscheint, ganz gerade abgeschnitten. Aber diese langen Massen sind nur der Hintergrund; frei vor ihnen stehen große Bergpyramiden, umgeben von spitzen, zum Teil durch unterirdische Kräfte emporgetriebenen Vorbergen, und jener, meist mit Wald bewachsene Steilrand selbst ist wieder viel- fältig zernagt und zerrissen und zeigt überall weithin schimmernde Felsen und Erdstürze. Die Hochfläche ist hügelig, abgeschieden, still, gedehnt uud wenig ergiebig; aus der dünnen Decke kohlschwarzer, fruchtbarer Erde schauen die grauen Häupter der Felsen hervor; magere Weiden, von einzelnen alten Buchen beschattet, breiten sich aus, und zuweilen liegt geschützt in einer Mulde ein Dorf mit niedrigen, oft noch von Strohdächern bedeckten Häusern. Nur Vogel- und Mehlbeerbäume stehen an den Straßen: aber es ist nicht unheimlich hier oben, uud die Leute, die hier ganz von der Welt abgeschlossen wohnen, sind gastfreundlich uud von guter Gemütsart. Die Thäler beginnen meist als arme, unbewohnte, trockene Rinnen, bis sie plötzlich zu engen Felsthälern einbrechen. Dichter Laubwald wächst an den großartigen Felsenkränzen hin. und schou steigen aus deu verwegensten Klippen Burgen uud Burgtrümmer aus. Die Thäler werden breiter und üppiger und sind mit schönen Dörfern besetzt; der Wald geht noch immer bis an die grünen, obstreichen Thalsohlen, und über die Waldgipsel ragen wieder, oft wie riesige Bildsäulen, hellgraue Felsmasseu. Au den Ausgängen der Thäler liegen alte Städte und daueben jene großen, freistehenden, burggekrönten Berge, deren Namen erhabene Bilder aus der Geschichte unseres Volkes heraufbeschwören: Staufen, Rechberg, Limburg, Teck, Neuffen, Achalm, Zollern. Die Fläche der Alb ist sehr trocken, weil das ganze Gebirge zer- klüftet ist; daher stammen aus der Höhe die vielen Erdfälle und trichterförmigen Einfenkungen, znm Teil mit einer Öffnung in der Mitte. Wer sich da hinunterwagt, erschaut oft weite, vielverzweigte Höhlen. Zuweilen ist ihr Grund mit einem See bedeckt, worin schwarze Forellen schwimmen. Unaufhörlich in geheimnisvollem Spiel fallen Tropfen vom Gewölbe nieder. Fern im Bauch der Berge hört man andere Wasser, denn diese Höhlen sind die großen Wassersammler, von denen aus dann in den Felsthälern aus unergründlich scheinenden Becken herrliche Quellen hervorbrechen. Es sind der Höhlen gegen dreißig an der Zahl, in denen das Gebirge sein Innerstes öffnet. Von ihnen sind die bei Tuttlingen, Münsingen, Urach, die im Jahre 1834 von einem Schullehrer, dem die Tabaksdose in einen Spalt siel, ent- deckte, 174 m lange und 3—18 m breite Höhle bei Erpfingen, sodann die Nebelhöhle bei Pfullingen die berühmtesten. Die Nebelhöhle besteht aus zwei Hauptabteilungen, der unteren und der oberen Höhle; die erftere teilt sich wieder in zwei Abteilungen mit einer Gesamtlänge von 180 m. Eine Treppe von 68 Stufen führt in die vordere, in der die