VIII. Großbritannien und Irland. 115 7. Die Landwirtschaft auf den britischen Inseln. Früher war England nebst Schottland und Irland ein landwirtschaftlicher Staat wie unser Deutschland. Große Gebiete waren wenig besiedelt, es waren Muerden, die Moore, die Gebirgswüsteneien. Noch heute umfassen die Od- ländereien den dritten Teil des Landes. Daher waren die britischen Inseln ehemals recht spärlich bewohnt; nur England und einige Bezirke Schottlands und Irlands hatten eine dichtere Bevölkerung. Damals konnten die britischen Inseln noch keine große Rolle spielen. Ihre große Schafzucht lieferte Wolle und Felle. Heute ist die britische Landwirtschaft erst recht nicht bedeutend. Nur etwa der achte Teil des Landes wird zu Acker- und Gartenland benutzt. Das ist viermal weniger als bei uns. Das liegt zum Teil am Boden, zum anderen am feuchten Klima. Zwei Drittel des Landes bestehen aus Wiesen und Weiden; denn Boden und Klima eignen sich mehr für Wiesenbau als Ackerbau. Wald¬ land gibt es äußerst wenig, noch weniger als in Dänemark oder Schleswig- Holstein. Das liegt an den heftigen Stürmen. Der Ackerbau blüht namentlich in Ostengland; aber auch hier umfaßt das Ackerland nur ein Viertel des Landes, bei uns fast die Hälfte. Dazu baut man verhältnismäßig wenig Getreide, dafür um so mehr Futterkräuter. Ehe¬ mals baute England weit mehr Getreide, namentlich Weizen, denn der Eng¬ länder genießt vorzugsweise Weizenbrot. Seit 1850 hat der Weizenbau stetig abgenommen. Seitdem ist aber die Bolkszahl erst recht gewachsen. Um so mehr muß England Getreide einführen. Warum hat sich der Weizenbau vermindert? Ehemals hatte England hohe Zölle auf ausländisches Getreide gelegt. Es ward daher wenig ausländisches Getreide in England eingeführt, uni so eifriger bauten die englischen Landwirte Getreide. Dann traten in der See- und Weberstadt Manchester Leute auf, die sagten: Man muß die Kornzölle abschaffen, sie verteuern nur das Brot. Lange stritten sich nun die Engländer darum, was besser sei, Kornzölle oder keine. Endlich schaffte man die Kornzölle ab. Das ge¬ schah vor 1850. Seitdem brachten die Schiffe nun sehr viel ausländischen Weizen nach England. Die Weizenpreise sanken. Je mehr die Weizenpreise sanken, desto weniger Weizen bauten die englischen Landwirte. So ist der Weizenbau ständig zurückgegangen. Heute muß man jährlich für rund 1500 Mill. Mark Getreide vom Auslande kaufen. Beinahe neun Monate lebt das britische Volk von fremdem Getreide; nur für drei Monate reicht das einheimische. Ist das gut? Das ist die Folge des Freihandels. __ In England gibt es eigentlich gar keinen richtigen Bauernstand. Das meiste Land besitzen die Großgrundbesitzer, die reichen Lords. Die Lords ver¬ pachten die Güter an Pächter. Freilich ist der Pachtzins der Güter seit 1850 bis auf die Hälfte und sogar bis auf ein Drittel des früheren gesunken. Daraus sieht man, wie wenig heute die reine Landwirtschaft in England lohnt. Die Zahl der landwirtschaftlichen Arbeiter hat stetig abgenommen. Die Lords ver¬ dienen ihr Geld nicht durch die Landwirtschaft. Sie verwandeln viele Acker¬ ländereien in Wiesen, Weiden oder Parke. Dadurch werden aber viele land¬ wirtschaftliche Arbeiter und Pächter überflüssig. Aus Irland wandern alljährlich viele nach Amerika aus. Irlands Bevölkerung hat deshalb seit langer Zeit ab¬ genommen. Die Auswanderung ist demnach sehr groß. Die britische Viehzucht steht hoch. Bestehen doch zwei Drittel des Landes aus Wiesen und Weiden. Die häufigen Niederschläge befördern den Graswuchs. Dazu gestatten die milden Winter den Weidegang fast das ganze 8*