9 -bewohnern gar nicht beabsichtigt gewesen ist, die daher in der Wirklichkeit auch nicht so klar und einfach, sondern mit vielerlei Modifikationen und Variationen, in zahllosen Misch- und Übergangsformen vorhanden sind; die mithin auch nicht genügen zur genetischen Erklärung. Legt man sich die Frage vor: wie kann Land besiedelt werden? so ist die Deduktion begrifflich unterscheidbarer Möglichkeiten sehr einfach. Man kann sagen: zerstreut oder geschlossen. Diese erste Möglichkeit ergibt' Einzelhos und Dorf. Und im Hinblick darauf, wie sich das Dorf aus Häusern zusammenreiht, kann man sagen: regellos oder regelrecht, und zwar im letzten Falle entweder in linearer Längsordnung oder zentraler Kreisordnung; das ergibt: Haufendorf. Straßendorf und Runddorf. — Bedenklich aber wird die Sache nun. wenn man dazu übergeht, die ursprüngliche Wahl der einen oder andern Siedelungsform nur geschichtlich oder nur wirtschaftlich erklären zu wollen. Die Entscheidung lediglich durch ein bestimmtes Volkstum erfolgen zu lassen und so diesen Grundformen nationale Erkennungsmarken anzuheften in der Art, wie es Meitzen (1896) tut'. Einzel- jiedelung keltisch! Haufendorf germanisch; Straßendorf und Rundling slawisch; das 'ist ebenso einseitig und wenig sachgemäß wie die Zuordnung der Straßendörfer und Äckerbauer, der Runddörfer und Viehzüchter, wobei dann das Haufendorf als eine Kombinationsform übrig bliebe, — fo R. Mucke in seinem phantastischen Buche „Vorgeschichte des Ackerbaues und der Viehzucht" (1898). 3n beiden Fällen wird die Mitwirkung natürlicher Bedingungen vernachlässigt, die vielfach die Siedelungsform unausweichlich determinieren. So erzwingt ein enges Tal zwischen Fluß und steilem Gehänge eine lineare Häuserordnung; und ein Weiher fordert als natürliches Zentrum zu einer Kreisgruppierüng auf. Wo dem Fels¬ boden die Äckerkrume nur fleckenweise aufliegt, kann nur die Einzelsiedelung gedeihen. Auf die Struktur alter Dörfer wird vielfach von neueren Verkehrs¬ linien. von städteverbindenden Straßen oder Eisenbahnen eine ummodelnde In¬ fluenz ausgeübt. Die bloße Kenntnis dieser Typen reicht also zum genetischen Verständnis eines bestimmten Vorfes nicht aus. Da verschiedene, natürliche, wirt- schaftliche und geschichtliche Faktoren das Auftreten dieser oder jener vorfform ver¬ ursachen, da in den Grundrissen, wie sie uns heute entgegentreten, verschiedene Kltersschichten beisammen liegen, so dürfen wir uns nicht darüber verwundern, wenn für die gleiche Grundform die Erklärung, die in dem einen Falle paßt, ln dem anderen gänzlich versagt, oder wenn überhaupt die Zuweisung eines bestimmten Vorfes zu einer allgemeinen Gruppe nicht recht gelingen will. Stets müssen die natürlichen Siedelungsbedingungen berücksichtigt werden, und um einzelne Grund¬ risse genetisch richtig zu analysieren, müssen obendrein sprachliche, geschichtliche Daten, Kusgrabungsergebnisse, Kirchen und Häuserbau u. a. m. mit hinzugezogen werden. " ' ' (Ein lehrreiches Beispiel1) dafür, wie ein Dorfgrundriß aus alten und neuen Zügen sich zusammensetzt, bietet der Flecken Weichs bei Regensburg. Mit leiser Schematisie- ') Verfasser entnimmt es dem schönen Buche von £). Rebensburg, vas deutsche Dorf, Süddeutschland (München, Piper 1912). Unter den fast 200 Abbildungen, die das beste veranschaulichungsmaterial zu Vorbesprechungen darstellen, findet sich als Ur. 15 eine Ballonaufnahme von Weichs, die im Text. S. 166, erläutert wird. Kartoniert kostet dieses Buch, das in jede deutsche Schule gehört, nur 1.80 IHK. — Brauchbare Bilder findet man auch in Velhagen-Klasings Monographien zur Erdkunde. Pciheft 10 zur „2.=3.". 9