Das Lausitzer Bergland. 151 Wendenlandes; in der Ortenburg haben später Markgrafen, polnische und böhmische Könige und viele deutsche Kaiser zeitweilig gewohnt; hier saß fünfhundert Jahre lang der böhmische Statthalter, und die Lausitzer Landtage, zu denen oft der König von Böhmen selbst er- schien, wurden hier abgehalten. Heute ist Bautzen der Sitz des Land- gerichtes und der Kreishauptmannschaft, also des höchsten Gerichtes und der obersten Verwaltungsbehörde der Lausitz. Als Hauptstadt der Land- schaft und an zwei Straßen gelegen, ist es in allen Kriegen furchtbar heimgesucht worden. b) Bautzen, der Hauptort der Wendei. Baumen ist zwar eine vorwiegend deutsche Stadt wie alle Städte innerhalb der Wendei, aber doch ist es der Mittelpunkt des Wendentnms. Einmal bilden die Wenden hier einen nach Tausenden zählenden Teil der Bewohner, im Vorstadt- dorf Seidau wohnen ihrer 3000. Dann spielt der Bautzner Wochen- markt, der stets mit Viehmarkt verbunden ist, für die wendischen Dörfer auf meilenweite Entfernung eine sehr wichtige Rolle: hierher bringt der wendische Bauer sein Vieh, seiu Getreide, sein Obst und Kraut und alles, was seine Wirtschaft erzeugt. Auf diesem Markte kann man noch wen- dische Trachten sehen und die wendische Sprache ausgiebig hören. Das Gesinde in Bautzen ist zum größten Teile wendisch. Ein Wendenverein umfaßt die wendischen Bürger der Stadt und besitzt ein wendisches Vereinshaus und ein Musenm wendischer Altertümer; auch erscheinen sieben wendische Zeitschriften in Bautzen. Heute sind die Wenden gleichberechtigte Bürger; jahrhundertelang aber sind sie von den Deutschen aus den Städten ferngehalten worden. Viele Städte nahmen überhaupt keinen Wenden als Bürger auf, oder sie verlangten eine so hohe Summe für das Bürgerrecht, daß sie selten ein Wende erschwingen konnte. In die Zünfte wurden ebenfalls keine Wenden ausgenommen. Auch sonst erfuhren sie als Glieder des unter- fochten Volkes bis in die neuere Zeit vielerlei Zurücksetzung: die Latein- schulen und die Universität waren ihnen verschlossen; ein staatliches Amt (Richter, Steuereinnehmer u. dgl.) wurde ihnen nicht übertragen; außer dem Ackerbau waren ihnen nur niedrige Beschäftigungen erlaubt; der Deutsche verklagte, wenn man ihn einen Wenden schimpfte. In Bautzen stoßen auch noch zwei andere Gegensätze stark aufein- ander: der Protestantismus und der Katholizismus. Die Oberlausitz ist der einzige Landesteil Sachsens, wo ganze Gegenden der katholischen Lehre treu geblieben sind; es wohnen hier 42 000 Katholiken, und die beiden einzigen Klöster Sachsens finden sich natürlich hier. In Bautzen trifft man die in Sachsen nicht wiederkehrende Erscheinung, daß die Hauptkirche, der alte St. Petridom, beiden Konfessionen eiugeräumt ist, nur eiu eisernes Gitter trennt die katholische von der evangelischen Hälfte.