Klunzinger: Fahrt auf dem oberen 9HI. 155? der Bank erreicht hat. Zugleich entschlüpft die wärmere Decke, und der eisige Wind bläst durch die nie fehlenden Lücken und Spalten der halbzer- brochenen Fensterläden gerade auf seine entblößten Glieder los. Nur der eingeborene Bauer und der Berberiner oder Nnbier, gleich stumpf gegen Sonnenglut und Winterfrost, ist imstande, in seinen Plüsch ge- wickelt, auf dem offenen Verdeck und der Plattform zu entschlummern. Zur Zeit des Borsommers aber, wo Süd- und Westwind (Nau und Samum) herrschen, ist eine Nilfahrt bei Tag wegen der drückenden Hitze und der widrigen Winde, bei Nacht wegen des Ungeziefers und der einen fürchter- lichen Spektakel ausführenden Ratten und Mäuse, eine Qual. Wer es daher irgend einrichten kann, macht seine Reise im Hochsommer zur Zeit der Nilschwelle. 43. Audienz bei dem lleyus Ueyelti von ^besfimen. G. Rohlss. Bor dem Palaste des Negus Negesti („König der Könige") in Samara angelangt, erreichten wir zunächst eine Plattform, wo eine Batterie mit Kanonen neuester Konstruktion, die man den Ägyptern abnahm, aufgestellt war. Hier empfing und begrüßte uns der Balata-Geta (Oberhofmeister oder Oberhofmarschall) und überließ uns einem zweiten höheren Hosbe- amten, der uns in das mit konischem Strohdach versehene Thorgebäude führte. Hier mußten wir unsere Maultiere verlassen. Das runde Thor- gebände war angefüllt mit Beamten, Offizieren, Landleuten, welche Ge- schenke oder Steuern brachten oder vielleicht appellieren oder Berufung gegen ein Urteil einlegen wollten. Man mußte sich fast durchdrängen. Alsdann ging es in einen ca. 100 Meter langen, 20 Meter breiten Vorraum, in welchem Soldaten vierreihig in möglichst gerader Linie auf- gestellt waren, alle ohne Ausnahme mit Remingtongewehren, die man ebenfalls früher den Ägyptern abnahm; dennoch aber, trotz des kriege- rifchen Aussehens — die Lente, wie überhaupt die abessinischen Soldaten^ machten doch den Eindruck, daß sie vor gut geschulten europäischen und selbst vor gut geführten ägyptischen Truppen nicht würden standhalten. Malerisch allerdings war der Anblick: die Offiziere mit schwarzen oder bunten Pardelsellen umhangen, andere mit kostbaren blau- oder rot- samtnen Schilde», beschlagen mit Silberplatten, ans welchen Goldsili- gransterne saßen, dazu die Haltung der ohnedies so graziösen Abessinier — alles das machte einen überraschend schönen Eindruck. Man glaubte irgend einen Auszug vor sich zu haben, und ein Aufzug, eine Parade war es ja auch. Langsam schritten wir durch die lebende Gasse bnntge-