Colquhoun: Von Lasa nach Maykong. 385 13. Von Lasa nach Maykong. A. R. Colquhoun. Am 3. Juli (1882) langten wir in Lasa *) an, wo wir uns in einem Tempel am westlichen Ende des Dorfes einquartierten. Nachdem wir hastig unser Mittagsmahl eingenommen und eine Pfeife geraucht hatten, legten wir uns auf hölzerne Bänke nieder und waren bald fest einge- schlafen. Wir wurden hier zwei Tage mit langwierigen Verhandlungen wegen der Beschaffung von Führern aufgehalten, bis sich endlich zwei Dorfbewohner zu unserer Begleitung bereit erklärten. Der eine derselben sollte früher Vorsteher des Dorfes gewesen sein; er verstand chinesisch und konnte sich dadurch mit uns verständlich machen, sowie auch etwas von der Sprache der Kachyen^). Die Stadt Lasa liegt wie ein Edelstein inmitten eines herrlichen Thales, das mit seinen grünen Feldern und bewaldeten Abhängen den müden Wanderer zur ersehnten Ruhe einladet. In der Ebene zerstreut liegen zahlreiche Dörfer, von denen Lafa das größte und wichtigste ift. Eine Anzahl Khyonngs oder Klöster, umgebeu von vielen Häusern, deuteten au, daß wir die Grenze von China fchon fast erreicht hatten. In der Nähe des von uns bewohnten Tempels stand eine kleine ver- goldete Pagode (freistehender Götzentempel) auf einem Fundament von Mauerwerk, das durch häßliche Ornamente und grellrote Farbenklecksereien verunziert war. Aus der Ferne machte sich das Bauwerk jedoch wunderhübsch, da man eine passende Stelle sür dasselbe ausgesucht hat, wo der grüue Wald für den goldenen Bau eiuen wirkungsvollen Hintergrund bildet. Die Dorfbewohner standen zum Teil auf einer sehr niedrigen Stufe der Eivilisatiou, besaßen aber doch eine gewisse Schlauheit. Sie schieneu nichts von dem, was jenseits ihres Thales liegt, zu wissen, und selbst die eingehendsten Fragen lockten nicht die geringste Auskunft aus ihnen heraus. Einige besonders kühne Dorfbewohner hatten allerdings Manwyne (öftl. von Lasa) und Bhamo besucht, konnten uns jedoch von diesen beiden Städten nicht das geringste erzählen. Nur einige der älteren Leute uud der Sohn des Vorstehers, die eine Reise nach Rangnn gemacht hatten, schienen dort einiges gelernt zu haben und saßen nun stundenlang um den armen Pater Vial, unseren Begleiter, herum und quälten ihn mit 1) Lasa (oder Latha) liegt an der chinesischen Grenze, zwischen den Flüssen Sa- luen und Jrawaddi, einige Tagereisen östlich von Bhamo, 2) Die Kachyen (Kaghien, Kakhien, Katschin) bewohnen ein Gebiet in der Nähe der Quellen des Jrawaddi. Aus allen Erdteilen. 2Z