Geschichte des Hessenlandes. 23 Gegen das Raubritterwesen bildete sich der „rheinische Städtebund", dem von hessischen Städten Mainz, Worms, Wimpfen, Friedberg, Marburg, Als- feld, Grünberg, Hersfeld, Fulda, Bingen n. a. beitraten. Von Ritterbündniffen gegen Hermann den Gelehrten und seine getreuen Städte nennen wir den „Sternenbund", eine Genossenschaft von mehr als 2000 Rittern, an deren Spitze Graf Gottfried von Ziegenhain stand und als desfen Anstifter Herzog Otto von Braunschweig galt. Die langwierigen Fehden können wir hier nicht verfolgen; auch mit Thüringen und Mainz hatte Hermann zu kämpfen, und seine Hauptstadt Kassel ward zweimal belagert. Das zweitemal rettete ihn seine Gattin, die sich ins seind- liche Lager schlich und denLandgrafenBalthasar vonThüringen zum Abzüge bewog. Ruhigere Zeiten kamen unter seinem Nachfolger Ludwig I. dem Fried- fertigen (1413—1458); unter ihm kamen die Grafschaften Ziegenhain und Nidda mit Teilen der Wetteran an Hessen. Unter Ludwigs I. Söhnen fand eine abermalige Teilung des Landes statt: Ludwig II. der Freimütige er- hielt Niederhessen mit Kassel, Heinrich III. Oberhessen mit Marburg. Diese Teilung führte einen blutigen Bruderzwist herbei, der endlich auf einem Reichs- tage zu Regensburg unter Friedrich III. beigelegt ward. Heinrich III. er- heiratete noch die niedere und obere Grafschaft Katzenellenbogen und Dietz; letztere Grafschaft trat später Philipp der Großmütige an Nassau ab. Nach Heinrichs III. Tode vereinigte Wilhelm II. ganz Hessen. Einer der bedeutendsten Regenten Hessens war Philipp der Groß- mütige (HößH—1567), welcher in seinem 14.Jahre vom Kaiser Maximilian *-,s~av für mündig erklärt ward. Gleich nach dem Regierungsantritt ward er in eine Fehde mit Franz von Sickingen verwickelt, dem Oberhaupte aller ritterschaft- licheu Vereine am Rheine, in Franken und Schwaben. Vereint mit unzufriedenen hessischen Rittern, zog dieser sengend und brennend ins Gerauer Ländchen und die Bergstraße und schloß Darmstadt ein. In Abwesenheit Philipps ging das Haupt des dort belagerten hessischen Adels einen schimpflichen Vertrag ein, den jedoch der Fürst und der deutsche Kaiser für nichtig erklärten. Später konnte sich Philipp an seinem Gegner rächen und half bei dessen Belagerung in Landstuhl mit, ja er sah dort den grimmigen Löwen in einer Mauerhöhle sterben. ' Im März 1521 lernte der siebzehnjährige Landgraf auf dem Reichstage in Worms den kühnen Reformator Luther kennen, tröstete ihn mit den Worten: „Habt Ihr Recht, Herr Doktor, so helf Euch Gott!" und gab ihm sicheres Geleit. So ward er auch der Begründer der evangelischen Kirche in Hessen und gründete die Universität Marburg als Freistätte der Verteidiger evangelischer Wahrheit. In Speier unterzeichnete er 1529 die „Protestation". Ferner veranlaßte er das Religionsgespräch zu Marburg zwischen Luther und Zwingli in betreff des heiligen Abendmahls. Sodann bestand er 1530 auf dem Reichstage zu Augsburg darauf, daß die „Augsburger Konfession" auch deutsch verlesen ward. Er steuerte den Bauernaufständen in Hessen und Thüringen. Für den vertriebenen Ulrich von Württemberg legte er umsonst ein gutes Wort bei dem Kaiser ein, und hals ihn mit französischer Unterstützung wieder einsetzen. Auch an der Befreiung Münsters von den Wiedertäufern nahm er teil (1535). Endlich stellte er sich mit Kurfürst Joh. Friedrich von Sachsen an die Spitze des Schmalkaldischen Bundes. Ihnen gegenüber stand die „heilige Liga" der katholischen Fürsten mit Ludwig von Bayern und Heinrich X