152 Land und Leute iu Westfalen. Der Heidespuk, wie ihn der Hirte schaut Im Felde, wenn mit leisem Klagelaut Die mitternächt'gen Winde sich erheben — Du hast im Siebe ihm Gestalt gegeben!" — Hiermit hätten wir die bekanntesten und berühmtesten Namen westfälischer Dichter genannt. Andre, wie Viktor v. Strauß, Depenbrock, Löher, näher zu besprechen, würde uns zu weit führen. Auch hat es Dichter und Dichterinnen gegeben, die sich zeitweilig in Westfalen aufgehalten und die „rote Erde" in ihren Werken verherrlicht haben. Dahin gehört der von uns bereits im vorigen Bande erwähnte Dichter aus dem Wupperthale Emil Rittershaus, ferner Karl Jmmermann mit seiner meisterhaften Schilderung des „Oberhofes", und Luise Hensel, deren rührend fromme Gedichte: „Beim Lesen der heiligen Schrift" und „Müde bin ich, geh' zur Ruh'!" wohl jedermann bekannt sein werden. Endlich dürfen wir nicht den Verfasser des komischen Heldengedichtes „Die Jobsiade", nämlich K. A. Kortüm aus Bochum, vergessen. Neuerdings hat Weber mit seinem Epos „Dreizehnlinden", welches die Umgegend von Corvey besingt, großes Aufsehen erregt. Auch das westfälische Platt hat, ähnlich wie das Mecklenburger, seine Dialektdichter gefunden. Wir erinnern z. B. an Franz Essink von Landois (Pseudonym: „de Jsel mott", d. h. „der Esel muß", franz. L'äne doit), ferner an Franz Gieses und Zumbrocks Schriften. Wir konnten in Vorstehendem bei weitem nicht erschöpfen, was das Land Westfalen an landschaftlichen Schönheiten, an schätzenswerten Vorzügen seines Volkes in Charakter und Sitte, an hervorragenden Leistungen in Handel, Kunst und Industrie, an Männern der Wissenschaft (wie Clostermeier, Giesers u. a.) und Zierden der Litteratur darbietet; doch ist es uns vielleicht gelungen, die weitverbreiteten Vorurteile von dem sogenannten „Deutschen Böotien" zu wider- legen. Sonst müßten wir nnsern Lesern empfehlen, noch einmal das herrliche Widmnngsgedicht Freiligraths: „Freistuhl zu Dortmund" nachzulesen, worin der Dichter die ruhmreichen Vertreter der Geschichte Westfalens, einen Hermann und Wittekind, die Götter, Sagenhelden und Elfen, die in den Wäldern und Ruinen seines Heimatlandes weben, heraufbeschwört, die herrlichen Ströme Weser, Ruhr, Lenne, Ems und Lippe einladet, zu erscheinen mit den Förderern des Handels und der Industrie und vor allem das kernige und kräftige Landvolk mit den Versen: „Und du zuletzt, der alles inne hält: Wald und Gebirge, Strom und Ackerfeld, Aus deinen Häusern komm, aus deinen Hütten! Ob du verdienst des bösen Leumunds Schmach, Zeig es dem Stuhle, kräft'ger Menschenschlag, Einfach von Wesen, schlicht und derb von Sitten. Laß dich erschan'n, wie du die Hand mir drückst, Wie an den Herd du meinen Sessel rückst, Wie du mich bittest: Iß, als wär's dein Eigen! Wie du der Väter Brauch und Vorgang ehrst, Wie du den Stahl reckst und die Ernte fährst, Wie du dich schwingst im lnst'gen Schützenreigen."