532 Die Saalegegenden. für Dessau in erhöhtem Maße: die ganze Gegend gleicht einem großen Parke, um so mehr, als wirkliche Parkanlagen darin verstreut sind. Die Stadt selbst zeigt einen freundlichen Charakter. Unter den säubern und gut gepflasterten Straßen und Plätzen sind mehrere, die durch ihre Breite, ihre stattlichen Häuser und durch ihre Denkmäler uns anziehen. Ein schöner neuer Stadtteil mit Gärten und breiten Straßen, unter denen sich besonders die Kavalierstraße durch ihre Breite auszeichnet, ist in der Nähe des Bahnhofs entstanden. Auch die herzoglichen Kunstsammlungen sind wertvoll. Sie sind an sieben Orten in und bei Dessau (in Oranienbaum, Wörlitz und andern Schlössern) zer- streut. Der Hauptstock gelangte 1675 als Erbe nach Dessau uach dem Tode der Prinzessin Amalie von Nassau-Oranien, der Gemahlin des Statthalters Friedrich Heinrich, und durch die Landesfürsten wurden die Sammlungen vermehrt. Nahe beim großen Markte steht das herzogliche Schloß, im älteren Teile, dem westlichen Flügel, ein schöner Renaissancebau; aber auch das Hauptgebäude, das 1748—51 erbaut wurde, ist 1872—74 im Renaissancestil neu ausgebaut worden. Der Bär, dem wir im Anhaltischen an Bau- und Kunstwerken überall begegnen, angeblich zur Erinnerung an das alte Geschlecht der Bäringer, ist hier besonders häufig augebracht. Auf dem großen Markte befindet sich das Standbild des Fürsten Leopold, welches nach dem Meisterwerke Schadows in Berlin in Erz gegossen wurde. Der „alte Dessauer" (geboren den 3. Juli 1676, gestorben den 9. April 1747) hält den Marschallsstab in der etwas vor- gestreckten rechten Hand und blickt mit seinem scharfen, energischen Gesichts- ausdruck uns an, als wollte er uns warnen, seinem Willen uns entgegenzustellen. Sein Andenken wird anch auf der nahen Hauptwache lebendig erhalten; denn der Dessauer Marsch, sein Lieblingsstück, eröffnet viermal in der Woche die Wachtparade. Unter den übrigen Denkmälern der Stadt ragt dasjenige hervor, welches im Jahre 1867 auf dem kleinen Markte zum fünfzigjährigen Regiernngs- jubilänm des Herzogs Leopold Friedrich enthüllt ward. Der Grundgedanke dieses Brunnendenkmals ist, die Wiedervereinigung der anhaltischen Landesteile, die sich unter diesem Fürsten vollzog, zu feiern: deshalb sind die Standbilder der vier wichtigsten Fürsten aus der Geschichte Anhalts darauf angebracht und die bedeutendsten Städte und ihre Beschäftigungszweige allegorisch dargestellt. — Die Elemente der anhaltischen Landschaft treffen wir zusammengefaßt in dem herzoglichen Parke zu Wörlitz. Angeregt durch die in England empfangenen Eindrücke und die reizende Gegend am Ufer des waldumgrenzten Wörlitzer Sees, faßte Fürst Franz von Anhalt - Dessau den Plan, hier einen Park anzulegen, und führte ihn auch von 1769 — 1802 aus. Dieser Park dehnt sich zu beiden Seiten des Hauptsees und um die mit diesem durch Kanäle verbundenen kleinen Wasserbecken aus uud wird häufig von Feldfluren unterbrochen, so daß man kaum merkt, wo er anfängt und wo er aufhört, und ihn für viel größer hält als er wirklich ist. Kanäle, Seen, Wäldchen, Wiesen, künstliche Hügel und Grotten und unterirdische Gänge bilden einen bunten Wechsel. Schwer nur findet man sich in die vielverschlungenen Wege, die durch Wasserarme häufig unterbrochen werden, deren Ufer bald durch Brücken von zierlicher oder seltsamer Gestalt, bald durch kleine fliegende Fähren verbunden sind. Ende des siebenten Bandes.