4 Aus Schlesiens Vergangenheit. und genötigt, weiter nach Westen zu ziehen. Nur in den gebirgigen Gegenden blieben noch Germanen zurück, welche den angestammten Sitten treu blieben, bis Deutsche, wiederum rückwärts nach Osten wandernd, in den Slawenreichen wieder festen Fuß faßten. Drei große Slawenreiche bildeten sich damals, nämlich das polnische, böhmische und großmährische. Als dieses letztere aber um das Jahr 900 unterging, war Schlesien noch ohne Namen und keineswegs eine in sich abgeschlossene Provinz, sondern in der von der Oder aus östlich gelegenen Hälfte den polnischen, in der westlichen aber den böhmischen Slawen unter- worfen. Erst im 10. Jahrhundert rissen die Polen das ganze Land an sich, und so ist Schlesien am Anfange seiner Geschichte ein Teil Polens. Die Slawen waren bei ihrer Einwanderung ein nomadisches Volk, das erst nach und nach sich dem Ackerbau zuzuwenden begann. Ferner ist es nach- gewiesen, daß die Slawen damals noch in Hütten wohnten, welche sie leicht ab- brechen und mitnehmen konnten, wenn sie nach einem andern Weideplatze zogen. Sie hatten eine patriarchalische Verfassung und lebten nur unter Familienober- Häuptern, die bei allgemeinen Angelegenheiten sich miteinander berieten. Sie waren gastfrei, treu und redlich, liebten die Freiheit und zeigten Mut und Tapfer- feit; gegen ihre Beleidiger waren sie grausam, und man erzählt sich, daß sie im Kriege sich vergifteter Pfeile bedienten. Bei der durch die großen Völkerzüge zunehmenden Schwäche der germanischen Stämme drangen die Slawen immer weiter nach Westen vor bis über die Elbe, und sie würden sich noch weiter ausgedehnt haben, wenn sie nicht in den Franken, in Karl dem Großen und seinen Nachfolgern, kräftige Feinde gefunden hätten. Schlesien gehörte bald ganz zu dem großen polnischen Slawenreiche und teilte mit letzterem Verfassung, Sitten und Schicksale; aber es litt sehr durch die beständigen Kriege mit den Böhmen, die sich gern den westlichen Teil des Landes zurückerobert hätten. Diese westliche Hälfte bestand damals aus verschiedenen Gauen, deren größter Zlasane hieß und das Land der Slenza, d. h. der kleinen Lohe, welche bei Nimptsch entspringt und bei Masfelwitz in die Oder fällt, um- faßte; zu ihm gehörten etwa die heutigen Fürstentümer Breslau, Brieg bis an die Oder und ein Teil des Fürstentums Schweidnitz. Obgleich die Polen und Böhmen sich einander vielfach befehdeten, so wurde doch von Böhmen her den Polen das Christentum gebracht. Der polnische Fürst Miesko nahm im Jahre 966 das Christentum an, nachdem er ein Jahr zuvor die als Christin getaufte Dubrawka, die Schwester des Herzogs Boleslaw des Frommen von Böhmen, geheiratet hatte. Er stiftete ein Bistum in Posen, das dem Erzbistum Magdeburg unterstellt wurde, und wußte auch die zu seinem Reiche gehörenden Bewohner Schlesiens zur Annahme des Christentums zu bewegen; aber auf die Sitten hatte die neue Religion keinen Einfluß, das Volk blieb noch lange Zeit roh unter seinen gewaltthätigen Herrschern. Der Bischof Dithmar von Merseburg schildert uns die Polen damaliger Zeit ganz anders, als wir sie früher kennen gelernt haben; er sagt, das Volk müsse man wie Ochsen und faule Esel züchtigen, ohne schwere Strafen könne es nicht beherrscht, könne das Wohl des Fürsten nicht erhalten werden. Die Einführung des Christentums machte deshalb große Schwierigkeiten und ging nicht ohne Gewalt vor sich; ja diejenigen, welche dem heidnischen Glauben treu blieben, wurden sogar mit Einziehung ihrer Güter oder mit dem Tode bestraft. Denjenigen.