Bergbau- und Hüttenwesen. 55 Tarnowitz lag noch gänzlich danieder. Der Eisenhüttenprozeß lag sehr im argen. Es waren etwa 36 Holzkohlenhochöfen im Gange, welche 100 000 Zentner Roheisen, bez. 75 000 Zentner gefrischtes Stabeisen lieferten; doch war die Beschaffenheit dieses Eisens so schlecht, daß die Ausfuhr desselben in andre Provinzen des Staates im Jahre 1777 verboten wurde. Etwas günstiger als hier lagen die Verhältnisse in Niederschlesien. Im Jahre 1780 waren daselbst im ganzen 27 Steinkohlengruben im Betriebe, von denen sechs bei Neurode belegen waren, die ca. 125 000 Tonnen Steinkohlen, im Werte von 72 000 Mark, lieferten und absetzten. Außerdem waren daselbst noch drei Kobalterzgruben, ein Schwefelkiesbergwerk, ein Kupfer- und ein Arsenikerz-, zwei Bleierzbergwerke im Betriebe, welche den dortigen Interessenten zusammen eine Einnahme von ca. 100 000 Mark abwarfen. Rheden erkannte sofort mit scharfem Blicke die außerordentlich reichen Mineralschätze, welche Schlesien barg, und die Entwicklungsfähigkeit des schlesischen Bergbaues; er wußte ferner, daß die Anwendung der Dampfmaschine und die Verwendung der Steinkohle zu technischen Zwecken, wie er dies in England genau kennen gelernt hatte, zur Eutwickelung der schlesischen Montanindustrie notwendig sei. In der Nutzbarmachung dieser beiden so wichtigen Hebel der Montanindustrie liegt mit das größte Verdienst Rhedens. Rheden bewirkte durch seinen Einfluß, daß der Staat selbst mit der Er- ösfnung von Gruben und der Einrichtung großartiger Hüttenanlagen voranging und bedeutende Summen anlegte; und Preußens großer König brachte in der neu erworbenen Provinz durch eine weise Bergwerksgesetzgebung und durch thatkräftige Hilfe den daniederliegenden Bergbau in Flor. Die erste Folge der Wirksamkeit Rhedens war die Wiederaufnahme des Tarnowitzer Bleierzbergbaues auf der fiskalischen Friedrichsgrube, woselbst 1784 der erste Fund auf dem Rudolfienschacht gemacht wurde. Im Jahre 1783 wurde daselbst die erste Dampfmaschine (die zweite auf dem Kontinent) zur Wafferbewältigung aufgestellt. Diese Maschine hatte man aus England bezogen, und bald folgten ihr andre nach. Im Jahre 1786 wurde die fiskalische Friedrichshütte zur Verhüttung der auf der Friedrichsgrube gewonnenen Erze erbaut. In demselben Jahre begann Rheden mit der Errichtung der königlichen Eisengießerei zu Gleiwitz, auf welcher der erste Kokshochofen in Deutschland erbaut wurde, dessen Koksversorgung durch den im Jahre 1798 in Angriff genommenen Tiefbau der fiskalischen Königin-Luise-Grube erfolgte. Hieran schloß sich ferner der Bau der fiskalischen Königshütte neben der bereits im Jahre 1791 in Angriff genommenen fiska- lifchen Königsgrube. Auch auf die wachsende Entwicklung der Zinkindustrie hat Rheden einen mächtigen Einfluß ausgeübt. Er bemühte sich ferner, die Herstellung des Zinkes aus Galmei kennen zu lernen, und es gelang ihm auch, diesen wichtigen Prozeß auf der im Jahre 1809 erbauten fiskalischen Lydognia-Zinkhütte im großen ein- zuführen. Auch erschloß er den wichtigsten Teil des oberschlesischen Kohlenreviers. Dieses thatkräftige, von dauernd günstigen Erfolgen begleitete Vorgehen des Fiskus erleichterte und ermunterte die Privatindustrie, mit Gruben- und Hütten- anlagen vorzugehen, was im Jahre 1809 zum Bau der Hohenlohehütte und kurze Zeit darauf zur Begründung der Antonienhütte führte.