434 Im Regierungsbezirk Posen. selbst mußte den Menschen in eine Falle locken und zum Geständnis bringen. Er schrieb nämlich im Einverständnis mit der Behörde an ihn einen Brief uud übermittelte ihm denselben durch den ins Geheimnis gezogenen Ofenheizer. Rosenthal antwortete, wurde dann dem Wohlauer gegenübergestellt und ihm sein Brief vorgelegt. „Um alle Erfahrungen seines 60jährigen Lebens betrogen, sank er lautlos auf einen Stuhl nieder. Unfähig, ein Wort hervorzubringen, machte endlich ein Strom von Thränen seinem Herzen Luft und er versprach, nunmehr ein offenes Bekenntnis über alles abzulegen, was er je in seinem Leben bedangen habe. Ein Raub und mehr als 200, größtenteils gewaltsame Diebstähle, unter denen sich allein 36 Kasseneinbrüche befinden, wurden von ihm nach und nach eingestanden. Erst durch dieses Geständnis erhielt die Unter- suchung ihren grenzenlosen Umfang. „Mehr als 500 Personen waren des Diebstahles, der Diebeshehlem ober des Meineides für den Nachweis des Alibi der Diebe bezüchtigt, deren Ver- Haftung also größtenteils Erfordernis war. Sie wohnten in fast allen Pro- vinzen des preußischen Staates, vornehmlich aber in dem Großherzogtum Posen, und dort wieder vorzugsweise in dem Städtchen Betsche." Wie aber konnte man der Gauner habhaft werden? Gerade im Pofenfchen, wo die meisten und gefährlichsten Verbrecher nisteten, sah es mit der obrig- keitlichen Gewalt am übelsten aus, waren die Behörden am unzuverlässigsten. Der gewöhnliche Weg, auf dem man nach Dieben fahndete, konnte daher zu keinem Resultate führen. Deshalb wurde eine besondere Untersuchuugskom- Mission, die aus einem Justiz- und zwei Polizeibeamten bestand, eingesetzt und ins Posensche, besonders nach Betsche geschickt; diese sollte gegen die ab- gefeimtesten Gauner und Diebe operieren und bedurfte zu diesem Zwecke eines Menschen, „der mit Lokal- und Personalkenntnis ausgerüstet, in die Mysterien des Diebes- und Gaunerwesens eingeweiht und mit Umsicht und Gewandtheit die dem Auge des Beamten oft tief verdeckten Spuren der Verbrechen und Verbrecher zu ermitteln im stände war, mit einem Worte, sie bedurfte eines Vigilanten." Niemand war zu diesem Posten geeigneter als Rosenthal, der, seit dem Jahre 1802 von der Polizei verfolgt, die Provinz Posen, die damals zum Herzogtum Warschau gehörte, nach allen Richtungen hin durchstreift, in den berüchtigtsten Diebesnestern gewohnt und mit Gaunern verkehrt hatte, der auch durch sein Geständnis Sicherheit zu gewähren schien dafür, daß er ein etwaiges Vertrauen der Behörden nicht mißbrauchen würde. Er wurde also der Kommission als Vigilant beigegeben. Gleichzeitig mußte gegen alle in der Provinz Posen zu verhaftenden Per- sonen vorgeschritten werden. Die Nacht vom 20. zum 21. Januar 1832 war zur Verhaftung ausersehen, weil am Abend vorher der jüdische Sabbat begonnen hatte und um jene Zeit gerade Vollmond war, beide Thatfachen aber voraussetzen ließen, daß die jüdischen Verbrecher, welche bekanntlich am Sabbat nicht reisen dürfen und nur in dunklen, weder durch Mondschein noch durch Schnee erhellten Nächten auf Diebstahl ausziehen, in ihren Wohnungen an- getroffen werden würden. In jener Nacht also sollten von mehreren landrätlichen Behörden die ihnen bezeichneten Personen verhaftet werden, während die Kommiffarien selbst sich nach Betsche wandten, Verhaftungen und Haussuchungen vornahmen.