470 Im Regierungsbezirk Bromberg. wendete sich die Wut der Polen gegen wehrlose Einwohner. Vier Männer, unter ihnen ein 60jähriger Greis, wurden hingeschlachtet, andre schwer verletzt und mißhandelt oder eingesperrt, ihre Häuser wurden ausgeplündert. Änowrazlaw. Fahren wir in der Richtung, in der wir von Gnesen ge- kommen sind, weiter, so kommen wir über die kleine Kreisstadt Mogilno (2464 E.) nach Jnowrazlaw, einer Stadt in dem weizenreichen Kujawien, die wahrscheinlich eine bedeutende Zukunft hat. Jnowrazlaw (Inowroclaw = Jungbreslau) wird schon im 12. Jahrhundert erwähnt. Der Handelsweg zwischen Preußen und der Lausitz ging über diesen Ort, und das kam ihm sehr zu statten. Nachweis- lich hatte die Stadt in der Mitte des 13. Jahrhunderts Magdeburger Recht und durfte fünf Sechstel der Abgaben von Gebäuden, Verkaufsbänken und Gärten zum Stadtbesten einbehalten und verwenden und zahlte nur den sechsten Teil an den Herzog; sie war durch Mauern geschützt und hatte ein Schloß, in welchem ein Starost saß. Im 14. und 15. Jahrhundert hatte sie viel durch die Kriege mit den preußischen Rittern zu leiden. Als um 1430 (genaue Nach- richten fehlen) die Stadt durch die Ritter eingeäschert worden war, erwirkte sie sich die Ausstellung eines neuen Freibriefs von König Kasimir IV. Zufolge dieser neuen Urkunde besaß die Stadt ein Bad, dessen Einnahmen sie bezog, Wiesen und Weiden, sowie die halbe Benutzung einer Strecke der Netze, hielt am Dienstag einen Wochenmarkt und stand in der Magdeburger Freiheit. Von den Gefällen der Vogtei fiel ihr ein Drittel zu. Von den Häusern und Grund- stücken wurde ein Zins an den Herrscher abgeführt. Die Bürger durften Wein und Met am Rathaus verkaufen. Auswärts gebrautes Bier sollte aber weder in der Stadt selbst, noch im Umkreise auswärts geschenkt werden. Im 16. Jahr- hundert kam die Stadt sehr herunter, sie hatte zum Kriege nur einen Fuß- gänger, einen vierspännigen Wagen uud eine Marketenderin zu stellen. Im Jahre 1772 wurde Jnowrazlaw (es hieß damals auch Jungbreslau) preußisch, und hier leistete der Netzedistrikt am 22. Mai 1775 die Erblandeshuldigung. Namens der Stadt that dies ihr Bürgermeister Georg Wolter. Die 190 Wohn- gebäude, welche die Stadt damals hatte, waren meist schlecht und von Holz gebaut. Das schlechte Rathaus auf dem Markte hatte neben sich einen alten Tnrm. Ein Kloster der Franziskaner und fünf Kirchen waren am Orte. Die Straßen waren so schmutzig, daß man bei üblem Wetter kaum durchkommen konnte. An gutem Trinkwasser litten die Bewohner Mangel. „Auf dem Markte ist statt eines Wasserbehälters ein großer Sumpf oder Teich", schreibt 1793 der Bromberger Hosgerichtsrat Holfche. Längst hat sich das Aussehen der Stadt geändert. Die Stadt hat schöne Gebäude, ein freundliches Aussehen und 11 558 E. Ein mächtiges Steinsalzlager, das vor wenigen Jahren dort entdeckt ist, gewährt reiche Ausbeute; die eingerichtete Saline hat einen großartigen Betrieb. Durch Auslaugung des Salzgesteines mittels eingeleiteten Süßwassers -wird eine Sole gewonnen, und das hat Veranlassung zur Gründung des Solbades Jnowrazlaw gegeben, das von Jahr zu Jahr mehr in Aufnahme kommt. Ende des achten Bandes,