49 Im ganzen sind bis jetzt gegen hundert Entdeckungsreisen in das nördliche Eismeer unternommen, fast sämtlich von Engländern. Ob-. gleich alle diese Versuche in Bezug auf den Hauptzweck mißlangen, und eine Verbindung zwischen dem atlantischen und großen Ocean durch das nördliche Eismeer für die Schiffahrt immer noch nicht hergestellt ist, so entdeckte man doch eine große Küstenstrecke und gewann wenigstens einiges durch Fischfang und Pelzwerke. Es wurden Pelzcompagnieen gestiftet, wie z. B. die Hudsonscompagnie, und dadurch werden zugleich die Küsten jener Länder immer mehr und mehr erforscht. Die ersten bedeutenden Schritte zur Beschiffung des Polarmeeres geschahen schon von John Davis (1585—1587) und von William Baffin (1615—1616). Im Jahre 1831 machte John Roß die wichtige Entdeckung des magne- tischen Nordpols, woselbst die Magnetnadel eine senkrechte Stellung einnimmt und in diesen Gegenden für die Schiffahrt unbrauchbar wird. Im Juli 1845 sandte die englische Regierung den Kapitän John Franklin aus. Zwei Jahre waren verflossen, ohne daß man etwas von ihm hörte. Da beschloß die Regierung, eine Expedition zur Auffindung des Verunglückten auszusenden. An der Spitze stand der Kapitän James Clark Roß, im Mai 1847. Am 3. November 1849 kam er mit seinen beiden Schiffen wohlbehalten nach England zurück, ohne eine Spur von John Franklin entdeckt zu haben. Er hatte in dem Eis- meere länger als zwei Jahre zugebracht und am Kap Leopold über- wintert. Die beiden Schiffe, welche hier 190 Meter voneinander ent- fernt lagen, wurden überdacht, ein 2 Meter hoher Schneedamm von dem einen zu dem andern gezogen. Auch eine magnetische Warte, um Beobachtungen anzustellen, wurde für jedes Schiff gebauet, die Mauer von Schnee, die Fenster von Eis, Wasser, das alsbald gefror, diente als Mörtel. So vorbereitet, erwartete man die lange Nacht; am 9. November verschwand die Sonne, um erst nach einer dreimonatlichen Abwesenheit zurückzukehren. Sonntags wurde Gottesdienst gehalten, in den Wochentagen gelesen, geschrieben, gerechnet; es wurden Schlitten angefertigt für die im Frühjahr zu veranstaltenden Landreisen. An Lebensmitteln fehlte es nicht, da man sich vor der Abreise mit den- selben für tausend Tage versehen hatte, indem man darauf gefaßt sein mußte, zwei, drei Jahre lang nicht vom Eise loskommen zu können. Viersüßige Tiere sah man, mit Ausnahme der weißen Füchse und einiger Bären, nicht. Eine Anzahl Füchse fing man in Fallen, schenkte ihnen jedoch die Freiheit, nachdem man sie mit einem kupfernen Halsbande versehen, das den Namen des Schiffes und die Angabe der Orte enthielt, an welche die Gesellschaft Vorräte an Kohlen und Lebensmitteln niedergelegt hatte. Man hoffte, es werde vielleicht ein solcher Briefträger von Franklins Mannschaft, falls dieselbe sich noch am Leben befinden sollte, eingefangen werden und Kunde geben von dem, was für ihre Rettung gethan sei. Geogr. Bilder. I. Ute Aufl. 4