384 Feldherrngeschick und die Staatsweisheit Adams, Jefsersons und Franklins das stolze Gefüge des amerikanischen Unabhängigkeitsbaues emporsteigen lassen konnten. Und nicht genug mit dieser ersten Frei¬ heitsvorkämpferschaft. Auch in dem zweiten Unabhängigkeitskriege, dem eigentlichen Vollendungskamps ihrer Freiheit, den die Vereinigten Staaten zu bestehen hatten, sollte Boston das erste Feldgeschrei erheben, sollte es den ersten Schwertstreich tun. Wie es die Wiege der Abschütte- lung des englischen Joches gewesen, sollte es auch der Herd jener ge- heiligten Revolution im Dienst der Menschheit werden, die endlich in der Zertrümmerung der Sklaverei die große Tat, den großen Triumph dieses Jahrhunderts feierte. Ja, es ist ein festes, kampftüchtiges und zähes Geschlecht, diese Bostoner! Boston hat verschiedene Spitz- und Beinamen. Von den letzteren dürste es auf den des „amerikanischen Athen" am stolzesten sein. Die Schmeichelei ist dabei etwas dick aufgetragen. Aber wenn Amerika schon einmal ein Athen haben muß, so kann das allerdings nur Boston sein. Von jeher haben mit Vorliebe Schriftsteller und Träger der Wissenschaft an der Massachusetsbai ihre Heimat gehabt. Eine Reihe der ausgezeichnetsten Staatsmänner von John Adams, dem zweiten Präsidenten der Republik, bis zu Charles Adams, welcher lange Jcihre die Vereinigten Staaten in London, später bei dem Genfer Schiedsgericht vertrat und auf den sich 1872 die Augen aller guten Männer des Landes als rettenden Kandidaten für das bereits von seinem Großvater und Vater bekleidete höchste Amt richteten, sind Bostoner gewesen. Es genügt, noch den Namen S u m n a r s, des letzten großen Repräsentanten Massachusets im Bundessenat, zu nennen. Und wie Boston die erste Zeitung in Amerika (1692) hatte und so- mit auch beanspruchen darf, als die Wiege der amerikanischen Presse angesehen zu werden, so hat es auch für jene des amerikanischen Frei- schuleuweseus zu gelten, welches noch heute nirgend in so stattlicher EntWickelung dasteht, wie dort. In den vielen Theatern der Stadt, darunter sogar zwei prächtige, kommen die Erzeugnisse Shakespeares sowohl wie Meyerbeers zur besonderen Geltung. Eine Art wirklichen Paradieses hingegen war von jeher das nenengländische Athen für das in Amerika überhaupt so sehr entwickelte Vorlesungswesen, welches sich von hier aus über das ganze Land nach Art europäischer Theaterblätter verbreitete. Das am wenigsten Atheniensische in Boston ist — der Sonntag. Er ist einfach schrecklich! Es ist die Öde, die Langeweile, die Unnatur, der Zwang in der Blüte, die erzwungene Erstarrung des Großstadttreibens. Wer sich erlaubt, sei es aus Leicht- sinn oder Unknnde, am ..Sabbath" einen Spaziergang außerhalb der Stadt zu machen, der darf sicher sein, für diesen Frevel bestraft zu werden. Noch heute liest mau in den alten Gesetzbestimmungen: „Nie- mand soll am „Sabbath" reisen, Essen kochen, das Haus kehren, tanzen, Karten spielen oder sich auf einem musikalischen Instrumente belustigen":