188 C. An deutschen Flüssen. wohl an den Deichen und Dämmen, welche schon in der slavischeu Vorzeit angelegt sein mochten; König Friedrich Wilhelm I. erließ sogar 1716 eine Deichordnung, und auch der Plan, das Bruch zu entwässern, tauchte auf; allein erst Friedrich der Große griff im Jahre 1747 das große Werk mit seiner gewohnten Thatkraft an. Es handelte sich um die Lösung einer dreifachen Aufgabe. Es mußte der Oder ein schneller Abfluß gegeben, eine tüchtige Verwallung aufgeführt und endlich das Binnenwasser abgeleitet werden. Zuerst grub man dem Strom ein neues Bett. Durch Kanäle und Durchstiche nötigte man ihn, von der Warthemündung aus bis nach Oderberg in gerader nordwestlicher Richtung seinen Laus zu nehmen. Allmählich wurde der alten Oder ihr Wasser entzogen, und sie nahm nun den Inhalt der vielen Bruchseen und Flußarme aus und führte deufelbeu ab. Neues Land kam zum Vorschein, Luft und Sonne halfen es trocknen, und neu aufgeführte Dämme sicherten die der Wildnis abgerungenen Strecken vor abermaliger Überslutuug. Durch Abzugsgräben wurde das Binnen- wasser abgeleitet, uud so konnten im Jahre 1753 schon über 30 000 Hektar Landes, alles neu erworbenes, treffliches Land, verteilt werden. Sodann wurden 1252 Familien, Pfälzer, Rheinländer, Süddeutsche, hier angesiedelt, denen neben der Bebauung des Bodens auch die Instandhaltung der Entwässerung^ anlagen übertragen war. Die Wohnungen der ersten königlichen Kolonisten waren freilich nur Hütten, kaum 2 m hoch und mit Stall und Scheune unter einem Dache. Dennoch kostete dem Könige die ganze Anlage über eine Million Thaler. Mit vollem Rechte aber durfte er späterhin das stolze Wort von „einer im Frieden eroberten Provinz" gebrauchen. Freilich mußte noch gar manches Jahrzehnt ins Land gehen, ehe das Oderbruchland wurde, was es heute ist: ein wahrer Garten Gottes, bewohnt von einem wohlhabenden, thatkrästigen und fleißigen Menschenschlage. Der Anblick, den das Oderbruch im Vorübersahreu vom Fluß aus gewährt, ist aber weder schön und malerisch, noch verrät er eine besondere Fruchtbarkeit; im Gegen- teil, das Vorland, das sich dem Auge bietet, macht kaum den Eindruck eiues gehegten Wiesenlandes, während die Raps- und Gerstenfelder, die sich golden dahinter ausdehnen, dem Auge durch endlose Damm- und Deichwin- düngen entzogen werden. Der Reichtum dieser Gegenden offenbart sich nicht in seinen goldenen Feldern, aber man erkennt ihn doch an seinen ersten und natürlichsten Folgen, an den Dörfern, die er geschaffen. Da giebt es kein Strohdach mehr, der rote Ziegel lacht überall aus dem Grün der Wiesen hervor, und statt der dürftigen hölzernen Kirchtürme des vorigen Jahrhunderts ragen jetzt in solidem Backsteinbau die Kirchtürme in die Lust. Und an diesem Reichtum nehmen auch die Dörfer des anderen Odernfers teil, an der Hügel- kette, welche eine Meile unterhalb Küstrins am rechten Ufer hinzuziehen beginnt.