80 regelte man in den Einzelstaaten die Gewerbeverhältnisse. Man stellte die Zünfte unter staatliche Aufsicht und nahm ihnen einen großen Teil ihrer Vorrechte. Einen gewaltigen Stoß erhielt die Zunftordnung zu jener Zeit auch durch das Aufblühen des Zwischenhandels oder der Manufakturen. Der Zwischenhändler oder Verleger war ein Kaufmann, der eine größere An¬ zahl Arbeiter in deren eigenen Wohnungen beschäftigte. Ans der Um¬ gebung von Zwickau sind besonders die Firmen Wappler in Bärenwalde zu nennen, die von Anfang des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts Nagelschmiede und Klöpplerinnen im weiten Umkreise beschäftigten. Die großen Lagerböden in einigen Bauernhöfen von Bärenwalde und Lichtenau legen heute noch von dem blühenden Geschäftsleben jener Zeit Zeugnis ab. Unter diesen Verhältnissen verlor das Zunftwesen immermehr an Bedeutung und war endlich nur noch ein Hindernis der neuen Gewerbe- und Handelsentwicklung. Deshalb wurde es zunächst in Preußen als eine Erlösung empfunden, als dort im Jahre 1811 durch Staatsgesetz die Gewerbefreiheit eingeführt und der Jnnungszwang beseitigt wurde. In diese Zeit fällt auch die Entwicklung des Großgewerbes. Ver¬ mögende Leute gründeten Fabriken, d. h., sie vereinigten eine größere An¬ zahl Arbeiter in einer eigenen Betriebsstätte und ließen sie dort unter ein¬ heitlicher Leitung nach bestimmten Vorschriften arbeiten. Durch Arbeits¬ teilung wurden die Einzelkräfte zweckmäßig verwendet und dadurch die Gesamtleistung bedeutend gesteigert. Die erste Fabrik der Zwickauer Gegend war die Schedewitzer Kammgarnspinnerei, die im Jahre 1817 vom Leipziger Kaufmann Köhler durch Umwandlung einer alten Öl- und Graupenmühle eingerichtet wurde. So erwuchs dem Handwerk in der sich von Jahr zu Jahr mächtig steigernden Industrie eine Konkurrenz, die es nicht ertragen konnte. Auch die in der ersten Hälfte des 19. Jahr¬ hunderts erfolgte Einführung der Dampfmaschine als Arbeitsmaschine brachte dem Handwerk mehr Nachteile als Vorteile. Nur der kapital¬ kräftige Fabrikbesitzer konnte einen Maschinenbetrieb einrichten. Selbst die ungeahnte Erleichterung des Verkehrs trug dazu bei, den Niedergang des Handwerks zu beschleunigen. Die Leute, die bisher infolge der Un¬ zulänglichkeit der Verkehrsmittel auf die heimischen Gewerbetreibenden angewiesen waren, konnten fortan gewisse gewerbliche Erzeugnisse leicht und billig aus weiter Ferne beziehen. In den Orten entstanden Waren¬ häuser, welche von der Fabrik bezogene Waren zu einem Preise und zu¬ weilen in einer Beschaffenheit feilboten, die der Handwerker mit dem besten Willen nicht so herstellen konnte. Unter solchen Umständen wurde die Erhaltung eines eigenen Betriebes immer schwerer. Vermögende Hand¬ werker richteten selbst Großbetriebe ein, weniger bemittelte beschränkten ihre Tätigkeit mehr auf Ausbesserarbeit, und manche opferten auch in der Sorge ums tägliche Brot ihre Selbständigkeit und wurden Fabrik¬ arbeiter. Dieser Verfall des Handwerks bewog endlich fast alle deutschen