18 Die südbayrische Hochfläche. laus gleichen sich täuschend bei fast allen diesen Ge¬ wässern; die meisten strömen in gleicher Linie von Siid- West nach Nordost. Bei den Tälern des Lech, der Isar. Jller, Amper, Paar, Glon, Znsamm, Schmutter usw. ist allenthalben, sowie sie den äußersten Damm des Hoch- gebirges durchbrochen haben, die Talweitnng unoerhält- nismäßig breit gegeu die Höhe der umsäumenden Hügel und die Masse des Wasserlaufs. Sonst bändigt uud beherrscht in der Regel der Berg, ja der Hiigel den Fluß oder Bach, zwingt ihn um seine Ecken und Vorsprünge sich zu beugen: die Felsen und Höhen sind die Riesen,, uud die Bäche, zu ihren Füßen sich windend, die Zwerge. Hier dagegen sieht es aus, als ob die Hügel den Bächen nachliefen und obendrein stets iu ehrerbietiger Ent- fernuug: diese Alpenströme ohne Alpen sind die Riesen,, und die Hiigel ohne sichtbaren Felsenkern mit rundlichen Formeu die Zwerge. Man sieht fast überall zu viel Himmel und zu viel Erde. Die größern Flüsse dieser Hochfläche haben 'selten ein geregeltes Bett, sie laufen fast überall iu zahlreiche Zweiggeflechte und Seitenarme auseinander und neh- men mit nutzlosen Jnselchen, Saud- uud Geröllbänken, Altwassern, kleinen Sümpfen dreimal mehr Platz eiu, als ihnen von Rechts wegen gebührte. In diesen schwer zugänglichen Flußaueu herrscht oft noch Urwildnis. Denn es sind diese Flüsse noch nicht Kuechte der Gesit- tüug, sondern wilde Feinde derselben. Sie hemmen den Verkehr, statt ihn zu belebeu. Die menschliche Ansiedelung bat sich nicht au ihren Ufern gesammelt, sie ist ihnen viel- mehr möglichst weit ausgewichen. Das Schwemmland, welches das Hochwasser heuer geschaffen, wird im nächsten Jahre wieder verschlungen von den tobenden Fluten. Vielleicht zeigeu sie nur in einer einzigen regnerischen Sommerwoche ihre volle jähe Zerstörungswut, aber eiu paar Stuuden genügen dann, um deu Acker, welchen man jahrelang dem Element mühselig abgetrotzt, in eine für immer zur Kultur unfähige Geröllbank zu verwandeln.