Theodosius 379 — 395. 177 berechtigt behaupten werde; über die Hälfte der Hof- und Militärämter wurden schnell mit Deutschen besetzt. Theodosius ist dabei dem Gebot der Selbsterhaltuug gefolgt, nicht allein weil einem blutigen Kampf von zweifel¬ haftem Ausgang vorgebeugt ward, sondern auch weil er in den Germanen die zur Verteidigung gegen andringende Völker geschicktesten Werkzeuge fand. Die Aufgabe, die eingewanderten mit den alten Bewohnern zu einer einheit¬ lichen Bildung zu verschmelzen, vermochte er nicht zu lösen. Der Stolz der Römer, wie die Verachtung ihrer Schwäche und Sittenlosigkeit von Seiten der Deutschen machte dies noch unmöglich und es war gut, daß das Germanen¬ tum nicht in die Versumpfung und Fäulnis der römischen Welt unrettbar versank. Eine zur blinden Leidenschaftlichkeit sich nicht selten steigernde Energie wurde in Theodosius durch die tiefste Demut vor dem Göttlichen gedämpft. Das nieänische Glaubensbekenntnis, welches er bei seiner Taufe 380 abge- legt *), gegen die Arianer, welche durch unzählige Spaltungen in ihrer Mitte die Halt- und Grundlosigkeit ihrer Lehre selbst bezeugten, so wie gegen die übrigen Secten zur vollsten Geltung zu bringen betrachtete er als heilige Pflicht. Nach seinem Einzug in Constantinopel 380 wurden die Kirchenge¬ bäude und -ämter, welche die Arianer sich angeeignet hatten, den Katho¬ liken zurückgegeben und 381 bestätigte das zweite ökumenische Concil in derselben Hauptstadt das nieänische Symbolum unter Hinzufügung die falschen Lehren über den heiligen Geist ausschließender Bestimmungen. Eine Kirchenversammlung im Jahre 383 hatte den Zweck, den Nichtorthodoren den Weg zum Rücktritt in die katholische Kirche zu öffnen, die Absicht aber ward nicht erreicht. Darauf erfolgte 388 ein strenges Edict, welches den Ketzern jede Versammlung in Kirchen und jede Weihe von Geistlichen unter¬ sagte, die Manichäer und Audianer aber sogar mit dem Tod bedrohte; doch wird von der letztern Strafe nie Anwendung berichtet ^). Konnte ein solcher Mann das Heidentum als gleichberechtigt neben dem Christentum sortbestehn lassen? Um so weniger, als kein heidnischer Glaube mehr vorhanden war, nur noch abergläubische und wahnwitzige Gebräuche befolgt und zu selbstischen Zwecken ausgebeutet wurden. Leicht beugte sich der römische Senat, als Theodosius die Hinwegräumung der Götzenbilder und -altäre aus seinem Lokal und die Unterlassung der heidnischen Gebräuche gebot. Das Verbot der Opferschau erweiterte sich von selbst zu dem der Opfer und was sollten noch Altäre und Tempel ohne sie? Mit blind fanatisch er Wut machte man sich an ihre Zerstörimg. In Alexandrien kam es zu einem Kampf um den Serapis-, tempel und die darin befindliche Schule und Bibliothek. Der Kaiser entschied gegen die Heiden und das Gebäude nebst einem großen Teil der Bücherschätze ward ein Raub der Zerstörung. Viele herliche Denkmäler des Altertums, die belassen Denkmale der Siege des Christentums geworden wären, wurden zertrümmert, nur einige in Kirchen Gottes umgewandelt. Das Gesetz vom Jahr 392, welches bei schweren Strafen jede Art von Götzendienst verpönte, vollendete Theodosius' Werk. Wie er sich weise zu mäßigen verstand, wird dadurch bewiesen, daß er die arianischen Goten in Mösien bei ihrem Ariauis- 1) Sämtliche Kaiser seit Constantinus haben von Anfang christlichen Unterricht genossen, aber erst im spätern Alter die heil. Taufe empfangen. — 2) Marimus ließ 385 den Spanier Priscillianus, der eine Secte mit manichäischer Lehre, aber strenger Askese gebildet hatte, mit zwei Anhängern in Treveri hinrichten: die erste Ketzerhinrichtung. Öffentlich sprachen Martinus von Turonum (Tours), Theognostos, Siricius von Rom und Ambrosius von Mailand die Misbilligung dieses Verfahrens ans. Dietsch, Lehrbuch d. Geschichte. II. Bd. I. Abth. 2. Ausl. 12