096 XXV. §. 7. Die französische Revolution. ersten zu kosten. Wie sanken seine Paläste in Asche, wie wurden seine Wappen zertrümmert, seine Schätze geraubt, seine Besitzungen zerstreut — die Hälfte endete auf dem Schaffst, die andere Hälfte lebte in trauriger Verbannung in der Fremde und mußte zum Theil durch ihrer Hände Arbeit sich ein kümmerliches Auskommen suchen. Und die Geistlichkeit? Wie lange hatte die gesummte jansenistische Partei (S. 587) schon gegen das ganze katholische Kirchensystem geeifert, in die allgemeinen Forderungen nach Freiheit und Ungebundenheit eingestimmt. Sie waren die Ersten gewesen, welche in der Nationalversammlung sich mit den Abgeordneten deö Volks vereinigt hatten. Ein Bischof hatte zuerst den Vorschlag gemacht, die geistlichen Güter als Staatseigen- thum anzusehen und zu verkaufen. Da, meinten sie, hätten sie der Macht Babel's (Rom's) einen gewaltigen Schlag beigebracht. Nun erst, hieß es, werde die Geistlichkeit, ihres Vermögens beraubt, gezwun¬ gen sein, sich wahre Verdienste zu erwerben. Aus den Vätern, Leh¬ rern und Seelsorgern der Gemeinden, die bisher nur dem Papst und der Kirche verantwortlich waren, wurden jetzt wählbare und ab¬ setzbare Beamte der Nation, die ihren Sold auS der Staatscasse empfingen und den Staatsgewalten ihren Eid leisten mußten. Es ist wahr, eine große Zahl treuer Priester verweigerte den Eid — aber die meisten von ihnen mußten fliehen, sich verbergen oder durch die Guillo¬ tine sterben. Die übrigen, welche die Tollheiten der Volksbeglücker mitmachten, wurden vom Papst in den Bann gethan, von allen ernste¬ ren und treuen Gemüthern namentlich unter dem Landvolk verachtet und gemieden. Auch sie fanden, meist selber von peinigenden Ge¬ wissensbissen verzehrt, ihr Ende in dem weitgeöffneten Abgrund von Blut und Leichen, der sich nach der Hinrichtung des Königö über ganz Frankreich immer schrecklicher aufgethan, und das ganze Land und Volk dem König nachzuziehen drohte in den Fluch einer gänzlichen Vernichtung. Aber es waren den frömmeren Seelen noch größere Schrecken aufbehalten als Kerker und Guillotine. Elende Buben unter den Prie¬ stern, die ihre Seele um ein bischen Pöbelgunst verkauften, mit dem Erzbischof von Paris an der Spitze, erklärten Ende 1793 alle Predigt des Evangeliums, das ganze Christenthum für eine große Lüge, für einen infamen Betrug, und der Convent decretirte, das Christenthum sei abgeschafft. Bei Todesstrafe durfte kein Mensch mehr beten, singen oder Erbauungsbücher haben, die Kirchen wurden geplündert und zer¬ stört, die Glocken eingeschmolzen, die Altäre und heiligen Gefäße ge¬ schändet, die Gräber entweiht, selbst die christliche Zeitrechnung umge- stürzt und ein heidnisch-republikanischer Kalender eingeführt. O ihr armen, reinen, zarten, jungfräulichen Seelen, was mögt ihr in solcher Schreckenszeit des Antichristenthums empfunden haben, wo man in gieriger Lüsternheit euch herausriß aus dem Schooß eures stillen Fa¬ milienkreises, um euch schamlos entblößt im altheidnischen Götterkoftüm als Vernunftgöttinnen unter der zuchtlosen Pöbelrotte auf einer Bahre sitzend einherzutragen, halbnackte, unfläthige Männer und Weiber mit greulichen Schandgesängen vor euch hertanzend, und die Feste der Ver¬ nunft mit viehischer Trunkenheit und Unzucht feiernd. Ach wie viel