/ — 152 — Die Richter der Stadt wurden endlich auf ihn aufmerksam. „Wie kann dieser Kleanthes," so sprachen sie, „so gesund aussehen und so ordentlich gekleidet sein? Es ist ja bekannt, daß er kein Vermögen besitzt, und Niemand sieht, daß er Etwas arbeitet, wo¬ mit er sich Geld verdienen könnte. Der muß stehlen oder sonst etwas Unerlaubtes treiben." So kam es, daß er vor dem Gerichte erscheinen mußte. Als aber Kleanthes offen seine Lebensgeschichte erzählte, den Gärtner und die Frau, welche ihm Arbeit gegeben hatten, zu Zeugen aufrief, da wurden die Richter ganz überrascht und bewunderten seine Wißbegierde und Thätigkeit. Zur Belohnung wollte mau ihm ein Geschenk auf öffentliche Kosten reichen, damit er künftig auch ohne nächtliche Anstrengung im Stande sei, sich mit den Wissenschaften zu beschäftigen; allein zur großen Bewunderung der Richter schlug er dasselbe mit edlem Anstande aus. Ueber 20 Jahre hindurch hat Kleanthes die Vorträge des Zeno*) und seiner Nachfolger studirt, und im Jahre 264 v. Ehr. bestieg er sogar den Lehrstuhl. Er gehörte zu den gelehrten Leuten, welche die Geschichte mit dem Namen Stoiker bezeichnet, und es wird von ihm erzählt, daß er in einem Alter von 80 Jahren freiwillig den Hungertod gestorben sei. 42. Schluß. Außer den berühmten Männern, deren Leben wir hier kurz beschrieben haben, ragten unter den Griechen noch Andere hervor, welche sich durch Kunst und Wissenschaft auszeichneten. Wir begnügen uns damit, hier die Namen Einiger anzusühren und hie und da einige Bemerkungen zu geben. *) Zeno, welcher etwa v. Chr. lebte, stiftete diejenige philosophische Schule, welche die stoische heißt. In Athen war eine öffentliche, mit Gemälden und Statuen ausgeschmückte Halle, welche den Namen Stoa führte. Hier lehrte Zeno und von diesem Lehrplatze haben seine Anhänger den Namen Stoiker. Die Stoiker setzten das höchste Gut in die Stärke der Seele, bei welcher man alle Annehm¬ lichkeiten des Lebens entbehren könne.