— 261 XV. an, in dessen Mitte das Blutgerüst errichtet war. Der ganze Platz war mit Menschen bedeckt, selbst die Dächer waren dicht mit ihnen besetzt. Rings um das Schasfot bildeten 15- bis 20,000 Soldaten einen großen Kreis, einen engern die Reiterei unter Sanier re. Sobald der Wagen still hielt, öffnete einer der Henker den Schlag. Der König stieg' aus und betrat mit festem Schritte das Blutgerüst. Die Henker umringten ihn und wollten ihn entkleiden; er aber wies sie mit Hoheit zurück und legte selbst das Kleid ab und entblößte den Hals. Und als sie ihn binden wollten, gab er es nur dann erst zu, als sein Beichtvater an das Beispiel Jesu erinnert hatte. Jetzt trat er an den Rand des Ge¬ rüstes. Er winkte, und die Trommeln hielten ein. „Franzo¬ sen!" rief er laut, daß es über den weiten Platz hinschallte, „ich sterbe unschuldig an allenden Verbrechen, deren man mich anklagt. Ich verzeihe den Urhebern meines To¬ des und bitte Gott, daß das Blut, welches ihr ver¬ gießen wollt, nicht über Frankreich komme. Er wollte mehr sagen, aber Santcrre stürzte mit dem Degen in der Faust auf die Tambours zu und befahl ihnen, alle Trommeln zu rühren. Die Henker ergriffen jetzt ihr Opfer und legten es unter das Beil. Der Beichtvater kniete neben ihm. „Sohn des heiligen Ludwig", rief er ihm in's Ohr, „steige hinauf zum Himmel!" Das Beil fiel und machte im Augenblick seinem Leben ein Ende. O Einer der Henker zeigte den Kopf dem Volke, welches, ergriffen von der entsetzlichen Thal, die es eben gesehen hatte, in tiefer Stille beharrte, bis Einige das Geschrei: „Es lebe die Republik!" hören ließen, und Viele endlich mit einstimmten. Manche aber drängten sich zum Blutgerüste, um einige Tropfen seines Blutes aufzufassen und als heilige Reliquie zu verwahren. „Wenn einst", sagte der berühmte Recker, „die blutigen Reste seiner Leiche bis auf die letzte Spur verschwunden sein werden, wird man noch die Reste seines Daseins wie Reliquien von einem Heiligen verwahren *) Den Leichnam des ermordeten Königs ließ man nach dem Magdalenen- kirchbofe bringen, legte auf denselben eine dicke Lage ungelöschten Kalk und schüttete über denselben wieder eine Lage mit Scheidewasser ver¬ mischten Kalk, damit er in wenig Augenblicken ganz aufgclös't würde.