— 237 — Am Iß. August langte man endlich in der Nahe von Cherbourg an; ein schmerzlicher Tag für die königliche Familie, die sich auf's 9teue von Frankreich trennen sollte. Karl X., dem man trotz seiner Abdankung den Königstitel nicht versagt halte, legte jetzt das Kleid ab, was er sonst zu tragen gewohnt war, von halb bürgerlichem ,halb militärischem Schnitte, mit starken golde- nen Epaulettes, auf welchen eine KöWgskrone gestickt war; auch jedes andere Abzeichen, außer dem Kreuze der Ehrenlegion, dem St. Ludwigsorden und der Platte des Heiligen Geistordens, legte er ab. Ein langer bürgerlicher Oberrock trat dafür ein. Seinem Beispiele folgten der Dauphin und die Prinzessinnen. Man zog schnell durch die Hafenstadt, weil das schreckende Geschrei: „ES lebe die Freiheit! Es lebe die Charte!" sich von allen Seiten vernehmen ließ. Von dem hier befindlichen Mili- tair wurden den Verbannten die üblichen Ehren bewiesen — die letzten öffentlichen Huldigungen. Wahrend der Einschiffung ver- hielt das in unzahlbarer Menge herbeigelaufene Volk sich ruhig, ohne Zeichen der Theilnahme. So- verließen am 16. August Nachmittags die verbannten Bourbons zum zweiten Male die Küste Frankreichs. Am 18. landete die königliche Familie in Portsmouth; sie ward aber daselbst von der Einwohnerschaft unfreundlich cm- pfangen. Wahrend die Fahrzeuge in der Nahe der Stadt vor Anker gegangen waren, um die Erlaubniß zur Landung von der englischen Regierung zu erwarten, steckten die Bürger die drei- farbige Cocarde an, die Damen zierten sich mit dreifarbigen Ban- dern, und man pflanzte auf vielen Hausern die dreifarbige Fahne auf. Auch die Behörde zeigte Kälte und Verdruß, und nur mit Widerwillen wurden die Verbannten in England geduldet. Karl wünschte daher das alte Schloß Holgro od bei Edinburgh, wel- ches er schon einmal in seinen früheren Verbannungsjahren bewohnt hatte, wieder zu beziehen, was ihm von der englischen Regie- rung auch gestattet ward. Der beliebte Romandichter W. Scott suchte dem entthronten Monarchen in Schottlands Hauptstadt eine freundliche, wenigstens nicht beleidigende oder krankende, Aufnahme zu verschaffen. In einem durch die öffentlichen Blatter verbrei- teten Schreiben sagt er: „Karl bringt uns sein graues, kronenlo¬ ses Haupt, und so wird wohl unter einer Nation von ehrenhaft toi Mannern Niemand gefunden werden, der niedrig genug wäre,