ä70 Die Reformation in andern Ländern. geflüchtet waren, sie verbreiteten, Die Polen wendeten sich selbst an den Papst um den Gottesdienst in der Landessprache halten, den Kelch im Abendmahl genießen und das Cölibat abschaffen zu dürfen; aber der Papst willigte nicht ein. Es kam endlich 1570 unter den verschiednen Parteien zu einem Vertrage, woruach alle Christen, welche von der herrschen¬ den katholischen Kirche abwichen, und davon Dissidenten hießen, gleiche Rechte erhielten, nur die hohen geistlichen Stellen sollten den Katholiken verbleiben. Damit waren die Reichsstande, aber nicht die Bischöffe znfriedcn, und diese, ob sie gleich Juden duldeten, stifteten doch gegen ihre Mit¬ christen die heftigsten Verfolgungen an. Aber da Polen überhaupt zu seinem Unglück ein Wahlreich und dadurch den schrecklichsten bürgerlichen Unruhen ausgesetzt wurde, da jede Partei, auch wohl mächtige Nachbarn, gern ihre Günstlinge auf den Thron bringen wollten, so zeigte sich bei solchen Ver¬ wirrungen auch die Erbitterung der verschiednen Religious- Parteien, die einander anfeindeten. Noch im Jahr 1724 brachten es die Katholiken in Thorn dahin, daß wegen eini¬ ger Mißhelligkeiten, welche zwischen Jcsuitenschülern und "einigen Protestanten bei einer Procession entstanden waren, und woran endlich die ganze Stadt Theil nahm, der Bür¬ germeister und mehrere Bürger, welche Protestanten waren, unschuldig hingerichtet, der Rath zur Hälfte mit Katholiken besetzt und sonst noch manche Strafe verfügt wurde. Durch ihre innere Zwietracht geschwächt, verloren die Polen 1772 und 1793 sehr ansehnliche Theile ihres Vaterlandes; 1795 wurde es unter Preußen, Oestreich und Rußland vollends zertheilt; durch Napoleon nur sehr uneigentlich hergestellt und zuletzt Rußland unterworfen, das cs nach den unglück¬ lichen Versuchen sich loszureißen nur desto strenger beobach¬ tet; jedoch ist die religiöse Freiheit aller Parteien besser als je gesichert, nur daß die untere Volksklasse noch sehr der christlichen Bildung bedarf. 5. In den Niederlanden, welche damals ans 17 Pro¬ vinzen bestanden, fanden Luthers Schriften bald Eingang und Beifall und die freiheitsliebenden Niederländer konnten