Die Herrnhuter oder die Brädergemeine. 223 von ihrer Strenge Nachlassen, und das Verbot, Nichtquäker zu Keirathen, wird weniger genau beobachtet. Auch scheint cs, daß diese Gesellschaft an Festigkeit allmahlig verliere, da nicht das Band des Glaubens an eine höhere Offenbarung des Christenthums mit seinen Gebrauchen sie umschlingt, und Zusammenhalt. In den Kriegen machten sie sich durch Geldbeiträge von Diensten frei, welche Abgabe sie aber unter einem andern Namen entrichteten. Allein da jeder Bewoh¬ ner eines Landes auch bei Angriffen und Gefahren verpflich¬ tet ist es zu vertheidigcn, so sind sie mit ihren Grundsätzen in Verlegenheit gekommen, aber auch die Staaten, die ja für das Vaterland von den Bürgern oft mehr fordern müssen als Geld, konnten nicht mit ihnen zufrieden scyn. Eine kleine Sekte, die Schütterquaker, hat vieles mit jenen Quäkern gemein, aber auch noch mehrere Sonderbarkeiten. §. 47. IV. Die Herrnhuter oder die Brüder¬ gemeine. Sie hat ihren Namen von Herrnhut, einem Orte in der Oberlausitz, zwischen Löbau und Zittau, mit etwa 90 Hausern und über 1200 Einwohner. Nikolaus Graf von Zinsendorf, Besitzer des Ritterguts Berthelsdorf, wozu der damals noch wüste Hutberg gehörte, war der Sohn eines Ministers in Dresden und wurde von seiner frommen Mutter sehr religiös erzogen. Als eben damals viele protestantische Theologen wegen ihrer gelehrten Streitigkeiten meist das wahrhaft Erbauliche hintanfetzten, fast nur gegen Ketzereien donnerten, mehr auf Luthern und die symbolischen Bücher, als auf die heilige Schrift selbst wiesen: da fanden sich auch erleuchtete fromme Männer, welche in dem Religionsunter¬ richt die gelehrten Untersuchungen wegließen, hingegen fa߬ lich und herzlich über das Christenthum sprachen. Schon Johann Arnd, der 1621 als Generalfuperintendent in Celle starb, stiftete für seine Zeit durch sein Buch über das wahre Christenthum viel Gutes, ob er gleich auch von den blinden