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Erste Periode
letzten Jahre der Regierung des Herodes wurde der Erlöser und
Heiland deS Menschengeschlechtes Jesus Christus, der Sohn
Gottes, von der Jungfrau Maria zu Bethlehem, der Vater¬
stadt Davids, in einem Stalle geboren. Erft im dreißigsten Jahre
seines Lebens trat er öffentlich auf, und verkündete seine für jeden
Menschen jeglichen Standes gleich faßliche Lehre. Er gab voll¬
endete Begriffe von dem Einen Gotte, der die Menschen als seine
Kinder liebe und ewig glücklich mache, wenn sie nach seinem hei¬
ligen Willen lebeten. Er lehrte, zu welch' hoher Bestimmung die
Menschen geschaffen wären, und zeigte ihnen zugleich die edelsten
Mittel, durch die sie diese wahrhaft erlangen könnten. Voll gött¬
licher Kraft wandelte er drei Jahre lang in Palästina umher, und
seine Pfade träufelten von Segen. Der Sektenhaß und die ge¬
täuschte Volkserwartung eines irdischen Reiches suchte ihn endlich
zu unterdrücken, und so erlitt der göttliche Menschenfreund, als ein
Vermittler zwischen Gott und den Menschen, freiwillig den schmäh¬
lichen Tod am Kreuze. Nach drei Tagen stieg er wieder lebendig
aus dem Grabe hervor und besiegelte dadurch zugleich die Wahr¬
heit seiner Lehre und die Göttlichkeit seiner Sendung. Noch ver¬
weilte er vierzig Tage bei den Seinigen, belehrte und tröstete sie
und kehrte dann zu Gott, seinem himmlischen Vater zurück. Ge¬
stärkt durch den verheißenen göttlichen Geist, gingen seine Apostel
und Jünger voll hohen Mutheö in alle Welt und verkündigten
die göttliche Lehre.
Schon vor der Zerstörung Jerusalems hatte nicht nur in Pa¬
lästina, sondern auch in Syrien, Arabien, Kleinasien, Makedonien
Griechenland und Italien eine große Anzahl von Juden und Hei¬
den durch die Apostel und ihre Schüler den christlichen Glauben
angenommen. Durch die Zerstreuung der Juden in alle Welt ver¬
breitete sich auch in andere Länder die Hoffnung derselben auf den
kommenden Messias, und die Verkünder deS Christenthums fanden
um so leichter Anhänger, als sie mitLulfe der griechischen Sprache
beinahe in allen Provinzen der ungeMiern Monarchie verstanden
werden konnten. Noch mehr aber, als durch diese äußern Mittel,
wurde die Ausbreitung der christlichen Religion durch die Gött¬
lichkeit der Lehre selbst, durch die brüderliche Liebe und Sitteu-
rer'nheit, durch die hohe Begeisterung und Wunderthaten ihrer ersten