30 Solche Lehre gefiel dem gemeinen Mann sehr, und man strömte ihm haufenweise zu. Darum wurde er abermals aus dem Lande gejagt, worauf er sich in der Schweiz, Schwaben, Franken umhertrieb. Als er sich in Nürnberg festsetzen wollte, jagte man ihn auch hier fort. Jetzt ließ er sich in Mühlhausen, damals einer freien Reichsstadt, nieder, trieb den Magistrat aus der Stadt, und machte sich zum Oberbürger¬ meister. Jetzt sahen die benachbarten Fürsten (Sachsen, Hessen und Braunschweig), daß sie Ernst gebrauchen müßten. Sie fanden ihn bei Frankenhausen mit 8000 Bauern gelagert. Um nichts unver¬ sucht zu lassen, den bethörten Haufen zur Vernunft zurückzubringen, schickten sie einige Abgeordnete ab, und ließen ihnen Verzeihung an¬ bieten, wenn sie Münzern auslieferten, und sich unterwürfen. Dieser erschrak über die Gefahr, daß man ihn verlassen könnte, trat auf, und hielt eine Rede voll Feuer. ,,Werdet nicht kleinmüthig bei der schein¬ baren Gefahr," rief er unter andern, „sondern greift die verruchten Feinde an. Fürchtet ihr Geschütz nicht; denn ihre Kugeln sollen euch nicht treffen; ich werde sie mit meinem Aermel auffangen, und wer von euch in der ersten Reihe niedergestoßen wird, steht in der letzten Reihe lebendig wieder auf." Zufällig erschien gerade ein Regenbogen. „Seht!" rief er, „liebe Brüder, das ist das Zeichen unsers Sieges, welches uns der Himmel giebt. Also frisch angegriffen!" Und damit die Bauern keine Zeit behielten, Betrachtungen anzustellen, ließ er einen unter den Abgeordneten der Fürsten befindlichen Edelknaben mit wilder Grausamkeit niederhauen. Nun ließen die Fürsten zum Angriffe blasen, und sobald die Kanonen donnerten, und die Reiter einhieben, warf sich die ganze Rotte in die wildeste Flucht. Aber nun war die Reue zu spat; 5)000 wurden niedergeritten und niedergehauen, 300 gefangen und nachher enthauptet, Münzer aber, einer der ersten auf der Flucht, auf einem Heuboden in Frankenhausen gefunden, und nach Urtheil und Recht in Mühlhausen öffentlich hingerichtet. Das ge¬ schah 1526. Dergleichen Schwärmer werden der Religion in die Länge ge¬ wiß keinen Schaden bringen. Aber damals ging das Gerücht, des Kaisers Bruder, Ferdinand, habe sich ins geheim mit einigen katho¬ lischen Fürsten verbunden, um die Reformation mit Gewalt zu unter¬ drücken. Das bewog die bereits evangelischen Fürsten: Johann den Standhaften von Sachsen (Friedrich der Weise war 1525 gestorben), Philipp von Hessen, die Herzoge von Meklenburg, Braunschweig und Lüneburg, den Fürsten von Anhalt, und die Grafen von Mansfeld, 1526 den torgauer Bund zu schließen, in welchem sie sich gegen¬ seitigen Beistand versprachen, wenn sie der Religion wegen angegrif¬ fen würden. Der Landgraf Philipp war die Seele des Bundes, und rieth, man möchte auch die reformirten Städte, deren es viele bedeu-