Heinrich IV (1056-1106.) 125 wollten den jungen König ermorden. Otto ward jedoch bald in einem Ge¬ fecht erschlagen; da gaben auch jene ihren Plan auf. Bekümmert erkannte die Kaiserin die schwierige Lage und beschloß, den Großen Länder zu verleihen, um sich dadurch ihrer Treue zu versichern. So hatte sie Schwaben an den Grafen Rudolf von Rheinfelden, Kärnthen an den Grafen Berthold von Zähringen gegeben, und nun verlieh sie das Her¬ zogthum Baiern einem der reichsten und mächtigsten sächsischen Fürsten, dem tapfern Grafen Otto von Nordheim. Aber sie erreichte ihre Absicht keines¬ wegs. Die deutschen Fürsten bemerkten nämlich mit Eifersucht und Neid, daß der Bischof von Augsburg großen Einstuß auf die Kaiserin und die Regierung hatte; um nun dies Verhältnis aufzulösen, verläumdeten sie den guten Ruf der Kaiserin, so daß diese die Achtung und folglich auch die Liebe des Bolkes verlor. Das war den Fürsten jedoch nicht genug; sie verschworen sich sogar, ihr den jungen Heinrich IV. zu rauben, um in dessen Namen selbst die Herrschaft ergreifen zu können. Dazu besprachen sich heim¬ lich der Erzbischof Anno von Köln, ein Mann von strenger Sittenzucht und großem Eifer gegen die schrankenlose Macht des Königthums, der Baier- herzog Otto von Nordheim und Graf Ekbert von Braunfchweig, ein Vetter des Königs; der Erzbischof von Mainz und viele Andre wußten um den Plan. Als nun die Kaiserin mit ihrem Sohn das Pfingstfest auf der Insel des heiligen Suidger (heutzutag Kaiserswerth genannt, bei Neuß) beging, kamen die verschwornen Fürsten den Rhein daher gefahren und der Erzbi¬ schof Anno beredete den jungen Heinrich, ein gar herrliches Schiff anzu¬ schauen, das er eigens mit großer Kunst habe erbauen lassen. Da stieg der Königsknabe an der Hand Anno's auf das Schiff; augenblicklich griffen jetzt die Knechte zu den Rudern und trieben es mitten in den Strom hin¬ ein. Der junge Heinrich glaubte, es sollte ihm was Ungebührliches ge- schehn, und sprang beherzt in den Rhein — Graf Ekbert ihm eilig nach und holte ihn heraus. Voll Jammers stand die edle Kaiserin, voll Zorns das Volk rings an den Ufern des Rheins und verfluchte die Fürsten, be¬ sonders den Anno. Dieser aber brachte den jungen Heinrich sicher nach Köln. Gleichwohl bangte ihm heimlich vor dem Volk, noch mehr aber vor jenen Fürsten, welche nicht mit ihm verschworen waren. Um nun seine Ge- waltthat zu beschönigen, gab er vor, daß er der Mutter ihren Sohn nur deshalb genommen habe, damit derselbe besser erzogen werde, und erließ zu¬ gleich das Gesetz, daß stets jener Bischof, in dessen Sprengel sich das Kö¬ nigskind befände, die Geschäfte des Reichs besorgen sollte. Er hatte aber kein Recht, ein Gesetz zu geben; das stand einzig und allein dem deutschen Reichstag zu, welcher anstatt der uralten deutschen Volksversammlung da war. Ueberdies umging Anno auch dies Gesetz; denn er ließ den jun¬ gen König nicht aus seinen Händen, noch aus jenen seiner Mitverschwor- nen. Heinrich IV. aber, welcher von Natur sehr leidenschaftlich war, fühlte seine Abhängigkeit schmerzlich und warf deswegen einen heftigen Haß auf den strengen Anno. Als Anno dies bemerkte, sah er sich klüglich nach einem Theilnehmer an der Vormundschaft um, welcher den üblen Eindruck mildern könne. Niemand schien ihm dazu so tauglich, wie der Erzbischof Adalbert von Bremen, welcher sich durch sein gewandtes Wesen gar bald in das volle Vertrauen des Knaben einzuschmeicheln verstand, es jedoch gewissenlos mißbrauchte. Denn, statt die heftigen Leidenschaften und den Eigensinn desselben zu zü¬ geln, that er ihm Alles zu Willen und umgab ihn stets mit Vergnügungen