Augsburger Religionsfrieds. 347 er Anforderungen und unvermeidliche Zugeständnisse voraussah, an die er, zumal wegen Gcwissensscruppel, nicht denken mochte. Aus dem Grunde erschien er dann auch persönlich nicht zu Augsburg (I. 1555), sondern beauftragte seinen Bruder Fer¬ dinand, »ohne Hintersichbringen mit den Kurfürsten, Fürsten und Standen zu schließen, was zur Ehre und Aufnahme des Reiches, zur Abstellung verdächtiger Unruhen und Beförderung eines beständigen Friedens gereichen möchte.« Der Religions¬ friede war selbstredend der hauptsächlichste Gegenstand der Verhandlungen. Ernstliches Verlangen zur endlichen Beilegung des Streites zeigte sich von beiden Seiten, und selbst — so beschloß man — wenn auch die gesuchte Vereinigung der Religion nicht zu Stande käme, solle der Friede bei Kraft und Würde bleiben. Dieser Friede kam dann nach vie¬ len Verhandlungen endlich dahin zu Stande, daß den Pro¬ testanten und Katholiken gleiche Freiheit und gleiche Rechte, den weltlichen Standen das Reformationsrecht eingeräumt, den geistlichen der Uebertritt nicht geweigert, den Unterthanen selbst aber freie Auswanderung erlaubt würde. Die Refor- mirten waren von demselben ausgeschlossen. Dieser Friede hat der ganzen folgenden Zeit zur Grundlage gedient. Aber ein Umstand trug vorzüglich den Samen unaufhörlicher Reibungen in sich. Das war der so genannte geistliche Vorbehalt, wonach nämlich die geistlichen Würdenträger beim Uebertritte sofort ihres Amtes und des kirchlichen Besi'tzthums sollten ent¬ setzt seyn. Dieser Punkt hatte lange Schwierigkeit gemacht, Ferdinand aber durchaus darauf bestanden, bis die Protestan¬ ten demselben, aber unter zweideutiger Ausdrucksweise, bei¬ stimmten. Er wird spater noch wiederholt zur Sprache kommen. So war also endlich ein dauerndes RelDi'onsrecht errun¬ gen; aber die gegenseitige Gewährleistung war keine Duldung, keine Anerkennung redlicher Überzeugungen, wie heutzutage jeder Bettler sie anspricht, sondern es war bloß eine Freiheit und Berechtigung der großen Herrn, der Stande und unmit¬ telbaren Rcichsritterschaft; die niederen Klassen, die große Masse der Unterthanen, hatten nicht über sich zu bestimmen, sondern mußten sich dem Glaubenseifer ihres Fürsten oder Herrn willenlos fügen, es sey denn, daß sie von dem trauri¬ gen Rechte der Auswanderung Gebrauch machen wollten. Jn- deß wurde das Errungene doch für großen Gewinn erachtet und war es unter den Umstanden allerdings auch. Moritz, der nicht mehr war, galt den Protestanten als der Befreier des Vaterlandes. Das Koncilium von Trient war in Folge jenes Kriegs- larms in alles Eile zum zweiten Male aufgehoben und die Fortsetzung desselben fällt nicht mehr in diesen Zeitraum. —