132 Dritter Zeitraum, II. Abschnitt. wünschung der Cäsaren decretiren, allein er war zu feige, um den Prä¬ torianern die Spitze zu bieten. Von diesen wurde Tiberius Clau¬ dius Cäsar auf den Thron gehoben, der Oheim des Casus, ein Mann, gleich jämmerlich an Leib und Seele, eine elende Menschenfigur, an der, wie seine Mutter sagte, die Natur zur Slümperin geworden, welcher von 41 bis 54 n. Chr. regierte. Seine für die Weltgebieterin schmachvolle Regierung schien itoch unerträglicher, als selbst die Schrecken der beiden Vorfahren, denn zum ersten Male führten liederliche Weiber und verworfene Freigelassene das Ruder mit einer Alles überbietenden Frechheit. Die Namen Messalina und Agrippina dienen noch heute zur Bezeichnung tiefster weiblicher Verworfenheit. Letztere tödtete endlich ihren Gemahl, um ihrem Sohne den Thron zu verschaffen. Nero gelangte im 17ten Lebensjahre auf den Thron, und regierte von 54 bis 68 n. Chr. Er war das grausamste Ungeheuer, welches je einen Thron besessen hat. Seine Mutter, Gattin, Bruder und seinen Lehrer Seneca ermordete er, steckte Rom in Brand, gab die unschul¬ digen Christen als die Urheber dieses Verbrechens an, ließ sie un¬ menschlich verfolgen und hinrichten. Einen Sohn hatte er nicht, sonst hätte er auch diesen hingeschlachtet, wie er außerdem noch bei seinem Vormunde und bei Tausenden der edelsten Römer gethan. Diese furcht¬ baren Blutscenen wechselten ab mit beispiellosen Sünden, viehischer Schwelgerei und elender Gaukelei, denn er trat als Sänger, als Musiker und als Wagenlenker öffentlich auf, und wehe dem, der nicht Beifall gezollt hätte. Solche Ungeheuer schändeten die Menschheit und diese duldete dieselben. Doch drückten diese Tyrannen nur die Reichen und Vornehmen, wogegen der Pöbel goldene Tage verlebte, da er nicht blos Getreide, sondern selbst Fleisch und Wein ausgetheilt erhielt (viseera- tion68, congiaria). Vom Senate abgesetzt und flüchtig, ließ er sich von einem Freigelassenen ermorden. So endete der Letzte aus dem Hause der Cäsaren, welches reicher an Greueln ist, als irgend eines in der Geschichte. Nun brachen heftige Verwirrungen aus, da die Prätorianer und die Legionen ohne Scheu Kaiser ein- und absetzten. Zuerst wurde Sulpitius Galba (70 Jahre alt) von den spanischen Legionen zum Imperator ausgerufcn und vom Senate bestätigt. Nach wenigen Mo¬ naten wurde er jedoch von den Prätorianern ermordet, weil er sie durch Kargheit (er bezahlte ihnen nicht das versprochene Geschenk) und Strenge erbittert hatte. Sie erwählten nun Salvius Otho zum Kaiser, einen ehemaligen Genossen neronischer Schwelgerei, aber im Grunde von edlerem männlichen Charakter unb nicht geringen Talenten (Jan. 60 bis April 69). Da aber die germanischen Legionen ihren Feldherrn Aulus Vitellius gleichzeitig zum Imperator ausgerufen hatten, zogen sie einander entgegen und Otho, bei Bedriacum geschlagen, ermor¬ dete sich, um deö Bürgerblutes zu schonen. Der Sieger übe.ließ sich