488 Zweiter Zeitraum. II. Abschnitt. blickten neidisch auf diese Siege und Joseph starb unerwartet, während mehrere seiner Provinzen im vollen Aufstande begriffen und alle Klassen der Unterthanen gegen den Kaiser gereizt waren. Daher zog sich Oester¬ reich aus dem Türkenkriege zurück, und Katharina musste sich im Frieden zu Jassy (1792) mit Öczakow und dem Lande zwischen den Flüssen Bug und Dniéster begnügen. Zu derselben Zeit hatte Katharina auch einen Krieg gegen Schwe¬ den glücklich beendigt. In Schweden gab es seit langer Zeit zwei Parteien, eine russische (Mützen-) und eine französische (Hüte-) Partei. Da gelang es Gustav III. (1771 —1792), das tief herabgesunkene königliche Ansehn (1772) durch eine Revolution wieder etwas zu heben. Mit vieler Klugheit wurde diese Revolution eingeleitet und unter dem Zeichen der weißen Armbinde (18. August 1772) unblutig durchge¬ führt. Nach der Vollendung derselben legte der bescheidene König die Krone bei Seite, kniete nieder, zog ein Gesangbuch aus der Tasche und sang das Danklied: „Herr Gott dich loben wir." — Gustav regierte zwar vortrefflich, aber demohngeachtet war er nicht vermögend den er¬ wähnten Parteigeist völlig zu dämpfen. Daher kam es, dass ihm, als er Russland den Krieg erklärte, in Finnland auf ein Mal alle seine Offiziere den Gehorsam aufkündigten. Zwei Jahre später (1792) fiel Gustav III auf einem Maskenballe durch Ankerström, als ein Opfer der aristokratischen Partei, nachdem er vorher noch, nach einem blutigen Kriege gegen Russland auf der Ostsee, den billigen Frieden von Werelä (1790) zu Stande gebracht hatte. Die Aufmerksamkeit Katharinens blieb unausgesetzt auf Polen gerichtet. Die Polen erkannten allmählich, dass eine Umgestaltung der Verfassung, die Umwandlung des Wahlreiches in ein Erbreich und ähnliche Veränderungen, allein geeignet seien, ihr Vaterland vor russi¬ schem Einflüsse sicher zu stellen. Die Constitution vom 3. Mai 1791, welche diese Veränderungen zum Zwecke hatte, wurde desshalb mit allgemeinem Jubel ausgenom¬ men. Doch sie passte nicht in Russlands, namentlich nicht in Katha¬ rinens Plan, denn diese wollte Anarchie, weil sie dadurch Polen vollends unterjochen konnte. Mit jener Constiluiion war auch eine kleine Anzahl Polen unzufrieden. Felir Potocky stellte sich an die Spitze derselben, und nun errichreten sie unter Katharinens Schutze zu Targowitz eine Gegenconföderation. Eine russische Armee rückte in Polen ein. Der König war zu schwach, die Constitution aufrecht zu erhalten, zumal da Preußen sich gegen Polen erklärte und mit Katharina eine zweite Theilung Polens vornahm. Katharina und Friedrich Wilhelm II. theilten sich nämlich in 5000 Quadratmeilen, welche sie von Polen abgerissen hatten. Alle Polen geriethen in Verzweifelung. Der muth- volle Kosciusko rief von Krakau aus das Volk unter die Waffen. Ein Gleiches thaten Madalinski in Posen, Dombrowski in Großpolen,