552 Dritter Zeitraum. II. Abschnitt. Unterdessen hatte man die Gebäude, wo Zeitschriften gedruckt wur¬ den, durch Gensdarmen, Soldaten und Polizeihäscher besetzt und sich der Pressen bemächtigt, und was man nicht fortbringen konnte, zerschlagen. Die bereits in Paris eingetroffenen liberalen Abgeordneten mach¬ ten nun eine Protestation gegen alle diese Gewaltstreiche öffentlich bekannt, welche in dem Hause des Casimir Pörier abgefasst worden war. Die Bevölkerung von Paris war jetzt in völligem Aufruhre be¬ griffen, und der Widerstand derselben nahm nun entschiedene Festigkeit an. Auf allen Plätzen bildeten sich Versammlungen. Denn Alle wa¬ ren entschlossen, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben und die Freiheit der Presse bis auf das Aeußerste zu vertheidigen. Die Polizei, die Garden und die Linie besetzten nun viele wichtige Positionen. Allein man sah es den Truppen an, dass sie nicht geson¬ nen waren, sich zu feilen Mördern ihrer Brüder herzugeben. Frauen, Mädchen und Bürger mischten sich unter die Soldaten und stellten ihnen das Ungerechte der Sache vor, der sie jetzt zu dienen befehligt wären, und erregten dadurch in den Soldaten der Linie den Vorsatz, wenigstens nicht gegen ihre Mitbürger zu fechten. Das Volk verschanzte sich nun in der Straße St. Honore und an andern Orten. Die Linientruppen wollten nicht angreifen. Desshalb wurden sie von den Garden abgelöst, welche nun, mit den Lanzenknech¬ ten zu Pferde, im Sturme anrückten. Sie wurden mit Steinwürfen empfangen. Die Garde gab Feuer auf die Bürger. Es floss daL>erste Blut. Die Garden räumten die vom Volke errichteten Barrikaden bei Seite und schritten über die Leichname der gefallenen Bürger. Die Losung zum Bürgerkriege war gegeben. Die Nacht vom 27. auf den 28. Juli mussten mehrere Regimen¬ ter auf den öffentlichen Plätzen bivouakiren, und an vielen Orten waren Batterien aufgeführt worden. — Der Hof hielt sich noch immer des Sieges gewiss. Der König spielte ruhig Whist und wollte zum Mor¬ gen eine große Jagd anstelle». — Mit den Linientruppen war man höchst unzufrieden, und gedachte die Officiere mehrerer Regimenter zu cassiren, während man die Garden, die Schweizer und Lanzenknechte über alles Lob erhaben erklärte. In der Nacht wusste sich das Volk Waffen und Munition zu verschaffen. — Hochgefeierte Namen liefen schon jetzt von Mund zu Munde. Es waren die des Helden zweier Welttheile, des edlen Greises Lafayette und des fürstlichen Bürgers Philipp von Orleans. Lafayette hatte schon die Morgenröthc der ersten französischen Revolution begrüßt, und damals mit dem Titel eines Marquis auch zugleich alle erbärmliche und lächerliche Vorurtheile des alten Erbadels abgelegt. Sein Name allein schon wirkte — gleich ei¬ nem elektrischen Schlage — auf alle Ehrenmänner Frankreichs. Denn die ganze Weltgeschichte hat keinen edleren und fleckenloseren Charakter